Die Rache Gottes in den Psalmen - wie soll

ein Christ damit umgehen?

 

 

Die Heilige Schrift enthält einige Stellen, die den Gläubigen immer wieder Schwierigkeiten bereiten. Viele davon befinden sich im Alten Testament. Mit dieser Abhandlung wollen wir uns auf Aussagen aus den Psalmen konzentrieren und die Frage zu beantworten versuchen, welche Bedeutung sie für die Gemeinde Jesu heute haben. Viele Christen im deutschsprachigen Raum benutzen in ihrer stillen Zeit die Losungen der Herrenhuter Brüdergemeine und dazu passende Bibellesehilfen wie die Lichtstrahlen, Termine mit Gott, Gnadauer Bibellesehefte u. a. Zum Kirchenjahr passend gibt die „Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen“ (ÖAB), Postfach 420102, 34070 Kassel, eine fortlaufende Bibellese heraus. Wer ihr folgt, hat in einem Zeitraum von vier Jahren das Neue Testament und in acht Jahren die wichtigsten Bücher des Alten Testamentes einmal durchgelesen.

Diese fortlaufende Bibellese ist in den Losungen abgedruckt, und die meisten Bibellesehilfen wie die oben erwähnten legen die gleichen Bibeltexte aus. Das hat einige Vorteile! Sie verhelfen dem modernen, in einer schnelllebigen und unter Zeitnot leidenden Menschen, regelmäßig und systematisch die Bibel in überschaubaren Abschnitten täglich zu studieren. Dass diese Vorgehensweise aber auch ihre Schattenseiten hat, werden wir im Folgenden noch sehen.

 

1. Psalm 149

 

Schwerter, Vergeltung und Gericht

 

Am Sonntag, dem 4. Mai 1996, zum Beispiel war Psalm 149 in der täglichen Bibellese dran. Obwohl dieser Psalm nur 9 Verse hat, also ziemlich kurz ist, standen nur die ersten fünf Verse zum Studieren an. Warum hat die „Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen“ die restlichen vier Verse schon bei der Planung weggelassen? Der Grund dürfte der sein, dass es sich dabei um Aussagen handelt, die unter das Stichwort „Rachepsalmen“ fallen. Hören wir zunächst einmal den Wortlaut dieser Verse: „Ihr (der Heiligen) Mund soll Gott erheben; sie sollen scharfe Schwerter in ihren Händen halten, dass sie Vergeltung üben unter den Heiden, Strafe unter den Völkern, ihre Könige zu binden mit Ketten und ihre Edlen mit eisernen Fesseln, dass sie an ihnen vollziehen das Gericht, wie geschrieben ist. Solche Ehre werden alle seine Heiligen haben. Halleluja!“

Dem modernen, von einer bald 2.000jährigen christlichen Geschichte geprägten Menschen gefallen diese Worte nicht, weil sie von Vergeltung und Gericht sprechen. So, meint man, redet nicht der Gott des Neuen Testaments. So redet der alttestamentliche Rachegott. Ein wiedergeborenes Kind Gottes könne diese Verse so nicht beten. Sie seien deshalb auch nicht vom Geist Gottes inspiriert und nur über die jüdisch-alttestamentliche Tradition in die Heilige Schrift gekommen. Man meint sogar, man könne Widersprüche in der Bibel finden, wenn man solche Stellen im Vergleich mit dem Neuen Testament betrachtet. Solche und ähnliche Gedanken kommen einem in der einen oder anderen Form leider auch unter den Gliedern der wahren Gemeinde Jesu Christi von Zeit zu Zeit zu Ohren. Wie müssen wir uns dazu stellen?

