Ein Sermon oder eine Predigt, dass man Kinder zur Schule halten solle (1530)

 

[WA 30 II, 517-588]

 

Liebe Freunde, weil ich sehe, dass sich der einfache Mann ablehnend verhält gegen die Erhaltung der Schule und seine Kinder ganz und gar vom Studium abzieht und allein auf die Nahrung und den Bauch sich verlegt und daneben nicht bedenken will oder kann, welch eine greuliche, unchristliche Sache er sich damit vornimmt und wie großen, mörderischen Schaden, dem Teufel zu Diensten, er in aller Welt anrichtet, habe ich mir vorgenommen, diese Ermahnung an euch zu richten, für den Fall, dass vielleicht noch irgendwelche Leute da sind, die noch ein wenig glauben, dass ein Gott im Himmel und eine Hölle für den Ungläubigen vorhanden ist (denn es benimmt sich fast alle Welt, als gäbe es weder Gott im Himmel noch den Teufel in der Hölle), und diese Ermahnung beachten. So will ich aufzeigen, was in dieser Sache von Nutzen oder Schaden ist.

Zuerst wollen wir den geistlichen oder ewigen Nutzen und Schaden uns vornehmen, danach den zeitlichen oder weltlichen. Ich hoffe ja, dass die Gläubigen und wer Christ heißen will sehr wohl wissen, dass der geistliche Stand von Gott eingesetzt und gestiftet ist - nicht mit Gold oder Silber, sondern mit dem teuren Blut und bitteren Tode seines einzigen Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus. Denn aus seinen Wunden fließen wahrlich (wie man's vorzeiten auf die Druckblätter malte) die Sakramente, und er hat es wahrlich teuer erkauft, dass man in der ganzen Welt dieses Amt hat, zu predigen, zu taufen, zu lösen, zu binden, Sakramente zu reichen, zu trösten, zu warnen, zu ermahnen mit Gottes Wort und was sonst zum Amt der Seelsorge gehört. Denn dieses Amt fördert auch nicht allein hier das zeitliche Leben und alle weltlichen Stände und hilft sie erhalten, sondern gibt das ewige Leben und erlöst vom Tod und der Sünde, welches denn seine eigentliche, vornehmste Wirkung ist. Und zwar steht und bleibt die Welt überhaupt allein um dieses Standes willen, sonst wäre sie längst zugrunde gegangen.

Ich meine aber nicht den jetzigen geistlichen Stand in Klöstern und Stiften mit seinem ehelosen Unwesen. Denn dieser ist längst von seiner ursprünglichen löblichen Stiftung abgefallen und nun nicht mehr als ein Stand, der für Geld und Verzinsung gestiftet ist durch menschliche Weisheit, hat auch nichts Geistliches an sich, außer dass sie nicht verehelicht sind (sie bedürfen dessen auch nicht, sie haben sicher anderes stattdessen). Ohnehin ist's alles rein äußerliches, zeitliches, vergängliches Gepränge, denn sie achten das Wort und Predigtamt nicht. Wo aber das Wort nicht ergeht, da muss schlechte Geistlichkeit sein. Sondern den Stand meine ich, der das Predigtamt und den Dienst des Wortes und der Sakramente hat, das den Geist gibt und alle Seligkeit, die man mit keinem Gesinge und Gepränge erlangen kann, nämlich das Pfarramt, Lehrer, Prediger, Lektoren, Priester (die man Kaplane nennt), Küster, Schulmeister und was zu solchen Ämtern und Personen noch gehört, welchen Stand die Schrift wahrlich hoch rühmt und lobt. St. Paulus nennt sie Gottes Haushalter und Knechte, Bischöfe, Doktoren, Propheten, dazu auch Gottes Boten, zu versöhnen die Welt mit Gott, 2. Korinther 5, 20. Joel nennt sie die Heilande, David nennt sie Könige und Fürsten, Psalm 68, 13. Haggai nennt sie Engel (Haggai 1, 13), und Maleachi spricht: »Die Lippen des Priesters bewahren das Gesetz, denn er ist ein Engel des Herrn Zebaoth« (Maleachi 2, 7), wie sie Christus selbst nennt, nicht nur Matthäus 11, 10, wo er den Täufer Johannes einen Engel nennt, sondern auch im ganzen Buch der Offenbarung des Johannes.

Darum haben die Alten diesen Stand sehr gemieden und sich gescheut, ihn zu übernehmen, um seiner großen Würde und Bedeutung willen, so dass man sie dazu hat zwingen und treiben müssen, wiewohl es hernach und bis jetzt viele gegeben hat, die diesen Stand gepriesen haben, um des Messehaltens willen mehr als um des Predigens willen. Dieser Preis und Ruhm ist bis heute gewachsen, so sehr, dass sie das priesterliche Amt und den priesterlichen Stand (das Messopfer zu bringen) über Maria und die Engel gesetzt haben, weil die Engel und Maria nicht die Messe halten können, was doch ein Priester könne. Und es ist eine herrliche Sache gewesen um einen neuen Priester und eine erste Messe, und selig war die Frau, die einen Priester getragen hatte (vgl. Lukas 11, 27), während doch das Wort und Predigtamt das Allerhöchste und Vornehmste ist, das man nicht so hoch geachtet hat. Kurz: Ein Priester hat geheißen, wer Messe halten konnte, auch wenn er nicht ein Wort zu predigen gewusst hat und ein ungebildeter Esel gewesen ist. Das ist im Grunde der jetzige geistliche Stand noch heutzutage.

Ist nun das gewiss und wahr, dass Gott den geistlichen Stand selbst eingesetzt und gestiftet hat mit seinem eigenen Blut und Tode, so ist's wohl zu verstehen, dass er ihn hoch geehrt haben und nicht dulden will, dass er untergehen soll oder aufhören, sondern ihn erhalten haben will bis zum Jüngsten Tag. Denn es muss ja das Evangelium und die Christenheit bestehen bleiben bis zum Jüngsten Tag, wie Christus spricht Matthäus 28, 20: »Siehe, ich bin bei euch bis an der Welt Ende.« Durch wen soll er aber erhalten werden? Ochsen und Pferde, Hunde und Säue werden's nicht tun, Holz und Steine auch nicht. Wir Menschen werden es tun müssen, denn es ist ja dieses Amt weder Ochsen noch Pferden anvertraut, sondern uns Menschen. Woher soll man aber Menschen dazu nehmen außer von denen, die Kinder haben? Wenn du dein Kind nicht dazu erziehen willst, jener auch nicht und so fort, wenn kein Vater oder Mutter ihr Kind unserm Gott hierzu geben will, wo sollen dann das geistliche Amt und der geistliche Stand bleiben? Die Alten, die jetzt darin sind, werden nicht ewig leben, sondern sterben täglich dahin, und es sind keine anderen da an ihrer Statt. Was wird Gott am Ende dazu sagen? Meinst du, er werde daran Gefallen haben, dass wir sein göttlich gestiftetes Amt, zu seinem Lob und Ehre und zu unserem Heil so teuer erworben, so schändlich verachten und mit solchem Undank verfallen und untergehen lassen?

Er hat die Kinder gegeben und Nahrung dazu - nicht darum, dass du bloß deine Lust an ihnen haben sollst oder sie zu weltlichem Ruhm erziehen. Es ist dir ernstlich geboten, dass du sie erziehen sollst zu Gottes Dienst — oder aber du sollst mit Kindern und allem ganz ausgerottet werden, dass alles verdammt sei, was du ihnen zuwendest, wie das erste Gebot sagt: »Ich suche heim der Väter Missetat an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied denen, die mich hassen.« (2. Mose 20, 5) Wie willst du sie aber zu Gottes Dienst erziehen, wenn das Predigtamt und der geistliche Stand darniederliegt und verfallen ist? Und deine Schuld ist's, der du sehr wohl etwas hättest dazu tun können und helfen, ihn zu erhalten, wenn du dein Kind hättest lernen lassen. Denn wenn du es tun kannst und dein Kind dazu fähig ist oder Lust hat, und du tust es nicht, sondern hinderst es - hörst du es wohl? -, so bist du schuldig an dem Schaden, dass der geistliche Stand verfällt und weder Gott noch Gottes Wort in der Welt bleibt. Denn soviel an dir ist, lässest du ihn verfallen, und weil du ein Kind nicht dafür hergeben willst, so tätest du's ebenso auch mit allen, wenn du die Welt voll Kinder hättest, so dass um deinetwillen Gottes Dienst einfach zugrunde geht.

Es hilft dir nichts, wenn du sagen wolltest: Mein Nachbar schickt seinen Sohn zur Schule, ich brauch's nicht. Denn dein Nachbar kann auch so reden, und so fort alle Nachbarn. Wo kriegt Gott derweil die Leute her zu seinem geistlichen Amt? Du hast die Person und kannst sie hergeben, aber du willst's nicht tun, dein Nachbar auch nicht - also geht's denn zugrunde, soviel an euch ist. Weil du denn deinem Gott sein gestiftetes und eingesetztes Amt, so hoch und teuer erkauft, verwüsten lassest und mit solcher greulichen Undankbarkeit untergehen, darum wirst du auch selbst verflucht sein und sowohl an deinen Kindern als auch an dir selbst lauter Schande und Leid erleben oder doch auf andere Weise so geplagt werden, dass du nicht allein hier auf Erden, sondern auch dort ewiglich in der Hölle samt ihnen verdammt wirst. Das wird dir nicht erspart bleiben, damit du lernest, die Kinder seien nicht so ganz und gar dein, dass du Gott nichts davon geben müssest. Er will auch ein Recht darauf haben, und sie sind auch mehr sein als dein.

Damit du nicht denkst, ich setze dir hiermit zu hart zu, so will ich dir Nutzen und Schaden zum Teil vorstellen (denn wer kann es alles aufzählen), die du anrichtest, so dass du selbst sagen musst, du seiest mit vollem Recht des Teufels Eigentum und verdientermaßen zur Hölle ewiglich verdammt, wenn du dich sträflich hierein ergibst und dich nicht besserst. Umgekehrt kannst du dich auch von Herzen freuen und fröhlich sein, wenn du dich darein findest, dass du von Gott dazu erwählt bist, mit deinem Besitz und deiner Arbeit einen Sohn zu erziehen, der ein frommer, christlicher Pfarrer, Prediger oder Schulmeister wird. Damit hast du dann für Gott selbst einen besonderen Diener erzogen, ja, wie oben gesagt ist, einen Engel Gottes, einen rechten Bischof vor Gott, einen Heiland vieler Leute, einen König und Fürsten in Christi Reich und in Gottes Volk einen Lehrer, ein Licht der Welt. Und wer will oder kann alle Ehre und Tugend eines rechten, treuen Pfarrers aufzählen, die er vor Gott hat? Es ist ja kein teurerer Schatz, kein edleres Ding auf Erden und in diesem Leben als ein rechter treuer Pfarrer oder Prediger.

