Roger Liebi – Überblick über die 27 Bücher des NTs

Teil 5 –Details: Johannes, Apostelgeschichte, Galater, 1. und 2. Thessalonicher, 1. und 2. Korinther, Römer, Epheser, Philipper, Kolosser

Audioabschrift

 

 

Wir fahren weiter im Johannesevangelium mit einigen charakteristischen Merkmalen und Besonderheiten. Ausdrücke wie Liebe, lieben oder geliebt kommen mit Abstand am häufigsten hier vor. In Matthäus 19, Markus 9, Lukas 36 und in Johannes 63 Mal. Das Leben, leben sind eindeutig typische Wörter für das Johannesevangelium. Matthäus 13, Markus 7, Lukas 14 und Johannes 56 Mal. Das Licht oder erleuchten in Matthäus 7, in Markus 4, in Lukas 7 und Johannes 33 Mal. Die Statistik kann uns also schon etwas helfen. Oder Begriffe wie Wahrheit, wahrhaftig etc. kommen in Matthäus 6, in Markus 6, in Lukas 5 und in Johannes 56 Mal vor. Herrlichkeit, verherrlichen in Matthäus 8, in Markus 4, in Lukas 22 und in Johannes 42 Mal. Da merken wir, dass das Begriffe sind, die ganz wichtig sind, um dieses Evangelium verstehen zu können. Da habe ich schon letztes Mal erklärt, dass der Vater so oft erwähnt wird, über 120 Mal. Es geht ja hier um den Sohn Gottes im Schoß des Vaters. Wenn es um den Sohn geht, geht es auch um den Vater. Die Beziehung zwischen dem ewigen Sohn und dem ewigen Vater. Der Name Jesus kommt hier am häufigsten vor. In Matthäus 171, Markus 96, Lukas 99 und Johannes 253 Mal. Und Jesus heißt auf Deutsch «Der Ewige ist Rettung».

Und hier wird der ewige Gott, der ewige Sohn vorgestellt. Ausdrücke wie «der eingeborene Sohn» kommen nur hier vor. Der Eingeborene heißt, der einzige in seiner Art. Das hat nichts damit zu tun, dass der ewige Sohn in der Ewigkeit geboren worden wäre, sondern er ist der Einzige in seiner Art. Und er wird auch nur hier «das Wort» genannt, ein Ersatzname für Jahwe, der Ewige. Es geht also um die Liebe Gottes in diesem Evangelium. Und diese Liebe hat der ewige Sohn von Ewigkeit her von dem ewigen Vater erlebt. Und nun ist er in die Welt gekommen, um uns diese Liebe zu erklären. Und um all die, die ihn aufnehmen würden, zu Kindern Gottes zu machen, damit sie die gleiche Liebe erleben. Und so sagt der Herr Jesus in diesem Evangelium, dass er die Seinen so liebt, wie der Vater ihn geliebt habe. Merken wie, was das für Dimensionen sind? Und Gott der Ewige ist das Leben. Von ihm kommt alles Leben und darum ist dieser Begriff in diesem Evangelium so wichtig, wo so oft über das ewige Leben gesprochen wird. Und diese Liebe, dieses Leben gehören zum Wesen Gottes genau so wie das Licht. Gott ist Licht. Und darum wird so oft über Licht und erleuchten gesprochen, oder über Wahrheit. Übrigens, das Wort Wahrheit, Griechisch aletheia, heißt wörtlich übersetzt unverborgen. Die Vorsilbe A ist ja die Verneinung, wie zum Beispiel in atonal oder asymmetrisch, und aletheia heißt somit «nicht verborgen». Das heißt, Wahrheit ist die Darstellung der Dinge, wie sie sind, nicht wie sie einem erscheinen. Wahrheit ist die objektive Darstellung der Dinge, so wie sie sind. Und der Herr Jesus ist in diese Welt gekommen, um uns zu zeigen, wer Gott ist, was der Mensch ist und so weiter.

