Endzeit –

Zeit der Prüfung und Bewährung

 

Die Aussagen der Heiligen Schrift über die Endzeit

 

Rudolf Ebertshäuser

 

 

 

 

 

 

Wohl die meisten gläubigen Christen sind sich mehr oder weniger dessen bewußt, daß wir in der Endzeit leben. Vielfach fehlt es jedoch an einer klaren Orientierung, was das für unser Glaubensleben als Einzelne und für die Gemeinde als Ganzes bedeutet. Eine solche klare Standortbestimmung ist jedoch von großer Wichtigkeit.

 

Die Pfingst- und Charismatische Bewegung hat, hauptsächlich durch Prophetien und "Offenbarungserkenntnisse", eine ausgeprägte Vision von den Wesensmerkmalen der Endzeit und der Perspektiven der Gemeinde in dieser Zeit. Diese Vision klingt ausgesprochen faszinierend und "positiv". Die Endzeit ist nach diesen Lehren eine Zeit der Massenerweckung, der weltweiten Geistesausgießungen und der sprunghaften Entfaltung der Gemeinde auf bisher nie gekannten Höhen.

 

Für einen Charismatiker ist daher die Endzeit eine aufregende, spannende, herrliche Zeit. Er wähnt sich hineingenommen in das größte und umfassendste göttliche Geisteswirken, das die Geschichte je kannte. Er empfindet sich als Teil einer weltweiten Erweckungsbewegung, in der sich Gott durch Massenbekehrungen, Machttaten, sprunghaft wachsende Gemeinden, durch Apostel, Propheten und Wundertäter verherrlicht wie nie zuvor, so daß die apostolischen Zeiten weit dahinter verblassen.

 

Diese Vision der Endzeit wird zunehmend auch für Christen außerhalb dieser Bewegung attraktiv. Sie vermittelt Zuversicht, sie verschafft einem die Aussicht auf einen interessanten, erfüllenden, erfolgreichen Dienst für den Herrn; sie vermittelt einem das Gefühl, eine gewichtige Rolle in dieser Welt spielen zu können. Angesichts solcher Aussichten gerät die Frage in den Hintergrund, ob diese positive Sicht der Endzeit auch mit der Lehre des Wortes Gottes übereinstimmt, ob sie Gottes Sicht ist und nicht nur Menschensicht - oder schlimmer: eine verführerische Illusion.

 

 

Der Mangel an biblischer Orientierung über die Endzeit

 

Nur wenige Gläubige sind heute bereit, sich mit dem, was das Wort Gottes über diese letzte Zeit zu sagen hat, gründlicher auseinanderzusetzen. Das ist ein schwerwiegendes Versäumnis, denn wenn wir die Zeichen der Zeit nicht richtig beurteilen (vgl. Mt. 16,3), werden wir in die Irre gehen und den verderblichen Entwicklungen dieser Endzeit nicht richtig begegnen können.

 

Die Heilige Schrift macht zahlreiche wichtige und klare prophetische Aussagen über die letzte Zeit. Unser Herr hat uns in Seinem kostbaren Wort alles geoffenbart, was wir brauchen, um auch heute, da die Heilszeit der Gemeinde bald ihrem Ende zugeht, nach Seinem Willen leben und dienen zu können.

 

Viele Gläubige jedoch umgehen diese Aussagen der Bibel, weil sie in ihrem Ernst und ihrer nüchternen Enthüllung der Gefahren und verderblichen Entwicklungen der Endzeit zu beunruhigend sind. Sie sind eine Herausforderung zur Buße, zu einem wachsamen Leben in Heiligung und Gottesfurcht, und solche unbequemen Wahrheiten werden heute vielfach verdrängt.

 

Die Folge einer solchen Einstellung ist aber, daß solche Christen der Irreführung des Widersachers keinerlei Widerstand entgegenzusetzen vermögen. Der Feind nämlich streut seine Lehren über die letzte Zeit eifrig in der Gemeinde aus; sie sind alle darauf ausgerichtet, die Christen in Illusionen zu wiegen und von einer nüchternen geistlichen Sicht der Endzeit abzulenken.

 

Was sind die charakteristischen Grundzüge der letzten Zeit? Welche heilsgeschichtliche Sicht vermittelt uns die Bibel? Wie sieht die Lage der wahren Gemeinde der Gläubigen in den letzten Tagen aus, und was sind ihre Perspektiven? Auf all diese Fragen gibt die Pfingst- und Charismatische Bewegung Antworten, die sich radikal von denen der Heiligen Schrift absetzen, und in diesem Kapitel wollen wir die Grundaussagen dieser Bewegung über die Endzeit mit den Aussagen der Bibel vergleichen und uns auch fragen, wie diese Bewegung selbst im Licht des prophetischen Wortes über die Endzeit einzuordnen ist.

 

 

 

 

A. Die charismatische Endzeitvision

vom Triumph des Evangeliums und der Gemeinde

 

 

 

1. Die pfingstlich-charismatische Vision von der Massenerweckung

in der Endzeit

 

 

Die Pfingst- und Charismatische Bewegung hat sich seit ihren Anfängen als eine göttliche Erfüllung der Verheißung von Joel 3,1 verstanden. Nach diesem Verständnis war die bisherige "Pfingsterweckung" nur der Anfang; angeblich muß Gott ja noch Seinen Geist auf alles Fleisch, d.h. auf die gesamte Menschheit ausgießen. So ist die Erwartung einer weltweiten Massenerweckung ungeahnten Ausmaßes mehr oder weniger intensiv in dieser Bewegung geschürt worden, und zwar bezeichnenderweise weniger durch falsche Lehre, sondern eher durch falsche Prophetie.

 

Diese Erwartung findet ihren Niederschlag in "prophetischen" Botschaften, Proklamationen und Gebeten, die die Errettung ganzer Völker, Regionen und Städte visionär "sehen", "in Anspruch nehmen" oder gar "fordern". Ihr wird neuerdings auch Nahrung gegeben durch die Irrlehren von der "geistlichen Kriegsführung", nach der ein wesentliches Hindernis für den ersehnten Ausbruch der "großen Erweckung" die Bollwerke der Finsternis und die dämonischen Machthaber über Städten und Ländern seien, die man nur binden bzw. niederreißen müsse, damit der Dammbruch erfolge und die Massen zu Christus strömten.

 

Andere Hindernisse werden im "Unglauben", der Uneinigkeit oder anderen Verfehlungen der Christen gesehen, letztlich in der mangelnden Offenheit für die schwarmgeistige "Bewegung des Geistes". Immer aber steht im Hintergrund die Aussage: "Gott will uns massenhafte Erweckung geben - wenn sie nicht kommt, seid ihr selbst schuld, und Gott wird euch zur Rechenschaft ziehen!" Diese Irreführung kommt besonders deutlich in einer "prophetischen" Botschaft über die endzeitliche Geistesausgießung von Kenneth Copeland zum Ausdruck:

 

"Gott ist dabei, das große Finale herbeizuführen. Es wird das größte Werk des Geistes Gottes in der Geschichte der Menschheit sein, soweit wir sie kennen. Denkt darüber nach! Wir werden das herrliche Vorrecht haben, nicht nur Zeugen der Bewegung des Geistes Gottes in den letzten Tagen zu sein, sondern wir sind die Gefäße, durch die diese machtvolle Kraft fließen wird! Sie und ich, wir haben das Vorrecht, die Generation des Heiligen Geistes zu sein. Gott hat ein Volk erhoben [!], das das Leben und den Dienst des Heiligen Geistes mehr als irgendjemand vor uns erleben wird (...)

Heute zu leben, bedeutet, in der besten Zeit der ganzen Menschheitsgeschichte zu leben! (...) Diejenigen, die sich völlig Seinem Dienst hingeben in dieser letzten Stunde, werden Gottes Sprachrohr auf Erden sein und die Werkzeuge Seines Geistes und Seiner mächtigen Kraft. (...) Wir werden Millionen und Abermillionen, ja, Milliarden sehen, die wiedergeboren werden [!]. Das Wort Gottes sagt, daß ganze Nationen in diesen letzten Tagen in das Reich Gottes eingehen werden. (...)

Das Fürbittegebet wird den Regen des Geistes Gottes bewirken. Es wird die Menschheit als Ernte in die Familie Gottes hineinbringen. Das geschieht gerade jetzt überall auf der Welt (...)"[1]

 

Solche Botschaften führen einerseits zu schwärmerischem Aktivismus und hochgeputschten Glaubenserwartungen, andererseits aber auch zu fleischlichem Druck und Schuldgefühlen, die nur noch mehr in die Fangarme des falschen Geistes treiben sollen. Manch einer ist schon verwirrt und gründlich enttäuscht, ausgebrannt und geschädigt am Rande dieser "machtvollen Bewegung des Geistes" liegengeblieben, weil sich all die berauschenden Prophetien nicht erfüllt hatten und der z.T. hohe persönliche Einsatz in unnüchternem Leerlauf vergeudet wurde.

 

Es ist nicht zu bestreiten, daß der pfingstliche Schwarmgeist gerade durch seine extremen Werkzeuge wie Bonnke, Cho oder Annacondia beeindruckende "Bewegungen" hervorrufen kann, die äußerlich dem naiven Beobachter wie "Erweckungen" erscheinen mögen. Aber was unter der suggestiv-aufputschenden "Verkündigung" und dem kontrollierenden Wirken des dämonischen Irrgeistes geschieht, sind (von vereinzelten Gnadenausnahmen abgesehen) keine echten Bekehrungen, sondern schwarmgeistige Scheinbekehrungen. Hier wächst nicht der Leib Christi, sondern eine spiritistisch gelenkte scheinchristliche Massenbewegung.

