Die Sünden sind vergeben

 

1.      Die Sünden sind vergeben! Das ist ein Wort zum Leben für den gequälten Geist. Sie sind's in Jesu Namen; in dem ist Ja und Amen, was Gott uns Sündern je verheißt.

 

2.      Das ist auch mir geschrieben: auch ich bin von den Lieben, weil Gott die Welt geliebt; auch ich kann für die Sünden bei Gott noch Gnade finden; ich glaube, dass er mir vergibt.

 

3.      Mein Hauptgesuch auf Erden soll die Vergebung werden, so wird mein Tod nicht schwer. O, in den Sünden sterben ist ewiges Verderben! Denn wer will dann bestehen, wer?

 

4.      Hier ist die Zeit der Gnaden, der Angst sich zu entladen, auf Gottes Wort zu ruhn, die Seele zu erretten, zu glauben und zu beten, und das in Jesu Namen tun.

 

5.      Ach Gott, lass meiner Seelen den Trost doch niemals fehlen, dass du die Schuld vergibst! Wenn ich mich betend beuge, so sei dein Geist mein Zeuge, dass du dein Kind in Christus liebst.

 

6.      Wenn ich von hinnen scheide, so mach mir das zur Freude, dass ich begnadigt bin. Im Glauben der Vergebung, in Hoffnung der Belebung, geh ich alsdann im Frieden hin.

 

Text: Philipp Friedrich Hiller 1767

Melodie: 15. Jh.; Heinrich Isaac (um 1495) 1539; geistlich 1505

„O Welt, ich muss dich lassen“

 

 

Passende Bibelstellen:

Römer 5, 1-2

2. Korinther 6, 1-2

2. Thessalonicher 2, 13-17

 


Kurzbiographie:

 

Philipp Friedrich Hiller

Sänger des württembergischen Pietismus

* 06.01.1699 in Mühlhausen an der Enz (Württemberg)

† 24.04.1769 in Steinheim bei Heidenheim (Württemberg)

 

Vater Pfarrer in Mühlhausen/Enz Mutter Pfarrerstochter aus Großglattbach (Vater: Pfarrer D. Griesinger).

 

2 Jahre alt:

Vater tot, damit Waise. Umzug nach Großglattbach.

 

7 Jahre alt:

Mutter heiratet wieder: Bürgermeister Weiß aus

Vaihingen/Enz. Durch Stiefvater Schulförderung.

Kriegszeit! (Span. Erbfolgekrieg. Franzoseneinfälle in Württemberg).

Erstmals tiefgreifende Fluchterlebnisse. (Flucht bis Heidenheim/Br.) In der Enz fast ertrunken.

 

14 Jahre alt:

Schüler in Denkendorf unter Johann Albrecht Bengel (1687-1752).

Zart, feinfühlig, feingliedrig. Fällt auf: musikalisch, dichterisch. Bengel gibt ihm entscheidende Anstöße zum Bibelstudium.

Hiller rühmt Bengel später noch:

»Bengel hatte eine große Gabe in Erklärung der Schrift

Bengel leitet ihn zum Dichten an.

 

Hiller an Bengel:

»Der erste Reim von meinem Kiel, mein erstes junges Dichterspiel ist unter deinem Aug' gewesen

Überhaupt ist Hiller ein echter Bengelschüler.

 

Knapp: Hiller ist der Hauptsänger Bengel'scher Schule geworden.

Irmgard Werth-Scheffbuch: »In der Tat hat kein anderer unter den Schülern Bengels eine solche Fülle von Liedern hervorgebracht...«

»Hiller - Testamentsvollstrecker Bengels.«

»Hiller - hat Bengels Einsichten in die Schrift stark vereinfacht in Verse umgesetzt und - dem Volk ins Herz gesungen

 

Bengel - obwohl nur 12 Jahre älter als Hiller - blieb dessen Lehrer und Seelsorger, auch 1751 in Hillers schwerster Anfechtung.

 

So gilt wohl:

Bengel hat den Boden für den Sänger des württembergischen Pietismus bereitet, als er ihn nach seinem Stimmverlust auf die besondere Möglichkeit der Verkündigung, nämlich durch das Lied ermunterte.

 

17 Jahre alt:

Studium in Maulbronn (höhere Klosterschule, an der 1781 später sein zweiter Sohn Professor wurde).

 

20 Jahre alt:

Studium in Tübingen (Ev. Stift).

 

21 Jahre alt:

Magister (philosophische Doktorwürde).

 

25 Jahre alt:           

Examen und drei Jahre Vikar in Brettach.

 

28 Jahre alt:

Vikar, Hauslehrer ca. fünf Jahre lang u. a. in: Roßwag,

Vaihingen/E., Nürnberg, Hessigheim.

 

32 Jahre alt:

In Nürnberg früheste bedeutende Dichtung:

»Johann Arnds Paradiesgärtlein geistreicher Gebete in Liedern.« (vier Teile über 300 Lieder) Johann Arndt: 1555-1621 - Maßgebender Wegbereiter des Pietismus!

