Von Ägypten zum Sinai - Teil 2/2

Roger Liebi

Audioabschrift – Bibelstudientage Herznach 2000

2. Mose 18, 13-40

 

So, ich hoffe wir sind alle erfrischt, nach diesem Ausblick, den uns Mose, Israel, Jethro und Zippora gegeben haben. Nun, Jethro schaute zu, wie Mose das Volk führte und er kam zu der Überzeugung, das ist eine Überforderung auf lange Sicht. Mose du arbeitest zu viel. Er musste nämlich alle Rechtsfragen lösen und Jethro macht ihm den Vorschlag: Setze doch Leute zu Richtern ein, über Tausend, über Hundert und über Zehn. Und die sollen dir die Hauptlast abnehmen, so dass dann nur die ganz schwierigen Rechtsentscheidungen vor dich gebracht würden. Und das hat dann Mose tatsächlich so geregelt. Ich lese 2. Mose 18, 21: «Sieh dich aber unter dem ganzen Volk nach tüchtigen Männern um, die Gott fürchten, Männer der Wahrheit, die dem ungerechten Gewinn feind sind; die setze über sie als Oberste über tausend, über hundert, über fünfzig und über zehn, damit sie dem Volk allezeit Recht sprechen! Alle wichtigen Sachen aber sollen sie vor dich bringen, und alle geringen Sachen sollen sie selbst richten; so wird es dir leichter werden, wenn sie die Bürde mit dir tragen.» Also das ist auch wieder eine ganz entscheidende Situation. Israel wusste, was es heißt, eine brutale Führerschaft über sich zu haben. Das haben sie mit dem Pharao und seinen Fronvögten brutal erlebt. Nun wurden sie aber befreit aus dieser Unterdrückung, aus dieser Sklaverei. Aber hier lernen wir, dass die Befreiung aus brutaler Herrschaft nicht eine Hinführung ist in die Orientierungslosigkeit, sondern sie sollten auch weiterhin Führerschaft haben. Aber eine ganz andere Führerschaft. Es müssen gottesfürchtige Leute sein. Es müssen Leute sein, die die Wahrheit lieben, Männer der Wahrheit. Und es sind Leute, die ungerechten Gewinn hassen sollen, also mit Geldliebe nichts zu tun haben wollen. Nun, so ist es auch im Neuen Testament. Die Gemeinde ist nicht einfach Führerlos. Natürlich das Haupt der Gemeinde ist Christus, und nicht der Papst; das ist klar. Ja das ist katholische Lehre, der Papst ist Haupt der Kirche. Aber Kolosser 1 sagt, dass Christus das Haupt der Kirche ist. Aber es braucht ja noch Führerschaft in einer örtlichen Gemeinde. Und das wird z. B. in 1. Timotheus 3 beschrieben. Dort wird erklärt wie ein Führer in einer örtlichen Gemeinde sein soll, ein Aufseher wird er dort genannt.

Übrigens das Wort für Aufseher in 1. Timotheus 3, 2 ist das Wort episkopos. Was nützt das, wenn wir das Wort so kennen? Das nützt schon etwas. Von diesem Wort leitet sich unser Wort Bischof her. Dort wird also der Bischof beschrieben. Nebenbei ist es noch interessant zu sehen, dass das Wort Bischof, Aufseher, in Apostelgeschichte 20 verwendet wird für die Ältesten der Gemeinde. In Apostelgeschichte 20 hat ja Paulus die Ältesten der Gemeinde von Milet zu sich berufen und hat ihnen eine Abschiedsrede gehalten. Und er sagt dann zu ihnen in Vers 28, dass der Heilige Geist sie als Aufseher gesetzt hat, die Herde Gottes zu hüten. Daraus entnehmen wir, dass ein Ältester das Gleiche ist wie ein Bischof. Bischof heißt ja eben Aufseher, und das ist jemand, der den Überblick hat und sieht wo es Probleme gibt, wo man helfen muss, wo man unterstützen muss und so weiter. Aber Älteste und Bischöfe sind im Neuen Testament dieselben Personen. Und nun wird der Bischof beschrieben in 1. Timotheus 3, wie die Führerschaft aussehen soll. 1. Timotheus 3, 1: «Glaubwürdig ist das Wort: Wer nach einem Aufseherdienst trachtet, der begehrt eine vortreffliche Tätigkeit. Nun muss aber ein Aufseher untadelig sein, Mann einer Frau, nüchtern, besonnen, anständig, gastfreundlich, fähig zu lehren; nicht der Trunkenheit ergeben, nicht gewalttätig, nicht nach schändlichem Gewinn strebend, sondern gütig, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig; einer, der seinem eigenen Haus gut vorsteht und die Kinder in Unterordnung hält mit aller Ehrbarkeit - wenn aber jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie wird er für die Gemeinde Gottes sorgen? -, kein Neubekehrter, damit er nicht aufgeblasen wird und in das Gericht des Teufels fällt.» Das ist also das Bischofsamt nach dem Neuen Testament. Wer kann das werden? Ja, Paulus sagt in Apostelgeschichte 20, 28 der Heilige Geist hat euch eingesetzt. Natürlich hat er als Apostel auch Älteste eingesetzt, Apostelgeschichte 14, 23. In einer Gemeinde nach der anderen hat er Älteste ausgewählt zusammen mit Barnabas. Interessant ist, dass nicht die Gemeinde die Ältesten gewählt hat, sondern ein Apostel. Und in Titus 1 haben wir die Parallelstelle hierzu; da wird auch beschrieben, wie die Ältesten sein sollen und da gibt Paulus Titus den Auftrag, in jeder Gemeinde auf Kreta Älteste anzustellen. Also wieder mit apostolischer Autorität kommt Titus und setzt ein. Nun, wir haben natürlich keine Apostel mehr und auch keine Abgesandte der Apostel, aber der Heilige Geist ist immer noch da und er beruft Menschen zu diesem Dienst.