 

Es ist kein Zufall, daß solche Wachstumsphänomene gerade in dämonisch tief verseuchten Regionen wie Afrika, Lateinamerika und Korea auftreten, wo viele Menschen durch Zauberei und Okkultismus offen für die verführerischen Wirkungen des falschen Pfingstgeistes sind. Diese "Erweckungen" weisen zwar jede Menge übernatürliche Zeichen und Wunder auf, aber der entscheidende Beweis echten Geisteswirkens, nämlich klare Überführung von Sünde, gesunder Glaube und die Kennzeichen echten Wiedergeburtslebens bei den Bekehrten, fehlt dabei nach den Beobachtungen nüchterner, bibeltreuer Gläubiger, die die Früchte solcher Kampagnen mitbekommen.

 

Für die Anhänger der Charismatischen Bewegung sind diese Massenerscheinungen jedoch der Auftakt zu noch Größerem. Sie scheinen ihre Sicht der Endzeit als Zeit der großen Erweckung zu bestätigen. Sie erwarten die "große Ernte", in der Millionen und Abermillionen, ganze Völker zu Christus kommen und das Evangelium seinen größten Triumphzug antritt, als dessen krönender Abschluß dann die Wiederkunft des Herrn erwartet wird.

 

 

 

2. Die pfingstlich-charismatische Vision von der triumphierenden Gemeinde

 

 

Im Zusammenhang mit der Irrlehre von der endzeitlichen Geistesausgießung auf die Gemeinde bzw. die Völker steht eine weitere Lehre der Pfingstbewegung, die auch von der Charismatischen Bewegung übernommen wurde. Sie behauptet, daß nach Gottes Willen die Gemeinde, nachdem sie lange Jahrhunderte durch Untreue die Kraft der apostolischen Zeit verloren habe, in der letzten Zeit im Zusammenhang mit der pfingstlerischen "Geistesausgießung" von neuem mit der Kraft und Herrlichkeit Gottes ausgerüstet werde.

 

Die Vollendung der Gemeinde vor der Wiederkunft Christi wird nach diesen Auffassungen zu einem triumphalen Höhepunkt der ganzen Gemeindezeit. Insbesondere wolle Gott ihr wieder die Wundergaben und Kräfte der Apostelzeit geben, Dämonenaustreibungen, Heilungen, Sprachenreden sowie prophetische Offenbarungen.

 

Die "geistgesalbte" Endzeitgemeinde werde angeblich siegreich vorwärtsmarschieren in der Kraft des Geistes, Massen bekehren und große Zeichen und Wunder tun. Sie werde durch den Pfingstgeist geeint werden (in der Praxis ist genau das Gegenteil der Fall!), und durch machtvolle Apostel und gesalbte Propheten von einem Triumph zum anderen geführt werden. Gott werde in ungeahnter Weise direkt zu ihr reden und durch sie machtvoller wirken als in der Zeit der Urgemeinde.

 

 

Prophetien über den endzeitlichen Triumphzug der Gemeinde

 

Wie diese "Vision" in der Charismatischen Bewegung heute verbreitet wird, mögen einige Zitate aus einer Vision des vielbeachteten "Kansas-City-Propheten" Rick Joyner verdeutlichen:

 

"Der Herr hat vielen seiner Propheten offenbart, daß es bald eine große Ausgießung seines Heiligen Geistes geben wird. Diese Erweckung wird gewaltiger sein als alle vorherigen. Diese Vision beschreibt grundlegende Elemente dieser bevorstehenden Ernte und wie der Herr die Kirche jetzt darauf vorbereitet. (...)

Letztlich werden sich alle verschiedenen Dienste und Strömungen, die eine eigene Identität haben, auflösen zugunsten einer einzigen Identität, nämlich der, Christen zu sein, die an der großen Ernte teilhaben. Städte und Dörfer werden von jeweils einer Gemeinde umfaßt werden. In ihr werden Leiter und Pastoren der verschiedensten geistlichen Strömungen zusammenarbeiten. (...)

Eine Vielzahl von Propheten, Lehrern, Pastoren und Apostel, ausgestattet mit dem Geist des Pinhas, wird aufstehen (...)

Große Menschenmassen werden dem Herrn zuwandern, und der Zustrom wird an manchen Orten so stark sein, daß auch sehr junge Christen große Gemeinschaften von Gläubigen leiten werden. Arenen und Stadien werden allabendlich überfüllt sein, weil die Gläubigen die Apostel und Lehrer hören wollen. (...)

Gegen Ende des Zeitraumes, den diese Vision umspannt, wird der Leib Christi wie ein großer, mächtiger Strom sein, der sich so frei und ungehindert bewegen wird wie der Wind. An einem Tag werden Treffen in großen Hallen und Stadien stattfinden, am folgenden Tag dann wieder im Stadtpark und in Privathäusern. Große Versammlungen, bei denen die ganze Stadt auf den Beinen ist, werden spontan entstehen. Ungewöhnliche Wunder werden die Regel sein, und solche, die heute noch die Ausnahme sind, werden dann ganz selbstverständlich schon von jungen Gläubigen gewirkt werden. Den Heiligen werden Erscheinungen von Engeln vertraut sein, und manchen wird für längere Zeit die sichtbare Herrlichkeit des Herrn im Gesicht anzusehen sein [!], während die Kraft Gottes in besonderer Weise durch sie wirksam ist. (...)

Diese Ernte wird so groß werden, daß niemand auf den Gedanken kommt, zurückzublicken und sie mit der frühen Christenheit zu messen. Jeder wird sagen, daß sich der Herr den besten Wein zweifellos bis zum Schluß aufgehoben hat. Die frühe Kirche war wie eine Opfergabe der Erstlingsfrüchte, und dies wird in der Tat die Ernte davon sein! Von dem Apostel Paulus sagt man, er habe die Welt auf den Kopf gestellt. Von den Aposteln, die bald gesalbt werden, wird man sagen, sie haben eine auf dem Kopf stehende Welt wieder auf die Beine gebracht. Nationen werden erzittern, wenn ihr Name genannt wird [!!]. (...)

In diesen Tagen werden viele tagtäglich mit Zeichen und Wundern leben. Es wird für sie so 'normal' werden wie das Manna für das Volk Israel in der Wüste. Der Herr wird noch nie dagewesene Wundertaten, die sogar die biblischen Wunder bei weitem [!] überragen werden, für sein Volk vollbringen. Sie werden völlig natürlich erscheinen, weil uns die Gegenwart des Herrn stärker bewußt sein wird als die Wunder, die er vollbringt. In diesen Tagen wird er seinem Volk sehr nahe sein."[2]

 

Diese "Prophetie" erweist sich, wenn man sie an der Bibel überprüft, als eine anmaßende, schwärmerische Irreführung. Sie widerspricht in so vielen Dingen dem prophetischen Wort der Schrift, daß jeder geistliche, biblisch gegründete Christ sie als das Produkt eines irreführenden Geistes erkennen kann, als Teil einer Verführung, wie sie uns in 1. Tim. 4,1 deutlich vorhergesagt wird. Wir dürfen aber nicht unterschätzen, daß solche Visionen von der Herrlichkeit der Endzeitgemeinde für viele fleischlich gesinnte, ehrgeizige Christen, die sich nach "Höherem" ausstrecken, sehr attraktiv und verführerisch sind.

 

Eine der unterschwellig wirksamsten Botschaften der Pfingst- und Charismatischen Bewegung lautet: Wenn du dich unserem Geist öffnest, gehörst du zur Elite der Überchristen, die in der besonderen Salbung Gottes Großes in der Welt vollbringen werden! Du wirst faszinierende Dinge erleben, gewaltige Wunder und herrliche Geisterfahrungen, wirst von Gott mächtig gebraucht werden! Er hat gerade mit dir Großes vor; du wirst großartige Dinge für ihn tun können, ein besonderer Kanal seiner Kraft sein!

 

 

Großartige Aussichten zur Selbstverwirklichung als Lockmittel der Verführung

 

Der Satan lockt mit einem fromm getarnten Ichtrip, mit "geistlich" verpackter Selbstverwirklichung und Machtausübung, und viele unreife Christen, die nicht den Kreuzesweg gehen wollen, werden von dieser blendenden Perspektive angezogen - ebenso viele Scheinchristen, die sich niemals zu den wahren Herrn Jesus Christus bekehrt haben, sondern einem falschgeistigen, andersartigen Power-Jesus "zugewandert" sind.

 

Es ist die betrügerische List des "Lichtengels", die hinter solchen Aussagen Joyners steht wie: "Manche werden gerufen werden, sogar in Gebiete zu gehen, diese zu betreten sich sogar Engel fürchten"; "Wer alles hingibt und leer wird [eine New-Age-Anweisung!], wer seinen persönlichen Ehrgeiz aufgibt und bereit ist, sein Ansehen zu verlieren, wer Ablehnung und Unverständnis geduldig erträgt, der wird bald mit der Botschaft des Königs die Welt aus den Angeln heben"; "[Wunder], die jetzt noch die Ausnahme sind, werden dann ganz selbstverständlich [!] schon von jungen Gläubigen gewirkt werden."[3]

 

Der natürliche Mensch haßt das Kreuz, den Niedrigkeitsweg, das Nichts-Sein vor der Welt, die Selbstentäußerung. Die Religion des Fleisches besteht in frommer Selbsterhöhung und Selbstverwirklichung, im Heldentum, in der äußeren Kraftentfaltung, in ekstatisch-mystischen Erlebnissen.

 

Der alte Mensch ist im Rahmen einer solchen falschreligiösen Bewegung durchaus zu Leistungen bereit, die ein Zerrbild christlicher Heiligung und Hingabe sind: Aktivismus, Askese, Verzicht auf  gewisse Sünden, auch große Opfer an Zeit und Geld sowie bürgerlichem Ansehen - wenn nur das alte Ichwesen Gelegenheit hat, sich zu entfalten. All das demonstrieren etwa auch Guru-Anhänger oder Zeugen Jehovas.

