Das Zusammenleben in der Gemeinde
1. Thessalonicher 5, 14
Jürg Birnstiel
07.05.1995

Gliederung

I. Die Unvollkommene Gemeinde

II. Seid einander nicht gleichgültig

A. Unordentliche

B. Kleinmütige

C. Schwache

III. Seid geduldig im Umgang miteinander

 


Einleitung

Text lesen: 1.Thess.5,14-15

I.                 Die Unvollkommene Gemeinde

ð     Was wir beim ersten Lesen fast Gedankenlos entgegennehmen, ist bei näherer Betrachtung gar nicht so selbstverständlich.

ð     In der Gemeinde Jesu gibt es unordentliche, kleinmütige und schwache Christen!

ð     Wie anstössig muss das sein, wenn wir vom Bild einer vollkommenen Gemeinde ausgehen. Wer im Glauben steht hat ordentlich und stark zu sein. Er muss hoffnungsvoll voranschreiten.

ð     Unordentliche Christen, Christen, die kleinmütig sind, passen doch nicht so recht in unser Bild einer starken, schlagkräftigen Gemeinde, die Austrahlung hat.

ð     Für Paulus ist es ganz normal, dass in der Gemeinde solche Christen leben. Seine Gemeinde besteht nicht aus lauter Superchristen, sondern aus vielen schwachen zerbrechlichen Menschen.

ð     In einer normalen Gemeinde, werden die schwachen Christen stärker vertreten sein als die sogenannt starken. Nicht viele, die in der Welt grosses Ansehen geniessen werden sich in die Gemeinde hineinfinden, denn Gottes Augenmerk ruht vorwiegend auf den schwachen und verachteten Menschen. Paulus schreibt den Korinthern:

Seht doch, liebe Brüder auf eure Berufung: Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. / Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; / und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, / damit sich kein Mensch vor Gott rühme. 1.Kor.1,26-29

ð     Ist es da verwunderlich, dass wir in der Gemeinde Unordentliche, Kleinmütige und Schwache haben?

ð     Bei den Kretern sieht Paulus sogar eine Volksmentalität, die in das Glaubensleben hinüberfliesst wird, die aber einer Behandlung bedarf. Er schreibt dem Titus:

Es hat einer von ihnen gesagt, ihr eigener Prophet: Die Kreter sind immer Lügner, böse Tiere und faule Bäuche. / Dieses Zeugnis ist wahr. Aus diesem Grund weise sie scharf zurecht, damit sie gesund werden im Glauben Tit.1,12-13.

ð     Paulus stellt nicht den Glauben dieser Christen in Frage. Er sagt nicht, ihr müsst genau untersuchen, ob sie wirklich Christen sind und die Widergeburt erlebt haben.

ð     Diese Vorgehensweise erachte ich als unbiblisch. Es verunmöglicht einen gesunden Wachstum im Glauben, denn der Christ wird so ständig in seinem Fundament angegriffen. Der Boden wird ihm unter den Füssen weggezogen.

ð     Paulus warnt die Korinthern vor solchen fundamentalen Richtsprüchen, er wurde in Korinth auch gerichtet, so schreibt er:

Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse. / Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie für treu befunden werden. / Mir aber ist’s ein Geringes, dass ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Gericht; auch richte ich mich selbst nicht. / Ich bin mir zwar nichts bewusst, aber darin bin ich nicht gerechtfertigt; der Herr ist’s aber, der mich richtet. / Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden. 1.Kor.4,1-5.

ð     Paulus wurde tatsächlich massiv angegriffen und verurteilt. Weiss jemand, was ihm in Korinth unterstellt wurde?

Ich bitte aber, dass ihr mich nicht zwingt, wenn ich bei euch bin, mutig zu sein die Kühnheit zu gebrauchen, mit der ich gegen einige vorzugehen gedenke, die unsern Wandel für fleischlich halten. 2.Kor.10,2.

ð     Sind wir nicht vorschnell im Urteil über andere, ob sie echte Christen sind oder nicht. Das entscheidende Kriterium, ob jemand Christ ist oder nicht, besteht in seinem Bekenntnis zu Christus.