Denn urteile du selbst, welchen Nutzen das liebe Predigtamt und die Seelsorge schafft. Den schafft gewiss auch dein Sohn, der solches Amt treulich ausübt, indem so viele Seelen täglich durch ihn belehrt, bekehrt, getauft und zu Christus gebracht und selig gemacht werden und von Sünde, Tod, Hölle und Teufel erlöst, zur ewigen Gerechtigkeit, zum ewigen Leben und Himmel durch ihn kommen, wie mit Recht Daniel 12, 3 sagt, dass diejenigen, die andere lehren, leuchten sollen wie der Himmel, und die so viele zur Gerechtigkeit weisen, sollen sein wie die Sterne in Ewigkeit. Denn weil Gottes Wort und Amt, wenn es recht in Erscheinung tritt, ohne Unterlass große Dinge tun wird und reine Wunderwerke vollbringen, so wird dein Sohn auch ohne Unterlass große, reine Wunder tun vor Gott, z. B. Tote auferwecken, Teufel austreiben, Blinde sehend, Taube hörend, Aussätzige rein, Stumme redend, Lahme gehend machen. Wenn's nicht leiblich geschieht, so geschieht's doch geistlich in der Seele, wo es viel gewichtiger ist, wie Christus spricht Johannes 14, 12: »Wer an mich glaubt, der wird die Werke tun, die ich tue, und noch größere Werke tun.« Kann solches ein Glaubender tun an einzelnen Personen, wieviel mehr wird solches ein öffentlicher Prediger tun an und in einer ganzen Menge! Nicht dass er's tue als ein Mensch, sondern sein Amt, von Gott dazu eingesetzt, das tut's, und das Wort Gottes, das er lehrt, denn er ist ja das Werkzeug eben dazu.

Tut er nun solche großen Werke und Wunder geistlich, so folgt daraus, dass er sie auch leiblich tut oder jedenfalls Anstifter und Ursache dazu ist. Denn woher kommt's, dass die Christen am Jüngsten Tage von den Toten auferstehen werden, dass alle Tauben, Blinden, Lahmen - dass alles, was es an Plagen des Leibes gegeben hat, aufhören muss und ihre Leiber nicht allein schön, hübsch, gesund, sondern auch so hell und schön leuchten werden wie die Sonne, wie Christus spricht (Matthäus 13, 43)? Kommt's nicht daher, dass sie durchs Wort Gottes hier auf Erden bekehrt sind, gläubig, getauft und Christus einverleibt? Wie Paulus sagt Römer 8, 11, dass Gott unsere sterblichen Leiber auferwecken wird um seines Geistes willen, der in uns wohnt. Wer verhilft nun den Menschen zu solchem Glauben und Anfang der leiblichen Auferstehung außer dem Predigtamt und dem Wort Gottes, das dein Sohn führt? Ist das nun nicht ein unermesslich größeres, herrlicheres Werk und Wunder, als wenn er leiblich oder zeitlich Tote wieder zu diesem Leben auferweckte oder Blinden, Tauben, Stummen, Aussätzigen hülfe in der Welt und im vergänglichen Dasein?

Wenn du gewiss wärest, dass dein Sohn dieser Werke eines an einem einzigen Menschen tun würde, nämlich dass er nur einen Blinden sehend machen, einen Toten auferwecken, eine Seele dem Teufel nehmen, einen Menschen aus der Hölle erretten würde oder was derlei mehr ist, solltest du nicht von Rechts wegen und voller Freude dein Gut daransetzen, dass er zu diesem Amt und Werk erzogen werden möge, und vor großer Freude springen, dass du mit deinem Geld vor Gott eine so große Sache gestiftet hättest? Denn was sind alle Stifte und Klöster, wie sie jetzt sind und wie sie beschäftigt sind mit ihren eigenen Werken, gegen einen solchen Pfarrer, Prediger oder Schulmeister? Obwohl sie vorzeiten und ursprünglich von frommen Königen und Herren allesamt zu diesem teuren Werk gestiftet sind, dass man solche Prediger und Pfarrer darin erziehen sollte, sind sie jetzt leider durch den Teufel in den jammervollen Zustand geraten, dass es Mordgruben und lauter Vorburgen der Hölle geworden sind, zum Verderben und Schaden der Christenheit.

Nun sieh: Dein Sohn tut von solchen Werken nicht allein eines, sondern viele, ja allesamt, und das täglich. Und was das Allerbeste ist: Für Gott tut er sie; dafür sieht der sie an und hält sie so hoch in Ehren, wie gesagt, obgleich es die Menschen nicht erkennen oder beachten. Ja, wenn die Welt ihn gleich einen Ketzer, Verführer, Lügner, Aufrührer schilt: Das ist um so besser und ein gutes Zeichen, dass er ein rechtschaffener Mann ist und seinem Herrn Christus ähnlich. Musste doch Christus selbst auch ein aufrührerischer Mörder und Verführer sein und darum mit den Mördern hingerichtet und gekreuzigt werden. Was kümmerte es mich, wenn ich ein Prediger wäre, dass mich die Welt einen Teufel hieße, wenn ich weiß, dass mich Gott seinen Engel heißt? Die Welt heiße mich einen Verführer, solange sie will; indessen heißt mich Gott seinen treuen Diener und Hausknecht, die Engel heißen mich ihren Gesellen, die Heiligen heißen mich ihren Bruder, die Gläubigen heißen mich ihren Vater, die bekümmerten Seelen heißen mich ihren Heiland, die Unwissenden heißen mich ihr Licht, und Gott spricht Ja dazu, es sei so, und auch die Engel samt allen Kreaturen. Ei, wie hübsch hat mich dann die Welt samt dem Teufel betrogen mit ihrem Lästern und Schmähen? Ei, wieviel hat sie an mir gewonnen? Wie großen Schaden hat sie mir angetan? Die liebe, gute!

Das ist nun gesagt von den Werken und Wundern, die dein Sohn tut an den Seelen, um von Sünde, Tod und Teufel zu helfen. Darüber hinaus tut er auch an der Welt lauter große, mächtige Werke, nämlich dass er alle Stände unterrichtet und unterweist, wie sie äußerlich in ihren Ämtern und Ständen sich verhalten sollen, womit sie vor Gott recht tun; er kann die Betrübten trösten, Rat geben, böse Streitsachen schlichten, irrende Gewissen zurechtbringen, helfen Frieden zu halten, versöhnen, einigen - und Werke ohne Zahl, viel und täglich. Denn ein Prediger bestätigt, stärkt und hilft erhalten alle Obrigkeit, allen zeitlichen Frieden, wehrt den Aufrührerischen, lehrt Gehorsam, Sitten, Zucht und Ehre, unterweist den Vaterstand, Mutterstand, Kinderstand, Knechtsstand - kurz: alle weltlichen Ämter und Stände. Dies sind gewiss die geringsten guten Werke eines Pfarrers; dennoch sind sie so hoch und edel, dass unter allen Heiden noch kein Weiser sie jemals erkannt noch verstanden, viel weniger zu tun vermocht hat, auch noch kein Jurist, keine hohe Schule, kein Stift oder Kloster solche Werke kennt, dass sie auch weder im geistlichen noch im weltlichen Recht gelehrt werden. Denn da ist niemand, der solche weltlichen Ämter Gottes große Gaben oder gnädige Ordnung hieße; sondern das Wort Gottes und das Predigtamt allein preist und ehrt sie so hoch.

Darum, wenn man die Wahrheit sagen will: Der zeitliche Friede, der das größte Gut auf Erden ist, in dem auch alle anderen zeitlichen Güter inbegriffen sind, ist eine ureigene Frucht des rechten Predigtamtes. Denn wo dieses ausgeübt wird, bleiben Krieg, Hader und Blutvergießen wohl aus; wo es aber nicht recht ausgeübt wird, da ist's auch kein Wunder, dass da Krieg ist oder jedenfalls ständige Unruhe, Lust und Wille, Krieg zu fuhren und Blut zu vergießen. So sehen wir jetzt, dass die Sophisten nichts anderes als nach Blut schreien und Feuer speien können; sie vergießen der unschuldigen Pfarrer Blut um der Ehe willen, während doch selbst der Papst und ihr eigenes geistliches Recht, wenn sie solche Ehe streng bestrafen, die Pfarrer absetzen vom Priesteramt, sie aber Leben und Gut und christliche Ehre behalten lassen. Noch weniger verdammen sie sie zur Hölle, halten sie auch nicht für Ketzer, wie alle Juristen und alle Welt bezeugen müssen und wie es auf dem Reichstage zu Nürnberg Gesetz geworden ist. Aber die blinden Bluthunde haben sich vom Predigtamt fort der Lüge ergeben. Darum können sie auch das Morden nicht lassen, wie der Teufel, ihr Gott, auch tut, der von Anfang an ein Lügner und Mörder gewesen ist und bleibt, Johannes 8, 44.

So wird nun Menschen an Leib und Seele, an Gut und Ehre gedient von einem rechten Pfarrer. Darüber hinaus sieh nun, wie er Gott dient und was für herrliche Opfer und Gottesdienste er darbringt; denn durch sein Amt und Wort wird das Reich Gottes in der Welt erhalten, die Ehre, der Name und Ruhm Gottes, die rechte Erkenntnis Gottes, der rechte Glaube und das rechte Verständnis Christi, die Frucht des Leidens und Blutes und Sterbens

Christi, die Gaben, Werke und Kraft des heiligen Geistes, der rechte heilsame Gebrauch der Taufe und Sakramente, die richtige, reine Lehre des Evangeliums, die rechte Weise, den Leib zu züchtigen und zu kreuzigen, und dergleichen viel. Wer könnte eines der genannten Dinge jemals genug preisen? Und was ist noch davon zu sagen? Wieviel er damit tut, dass er gegen den Teufel, die Weltweisheit und den fleischlichen Dünkel so viel Streit aushält, so viele Siege davonträgt, so viel Irrtum niederschlägt, so vielen Ketzereien wehrt! Denn er muss gegen der Hölle Pforten streiten und kämpfen und den Teufel überwinden - und tut's auch nicht er, sondern sein Amt und Wort: Das alles sind unzählige und unaussprechliche Werke und Wunder des Predigtamtes. Kurz: Erst wenn man Gott selbst gebührend loben wird, wird man sein Wort und seine Predigt auch gebührend loben, denn es ist Gottes Amt und Wort.

Wenn du nun gleich ein König wärest, so solltest du doch dich nicht für dessen würdig halten, dass du deinen Sohn mit all deinem Gut, das du daran gesetzt hast, zu solchem Amt hingeben und erziehen darfst: Ist nicht hier dein Pfennig oder die Arbeit, die du für einen solchen Sohn aufwendest, allzu hoch geehrt, allzu herrlich gesegnet, allzu kostbar angelegt und besser als jedes Königreich und Kaisertum vor Gottes Augen angesehen? Auf den Knien sollte einer solchen Pfennig an der Welt Ende tragen, wenn er wüsste, dass er dort so herrlich und lohnend angelegt werden sollte; und sieh: Du hast's in deinem Hause und auf deinem Schoß, wofür du es so herrlich anlegen kannst. Pfui und abermals pfui und noch einmal pfui über unsere blinde und schändliche Undankbarkeit, dass wir nicht sehen, was für einen besonders schönen Gottesdienst wir vollbringen, ja, welche großen Herren wir sein könnten vor Gott mit geringem Tun, obendrein mit unserem eigenen Geld und Gut.

Die Sophisten schelten uns, dass wir Lutherischen nicht gute Werke lehrten. Fürwahr, das sind feine Gesellen, sie verstehen sich nicht übel auf gute Werke. Sind diese oben genannten Dinge nicht gute Werke? Was sind aller Stifte und Klöster Werke gegen diese herrlichen Wunder? Es ist ein Dohlen-und Rabengekrächze und doch nicht so gut wie das Krächzen der Dohlen, denn diese krächzen doch mit Liebe und Lust; sie aber heulen ihr Gekrächze mit Unlust wie die Uhus und Nachteulen. Hat man nun früher Großes von den ersten Messen und neuen Priestern gehalten und sind Vater und Mutter samt allen Freunden fröhlich gewesen, dass sie einen Sohn zum müßigen, faulen, unnützen Meßpfaffen oder Freßpfaffen erzogen haben, der Gott mit seinen lästerlichen Meßopfern und mit vergeblichem Gebet geschändet und die Welt mit zuchtlosem Leben geärgert und geplündert hat, wieviel mehr solltest du dich nun freuen, wenn du einen Sohn zu einem dieser Ämter erzogen hättest, wo du gewiss bist, dass er Gott so herrlich dient, den Menschen so reichlich hilft und den Teufel so ritterlich schlägt! Da hast du ja dein Kind Gott recht geopfert, so dass dich selbst die Engel als ein großes Wunder ansehen müssen.

