Roger Liebi – Überblick über die 27 Bücher des NTs - Teil 2/9

Vogelschau: Johannesevangelium bis 1. Korintherbrief

Audioabschrift

 

 

Wir sind stehen geblieben bei den Ersatznamen für den unaussprechlichen Namen Gottes. Im Neuen Testament wird also der Eigenname Gottes oft durch Kyrios, Herr, ersetzt. Das ist die biblische Rechtfertigung dafür, dass Luther im Alten Testament HERR gesetzt hat anstatt Jahwe. Aber es gab, nebst diesem Ersatznamen, der besonders wichtig war, in der Synagoge bei der Lesung des Alten Testaments, wo jedes Mal, wenn die vier Konsonanten JHVH kamen, einfach Adonaj, Herr, gelesen hat, noch weitere Ersatznamen, wie zum Beispiel Himmel, schamajim. Und wir merken eine Spur im Gleichnis vom verlorenen Sohn, wo der Sohn sagt: „Ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.“ Und das heißt, gegen Jahwe. Gegen den Himmel sündigen heißt, gegen Jahwe sündigen. Und wenn der Herr Jesus, nur im Matthäusevangelium 32 Mal, über das Reich der Himmel spricht, – in den anderen Evangelien heißt es dann immer Reich Gottes – so ist das ein Ersatzname für Jahwe, das Reich Jahwes.

Und weiter nannte man den Ewigen auch gewurah, das heißt Macht. Jesus sagt doch vor dem Sanhedrin in Matthäus 26, 64: „Von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen auf den Wolken des Himmels.“ Also zur Rechten Jahwes. Oder man hat auch benutzt: Majestät. Und dann verstehen wir Hebräer 1 besser: „Er hat sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe.“ Das ist Jahwe. Aber besonders in den aramäischen Targumim, das sind die aramäischen Übersetzungen des Alten Testaments, findet man sehr oft für Jahwe «memra adonaj», das Wort des Herrn. Und jetzt haben wir Wort als Ersatzname für Jahwe und so müssen wir das lesen: Im Anfang war das Wort (memra). Und das Wort (memra) war bei Gott. Das sind aber schon zwei Personen. Ja, aber gerade in den aramäischen Targumim findet man oft, dass da wie zwei Personen sind, memra adonaj und dann doch adonaj. Und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Hier wird die Gottheit Jesu betont, aber gleichzeitig wird ausgesagt, Jesus ist Jahwe, der ewige Gott. Gott im absolutesten Sinn des Wortes.

Weiter: Alles wurde durch dasselbe. Hier wird erklärt, der Sohn Gottes hat alles erschaffen. Er war der Ausführende. Durch das Wort hat Gott in 1. Mose 1 alles geschaffen und das ist speziell geschehen durch das ewige Wort, den Sohn Gottes. Und ohne dasselbe wurde auch nicht eines, das geworden ist. Der Bibelleser denkt: Warum schreibt Johannes so kompliziert? Ich habe ja schon letztes Mal erklärt, Johannes benutzt etwa 800 Wörter. Von der Wortzahl her ist das der Wortschatz eines Kleinkindes. Nur, er braucht natürlich Wörter aus dem Erwachsenenwortschatz. Aber, an sich sprachlich so einfach, und dann doch so kompliziert. Alles wurde durch dasselbe. Das musste so kompliziert geschrieben werden, denn sonst würden die Zeugen Jehovas sagen: Ja das Wort alles heißt eben manchmal alles in umfassenden Sinn, aber nicht ganz absolut. Und das stimmt. Zum Beispiel Römer 3, 23: Alle haben gesündigt. Aber einer nicht, der Mensch Jesus Christus. Aber es heißt alle. Also alle kann manchmal das Umfassende meinen, ohne ganz absolut zu sein.