Da kann natürlich einer kommen und sagen: Hört mal, ich habe einen Ruf vom Heiligen Geist und jetzt soll ich… . Dann können wir sagen: Ja gut, aber erfüllst du die Punkte von 1. Timotheus 3 und die von Titus 1? Und erst dann können wir jemanden als Ältesten anerkennen, wenn er wesentlich durch diese Dinge geprägt ist. Das heißt natürlich nicht, dass das unfehlbare Leute sind, die nie versagen können, natürlich können sie das. Aber es geht darum, was sie wesenhaft prägt, ob sie von diesen Punkten geprägt sind. Es ist übrigens auch gut, wenn sie nicht durch die Gemeinde gewählt werden. Und wenn sie sich so entwickeln, dass sie nicht mehr diese Punkte erfüllen, dann muss man sie im Prinzip auch nicht mehr abwählen, denn sie verlieren automatisch ihre moralische Autorität. Wir lesen nämlich in 1. Thessalonicher 5, 12: «Wir bitten euch aber Brüder, dass ihr die erkennet – oder man könnte auch übersetzen: anerkennet – die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen und dass ihr sie über die Massen in Liebe achtet um ihres Werkes willen.» Also erkennen, anerkennen, dass muss automatisch geschehen, wenn diese moralische Autorität haben. Aber wir sehen, Gott will keine Führerschaft, die von Härte gekennzeichnet ist oder die mit Geld Probleme hat usw. Also Gott will eine Führerschaft, die dem Volk Gottes Mut macht, die motiviert und keine, die unterdrückt und ihre eigenen Ziele verfolgt. Das hat Israel erlebt, anstatt diese brutale Führerschaft eine Gott gemäße Führerschaft. Und das ist ein Segen für das Volk. Noch einige Stellen hierzu aus Hebräer 13, wo es nicht nur gezwungermaßen um Älteste am Ort geht, sondern auch um Solche, die eine führende Rolle auch überörtlich hatten, einfach durch ihre moralische Autorität.

Hebräer 13, 7: «Gedenket eurer Führer, die euch das Wort Gottes verkündigt haben und den Ausgang ihres Wandels anschauend, ahmet ihren Glauben nach». Weiter Vers 17: «Gehorcht euren Führern und seid unterwürfig, denn sie wachen über eure Seelen, als die, die da Rechenschaft geben sollen, auf dass sie dies mit Freuden tun und nicht mit Seufzen, denn dies wäre euch nicht nützlich». Übrigens ist interessant, dieser Ausdruck im Griechischen für «sie wachen» bedeutet eigentlich «schlaflos sein». Ja, das sind Leute, die sich hingeben, die auch bereit sind, schlaflose Nächte zu haben. Gut, das kommt dann automatisch, aber wenn sie sich keine Mühe geben... . Vers 24: «Grüßet alle eure Führer und alle Heiligen.» Also was jedenfalls klar aus dem Neuen Testament hervorgeht ist, dass Gott eine geistliche Führerschaft will. Kirchengeschichtlich ist interessant, dass im zweiten Jahrhundert plötzlich der Bischof und der Älteste unterschieden wurden. Da hat man in Ortsgemeinden eine Ältestenschaft gehabt und darüber einen Bischof. Und dann hat sich das weiterentwickelt. Plötzlich wurde ein Bischof überörtlich über mehrere Gemeinden mit Autorität versehen. Und die Entwicklung ging weiter, so dass Bischöfe einer besonderen Stadt, wie Alexandria, Jerusalem, Byzanz und Rom, eine besondere Vormachtstellung auch über die überörtlichen Bischöfe bekamen. Und dann hat, 440 nach Christus, Leo der I als Bischof von Rom das Primat über alle Bischöfe beansprucht. Und damit war das Papsttum geboren. So ging das, ein wenig Abweichung und noch ein bisschen und immer weiter und am Ende hat man das Papsttum. Das war also ein schrittweises Abweichen, indem man die neutestamentliche Vorgabe, dass Älteste und Bischöfe eins und auf die Ortsgemeinde beschränkt sind, aufgegeben hat.