Datum und Kanonizität. Der Schreiber Johannes war ein Apostel Jesu Christi, Matthäus 10, 2. Und darum musste dieses Evangelium aufgenommen werden als Gottes Wort. Johannes schrieb sein Evangelium, gemäß den außerbiblischen, frühchristlichen Quellen, um das Jahr 95 nach Christus. Also ganz spät, als vielleicht 95 Jahre alter Mann mit einem Rückblick von etwa 60 Jahren. Das gibt dem Evangelium so ein besonderes Gepräge. Die Grobstruktur. Wir haben zunächst a) eine Einführung, das ist der Prolog 1, 1-18. Dann b) die Offenbarung am Anfang seines Dienstes 1, 19-2, 12. Dann c) mit dem Thema, das Leben 2, 13-8, 1. Da geht es im Text ganz besonders immer wieder um das Leben, um diesen Begriff, der ja einer der Hauptbegriffe ist. In d) geht es um den Begriff, das Licht, 8, 2-12, 50. Da finden wir auch den Vers: Ich bin das Licht der Welt. Und dann d’), da kommt die Liebe in den Vordergrund, 13, 1-17, 26. Dieser Teil ist beherrscht durch den Begriff der Liebe. Der Herr Jesus im Obersaal mit den Jüngern, spricht so viel über seine Liebe, über die Liebe des Vaters. Dann kommt c’) der Tod, die Passion, 18, 1-19, 42. Der, der das Leben ist, ist als Mensch in den Tod gegangen. Das ist so krass. Dann kommt b’) die Offenbarung am Ende seines Dienstes, 20, 1-21, 23. Und es ist so auffällig, dass wir nur im Johannesevangelium so eine Beschreibung von dem Anfang seines Dienstes haben. Und dann diese ausführliche Beschreibung zum Schluss über das Ende seines Dienstes. Das ist typisch für das Johannesevangelium und wir merken nun, wie b sich mit b’ spiegelt. Und dann haben wir am Schluss a’) einen Anhang, 21, 24-25. Und so sehen wir, wie das Evangelium in so einer Spiegelstruktur geschrieben worden ist, so dass die Einführung sich mit dem Anhang spiegelt, die Offenbarung am Anfang seines Dienstes mit der Offenbarung am Ende seines Dienstes, der Teil c, das Leben, mit Teil c’, der Tod und das Licht spiegelt sich mit der Liebe. Gott ist Licht und Gott ist Liebe. Das sind Wesensmerkmale Gottes.

Nun gehen wir weiter zur Apostelgeschichte. Die beginnt in Kapitel 1 mit den Worten: „Den ersten Bericht habe ich verfasst, o Theophilus, von allem, was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren, bis zu dem Tage, an welchem er aufgenommen wurde.“ Das ist das Lukasevangelium, das ja auch an Theophilius gerichtet ist. Er beschreibt also, was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren und geht weiter bis zur Himmelfahrt. Und nun kommt hier in der Apostelgeschichte die Fortsetzung. Die Apostelgeschichte ist also zusammen mit dem Lukasevangelium ein Doppelwerk. Autor ist wieder der Arzt Lukas, der aber auch Historiker war, wie wir wissen. Er ist der einzige Bibelautor von dem wir wissen, dass er kein Israelit war und er hatte ein ganz besonderes Interesse an der Gnade, die die Grenzen Israels sprengt. Das haben wir schon in seinem Evangelium gefunden. Und nun schreibt er ein Buch über die Weltmission, und zwar über die ersten drei Jahrzehnte des Christentums, der christlichen Mission. Er war ein Mitarbeiter des Apostel Paulus und das merken wir in der Apostelgeschichte an den Wir-Berichten. Man liest also die Apostelgeschichte und kommt dann nach Kapitel 16, Vers 10 und plötzlich ändert sich das sie, sie, sie auf wir. Und das bedeutet, jetzt ist Lukas mit dabei in dem Missionsteam des Apostels Paulus. Aber er sagt nicht: Theophilus, stell dir vor, und dann ging ich mit Paulus auf die Weltmissionsreise. Das macht er nur, indem er von dem Sie auf das Wir wechselt. Das zeigt seine Bescheidenheit. Und dann haben wir 20, 6-28, 31 wieder einen Wir-Bericht, wo also Lukas wieder mit dabei war.

Abfassungszeit. Die Apostelgeschichte endet mit der zweijährigen Gefangenschaft des Apostel Paulus in Rom um 62 nach Christus. Sie berichtet nichts mehr über den Ausgang des Prozesses vor Kaiser Nero. Das habe ich ja schon letztes Mal erklärt. In den Kapiteln davor beruft Paulus sich auf den Kaiser. Man liest zum ersten Mal das Buch durch und fragt sich: Was geschieht nun? Jetzt geht er nach Rom, um vor den Kaiser gestellt zu werden. Was wird der dazu sagen? Wie geht das aus? Er ist zwei volle Jahre gefangen in Rom und dann hört die Apostelgeschichte auf. Die Pointe wird nicht berichtet. Das macht deutlich, dass das Buch geschrieben wurde, als der Prozess noch nicht abgeschlossen war. Und somit wurde das Lukasevangelium vor 62 nach Christus geschrieben. Möglicherweise in der Zeit, als Paulus so lange gefangen war in Cäsarea unter Felix und Porcius Festus. Was machte der Freund Lukas, der mit ihm da war? Er konnte da große Forschungsreisen unternehmen und die Augenzeugen befragen und das Material zusammenfügen für das Lukasevangelium. Das macht Sinn.