Ein Schlüssel zum Verständnis dieses Bibelabschnittes bietet uns vielleicht das Wort „Schwert“. Es kommt in der Bibel des öfteren vor. Es gehörte zum Handwerkszeug eines Soldaten, und man konnte damit töten oder Schaden zufügen. So sagt uns Römer 13, 4, dass die staatliche Gewalt das Schwert trägt. Sie „vollzieht das Strafgericht an dem, der Böses tut“. Und Petrus zieht im Garten Gethsemane sein Schwert und schlägt dem Diener des Hohenpriesters ein Ohr ab (vgl. Matthäus 26, 51). Die Antwort Jesu auf dieses Tun ist aufschlussreich: „Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen“ (Matthäus 26, 52). Mit diesen Worten verbietet uns unser Herr generell, mit dem Schwert bzw. mit Gewalt gegen unsere Mitmenschen vorzugehen. Und in diesem Sinn haben an Jesus Christus gläubige Menschen keine „scharfen Schwerter in ihren Händen..., dass sie Vergeltung üben“. Unser Abschnitt in Psalm 149 muss also noch eine viel tiefere Bedeutung haben!

 

Die geistliche Bedeutung des Schwertes

 

In Epheser 6, 17 werden wir aufgefordert: „Nehmt... das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes“, und Hebräer 4, 12 teilt uns mit: „Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.“

Damit dürfte uns klar werden, um welche Schwerter es sich in Psalm 149, geistlich angewandt, handelt. Gläubige müssen mit der Bibel in der Hand auftreten und sich einzig und allein auf das Wort Gottes berufen. „Es steht geschrieben!“ Eine andere Autorität darf es für sie nicht geben! Alles, was von der Schrift abweicht, muss verworfen werden! Jede Lehre muss anhand dieses einzig unfehlbaren Maßstabes gemessen werden. Diese Punkte können in unserer heutigen glaubensarmen Zeit nicht genügend betont werden! Es reißt leider auch unter der wahren Gemeinde Jesu immer mehr ein, von der klaren biblischen Lehre abzuweichen (angefangen von Frauenordination und -ältestenamt, Geschlechtsverkehr vor der Ehe, Ehe ohne Trauschein, Aufbau von Gemeinschaften anstatt biblischen Gemeinden, Feminismus bis hin zu sogenannten „inklusiven“ Bibelausgaben, in denen Blut, Gnade, Sünde, Versöhnung, Rechtfertigung, die Rechte Gottes u. a. nicht mehr oder nur noch vereinzelt vorkommen und durch andere Begriffe ersetzt werden, damit sich niemand auf den Schlips getreten fühlt).

Mit einem Schwert umgehen zu können, musste auch in der Antike erst gelernt werden. Beim geistlichen Schwert, dem Wort Gottes, verhält es sich nicht anders. Deshalb können wir nicht genug betonen: Studieren Sie eifrig Ihre Bibel! Lernen Sie Bibelverse auswendig! Vergleichen Sie Schrift mit Schrift! Ziehen Sie gute Kommentare und eine gute Wortkonkordanz zu Rate! All das fordert natürlich unseren Einsatz und Zeit, aber es lohnt sich! Wer so gelernt hat, mit dem Schwert des Geistes umzugehen, kann sich dann auch damit verteidigen und zum Angriff übergehen. Er wird nicht so leicht von Satan übertölpelt und verführt. Er schützt sich selbst und gewinnt andere noch dazu. Die Schliche des Teufels durchschaut nur der, der seine Bibel gut kennt.

Satan versuchte, selbst Jesus mit der Bibel, also ganz fromm, zu verführen. Er forderte ihn auf, sich von der Zinne des Tempels hinabzustürzen (vgl. Lukas 4, 9-12) und begründete sein Ansinnen mit Psalm 91, 11-12: „Er wird seinen Engeln deinetwegen befehlen, dass sie dich bewahren...“ „Auf allen deinen Wegen“ lässt er aber wohlweislich aus und gibt der Bibelstelle so eine ganz andere Bedeutung! Er ist ein Meister im Verdrehen des Wortes Gottes! Gott hatte nicht versprochen, Jesus zu bewahren, wenn er sich von der Zinne des Tempels stürzt. Nein, er hatte versprochen, ihn „auf allen seinen Wegen“ zu beschützen. Wir müssen das Wort Gottes schon sehr gründlich studieren und lernen, wenn wir bestehen wollen! Lasst uns in diesem Sinn „scharfe Schwerter in den Händen halten“!