Nun, dann würden sie sagen: Es gibt eine Ausnahme, Jesus ist das erste Geschöpf von Jehova gewesen und dann hat er als Werkmeister alles andere geschaffen. Nun, jetzt lesen wir ein bisschen weiter. Und ohne dasselbe ward auch nicht eines, das geworden ist. Also, der Herr Jesus Christus hat alles erschaffen und es gibt nichts, das je ins Dasein gekommen ist, das nicht durch ihn erschaffen wurde. Also ist er ewig, dann hat er keinen Anfang. Und da können die sich winden und wenden wie sie wollen. Man muss einfach bei Vers 3 bleiben. Ich habe das erlebt, ein Führer der Zeugen Jehovas hier in Aarau, der ist in seine Bibliothek gegangen und hat gesucht und gesucht und hat nichts gefunden. Zu Vers 2 schon: das Wort war ein Gott, wie sie übersetzen wollen, weil sie kein Griechisch können. Aber zu Vers 3 hat er nichts gefunden. Und dann habe ich ihm gesagt: Dann reißen Sie das doch aus der Bibel heraus. Nein, nein. Nach zwei Stunden hat er gesagt: Ich will die Diskussion abbrechen. Ich habe Angst, dass ich von meinem Glauben wegkommen könnte. Also Vers 3 müssen wir wirklich kennen. Und Johannes bietet uns das gleich am Anfang seines Evangeliums. Und bedenken wir: Das haben nicht erst die Zeugen Jehovas herausgefunden, diesen Angriff auf die Person Jesu, sondern das zieht sich vom 1. Jahrhundert durch bis in unsere Zeit, dieser Frontalangriff. Aber Johannes 1 ist eines der ganz wichtigen Kapitel im Neuen Testament, mit dem man die Irrlehren bezüglich der Person Jesu zerschlagen kann. Insbesondere mit Kolosser 1 und Hebräer 1. Also Johannes 1, Kolosser 1 und Hebräer 1.

Nun wird uns aber weiter erklärt, wer dieses Wort ist, Vers 14: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Also dieses Wort ist der Sohn, der eingeborene Sohn Gottes, der also von Ewigkeit her in einer Beziehung der Liebe zum Vater stand. Und das Johannesevangelium lässt uns einen Blick in die Tiefe der Gottheit tun und zeigt uns etwas von dieser ewigen Beziehung zwischen dem Sohn und dem Vater. In Johannes 17, in dem Gebet des ewigen Sohnes Gottes, merken wir noch mehr. Vers 5: „Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“ Oder Vers 24: „Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, auf dass sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt.“ Das zeigt uns etwas von dieser Beziehung. Und so ist der Sohn Gottes in diese Welt gekommen als eingeborener Sohn. Da gibt es keine anderen Söhne Gottes neben ihm. Er ist der einzige in seiner Art. Das heißt monogenes in Verbindung mit dem Herrn Jesus. Das heißt nicht, dass er als Sohn Gottes mal geboren wurde, sondern der einzige in seiner Art als ewiger Sohn Gottes. Und schließlich Johannes 1, 18: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.“ Also der Sohn Gottes kommt in diese Welt um uns zu zeigen, wer der Vater ist. Und eben auch, wer er ist, der eingeborene Sohn.

Also die Tiefen der Gottheit werden uns hier in diesem Evangelium aufgeschlossen. Und wir dürfen in diese Beziehung der ewigen Liebe hineinschauen. Aber mehr noch. Johannes 1, 12-13: „So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, welche nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.“ Nun, das Gewaltige ist: Menschen, die den eingeborenen Sohn Gottes, den ewigen Sohn Gottes, im Glauben aufnehmen, dürfen Kinder Gottes werden. Johannes nennt die Erlösten in seinem Evangelium nie Söhne Gottes, damit wir ja nicht die Sohnschaft Jesu auf eine Stufe mit unserer Sohnschaft herabbringen. Paulus nennt uns ja in Römer 8 Söhne Gottes. Aber Johannes, der so besonders den ewigen Sohn Gottes zeigt, macht den strikten sprachlichen Unterschied, der Sohn Gottes und die Kinder Gottes. Aber die Kinder Gottes dürfen in eine Beziehung der Liebe eintreten, wie sie der ewige Sohn gekannt hat. Und sie dürfen Gott kennen als das, was er von Ewigkeit her ist in der Beziehung zu seinem Sohn, als den ewigen Vater.