 

Nur die wahre Heiligung durch die Innewohnung Christi, die Beschneidung der Herzen durch das Kreuz, wahre Demut, Sanftmut und Selbstverleugnung, die echte Frucht des Geistes sucht man in solchen falschreligiösen, verführerischen Bewegungen vergeblich (wobei einzelne wahre Gotteskinder in ihr durchaus solche Frucht haben können). Wenn schon Jesus, dann will man wenigstens etwas Großartiges tun, etwas Gewaltiges, Faszinierendes erleben, bei einer noch nie dagewesenen Geistesbewegung mitmischen, "Power" haben und jemand Großes, Wichtiges im Reich Gottes sein. Alle diese Begierden des religösen Fleisches befriedigt das klug konzipierte Angebot des Verführers.

 

Die falsche Lehre von der Höherentwicklung der Gemeinde der Endzeit kommt auch dem optimistischen Weltbild des "aufgeklärten" Zeitgeistes entgegen, der vom bewußten oder unbewußten Glauben an ein universal wirksames Gesetz geprägt ist, nach dem alle Dinge immer mehr einem guten, vollkommenen Zustand zustreben. Der Mensch glaubt daran, daß alles, was er tut, zu immer mehr Fortschritt und Vervollkommnung führt.

 

Die biblische Lehre, daß die letzte Zeit für die Gemeinde eine Zeit des Niedergangs und des Verfalls ist, gefällt dem Fleisch nicht; lieber schenkt es der verführerischen Illusion einer herrlichen Zukunft Glauben. Von solchem letztlich weltlichen "Fortschrittsdenken" sind viele Kirchenführer genauso geprägt wie weltlich gesinnte Gläubige; es beeinflußt etwa auch die "Gemeindewachstumsbewegung", die nicht umsonst mit der Charismatischen Bewegung zusammenarbeitet.

 

 

Die "herrschende" und "heilende" Gemeinde als Irreführung

 

Einige Strömungen innerhalb der Charismatischen Bewegung gehen in dieser unbiblischen Euphorie einer herrlichen, machtvollen Endzeitgemeinde noch weiter. Sie lehren, daß die Gemeinde schon hier in dieser Heilszeit der Gnade zum Herrschen und Regieren berufen sei, daß sie in der Endzeit den Lauf der Welt bestimme und das Reich Gottes herbeiführen müsse.

 

Letztlich steht hinter den charismatischen Losungen, die Gemeinde müsse "das Reich Gottes" herbeiführen bzw. verwirklichen, eine satanische Verkehrung von Gottes Heilsplan. Die Gemeinde soll dazu verleitet werden, durch ihr eigenmächtiges Handeln und "Herrschen" herbeizuführen, was die Bibel dem souveränen Handeln des Herrn Jesus Christus persönlich vorbehält, wenn Er wiederkommt in Herrlichkeit: die Herrschaft des Bösen in der Welt zu brechen und die Herrschaft Gottes in Frieden und Gerechtigkeit aufzurichten.

 

Solche zündenden Parolen sind in ihrem Kern anti-christlich, denn "Anti-Christus" bedeutet nicht nur der Gegen-Christus, sondern auch der Anstatt-Christus. Überall, wo falsche Lehrer und Propheten der Gemeinde einreden, sie müsse etwas vollbringen, was eigentlich unserem Herrn selbst vorbehalten ist, sie müsse handeln anstatt unserem Herrn Jesus Christus, verbreiten sie im wahrsten Sinn des Wortes antichristliche Verführung. Der Feind will die Gemeinde zu ungeistlicher Anmaßung und ichhaft-hochmütigem Macht- und Herrschaftsdünkel verführen, um ihre wahre geistliche Kraft zu brechen und sie an der Erfüllung ihres eigentlichen Auftrages in dieser Zeit zu hindern.

 

Die Parole, daß Menschen jetzt und hier, ohne die persönliche Herrschaft des Herrn Jesus Christus auf Erden "das Reich Gottes" in der Welt verwirklichen können, könnte einmal zu den stärksten Verführungsmitteln des Satans bei der Vorbereitung des Antichristen zählen. Die Auffassung, die Kirche müsse das Reich Gottes auf Erden verwirklichen, bestimmt maßgeblich das Selbstverständnis der katholischen Kirche und hat entscheidend zu ihrer verderblichen Machtgier und ihrem hurerischen Bündnis mit der Welt beigetragen.

 

Auch in dem falschen "sozialen Evangelium" der gottlos-liberalen Ökumenischen Weltbewegung erkennen wir die betrügerische Anmaßung, ohne und anstatt Christus Frieden und Gerechtigkeit in die Welt bringen zu wollen. Hier gibt es auch Berührungspunkte zur Charismatischen Bewegung, die einmal zu einer brisanten Verschmelzung beider verführerischen Strömungen führen können - Ansätze dazu gibt es bereits (s.u.).

 

In der Welt sehen wir dieselbe satanische Linie in den großen verführerischen Massenbewegungen der Endzeit, vor allem im Kommunismus/Sozialismus, der die Verheißungen des messianischen Reiches aus Menschenkraft verwirklichen wollte, aber auch im Nationalsozialismus, der als "Tausendjähriges Reich" unter dem falschen Messias Hitler die Menschen in seinen Bann schlug.

 

Der Feind will die Menschen dazu bringen, stellvertretend für Christus, anstatt Christus zu handeln, während die wahre Gemeinde getreu dem Wort Gottes in allem von ihrem Herrn Jesus Christus abhängig bleibt und die Erfüllung und Vollendung von Ihm und Seinem persönlichen Ankunft auf Erden erwartet, anstatt sie selbstherrlich in die eigene Hand zu nehmen.

 

 

Der wahre Auftrag der Gemeinde in dieser Heilszeit

 

Nach dem geoffenbarten Heilsplan Gottes ist es nicht der Auftrag der Gemeinde, in dieser Weltzeit zu "herrschen" oder sich an der "Heilung" und "Erneuerung" dieses Weltsystems zu beteiligen. Die Gemeinde hat den Auftrag, heilige Priesterschaft zu sein und für Gott zu leben inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts - als Pilger und Fremdlinge, die in dieser Welt kein Bürgerrecht haben. Sie ist Zeuge des Christus und Seines Evangeliums - nicht Sein Statthalter mit Machtbefugnissen, und auch kein "Heilsbringer" für eine zunehmend verderbte, gottfeindliche, auf das Zorngericht hin ausreifende weltliche Gesellschaft (vgl. u.a. Joh. 18,36; Joh. 17,6-19; Phil. 3,17-21).

 

Diese Welt, dieses ganze gottfeindliche Weltsystem kann nicht "geheilt" oder "erneuert" werden - es ist und bleibt unter der Herrschaft Satans und wird im Gericht Gottes einmal untergehen, um im Tausendjährigen Reich durch eine neue Gemeinschaftsordnung unter der Regierung des Messias ersetzt zu werden. Dann erst wird die Gemeinde mit den Christus zusammen regieren; heute ist ihr Auftrag, Menschen aus diesem verderbten Weltsystem herauszurufen durch die Verkündigung des Evangeliums und ihr gelebtes Zeugnis (vgl. Gal. 1,4).

 

Die falschen Lehren und falschen Prophetien der Charismatischen Bewegung auf diesem Gebiet sind eine teuflische Verführung, die die Gemeinde von ihrem wahren Auftrag ablenken und in die Geschäfte und die Machtausübung dieses bösen Weltlaufes verstricken soll. Wieder sehen wir die Methode des Feindes, Gottes heilsgeschichtliche Ordnung zu verkehren und die Gemeinde in Dinge hineinzulocken, die erst im Tausendjährigen Reich für sie bestimmt sind (vgl. Mt. 4,8-10!).

 

An dieser Frage, welche Perspektive die Gemeinde in der Endzeit hat, scheiden sich also buchstäblich die Geister. Dem faszinierenden, begeisternden, optimistischen Bild, das die falschen Propheten der Charismatischen Bewegung mit großem Erfolg unter der heutigen Christenheit verbreiten, steht ein ernüchterndes, zu Buße und Wachsamkeit mahnendes Bild der endzeitlichen Gemeinde in der Heiligen Schrift gegenüber. Sie sind unvereinbar; nur eine dieser Sichtweisen kann richtig sein. Die andere ist Verführung, ist Lüge und irrgeistiges Gift.

 

Wir wollen uns nun die Grundaussagen des Wortes Gottes über die Endzeit und die Situation der wahren Gemeinde in dieser Zeit genauer ansehen, damit wir festen biblischen Boden gewinnen, auf dem wir getrost unseren von Gott gewiesenen Weg gehen können.

 

 

 

B. Die biblische Sicht der Endzeit:

Bewährung der wahren Gemeinde und Ausreifung des Bösen

 

 

Für jeden ernsthaften Gläubigen ist es heute von großer Wichtigkeit, die Aussagen des Wortes Gottes über die "letzten Tage" (2. Tim. 3,1), die "Endzeit", zu kennen und im Herzen zu behalten. Unser Herr Jesus Christus hat uns nicht ohne Hilfe und klare Orientierung gelassen für diese schweren Zeiten. Er hat uns durch Seine Apostel und Propheten in der Heiligen Schrift zahlreiche Aussagen über die Kennzeichen jener Zeit und viele Ermutigungen und Ermahnungen für unseren Weg durch diese Zeit gegeben.

 

Auch hier gilt jedoch, daß nur ein tieferes Erforschen, ein systematisches Studium aller biblischen Aussagen zu diesem Thema uns ein zuverlässiges Gesamtbild gibt. Die wichtigsten Abschnitte des Neuen Testaments, die sich direkt oder indirekt, prophetisch oder ermahnend mit den letzten Tagen in bezug auf die Gemeinde beschäftigen, sind Mt. 7,15-23; Mt. 13,24-50; Mt. 24,1-24 (teilweise); Mk. 13,28-37; Lk. 21,5-11; Apg. 20,17-38; Römer 11 (teilweise); Rö. 16,17-20; 1. Kor. 11,19; 1. Kor. 13,8-13; 2. Kor. 6,11-18; 2. Kor. 11,1-15; Gal. 1,6-10; Phil. 3,17-21; 1. Thess. 4,13-5, 11; 2. Thessalonicher 1 u. 2; 1. Tim. 4,1-11; 1. Tim. 6,3-16; 2. Tim. 2,14-26; 2. Tim. 3,1-17; 2. Tim. 4,1-8; Tit. 3,9-11; 1. Petr. 4,7-19; 2. Petr. 1,19-21; 2. Petrus 2 u. 3; 1. Joh. 2,15-28; 1. Joh. 4,1-6; 2. Joh.4-11; Judas; Offenbarung 2 u. 3. Davon müssen wir sorgfältig die endzeitlichen Prophezeiungen in bezug auf Israel, den "Tag des Herrn" und den Anbruch des Tausendjährigen Reiches unterscheiden, auf die hier nicht eingegangen wird.