 

Die prophetische Bedeutung des Schwertes

 

Unseren Abschnitt aus Psalm 149 ausschließlich geistlich auf uns anzuwenden, würde dem Text aber auch nicht ganz gerecht. Deshalb wollen wir uns im Neuen Testament noch nach weiteren Aussagen über das Schwert umsehen. In der Offenbarung finden sich wichtige Erwähnungen. In Kapitel 2, 12 heißt es: „Dies sagt, der da hat das scharfe, zweischneidige Schwert.“ Gemeint ist Jesus Christus. In Kapitel 19 sehen wir ihn, wie er in Macht und Herrlichkeit wiederkommt, um sein Reich auf dieser Erde aufzurichten. Dieser Augenblick wird das Ende allen menschlichen Aufbegehrens gegen Gott sein, denn „aus seinem Munde ging ein scharfes Schwert, dass er damit die Völker schlage; und er wird sie regieren mit eisernem Stabe; und er tritt die Kelter, voll vom Wein des grimmigen Zornes Gottes, des Allmächtigen“ (V.15). „Draußen, vor der Stadt wurde der Saft aus den Trauben gekeltert. Ein riesiger Blutstrom ergoss sich aus der Weinpresse: dreihundert Kilometer weit und so hoch, dass er den Pferden bis an die Zügel reichte“ (Offenbarung 14, 20 Hoffnung für alle).

Bitte halten Sie diese Aussagen neben die in Psalm 149! Die Sprache ist ganz ähnlich, und es geht faktisch um das Gleiche, nämlich um Vergeltung und Gericht an den gottlosen Völkern, und das in einem Ausmaß, dass einem Hören und Sehen vergeht! Wenn Jesus Christus dieses Gericht hält, hält er es nicht allein. Er wird seine Gemeinde durch die Entrückung vorher von der Erde wegnehmen (vgl. 1. Korinther 15, 51-52; 1. Thessalonicher 4, 16-17) und dann zusammen mit ihr wiederkommen (vgl. Sacharja 14, 5; Judas 14-15; Offenbarung 19, 11-16, besonders V.14). Dann geht in Erfüllung, was Paulus der Gemeinde in 1. Korinther 6, 2-3 mitteilt: „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wenn nun die Welt von euch gerichtet werden soll... Wisst ihr nicht, dass wir über Engel richten werden?“

Derjenige, der das Gericht ausübt, ist also Jesus Christus nicht allein, sondern er zusammen mit seiner Gemeinde! Ist Ihnen diese gewaltige Wahrheit jemals so richtig bewusst geworden? Heute geht es durchs Kreuz zur Krone, dann verherrlicht, vollkommen und gekrönt zum Ausführen des absolut gerechten Gerichtes Gottes! Und damit bekommen unsere Verse aus Psalm 149 erst ihre richtige Tiefendimension! Bei diesem Gericht werden die verherrlichten Gläubigen dann tatsächlich „scharfe Schwerter in ihren Händen halten“ (V.6) und „Vergeltung üben unter den Heiden, Strafe unter den Völkern“ (V.7). Dann werden sie tatsächlich und buchstäblich „ihre Könige binden mit Ketten und ihre Edlen mit eisernen Fesseln, dass sie an ihnen vollziehen das Gericht“ (V.8-9).

Wer behauptet, diese Verse würden keinen harmonischen Teil des vollkommen und fehlerfrei von Gottes Geist inspirierten Wortes Gottes bilden, der beweist damit nur, dass er wenig von den tieferen Zusammenhängen der Geheimnisse Gottes verstanden hat. Er breitet damit nur seine mangelnde Kenntnis des Wortes Gottes aus. Er hat nicht oder noch nicht richtig gelernt, mit „dem Schwert des Geistes“ umzugehen. Wir halten also fest: Diese Verse bilden einen wichtigen Teil von Gottes Wort und sind es wert, studiert und beherzigt zu werden, denn jeder von uns wird sich eines Tages entweder unter denen wiederfinden, die gerichtet werden oder unter denen, die richten dürfen. Die Sache ist also bitter ernst! An Ihrer Stellung zu Jesus entscheidet sich, unter welcher Gruppe Sie sich befinden werden!