Das ist ganz gewaltig und das ist eine ganz besondere Botschaft im Johannesevangelium. Und der Herr Jesus spricht in diesem Evangelium dauernd über den Vater, oder verschiedentlich sagt er sogar: mein Vater. Das ist auch etwas ganz Besonderes. Warum? Im Judentum hat man davor gewarnt Gott avi zu nennen, mein Vater, denn das würde quasi eine einzigartige Beziehung zu Gott ausdrücken. Unser Vater, ja, das darf man sagen, avinu schebaschamajim. Das findet man auch im Talmud, unser Vater im Himmel. Das entspricht dem Gebet des Herrn in der Bergpredigt. Aber nicht avi, und ihr könnt die jüdischen Gebetsbücher durchackern und werdet diesen Ausdruck nicht finden. Und man hat auch gesagt, dass man nicht abba sagen darf, Papa, das ist zu intim. Aber wir wissen, dass der Herr Jesus beides benutzt hat. In Markus 14 nennt der Herr den Vater abba. Das geht im Judentum nicht, aber der ewige Sohn hat ihn so angesprochen. Und als Erlöste heute dürfen wir Gott auch so ansprechen, Römer 8, Galater 4. Aber der Herr Jesus spricht sehr oft über «mein Vater» und er sagt avi, und daran hat man sich gestoßen im Judentum. Schauen wir in Johannes 5, 18: „Darum nun suchten die Juden noch mehr, ihn zu töten, weil er nicht allein den Sabbat brach, sondern auch Gott seinen eigenen Vater nannte, sich selbst Gott gleich machend.“ Seinen eigenen Vater, das entspricht dem Hebräischen avi. Dauernd spricht er von «avi». Und das geht nicht, denn dann muss er ja Gott gleich sein. Und das unterscheidet ihn von allen anderen. Also merkt euch darum besonders diese Stellen, wo der Herr Jesus in den Evangelien sagt: Mein Vater. Das hat ein ganz besonderes Gewicht im Gegensatz zu: Unser Vater.

Also die Erlösten sind in diese Beziehung hineingeführt und der Herr Jesus spricht dauernd über den Vater und dabei kommt natürlich schließlich nach drei Jahren eine effektive Sehnsucht. Johannes 14, 9. In Vers 1 spricht der Herr Jesus über das Haus «meines Vaters». Und dort geht er hin, in das Haus seines Vaters im Himmel und er sagt: der Weg ist klar, ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, denn durch mich und dann heißt es in Vers 8: „Philippus spricht zu ihm: Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns. Jesus spricht zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen, und wie sagst du: Zeige uns den Vater?“ Zeige mir den Vater, aber das hat er ja schon längst gemacht. Er ist als ewiger Sohn in diese Welt gekommen, Mensch geworden, um uns zu zeigen, wer der Vater ist. Wer ihn gesehen hat, hat den Vater gesehen. Und ich schließe mit den letzten Versen in Johannes: „Dieser ist der Jünger, der von diesen Dingen zeugt und der dieses geschrieben hat; und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist. Es sind aber auch viele andere Dinge, die Jesus getan hat, und wenn diese alle einzeln niedergeschrieben würden, so würde, dünkt mich, selbst die Welt die geschriebenen Bücher nicht fassen.“ Gott, der ewige Gott, ist in diese Welt gekommen als Mensch.