Charakteristische Ausdrücke und Besonderheiten. Im Gegensatz zu Paulus, der in seinen Briefen immer Provinznamen gebraucht, werden in der Apostelgeschichte vor allem die Gebietsnamen als geographische Bezeichnungen verwendet. Es ist nützlich zur Kenntnis zu nehmen, dass Paulus und Lukas unterschiedliche Namen gebraucht haben. Den offenen Schluss habe ich schon angesprochen. Es zeigt, dass, obwohl das Buch der Apostelgeschichte fertig ist, die Weltmission nicht zu Ende ist. Der offene Schluss soll also literarisch zeigen, dass die Geschichte weiter geht. Wir können sagen, wir stehen heute immer noch in denselben Spuren der ersten Zeugen des Heilandes der Welt. Jetzt zur Struktur des Buches. Eine Grobstruktur ergibt sich durch zwei Personen, Petrus und Paulus. In den Kapiteln 1-12 steht der Dienst des Petrus im Zentrum und in den Kapiteln 13-28 der Dienst des Paulus mit den vier Missionsreisen. Nun nach Galater 2, 7-10 war Petrus als Führer der Zwölf ein Apostel der Beschneidung, das heißt für die Juden. Aber dort wird erklärt, dass Paulus im Gegensatz zu den Zwölfen Apostel der Vorhaut, das heißt für die Nichtjuden. Und so können wir das Buch also teilen. In den Kapiteln 1-12 geht es also um den apostolischen Missionsdienst im Blick auf Israel und in den Kapiteln 13-28 im Blick auf die Völker.

Aber es gibt auch eine Einteilung gemäß dem Missionsbefehl im Schlüsselvers 1, 8: „Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist; und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.“ Also ein Vierpunkte-Programm: Jerusalem – Judäa – Samaria – bis an das Ende der Erde. Nun in Kapitel 1, 1-26 haben wir den Missionsbefehl. Dann kommen Kapitel 2, 1-7, 60: Das Evangelium wird verkündigt in Jerusalem. In Apostelgeschichte 8, 1-4 kommt das Evangelium wegen der Christenverfolgung nach Judäa. Und gleich darauf, Kapitel 8, Verse 5-25, geht Philippus nach Samaria, das heißt, das Evangelium kommt nach Samaria. In den Kapiteln 8, 26-28, 31 ist das Evangelium auf dem Weg bis an das Ende der Erde und es wird geführt bis nach Rom. Nun ist noch Folgendes zu sagen. Wir haben gerade in diesem vierten Teil drei Bekehrungsgeschichten. Die Bekehrung von drei Noahsöhnen. In 8, 26-40 ein Sohn Hams, der Kämmerer aus dem Sudan, Äthiopien, wo er her war, war der Sudan. Apostelgeschichte 9, 1-30 beschreibt die Bekehrung eines Sohnes Sems, der Saulus von Tarsus, als Jude. Und dann kommt in Apostelgeschichte 10, 1-11, 18 die Bekehrung eines Sohnes Japhets, der Hauptmann Kornelius. So wird also mit diesen drei Biographien gezeigt, wie die Gnade alle Grenzen Israels sprengt und nun hingeht zu allen Noahsöhnen.

In Kapitel 11, 19-30 haben wir die Entstehung der Gemeinde unter den Nationen in Antiochien. Dort finden wir bekehrte Heiden. Das ist die erste Gemeinde, die beschrieben wird als nichtjüdische Gemeinde. Und sie wird zum Ausgangspunkt für die paulinische Heidenmission. Sehen wir die Verschiebung? Jerusalem, das Zentrum im Alten Testament, und jetzt wird Antiochien. Wenn ich fragen würde: Wo war das Antiochien?, dann würde es wahrscheinlich einige geben, die das nicht wüssten. Das liegt in der heutigen Südtürkei. Das hat sich übrigens Atatürk im letzten Moment noch von Syrien geholt. Und deshalb ist es türkisch, sonst wäre es syrisch. Also eigentlich etwas ganz Unbedeutendes. Bei Jerusalem wüsste wohl jeder wo das liegt. Nämlich dort auf der Weltkarte, wo nicht mal genügend Platz ist um den Namen dort drauf zu schreiben, sondern das muss man immer ins Mittelmeer hinein schreiben. Also Jerusalem ist klar, aber jetzt wird eine unbedeutende Stadt zum Ausgangspunkt für die Weltmission. Also Jerusalem verliert die ursprüngliche Bedeutung in Verbindung mit der Gemeinde. Apostelgeschichte 12, 1-23 die Befreiung des Apostel Petrus aus dem Gefängnis. Und dann folgt in Apostelgeschichte 12, 24-15, 34 die erste Missionsreise des Paulus. Darauf bis 18, 22 die zweite Missionsreise des Paulus und darauf bis 21, 26 die dritte Missionsreise und dann bis zum Schluss die Romreise, das heißt die vierte Missionsreise des Apostel Paulus.