 

33 Jahre alt:

1732 erhält er seine erste Pfarrstelle in Neckargröningen bei Ludwigsburg.

Heirat: Pfarrerstochter Regina Schickard aus Hessigheim.

 

Hiller: »Gehilfin recht nach meinem Herzen!«

Glückliche Ehe. Hierfür zwei Beispiele:

1. Ihr widmet er das »Geistliche Liederkästlein« als seiner »herzgeliebten Ehegattin«.

2. In der 37jährigen Ehe hat er stets mit ihr aus einem Teller gegessen!

 

Vier Jahre wirkte Hiller in der damals armen Pfarrei. Nebst Freude erlebte er immer wieder Probleme: Wieder Flucht vor den Franzosen, diesmal mit Familie. Das soeben geborene Söhnchen trug Dauerfolgen davon, starb daran mit 19 Jahren. Die todkranke Frau wurde wieder gesund.

 

37 Jahre alt:

Pfarrer in Mühlhausen/Enz - am Geburtsort und zweijähriger Heimat.

In den 12 Jahren dort entfaltete er eine rege schriftstellerische Tätigkeit, unterrichtete seine Söhne und arbeitete »in Liebe und Ernst« gegen die separatistischen Kreise. - Tod von zwei Töchtern.

 

49 Jahre alt:

Pfarrer in Steinheim bei Heidenheim

ab 11.06.1748 - bis zu seinem Tode 1769.

In den 20 Jahren dort hatte er in Amt und Haus viel Arbeit. (Große Familie, eine Pfarrei mit ca. 1500 Seelen).

 

52 Jahre alt:

Verlust seiner Stimme: 18 Jahre lang!

Innerhalb eines halben Jahres Anbahnung durch zunehmende Heiserkeit. Für Ärzte unergründlich. Schall und Laut waren dahin. Zwar konnte man Worte noch schwach vernehmen, aber geringste Geräusche machten sie unhörbar. Heftige Anfechtungen von Kirchenbesuchern.

Versteckt und offen wurde ein anderer Pfarrer gefordert.

Heilmittel waren vergebens. Viele Gebete, die er »Gott opferte«, wurden nicht erhört. Dadurch Überzeugung: Gott will es so.

Vieljähriger Kummer, der sein Gemüt belastete. Sohn stirbt mit 19 Jahren an früheren Fluchtfolgen. Von 11 Kindern verlor er vier Kinder bei Lebzeiten.

Bengel tröstet ihn und rät ihm zur Privatseelsorge und vor allem zur Verkündigung durch das Lied. Dadurch könne er viele Menschen erreichen.

Nach diesem Bengelschen Trost schreibt er dann u.a.:

 

»So wein ich, wenn ich wein, doch noch mit Loben,

das Loben schickt sich fein zu solchen Proben.

Man kann den Kummer sich vom Herzen singen,

nur Jesus freuet mich. Dort wird es klingen

 

»Der Herr bewahre mich, dass ich weder gedenke noch schreibe in meinen stimmlosen Zeiten, was jemand mit Fug und Recht zu einigem Zweifel an dem himmelfesten Wort missbrauchen möchte!...«

Seine Kinder konnte er nun nicht mehr selbst unterrichten, musste sie nach auswärts schicken, musste einen Vikar für den Predigtdienst anstellen. (1758 wurde sein zweiter Sohn Vikar in Steinheim).

Sonntägliche Hauserbauungsstunden, Herausgabe wichtiger theologischer Schriften, Liedbände - insgesamt Vertiefung im Wort Gottes.

Immer deutlicher: anstelle frommer Selbstbespiegelung tritt jetzt das Evangelium; das Gebetslied wird zur Verkündigung, viele Loblieder.

Hiller reift von der Ichbezogenheit zur christusbezogenen Frömmigkeit. »Wer wundert sich ob meinem Liede, dass dies allein auf Jesus geht

Hillers Lieder wollen so verstanden sein als Bekenntnis zu Jesus. Jesus Christus, die Mitte der Schrift, ist nun zugleich auch Mitte und Hauptinhalt seiner Lieddichtung.

Dabei betont Hiller immer wieder das hohepriesterliche und königliche Amt Jesu.

 

56 Jahre alt:

So entsteht am 28.08.1755 eines seiner reifsten Lieder: »Jesus Christus herrscht als König ...« (26 Verse) Grundlage: Epheser 1, 21-22.

 

70 Jahre alt:

Nachmittags zwischen 17 und 18 Uhr stirbt Hiller am 24. April 1769, im Alter von 70 Jahren und drei Monaten (*16.01.1699) schnell an einem Schlagfluss. Linke Seite gelähmt. Die letzten Phasen seines Lebens bleiben verborgen. Grabstein in der Steinheimer Kirche: Hier ruht ein treuer Diener am Evangelium Christi, Herr Magister Philipp Friedrich Hiller... als ein früher Waise auf den Herrn geworfen, der ihn früh zu sich bekehrt, unter allerlei Leiden geläutert und bewährt samt seiner Gattin Maria Regina, geb. Schickardin, da er an ändern Orten 16 Jahr, hier 21 Jahr als Pfarrer gestanden, elf Kinder mit Tränen geweiht, an den Lebenden davon auch Freude geerntet: 18 Jahre stimmlos gewesen, darinnen er das »Leben Christi« in Reimen und die »Vorbilder des Alten Testaments« verfasst, auch mit anderen Schriften der Kirche gedient.