 

2. Psalm 137

 

Eine weitere Stelle, die den Gläubigen Schwierigkeiten bereitet, sind die Verse 7-9 aus Psalm 137: „Herr, vergiss den Söhnen Edom nicht, was sie sagten am Tage Jerusalems: ‚Reißt nieder, reißt nieder bis auf den Grund!’ Tochter Babel, du Verwüsterin, wohl dem, der dir vergilt, was du uns angetan hast! Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert!“

 

Die heilsgeschichtliche Bedeutung

 

Wie wir aus dem vorhergehenden Beispiel bereits gesehen haben, ist Vorsicht mit der Behauptung geboten, solche Worte würden nicht zum Wort Gottes gehören oder wären nicht von Gottes Geist inspiriert. Wir erschrecken zutiefst, wenn wir solche Sätze lesen! Doch warum hat der Geist Gottes so etwas niederschreiben lassen? Warum gab er solche Anweisungen? Wir müssen hier versuchen, die Heilsgeschichte Gottes begreifen. Gott war und ist immer der gleiche: ewig, unwandelbar, allwissend, allmächtig. Er handelt nur zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Art und Weise. Dies wird besonders deutlich, wenn wir die verschiedenen Zeitalter oder Haushaltungen in der Heiligen Schrift betrachten. Eine ausführliche Studie darüber anzustellen, würde diesen Rahmen sprengen. Es sei aber nur auf den Unterschied zwischen Israel als Heilskörperschaft im alten und der Gemeinde Jesu Christi aus allen Völkern unter dem neuen Bund hingewiesen. Die Unterschiede im Handeln Gottes sind auffallend.

Gott hatte schon immer das Heil der Welt im Auge. Um aber seinen Sohn in diese Welt schicken zu können, musste er sich ein Volk schaffen, das von den übrigen von Sünde und Okkultismus verseuchten Völkern abgesondert war. Er musste den Menschen zeigen und vordemonstrieren, was und wie ernst die Sünde wirklich ist. Deshalb auch die teilweise grausamen Opfervorschriften im Alten Testament. Wir würden nie den Ernst der Sünde und unserer Schuld verstehen, hätte Gott nicht so gehandelt. Deshalb manchmal auch die direkte Vollstreckung des Gerichtes Gottes an Sündern (die Rotte Korach, 4. Mose 16, 31-35; Achan nach seinem Diebstahl, Josua 7, 24-25; Hananias und Saphira nach ihrem Betrug, Apostelgeschichte 5, 5-10 und andere Begebenheiten). Gerade das Beispiel Hananias und Saphiras zeigt, dass Gott nicht nur im Alten Testament so gehandelt hat. Wie viele von uns wären noch hier, würde Gott auch heute noch genau so sein Gericht direkt und sofort über unsere Sünden vollstrecken?

All das zeigt, wie ernst die Sünde ist! Unsere Verse aus Psalm 137 hat der gleiche Gott eingegeben, der das Neue Testament eingab. Nur: Der Geist Gottes handelte unter dem alten Bund eben anders als er dies unter dem neuen tut. Dies im Gedächtnis zu behalten ist auch wichtig im Hinblick auf die heutige Auseinandersetzung mit der Pfingst- und charismatischen Bewegung. Um sich Israel rein zu erhalten, musste Gott zu solch strengen Maßnahmen greifen und „deine jungen Kinder... am Felsen zerschmettern“. Nachdem Jesus gekommen und am Kreuz gestorben und auferstanden war, war das Erlösungswerk vollbracht, das Gott zuvor durch die Jahrhunderte mit langer Hand vorbereitet hatte. Ab dann waren Maßnahmen wie die in Psalm 137 erwähnten nicht mehr nötig. Deshalb erscheint so etwas in der Weise auch nicht mehr im Neuen Testament. Wie dankbar sollten wir Gott doch für das Zeitalter der Gnade sein, in dem wir leben dürfen! Stattdessen kritisieren wir an ihm und an seinem Wort herum. Schande über uns!