Andererseits sollst du auch wissen, was du für Schaden anrichtest, wenn du in dieser Sache das Gegenteil tust. Denn wenn dir Gott ein Kind gegeben hat, geeignet und fähig zu solchem Amt, und du erziehst es nicht dazu, siehst allein auf den Bauch und zeitliche Nahrung, so nimm dir vor das Register, das droben aufgestellt ist, und geh dasselbe durch nach den darin aufgeführten guten Werken und Wundern, so wirst du sehen und finden, was für ein Frömmler und was für ein kümmerliches Pflänzchen du bist. Denn soviel an dir ist, entziehst du Gott einen Engel, einen Diener, einen König und Fürsten in seinem Reich, einen Heiland und Tröster der Menschen an Leib und Seele, an Gut und Ehre, einen Hauptmann und Ritter gegen den Teufel. Damit leistest du Vorschub dem Teufel und förderst ihm sein Reich, so dass er die Seelen in Sünden, Tod und Hölle behält und täglich noch viel mehr hineinbringt und überall die Oberhand gewinnt. Die Welt bleibt in Ketzerei, Irrtum, Unfrieden, Krieg und Hass und wird täglich ärger; überdies geht Gottes Reich, christlicher Glaube, die Frucht des Leidens und Blutes Christi, das Werk des heiligen Geistes, das Evangelium und aller Gottesdienst unter; und aller Teufelsdienst und Falschglaube nimmt überhand. Das alles hätte unterbleiben können und verhindert, sogar gebessert werden, wenn dein Kind dazu erzogen und dahin gelangt wäre.

Wie willst du bestehen, wenn dich Gott am Totenbette oder im Jüngsten Gericht darauf ansprechen wird und sagen: Ich bin hungrig, durstig, ein Gast, nackt, krank, gefangen gewesen, und du hast mir nicht gedient. Denn was du für die Leute auf Erden und für mein Reich oder Evangelium nicht getan hast, sondern hast geholfen, es zu unterdrücken, die Seelen verderben zu lassen, das hast du mir selbst angetan, denn du hättest wohl helfen können (Matthäus 25, 42-46). Ich hatte dir auch Kind und Gut dazu gegeben, aber du hast mutwillig mich und mein Reich und alle Seelen notleiden und verschmachten lassen und damit - mir und meinem Reich zuwider - dem Teufel und seinem Reich gedient; der sei nun auch dein Lohn. Fahr mit ihm hin in der Hölle Abgrund. Mein Himmelreich und mein Erdenreich hast du nicht geholfen zu bauen und zu bessern, sondern zu zerstören und zu schwächen; dem Teufel aber hast du geholfen, seine Hölle zu bauen und zu mehren. So wohne nun auch in dem Hause, das du dir gebaut hast!

Was meinst du? Ob dich hier nicht plötzlich überfallen werden nicht nur Tropfen, sondern ganze Wolkenbrüche von Sünden? Die beachtest du jetzt nicht und gehst sicher daher, als tätest du ganz recht daran, dass du dein Kind nicht zum Studium erziehst. Dann aber wirst du sagen müssen, dass du rechtens in den Abgrund der Hölle verdämmt seiest als der ärgsten, gefährlichsten Menschen einer, die auf Erden gelebt haben. In der Tat, wenn du dich nur jetzt im Leben besännest, müsstest du wahrlich vor dir selbst erschrecken, denn es vermag kein Gewissen zu ertragen, wenn es an einem der oben genannten Dinge sich schuldig findet. Wieviel weniger kann es das ertragen, wenn diese Dinge allesamt plötzlich hereinbrechen, die nicht zu zählen sind, so dass dein Herz schreien muss, deine Sünden seien mehr als Laub und Gras, außerdem größer als Himmel und Erde. Und du wirst mit Manasse, dem Könige Judas, sagen: »Meine Sünde ist mehr als Sand am Meer, und meine Missetat ist groß.« (Gebet Manasses, 9) Denn das sagt auch das Naturrecht: Wer Schaden verhüten kann und tut's nicht, der ist auch selbst schuldig an solchem Schaden als der, der sicher Vergnügen und Gefallen daran hat und es selber täte, wenn er Gründe oder Gelegenheit dazu hätte. Darum sind solche Leute gewiss ebenso gut wie der Teufel selbst, weil sie Gott und der Welt so feind sind, dass sie helfen, das Himmelreich und das Erdenreich zu verderben, und dem Teufel so treulich dienen. Kurz: Wenn man den Teufel viel schelten kann, so kann man solche Leute auch viel schelten, die solches Werk und Amt Gottes hindern, denn sie sind des Teufels Diener.

Hiermit will ich nicht darauf gedrungen haben, dass jedermann sein Kind zu solchem Amt erziehen müsse, denn es müssen nicht alle Knaben Pfarrer, Prediger, Schulmeister werden. Und es ist gut zu wissen, dass Kinder von Herren und großen Leuten hier nicht zu gebrauchen sein werden, denn die Welt muss auch Erben und vornehme Leute haben - man zerstörte sonst die weltliche Obrigkeit. Ich rede von den einfachen Leuten, die doch früher ohnehin ihre Kinder um der Pfründen und Lehen willen hätten lernen lassen und sie jetzt allein um der Nahrung willen davon fernhalten, obgleich sie keine Erben brauchen. Sie halten sie dennoch von der Schule fern, ungeachtet dessen, dass die Kinder begabt und tauglich für diese Ämter wären und dass sie gut, ohne alle Not und Behinderung, Gott damit dienen könnten. Solche tüchtigen Knaben sollte man zum Studium anhalten, besonders der armen Leute Kinder, denn dazu sind aller Stiftungen und Klöster Pfründen und Zinsen bestimmt, wiewohl daneben doch auch die anderen Knaben, auch wenn sie nicht so sehr begabt sind, auch lernen sollten, zumindest Latein zu verstehen, zu schreiben und zu lesen. Denn man braucht nicht allein hochgelehrte Doktoren und Magister der Schrift; man muss auch einfache Pfarrer haben, die das Evangelium und den Katechismus verbreiten beim jungen und ungebildeten Volk, taufen, Sakramente reichen usw., auch wenn sie nicht zum Streit gegen die Ketzer taugen: Darauf kommt's nicht an. Man muss zu einem guten Gebäude nicht allein Quadersteine, sondern auch Füllsteine haben; so muss man auch Küster und andere Personen haben, die dienen und helfen dem Predigtamt und Wort Gottes.

Und wenn schon ein solcher Knabe, der Latein gelernt hat, danach ein Handwerk lernt und Bürger wird, hat man ihn in Reserve für den Fall, dass man ihn einmal als Pfarrer oder sonst für das Wort brauchen sollte. Es schadet ihm auch solche Bildung nichts für den Broterwerb; er kann sein Haus umso besser regieren und ist außerdem vorgebildet und verfügbar fürs Predigtamt oder Pfarramt, wenn man seiner bedarf. Besonders zu unseren Zeiten ist's ja leicht, solche Personen zu erziehen, die das Evangelium und den Katechismus lehren können, weil jetzt nicht allein die heilige Schrift, sondern auch allerlei Gelehrsamkeit reichlich zu Gebote steht, mit so vielen Büchern, mit Lesen und Predigen (gottlob), dass man in drei Jahren mehr lernen kann als früher in zwanzig. Auch Frauen und Kinder wissen aus den deutschen Büchern und Predigten jetzt mehr (ich sage die Wahrheit) von Gott und Christus, als früher alle hohen Schulen, Stifte und Klöster, das ganze Papsttum und alle Welt gewusst haben. Aber Lateinisch müssen die einfachen Pfarrer und Prediger können und dürfen darauf nicht verzichten, sowenig wie die Gelehrten auf das Griechische und Hebräische verzichten sollen, wie St. Augustinus spricht und sogar das geistliche Recht es bestimmt.

Ja, sprichst du, wie, wenn es mir schlecht gerät, so dass mein Sohn ein Ketzer oder sonst ein Bube wird? Denn die Gelehrten heißt man die Verkehrten. Wohlan, das musst du riskieren. Dein Fleiß und deine Arbeit sind darum nicht vergeblich; Gott wird dennoch deinen treuen Dienst gelten lassen und ihn dir so anrechnen, als wäre er gleichwohl gut angelegt. Musst du es doch auch in allen anderen Dingen, wozu du ihn erziehen willst, darauf ankommen lassen, wie er gerate. Wie ging's dem lieben Abraham, dem sein Sohn Ismael auch nicht geriet, Isaak sein Sohn Esau auch nicht, Adam sein Sohn Kain auch nicht? Hätte Abraham darum aufhören sollen, seinen Sohn Isaak, und Isaak seinen Sohn Jakob, und Adam seinen Sohn Abel zu Gottes Dienst zu erziehen? Wie viele böse Könige und Leute hat es gegeben in dem heiligen, auserwählten Volk Israel, die mit Ketzereien und Abgöttereien all das Unglück anrichteten und alle Propheten erwürgten; hätten darum die Priester Levis das ganze Volk fahrenlassen sollen und niemanden mehr zum Gottesdienst erziehen? Wie viele böse Priester und Leviten gab es in dem Stamm Levi, den Gott selbst zum Priesteramt erwählt hatte? Wie viele Leute hat Gott auf Erden, die all seine Güte und seine Schöpfung missbrauchen? Sollte er darum seine Güte fahren lassen und keinen Menschen leben lassen oder aufhören, Gutes zu tun?

Damit du übrigens nicht zu sehr sorgest, wo dein Sohn ernährt werde, wenn er sich zum Studieren begibt und zu solchem göttlichen Amt und Dienst, so hat dich Gott hierin auch nicht verlassen oder vergessen, damit du ja nicht sorgen noch klagen sollst. Er hat verheißen durch St.Paulus 1. Korinther 9, 14: »Wer dem Evangelium dient, soll vom Evangelium ernährt werden.« Und Christus selbst sagt Matthäus 10, 10: »Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert.« Esst und trinkt, was sie haben! Im alten Bund erwählte und nahm er sich das ganze Geschlecht Levi, damit sein Predigtamt nicht unterginge, nämlich den zwölften Teil des ganzen Volkes Israel. Er gab ihm den Zehnten vom ganzen Volk, dazu die ersten Früchte, allerlei Almosen, eigene Städte, Vorstädte, Äcker, Wiesen, Vieh und was dazu gehört. Im neuen Bund, sieh nur, wie reichlich vorzeiten Kaiser, Könige, Fürsten und Herren gegeben haben für dieses Amt, das jetzt die Stifte und Klöster innehaben, womit sie Könige und Fürsten übertreffen. Er wird und kann nicht verlassen, die ihm treulich dienen. Er hat sich zu sehr durch sein Versprechen gebunden und gesagt Hebräer 13, 5: »Ich will dich nicht verlassen noch vernachlässigen.« Ferner bedenke du selbst, wie viele Pfarreien und Predigtstellen, Schulen und Küstereien vorhanden sind, die jetzt noch größtenteils ausreichend versorgt sind, aber täglich frei werden. Was sind das anderes als Küchen und Keller, von Gott hergerichtet für deinen Sohn, so dass ihm seine Nahrung schon bereitet ist, ehe er sie braucht, dass er sie nicht erst erwerben muss? Als ich ein junger Student war, hörte ich sagen, dass im Fürstentum Sachsen (wenn ich's recht weiß) an die 1800 Pfarreien wären. Wenn das wahr ist und wenn auf jede Pfarrei zumindest zwei Personen gehören, nämlich ein Pfarrer und ein Küster, abgesehen davon, was es in den Städten an Predigern, Kaplanen, Diakonen, Schulmeistern und Hilfslehrern gibt, so gehören allein in dieses Fürstentum an die 4000 gebildete Personen, von denen jeweils in zehn Jahren wohl der dritte Teil stirbt. Nun möchte ich wetten, dass es innerhalb Deutschlands jetzt 4000 Studenten gibt. Nun, ich schätze, dass es doch wenigstens 800 Pfarreien in dem Fürstentum gibt - wie viele werden's wohl im ganzen deutschen Lande sein? Ich möchte gern sehen, woher man in drei Jahren Pfarrer, Schulmeister, Küster nehmen will. Werden wir nun nichts dazu tun und besonders die Fürsten sich nicht darum kümmern, dass sowohl Knabenschulen als auch hohe Schulen in rechter Weise eingerichtet werden, so wird ein solcher Mangel an Personen entstehen, dass man drei oder vier Städte einem Pfarrer und zehn Dörfer einem Kaplan wird anvertrauen müssen, wenn man sie dann überhaupt noch bekommen kann.