Also gut, das zur Führerschaft und ihre Bedeutung. Petrus sagt zur Führerschaft in 1. Petrus 5, 3: «…indem ihr Vorbilder der Herde seid.» Und wenn wir mal auf die Armeen der Welt schauen, gibt es einen Unterschied zwischen der israelischen Armee und den anderen Armeen. Offiziere in der Schweiz oder so sagen im Kriegsfall zu den Soldaten „Geht!“ Die israelischen Offiziere sagen: „Acharai! Mir nach!“ Und deshalb fallen bei den Israelis prozentual bedeutend mehr Offiziere im Krieg als in anderen Armeen. Die sind dermaßen motivierend; Offiziere gehen voran und reißen die ganze Truppe mit sich. Und jeder schämt sich, da nicht mitzugehen. Wenn man so militärgeschichtlich den Sechstagekrieg analysiert, was da mitgespielt hat zu diesem verblüffenden Sieg, den man so in der modernen Militärgeschichte noch nie gesehen hat, dann findet man unter anderem dieses Prinzip. Ein einzelner Gruppenführer geht voran und er hat viel Autonomie, diese Führer können in einem großen Rahmen selber entscheiden. Das war bei den Ägyptern nicht so. Als die im Sinai plötzlich eingekesselt waren, da wussten sie nicht mehr, was sie tun sollten, denn es gab ja keine Zentrale mehr, die ihnen sagte, was sie machen sollten. Die haben so ganze Divisionen lahmgelegt. Und wenn eine kleine israelische Gruppe abgeschnitten war, dann sagte der Offizier: „Acharai!“ Der entscheidet und handelt immer noch. Und diese örtliche Flexibilität ist ganz entscheidend; dass man keine Zentrale hat, die alles überörtlich kontrolliert, sondern dass örtlich eine Flexibilität da ist und eben auch ein Vorbild, das sagt: Mir nach! Wenn ein Ältester vorangeht mit Evangelisation, wenn ein Ältester vorangeht mit dem und dem und Dinge anreißt, das motiviert die anderen und nicht einfach nur sagt: Geht! Macht! Also das war ein kleines Plädoyer für biblische Führerschaft.

Jetzt kommen wir zu 2. Mose 19. Ein ganz neuer Einschnitt: «Im dritten Monat nach dem Auszug der Kinder Israel aus dem Land Ägypten, an diesem selbigen Tag kamen sie in die Wüste Sinai: Sie brachen auf von Rephidim und kamen in die Wüste Sinai und lagerten sich in der Wüste; und Israel lagerte sich daselbst dem Berg gegenüber. Und Mose stieg hinauf zu Gott; und der HERR rief ihm vom Berg aus zu und sprach: So sollst du zum Haus Jakob sprechen und den Kindern Israel kundtun: Ihr habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe, wie ich euch getragen auf Adlers Flügeln und euch zu mir gebracht habe. Und nun, wenn ihr fleißig auf meine Stimme hören und meinen Bund halten werdet, so sollt ihr mein Eigentum sein aus allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein; und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein. Das sind die Worte, die du zu den Kindern Israel reden sollst». Mose verkündigt das und das ganze Volk sagt voll Enthusiasmus, in Vers 8: «Da antwortete das ganze Volk insgesamt und sprach: Alles, was der HERR geredet hat, wollen wir tun!» Und dann kommt es soweit, dass der Berg Sinai beginnt zu rauchen und es ist eine schwere Wolke über dem Berg Sinai, ein Erdbeben und das ganze Volk hört ein Schofar (Widderhorn, Hallposaune), das immer lauter wird. Mose sagte, das wird uns unter anderem berichtet in Hebräer 12, 21: „Ich bin voll Furcht und Zittern.“ Und dann hören sie Gottes Stimme, die Verkündigung der Zehn Gebote. Das markiert die Einführung des Gesetzes.

Nun müssen wir dieses Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Erstens: Erlösung führt nicht zu schrankenloser Freiheit. Also Gott wollte diesem erlösten Volk Richtlinien geben. Als Gorbatschow nach seinen Erfahrungen mit Perestroika und Glasnost nach Israel kam, hat man ihm gesagt: Du hast etwas Ähnliches gemacht mit diesen Völkern wie Mose. Du hast ihnen Freiheit gegeben. Aber du hast unterlassen, das zu tun, was Mose gemacht hat: Er hat ihnen Gottes Gebote gegeben. Also wenn Völker Freiheit bekommen, dann werden sie zügellos, dann werden sie zu Mafiosi und korrupt und skrupellos, das kennen wir. Und wenn man nur mal eine Reise durch die ehemalige Sowjetunion macht, dann lernt man das hautnah kennen. Also gut, Gott will keine schrankenlose Freiheit, sondern Richtlinien. Das ist auch für die Erlösten heute gültig, Galater 5, 13. Das ist der Brief, der donnert gegen die Gesetzlichkeit. Und dort wird erklärt: «Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder; allein gebraucht nicht die Freiheit zu einem Anlass für das Fleisch, - Fleisch meint hier die bösartige, sündige Natur, die uns zum Bösen drängt – sondern durch die Liebe dienet einander». Also Freiheit ist keine Zügellosigkeit, sondern sich führen lassen durch Gottes moralische Richtlinien. Darum, Gott gibt seinem Volk Richtlinien, für Israel das Gesetz vom Sinai.