 

Wir schaffen ein falsches Gottesbild

 

Ich habe während meines Dienstes beim Evangelischen Gemeinschaftsverband Pfalz in den Bibelstunden immer wieder darauf hingewiesen und die Geschwister ermutigt, doch die ganze Bibel in ihrem Zusammenhang zu lesen und nicht nur ausgewählte Teile. Eine Frau, die schon seit Jahrzehnten gläubig ist, nahm sich diesen Rat zu Herzen. Ihre Reaktion war sehr aufschlussreich, als sie an ähnliche Stellen wie die oben bereits zitierten kam. Eines Tages sagte sie mir in der Bibelstunde ganz erregt: „Aber Herr Zimmer, da stehen ja ganz schreckliche Dinge in der Bibel.“ Sie hatte gewiss bis dahin wie viele andere Christen auch die Schrift nur nach den in den Losungen vorgegebenen Texten studiert. Und jetzt war die Aufregung groß.

Was geschieht hier? Es entsteht leicht die Gefahr, dass wir ein verzerrtes Gottesbild schaffen. Wir hören viel von dem Gott der Liebe und Barmherzigkeit, was ja auch stimmt. Aber dies ist nur eine Seite des Wesens Gottes. Wenn der Zorn und das Gericht Gottes nicht gleichzeitig betont werden, bleibt nur noch „der liebe Gott“ übrig, der doch ganz bestimmt fünf gerade sein lässt. Da nimmt es auch nicht Wunder, wenn kaum noch jemand zum Glauben kommt. Man predigt den Menschen bei Evangelisationen: „Komm zu Jesus, dann wirst du gerettet!“ Nur: Der moderne Zeitgenosse weiß nicht, von was er gerettet werden soll! Ist er etwa verloren? Er ist doch intelligent, aufgeklärt und tut so viel Gutes! Wozu muss er da noch errettet werden? In seinen Augen ist es geradezu eine Beleidigung zu behaupten, er wäre ein Sünder. Und was ist das für ihn denn überhaupt: Sünde? Ein Kavaliersdelikt, der nicht so schlimm ist. Er kennt auch noch den Verkehrssünder, aber mehr Wissen um das Wesen und die Konsequenz der Sünde besitzt er nicht mehr.

Nimmt es Wunder, dass der Mensch auf der Straße so denkt, wenn selbst Kirchenführer wie Bischöfe aufgrund ihrer modernistischen, von Gott und seinem Wort abgefallenen Theologie, nicht mehr an die Hölle glauben? So ist z. B. in einem Pressebericht zu lesen: „Der anglikanische Bischof von Durham, Jenkins, hat die Existenz der Hölle und die Wiederkehr Christi bestritten. Die Bibel sei hier nicht wörtlich zu nehmen, sagte Jenkins. ‚Unser Gott kann nicht so grausam sein, eine ewige Hölle zuzulassen.’ Jenkins hatte bereits wiederholt christliche Glaubensgrundsätze, so die Auferstehung Christi und die Jungfrauengeburt, in Frage gestellt“ (Epd/Südkurier, zitiert im Evangelisten aus dem Siegerland Nr. 21/1994, S.10. Evangelischer Gemeinschaftsverband Siegerland und Nachbargebiete e. V., Postfach 210134, 57025 Siegen).

Wenn unsere Evangelisten heute nicht mehr öffentlich von der Hölle und ihren Qualen und dem bevorstehenden Gericht Gottes predigen, betrügen sie die Menschen und sind mit schuldig, wenn diese sich in falscher Sicherheit wiegen! Wer sich dagegen im Geist bereits in der Hölle schmoren sieht, wird auch über seine Sünden erschrecken und die Erlösung in Jesus Christus suchen, die Bischof Jenkins für sich selber offensichtlich nicht nötig hat. Es ist eben nicht wahr, dass die Leute krank werden, wenn wir über Hölle und Gericht predigen! Leider wird dies allzu oft behauptet. Wenn der Hintergrund des unausweichlichen Gerichtes Gottes klar ist, dürfen wir auch um so freudiger den gekreuzigten und für unsere Schuld gestorbenen Christus predigen, der uns befreit, erlöst und in den Himmel führt. Die beiden Seiten gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Münze! Deshalb ist auch das Studium und die Auslegung von Bibelabschnitten wie die zitierten so wichtig!