Es gibt auch noch eine wunderbare Einteilung von David Gooding, nachzulesen in dem Buch: True to the Faith, A fresh approach to the Acts of the Apostles. Und zwar teilt er die Apostelgeschichte nach dem Refrain ein. Die Apostelgeschichte hat einen Refrain. Wenn man die Apostelgeschichte so liest und zu diesem Refrain kommt und nicht realisiert, dass das ein Refrain ist, dann fragen die Leser: Warum kommt das jetzt plötzlich, diese Merkung hier? Manchmal sieht man den Zusammenhang noch mehr, manchmal aber auch nicht. Woher kommt das? Das sind Markierungen. Durch den Heiligen Geist wird hier markiert, jetzt ist ein Teil zum Schluss gekommen und jetzt kommt ein neuer Teil. Und zwar geht es in diesem Refrain in Variationen immer um das Wachstum, es ist ja ein Missionsbuch, um die Ausbreitung des Evangeliums.

Apostelgeschichte 6, 7: Und das Wort Gottes wuchs, und die Zahl der Jünger in Jerusalem vermehrte sich sehr und eine große Menge der Priester wurde dem Glauben gehorsam.

Apostelgeschichte 9, 31: So hatten denn die Versammlungen durch ganz Judäa und Galiläa und Samaria hin Frieden und wurden erbaut und wandelten in der Furcht des Herrn und wurden vermehrt durch den Trost des Heiligen Geistes.

Apostelgeschichte 12, 24: Das Wort Gottes aber wuchs und mehrte sich.

Apostelgeschichte 16, 5: Die Versammlungen nun wurden im Glauben befestigt und vermehrten sich täglich an Zahl.

Apostelgeschichte 19, 20: Also wuchs das Wort des Herrn mit Macht und nahm überhand.

Apostelgeschichte 28, 30-31: Er aber blieb zwei ganze Jahre in seinem eigenen gemieteten Hause und nahm alle auf, die zu ihm kamen, indem er das Reich Gottes predigte und die Dinge, welche den Herrn Jesus Christus betreffen, mit aller Freimütigkeit ungehindert lehrte.

Nun, Gooding teilt die Apostelgeschichte ein nach diesem Refrain. Das ergibt sechs Teile. Und er stellt fest, dass jeder Teil ein ganz bestimmtes Thema hat. Zum Beispiel hat der erste Teil das Thema: Das Christentum und die jüdische Hoffnung auf das Reich des Messias. Der zweite Teil: Anbetung und Zeugnis im Christentum. Und so weiter und so fort. Man muss sowieso das Buch lesen, damit man es verstehen kann. Aber ich möchte zeigen, warum es sich lohnt, diese Einteilung zu machen. Jeder dieser sechs Teile wird von Gooding nun nach einzelnen sinngemäßen Abschnitten aufgeteilt. Und dann gibt es jedes Mal eine Zweiteilung. Und wenn er diese einander gegenüber stellt, stellt er fest, dass sie sich immer gegenseitig spiegeln, und das sechs Mal. Das funktioniert und geht immer auf. Es gibt immer eine totale Spiegelung inhaltlich, so dass dann eben der Abschnitt, der dann in einem anderen gespiegelt wird, den anderen durch seine Spiegelung erklärt. Das ist ganz toll. Übrigens gibt es das Gleiche zum Lukasevangelium von Gooding. Das Buch heißt einfach: The Gospel of Luke. Dort macht er diese Zweiteilung, wie ich das gesagt habe: Das Kommen Jesu Christi und das Weggehen Jesu Christi. Und jeder dieser zwei Teile besteht wiederum aus fünf Teilen. Und jeder Teil spiegelt sich, hat eine Spiegelachse und spiegelt sich. So konsequent. Also es macht richtig Freude, es ist kein trockenes Buch. Es heißt ja: A fresh approach, also ein erfrischender Zugang zur Apostelgeschichte.

Ich habe hier noch eine Zusammenstellung gemacht über die Chronologie.