ð     Ob ich erkannt habe, dass Jesus der Sohn Gottes ist und ich glaube, dass er für meine Sünde am Kreuz gestorben starb.

1.                  Evangelisation

ð     Kannst Du Jesus bekennen? Man braucht, um Christ zu werden, nicht in einer besonderen Stellung zu sein. Man braucht nicht einen perfekten, moralisch einwandfreien Lebenswandel zu führen, um Christ zu werden.

ð     Jesus besuchte viele Menschen in Israel, die sehr verachtet waren: Zöllner und Huren.

ð     Um Christ zu werden braucht es das EINE, dass Sie an Jesus glauben und ihn anerkennen als Sohn Gottes, der für Ihre Sünden am Kreuz gestorben ist.

ð     Sie müssen einsehen, dass Sie mit Ihrem Leben ob es von unserer Gesellschaft als gut oder schlecht beurteilt wird, zu Jesus kommen müssen, weil sie nur so mit Ihrem Schöpfer versöhnt werden.

ð     Gottes Liebe möchte die Menschen retten, wir lesen:

Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. / Darin besteht die Liebe: nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsre Sünden. 1.Joh.4,9-10.

ð     Wer das von ganzem Herzen glaubt, der ist gerettet, wie Paulus schreibt:

Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Rö.10,9.

ð     Dass nach dieser Rettung eine neue Lebensweise heranwächst, dass unordentliches geordnet wird, das ist selbstverständlich. Gott selbst leitet uns darin durch seinen heiligen Geist und durch die Gemeinschaft der Gläubigen.

ð     Wenn sie das nicht von ganzen Herzen bekennen können, dann können Sie ordentlich leben wie sie wollen, Sie können Gott damit nicht gefallen - sind verloren.

ð     Wenn Sie aber Jesus anerkennen und ihm Nachfolgen, dann sind Sie für alle Zeit gerettet. Das wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen.

II.             Seid einander nicht gleichgültig

ð     Ganz praktisch zeigt Paulus, wie man in der Gemeinde den verschiedenen Christen begegnen soll. Eines wird ganz deutlich: Christen sollen füreinander sorgen. Sie sollen aufeinander Acht haben.

ð     Nun betrachten wir die einzelnen Gruppen etwas genauer.

A.              Unordentliche

ð     Die Unordentlichen in der Gemeinde soll man ermahnen.

ð     Unordentliche sollte man ermahnen. Ihnen zurechthelfen.

ð     In vielen Lebensbereichen ist diese Hilfe nötig. Oft ist es mangelnde Erziehung oder mangelnde Vorbilder, die zu einem unordentlichen Leben führen.

ð     Bsp. von Markus, als ich ihm erklären musste, wie man ein Mädchen kennlernt.

ð     Es geht auch um Lebensbereiche wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Fleiss usw.

1.                  Anwendung

ð     Ermahnen, jemanden zurechtweisen ist eine der schwierigsten Aufgaben. Vor allem dann, wenn der zu Ermahnende gar nicht will.

ð     Viel einfacher ist einem unordentlichen Zustand zuzustimmen, dann bin ich nicht gefordert. Ich kann einfach sagen, das ist seine Sache, er muss das vor Gott verantworten.

ð     Das stimmt aber nicht, Du musst es vor Gott auch verantworten, wenn Du Deinen Bruder siehst etwas tun, was Gott nicht gefällt. Wenn Du ihn darauf nicht aufmerksam machst, dann versündigst Du Dich.

ð     Es kann nämlich sein, das der andere sich seines Fehlverhaltens, des unordentlichen Lebensstil gar nicht bewusst, weil er nichts anderes gewohnt ist.

ð     Leider werden Christen beobachtet und man erkennt ihren unordentlichen Lebenswandel oder eine falsche Überzeugung. Statt ihnen zu helfen, werden sie einfach schubladisiert.

ð     Jeder von uns hat die Aufgabe sich um einen Christen zu kümmern, der unordentlich lebt. Niemand kann sich einfach zurücklehnen und sagen, das ist Sache der Ältesten.

ð     Sind wir bereit diesen Dienst aneinander zu tun?