 

Die prophetische Bedeutung

 

Wie Psalm 149 hat auch Psalm 137 eine prophetische Komponente. Die alten Babylonier des 6. Jahrhunderts v. Chr. gingen mit großer Härte und Grausamkeit gegen die umliegenden Völker vor, um ihr Weltreich aufzurichten. Babel war im wahrsten Sinne des Wortes eine „Verwüsterin“. Wo ihre Heere durchzogen, verwüsteten sie ganze Landstriche. Blut, Tränen, Schutt und Asche war das, was sie hinterließen. Doch Gott sah das Leid und hörte die Schreie der unterdrückten Völker, und da er ein gerechter Gott ist, konnte das Gericht über die „Verwüsterin“, über Babel, nicht ausbleiben. „Damit es erwiesen werde, bei wem die letzte Entscheidung steht: bei dem übermütigen Spott lästernder Menschen, oder bei Gott, der sich nicht spotten lässt, darum fleht er“ (der Psalmist) „die Strafe Gottes auf die Feinde herab. Um seiner selbst willen kann Jahwe nicht ruhig zusehen, wie der Hohn der Feinde seine eigene Majestät trifft, das ist das letzte Anliegen des Psalms, das wir sehen müssen...“ (Das Alte Testament Deutsch. Die Psalmen II/Psalm 61-150, übersetzt und erklärt von Artur Weiser. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1950, S.531).

Das babylonische Reich fiel in die Hände der Meder und Perser. Babel wurde in den Jahren 538 bis 530 v. Chr. von Kyrus von Persien erobert und empfing den gerechten Lohn für seine Gräueltaten. Damit fanden unsere Verse aus Psalm 137 bereits eine Erfüllung. „Die Kehrseite des Heils ist das Gericht über die gottlosen Heiden; auch es gehört zur Verherrlichung der Herrschaft Gottes...“ (Ib., S.562).

 

Babel 1

 

Wie bei den Schwertern in Psalm 149 ist auch der Name Babel in der gesamten Heiligen Schrift ein wichtiger Begriff, der oft und an verschiedenen Stellen vorkommt. Wir können Babel eins, zwei und drei unterscheiden (ich will sie einmal so nennen). Jedes dieser Babel ist eine große geistliche Macht und wird vom Gericht Gottes heimgesucht. Babel eins ist das Babel aus 1. Mose 11, 1-9. Damals versuchte der Mensch zum ersten Mal, ein einheitliches Weltreich ohne Gott zu errichten und sich einen großen Namen zu machen. Gott antwortete darauf mit dem Gericht der Sprachenverwirrung. Eindrucksvoll steht uns dieses Gericht heute noch vor Augen: Es werden auf der Erde gegenwärtig mehr als 5.000 Sprachen gesprochen!

 

Babel 2 und 3

 

Bei Babel zwei handelt es sich um das bereits kurz skizzierte babylonische Weltreich, das Gottes Gericht im 6. Jahrhundert v. Chr. durch die persische Eroberung erfuhr. Für uns von besonderem Interesse ist nun Babel drei. Es erscheint in Offenbarung 17 und 18 und wird „das große Babylon, die Mutter der Hurerei und aller Gräuel auf Erden“ genannt (Offenbarung 17, 5). Es wird uns als geistliches System vorgestellt, an dessen Händen das Blut der Gläubigen klebt (vgl. Offenbarung 17, 6; 18, 24). Dieses System entstand im vierten Jahrhundert n. Chr. mit der Verquickung von Thron und Altar, oder anders ausgedrückt, als ein Teil der wahren Gemeinde Jesu Christi die Ehe mit dem Staat einging. Das Ergebnis dieser Verquickung war der römische Katholizismus, der nun seinerseits in den folgenden Jahrhunderten Millionen von gläubigen Menschen wegen ihres Zeugnisses für Jesus ermordete. In diesem Licht gesehen ist auch sehr bezeichnend, was das bereits zitierte Alte Testament Deutsch zu Psalm 149 feststellt: „Seit dem 5. Jahrhundert n. Chr. bis in die Gegenwart ist der Psalm... im 30jährigen Krieg als Kampfruf für die katholischen Fürsten verwendet und von Thomas Münzer“ (einem sektiererischen Protestanten) „zur Sanktionierung seiner Rachegelüste missbraucht“ worden (Ib., S.561).