-       Himmelfahrt und Pfingsten: 32 nach Christus

-       Steinigung des Stephanus: ca. 33 nach Christus

-       Bekehrung des Saulus: ca. 33 nach Christus

-       Jerusalem-Besuch von Paulus, drei Jahre nach seiner Bekehrung: 36 nach Christus

-       Paulus ein Jahr in Antiochia: 49 nach Christus

-       Jerusalem-Besuch, vierzehn Jahre nach dem ersten Besuch: 49 nach Christus

-       1. Missionsreise: 50 nach Christus

-       2. Missionsreise: 50-52 nach Christus

-       3. Missionsreise: 52-59 nach Christus

-       4. Missionsreise, Romreise: 59-62 nach Christus

Übrigens zwei volle Jahre war er da gefangen in Rom. Und dieser Ausdruck «volle Jahre», war ein juristischer Ausdruck damals, zwei volle Jahre, weil nach Ablauf von zwei vollen Jahren wurde ein Angeklagter freigelassen, wenn die Ankläger vor Gericht nicht erschienen. Wir kommen noch darauf, dass Paulus tatsächlich dann freigekommen ist. Also die zwei vollen Jahre deuten schon die Befreiung an, obwohl sie bei der Abfassung der Apostelgeschichte noch nicht stattgefunden hat.

 

Ja, jetzt gehen wir zu den Paulusbriefen in Verbindung mit der Apostelgeschichte. Und das macht die Briefe so lebendig und so echt aus dem Leben gegriffen. Wir haben die erste Missionsreise des Paulus und da entstand der Galaterbrief. Der Galaterbrief richtet sich ja an die Gemeinden in Galatien. Und da stellt sich schon eine große Frage: Ja welche Gemeinden sind da im Visier, die süd- oder die nordgalatischen Gemeinden? Das wird ja so diskutiert. Ja, die südgalatischen Gemeinden, das wäre die Gegend von Ikonium, Lystra und Derbe, die ersten Versammlungen auf der ersten Missionsreise in Apostelgeschichte 14. Und durch Nordgalatien ging Paulus erst viel später, Kapitel 16, und da wird auch nichts Besonderes erzählt. Ja, warum schreibe ich, dass der Galaterbrief so alt ist, also um 49 nach Christus geschrieben wurde, am Ende von Apostelgeschichte 14 und vor dem Apostelkonzil in Apostelgeschichte 15? Das ist ganz einfach. In Apostelgeschichte 15 ging es um die gleiche Frage wie im Galaterbrief: Müssen nichtjüdische Menschen, die zum Glauben an den Messias Jesus kommen, sich beschneiden lassen, um damit quasi Juden zu werden, um gerettet zu werden? Die Galater wurden nämlich von Irrlehrern besucht, die gesagt haben: Das ist ja alles toll, was der Paulus mit euch gemacht hat, aber es fehlt noch etwas, ihr müsst euch auch beschneiden lassen und die jüdischen Feste feiern. Und dann schreibt Paulus den Galaterbrief, so hart wie keiner. Er macht sogar den Vorschlag, dass die Irrlehrer sich kastrieren lassen, wenn sie so auf Beschneidung aus sind. Ich wollte, dass sie sich abschnitten, sagt Paulus, die euch aufwiegeln. Das ist hart wie man sich nicht vorstellen kann, aber das zeigt auch den Ernst. Man darf Christen, die keinen jüdischen Hintergrund haben, auf keinen Fall ins Judentum hineinführen, weil das Christentum weder jüdisch noch heidnisch, sondern etwas völlig Neues ist. Das kommt aus der Ewigkeit. Gott hat das verborgen und erst jetzt mit dem Kommen Jesu Christi und dem Heiligen Geist geoffenbart. Und darum kämpft der Galaterbrief so klar. Aber der Galaterbrief bringt nicht das Argument: die Apostel haben doch die Frage geklärt in Apostelgeschichte 15, was wollen wir noch über diese Frage diskutieren? Also wäre der Galaterbrief nach Apostelgeschichte 15 geschrieben worden, dann würde er natürlich dieses Konzil als das Zeugnis anführen. Aber das konnte er noch nicht, weil es eben noch grad davor war. Darum ist die nordgalatische Theorie unglaubhaft.

Die Grobstruktur.

-       1. Biographischer Teil. Da beschreibt Paulus seine Autorität als Apostel, Galater 1-2.

-       2. Der lehrhafte Teil. Es geht um Rechtfertigung aus Glauben allein, Galater 3-4.

-       3. Der praktische Teil. Das Thema: Wandel im Geist, Galater 5-6.

Also es ist der älteste Paulusbrief. So muss man den Galaterbrief sehen.