 

Wenn wir die biblischen Aussagen zur Endzeit und der Lage der Gemeinde in dieser Zeit im Zusammenhang betrachten, dann zeigt sich ein ernüchterndes, ernstes Bild. Es steht im auffälligen Gegensatz zu dem weltförmigen Zukunftsoptimismus mancher Christen und zu den schwärmerischen Visionen der Charismatiker. Wir wollen versuchen, die wichtigsten biblischen Linien zu skizzieren.

 

 

1. Wesen und Auftrag der Gemeinde in der Endzeit

 

Wenn wir die charismatischen Lehren über die massenhafte und triumphale Ausbreitung des Evangeliums in der Welt mit den Aussagen der Schrift vergleichen, so zeigt sich rasch ein unvereinbarer Gegensatz. Das, was Gott über die ganze Wesensart der Gemeinde und ihre Entwicklungsperspektive in der Endzeit geoffenbart hat, widerspricht den Aussagen der charismatischen Propheten grundlegend.

 

 

Die Gemeinde als auserwählte, herausgerufene Minderheit aus den Nationen

 

Das Wesenskennzeichen der Heilszeit der Gemeinde ist, daß Einzelne aus allen Völkern und Sprachen herausgerufen und im Leib des Christus zusammengefügt werden zu einer heiligen Priesterschaft, zu einem


neuen Eigentumsvolk. Sie sind die Auserwählten Gottes in dieser Heilszeit (Kol. 3,12; Rö. 8,33; Eph. 1,4), und diese Auserwählten werden immer eine kleine Minderheit sein und bleiben.

 

Nicht umsonst hat unser Herr Jesus Christus bezeugt: "Viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte" (Mt. 20,16; vgl. Mt. 22,14). Nicht nur für die gläubige Auswahl aus Israel gilt, daß sie eine "kleine Herde" ist (Lk. 12,32), sondern auch sinngemäß für die Gemeinde Christi. Sie trägt den Charakter einer Auswahl, gemäß Gottes Ratschluß, "aus den Nationen zu nehmen ein Volk für seinen Namen" (Apg. 15,14; vgl. Offb. 5,9f.). Nicht ganze Nationen sind in dieser Heilszeit die Empfänger des göttlichen Heils, sondern die kleine Schar der wahren Christusgläubigen.

 

Aber die Schrift zeigt uns noch etwas anderes. Sie sagt nämlich voraus, daß unter christlichem Vorzeichen, unter dem äußerlichen Bekenntnis zu Christus eine massenhafte, ja weltumfassende Bewegung zustandekommen wird, die das Werk des Feindes sein wird. Diese für die Endzeit überaus wichtige Wahrheit finden wir in den Gleichnissen des Herrn in Matthäus 13 geoffenbart, und diese Gleichnisse wollen wir nun kurz betrachten.

 

 

a) Das äußere Wachstum und das innere Wesen des Reiches der Himmel:

Die Gleichnisse von Matthäus 13

 

Die prophetischen Gleichnisse aus Matthäus 13 werden immer wieder mißverstanden und falsch ausgelegt, um ein falsches, krankhaftes Größenwachstum der Christenheit zu rechtfertigen. In dieser falschen Auslegung dienen sie dazu, den heutigen Christen den Blick für die wahre Entwicklung der Endzeit zu verdunkeln. Wenn wir sie richtig verstehen, geben sie uns jedoch wichtige Aufschlüsse über das Wesen der wahren Gemeinde und ihren Weg.[4]

 

Die Gleichnisse handeln von den Geheimnissen des Reiches der Himmel (V. 11). Der Herr möchte Seinen Jüngern zeigen, wie sich die Königsherrschaft Gottes in der Zeit entwickeln wird, in der Christus zur Rechten Gottes im Himmel sitzt und die Gemeinde als Sein Zeugnis auf der Erde existiert. Von einer solchen Zeitspanne wußten die Jünger, die ja nur die Schriften des AT kannten, nichts; sie erwarteten, daß der Herr noch in ihren Tagen das verheißene messianische Königreich aufrichten werde (vgl. Apg. 1,6).

 

Der Herr offenbart ihnen nun die Geheimnisse, die mit der Existenz des Reiches der Himmel im Heilszeitalter der Gemeinde verbunden sind. Es handelt sich, wohlgemerkt, um mehrere Geheimnisse, nicht nur um eines. Das Reich der Himmel, so enthüllt ihnen der Herr, wird von scharfen und merkwürdigen Gegensätzen gekennzeichnet sein.

 

Zum einen geht es um ein Geheimnis, das die Propheten Israels nicht erkannt hatten, weil es "von den Weltzeiten und von den Geschlechtern her verborgen war" (Kol. 1,26). Dieses Geheimnis ist die Gemeinde, die Herausgerufene, das neue Eigentumsvolk, das Gott sich erwählte, nachdem das irdische Bundesvolk Israel seinen Messias verworfen hatte, und das aus Juden und Heiden besteht, die durch den Glauben an Jesus Christus errettet werden. Sie bildet sozusagen die verborgene Form des Reiches Gottes auf Erden zwischen dem ersten und dem zweiten Kommen des Messias - diejenigen, die als Wiedergeborene den Christus, den König in sich wohnen haben und sich Seiner Herrschaft unterwerfen.

 

Es muß jedoch betont werden, daß die Gemeinde nicht mit dem "Reich der Himmel" in Matthäus 13 identisch ist. Das "Reich der Himmel" umfaßt, wie die Auslegung von Matthäus 13 zeigen wird, alle Menschen, die sich in der Heilszeit der Gemeinde äußerlich zu Christus bekennen und Seine Herrschaft formal anerkennen - es schließt also neben der wahren, gläubigen Gemeinde auch die gesamte Namenschristenheit ein, die ein Bekenntnis zu Christus abgelegt hat, ohne Ihm wirklich von Herzen anzugehören und wiedergeboren zu sein. Vom Verhältnis dieser zwei grundlegend unterschiedlichen Elemente innerhalb des Reiches der Himmel handeln einige Gleichnisse aus Matthäus 13, wie wir gleich sehen werden.

 

Zu den Geheimnissen des Reiches der Himmel gehört also auch das Geheimnis des Bösen in diesem äußerlichen Bereich der Christenheit, das Geheimnis der Gesetzlosigkeit (2. Thess. 2,7). Wir sehen es in Form eines rein äußerlichen Größenwachstums, das nicht gottgewollt, sondern vom Bösen gewirkt ist, der in diesen Gleichnissen als aktiv Handelnder mehrfach auftritt. Es ist zugleich das Geheimnis einer pseudochristlichen, in Wahrheit antichristlichen Massenbewegung - das Geheimnis des Weibes, der Hure Babylon (vgl. 2. Thess. 2,7; Offb. 17,5.7), die für die abgefallene Namenschristenheit steht.

 

 

Der große Gegensatz zwischen wahren Gläubigen und der Namenschristenheit

 

1. Das Gleichnis vom Sämann, das unmittelbar zunächst den Dienst des Herrn auf Erden betrifft, gilt im weiteren Sinn für die ganze Gemeindezeit. Nach der Ablehnung des Messias durch Israel wird das Evangelium in der ganzen Welt verbreitet. Der Sämann ist der Herr selbst, der durch Seine Knechte wirkt. Der Same ist das Evangelium. Das Gleichnis zeigt nun, daß die Mehrzahl der Menschen, die das Evangelium hören, es nicht annehmen werden, sondern nur die, die durch Gottes Gnade zubereitete Herzen haben, die Auserwählten (vgl. dazu Joh. 6,44: "Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht"; Joh. 17,2.6; 2. Kor. 4,3f.; 2. Tim. 2,10). Die wahre Gemeinde wird immer eine Minderheit unter denen sein, die das Evangelium hören und sich äußerlich zu Christus bekennen.

 

2. Das Gleichnis vom Weizen und vom Unkraut spricht vom Wirken Satans als Verführer der Gemeinde (vgl. u.a. Apg. 20,29f.; 2. Korinther 11; 2. Petrus 2; Jud. 4ff.). Mitten unter die wahren Kinder Gottes, die aus dem wahren Evangelium gezeugt sind, sät der Feind vermittels falscher, verführerischer Lehren falsche Christen, die äußerlich den wahren ähneln, aber innerlich verdorben sind (versinnbildlicht durch den "Lolch", ein giftiges Unkraut, das äußerlich nur schwer vom Weizen zu unterscheiden ist). Zu ihnen gehören alle Irrlehrer ("falsche Lehrer (...), die verderbenbringende Parteiungen heimlich einführen werden" - 2. Petr. 2,1) alle falschen Propheten (1. Joh. 4,1) und falschen Apostel (Offb. 2,2), die "betrügerischen Arbeiter", die dem Satan in Lichtengelsgestalt dienen (2. Kor. 11,13f.).

 

Die Worte des Herrn in dem Gleichnis: "Laßt beides zusammen wachsen bis zur Ernte" sind von vielen Christen mißdeutet worden und waren Anlaß für manche unbiblischen Haltungen unter Gläubigen. Sie bedeuten keineswegs, daß die wahren Gläubigen das Gebot der Absonderung von den Sündern mißachten und sich in Großkirchen unter ein ungleiches Joch mit Ungläubigen oder liberalen Theologen spannen lassen sollten (vgl. 2. Kor. 6,14-18). Es ist auch nicht gemeint, daß man in der Gemeinde auf Zucht verzichten und die Bösen nicht richten und hinaustun sollte, wo sie offenbar werden (vgl. u.a. 1. Korinther 5). Ebensowenig widerlegt dieser Satz das klare Gebot der Schrift, sich von allen, die Irrlehren vertreten, scharf abzugrenzen und alle falschen Lehren zu bekämpfen (Rö. 16,17; 2. Joh. 7-11).