Da stehen die hohen Schulen Erfurt, Leipzig und noch andere leer, ebenso wie die Knabenschulen mancherorts, so dass es jammervoll anzusehen ist, und ganz allein das geringe Wittenberg muss jetzt das Beste tun. Und solchen Mangel werden ja die Stifte und Klöster, glaube ich, auch fühlen. Mögen sie eine gute Ernte haben! Sie werden nicht so hochmütig bleiben, wie sie es anfangs waren, wären sie auch noch so widerhaarig, sondern sie werden solche Personen annehmen müssen und mit Bitten angehen in ihren Konventen, von denen sie sich früher nicht einmal freiwillig hätten ansehen lassen. Darum lass nur getrost lernen dein Kind. Es wird an Leuten eher mangeln als an Gütern. Vielleicht, wenn die Welt länger besteht und Gott Gnade gibt, dass die Fürsten und Städte dazu beitragen, werden die Güter der Stifte und Klöster auch wieder die Verwendung finden, für die sie gestiftet sind. Und was braucht's viel Sorgens für den Bauch? Da steht Christus und spricht Matthäus 6, 31-33: »Sorget nicht, was ihr essen und trinken werdet! Euer himmlischer Vater weiß wohl, dass ihr dessen bedürfet. Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so soll euch das alles zukommen.« Wer das nicht glaubt, der sorge nur immer weiter und sterbe dann doch am Hunger. Freilich ist es wahr, dass vor etlichen Jahren viele Pfarrer großen Hunger gelitten haben und noch leiden; daran muss man die Schuld geben der Bosheit der Welt, dass die Leute so schlecht, undankbar und geizig sind und außer- dem das Evangelium verfolgen. Damit prüft uns Gott, ob wir verlässlich sind, was nicht anders zu verstehen ist, als sei es zur Zeit der Märtyrer, als die frommen Lehrer auch große Not und Armut litten, wie selbst Paulus rühmt (2. Korinther  11, 27) und auch Christus verkündigt Matthäus 9, 15: »Wenn der Bräutigam von ihnen genommen wird, dann werden sie fasten.« Das ist das rechte evangelische Fasten. Es ist auch selten Gottes Wort aufgegangen, ohne dass zugleich eine Teuerungszeit gekommen wäre, wie zu Abrahams, Isaaks, Jakobs, Josephs, Elias, Elisas Zeiten grausame Teuerungen waren neben so großem Licht der Wahrheit, und im Anfang des Evangeliums war eine große Teuerung in der ganzen Welt, Apostelgeschichte  11, 28. Das muss dann des lieben Evangeliums und des Wortes Gottes Schuld sein und nicht die Schuld früherer Missetat und gegenwärtiger verstockter Undankbarkeit der Welt. So gaben die Juden für all ihren Jammer die Schuld der Lehre Jeremias, Jeremia 44, 16 ff. Und die Römer, als sie von den Goten vernichtet wurden, wussten auch niemandem die Schuld zu geben als der Tatsache, dass sie Christen geworden waren, wogegen St. Augustinus ein großes Buch geschrieben hat: Vom Gottesstaat.

Aber lass schwatzen, wer da schwatzt. Die Welt ist Welt; wie jene zu Lügnern geworden und untergegangen sind, so sollen diese auch zu Lügnern werden und vergehen, damit Christus und sein Wort doch bleiben. Er sitzt gewiss so fest und hoch, wie geschrieben steht: »Der Herr sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechtend« (Psalm 110, 1) Da sitzt er. Wer Lust dazu hat und böse ist, der reiße ihn herunter. Solange er aber da sitzen bleibt, werden wir auch bleiben; was gilt's? Kurz: Dein Kind kann vom Predigtamt leicht ebenso viel Einkünfte haben wie von einem Handwerk.

Es sei denn, dass du nach großem Gut trachtest, um aus deinem Sohn einen großen Herrn zu machen vor der Welt, wie die Bischöfe und Domherren sind. Steht dahin dein Sinn, so geht dich diese Rede nichts an. Ich rede jetzt mit den Gläubigen, die das Predigtamt ehren und höher achten als allen Reichtum, als nächst Gott selber den höchsten Schatz, den Menschen gegeben, damit sie wissen, einen wie großen Dienst sie Gott damit tun können und sollen als solche, die lieber an diesem Werke teilhaben wollen, auch mit geringem Gut, als der Welt Güter haben und dieses entbehren. Diese werden klar erkennen, dass die Seele mehr ist als der Bauch und dass der Bauch leicht genug haben kann und zudem das Überflüssige zurücklassen muss. Aber die Reichtum suchen, die werden alle ihr Gut mit sich nehmen und nichts zurücklassen; wie kann's ihnen fehlschlagen?

Das sei zum ersten Teil dieser Predigt eilends und kurz ausgeführt vom geistlichen Nutzen und Schaden, den man hat von der Schulen Erhaltung und Verachtung.

Der zweite Teil soll handeln vom zeitlichen oder weltlichen Nutzen und Schaden. Zum ersten ist's wohl wahr, dass weltliche Obrigkeit oder weltliches Amt in gar keiner Weise zu vergleichen ist dem geistlichen Predigtamt, wie es St. Paulus nennt (Kolosser 1, 25). Denn es ist nicht so teuer und kostbar erkauft durch das Blut und Sterben des Sohnes Gottes wie das Predigtamt. So kann es auch nicht solche großen Wunderwerke tun wie das Predigtamt. Denn alle Werke dieses Standes wirken und gehören allein in dies zeitliche, vergängliche Leben, zu erhalten Leib, Weib, Kind, Haus, Gut und Ehre und was zu dieses Lebens Bedürfnissen gehört. So weit nun das ewige Leben das zeitliche Leben übertrifft, so weit und hoch geht auch das Predigtamt über weltliche Ämter, das heißt: Diese sind wie ein Schatten gegen den Körper selbst. Weltliche Herrschaft ist ein Bild, Schatten und Symbol der Herrschaft Christi. Denn das Predigtamt (wenn es ist, wie es Gott bestimmt hat) bringt und gibt ewige Gerechtigkeit, ewigen Frieden und ewiges Leben, wie St. Paulus solches hoch preist, 2. Korinther 4, 14; aber das weltliche Regiment erhält zeitlichen und vergänglichen Frieden, Recht und Leben.

Aber dennoch ist's eine herrliche göttliche Ordnung und eine treffliche Gabe Gottes, der es auch gestiftet und eingesetzt hat und auch will erhalten haben als das, was man durchaus nicht entbehren kann. Wenn es nicht wäre, könnte kein Mensch vor dem anderen sicher sein; es müsste einer den anderen fressen, wie es die unvernünftigen Tiere untereinander tun. Darum: Wie es des Predigtamts Werk und Ehre ist, dass es aus Sündern lauter Heilige, aus Toten Lebendige, aus Verdammten Selige, aus Teufelsdienern Gottes Kinder macht, so ist es des weltlichen Regiments Werk und Ehre, dass es aus wilden Tieren Menschen macht und Menschen davor bewahrt, dass sie wilde Tiere werden. Es bewahrt einem jeden seinen Leib, dass ihn nicht jedermann erwürgen dürfe; es erhält jedem sein Weib, dass nicht jedermann es nehmen und schänden dürfe; es erhält jedem sein Kind, Tochter und Sohn, dass es ihm nicht jedermann entführen oder entwenden dürfe; es erhält jedem sein Haus und seinen Hof, dass nicht jedermann dort einbrechen oder darin freveln dürfe; es erhält jedem seinen Acker, Vieh und Güter aller Art, dass diese nicht jedermann angreifen, stehlen, rauben, beschädigen dürfe. Das alles gibt es unter den Tieren nicht und gäbe es auch nicht unter den Menschen, wenn es kein weltliches Regiment gäbe, sondern es würden gewiss aus Menschen lauter Tiere werden. Meinst du nicht, wenn die Vögel und Tiere reden könnten und das weltliche Regiment unter den Menschen sähen, dass sie sagen würden: O ihr lieben Menschen, ihr seid nicht Menschen, sondern reine Götter gegen uns! Wie gänzlich sicher ihr sitzt, lebt und alle Dinge habt! Wir aber, deren gar keines vor dem anderen eine Stunde sicher ist, weder des Lebens noch des Hauses noch der Nahrung! Wehe eurer Undankbarkeit, dass ihr nicht seht, was für ein herrliches Leben euch unser aller Gott im Vergleich mit uns Tieren gegeben hat!

Es ist nun dies gewiss, dass es eine göttliche Einrichtung und Ordnung, überdies für uns Menschen in diesem Leben ein notwendiges Amt und ein Stand ist, den wir ebenso wenig entbehren können wie das Leben selber, weil eben ohne dieses Amt das Leben nicht bestehen kann. Daher ist's leicht zu verstehen, dass Gott es uns nicht dazu anvertraut und gestiftet hat, dass es untergehen solle, sondern es erhalten haben will, wie es bei Paulus Römer 13, 4 und 1. Petrus 2, 13 f. deutlich steht, dass sie die Frommen schützen sollen und die Bösen strafen. Wer soll's nun erhalten, wenn nicht wir Menschen, denen es Gott anvertraut hat, und die auch selbst seiner wahrlich bedürfen? Die wilden Tiere werden's nicht tun, Holz und Steine auch nicht. Welche Menschen aber können's erhalten? Fürwahr nicht allein die, die mit der Faust herrschen wollen, wie jetzt viele sich einbilden, denn wenn die Faust allein regieren soll, so wird gewiss zuletzt ein viehisches Treiben daraus: Wer den anderen überwindet, macht ihm den Garaus. So sehen wir vor unseren Augen sicher Beispiele genug dafür, was eine Faust ohne Weisheit oder Vernunft Gutes schafft.

Darum sagt auch Salomo Sprüche 8,14 f., dass Weisheit regieren müsse und nicht die Gewalt, und spricht von ihr folgendermaßen: »Mein ist beides, Rat und Hilfe, mein ist beides, Verstand und Vermögen. Durch mich sollen Könige Könige sein und Ratsherren Recht setzen.« Und Prediger 9, 18: »Weisheit ist besser als Harnisch oder Waffen«; und abermals: »Weisheit ist besser als Kraft.« (v.16) Das alles beweisen alle Erfahrungen in allen Geschichtserzählungen, dass niemals Gewalt ohne Vernunft oder Weisheit etwas ausgerichtet hat; dass sogar auch die Mörder und Tyrannen, wenn sie nicht klug verfahren und irgendwelche Rechte, Richtlinien und Gesetze untereinander und füreinander benennen (obgleich sie böse sind), wonach sie die Faust und ihre Gewalt richten und gebrauchen, nicht bestehen können, sondern sie werden untereinander uneins und vergehen von selbst. Kurzum: Nicht Faustrecht, sondern Kopfrecht, nicht Gewalt, sondern Weisheit oder Vernunft muss regieren, sowohl unter den Bösen als auch unter den Guten.