Wie soll das gehen? Einweihung des Tempels Salomos, der König betete, 1. Könige 8, 27: „Aber sollte Gott wirklich auf der Erde wohnen? Siehe, die Himmel und der Himmel Himmel können dich nicht fassen; wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe!“ Der Himmel, die Atmosphäre, der Himmel Himmel, das ganze Weltall, können Gott nicht fassen. Wie soll Gott in diesem Haus wohnen? Nun, undenkbar. Aber nun ist Gott in diese Welt gekommen als Mensch, trotzdem. Im Tempel Salomos hat Gott an diesem Ort einfach seinen Namen besonders geoffenbart. Man konnte Gott nicht auf ein paar Quadratmeter eingrenzen, er ist der Allgegenwärtige, aber dort hat er sich speziell geoffenbart, hat seinen Namen dort wohnen lassen. Aber nun ist Gott wirklich Mensch geworden, ist in diese Welt hineingekommen. Ein Wunder, das uns übersteigt und dann sagt Johannes: Wenn man all die Herrlichkeit, die der Sohn Gottes in seinem Leben geoffenbart hat, einzeln als Herrlichkeiten aufschreiben würde, so würde der ganze Kosmos – so steht es im Griechischen – die geschriebenen Bücher nicht fassen. Das ganze Weltall, in den Ausdehnungen von Milliarden von Lichtjahren Distanzen nach dem heutigen Wissen, könnten die Bücher nicht fassen. Er ist eben, wie Paulus in 2. Korinther 9, 17 sagt: die unaussprechliche Gabe. Und wer ihn kennt, kennt die unaussprechliche Freude, von der Petrus in 1. Petrus 1 spricht. Das ist nicht eine ausgelassene Freude, sondern eine tiefe Freude des Glaubens.

Nun, wir gehen zur Apostelgeschichte. Wie bereits gesagt, beschreibt sie die ersten drei Jahrzehnte der Weltmission. Ausgangspunkt ist das Vierpunkteprogramm des Messias in Kapitel 1, Vers 8: Jerusalem, Judäa, Samaria und bis an das Ende der Erde. Das Buch endet überraschend abrupt, um gewissermaßen anzudeuten, hier endet nur der Bericht des Lukas, die Mission sollte aber weitergehen, wie wir heute wissen, noch knapp 2000 Jahre. Der Auferstandene gibt also den Missionsbefehl vom Ölberg aus, Kapitel 1, Vers 8, in einem Vierpunkteprogramm. Und so finden wir zunächst Punkt 1 ausgeführt, das Zeugnis in Jerusalem. Das dauert bis zur Steinigung des Stephanus in Kapitel 7. Danach gibt es eine Verfolgung der Urgemeinde, Kapitel 8, Vers 1b: „Es entstand aber an jenem Tage eine große Verfolgung wider die Versammlung, die in Jerusalem war; und alle wurden in die Landschaften von Judäa und Samaria zerstreut, ausgenommen die Apostel.“ Jetzt gehen sie über Punkt 1 hinaus, sie gelangen nach Judäa. Und Vers 4: „Die Zerstreuten nun gingen umher und verkündigten (wörtlich: evangelisierten) das Wort.“ Dann kommt Philippus, Vers 5-6: „Philippus aber ging hinab in eine Stadt Samarias und predigte ihnen den Christus. Und die Volksmengen achteten einmütig auf das, was von Philippus geredet wurde, indem sie zuhörten und die Zeichen sahen, die er tat.“ Und eine riesige Menge kommt unter den Samaritanern zum Glauben. Der dritte Punkt ist erreicht. Dann geht es weiter. In Kapitel 10 finden wir Kornelius als Römer, weder jüdisch, noch samaritanisch (Die Samariter waren ja ein Mischvolk, das noch jüdisches Blut hatte). Nun wirklich ein Heide, ohne verwandtschaftlichen Bezug. Er kommt zum Glauben, also in dem Sinn, dass er Christ wird, den gestorbenen und auferstandenen Messias aufnimmt im Glauben. Und dann ab Kapitel 13 finden wir die vier Missionsreisen des Apostels Paulus in alle Welt, bis nach Rom. Der Bericht endet ja mit der Mission des Paulus in Rom. Da haben wir den vierten Punkt, eben die Heidenvölker bis an das Ende der Erde.