Nun ist wichtig, dass er das nicht der Gemeinde gegeben hat. Die Gemeinde ist nicht unter dem Gesetz vom Sinai gestellt. Aber wir haben ein anderes Gesetz und das wird ausgerechnet im Galaterbrief erwähnt. Die Galater wollten ja als Christen plötzlich damit beginnen, das Gesetz Mose einzuhalten und zwar konsequent, nicht nur neun Gebote, wie viele Christen, die dann das Sabbatgebot wieder ein bisschen uminterpretiert haben, denn schließlich sagt ja das Neue Testament nichts vom Sabbat, sondern vom ersten Tag der Woche, und so wird der Sabbat dann einfach schnell zum Sonntag umfunktioniert und dann von Beschneidung und so weiter will man ja gar nichts wissen. Aber die Galater haben sich ganz konsequent wieder unter das Gesetz gestellt und haben auch die Beschneidung begonnen und Paulus geht ganz massiv dagegen vor. Es ist einer der schärfsten Briefe im Neuen Testament und er sagt, dies ist ein anderes Evangelium. Christen dürfen nicht unter das Gesetz vom Sinai gestellt werden. Ihr beginnt solche jüdischen Feste zu feiern, sagt er, ich frage mich, ob meine Arbeit vergeblich war. Und ausgerechnet in diesem Brief sagt er dann, in Galater 6, 2: «Einer trage des anderen Lasten, und also erfüllt das Gesetz des Christus.» Was ist denn das Gesetz des Christus? Das ist nicht das Gesetz vom Sinai. Dieser Ausdruck ist bekannt aus der rabbinischen Literatur. Nur wer das unbedingt haben muss, im Midrasch Kohelet, also eine Auslegung zum Buch Prediger, in Kapitel 11 Vers 8 wird erklärt: Die Thorah, die wir in diesem Zeitalter lernen (also das Gesetz vom Sinai), kann nicht verglichen werden mit der Thorah, die der Messias bringen wird. Und da kommt also der Ausdruck vor «thoratho shel maschiach», das heißt, das Gesetz des Messias, des Christus. Das kennt man aus dem Judentum und man wusste, diese Thorah, die sie jetzt lernen, die wird einmal, wenn der Messias kommt, durch eine andere Thorah abgelöst werden, die aber auf einer viel höheren Ebene ist. Und nun, wo haben wir die Thorah des Christus? Im Neuen Testament! Und ganz besonders in den Briefen der Apostel und Propheten im Neuen Testament. Und ist die höher? Ja, natürlich!

Das Gesetz vom Sinai sagte: Du sollst nicht ehebrechen! Nun, das kann jemand tun und trotzdem eine katastrophale Ehe führen. Aber das Neue Testament sagt, dass ein Mann bereit sein soll für seine Frau zu sterben, genau so wie Christus für die Gemeinde gestorben ist, letzter Abschnitt in Epheser 5. Da wird es einem schwül, das ist ja eine ganz andere Ebene. Ja gut, ich möchte nicht unbedingt sterben für sie, sondern ich möchte lieber mit ihr zusammen leben, mit meiner Frau, aber ja, das ist doch ein ganz anderer Maßstab als einfach, du sollst nicht ehebrechen. Aber es heißt auch im Gesetz: Du sollst nicht stehlen! Im Epheserbrief heißt es: Wer gestohlen hat stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr mit seinen Händen, auf dass er dem Bedürftigen mitzuteilen habe. Also wir sollen nicht einfach nur den anderen nicht bestehlen, sondern wir sollen sogar noch arbeiten, damit wir dem anderen etwas schenken können, also denen, die etwas brauchen. Das ist doch eine ganz andere Ebene. Und so könnte man durchgehen, Punkt für Punkt. Und wir finden im Neuen Testament keine Gesetzlosigkeit, keine Schrankenlosigkeit, sondern einen Anspruch, der aber von einem ganz anderen Standpunkt ausgeht. Gott ging davon aus, dass die meisten hier aus Israel gar nicht bekehrt waren. Und es heißt ausdrücklich in 1. Korinther 10, die sind doch alle mit Mose ausgezogen, alle durchs Rote Meer, alle haben Wasser getrunken aus dem Felsen, alle haben Manna gegessen und so weiter und dann heißt es: Aber an den meisten von ihnen hatte Gott kein Wohlgefallen. Die meisten waren gar nicht bekehrt.

Israel ist gewissermaßen ein Projekt, das dem Projekt Staatskirche entspricht. Israelit wurde man durch Geburt. Da musste man nicht wiedergeboren werden. Also das Gesetz sagt: Du sollst nicht, du sollst, du sollst nicht. Und das weist ja schon darauf hin, dass die Leute gerade da ein Problem haben. Und so war das Gesetz im Wesentlichen eigentlich an nicht erneuerte Menschen gerichtet, damit sie sehen sollten, wie sie eigentlich sind: Ehebrecher, Diebe – und man kann heute ganz elegant stehlen, wenn man nur an das Urheberrecht denken für Software und dergleichen. Da kann man in Kürze tausende von Franken stehlen und das geht ganz elegant mit Kopieren, oder. Das ist leider so, dass die Softwaregesetze viel, viel strenger sind als die für Bücher. Bücher darf man zum Eigengebrauch kopieren, ganze Bücher. Man darf sie nur nicht verbreiten. Das darf man bei der Software nicht. Also heute kann man ganz elegant zum Dieb werden. Und das Gesetz sagt: Du sollst nicht stehlen, du sollst nicht …, um zu zeigen, wo das Problem ist des Herzens. Also das Gesetz vom Sinai sollte den Menschen einen Spiegel vorhalten. Und ich habe hier aufgeführt drei Punkte.

1. Das Gesetz sagt: Du bist sündig! Römer 3, 2: Durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.

2. Das Gesetz sagt: Du bist unfähig, aus eigener Kraft Gottes Anforderungen zu erfüllen! Römer 8, 3 sagt, dass das Gesetz geschwächt war durch das Fleisch, durch die sündige Natur des Menschen. Das Gesetz ist gut, aber die Menschen waren nicht zu gebrauchen. Es ist so wie wenn man zu Michelangelo gesagt hätte: Ich möchte eine ganz großartige Statue. Ja, kein Problem. Was soll es sein? Nun, David bekleidet mit Harfe. Gut, kann ich auch. Welches Material? Ja, hier habe ich einen Sandhaufen mitgebracht. Nein, das ist ein Material, das kann ich nicht gebrauchen, ich brauche Stein, ich brauche Granit. Und dann tue ich alles weg, was nicht zu David gehört und was übrigbleibt, das ist dann David. Also ein Künstler kann nichts anfangen, wenn das Material nichts taugt. Und so ist es auch mit dem Gesetz. Das Gesetz konnte mit dem Menschen nichts anfangen, weil der Mensch, das Material nichts taugte. Das war das Problem. Das Gesetz sollte aber zeigen, wir sind aus einem Material, das nichts taugt durch den Sündenfall.