 

Der wahre Sinn dieser gleichnishaften Aussage dürfte dagegen darin liegen, den Gläubigen zu zeigen, daß Gott bewußt und aus guten Gründen die Existenz verderblicher Irrlehren in der Christenheit zuläßt und nicht etwa alle Irrlehrer durch frühzeitigen Tod zeichenhaft richtet. Diese Frage, weshalb Gott den Verfall und die Verführung in der Gemeinde Christi überhaupt duldet, kommt sicherlich jedem Gotteskind ins Herz, wenn es voll Schmerz auf die Zerstörung schaut, die der Feind durch seine Werkzeuge im Haus Gottes anrichten darf.

 

Der Herr will uns mit dem Hinweis trösten, daß dieser notvolle Zustand in Gottes weisem Plan für die Gemeinde einbegriffen ist, und daß am Ende der Zeiten das Gericht über diese Verderber und Verführer unausweichlich kommen wird (vgl. 2. Petr. 2,3; Jud. 13-15). Das Gleichnis illustriert die Wahrheit aus 2. Petr. 3,9: "Der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts, wenn sie bestraft werden (...)"

 

Das Gericht "am Ende des Zeitalters" betrifft jedoch nicht mehr die Gemeinde, sondern die Situation im Reich der Himmel bei der Wiederkunft des Christus auf die Erde, wenn die christusgläubigen Juden und Heiden, die das "Evangelium vom Reich" angenommen haben (vgl. Mt. 24,14), das Reich ererben, während die antichristlich verführten Scheinchristen von den Engeln gerichtet werden (vgl. Mt. 24,31; 2. Thess. 1,7-10; Offb. 14,14-20).

 

3. Im Gleichnis vom Senfkorn wird ein weiteres Merkmal des äußerlichen Reiches der Himmel, d.h. der Namenschristenheit geoffenbart: ein bestimmungswidriges, wucherndes, krebsartiges Wachstum. Der wahre Senfkornsame bringt ein Kraut hervor; in diesem Gleichnis wird ein großer Baum daraus. Dieses Gleichnis haben die Vertreter der Großkirchen und auch zahlreiche Ausleger in der Gemeinde so gedeutet, als sei dieses Größenwachstum etwas Gutes und vom Herrn Gebilligtes. Die "Vögel des Himmels" wurden als ganze Völker gedeutet, die in der Gemeinde Zuflucht finden würden. Letztlich gehen auch die charismatischen Lehren von der Endzeiterweckung in diese Richtung.

 

Aber diese Deutung stünde weder mit der Aussage der anderen Gleichnisse im Einklang noch mit den Bezügen, die sich in der Bibel zu diesem Bild finden. Zweimal, in Hes. 31,6 und in Dan. 4,18, wird das Bild eines übergroßen Baumes, in dem die Vögel des Himmels nisten, prophetisch verwendet: das einemal bezieht es sich auf den Pharao und sein Reich, und das anderemal auf Nebukadnezar und sein Reich. Beidesmal handelt es sich um ein Bild menschlich-sündiger Größe und Selbstüberhebung, der das Gericht Gottes folgt (vgl. auch Ps. 37,35!).

 

So wird es auch mit der Namenschristenheit sein, die von sich sagt: "Ich bin reich und habe Überfluß und bedarf nichts". Sie wird unter der Obhut des Fürsten dieser Welt groß und immer größer, bis sie die ganze Welt umspannt; sie wird "katholisch" (allgemein, alle betreffend) und "ökumenisch" (die ganze bewohnte Erde umfassend). Sie entwickelt eine menschliche, gegen Christus gerichtete Größe und Macht, die auf der Pervertierung des wahren Evangeliums beruht. Die Vögel des Himmels symbolisieren unreine, dämonische Geister, die in der Endzeitkirche zunehmend Wohnung finden; sie ist "Babylon, die große, und ist eine Behausung von Dämonen geworden und ein Gefängnis jedes unreinen Geistes und ein Gefängnis jedes unreinen und gehaßten Vogels" (Offb. 18,2).

 

4. Das Gleichnis vom Sauerteig gibt uns wiederum ein Bild von ungesundem, zerstörerischem Wachstum. Auch dieses Gleichnis ist von vielen Auslegern positiv gedeutet worden: Das Evangelium und die Kirche werde die ganze Welt durchdringen und sie zum Guten verwandeln. Interessanterweise finden sich auch hier wieder Parallelen zu den Irrlehren vieler Charismatiker über die "Heilung der Gesellschaft" und die Bekehrung ganzer Nationen, die angeblich durch die Gemeinde bewirkt werden solle.

 

Sauerteig wird jedoch in der Bibel immer und ausschließlich als ein Bild des Bösen gebraucht. Es ist bezeichnend, daß hier eine Frau am Wirken ist; dort, wo der Herr wirkt, ist Er in Gleichnissen immer als Mann bezeichnet. Kann diese Frau die Gemeinde sein? Nein, denn sie ist in diesem Gleichnis mit dem Weizen symbolisiert - einem Bild der Reinheit und der Christusnatur (vgl. Joh. 12,24).

 

Abgesehen von der reinen Jungfrau, der Gemeinde, finden wir die Frau im NT auch als Bild einer Verführungsmacht, und so ist sie auch hier zu deuten. Die Frau in Mt. 13,33 hat Bezüge zu der falschen Prophetin Isebel (Offb. 2,20ff.) und zu der Hure Babylon (Offb. 17,1-6). Sie mischt den Sauerteig - ein Bild von Verderbnis, Sünde (1. Kor. 5,6-8), Verführung (Gal. 5,9) und Irrlehre (Mt. 16,12), mitten unter das Mehl, bis es ganz durchsäuert ist.

 

Die Aussage dieses Gleichnisses ist ebenso klar wie beunruhigend: Nicht zunehmender Fortschritt und geistliche Höherentwicklung werden die Geschichte des Christentums kennzeichnen, sondern zunehmende Verführung und Verderbnis, der wachsende Abfall der Namenschristenheit von dem lebendigen Sohn Gottes und der Wahrheit des Evangeliums. Die Geschichte der Christenheit durch die Jahrhunderte und die Entwicklung in den namenschristlichen Großkirchen unserer Zeit ist eine eindrückliche Bestätigung für die geistliche Wahrheit, die in diesem Gleichnis ausgedrückt wird.

 

 

Die Gemeinde als auserwählter Gegenstand der Liebe Christi

 

5. Im Gleichnis vom Schatz im Acker ist der Mensch, der den Schatz fand, nicht etwa der Sünder, der zum Herrn findet, sondern es ist der Herr Jesus selbst, der die Sünden der ganzen Welt trägt und das Lösegeld für die ganze Welt bezahlt um der Auserwählten willen, die an Ihn glauben und Ihm angehören. Sie sind der Schatz, und in diesem Bild wird der Charakter einer auserwählten Minderheit der Erlösten deutlich.[5]

 

6. Auch das Gleichnis von der kostbaren Perle zeigt den Herrn Jesus selbst, der, um uns mit Seinem Blut zu erkaufen, die himmlische Herrlichkeit verließ, arm wurde, Knechtsgestalt annahm und Sein Leben hingab für uns. Die kostbare Perle ist die Gemeinde; auch in diesem Bild wird angedeutet, daß sie etwas Auserwähltes darstellt, herausgenommen aus dem Meer der Nationen.

 

7. Das Gleichnis vom Fischnetz dagegen bezieht sich auf den Zustand des Reiches der Himmel "in der Vollendung des Zeitalters", d.h. während der Drangsalszeit und beim Wiederkommen des Herrn. Hier geht es nicht mehr um die Gemeinde, die zu diesem Zeitpunkt bereits entrückt ist, sondern um diejenigen, die sich in der Drangsalszeit zu Christus bekennen (vgl. 2.). Es betont noch einmal die unvereinbaren Gegensätze, das Nebeneinander von Falschem und Echtem im äußerlichen Rahmen des Christusbekenntnisses. Doch am Ende zeigt sich: "Der Herr kennt, die sein sind" (2. Tim. 2,19).

 

Was zeigen uns die Gleichnisse unseres Herrn in Matthäus 13?

 

1. Die wahre Gemeinde ist ihrem Wesen nach eine auserwählte Minderheit. Wir dürfen im Zeitalter der Gemeinde keine Massenbekehrungen ganzer Völker, Städte oder Landstriche erwarten. Es sind immer nur Einzelne, die den Ruf Gottes hören und errettet werden.

 

2. Dort, wo das Christentum eine massenhafte Tendenz und Entwicklung zur Größe nimmt, ist die Verführung des Feindes im Spiel. "Weltweite Erweckungsbewegungen", "Heilung der Nationen" und "Einheit der Christenheit" gehören nicht zum biblischen Weg der wahren Gemeinde, sondern zum Programm der abgefallenen Weltkirche, zum Repertoire des Verführers.

 

3. Die wahre Gemeinde hat in der Endzeit kein sprunghaftes Wachstum, keine triumphalen Höhenflüge zu erwarten, sondern wird eine kleine Schar sein, die ihrem Herrn inmitten von allerlei Bedrängnissen die Treue hält. Dem Herrn geht es nicht um die zahlenmäßige Größe und äußerliche Herrlichkeit Seiner Gemeinde, sondern sie ist für Ihn ein Schatz im Verborgenen, Er sucht ihre innere Schönheit und Herrlichkeit, die einer sehr kostbaren Perle gleicht. In diesem Sinn können wir 1. Petr. 3,3f. auch übertragen auf die Gemeinde anwenden: "Euer Schmuck sei nicht der äußerliche durch Flechten der Haare und Umhängen von Gold oder Anziehen von Kleidern, sondern der verborgene Mensch des Herzens im unvergänglichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr köstlich ist."