Also gemäß diesem Vierpunkteprogramm ist die Apostelgeschichte auch aufgebaut. Aber sie endet abrupt. Einige Kapitel vor dem Schluss beruft sich Paulus auf den Kaiser, Kapitel 25, Vers 12. Nachdem Paulus das getan hat, heißt es dort, Vers 11b-12: „Ich berufe mich auf den Kaiser. Dann besprach sich Festus mit dem Rat und antwortete: Auf den Kaiser hast du dich berufen, zum Kaiser sollst du gehen.“ Und jetzt kommt diese spannende Reise nach Rom zum Kaiser. Wer die Apostelgeschichte zum ersten Mal liest, denkt: Was geschieht, wenn er nun vor dem Kaiser (Nero war es) gestellt wird? Und wir kommen nach Kapitel 28. Er wird dann dort untergebracht in einem Mietshaus, wartet zwei Jahre. Vers 30-31: „Er aber blieb zwei ganze Jahre in seinem eigenen gemieteten Hause und nahm alle auf, die zu ihm kamen, indem er das Reich Gottes predigte und die Dinge, welche den Herrn Jesum Christum betreffen, mit aller Freimütigkeit ungehindert lehrte.“ Und jetzt: Wo ist die Sache mit dem Kaiser? Die Pointe kommt nicht. Aber der inspirierte Bericht ist hier am Ende und wir merken, es ist ein offener Schluss. Und das macht uns deutlich, wir haben zwar hier eine inspirierte Kirchengeschichte der ersten drei Jahrzehnte, aber damit sind die Weltmission und das Vierpunkteprogramm noch nicht abgeschlossen. Nur der inspirierte Bericht ist hier fertig, die Mission sollte weitergehen.

Und so sind all die Jahrhunderte bis heute nichts anderes als die Fortsetzung des offenen Schlusses von Apostelgeschichte 28. Also eine ganz besondere literarische Methode des Heiligen Geistes. Und das letzte Wort in dem Buch ist nicht das, wie in meiner deutschen Übersetzung, sondern im Griechischen ist das letzte Wort «akolytos», ungehindert. Indem er das Reich Gottes predigte und die Dinge, welche den Herrn Jesum Christum betreffen, mit aller Freimütigkeit lehrte ungehindert. Er war gebunden, aber das Wort Gottes ist nicht gebunden, wie er in 2. Timotheus 2 sagt. Das Wort Gottes ist nicht gebunden, es geht weiter und wir wissen, bis heute hat es alle fünf Kontinente erreicht, alle Nationen, entsprechend der Verheißung in Matthäus 24, 12. Eines der siebzehn Endzeitzeichen in der Ölbergrede, dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden allen Nationen zu einem Zeugnis und dann wird das Ende kommen. Und das ist heute erreicht. Nicht alle Stämme, nicht alle Sprachen, aber alle Nationen. Ja, das Ende ist bereit.