ð     Und sind wir bereit diesen Dienst von anderen anzunehmen, wenn sie ihn an uns tun? Oder schimpfen wir dann über diese Geschwister der Gemeinde, die einem nie so leben lassen wollen wie man will?

ð     Es gibt aber auch bei den Unordentlichen eine Grenze. Dort wo sie nicht bereit sind, sich weiterzuentwickeln und an ihrer Situation zu arbeiten, dort wo sie in ihrem unordentlichen Lebenswandel partout verharren wollen. In zweiten Brief an die Thessanlonicher beschreibt Paulus wie sich die Gemeinde dann verhalten soll:

Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich lebt und nicht nach der Lehre, die ihr von uns empfangen habt. 2.Thess.3,6.

ð     Beachten wir aber, dass es darum geht nach der Lehre zu Leben. Wenn ich einen Bruder oder eine Schwester ermahne, dann habe ich nicht nach meinem persönlichen Empfinden zu handeln. Nicht nach meinem Geschmack und meiner Erziehung, sondern nach der Lehre.

ð     Viel wird falsch angegangen, weil wir unsere persönliche Meinung zum Massstab aller Dinge erheben und ihnen dann noch den Stempel biblisch aufdrücken. Dabei hat es mit biblisch oft sehr wenig zu tun.

ð     Bsp. Kravatte.

B.               Kleinmütige

ð     Kleinmütige meint er vielleicht die, deren Trauer um die Toten die Mahnung 4,13ff veranlasste.

ð     Oder deren Heilsgewissheit durch Zweifel getrübt war, sodass der Gedanke an die Wiederkunft Jesu sie ängstete.

ð     Oder solche die sofort mutlos und verzagen sind. Die wir vielleicht als Kleingläubig bezeichnen würden.

ð     Denn auch das Mass des Glaubens ist verschieden gross:

Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt zu halten, sondern dass er massvoll von sich halte, ein jeder, wie Gott das Mass des Glaubens ausgeteilt hat. Rö.12,3.

ð     Diese Geschwister, die sollen wir nun nicht ermahnen, sondern wir sollen uns ihnen freundlich zuwenden, sie trösten. Die Grundbedeutung dieses Wortes kann man wie folgt umschreiben: zu jemandem sprechen, indem man sich ihm nahe zur Seite stellt.

1.                  Anwendung

ð     Auch hier sind wir gefordert mit Liebe einander zu dienen.

ð     Wir sollen besondere Zuwendung ihnen zuteil werden lassen und sie nicht mit ständigen Vorwürfen bearbeiten.

ð     Du bist nicht richtig Bekehrt, darum geht es Dir jetzt so.

ð     Ein solcher Mensch braucht Zuspruch und Ermutigung. Man muss ihnen ganz besonders die Gnade und Barmherzigkeit Gottes vor Augen malen.

C.              Schwache

ð     Schwache sind einerseits die Kranken, andererseits die Menschen, die irgendwie psychisch geschwächt sind. Oder auch wirtschaftlich Schwache.

ð     Diesen Geschwistern sollen wir uns annehmen. Denn die Gemeinde ist keine Elitetruppe, sondern eine Gemeinschaft von Gläubigen, die füreinander sorgt.

ð     So sagt Paulus den Korinthern:

Vielmehr sind die Glieder des Leibes, die uns die schwächsten zu sein scheinen, die nötigsten; / und die uns am wenigsten ehrbar zu sein scheinen, die umkleiden wir mit besonderer Ehre; und bei den Unanständigen achten wir besonders auf Anstand; / denn die Anständigen brauchen's nicht. Aber Gott hat den Leib zusammengefügt und dem geringeren Glied höhere Ehre gegeben, / damit im Leib keine Spaltung sei, sondern die Glieder in gleicher Weise füreinander sorgen. / Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. 1.Kor.12,22-26.

1.                  Anwendung

ð     Vielleicht kennen wir bedeutende Geschwister im christlichen Raum, die mit recht sehr angesehen sind.

ð     Es gibt aber ein Eifer solchen Leuten nachzueilen und sie unbedingt persönlich kennenzulernen, damit können wir unser Selbstwertgefühl erheblich steigern.