 

Jetzt gehen wir schon auf die zweite Missionsreise. Paulus kam ja nach Europa, Apostelgeschichte 16. Er kam nach Europa, nach Philippi und dann ging er weiter nach Thessalonich und da entstand die Gemeinde in Thessalonich, beschrieben in Apostelgeschichte 17, 1ff. Da können wir also sehen, das war um 50 nach Christus. Paulus ging dann weiter nach Korinth, Apostelgeschichte 18. Und von dort aus hat er diesen ersten Brief geschrieben, von Korinth aus. Das können wir also durch Vergleich des Thessalonicherbriefes mit dem Text der Apostelgeschichte 17-18 ganz klar etablieren. Und darum wissen wir also, dass er um 50 nach Christus geschrieben wurde. Paulus hat also dort in Thessalonich gepredigt, die sind zum Glauben gekommen und dann gab es eine furchtbare Verfolgung und Paulus musste weg. Er hatte so eine innerliche Unruhe, was jetzt geschieht, da es diesen Jungbekehrten schlechter ging als vorher. Werden die den Glauben aufgeben? Ja, wenn wir den Leuten erzählen, wenn du dich bekehrst, dann geht es dir nachher besser, aber es geht ihnen nachher schlechter, das ist dann keine gute Voraussetzung. Das sollten wir nie so predigen. Es geht ja auch gar nicht darum, ob es einem dann besser geht, sondern darum, dass man nicht mehr in die Hölle kommt, sondern stattdessen in die himmlische Herrlichkeit zu Jesus Christus.

Also, Paulus hatte Angst und so hat er Timotheus geschickt, um das abzuklären. Und Timotheus kommt zurück und berichtet: Die sind standhaft, die machen Fortschritte im Glauben. Und so schreibt er den 1. Thessalonicherbrief und sagt: Wir danken für euch, für eurer Wachstum im Glauben und wir hören, wie das Wort Gottes von euch ausgeht. Ihr seid ein Vorbild geworden für alle in den griechischen Provinzen Achaja und Mazedonien und von euch aus ist das Wort des Herrn an jedem Ort erschollen, so dass wir nicht nötig haben, irgendetwas zu sagen. Ja, wie geht das? Ja, wir nehmen den Text doch ernst, oder? Ja, wie soll das gegangen sein, an jedem Ort erschollen? Nun, Thessalonich liegt am Mittelmeer. Die Gemeinde war ganz nah am Hafen und sie haben sich gefragt: Wie können wir von hier aus wirksam missionieren? Da kommen doch Leute aus der ganzen Welt. Das war einer der größten internationalen Schiffshäfen. Da haben sie Schiffmannsmissionen gemacht. Und die Bekehrten sind dann in die ganze Welt ausgegangen. Und noch was Tolles, die wohnten an der Via Ignatia, das war ja quasi die römische Autobahn von Europa zum Orient. Das war also die wichtigste Handelsstraße von West nach Ost. Die haben sich nur mit den Händlern einlassen müssen und so konnte das Evangelium wirkungsvoll in die ganze Welt ausgehen. Also wir sehen, echter frischer Glaube hat wirklich Phantasie, wo man sich fragt: Wie und wo könnten wir evangelisieren, was könnten wir bei uns gut einsetzen und ausnützen? Das ist doch schön, oder?

Die Grobstruktur. Die vorbildliche Gemeinde, Kapitel 1. Der vorbildliche Dienst des Apostel Paulus, Kapitel 2. Leben in der Heiligung, Kapitel 3-4, 12. Die Entrückung und der Tag des Herrn, Kapitel 4, 13 bis zum Schluss. Da wird also schön unterschieden zwischen der Entrückung, dem Kommen des Herrn für die Gemeinde, und dem Tag des Herrn, das Kommen des Herrn mit der Gemeinde. Das gehört also zum Grundkurs. Viele meinen, das kommt dann ganz zum Schluss oder gar nie, aber das gehört zum Grundkurs.

 

2. Thessalonicherbrief. Dieser wurde etwas später geschrieben, wieder an die Thessalonicher, ca 50-51 nach Christus, aus Korinth. Nun hatte sich ein neues Problem ergeben. Da sind Leute zu Besuch gekommen und die haben gesagt: Euch geht es ja megaschlecht und wisst ihr warum? Ihr seid bereits in der großen Drangsalzeit. Das ist der Tag des Herrn, der Tag des Gerichts. Die haben ihnen den prophetischen Fahrplan so gründlich durcheinander gebracht, wie das viele auch heute noch machen. Aber mit welchen Methoden?! Paulus schreibt in Kapitel 2: Ich bitte euch Brüder, im Blick auf unser Versammeltwerden zu dem Herrn Jesus hin, dass ihr nicht schnell erschüttert werdet in der Gesinnung, weder durch Wort, noch durch Geist, noch durch Brief als durch uns, als ob der Tag des Gerichts bereits da sei. Die haben also gefälschte Briefe bekommen unter dem Namen von Paulus. Briefe als durch uns. Und natürlich auch Offenbarungen, durch Geist. So spricht der Herr, und dann kommt die Botschaft des Trostes in der Drangsalzeit. Das war also eine harte Sache, nicht nur Verfolgung, sondern jetzt auch solch massive Verführungen. Die waren ja jung im Glauben. Und da wird ihnen das erklärt. Und wisst ihr, wie die merken konnten, dass der 2. Thessalonicherbrief echt ist und nicht dieser eine Fälschung? Ja, schauen wir mal, 2. Thessalonicher 3, 17: „Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand, welches das Zeichen in jedem Briefe ist; so schreibe ich.“ Der Gruß mit meiner, des Paulus Hand. Der hat nicht die Hand ausgestreckt bis nach Thessalonich, oder? Sondern er hat diesen Schluss nicht diktiert, sondern eigenhändig geschrieben. Und der eigenhändige Schluss war immer das Zeichen für die Echtheit. So schreibe ich. Thessalonicher: Aha, jetzt vergleichen wir das mal mit den anderen Briefen und mit dem 1. Thessalonicherbrief, den wir ja schon vorher hatten. Wow, da ist überall ein anderer Schriftzug. Also 1. Thessalonicher echt, 2. Thessalonicher echt und das andere schmeißen wir raus. So ging das mit dem Kanon.