3.: Das Gesetz erklärt dem Menschen: Du brauchst einen Erlöser! Galater 3, 24 erklärt: Das Gesetz war unser Pädagoge auf Christus hin. Im Grundtext steht nicht das Wort Zuchtmeister, wie oft in Übersetzungen zu lesen ist, das klingt recht brutal, sondern es steht paidagogos dort, der Pädagoge. Das war im Altertum oft ein Sklave, der die Kinder erziehen musste. Er musste sie zur Schule bringen, er musste ihnen interessante Dinge erklären, er musste eben für Dinge in der Freizeit sorgen, ganz positiv. Und so war das Gesetz gewissermaßen die Erziehung hin auf Christus, um dem Menschen zu zeigen: Du brauchst einen Erlöser, denn in all diesen Punkten hast du ja ein Problem und brauchst Vergebung. Also das ist die Funktion des Spiegels. Israel sollte 1500 Jahre getestet werden und dann sollten sie eigentlich merken, jetzt brauchen wir Christus und zwar einen Gekreuzigten, der durch sein Opfer unsere Schuld wegnimmt. Und nun sehen wir im Neuen Testament, der Herr Jesus kommt und die an ihn geglaubt haben, konnten von neuem geboren werden, Leben aus Gott bekommen. So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht Kinder Gottes zu werden. Und dann wird erklärt: die nicht aus dem Willen des Mannes und so weiter geboren sind, sondern aus Gott geboren. Und dieses neue Leben, Christus in uns, das ist die Kraft, dass wir das tun können, was Gott will. Unser Material taugt nicht, aber Christus in uns taugt.

Paulus sagt in Galater 2, 20: Ich bin mit Christus gekreuzigt und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir. Das können wir gut vergleichen mit einem Handschuh. Ein Handschuh kann nichts, er kann nicht Klavier spielen, aber wenn man seine Hände in den Handschuh steckt, dann kann man damit Klavier spielen. Es ist vielleicht ein wenig unbequem, aber es geht. Und so ist das, wir taugen nichts wie dieser Handschuh, aber Christus in uns gibt uns die Kraft und darum sagt das Neue Testament nicht mehr in der Sprache: Du sollst, du sollst nicht, sondern, wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite vielmehr mit seinen Händen etc. Dann wird gesagt: Ihr Männer, liebet eure Frauen, gleich wie Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie dahingegeben hat. Also das ist eine völlig neue Voraussetzung und das ist das Gesetz des Christus. Das geht aus von Menschen, die ein neues Leben bekommen haben.

Gut, nun gehen wir einen Punkt weiter. Die zehn Gebote sind eigentlich das Grundgesetz und alle weiteren 603 Gebote in den Mosebüchern sind alle nur eine detaillierte Auslegung davon. Die Gebote 1-4 sind vertikal und betreffen das Verhältnis des Menschen zu Gott. Das wird deshalb auch zusammengefasst in dem Gebot: Du sollst den HERRN lieben mit deiner ganzen Kraft, deiner ganzen Seele und deinem ganzen Verstand. Die Gebote 5-10 betonen den horizontalen Aspekt, das Verhältnis von Mensch zu Mensch, Kinder zu Eltern, Mann zu Frau, Nachbar zu Nachbar und so weiter. Das wird zusammengefasst in dem Gebot: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Nun warum diese schreckliche Erscheinung auf dem Sinai? In Hebräer 12, 18-21 wird das so schön zusammengefasst. Mose sagt dort: Ich bin voll Furcht und Zittern. Gott wollte dem Menschen zeigen, dass wenn er sich unter das Gesetz vom Sinai stellt, ihn das unter das schonungslose Gericht bringen wird. Er hat dann keine Chance.

Und dann folgt nach der Gesetzgebung, 2. Mose 19-24, die Beschreibung der Stiftshütte. Das ist interessant, denn da spielte ein Opferdienst eine zentrale Rolle und Israel konnte von da an lernen, was das Gesetz anbetrifft, wir haben da keine Chance. Also wir brauchen Vergebung und da gab es ein Vergebungssystem. Der schuldige Mensch musste ein unschuldiges Opfer bringen, das an seiner Stelle sterben sollte. Und er musste reuig seine Schuld bekennen. Mit dem Gesetz wurde also gleich auch die Lösung mitgeliefert, eben als Pädagoge auf Christus hin. Nun kommen wir zur Beschreibung der Stiftshütte, Kapitel 25-31. Schon an einem viel früheren Bibelstudientag habe ich mit Dias die Stiftshütte und ihre Symbolik ziemlich detailliert erklärt. Darum wiederholen wir das hier heute nicht und es würde auch zeitlich gar nicht gehen. Wir wollen ja einen Vogelflug machen bis Kapitel 40. Aber ich lese nun im Zusammenhang mit den Anweisungen der Stiftshütte 25, 8: «Und sie sollen mir ein Heiligtum machen, dass ich in ihrer Mitte wohne. Nach allem, was ich dir zeige, das Urbild der Wohnung und das Urbild aller ihrer Geräte, also sollt ihr es machen.» Mose war ja 40 Tage auf dem Berg, da bekam er das Gesetz und gleichzeitig hat er in den Himmel schauen dürfen und er hat den originalen Tempel gesehen und davon musste er eine Kopie anfertigen. In Hebräer 8 wird ausdrücklich gesagt, dass das Abbilder der Dinge im Himmel waren. Ich lese Hebräer Vers 5, wo von den Priestern der Stiftshütte gesagt wird: welche dem Abbild und Schatten der himmlischen Dinge dienen, gleichwie Moses eine göttliche Weisung empfing, als er im Begriff war, die Hütte aufzurichten; denn „siehe“, spricht er, „dass du alles nach dem Muster machst, das dir auf dem Berg gezeigt worden ist.“