Steinheim, du weißest seinen Glauben, Demut, Geduld, Weisheit und sein Ende. Folge ihm nach Zusammengefasst: Hiller war fast 37 Jahre im Amt:

4 Jahre in Neckargröningen,

12 Jahre in Mühlhausen/Enz,

20 Jahre in Steinheim (und 8 Monate).

 

Hiller hinterließ: Seine Ehefrau. Sie folgt ihm nach 11 Jahren (20.07.1780).

Sieben Kinder: drei Söhne und vier Töchter.

 

Ein Sohn wurde Pfarrer in Gächingen bei Urach (1765), dann Professor in Maulbronn (1781), starb als Prälat von Anhausen am 28.06.1820. Der andere Sohn war zunächst beim Vater Vikar, wurde dann Pfarrer von Eybach bei Geislingen. Dieser nahm sich des Vaters besonders an.

Der jüngste wurde in Köngen bei Firma Vogt Schreiber, ging später ins Ausland nach Holland, nach Westindien. Er kehrte verarmt in die Heimat zurück, weil ein von ihm befrachtetes Schiff unterging.

Eine Tochter verheiratete sich nach Heidenheim mit einem Lehrer, der später Rektor in Tübingen war, dann noch Pfarrer in Wendlingen wurde. Seine jüngste Tochter starb als Witwe des Pfarrers Fischer von Unterhausen bei Reutlingen.

Vier Kinder sind also zu Lebzeiten gestorben, davon ein Sohn mit 19 Jahren an früheren Fluchtfolgen aus Neckargröningen.

 

Zur Vertiefung werden folgende Bücher empfohlen:

Zeugnisse der Schwabenväter Band XII

 

Philipp Friedrich Hiller

Das Wort und Christus in dem Wort

Irmgard Weth-Scheffbuch

Verlag Ernst Franz Metzingen/W., 1969

 

Geistliches Liederkästlein

 

 

 

Hiller über das Wort Gottes

 

Jesus ist der Kern der Schrift

weil auf IHN zusammentrifft,

was im Alt und Neuen Bund

je im Buche Gottes stund.

 

Das Wort und Christus in dem Wort,

das soll mein Leitstern bleiben.

 

Die Größe dessen, der zeugt,

und dessen von dem gezeugt wird,

das Altertum ... sein unauflöslicher Zusammenhang,

seine Langwierigkeit unter einem von allen Nationen

abgesonderten Volk und seine endliche unwidersprechliche Erfüllung

offenbart die Göttlichkeit dieses Zeugnisses.

 

Das Wort Gottes ehre ich, wie es denn wahrhaftig ist, als Gottes Wort -

Ich wünsche alle meine Werke ins Feuer, wenn eines davon dem Buche, wovon Gottes Geist der Verfasser ist, entgegen sein sollte.

 

Die Schrift muss aus der Schrift erklärt werden.

 

Meine Erklärungen kommen alle aus der Schrift und sonst nirgends her.

 

Wahre Schrifterkenntnis gründet sich auf die Erkenntnis Jesu Christi, der Mitte der Schrift.

 

Die beständige Übung in der Schrift ist allen Christen sehr nötig...

 

Jemand, der auf das Sprüchlein stirbt: »Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, usw hat einen getrosteren Ausgang aus der Zeit in die Ewigkeit als der größte ungläubige Weltweise ... im Tode hat man ohne das Wort Gottes nichts.

 

Das Wort Gottes ist unvergleichlich.

 

Dies Wort lass dir ein teures Wort sein!

Übe dich darein!

 

...nie ohne Herz

...dass du es annehmen wolltest, wie es denn wahrhaftig ist, als Gottes Wort mit Freuden im heiligen Geist!

...nie ohne Gebet

...dass dir Gott die Augen öffne

...nie ohne Gehorsam

...dass du ihm folgen wolltest...!

 

Mir bleibe,

geht gleich alles fort,

Gott und Jesus und sein Wort!

 

 

Danke an Bibel-Memory (http://www.bibel-memory.de) für die freundliche Zuverfügungstellung dieser Kurzbiographie. Bibel-Memory ist ein überkonfessionelles Missionswerk, das Ihnen hilft, Bibelverse systematisch auswendig zu lernen. Des Weiteren gibt es Kurse zum Auswendiglernen von Liedern, darunter Kurse mit Liedern von Paul Gerhardt, Philipp Friedrich Hiller und Jochen Klepper:

http://www.bibel-memory.de/klieder.htm