Demnach, weil unsere Regierung in deutschen Landen nach dem römischen, kaiserlichen Recht sich richten muss und soll - das ist unserer Regierung Weisheit und Vernunft, von Gott gegeben so folgt, dass diese Regierung nicht erhalten werden kann, sondern zugrunde gehen muss, wenn man dieses Recht nicht aufrechterhält. Wer soll's nun erhalten? Faust und Harnisch tun's nicht, es müssen die Köpfe und Bücher tun. Es muss gelernt und gewusst werden, was unseres weltlichen Reiches Recht und Weisheit ist, wiewohl es schön ist, wenn ein Kaiser, Fürst oder Herr selbst von Natur so weise und klug ist, dass er auswendig Recht sprechen kann, wie Herzog Friedrich von Sachsen und Herr Fabian von Feylitzsch (von denen ich das erfahren habe) es konnten. (Die Lebenden will ich nicht nennen.) Aber weil solche Vögel selten sind und überdies das Beispiel gefährlich ist, auch um der anderen willen, die solches von Natur nicht vermögen, ist's besser, durch beständiges Regieren das einfache Buchrecht zu halten; so hat es umso mehr Ansehen und Ehre und bedarf keiner Wunder- oder Sonderart.

So sind nun die Juristen und Gelehrten in diesem weltlichen Reich die Personen, die dieses Recht und dadurch das weltliche Reich erhalten. Und so wie ein frommer Theologe und rechtschaffener Prediger in Christi Reich Gottes Engel, ein Heiland, Prophet, Priester, Hausknecht und Lehrer heißt (wie oben gesagt), ebenso könnte man einen tüchtigen Juristen und einen treuen Gelehrten im weltlichen Reich des Kaisers sehr wohl Prophet, Priester, Engel und Heiland heißen. Umgekehrt, wie ein Ketzer oder falscher Prediger im Reich Christi ein Teufel, Dieb, Mörder, Lästerer ist, so ist ein falscher, ungetreuer Jurist in des Kaisers Hause oder Reich ein Dieb und Schurke und Verräter, Bösewicht und des ganzen Reiches Teufel. Wenn ich aber von den Juristen rede, meine ich nicht allein die Doktoren, sondern den ganzen Berufsstand, wie Kanzler, Schreiber, Richter, Anwälte, Notare und was zum Rechtswesen der Regierung gehört, auch die großen Herren, die man Hofräte nennt, denn sie üben auch das Geschäft der Rechtsprechung oder das Amt der Juristen aus. Und wie das Wort Räte nicht weit von dem Wort Verräter ist, so sind auch viele von ihnen nicht weit von der Tat: Sie raten zuweilen ihren Herren mit solcher Treue, dass sie kein Verräter so gut verraten könnte.

Nun siehst du, welchen Nutzen ein tüchtiger Rechtskundiger oder Jurist schaffen kann. Fürwahr, wer will's oder kann's alles aufzählen? Was Gottes Werk und Ordnung ist, das schafft jederzeit so viele und große Früchte, dass sie nicht zu zählen noch zu begreifen sind. Vor allem erhält er und hilft zu fördern mit seinem Buch (auf göttliche Anordnung) das ganze weltliche Regiment, Kaiser, Fürsten, Herren, Städte, Land und Leute (wie oben gesagt). Denn diese alle müssen durch Weisheit und Recht erhalten werden. Wer wird dieses Werk nur genug preisen? Dadurch hast du ja Schutz und Schirm deines Leibes und Lebens gegen Nachbarn, Feinde, Mörder sowie Schutz und Frieden für dein Weib, Tochter, Sohn, Haus, Hof, Gesinde, Geld, Gut, Acker und was du hast. Denn das ist alles im Recht festgelegt und mit einer Schutzmauer umgeben und sicher bewahrt. Wie wichtig das alles ist, könnte man in Büchern niemals erschöpfend beschreiben, denn wer will aussprechen, was der liebe Friede für ein unaussprechliches Gut ist? Wieviel er in nur einem Jahr gibt und auch erspart?

All solche großen Werke kann nun dein Sohn tun und solch eine nützliche Person werden, wenn du ihn dazu anhältst und lernen lässt. Und du kannst an alledem teilhaben und dein Geld so lohnend anlegen. Sollte dir's nicht wohltun und eine große Ehre sein, wenn du deinen Sohn siehst als einen Engel im Reich und einen Apostel des Kaisers, zudem einen Eckstein und ein Fundament des zeitlichen Friedens auf Erden, und bei alledem gewiss, dass Gott selbst es so ansieht und es in Wahrheit so ist? Denn wiewohl man durch solche Werke weder Gott gefällig noch selig wird, so ist doch das eine beglückende Zusage, dass Gott solche Werke so Wohlgefallen - und noch mehr gefallen, wenn ein solcher Mann überdies auch ein Glaubender und in Christus reich ist; denn damit dankt man ihm für seine Wohltat und bringt das schönste Dankopfer, den höchsten Gottesdienst dar.

Du müsstest ja ein grober, undankbarer Klotz und rechtens von den Menschen zu den Tieren zu jagen sein, wenn du sähest, dass dein Sohn ein Mann werden könnte, der dazu beiträgt, dem Kaiser sein Reich, Schwert und Krone zu erhalten, dem Fürsten sein Land zu regieren, Städten und Ländern beizustehen und zu helfen, so manchem seinen Leib, sein Weib, Gut und Ehre zu schützen, und du wolltest nicht so viel daransetzen, dass er lernen und so weit kommen könne. Sage mir, was tun alle Stifte und Klöster dergleichen? Ich würde eines treuen, ehrbaren Juristen und Schreibers Arbeit vorziehen der Heiligkeit aller Pfaffen, Mönche und Nonnen, auch wenn sie die besten wären. Und wenn dich solche großen, guten Werke nicht bewegen, sollte dich doch wohl allein Gottes Ehre und Wohlgefallen bewegen, da du weißt, dass du Gott damit so herrlich dankst und einen so großen Dienst tust, wie gesagt wurde. Es ist jedenfalls eine schändliche Verachtung Gottes, dass wir solche herrlichen, göttlichen Werke unseren Kindern nicht gönnen und sie bloß in des Bauches und Geizes Dienst stecken, sie nichts lernen lassen als Nahrung zu suchen und wie eine Sau mit der Nase immer im Kot zu wühlen, und sie nicht erziehen zu solchem würdigen Stand und Ansehen. Wir müssen gewiss von Sinnen sein oder haben unsere Kinder nicht recht lieb.

Höre aber weiter zu! Wie, wenn's Gott von dir haben will und fordert dein Kind zu diesem Amt? Denn du bist ja schuldig deinem Gott, diesen Stand mit zu erhalten, wenn du kannst. Nun kann er nicht erhalten werden, wenn man Knaben nicht zum Studium und in die Schule schickt, da gibt's ja keinen Zweifel. Und er bedarf wohl in diesem Stande fähigerer Leute als im Predigtamt, so dass es hier nötig sein wird, die besten Knaben herzugeben. Denn im Predigtamt tut's Christus ganz und gar durch seinen Geist. Aber im weltlichen Reich muss man aus der Vernunft (aus der das Recht auch gekommen ist) handeln. Denn Gott hat der Vernunft unterworfen dieses zeitliche Regiment und die leibliche Existenz, 1. Mose 2, 19, und nicht den heiligen Geist vom Himmel dazu gesandt. Darum ist's auch schwerer, weil es die Gewissen nicht regieren kann, und es muss sozusagen im Finstern handeln.

Hast du nun ein Kind, das zum Studium tauglich ist, und kannst es dazu anhalten, tust's aber nicht, gehst hin und fragst nicht danach, wo das weltliche Reich bleibe mitsamt Recht und Frieden usw., so handelst du, soviel an dir ist, gegen die weltliche Obrigkeit wie der Türke, ja, wie der Teufel selbst. Denn du entziehst dem Reich, Fürstentum, Land, der Stadt einen Heiland, Schutz, Eckstein, Helfer und Retter. Und deinetwegen verliert der Kaiser Schwert und Krone, das Land verliert Schutz und Frieden, und du bist der Mann, durch dessen Schuld (so viel an dir ist) kein Mann seinen Leib, Weib, Kind, Haus, Hof, Güter sicher bewahren kann. Vielmehr opferst du sie alle rücksichtslos dahin auf die Schlachtbank und gibst Anlass, dass aus allen Menschen reine Tiere werden, und sie fressen zuletzt eines das andere. Dies alles tust du in der Tat, besonders wenn du wissentlich dein Kind von diesem heilsamen Stand um des Bauches willen abziehst. Bist du nicht ein feiner, nützlicher Mann in der Welt? Du nimmst täglich das Reich und seinen Frieden in Anspruch, aber du raubst ihm zum Dank dafür deinen Sohn und steckst ihn in den Geiz und strebst so mit aller Energie danach, dass niemand da sei, der das Reich, die Ruhe und den Frieden erhalten helfe, sondern dass alles zugrunde gehe, während du doch selbst deinen Leib und Leben, Gut und Ehre durch dieses Regiment hast und behältst.

Was meinst du, was du hiermit verdienst? Bist du überhaupt wert, dass du bei Menschen wohnst? Was wird Gott aber dazu sagen, der dir Kind und Gut dazu gegeben hat, dass du ihm damit dienen sollst und dein Kind zu Gottes Dienst anhalten? Heißt's aber nicht Gott dienen, wenn man seine Ordnung und weltliches Regiment hilft zu erhalten? Nun verlässt du solchen Dienst, als ginge er dich nichts an oder als wärest du allen Menschen gegenüber frei und nicht schuldig, Gott zu dienen, sondern könntest mit deinem Kind und Gut machen, was dir gefällt, ob Gott auch mitsamt weltlichem und geistlichem Reich in den Abgrund falle. Gleichwohl willst du täglich des Reiches Schutz, Frieden und Recht in Anspruch nehmen und das Predigtamt und Gottes Wort zu deiner Verfügung haben und dir dienen lassen, so dass Gott dein Diener sein müsse ganz umsonst, mit dem Predigtamt wie mit dem weltlichen Amt, damit du ohne Sorge dein Kind derweil von ihm abwenden kannst und es allein dem Mammon dienen lehren. Meinst du nicht, Gott werde deinem Geiz und deiner Bauchsorge einmal die Mahlzeit segnen, so dass du mitsamt Kind und allem hier und dort verderbest? Lieber, erschrickt dein Herz nicht vor solchem greulichen Greuel deiner Abgötterei, Gottesverachtung, Undankbarkeit, Zerstörung aller beider Stiftungen und Ordnungen Gottes, ja, aller Menschen Schaden und Verderben? Wohlan, ich will dir's gesagt und dich gewarnt haben. Sieh du zu; du hörst sowohl vom Nutzen als auch vom Schaden, den du anrichten kannst. Tu davon, was du willst, so wird dir's Gott nach Verdienst vergelten.