 

 


Endzeitliche Massenbekehrungen widersprechen den Aussagen der Bibel

 

Von der Heiligen Schrift her ist für die Endzeit keine echte, weltweite Massenbekehrung zu erwarten. Wir haben oben gesehen, daß die Gemeinde von ihrem ganzen Wesen her eine Auswahl, eben die Herausgerufene ist, und zu allen Zeiten nur eine kleine Minderheit der Menschheit umfaßt hat und umfassen wird. Dies gilt aber umso mehr in der letzten Zeit, deren Kennzeichen (wir werden unten noch ausführlicher darauf eingehen) wachsende Verführung und Verblendung, zunehmende Sünde und widergöttliche Rebellion ist.

 

Die Bibel zeigt uns ganz nüchtern, daß auch die Heiden, wie die Juden, in ihrer übergroßen Mehrzahl das Evangelium ablehnen werden. Die prophetische Offenbarung der Endzeitereignisse zeigt uns, wie die große Zusammenrottung der götzendienerischen Völker am Ende ihre Heere bei Harmaggedon gegen das Volk Israel und gegen den Christus richtet. Wo sollten diese Massen herkommen, wenn die Völker sich in der "endzeitlichen Geistesausgießung" zu Christus bekehrt hätten? Nein, die Offenbarung zeigt uns, daß die Masse der Völker hartnäckig am Bösen festhalten und sich willig den Verführungen der Hure Babylon und des Antichristen ergeben, so daß selbst die glühenden Zorngerichte Gottes sie nicht zur Buße bewegen können (Offb. 9,20f.; 13,3f.; 13,14.16; 14,8; 17,2).

 

Die von der Bibel geweissagte Massenbewegung der Endzeit ist eine antichristliche Bewegung, sie steht im Zusammenhang mit dem verführerischen, zauberischen Wirken der Hure Babylon, d.h. der falschreligiösen, scheinchristlichen Einheitskirche der Endzeit. Von ihr wird im Wort Gottes bezeugt: "Komm her, ich will dir das Gericht über die große Hure zeigen, die an vielen Wassern sitzt, mit der die Könige der Erde Unzucht [d.h. geistliche Hurerei] getrieben haben, und die Bewohner der Erde [das ist eine Massenbewegung!] sind trunken geworden von dem Wein ihrer Unzucht" (Offb. 17,1f.).

 

Das Urteil Gottes über die große falschreligiöse "Massenerweckung" der Endzeit lautet: "(...) Denn durch deine Zauberei sind alle Nationen verführt worden" (Offb. 18,23). Ihr Bündnis mit dem antichristlichen Tier (Offb. 17,3) wird mit zu der letzten religiösen Massenbewegung der Endzeit beitragen: "Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn [das antichristliche Tier] anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an" (Offb. 13,8). Der Höhepunkt und das Ziel der verführerischen Massenbewegungen der Endzeit besteht in der Anbetung des Antichristen und des Satans selbst durch die ganze Erde (Offb. 13,3f.).

 

Dagegen wird die wahre Gemeinde in der letzten Zeit in der Defensive sein und eine kleine Minderheit innerhalb der äußerlichen Namenschristenheit bilden. Sie wird ganz sicherlich bis zum Ende ein wirkungskräftiges Zeugnis für das Evangelium sein, und durch Gottes Gnade werden immer noch auserwählte Menschen errettet werden. Die biblische Perspektive schließt gewiß auch nicht aus, daß gerade unter den Völkern, die das Evangelium erst seit relativ kurzer Zeit verkündigt bekommen haben, eine größere Zahl von Menschen zum Glauben kommen kann und lebendige, wachsende biblische Gemeinden entstehen.

 

Dagegen wird man die Aussichten auf eine breitere Wirkung des Evangeliums unter den "christlichen" Völkern des "Abendlandes", die das Wort Gottes über Jahrhunderte bei sich hatten und mehrheitlich verworfen haben, sehr zurückhaltend beurteilen müssen. Hier geht es nicht darum, der Resignation oder Untätigkeit das Wort zu reden - bibeltreue Christen sollen hoffen, beten und wirken für eine möglichst tiefe und breite Wirkung des Evangeliums unter den Verlorenen. Aber eine unnüchterne, schwarmgeistig überzogene und heilsgeschichtlich falsche Erwartung von Massenbekehrungen blockiert und zerstört den echten evangelistischen Dienst der Gemeinde Jesu genauso wie eine einseitig pessimistisch-passive Haltung.

 

 

2. Die Entwicklung der Welt in der Endzeit: Ausreifung des Bösen

 

Die Bibel sagt uns, daß in den letzten Tagen schlimme (od. böse, gefährliche, schwere) Zeiten eintreten werden (2. Tim. 3,1). Die letzten Tage, die ausreifende Endzeit wird also, geistlich gesehen, nicht von einem Siegeszug des Guten und Göttlichen gekennzeichnet sein, sondern von einem Wachstum des Bösen in der Welt, das sich auch in der Gemeinde als Verfall niederschlägt (vgl. Mt. 24,12; 2. Tim. 3,1-5).

 

Die Endzeit ist Reifungszeit, Zeit, die der göttlich bestimmten Vollendung entgegenläuft. Was die gegenwärtige böse Weltzeit angeht, so wird sie in diesem Reifungsprozeß nicht besser, sondern zunehmend verderbter und schlimmer. Die Sünde wird immer mehr überhand nehmen, sie wird dreister werden, immer herausfordernder und frevelhafter.

 

 

a) Die letzten Tage sind wie die Tage Noahs und Sodoms

 

Unser Herr vergleicht die Zeit des Endes mit der Zeit kurz vor der Sintflut: Die Menschen werden in dreisten Sünden, in Okkultismus und Perversionen ruhig und selbstzufrieden vor sich hinleben und auf die Prediger der Gerechtigkeit nicht achten, bis sie das göttliche Gericht überfällt (Mt. 24,37-39; vgl. 2. Petr. 2,4-9). Von der Menschheit kurz vor der Sintflut sagt uns das Wort Gottes: "Und der HERR sah, daß die Bosheit des Menschen auf der Erde groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag" (1. Mo. 6,5). Nicht zuletzt durch okkulte Perversionen hatten die sündigen Menschen ihre Bosheit auf die Spitze getrieben, so daß Gott eingreifen mußte: "Die Erde aber war verdorben vor Gott, und die Erde war erfüllt mit Gewalttat. Und Gott sah die Erde, und siehe, sie war verdorben; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verdorben auf Erden." (1. Mo. 6,10-12). Die Folge war das göttliche Zorngericht (V. 13.17).

 

In Lk. 17,28-34 zieht unser Herr auch das Gericht über Sodom als Bild für die letzte Zeit heran. Auch hier finden wir perversen Okkultismus und schreckliche Sünden, in Dreistigkeit begangen, bevor die göttlichen Feuerflammen die Frevler verzehrten (vgl. auch hier wieder die interessante Parallele in 2. Petr. 2,6-8 bzw. Jud. 7). An den Bewohnern Kanaans können wir auch einen Grundsatz von Gottes Regierungswegen mit der Welt lernen; als Gott Abraham das Land Kanaan für eine ferne Zukunft verheißt, sagt Er: "denn das Maß der Schuld des Amoriters ist bis jetzt noch nicht voll" (1. Mo. 15,16). Gott schaut in Seiner Langmut und dem Wunsch, die Menschen zur Buße zu führen, der Bosheit lange zu (vgl. 2. Petr. 3,7-9); aber Er hat ein Maß, und wenn die Bosheit ausreift und auf die Spitze getrieben wird, dann kommt das göttliche Gericht ohne Zögern und Erbarmen über die Frevler, dann, "wenn die Frevler [od. Abgefallenen] das Maß vollgemacht haben" (Dan. 8,23).

 

 

b) Die Ausreifung des Bösen ist notwendig

 

Wir leben nun nach der Aussage der Bibel in genau solch einer Zeit. Diese Welt ist voll Bosheit, und die Bosheit wächst und wird immer stärker, bis sie das Maß voll macht in der antichristlichen Rebellion der Völker gegen den lebendigen Gott. Wir leben noch nicht in der eigentlichen Herrschaftszeit des Antichristen und werden sie nur aus dem Himmel mitbekommen - aber wir leben in einer Zeit, in der antichristliche Tendenzen wachsen und das "Geheimnis der Gesetzlosigkeit" immer stärker wirkt, bis es in nicht allzuweiter Zukunft offen ausbrechen wird (2. Thess. 2,7).

 

Diese Entwicklung ist von Gott so verordnet und in ihrer Gesamttendenz heilsgeschichtlich notwendig; die Gemeinde kann sie nicht verhindern. Wohl aber kann und soll sie durch ihre Gebete und ihr Zeugnis diese Entwicklung zum Bösen noch bremsen und aufhalten, wo das möglich ist, und in den unvermeidlichen Gerichten Gottes über die Völker immer wieder um Gnade bitten, um Aufschub und Raum zur Umkehr - und sie wird darin gewiß von Gott erhört werden.

 

Aber dieser priesterlich-fürbittende Dienst der Gemeinde wird letztlich an der Entwicklung der letzten Tage, an der Ausreifung des Bösen nichts Entscheidendes ändern können. Es ist hier sehr wichtig, daß wir Christen heute unseren Handlungsspielraum weder schwärmerisch überschätzen noch pessimistisch unterschätzen, sondern die biblischen Linien unseres Dienstes in der Endzeit nüchtern erkennen.