Wir gehen weiter zum Römerbrief. Der Römerbrief ist eine umfassende Darstellung der Bedeutung des Kreuzestodes des Herrn Jesus im Blick auf die Menschen aus allen Völkern der Welt. Er zeigt zunächst, dass sowohl die Nichtjuden als auch die Juden ohne Ausnahme vor Gott schuldig sind. Im Anschluss daran wird die Befreiung von der Sündenlast und der Macht der Sünde im Menschen eindrücklich vor Augen gestellt. Das sind die Kapitel 1-8. Ausführlich wird auch über Gottes Plan mit Israel gesprochen in den Kapiteln 9-11. Der Schluss zeigt, Kapitel 12-16, welche praktischen Auswirkungen die Erlösung im alltäglichen Leben des Gläubigen hat, bzw. haben muss. Der Römerbrief ist nicht der erste Brief, den Paulus geschrieben hat, aber er ist im Blick auf die Lehre des Heils der grundlegende Brief. Rom war ja die Stadt, die so stolz war auf die Weisheit in der Juristerei, also die Weisheit in der Rechtsprechung. Und Paulus schreibt den Brief über die Rechtfertigung aus Glauben allein, ein juristischer zentraler Begriff, ausgerechnet an Rom. Das ist nicht von ungefähr. Und er schreibt es an diesen Ort, wo einmal ein Machtblock entstehen sollte, der gegen die Rechtfertigung aus Glauben sprechen würde. Jahrhunderte lang. Das ist schon eindrücklich. Ausgerechnet nach Rom schreibt er diesen Brief.

Nun, es ist eine systematische Darstellung des Heils. Und da wird in Kapitel 1, Vers 18 und folgende, gezeigt, dass alle Heidenvölker vor Gott schuldig sind und unter dem Zorn Gottes stehen. Es gibt auch für Heiden, die das Evangelium noch nie gehört haben, keine Entschuldigung vor Gott. Sie gehen verloren, wenn sie nicht durch ihr Gewissen angeregt, ihre Schuld bereuen und zum Schöpfergott, den man durch die Schöpfung erkennen kann, umkehren. Dann wird gesprochen über die Juden, die das Alte Testament bekommen haben, Kapitel 2, 17 ff, und es wird deutlich gemacht, auch die, die schriftliche Offenbarungen Gottes in Händen hatten, haben sich vor Gott schuldig erwiesen und stehen unter dem Zorn Gottes. Das wird alles zusammengefasst in Kapitel 3, Vers 23: „Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.“ Ein Vers, den wir doch alle auswendig kennen, hoffe ich. Aber was ist das eigentlich: denn es ist kein Unterschied? Warum steht das? Es gibt keinen Unterschied zwischen heidnischen Völkern, die das Evangelium nicht kennen, oder Juden, die schon das Alte Testament kennen, alle sind Sünder. Unterschiedlich intensiv, aber sie sind alle Sünder und alle verloren. Und dann kommt der Erlösungsplan in Vers 24: „und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist.“

Die Diagnose ist total, die ganze Menschheit steht unter dem Zorn Gottes, aber es gibt eine Erlösung gratis. Umsonst heißt gratis, oder? Sie werden umsonst gerechtfertigt und ganz wichtig: Der Begriff dikaioo, rechtfertigen, heißt jemanden als gerecht erklären. Indem der Herr Jesus alle Schuld auf sich genommen hat am Kreuz, kann der, der an Jesus glaubt, gerechtfertigt werden. Römer 3, 26: „zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, dass er gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesum ist.“ Wer also den Herrn Jesus im Glauben annimmt, der weiß: Meine Schuld hat der Herr Jesus getragen, die ist bezahlt. Also kann Gott mich nicht mehr richten, weil er ein gerechter Gott ist. Wenn ich meine Kinder zweimal für das Gleiche strafe, dann gibt es Reklamation, sofort: „Das ist ja ungerecht!“ Das ist auch ungerecht. Einmal bestraft und damit ist die Sache gerecht beglichen. Also dadurch, dass der Herr Jesus bereits alles getragen hat, ist Gott gerecht, wenn er mich gerecht spricht, weil ich an Jesus glaube. Also rechtfertigen heißt, dass Gott mich für gerecht erklärt, weil alle meine Schuld bereits abgetragen ist. Also kann mir nichts mehr zugerechnet werden. Das ist Rechtfertigung. Und das wird dann noch weiter ausgeführt und mit dem Alten Testament tiefer belegt. Dieser Teil geht bis Kapitel 5, Vers 11.