Ich will hier davon schweigen, was für ein Vergnügen es ist, wenn ein Mann gelehrt ist, auch wenn er niemals ein Amt hätte, so dass er daheim für sich selbst allerlei lesen, mit gelehrten Leuten reden und umgehen, in fremden Ländern reisen und Handel treiben kann. Denn was solches Vergnügen bereitet, bewegt vielleicht wenige Leute. Aber weil du dich ja nun so sehr um den Mammon und die Nahrung bemühst, so sieh doch, wie viele und große Güter Gott hier für die Schulen und Gelehrten gestiftet hat, so dass du Studium und Wissenschaft nicht wegen der Armut zu verachten brauchst. Sieh doch: Kaiser und Könige müssen Kanzler und Schreiber, Räte, Juristen und Gelehrte haben; da ist kein Fürst, der nicht Kanzler, Juristen, Räte, Gelehrte und Schreiber haben muss; ebenso müssen auch alle Grafen, Herren, Städte und Schlösser Syndici, Stadtschreiber und sonstige Gebildete haben; da ist doch kein Edelmann, der nicht einen Schreiber haben muss. Und damit ich auch von gewöhnlichen Gebildeten spreche: Wo sind doch die Bergwerke, Kaufleute, Handelsleute? Zähle doch, wieviel Könige, Fürsten, Grafen, Herren, Städte und Flecken es gibt. Woher will man denn nach drei Jahren gebildete Leute nehmen, da doch bereits überall der Mangel anhebt? Ich halte wahrlich dafür: Könige müssen Fürsten, Fürsten müssen Kanzler, Grafen und Herren müssen Schreiber, Bürgermeister müssen Küster werden.

Steuert man dem nicht beizeiten, so müssen wir Tataren und Türken werden, oder es wird wiederum ein ungebildeter Unterlehrer oder Vagabund ein Doktor und Rat bei Hofe werden. Darum behaupte ich, dass nie eine bessere Zeit gewesen sei zum Studieren als jetzt, nicht allein deshalb, weil die Gelehrsamkeit jetzt so reichlich und wohlfeil vorhanden ist, sondern auch weil sich viel Gut und Ehre daran knüpfen wird. Die zu dieser Zeit studieren, werden teure Leute sein, da sich doch um einen Gelehrten zwei Fürsten und drei Städte reißen werden. Denn blickst du über dich oder um dich herum, so findest du, dass unzählige Ämter auf die Gelehrten warten, ehe noch zehn Jahre vergehen, und dass es doch wenige sind, die dazu erzogen werden. Und es ist nicht nur ein so großes Vermögen für solche Schulen und Schüler von Gott vorgesehen - es ist überdies auch ein ehrliches, göttliches Vermögen, denn es wird verdient durch einen göttlichen, ehrlichen Stand mit vielen herrlichen, guten, nützlichen Werken, die Gott gefallen und sein Dienst heißen. Dagegen der Geizwanst erwirbt sein Vermögen mit Verachtung (wenn's nicht sogar gottlose und sündige Werke sind) und mit bösen Taten, bei denen er kein fröhliches Gewissen haben, auch nicht sagen kann, dass es Gott dienen heiße. Da wollte ich wahrlich lieber zehn Gulden verdienen mit einer Arbeit, die Gottes Dienst hieße, als tausend Gulden mit einer Arbeit, die nicht Gottes Dienst hieße, sondern allein meinem Eigennutz und dem Mammon diente.

Außer solchem ehrlichen Vermögen haben sie auch Ehre. Denn Kanzler, Stadtschreiber, Juristen und das Volk in seinen Ämtern müssen mit obenan sitzen, mitberaten und mitregieren, wie oben gesagt wurde, und sie sind in der Tat die Herren auf Erden, obwohl sie es der Person, Geburt und dem Stande nach nicht sind. Denn Daniel spricht, er habe des Königs Arbeit tun müssen (Daniel 8, 27). Es ist auch wahr: Ein Kanzler muss kaiserliche, königliche, fürstliche Arbeiten und Verrichtungen ausfuhren; ein Stadtschreiber muss des Rates und der Stadt Arbeit tun, und das alles mit Gott und mit Ehre, wozu Gott Segen, Glück und Gesundheit gibt. Und was sind selbst ein Kaiser, König oder Fürst, solange sie nicht Krieg führen, sondern mit dem Recht regieren, als lauter Schreiber oder Juristen, wenn man nach ihrer Tätigkeit geht? Denn sie gehen ja mit dem Recht um, welches eine Juristen- oder Schreiberarbeit ist. Und wer regiert Land und Leute, solange Friede und nicht Krieg ist? Tun's die Soldaten oder Hauptleute? Ich meine doch, das tue die Schreibfeder. Was macht nun indes der Geizwanst mit seinem Mammon, der zu solchen Ehren nicht kommt und beschmutzt sich derweil mit seinem rostzerfressenen Gelde?

Ebenso hebt selbst der Kaiser Justinian hervor: Kaiserliche Majestät, spricht er, muss nicht allein mit Harnisch oder Waffen geziert, sondern auch mit dem Recht geharnischt oder gerüstet sein. Sieh, wie abenteuerlich verdreht dieser Kaiser seine Worte, dass er die Gesetze seinen Harnisch und seine Waffen nennt, und die Waffen nennt er seinen Schmuck und seine Zierde; er will seine Schreiber auch zu Kürassieren und Kriegern machen - und es ist doch wahrlich schön gesagt: Die Gesetze sind doch in der Tat der rechte Harnisch und die Waffen, die Land und Leute, ja, das Reich und weltliche Regiment erhalten und schirmen, wie auch oben zur Genüge ausgeführt wurde, dass Weisheit besser sei als Macht. Es sind auch die tüchtigen Juristen die rechten Kürassiere, die den Kaiser und Fürsten schützen. Es wären viele solche Sprüche auch aus den Poeten und Geschichtsbüchern dafür anzuführen - aber es wird zu lang. Selbst Salomo rühmt Prediger 9, 15, dass ein armer Mann eine Stadt durch seine Weisheit errettet habe vor einem mächtigen König.

Nicht dass ich hier den Kriegern, Soldaten und was sonst zum Kampf gehört, wollte Abbruch getan, sie verachtet oder verworfen haben. Sie helfen ja (wenn sie gehorsam sind), den Frieden und alles zu schützen mit der Faust. Ein jeder hat seine Ehre von Gott ebenso wie seinen Stand und Beruf. Aber ich muss mein Handwerk auch einmal preisen, weil mir die Nachbarn so übel geraten sind und ich verachtet werden soll; so wie auch St. Paulus sein Amt immerzu preist, so dass manche meinen, er tue dessen zu viel und sei hoffärtig. Wer die Faust und die Kriegsleute loben und ehren will, der findet genug, womit sie zu loben sind. So habe ich's auch in anderen Büchlein (hoffe ich) redlich und weidlich getan. Freilich gefallen mir die Juristen und Schreiberlinge auch nicht, die sich derart loben, dass sie andere Stände verachten oder verspotten, als wären sie es alleine und als taugte sonst niemand in der Welt als sie, wie die geschorenen Pfaffen das bisher auch getan haben samt dem ganzen Papsttum. Man soll alle Stände und Handwerke Gottes aufs höchste loben, wie man's nur immer kann, und keinen um des anderen willen verachten, denn es steht geschrieben: »Was Gott macht, das ist hübsch und fein« (Psalm  111, 3), und weiter Psalm  104, 31: »Gott gefallen seine Werke wohl.« Besonders sollen Prediger den Leuten, Schulmeister den Knaben und Eltern den Kindern solche Gedanken von Jugend auf einprägen, dass sie genau lernen, welche Stände und Ämter Gottes heißen oder von Gott eingerichtet sind; und wenn sie es dann wissen, dass sie ja keinen verachten, verspotten oder Schlechtes von ihm reden, sondern sie allesamt ehren und hochschätzen. Das gefällt Gott sehr und dient zu Frieden und Einigkeit. Denn Gott ist ein großer Herr und hat mancherlei Hausgesinde.

Andererseits findet man auch etliche Prahlhänse, die sich einbilden, der Name Schreiber sei kaum wert, dass sie ihn nennen oder hören sollten - wohlan, kehre dich nicht daran, denke so: Die guten Gesellen müssen auch einmal Kurzweil und Spaß haben. So lass ihnen doch diesen Spaß. Du bleibst ja doch durchaus ein Schreiber vor Gott und der Welt. Während sie lange prahlen, siehst du doch, dass sie im Gegenteil die Feder aufs allerhöchste ehren: Sie setzen sie oben auf Hut und Helm, als wollten sie durch die Tat bekennen, dass die Feder das Oberste sei in der Welt, ohne welche sie auch weder gerüstet zum Kampf noch im Frieden daher gehen könnten, noch weniger so sicher prahlen. Denn sie müssen auch den Frieden in Anspruch nehmen, den des Kaisers Prediger und Lehrer

(die Juristen) lehren und erhalten. Darum siehst du, dass sie unser Handwerkszeug, die liebe Feder, zuoberst setzen (und zu Recht), während sie ihr Handwerkszeug, das Schwert, um die Lenden gürten. Da hängt's auch recht und gut für ihre Aufgabe; auf dem Kopfstünde es ihnen nicht gut, da muss die Feder schwanken. Haben sie gesündigt an dir, wohlan, so büßen sie hiermit, und du solltest's ihnen vergeben.

Doch weil ich soeben darauf komme, dass die Schreiberei so verhasst ist bei vielen Herren: Sie wissen oder beachten's nicht, dass sie ein göttliches Amt und Handwerk ist, sehen auch nicht, wie nötig und nützlich es für die Welt ist, und wenn sie es (was Gott verhüten möge) sehen würden, so hätten sie auf alle Fälle zu lange gewartet. Darum sollst du so handeln: Lass sie fahren und sieh dich um nach guten, rechtschaffenen Edelleuten wie Graf Georg von Wertheim selig, Herr Hans von Schwarzenberg, Herr Georg von Frundsberg und dergleichen Verstorbene (ich will von den Lebenden schweigen). An denen labe und tröste dich und denke: Gott ehrt um des einen Mannes Lot willen die ganze Stadt Zoar (1. Mose 19, 21) und um eines Naeman willen das ganze Land Syrien (2. Könige 5, 1) und um eines Joseph willen das ganze Königreich Ägypten (1. Mose 41, 47). Warum solltest du nicht auch den ganzen Adel ehren um vieler redlicher Edelleute willen, von denen du ohne Zweifel viele vor dir hast? Und wenn du diese ansiehst, musst du denken, es sei kein Böser mehr da. Wie käme der schöne Baum, der liebe Adel, dazu, dass nicht auch zur Unzeit Früchte von ihm fallen und etliche nicht auch wurmstichig oder warzig sein sollten? Der Baum ist darum nicht verdammt oder böse. So handeln die Kinder Gottes, denn Gott selbst verschont das ganze menschliche Geschlecht um eines Menschen willen, der Jesus Christus heißt. Wollte er die Menschen allein ansehen, so wäre da nichts als Zorn.

Doch sollen Predigtamt und weltliche Obrigkeit sich nicht so verhalten, dass sie kein Böses beachten oder anrechnen wollten. Denn sie sollen die Bösen strafen, jenes mit dem Wort, diese mit dem Schwert. Ich rede jetzt mit einzelnen Personen als mit Christen, damit sie lernen sollen zu unterscheiden, was Gottes Werk sei und was Menschenbosheit sei. Es gibt in allen göttlichen Ämtern und Ständen viel böse Menschen. Aber der Stand ist und bleibt dennoch gut, wie sehr auch die Menschen ihn missbrauchen. Man findet viel böse Weiber, viel falsche Knechte, viel untreue Mägde, viel gefährliche Amtsleute und Räte - aber nichtsdestoweniger sind der Frauenstand, Knechts- und Magdstand und alle Ämter gleichwohl Gottes gestiftetes Werk und Ordnung. Die Sonne bleibt gut, obwohl die ganze Welt sie missbraucht, einer zum Rauben, einer zum Morden, einer um dies, der andere um jenes Böse auszuführen. Wer könnte etwas Böses tun, wenn nicht die Sonne ihm dazu leuchtete, die Erde ihn trüge und ernährte, die Luft erhielte und Gott selbst ihn so behütete? Es heißt und bleibt dabei: »Alle Kreatur ist unterworfen der Nichtigkeit, aber ohne ihren Willen«, Römer 8, 20.