ð     Ein Abendessen mit Billy Graham macht vielleicht auf Christen mehr Eindruck und unterstreicht meine Wichtigkeit im Reich Gottes mehr, als ein Krankenbesuch, einen Abend mit einem einsamen Bruder oder Schwester zu verbringen.

ð     Sie dürfen dreimal Raten, was Jesus mehr beeindruckt.

ð     Ich vermute, dass sich Jesus nicht besonders dafür interessiert wieviel Starke wir kennen und sie gegrüsst habe. Eher wird ihn interessieren, wieviel Schwache wir kennen und wie wir uns ihrer annehmen.

ð     Es handelt sich bei diesen Schwachen natürlich um Gemeindeglieder.

ð     Paulus verknüpft den Dienst an den Schwachen mit einem Wort des Herrn, wenn er sagt:

Ich habe euch in allem gezeigt, daß man so arbeiten und sich der Schwachen annehmen muß im Gedenken an das Wort des Herrn Jesus, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als nehmen. Apg.20,35.

ð     So sollen wir uns untereinander dienen. Sind wir bereit dazu?

III.          Seid geduldig im Umgang miteinander

ð     In diesem Vers mahnt uns Paulus zum Schluss und sagt:

Seid geduldig gegen alle. o. Seid langsam zum Zorn. V.14b

ð     Geduldig oder langsam zum Zorn ist eine ausgeprägte Eigenschaft Gottes.

ð     Gegenseitig dürfen wir uns nicht überfordern und sogleich zornig werden, wenn jemand sich nicht so verändert wie es vielleicht gut wäre. Wir sollen geduldig miteinander sein.

ð     Damit sage ich nicht, man soll offensichtliche Sünde dulden. Sünde soll bereinigt werden.

ð     Es gibt im Glaubensleben einen Reifeprozess, der stattfindet und nichts mit Sünde zu tun hat. So wie bei einem Säugling. Er versündigt sich doch nicht, wenn er die Windeln voll macht.

ð     So muss unter uns auch das Klima herrschen, dass ich einmal die Windeln voll machen darf, ohne dass ich dafür fast gemartet werde.

ð     Eine grosse Hilfe ist, wenn ich daran erinnere, wie Gott mit mir geduldig war und ist.

ð     Manchmal habe ich den Eindruck, dass Christen von anderen Veränderungen erwarten, wo sie vielleicht selber Jahre dafür brauchten. Sie meinen dann, wenn sie es erkannt haben, die anderen müssten es nach der ersten Erklärung sofort begreifen und dann auch praktizieren. Und sie erheben sich über andere und meine wie geistlich sie seien.

ð     Jesus gibt uns eine ausgezeichnete Grundregel, die uns im Umgang miteinander hilft:

Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten. Mt.7,12.

Schluss

ð     Zusammenfassung

ð     Wer in einer Gemeinde lebt, der muss damit leben können, dass viel Schwachheiten und Unzulänglichkeiten vorhanden sind.

ð     Der muss damit leben lernen, dass der Leib Jesu nie perfekt sein wird. Das wird erst im Himmel so sein, wenn wir vollendet sind.

ð     Er muss damit leben, dass nicht viele angesehene Leute in der Gemeinde leben.

ð     Achtet doch darauf, wie ihr die Gemeinde präsentiert. Werden da nicht oft die Christen aufgezählt, die in der Welt durch ihren Beruf oder ihren Besitz ein gewisses Ansehen haben?

ð     Gott würde die Gemeinde sicherlich ganz anders beschreiben. Er würde nicht die angesehenen Leute aufzählen, oder die schönen Kirchengebäude rühmen.

ð     Gott beschreibt die Gemeinde, wie sie sich gegenüber seinem Wort verhält und wie sie sein Wort ganz praktisch ausgelebt wird. Ob das gelebt wird, was Paulus von den Galatern fordert:

Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Gal.6,2.

ð     Werden wir doch in dieser Sache immer konkreter. Tragen wir die Lasten des andern, denn so erfüllen wir, was Jesus von uns wünscht und wir erleben Gemeinde, wie es in der Bibel steht.

Amen