 

Nun gehen wir weiter zur dritten Missionsreise. Da entstand ja die Korinthergemeinde in Apostelgeschichte 18, von wo aus die Thessalonicherbriefe geschrieben wurden. Zeit und Ort der Abfassung des 1. Korintherbriefes, 54 nach Christus und zwar aus Ephesus, wie man dem letzten Kapitel entnehmen kann. Paulus war in Apostelgeschichte 19 in Ephesus und von dort aus hat er den ersten Korintherbrief geschrieben. Die Grobstruktur ist ganz einfach.

-       1. Einheit der Gemeinde kontra Spaltungen, Kapitel 1-4. Es gab da so verschiedene Gruppen in der Gemeinde. Das ist sehr gefährlich, man kann da so Interessensgruppen bilden in der Gemeinde und dann können die beginnen, so dynamisch gegeneinander zu agieren. Und am Schluss fällt dann die ganze Gemeinde auseinander.

-       2. Ordnung der Gemeinde kontra Chaos. Da gab es schwerwiegende Sünde in der Gemeinde, die nicht gerichtet wurde. Und daran geht eine Gemeinde zugrunde. Da wird also hier in der Unordnung, im Chaos, Ordnung gewirkt. Das geht bis Kapitel 11.

-       3. Geistliche Gaben kontra Missbrauch, Kapitel 12-14.

-       4. Die Lehre von der Auferstehung kontra Irrlehre. Es waren tatsächlich solche dort, die sagte, es gibt keine Auferstehung.

-       5. Dienst für den Herrn. Am Ende von Kapitel 15 wird nämlich aufgerufen zur Hingabe im Dienst und das finden wir noch weiter in Kapitel 16.

 

Der 2. Korintherbrief wurde auch an die Gemeinde in Korinth adressiert, aber abgefasst um 56 nach Christus und geschrieben in Mazedonien. Das entnehmen wir dem Brief selbst, in Kapitel 2, 12ff und 7, 5ff. Und wann war Paulus in Mazedonien? Ja, gehen wir weiter zu Apostelgeschichte 20, 1. Dort geht er nach Mazedonien. Und so kam von dort her der 2. Korintherbrief. Die Grobstruktur.

-       1. Der herrliche Dienst des Apostel Paulus, Kapitel 1-7

-       2. Geben nach Gottes Gedanken, Kapitel 8-9. Da haben wir ganz grundsätzliche Belehrungen über das Geben von Spenden für Mission und Gemeinde.

-       3. Verteidigung des paulinischen Apostelamtes, Kapitel 10-13. Es gab immer noch solche in Korinth, die Paulus in Frage stellten als Apostel.

 

Der Römerbrief. Er wurde geschrieben an die Gemeinde in Rom. Und zwar wurde er geschrieben um 57 nach Christus aus Korinth. Sehen wir, jetzt müssen wir wieder zurück drehen. Das sieht man in Römer 16, 1. Da wird eine Schwester aus Kenchreä für die Gemeinde in Rom empfohlen, dass man sie aufnehmen soll. Kenchreä lag wenige Kilometer östlich von Korinth und darum konnte Paulus also die Schwester aus der Nachbargemeinde empfehlen, wenn sie nach ging, wo niemand sie kannte. Dann wird Gajus erwähnt in Römer 16, 23. Der kommt auch im Korintherbrief vor. Das sind so Hinweise darauf, woher der Römerbrief kam. Also von Griechenland nach Italien. Die Grobstruktur habe ich letztes Mal schon erklärt. Das lassen wir darum und gehen jetzt weiter. Da sind wir schon bei der ersten Gefangenschaft in Rom. Und diese Zeit war für das Briefeschreiben sehr fruchtbar. Das ist tragisch, als Weltmissionar und dann noch als der Apostel für die Heiden, und er ist gebunden. Aber er hat Briefe geschrieben.