Das Urbild im Himmel sollte kopiert werden und Gott wollte gewissermaßen unter den Menschen wohnen. Man fragt sich: Wie soll das möglich sein? Ein heiliger Gott inmitten eines Volkes, wo die meisten noch nicht einmal bekehrt sind. Nun, dieses ungewöhnliche Geheimnis hat Mose schon bei seiner Berufung erlebt. Gott begegnet ihm im brennenden Dornbusch und der Dornbusch verbrannte nicht. Gott ist ein verzehrendes Feuer und der Mensch von Natur ist ein Dornbusch, der nur stechen kann und keine Frucht liefert. Und dennoch verbrannte der Dornbusch nicht. Das ist ein Geheimnis, dass Gott 1500 Jahre in der Mitte Israels wohnen konnte, ohne dass der Dornbusch zu Asche verbrennen musste. Also Gott wollte in der Mitte seines Volkes wohnen. Neutestamentlich finden wir genau das Gleiche. In Matthäus 18, 20 sagt der Herr Jesus im Blick auf die neutestamentliche Gemeinde, um die geht es im Zusammenhang: «Denn wo zwei oder drei versammelt sind zu meinem Namen hin, da bin ich in ihrer Mitte.» So einfach ist neutestamentliche Gemeinde, es braucht zwei Leute. Es können auch drei sein; ist ja nicht schlimm, wenn es ein paar mehr sind. Aber zwei reichen aus. Dabei muss aber der Mittelpunkt Christus sein, denn er sagt: zu meinem Namen hin versammelt, das  ist ganz wörtlich zu verstehen – da bin ich in ihrer Mitte. Also das Prinzip, dass Gott unter den Menschen wohnen will und wohnt, das ist auch heute möglich.

Die Israelis waren sicher ganz erstaunt, denn die Rabbis haben ihnen immer erklärt, dass es für eine Synagoge in einer Stadt mindestens zehn Männer braucht. Das haben sie unter anderem abgeleitet aus Sodom und Gomorrha. Abraham ging doch runter bis auf zehn Leute: Wenn es zehn Gerechte in der Stadt gibt, dann wird Gott die Stadt verschonen. Und die Rabbis haben daraus ein glaubwürdiges Zeugnis abgeleitet, dass Gott anerkennt, dass in einer Stadt zehn Gerechte sind. Darum braucht es auch heute noch die Mindestanzahl von zehn Männern um eine Synagoge zu bilden. Zum Beispiel war doch Paulus auf seiner zweiten Missionsreise in Philippi und da ist er doch in einen Frauengebetskreis gekommen am Fluß unten. Die hatten keine Synagoge dort, weil es keine zehn Männer gab. Aber es gab eine ganze Reihe gottesfürchtiger Frauen. Die haben keine Synagoge gebildet, weil der jüdische Minjan nicht erfüllt war und Jesus Christus sagt: Es ist doch viel einfacher für die Gemeinde, es braucht nur zwei oder drei. Also das zur Parallelität.

Weiter. Ich habe erklärt die Stiftshütte ist ein detailliertes Abbild des himmlischen Urbildes oder Originals. Natürlich ein Schatten; der Schatten ist ja zum Beispiel zweidimensional im Gegensatz zum Körper, der den Schatten wirft. Aber es ist gewissermaßen eine Reproduktion. Nun, die Stiftshütte als transportabler Tempel war aber auch ein detailliertes Sinnbild auf Christus hin, denn der Messias wird in Jesaja 8, 14 genannt und es heißt: «Er wird euch zum Heiligtum werden». Und darum hat dann der Herr Jesus im Tempel gesagt: Brecht diesen Tempel ab und ich werde ihn in drei Tagen wieder aufrichten. Christus, in ihm ist der dreieine Gott hier auf Erden gegenwärtig gewesen. Joh 1, 14: «Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns». Und ganz wörtlich steht im Griechischen das Verb «zelten» für wohnen. Also: Das Wort wurde Fleisch und zeltete unter uns. Das ist die wahre Stiftshütte. Die Stiftshütte als Sinnbild auf Christus hin.

Dann, die Stiftshütte ist auch ein detailliertes Sinnbild im Blick auf die Gemeinde, auf die Kirche. Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?, sagt Paulus der Gemeinde in Korinth (1. Korinther 3, 16). Aber die Stiftshütte ist auch ein detailliertes Sinnbild auf den einzelnen Erlösten hin, denn 1. Korinther 6, 19 sagt: «Oder wisset ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid?» Aber die Stiftshütte ist auch ein detailliertes Vorbild auf die späteren Tempel. Der erste, der salomonische Tempel. Dann kam der zweite Tempel, wo auch der Herr Jesus dann drin gewesen ist und der im Jahr 70 nach Christus zerstört wurde. Und in der Zukunft kommt noch ein dritter Tempel. Das wird alles in der Stiftshütte vorgebildet. So haben wir also die Stiftshütte als Abbild eines Urbildes und das Sinnbild davon ist Christus, die Gemeinde und der einzelne Erlöste und es ist gleichzeitig ein Vorbild auf die späteren Tempel. Also mit diesen Begriffen kann man sich das am Besten irgendwie aneignen. Abbild-Urbild-Sinnbild-Vorbild. Man muss dann nur erklären, was man mit den Wörtern meint.