Es meinen wohl etliche, das Schreiberamt sei ein leichtes, geringes Amt, aber im Harnisch reiten, Hitze, Frost, Staub, Durst und anderes Ungemach ertragen, das sei eine Mühsal. Ja, das ist das alte, gewöhnliche, tägliche Lied, dass keiner sieht, wo den anderen der Schuh drückt. Jeder sieht allein sein Unbehagen und gafft auf des anderen Wohlbehagen. Wahr ist's! Mir wäre es schwer, im Harnisch zu reiten. Aber ich möchte auch gern umgekehrt den Reiter sehen, der mir einen ganzen Tag still sitzen könnte und in ein Buch sehen, wenn er sich auch um gar nichts sorgen, nichts schreiben, denken oder lesen müsste. Frag einen Kanzleischreiber, Prediger oder Redner, was Schreiben oder Reden für eine Mühsal ist; frag einen Schulmeister, was Lehren und Knaben erziehen für eine Mühsal ist. Leicht ist die Schreibfeder, das ist wahr. Es ist auch in allen Handwerken kein Werkzeug leichter herzustellen als das der Schreiberei; denn sie braucht allein die Gänseflügel, von denen man umsonst überall genug findet. Aber es muss gleichwohl der beste Teil (der Kopf) und das edelste Glied (die Zunge) und die größte Kraft (die Rede), die zum Menschenleib gehören, hier herhalten und am meisten arbeiten, während sonst bei anderen entweder die Faust oder Fuß, Rücken oder dergleichen Glieder allein arbeiten, und sie können daneben fröhlich singen und frei scherzen, was ein Schreiber bestimmt unterlassen muss. Drei Finger tun's (sagt man von Schreibern), aber der ganze Leib und die ganze Seele arbeiten daran.

Ich habe von dem löblichen, teuren Kaiser Maximilian sagen hören, wenn die großen Herren darüber murrten, dass er so viele Schreiber gebrauchte als Gesandte und auch sonst, dass er gesagt haben soll: Was soll ich tun? Die werden sich nicht gebrauchen lassen, so muss ich Schreiber dazu nehmen!, und weiter: Ritter kann ich machen, aber Doktoren kann ich nicht machen. So habe ich auch von einem feinen Edelmann gehört, dass er sagte: Ich will meinen Sohn studieren lassen. Es ist keine große Kunst, zwei Beine über ein Ross zu hängen und Reiter zu werden - das hat er mir schnell gelernt. Das ist gut und recht geredet. Dies will ich umgekehrt nicht gesagt haben, um den Reiterstand oder irgendeinen anderen Stand verächtlich zu machen, sondern gegen die nichtsnutzigen Prahlhänse, die alles Studium und alle Wissenschaft verachten und sich nichts rühmen können, als dass sie Harnisch tragen und zwei Beine über ein Ross hängen, wiewohl sie dieses selten tun müssen und dafür das ganze Jahr Ruhe, Vergnügen, Freude, Ehre und Gutes genug haben. Es ist wohl wahr: Wissen ist leicht zu tragen (sagt man) und Harnisch schwer zu tragen, aber andererseits ist Harnisch zu tragen schnell gelernt. Aber Wissen ist nicht schnell gelernt und nicht leicht auszuüben und zu gebrauchen.

Damit ich aber dieses Geschwätzes einmal ein Ende mache: Wir sollen wissen, dass Gott ein wunderbarer Herr ist. Sein Handwerk ist, aus Bettlern Herren zu machen, so wie er aus nichts alle Dinge macht. Solches Handwerk wird ihm niemand legen noch behindern. Er läßt's gar herrlich in aller Welt von sich singen, Psalm 113, 5-8: »Wer ist wie der Herr, der so hoch sitzt und so tief herniedersieht? Der den Geringen aufrichtet aus dem Staube und erhöht den Armen aus dem Kot, damit er ihn sitzen lasse neben den Fürsten, ja neben den Fürsten seines Volkes.« Sieh dich um an aller Könige und Fürsten Höfen und in Städten und Pfarreien: Was gilt's, ob nicht dieser Psalm mit vielen eindrucksvollen Beispielen darin regiert? Da wirst du finden Juristen, Doktoren, Räte, Schreiber, Prediger, die gemeinhin arm und ganz gewiss allesamt Schüler gewesen sind und sich durch die Feder so emporgeschwungen haben und aufgestiegen sind, dass sie Herren sind, wie dieser Psalm sagt, und wie die Fürsten Land und Leute regieren helfen. Gott will's nicht haben, dass geborene Könige, Fürsten, Herren und Adel allein regieren sollen und Herren sein, er will auch seine Bettler dabei haben. Sie dächten sonst, die edle Geburt allein mache Herren und Regenten und nicht Gott alleine.

Man spricht, und es ist die Wahrheit: Der Papst ist auch ein Schüler gewesen. Darum verachte mir nicht die Gesellen, die vor der Tür »Brot um Gottes willen« sagen und das Brotlied singen: Du hörst (wie dieser Psalm sagt) große Fürsten und Herren singen. Ich bin auch ein solcher Bettelschüler gewesen und habe das Brot vor den Häusern angenommen, besonders in Eisenach, meiner lieben Stadt, wiewohl mich hernach mein lieber Vater mit aller Liebe und Treue in der hohen Schule zu Erfurt unterhielt und mir durch seinen sauren Schweiß und seine Arbeit dahin geholfen hat, wohin ich gekommen bin. Aber dennoch bin ich ein Bettelschüler gewesen und nach diesem Psalm durch die Schreibfeder so weit gekommen, dass ich jetzt nicht mit dem türkischen Kaiser tauschen wollte, wenn ich sein Gut haben sollte und auf meine Wissenschaft verzichten. Ja, ich wollte der Welt Gut, vielfach aufeinandergehäuft, nicht dafür nehmen. Und ich wäre doch ohne Zweifel nicht dahin gekommen, wenn ich nicht in die Schule und ins Schreiberhandwerk geraten wäre.

Darum lass deinen Sohn getrost studieren. Und sollte er auch derweil um Brot betteln, so gibst du unserm Herrgott ein feines Hölzchen, aus dem er dir einen Herrn schnitzen kann. Es wird doch dabei bleiben, dass dein und mein Sohn, das heißt gewöhnlicher Leute Kinder, die Welt regieren müssen, sowohl im geistlichen als auch im weltlichen Stande, wie dieser Psalm bezeugt. Denn die reichen Geizwänste können's und wollen's nicht tun. Sie sind des Mammons Kartäuser und Mönche; den müssen sie Tag und Nacht verwalten. Ebenso vermögend die geborenen Fürsten und Herren alleine nicht, und besonders vermögen sie das geistliche Amt gar nicht zu versehen. So müssen durchaus beide Regimente auf Erden bei den armen, mittelmäßigen und gewöhnlichen Leuten bleiben und bei ihren Kindern.

Kehre dich nicht daran, dass jetzt der gewöhnliche Geizwanst die Wissenschaft so tief verachtet und spricht: Ha, wenn mein Sohn Deutsch schreiben, lesen oder rechnen kann, so kann er genug. Ich will ihn zum Kaufmann geben! Sie werden in Kürze so kirre werden, dass sie gern einen Gelehrten zehn Ellen tief mit den Fingern aus der Erde grüben. Denn der Kaufmann wird mir nicht lange Kaufmann sein, wenn die Predigt und das Recht verfallen. Das weiß ich fürwahr: Wir Theologen und Juristen müssen bleiben, oder sie werden allesamt mit uns untergehen, das wird mir nicht ausbleiben. Wo die Theologen verschwinden, da verschwindet Gottes Wort, und es bleiben lauter Heiden, ja, lauter Teufel; wo die Juristen verschwinden, da verschwindet das Recht samt dem Frieden, und es bleibt lauter Raub, Mord, Frevel und Gewalt, ja, lauter wilde Tiere. Was aber der Kaufmann erwerben und gewinnen wird, wenn der Friede verschwindet, das will ich ihm alsdann sein Hauptbuch sagen lassen, und wie nützlich ihm alsdann sein Gut sein wird, wenn die Predigt fehlt, das soll ihm sein Gewissen wohl zeigen.

Es ist insbesondere ärgerlich, dass solche ungeschliffenen, unchristlichen Worte diejenigen reden, die ganz evangelisch sein wollen, die jedermann zu schulmeistern und zu überschreien wissen mit der Schrift. Sie gönnen derweil weder Gott selbst noch ihren eigenen Kindern so viel Ehre oder Gutes, dass sie diese zur Schule erzögen, wo sie zu solchen herrlichen, göttlichen Berufen, Gott und der Welt zu dienen, kommen könnten, die sie doch gewiss vor Augen sehen, gestiftet, erreichbar und wohlversorgt mit Gut und Ehre. Sondern sie wenden sie davon ab und stoßen sie in des Mammons Dienst, wo sie doch nichts Gewisses vor Augen haben, außerdem in ständiger Gefährdung des Leibes und Gutes und auch der Seele stehen müssen, und wo überdies kein Gottesdienst ist und keiner sein kann.

Hier sollte ich auch aufzählen, wieviel Gelehrte man haben muss in der Heilkunst und anderen freien Wissenschaften, über welche beide Gegenstände wohl ein dickes Buch zu schreiben und ein halbes Jahr zu predigen wäre. Wo sollten Prediger und Juristen und Ärzte herkommen, wenn nicht die Grammatik und Rhetorik vorhanden wären? Aus dieser Quelle müssen sie alle herfließen. Aber es würde mir jetzt zu lang und zu viel werden.

Dies sage ich in aller Kürze: Einen fleißigen, ehrbaren Schulmeister oder Magister, oder wer es ist, der Knaben treulich erzieht und lehrt, den kann man niemals genug belohnen und mit keinem Geld bezahlen, wie auch der Heide Aristoteles sagt. Dennoch wird's bei uns so schändlich verachtet, als sei es gar nichts, und sie wollen dennoch Christen sein. Aber ich, wenn ich vom Predigtamt und anderen Dingen lassen könnte oder müsste, so wollte ich kein Amt lieber haben, als Schulmeister oder Knabenlehrer zu sein. Denn ich weiß, dass dieser Beruf nächst dem Predigtamt der allernützlichste, wichtigste und beste ist. Ich weiß noch nicht einmal, welcher von beiden der bessere ist; denn es ist schwer, alte Hunde zahm und alte Bösewichte fromm zu machen, woran doch das Predigtamt arbeitet und viel vergeblich arbeiten muss. Aber die jungen Bäumchen kann man besser biegen und aufziehen, obgleich auch manche dabei zerbrechen. Lieber, lass es der höchsten Tugenden eine sein auf Erden, fremden Leuten ihre Kinder treulich zu erziehen, welches gar wenige und fast niemand tut mit seinen eigenen.