 

Der Epheserbrief ist an die Gemeinde in Ephesus. Die Gemeinde gibt es schon in Apostelgeschichte 19. Geschrieben wurde der Brief um 62 nach Christus, nämlich am Ende der Gefangenschaft. Es geht da um die erste Gefangenschaft in Rom. Paulus schreibt (Epheser 3, 1 und 4, 1 und 6, 20), dass er ein Gefangener ist. Der Übermittler war Tychikus. (Der übrigens auch erwähnt wird als Übermittler des Kolosserbriefes. Das wird noch wichtig für den Kolosserbrief.) Die Grobstruktur.

-       1. Die Ehre der himmlischen Stellung der Gemeinde, 1-3

-       2. Praktische Konsequenzen daraus, 4-6

Also Menschen, die die himmlische Stellung der Gemeinde kennen und sich darüber freuen, sind nicht so mystische Leute, die da irgendwo herumfliegen und nichts im Sinn haben mit Familienleben und Arbeit, sondern es sind ganz normale Leute, die lernen sich in den Schwierigkeiten, auch in denen der menschlichen Beziehungen, zurecht zu finden.

 

Philipperbrief. Die Adressaten sind die Gläubigen der Gemeinde in Philippi, die ja in Apostelgeschichte 16 als erste europäische, durch Paulus gegründete Gemeinde entstanden war. Zeit und Ort der Abfassung: 62 nach Christus während der ersten Gefangenschaft in Rom. Und die Grobstruktur habe ich eigentlich letztes Mal auch schon erklärt. Übrigens, in Apostelgeschichte 16 haben wir ja zum ersten Mal einen Wir- Bericht von Lukas. Er ist also mit dabei. Er erlebt die ganze Geschichte mit Philippi und dem Erdbeben und Lydia und so weiter. Und dann heißt es in Kapitel 17 plötzlich: sie, sie, sie. Apostelgeschichte 17, 1: „Nachdem sie aber durch Amphipolis und Apollonia gereist waren, kamen sie nach Thessalonich, wo die Synagoge der Juden war.“ Was heißt das? Lukas blieb in Philippi. Aber er schreibt nicht: Theophilus, weißt du, Paulus ist weiter gegangen, aber ich blieb in Philippi. Und was habe ich da gemacht? Gemeindeaufbau! Nein, das schreibt er nicht. Das hat er wohl gemacht, aber er hat nicht mit glühenden Augen davon erzählt. Das hat er gemacht, aber wie kam er wohl auf die Idee, dass Gott ihn da haben will? Philippi war ja eine römische Stadt, wo man besonders Veteranen aus der Legion angesiedelt hat und das war sogar von Steuern befreit. Toll, nicht wahr? Das waren Leute, die hatten es ein bisschen besser, als andere. Und bei denen ist manchmal noch gut, wenn ein Arzt sich um sie bemüht, der ihnen zeigt, dass man intellektuell sein kann, aber trotzdem die Nase nicht unbedingt nach oben haben muss. Er war einfach der richtige Mann für diese schwierigen Leute, die meinten, sie seien ein bisschen mehr. Und so hat er in Philippi Aufbauarbeit gemacht. Und Paulus hat den Philipperbrief geschrieben und hat gesagt: Unser Bürgerrecht ist in den Himmeln, woher wir unseren Herrn Jesus Christus erwarten. Ist ja schon toll, wenn man in einer Stadt ist, wo man keine Steuern bezahlt, aber vergesst nicht, liebe Philipper, unser Bürgertum ist im Himmel. Es ist so schön, wenn man diese Beziehungen herausarbeitet. Dann wird das lebendig und man kann viele Anwendungen machen für heute.

 

Der Kolosserbrief ging an die Gemeinde in Kolossä, auch wiederum 62 nach Christus, während der ersten Gefangenschaft in Rom. Wie gesagt, der Übermittler war Tychikus, also der Mann, der schon den Epheserbrief, und das muss man sich jetzt mal vorstellen, von Italien in die Türkei bringen musste, nach Ephesus. Und nicht so weit davon ist eben Kolossä, und so konnte er den Kolosserbrief auch gleich noch mitnehmen. Die Grobstruktur habe ich letztes Mal erklärt.

 

Wir gehen schon zum Philemonbrief. Die Adressaten sind Philemon und seine Frau Appia, sowie Archippus, der übrigens in Kolosser 4, 17 plötzlich erschreckt wird. Man muss sich die Situation einmal vorstellen. Der Kolosserbrief wird zum ersten Mal verlesen…

 - - (Ende abgeschnitten).