Die Stiftshütte umfasst eine sehr detaillierte Symbolik und ich möchte das jetzt nur an einem Beispiel illustrieren. Paulus war vor König Agrippa und musste in einem Konsultativverfahren Stellung beziehen. Und dann erklärt er König Agrippa in diesem Gerichtssaal: «…indem ich nichts sage außer dem, was auch die Propheten und Moses geredet haben, dass es geschehen werde, nämlich dass der Christus leiden sollte und dass er als Erster durch Totenauferstehung Licht verkündigen sollte, sowohl dem Volk als auch den Nationen» (Apostelgeschichte 26, 22-23).

Nun es hätte ein Rabbi dasitzen können und denken: Was erzählst du? Wo steht in den fünf Büchern Mose, dass der Christus leiden sollte und als Erster durch Totenauferstehung Licht verkündigen sollte? Man kann die fünf Bücher Mose durchlesen von vorne bis hinten und dann auf Hebräisch wieder rückwärts und man findet nichts. Außer man bleibt stehen in der Beschreibung der Stiftshütte, bei der Menorah, dem goldenen Leuchter, Kapitel 25, 31ff. Ich erkläre warum. Die Menorah, die kennen wir alle, besteht aus sieben Lampen und darin war Olivenöl. Mit Olivenöl wurden ja Könige und Priester oder unter Umständen auch Propheten gesalbt und in den Dienst eingesetzt. Der Messias sollte einmal kommen, um all diese Ämter, König, Priester und Prophet, in sich zu vereinigen. Das heißt, Messias oder Christus bedeutet der Gesalbte. Also Mose hat gesagt, dass der Christus, hier haben wir das siebenfache Öl, leiden sollte. Gott sagte zu Mose: Aus einem Talent, also fast 40 Kilogramm, reinem Gold soll der Leuchter gehämmert werden, in Schmiedearbeit, nicht gegossen. Kein Handwerker kann das heute. Niemand weiß – dass mussten nämlich hohle Rohre sein, die sieben Arme – wie das geht; kein Handwerker kann das heute. Aber der Künstler damals konnte das, und zwar durch den Heiligen Geist, wie ausdrücklich gesagt wird. Also der Heilige Geist kann auch handwerkliches Geschick geben, das sonst niemand hat. Also der musste geschlagen, geschlagen, geschlagen werden und diese Hammerschläge sollten erklären, dass der Christus leiden sollte. Dann gab es darauf 21 Mandelblüten, Knauf und Blume. Der Mandelbaum ist der erste Baum in Israel der Ende Januar / Anfang Februar mit seinen weißen Blüten das neue Leben des Frühlings ankündigt: als Erster durch Totenauferstehung. Und dann haben wir das siebenfache Licht: Licht verkündigen sollte. Paulus sagt nicht: Wenn man ein bisschen Phantasie hat und eine Vorliebe für Typologie, dann könnte man das und das sehen. Er sagt: Ich sage nichts anderes als was Mose und die Propheten geredet haben, dass der Christus leiden sollte und als Erster durch  Totenauferstehung dem Volk und den Nationen Licht verkündigen sollte. Also wir sehen, wie selbstverständlich das war, diese Symbolik in der Stiftshütte hin auf Christus zu erkennen.

Jetzt kommen wir zum nächsten Abschnitt, das Goldene Kalb. Gott hat eben die Tafeln beschrieben mit den Zehn Geboten, Kapitel 31, 18. Und das Volk denkt: Das dauert aber wirklich lang, bis Mose herunterkommt. Ja, wahrscheinlich ist dem was geschehen. Oder? – Ist ja auch wirklich gefährlich auf dem Sinai. Ich bin mal nachts hinaufgestiegen, da kann man sich schon zertreten und jetzt gibt es ja von den Mönchen eine schöne Treppe da hinauf, aber damals noch nicht. Also schon recht gefährlich. Man muss etwa 2500 Meter hinauf, felsiges Gebirge. – Ja, dem ist sicher etwas geschehen. Und dann sind sie zu dem Schluss gekommen, jetzt machen wir ein Fest hier und machen ein goldenes Kalb. Damit haben sie die ersten beiden Gebote bereits gebrochen, du sollst keine anderen Götter haben und du sollst dir keine Götzenbilder machen. Bevor sie das Gesetz überhaupt in Händen hatten, haben sie bereits die ersten beiden Gebote gebrochen. Und dann kommt noch dazu, dass es eine totale Religionsvermischung war. Das Kalb, das hatten sie nicht selber erfunden. Falsche Religion ist normalerweise nicht sehr originell, sondern eine Kopie. Und das haben sie kopiert von Ägypten, da gab es ja den Apiskult. Eine Form des Sonnengottes, der Apisstier, darum hat er so eine Scheibe zwischen den Hörnern gehabt. Da haben sie den Apiskult wieder aufgewärmt.