 

 

c) Die Vorherrschaft des Bösen ist Gottes Gericht über eine gottlose Welt (2. Thessalonicher)

 

In allen Entwicklungen der Endzeit ist es wichtig, klar vor Augen zu haben, daß die zunehmende Entfaltung und Vorherrschaft der Gesetzlosigkeit und des Bösen nicht auf eine schrankenlose Eigenmächtigkeit der Menschen oder eine Willkürherrschaft des Teufels zurückgeführt werden kann. Sie ist vielmehr Bestandteil des souveränen Regierungs- und Gerichtshandelns Gottes an einer Welt, die Ihn, Sein Wort, Sein Heil hartnäckig und höhnisch zurückgewiesen hat.

 

Diese Wahrheit wird uns besonders im 2. Thessalonicherbrief geoffenbart. Dieser Brief ist eine kostbare prophetische Offenbarung für uns Gläubige der Endzeit und verdient unser intensives Studium und ernstliche Beachtung für die Ausrichtung unseres geistlichen Lebens.[6]

 

Wir wollen hier einige wichtige Aussagen dieses Briefes zu unserem Thema betrachten. Der Ausgangspunkt des Briefs ist die Bedrängnis, in der sich die Thessalonicher durch Verfolgungen seitens ihrer heidnischen Umgebung befanden (V. 4f.; vgl. 1. Thess. 2,14; 3,1-4). Ihre Standhaftigkeit und Glaubenstreue in den Übergriffen von Seiten der Götzendiener ist ein Anzeichen des gerechten Gerichts über die Bösen; die Gläubigen demonstrieren damit, daß das Reich Gottes, um dessentwillen sie leiden, sich am Ende stärker erweisen wird als das Reich der Finsternis, dem die Christenverfolger dienen (V. 5).

 

 

Der große Tag des Herrn

 

Paulus lenkt den Blick der Angefochtenen, die momentan das Eingreifen Gottes gegen ihre Bedränger nicht erlebten, auf das Endgericht Gottes am Tag des Christus (identisch mit „Tag des Herrn“), der eine große Abrechnung mit all denjenigen sein wird, die Feinde Gottes waren und sind (vgl. 2. Petr. 3,3-12). Für sie selbst wie für alle wahren Gläubigen wird dieser Tag Erquickung und Ruhe bringen, wenn der Herr in Seiner Herrlichkeit auf Erden offenbart wird, denn sie sind zu diesem Zeitpunkt schon mit Ihm durch die Entrückung vereint (vgl. 1. Thess. 4,13-18; 2. Thess. 2,1f.) und werden "mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit" (Kol. 3,4; vgl. 2. Thess. 1,10-12).

 

Für die Frevler, die Sünder aber, diejenigen, "die Gott nicht anerkennen und die dem Evangelium unseres Herrn Jesus nicht gehorsam sind" (V. 8 - Sch), entbrennt dann der lange zurückgehaltene Zorn Gottes (2. Petr. 3,7-10 - Sch) über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen (vgl. Rö. 1,18-32) in seiner ganzen Schärfe: "Sie werden Strafe erleiden, ewiges Verderben vom Angesicht des Herrn und von der Herrlichkeit seiner Stärke" (V. 9). Dieser Tag des Herrn wird das gerechte Gericht Gottes mit sich bringen, die Abrechnung, die Vergeltung für alle Bosheit, die sündige Menschen auf dieser Erde begangen haben.

 

Der "Tag des Herrn" ist in Wahrheit ein langer, mehrere Phasen umspannender Zeitraum (vgl. 2. Petr. 3,8), in dem Gott durch den Herrn Jesus Christus als Richter Sein Gericht über alle Geschöpfe vollendet. Dieser große Gerichtstag beginnt in gewisser Weise bereits mit der Entrückung der Gemeinde, wenn die letzten Schranken für die Flut der Bosheit und des Verderbens beseitigt werden und die Siegelgerichte über die Welt hereinbrechen. Das umfassende Gericht Gottes schließt auch das Preisgericht über die Gläubigen ein (vgl. 1. Kor. 1,8; 3,13; 4,3-5; 2. Kor. 1,14; Phil. 1,6; 1,10; 2,16; 1. Joh. 4,17); dieser besondere Gerichtstag des Herrn für die Gemeinde, bei dem es nicht um Heil oder Verdammnis, sondern um den Lohn der Erlösten geht, wird im NT als "Tag unseres Herrn Jesus Christus" bzw. als "Tag des Christus" bezeichnet.

 

Der eigentliche Höhepunkt des "Tages des Herrn" jedoch ist die Wiederkunft des Christus auf Erden in Herrlichkeit (vgl. Mal. 3,2-5; Jes. 2,10-21; Jes. 13,6-13; Joel 2,1-11; Am. 5,18-20; Zeph. 1,14-18; Sacharja 12, 13, 14) und das Gericht an den Feinden Gottes, die zu der Zeit auf Erden leben, besonders an dem Antichrist. Er schließt den Sturz Satans und seiner Engel und deren Bindung ein, das Tausendjährige Reich, die letzte antichristliche Völkerrebellion nach Freilassung des Satans, die endgültige Verbannung Satans in den Feuersee und das Endgericht über alle Menschen, die nicht im Lebensbuch des Lammes stehen.

 

Am Ende dieses Gerichtstages vergehen die jetzigen Himmel und die Erde, die alte Schöpfung, im Feuer Gottes (2. Petr. 3,10-13 - Sch), und nach diesem Gerichtstag krönt Gott Sein herrliches Erlösungswerk mit der Neuschöpfung von Himmel und Erde: "Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel herabsteigen von Gott, zubereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut" (Offb. 21,1f. - Sch).

 

 

Gott ist ein Gott des Gerichts

 

Die ernsten, ehrfurchtgebietenden Worte, die die Heilige Schrift gebraucht, um das große Gericht des heiligen Gottes über die sündige Menschheit zu beschreiben, mögen vielen Christen Unbehagen bereiten, die bereitwillig eine einseitige Verkündigung aufgesogen haben, nach der Gott die Sünder nur und bedingungslos liebe und "annehme, so wie sie sind".

 

Das gerechte Gericht Gottes, der glühende Zorn Gottes über alle Sünde und alle Gottlosigkeit kommt in der "modernen" Verkündigung auch in gläubigen Kreisen kaum mehr vor. Deshalb erkennen sie Gott auch nicht als den Richter, sie erkennen nicht Sein Gerichtshandeln in der Geschichte und besonders in den letzten Tagen. Die Schrift aber sagt von Gott, dem Sohn, dem Lamm:

 

"Dein Thron, o Gott, ist immer und ewig,

ein Zepter der Geradheit ist das Zepter deiner Herrschaft.

Gerechtigkeit hast du geliebt und Gottlosigkeit [od. Frevel, Gesetzlosigkeit] gehaßt:

darum hat Gott, dein Gott dich gesalbt

mit Freudenöl vor deinen Gefährten." (Ps. 45,7f.)

 

Gott haßt die Sünde, alle Bosheit und Ungerechtigkeit; sie ist absolut unvereinbar mit Seinem gerechten, heiligen Wesen, mit Seiner Liebe. Daher spricht die Weisheit Gottes: "Die Furcht des HERRN bedeutet, Böses zu hassen. Hochmut und Stolz und bösen Wandel und einen ränkevollen Mund, das hasse ich" (Spr. 8,13). Die Schrift bezeugt aber auch, daß Gott die Gottlosen, die Frevler haßt, die, die Ihn verwerfen:

 

"Denn du bist nicht ein Gott, der an Gottlosigkeit [od. Frevel, Gesetzlosigkeit] Gefallen hat;

bei dir darf ein Böser nicht weilen.

Verblendete dürfen nicht vor deine Augen hintreten;

du hassest alle, die Frevel tun.

Du läßt die Lügenredner verlorengehen;

den Mann des Blutes und des Truges verabscheut der HERR." (Ps. 5,5-7)

 

Gottes Liebe zu den verlorenen Sündern hat sich darin geoffenbart, daß Er Seinen Sohn als Opferlamm für sie gegeben hat (Joh. 3,16) und einen Weg zur Umkehr und Versöhnung geöffnet hat durch den Kreuzestod Jesu Christi. Wer aber diesen Weg ablehnt und Christus nicht annimmt, auf dem bleibt der Zorn Gottes (Joh. 3,18-21.36), und je weiter wir in der letzten Zeit fortschreiten, umso eindringlicher erweist sich das Wort aus Rö. 2,4-6: "Oder verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut und weißt nicht, daß die Güte Gottes dich zur Buße leitet? Nach deiner Störrigkeit und deinem unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf für den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, der einem jeden vergelten wird nach seinen Werken (...)"

 

 

Das Ausreifen der Bosheit als endzeitliches Gericht

 

Mit dem Fortschreiten der Bosheit verschärft sich auch Gottes Gerichtshandeln gegen die sündigen Menschen der Endzeit. Auch darin können wir bei allem Leid, das durch verstärkte Hungersnöte, Naturkatastrophen und Kriege ausgelöst wird, noch die Gnade Gottes erkennen, der mit ernsten Erschütterungen zur Umkehr mahnt, bevor es zu spät ist und sich Sein Zorn unaufhaltsam über die Frevler ergießt.

 

Auch die zunehmende Gesetzlosigkeit und Zügellosigkeit der Sünde ist in gewisser Weise Ausdruck des Gerichtes Gottes. Römer 1 zeigt uns, daß eine Züchtigungsmaßnahme Gottes für unbußfertige, dreiste Sünder darin besteht, daß Er sie dahingibt in einen verworfenen Sinn, zu tun, was sich nicht geziemt (Rö. 1,28). Das bedeutet, daß Er Seine bewahrende Gnade mehr und mehr zurückzieht und die bösen Menschen in einer unheilbaren Verblendung und einem Taumel der Sünde ihrer eigenen Bosheit überläßt. Verblendung und Verstockung der Herzen sind Gerichtswege Gottes an denen, die Ihn hassen und ablehnen und trotz Mahnung an der Sünde festhalten (vgl. das Vorbild des Pharao, 2. Mose 4-11).