Wenn dieses abgefallene geistliche System in der bereits angebrochenen Endzeit ausreift und die Welt mit all ihren Völkern und Religionen umspannen wird, wird Gottes Gericht es treffen, genau so wie es Babel eins und zwei getroffen hat. „Darum werden ihre Plagen an einem Tag kommen, Tod, Leid und Hunger, und mit Feuer wird sie verbrannt werden; denn stark ist Gott der Herr, der sie richtet“ (Offenbarung 18, 8). Babel drei ist sowohl geistlich als auch materiell genau so wie Babel zwei eine „Verwüsterin“, und damit befinden wir uns tief in den prophetischen Geheimnissen der Heiligen Schrift. Auch in Psalm 137 finden wir genau so wie in Psalm 149 im Neuen Testament eine ganz ähnliche Sprache. Psalm 137, 8 sagt: „Wohl dem, der dir vergilt, was du uns angetan hast!“ Die neutestamentliche Parallele ist Offenbarung 18, 6-7: „Bezahlt ihr, wie sie bezahlt hat, und gebt ihr zweifach zurück nach ihren Werken! Und in den Kelch, in den sie euch eingeschenkt hat, schenkt ihr zweifach ein! Wie viel Herrlichkeit und Üppigkeit sie gehabt hat, soviel Qual und Leid schenkt ihr ein!“

So sehr wir auch vor diesen Aussagen erschrecken mögen: Gott ist absolut gerecht und wird in der siebenjährigen Trübsal vor der Wiederkunft Jesu Christi Babel drei, die große geistliche Hure, richten (durch den Antichristen und seinen militärischen Apparat?). Dann gilt für dieses total abgefallene und geistlich tote und durch und durch sündige Gebilde auch: „Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert“ (Psalm 137, 9). Schrecklicher und deutlicher kann eine Beschreibung von Gottes Gericht nicht sein!

 

Abschließende Hinweise

 

Wie aus dem Dargestellten ersichtlich ist, ist es von größter Wichtigkeit, dass Sie die Bibel ganz und in ihrem Zusammenhang studieren! Es kommt nicht nur darauf an, dass Sie sie lesen, sondern auch, wie Sie sie lesen! Die sogenannten Rachepsalmen dürfen dabei nicht ausgespart werden! Sie müssen in einem christozentrischen, heilsgeschichtlichen und prophetischen Licht gelesen werden, sonst werden Sie wenig Segen davon haben.

Dass die „Ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen“ solche Stellen wie die behandelten bei der Planung ihres vier- bzw. achtjährigen Studienprogramms fast regelmäßig und mehr oder weniger systematisch auslässt, ist eine sträfliche Vernachlässigung! Wir wollen an dieser Stelle nicht vom Gebrauch der Losungen und der in ihnen abgedruckten fortlaufenden Bibellese oder vom Gebrauch von Auslegungshilfen, die diese Bibellese zugrunde legen, abraten. Es ist besser, Sie studieren die Bibel nach ihnen als überhaupt nicht! Dennoch sehen wir es als unsere Pflicht an, Sie auf die dadurch entstehende Gefahr der Schaffung eines falschen Gottesbildes und die Möglichkeit der Schlagseite im Glauben hinzuweisen! Haben Sie doch bitte den Mut, gegen den Strom zu schwimmen und die Heilige Schrift in ihrer Gesamtheit zu studieren! Ändern Sie ruhig von Zeit zu Zeit die Methode, nach der Sie die Bibel lesen! Sie werden dabei ganz gewiss den Segen Gottes davontragen! Und dann ziehen Sie für Ihr Leben die notwendigen Konsequenzen, die Ihnen der Geist Gottes zeigt!