Und danach, aber Vers 12, spricht Paulus über die Erbsünde. Es ist nämlich nicht nur so, dass der Mensch Sünden tut, sondern er hat eine sündige Natur. Und die haben wir von Adam geerbt, das zeigt er. Dieses sündige Wesen in uns haben wir geerbt und das ist biologisch von Generation zu Generation weitergegeben worden. Und das ist auch ein Problem, denn diese Erbsünde ist diese sündige Natur in uns, die wir in uns spüren als Drang zum Bösen. Mit dieser Erbsünde können wir vor Gott nicht bestehen. Und dann wird uns hier in diesem Teil gezeigt, dass Jesus Christus nicht nur für unsere Tatsünden gestorben ist, sondern er hat sich am Kreuz auch mit unserer sündigen Natur identifiziert. Und darum sind wir auch gerechtfertigt von der Erbsünde. Sie wird in diesen Versen immer «die Sünde» genannt, also in der Einzahl. Die Sünde meint hier nicht eine bestimmte Tat, sondern dieses sündige Wesen in uns, das nichts anderes kann, als Sünden hervorzubringen. Darum heißt es schlicht die Sünde. Und da haben wir die Rechtfertigung, Kapitel 6, Vers 7: „Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der Sünde.“ Wörtlich steht dort: gerechtfertigt (das gleiche Wort dikaioo wie in Römer 3, 24), also gerechtfertigt von der Sünde. Das wird dann noch weiter ausgeführt. Praktische Probleme in diesem Zusammenhang, Römer 7, und dann auch die Freude des Heils durch den Glauben in Römer 8. Also so, wie gesagt, Römer 1-8 das rundet alles herrlich ab.

Und dann kommt dieser Exkurs über Israel. Und manch ein Bibelleser, wenn er sich das aufmerksam überlegt, fragt sich: Warum kommt eigentlich noch ein Israelexkurs, wenn es doch da um die Lehre des Heils geht? Ja, Römer 3, 23: Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt. Es ist kein Unterschied zwischen Heiden und Juden. Was lohnt es sich eigentlich noch, Jude zu sein? Oder was hat es sich gelohnt ein Jude zu sein? Und dann wird erklärt: Ja, es geht im Blick auf die Schuld nicht an, dass man einen Unterschied macht zwischen Juden und Nichtjuden. Alle sind schuldig vor Gott. Aber Gott hat mit diesem Volk auf Erden einen ganz besonderen Plan und dieser ist damit nicht durchgestrichen. Und so wird erklärt, dass Israel als Volk trotzdem im Heilsplan Gottes eine Sonderrolle spielt. Jetzt ist Israel zwar auf die Seite gestellt, auf der Wartebank, aber der Tag kommt, wo Israel, wenn die Vollzahl der Heiden eingegangen ist, wieder voll auf den Plan kommt, Römer 11, 25-26, wie im Alten Testament. Darum der Israelexkurs. Und dann kommt die Schlussfolgerung aus allem, Römer 12, 1: „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, welches euer vernünftiger Gottesdienst ist.“

Bemerken wir das kleine Wörtchen «nun»? Das ist die Schlussfolgerung aus den Kapiteln 1-11. Wenn Gott uns ein so großes Heil in Christus geschenkt hat, die ganze Schuld so total abgenommen hat, dass Gott gerecht ist, wenn er sagt: Ich bin gerecht, und nicht nur gnädig – was ziehen wir daraus für Konsequenzen? Ich ermahne euch nun! Dann wird erklärt, ihr sollt euch Gott vollkommen ausliefern, wie ein Schlachtopfer. Und das wird alles dann im Detail ausgeführt, Kapitel 12-16, was das heißt, die totale Hingabe als Antwort auf ein völliges Heil in Christus. Übrigens, ich habe einmal eine Predigt gehört über Römer 12, 1: Gott darstellen als ein lebendiges Schlachtopfer. Das ist doch ein Widerspruch, ein Schlachtopfer und lebendig. Es ist etwas ganz Bestimmtes gemeint. Wenn man die Schlachtopfer im Tempel früher dargebracht hat, so musste man sie vor dem Tempelhaus schlachten. Also es war eine wichtige Sache, sie zuerst Gott darzustellen, als sie noch lebten. Gott im Allerheiligsten, das Opfer da beim Altar, gewissermaßen in der Linie zum Allerheiligsten, so wurde das Opfer Gott geweiht und dann geschächtet. Also ein lebendiges Schlachtopfer ist ein Opfer, das grad vor der Schächtung steht. Da kann es nicht mehr auf die Weide oder so, es ist völlig Gott hingegeben. Darum ist es eine unglaubliche Aussage: Ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, indem wir Gott mit dem ganzen Sein dienen.