Dass aber die Ärzte Herren sind, das sieht man klar vor Augen, und dass man sie auch nicht entbehren kann, lehrt klar die Erfahrung. Dass es für die Welt ein nützlicher, tröstlicher, heilsamer Stand, überdies ein wohlgefälliger Gottesdienst ist, von Gott geschaffen und gestiftet, gibt aber nicht allein der Beruf selbst zu erkennen, sondern das bezeugt auch die Schrift Sirach 38, 1-8, wo fast ein ganzes Kapitel sich im Rühmen der Ärzte ergeht und spricht: »Du sollst den Arzt ehren, denn man kann seiner nicht entraten, und Gott hat ihn eingesetzt, denn alle Arznei ist von Gott. Die Kunst des Arztes bringt ihn zu Ehren, und er wird vor den großen Herren hochgeschätzt. Gott hat die Arznei aus der Erde geschaffen, und es gibt keinen vernünftigen Menschen, der sie verachtet. Denn so wie zur Zeit des Mose das bittere Wasser durchs Holz süß wurde, so hat er auch hierin den Menschen kundtun wollen, was Arznei vermag, und hat solches Wissen darum auch den Menschen gegeben, dass man seine Wunder preisen solle. Denn hiermit kann der Arzt allerlei Schmerzen lindern und viel süße, gute Arznei machen und Salben zubereiten, durch welche die Kranken gesund werden, und diese seine Werke sind ohne Zahl.« Wohlan, es ist mir jetzt zu viel; die Prediger können wohl alle diese Dinge reichlicher ausführen und den Leuten einprägen, was sie an Schaden und Nutzen hier schaffen können für die ganze Welt und unsere Nachkommen, besser als ich's schreiben kann.

Ich will's hierbei bewenden lassen und einen jeden, der hierzu helfen kann, treulich ermahnt und gebeten haben. Denn denke doch selbst, wie viele Güter dein Gott dir umsonst gegeben hat und noch täglich gibt, nämlich Leib und Seele, Haus, Hof, Weib und Kind, dazu weltlichen Frieden, Dienst und Gebrauch aller seiner Kreatur im Himmel und auf Erden, zu alledem auch das Evangelium und Predigtamt, Sakrament und den ganzen Schatz seines Sohnes und seines Geistes - nicht allein ohne dein Verdienst, sondern auch ohne deine Kosten und Mühe. Denn du brauchst jetzt weder Schulen noch Pfarreien zu erhalten, wozu du doch nach dem Evangelium sehr wohl verpflichtet wärest. Und du solltest dennoch so ein verfluchter, undankbarer Schuft sein, dass du nicht ein Kind hergeben wolltest, das solche Gaben Gottes zu erhalten erzogen würde, alles und alles umsonst haben wolltest und nicht ein Tröpfchen Dank bezeigen, sondern Gottes Reich und der Seelen Heil untergehen lassen und helfen zu Boden zu stoßen?

Sollte Gott hierüber nicht zornig werden? Sollte nicht Teuerungszeit kommen? Sollten nicht Pest, Influenza, Syphilis und andere Plagen uns befallen? Sollten nicht verblendete Leute, wilde, wüste Tyrannen regieren? Sollte nicht Krieg und Hader entstehen? Sollte nicht eine böse Regierung in deutschen Landen kommen? Sollten nicht Türken und Tataren uns ausplündern? Ja, es wäre kein Wunder, wenn Gott Türen und Fenster in der Hölle öffnete und lauter Teufel unter uns schneien und hageln oder vom Himmel Schwefel und höllisches Feuer regnen ließe und uns allesamt in den Abgrund der Hölle versenkte wie Sodom und Gomorra. Denn hätten Sodom und Gomorra so viel gehabt, so viel gehört oder gesehen, sie stünden gewiss noch heutigen Tages. Denn sie sind nicht zu einem Zehntel so böse gewesen, wie jetzt Deutschland ist, denn sie haben Gottes Wort und Predigtamt nicht gehabt. Wir dagegen haben's umsonst und verhalten uns wie solche, die wollen, dass Gott und sein Wort und alle Zucht und Ehre untergehen. Und tatsächlich fangen die Sektierer mit der Unterdrückung des Wortes Gottes gehörig an; so legen der Adel und die Reichen auch tüchtig Hand daran, Zucht und Ehre zu stürzen, damit wir solche Leute werden, wie wir es verdient haben.

Denn dass wir das Evangelium und Predigtamt haben, was ist's anderes als Blut und Schweiß unseres Herrn? Er hat's ja durch seinen blutigen Angstschweiß erworben, durch sein Blut und Kreuz verdient und uns geschenkt; wir haben's ganz umsonst, haben nichts dafür getan oder gegeben. Ach Herr Gott, wie herzlich bitter und sauer ist's ihm geworden! Wie freundlich und gern hat er's dennoch getan! Wieviel haben die lieben Apostel und alle Heiligen dafür gelitten, dass es bis auf uns kommen möge! Wie viele wurden zu unserer Zeit dafür getötet! Und dass ich mich auch rühme: Wie manches Mal habe ich den Tod dafür leiden müssen und ist's mir auch so herzlich sauer geworden und wird's noch, damit ich meinen Deutschen dadurch diente. Aber alles ist nichts gegen das, was Christus, Gottes Sohn, unser liebes Herz, darangesetzt hat. Und er soll nun nichts anderes damit verdient haben von uns, als dass etliche dieses sein teuer erworbenes Amt verfolgen, verdammen, es tiefer als alle Teufel in Grund und Boden verlästern, die anderen aber die Hand abziehen, weder Pfarrer noch Prediger ernähren noch etwas dazu geben, dass sie doch unterhalten würden, überdies die Kinder auch davon abwenden, damit dieses Amt nur ja bald zugrunde gehe und Christi Blut und Marter umsonst sei. Sie gehen dennoch sicher daher, haben kein Gewissen, keine Reue oder Bedauern für solche höllische und mehr als höllische Undankbarkeit und viele unaussprechliche Sünden und Laster, zeigen keine Furcht und Scheu vor Gottes Zorn, keine Lust und Liebe zu dem lieben Heiland für seine saure, schwere Marter, sondern wollen mit solchen schrecklichen Greueln auch noch evangelisch und Christen sein.

Wenn's so in deutschen Landen zugehen soll, so tut mir's leid, dass ich als Deutscher geboren bin oder je deutsch geredet oder geschrieben habe. Und wenn ich's vor meinem Gewissen tun könnte, würde ich zur Strafe dazu helfen und beitragen, dass der Papst mit allen seinen Greueln wieder über uns komme und uns ärger bedrücke, schände und verderbe, als je zuvor geschehen ist. Früher, als man dem Teufel diente und Christi Blut schändete, da standen alle Beutel offen und war des Gebens für Kirchen, Schulen und alle Greuel kein Ende. Da konnte man Kinder in Klöster, Stifte, Kirchen, Schulen treiben, stoßen und zwingen mit unsäglichen Kosten, was alles vergeblich war. Jetzt aber, da man rechte Schulen und rechte Kirchen stiften soll (vielmehr nicht stiften, sondern allein erhalten in ihrem baulichen Zustand, denn Gott hat's gestiftet und genug dazu gegeben, sie auch zu erhalten, und wir wissen's, dass es Gottes Wort ist und dass die rechte Kirche bauen heißt: Christi Blut und Marter ehren), jetzt sind alle Beutel mit eisernen Ketten zugeschlossen, da kann niemand etwas dazu geben. Und überdies reißen sie auch die Kinder davon weg und gönnen ihnen nicht, dass sie von der Kirche (wo wir nichts dazugeben) ernährt werden und zu solchen heilsamen Ämtern, in denen sie doch auch zeitlich ohne ihr Zutun versorgt sind, kommen können, Gott zu dienen, Christi Blut und Marter zu ehren und zu bewahren. Sondern sie stoßen sie lieber dem Mammon in den Rachen und treten Christi Blut derweil mit Füßen und sind dennoch gute Christen.

Ich bitte Gott um ein gnädiges letztes Stündlein, dass er mich von hier fortnehme und nicht sehen lasse den Jammer, der über Deutschland kommen muss. Denn ich behaupte: Wenn zehn Mose dastünden und für uns beteten, würden sie doch nichts ausrichten. So fühle ich's auch, wenn ich für mein liebes Deutschland beten will, dass mir das Gebet zurückprallt und nicht hinaufdringen will, wie es sonst tut, wenn ich um andere Dinge bitte. Denn es wird geschehen, dass Gott Lot erlösen wird und Sodom vernichten. Gott gebe, dass ich lüge und in dieser Sache ein falscher Prophet sei. Das würde geschehen, wenn wir uns besserten, auch unseres Herrn Wort und sein teures Blut und Sterben anders ehrten, als bisher geschehen, und dem jungen Volk zu den göttlichen Ämtern (wie gesagt wurde) verhülfen und sie dazu erzögen.

Ich halte aber dafür, dass auch die Obrigkeit nun schuldig sei, die Untertanen zu zwingen, ihre Kinder zur Schule zu schicken, besonders die, von denen oben die Rede war. Denn sie ist wahrlich verpflichtet, die oben genannten Ämter und Stände zu erhalten, damit Priester, Juristen, Pfarrer, Schreiber, Ärzte, Schulmeister und dergleichen bleiben, denn man kann sie nicht entbehren. Kann sie die Untertanen zwingen, die dazu taugen, dass sie Spieße und Büchsen tragen, auf die Mauern laufen und anderes tun, wenn man Krieg fuhren muss, wieviel mehr kann und soll sie hier die Untertanen zwingen, dass sie ihre Kinder zur Schule schicken. Denn hier steht gewiss ein ärgerer Krieg bevor mit dem leidigen Teufel, der im Sinne hat, dass er Städte und Fürstentümer heimlich so aussaugen und von tüchtigen Personen entleeren will, bis er den Kern ganz ausgebohrt hat und eine leere Hülse da stehen lässt von lauter unnützen Leuten, mit denen er spielen und Possen treiben kann, wie er will. Das heißt ungehindert eine Stadt oder ein Land aushungern und ohne Kampf innerlich verderben, ehe man sich umsieht. Da tut doch der Türke etwas ganz anderes: Er nimmt jedes dritte Kind in seinem ganzen Reich und erzieht's, wozu er will. Wieviel mehr sollten unsere Herren sich doch etliche Knaben für die Schule nehmen, da doch den Eltern das Kind damit nicht genommen, sondern zu ihrem Besten und zum allgemeinen Nutzen erzogen würde für das Amt, in dem ihm genug gegeben wird.

Darum wache hier, wer wachen kann: die Obrigkeit, wenn sie einen tüchtigen Knaben sieht, dass sie ihn zur Schule schicken lasse. Ist der Vater arm, so helfe man mit Kirchengütern aus. Hierzu sollten die Reichen ihre Testamente einsetzen, wie denn die getan haben, die etliche Stipendien gestiftet haben; das hieße der Kirche dein Geld recht widmen. Hier erlösest du nicht der Verstorbenen Seelen aus dem Fegfeuer, sondern hilfst durch Erhaltung der göttlichen Ämter sowohl den Lebenden als auch den Zukünftigen, die noch nicht geboren sind, dass sie nicht ins Fegfeuer hineinkommen, ja, dass sie aus der Hölle erlöst werden und zum Himmel fahren, und den Lebenden, dass sie Frieden und Sicherheit haben. Das dürfte ein löbliches, christliches Testament sein; daran hätte Gott seine Lust und Freude und würde dich seinerseits segnen und ehren, so dass du auch Lust und Freude an ihm haben würdest. Wohlan, ihr lieben Deutschen, ich hab's euch zur Genüge gesagt, ihr habt euren Propheten gehört. Gott gebe uns, dass wir seinem Wort folgen, zu Lob und Dank unserm heben Herrn für sein teures Blut, für uns so barmherzig dargebracht, und behüte uns vor dem greulichen Laster der Undankbarkeit und des Vergessens seiner Wohltat. Amen.