Aber sie haben dann erklärt, Vers 5: «Und als Aaron es sah, baute er einen Altar vor ihm; und Aaron rief aus und sprach: Ein Fest dem Jahwe ist morgen! Und von dem gegossenen Kalb sagen sie, Vers 4, «Das ist dein Gott, Israel, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat». Die nennen ihn Jahwe, diesen Namen, der sonst im Heidentum überhaupt nicht bekannt war – Religionsvermischung. Das ist also gar nichts neues, Synkretismus, man kann alles zusammenmischen. Und das ist ja das große Kennzeichen heute, man kann alles zusammenmischen. Und viele sagen ja: Letztlich führen ja alle Religionen zum gleichen Gott, zum gleichen Ziel. Und das strebt auch die UNO an, das ist alles Synkretismus. Das ist genau, wie die Römer gedacht haben. Wir haben das in der Schule doch ganz selbstverständlich gelernt: Was bei den Griechen Zeus war, war bei den Römern Jupiter. Bei den Griechen hatte man Artemis, bei den Römern war das Minerva (ich denke Diana). Haben wir doch so gelernt, ganz selbstverständlich diese Gleichsetzungen. Das ist aber nicht selbstverständlich, das ist Synkretismus. Und das Gleiche haben wir heute auch bei dem Islam wieder gesehen, wo quasi auch ein heidnischer Gott so umgestaltet wurde, dass viele dann meinten, das sei der gleiche Gott, wie der Gott der Bibel. Aber das ist er nicht! Er hat ja keinen Sohn! Also Religionsvermischung und dann kommt ja noch die extatische Religiosität dazu. Die haben eine totale Fete losgelassen. Ja Mose hat gemeint, es sei Krieg da unten. Es war ein religiöses Fest, aber es tönte wie Krieg von weit weg. Und die haben keine Bässe gehabt, ich meine die Bässe mit Verstärker und so. Die brachten das auch ohne hin, so dass die Leute total abfahren konnten, extatische Religiosität. Gott wollte ja ein Fest. Hat doch schon Mose gesagt zum Pharao, wir wollen hinaus in die Wüste und Gott ein Fest feiern. Und jetzt haben sie gedacht, jetzt machen wir die Fete. Aber das war ein extatisches Fest. Und Extase ist immer von unten. Gott verbietet die Extase im Neuen Testament, 2. Timotheus 4, 5: «Du aber sei nüchtern in allem, leide Trübsal, tue das Werk eines Evangelisten, vollführe deinen Dienst». Ich habe das schon oft gesagt, das Wort nepho im Griechischen bedeutet Abwesenheit von jeglicher seelischen und geistigen Trunkenheit, von Überstürzung und Verwirrnis. Du aber sei nüchtern in allem.

Nun, die haben da also losgezogen. Mose kommt herab und zerschlägt die Tafeln, anstatt das Volk. Warum hat er die Tafeln zerschlagen? Er hätte ja sagen können: Jetzt muss das Volk gerichtet werden. Aber er zerschlägt die Tafeln. Natürlich gibt es dann ein Gericht, aber das Volk überlebt und Mose bittet Gott um Verschonung des Volkes. Und Gott verschont und sagt: Ja, ich will Güte erweisen an Israel. Das ist eigenartig. Plötzlich nach der Gesetzgebung kommt die Gnade Gottes hinein. Und zählen Sie nach in 2. Mose 33, wie oft das Wort Güte oder Gnade vorkommt. Da staunt man. Nun, die Tafeln sind eigentlich ein Hinweis auf Jesus Christus. In Matthäus 5, 17 hat er gesagt in der Bergpredigt: «Meinet nicht, dass ich gekommen sei, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.» Ich bin gekommen zu erfüllen, das heißt in seiner ganzen Fülle darzustellen. Jesus Christus hat das Gesetz 100-prozentig eingehalten, als Einziger. Er entspricht gewissermaßen diesen Tafeln. Und ausgerechnet er wurde von Gott zerschlagen. Jesaja 53, 10: «Doch es gefiel dem Ewigen, ihn zu zerschlagen, er hat ihn leiden lassen.» Und dann macht Mose neue Tafeln und Gott beschreibt diese Tafeln in Kapitel 34 nochmals neu und als Mose dann runterkommt vom Berg, da strahlt sein Gesicht und die Israeliten halten das nicht aus und legen ihm eine Decke über das Gesicht.

Warum hat Mose nicht gestrahlt beim ersten Mal? Nur beim zweiten Mal. Ganz einfach. Beim ersten Mal war es 100 Prozent Gesetz und beim zweiten Mal war das Gesetz vermischt mit Gnade. Und das ist ganz wichtig, denn sonst hätte es nie ein Zeitalter des Gesetzes von Mose bis auf Christus geben können. Gott hätte unmittelbar das Volk vernichten müssen, hundert Prozent Gesetz. Und das erklärt uns auch, warum es durch das ganze Zeitalter des Gesetzes, viele Israeliten gegeben hat, die echt gläubige Menschen gewesen sind und erneuert durch den Glauben und so kann David und andere Psalmisten darüber singen, wie sie Freude haben an dem Gesetz vom Sinai. Das ist ganz eigenartig. Wie können sie Freude haben an etwas, das eigentlich Fluch bringt? Weil sie erneuert waren und dadurch Freude an Gottes Maßstäben hatten. Das war Gesetz vermischt mit Gnade und darum preisen sie in den Psalmen auch schon so oft die Güte und die Gnade Gottes, obwohl sie unter Gesetz sind. Darum strahlte Mose.