Jetzt gehen wir zum 1. Korintherbrief. Der 1. Korintherbrief beschäftigt sich mit den realen Problemen einer christlichen Ortsgemeinde. Er zeigt auf, wie konkret die Schwierigkeiten angegangen und gelöst werden müssen. Zudem gibt er viele detaillierte Anweisungen, die grundsätzlich wichtig sind, um an einem bestimmten Ort eine biblische Ortsgemeinde darstellen zu können. Also dieser lokale Charakter des Korintherbriefes ist ganz wichtig. An einem bestimmten Ort ist eine Gemeinde da, 1. Korinther 1, 2: „Der Versammlung Gottes, die in Korinth ist, den Geheiligten in Christo Jesu, den berufenen Heiligen, samt allen, die an jedem Orte den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, sowohl ihres als unseres Herrn.“ Und die hat an diesem bestimmten Ort ganz besondere, spezielle Probleme. Aber Probleme, so zeigt dieser Brief, an einem bestimmten Ort sind nicht dazu da, um davor zu flüchten, sondern um gelöst zu werden. Und diese Probleme sind riesig, wie man sie in anderen Gemeinden im Neuen Testament gar nicht kannte. Und der Apostel Paulus zeigt, wie ein Problem um das andere angegangen und gelöst werden muss. Aber aufgepasst! Man könnte ja denken, dieser Brief ist so lokal und darum sind viele Anweisungen nur für Korinth zu verstehen. Aber dem wird gleich vorgebeugt in dem zitierten Vers: „samt allen, die an jedem Orte den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, sowohl ihres als unseres Herrn.“

Hier wird, obwohl der Brief so lokal ist, die universale Bedeutung des Briefes herausgestrichen. Und es ist ganz wichtig, man könnte die Ortsgemeinde als den Ort des Individualismus sehen. Wir machen es so, und wie die andern das machen, interessiert uns überhaupt nicht. Aber gerade dieser Brief zeigt immer wieder, wie das und das auch in allen Gemeinden so und so ist. Nur beispielsweise Kapitel 11, Vers 16: „Wenn es aber jemand gut dünkt, streitsüchtig zu sein, so haben wir solche Gewohnheit nicht, noch die Versammlungen Gottes.“ Also da können Sie sagen: Wir haben die Gewohnheit der Streitsucht nicht, das lehnen wir ab. Da werden Sie direkt mit den anderen Gemeinden verglichen. Oder Kapitel 14, Vers 33: „Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens.“ Hier sollten wir einen Punkt machen und dann beginnt ein neuer Satz: „Wie in allen Gemeinden der Heiligen sollen eure Frauen schweigen in den Versammlungen.“ Da wird also verglichen, wie in allen Gemeinden. Also ihr könnt nicht einen Spezialkurs gehen in Korinth, aber das gilt auch für die anderen Gemeinden. Apostolische, biblische Lehre ist nicht einfach lokale Privatmeinung, sondern das betrifft alle Ortsgemeinden. Aber der Korintherbrief zeigt uns eben, wie jede Ortsgemeinde ganz anders aussehen und ganz eigene Probleme haben kann. Aber die müssen korrigiert werden.