 

 

Der Antichrist als Gerichtswerkzeug Gottes

 

Nur aus diesem heiligen Ernst der Gerichtswege Gottes heraus können wir verstehen, daß auch das Kommen des Menschen der Sünde (Lu12), des Antichristen, letztlich ein Teil von Gottes Plan mit dieser verdorbenen Welt ist. Die Welt hat den wahren Propheten, den wahren Messias abgelehnt; nun soll sie bekommen, was sie sich gewünscht hat - einen falschen Propheten und falschen Messias, dem sie zu Füßen liegen wird (vgl. Offenbarung 13).

 

Gottes Gerichtswege zielen darauf ab, ans Licht zu bringen, was an Bosheit, Verdorbenheit und Gottfeindlichkeit im Herzen der sündigen Menschen verborgen ist. Der Antichrist, die Verkörperung und Krönung der gottfeindlichen falschen Religion des sündigen Menschen (Babylon), ist somit ein Werkzeug des Gerichtes Gottes; er wird auf die Spitze treiben und vollenden, was diese gottlose Welt unter der Regie ihres Fürsten in all den Jahrtausenden an Frevel gegen den heiligen Gott begangen hat. Erst dann, so belehrt uns der 2. Thessalonicherbrief, wird der Tag des Herrn kommen, der große Tag der Abrechung - erst, wenn das Maß der Schuld voll ist.

 

Wenn der Satan den Antichristen offenbar machen wird, dann kann er dies nur, weil Gott es so zugelassen und gewollt hat; die antichristliche Auflehnung gegen Gott ist Teil von Gottes Gericht über die Menschen und keinesfalls Seiner obersten Regierungsgewalt entzogen. Das wird in Offenbarung 13 deutlich, wenn von dem ersten Tier, dem antichristlichen römischen Reich, mehrfach gesagt wird: "Und es wurde ihm [von Gott!] gegeben..." "Und es wurde ihm Macht gegeben, zweiundvierzig Monate zu wirken."

 

Weder der Drache noch das Tier können von sich aus Macht an sich reißen gegenüber dem, der allmächtig ist und über dem Kosmos thront. Sie können nichts tun, es sei denn, Gott gewährt es ihnen! So ist auch die Frist für das verführerische Wirken des Tieres genau bemessen, bis auf den Tag genau, nach dem Willen des Herrn, der diese Frist schon dem Propheten Daniel geoffenbart hat. Durch die Wirksamkeit der antichristlichen Mächte macht Gott die große Scheidung offenbar, die zwischen den Gottesleugnern und den Gläubigen besteht, zwischen den Verlorenen und den Auserwählten, zwischen denen, die das Tier anbeten und denen, die im Lebensbuch des Lammes stehen (Offb. 13,8).

 

 

Religiöser Betrug als Teil von Gottes Endgericht

 

Nur wenn wir dies bedenken, verstehen wir auch, weshalb Verführung ein Teil des Zorngerichtes Gottes über die Frevler ist, weshalb das Wort bezeugt: "Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrwahns, daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit" (2. Thess. 2,11f.). Verführung ist ein Gericht Gottes über die, die


Seinem Wort, Seiner Wahrheit nicht geglaubt haben. Sie macht offenbar, was in ihren Herzen ist, wem sie glauben wollen.

 

Wenn die Endzeit von zunehmender religiöser Verführung gekennzeichnet ist, so braucht das uns Gotteskinder nicht verzagt oder unsicher machen; all das geschieht unter göttlicher Zulassung und ist Merkmal der ausreifenden Bosheit der letzten Zeit, die sich immer deutlicher auf die Endphase, die Offenbarung des Antichristen, zubewegt.

 

Auch wenn der Wirkungskreis der wahren Gemeinde immer enger wird, die Menschen immer weniger offen sind für das Evangelium, das Falsche großen Zulauf erhält und das Echte verachtet wird, dann darf uns das nicht entmutigen, denn das sind die unvermeidlichen Kennzeichen einer Zeit, die auf das Endgericht zuläuft, in der die Bosheit und die Sünde noch einmal einen letzten Höhepunkt erreichen müssen, bevor Gott eingreift.

 

Unser Herr selbst hat diese Zeit so gekennzeichnet, daß in ihr die Gesetzlosigkeit (anomia) zunimmt (Mt. 24,12). Wer heute falsche Erwartungen nach einer Riesenerweckung und "Heilung der Gesellschaft" hegt, hat seine Ohren von der Wahrheit abgekehrt und sich den Fabeln zugewandt (2. Tim. 4,4). Unsere Hoffnung in dieser Zeit des Verfalls ist nicht eine schwarmgeistig aufgeputschte religiöse Massenbewegung, sondern es ist der wiederkommende Herr, den wir erwarten sollen, und umso sehnlicher erwarten werden, je mehr sich die zunehmende Bosheit der letzten Tage offenbart.

 

Das ist der Trost, den Paulus auch den Thessalonichern vermittelt, die wohl in Sorge waren, sie seien bereits mitten in den Zorngerichten des Tages des Herrn: Wir, die Söhne des Lichts, die durch Gottes Gnade Auserwählten und Geliebten, werden nicht in den Zorn des Gerichtstages, der großen Drangsal kommen, sondern vorher entrückt und mit unserem Erlöser vereinigt werden. "Denn Gott hat uns nicht zum Zorn bestimmt, sondern zum Erlangen des Heils durch unseren Herrn Jesus Christus" (1. Thess. 5,9). Die letzte Flut des Bösen kommt erst über die Erde, der Antichrist kann erst geoffenbart werden, wenn der, welcher jetzt noch zurückhält, aus der Mitte genommen ist (2. Thess. 2,7 - IL) - der Leib des Christus, die wahre Gemeinde (vgl. auch Offb. 3,10).[7]

 

 

3. Die Endzeit bedeutet für die Gemeinde Verfall und nicht Aufschwung

 

Wenn wir die Aussagen des NT über die Entwicklung der Gemeinde in der letzten Zeit betrachten, erkennen wir, daß sie keineswegs der triumphale Höhepunkt der Gemeindegeschichte sein wird, sondern im Gegenteil zunehmender Verfall, Zersetzung, Verführung und Untreue das Gesamtbild kennzeichnen wird. Die Sendschreiben der Offenbarung geben uns ein prophetisches Bild dieses Verfalls und Abfalls.

 

Auch wenn eine genaue Zuordnung der einzelnen Botschaften zu bestimmten Abschnitten der Gemeindegeschichte nicht ohne weiteres möglich ist und sicherlich sämtliche Sendschreiben Aspekte der Gemeinde Christi bis zu ihrer Entrückung ansprechen, läßt sich doch von Ephesus über Pergamon, Thyatira, Sardes bis zu Laodicea eine fortlaufende Linie des immer mehr ausreifenden Abfalls feststellen; einzig die treue Zeugengemeinde in der Verfolgung (Smyrna) und der treue Überrest in den Zeiten des Verfalls und der Verführung (Philadelphia) heben sich von diesem traurigen Bild ab.

 

 

Die prophetischen Aussagen der Briefe über den Verfall der Gemeinde

 

Diese Grundaussage der Sendschreiben wird bestätigt von den prophetischen Aussagen der Apostel über die letzte Zeit der Gemeinde. Auf sie, und nicht etwa auf die "Welt", bezieht sich ja das Wort in 2. Tim. 3,1-5:

 

"Dies aber wisse, daß in den letzten Tagen schwere [od. schlimme, böse] Zeiten eintreten werden; denn die Menschen werden selbstsüchtig [od. selbstliebend, gr. philautoi] sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, lieblos, unversöhnlich, Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, unbesonnen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine [äußere] Form der Gottseligkeit [od. Gottesfurcht] haben, deren [innere] Kraft aber verleugnen; und von diesen wende dich weg."

 

Solche Eigenschaften wie "unheilig", "mehr das Vergnügen liebend als Gott" und "die eine äußere Form der Gottesfurcht haben" können nicht von den Menschen gesagt werden, die mit dem Glauben und Christus überhaupt nichts zu tun haben wollen.

Hier geht es um solche, die sich selbst zur Gemeinde zählen, die der Namenschristenheit angehören, die vielleicht gläubige Gemeinden besuchen, auch wenn ihr Wandel zeigt, daß sie nicht wirklich wiedergeboren sind (vgl. V. 6-9). Solche weltförmigen, weltliebenden Christen (Jak. 4,4f.; 1. Joh. 2,15-17), die irdisch gesinnt sind und Feinde des Kreuzes Christi (Phil. 3,17-21) werden das äußere Erscheinungsbild der Gemeinde in den letzten Tagen weithin prägen (vgl. 2. Tim. 4,3f.). Das Wort unseres Herrn gilt auch für die Gemeinde der Endzeit: "und weil die Gesetzlosigkeit [anomia, auch Bosheit, Frevel] überhand nimmt, wird die Liebe [agapè] der meisten erkalten" (Mt. 24,12).

 

Hier wird angedeutet, daß diese bösen, gesetzlosen, verführerischen Einflüsse auch vor den wahren Gotteskindern (denn nur diese haben überhaupt agapè oder Gottesliebe) nicht haltmachen werden. In der Tat wären all die vielfältigen Ermahnungen an die wahren Gotteskinder, wachsam zu sein, sich vor dem Verführer zu hüten und sich nicht irreführen zu lassen, gar nicht nötig, wenn der Feind nur Scheinchristen verführen könnte.

 

Es werden nicht nur Menschen zum Abfall verführt, die keine wahren Gläubigen waren, es werden auch wahre Gläubige verführt, die dadurch zwar nicht ins Verderben kommen, die aber großen geistlichen Schaden erleiden können. "Da ihr, Geliebte, es nun vorher wißt, so hütet euch, daß ihr nicht durch den Irrwahn [od. Irreführung, Betrug] der Ruchlosen mitfortgerissen werdet und aus eurer eigenen Festigkeit fallt" (2. Petr. 3,17). "Seht auf euch selbst, damit ihr nicht verliert, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangt" (2. Joh. 8).

 

 

Die geistlichen Gefahren der letzten Zeit für Gläubige

 

Gläubige können in Gefahr kommen, die Welt liebzugewinnen (1. Joh. 2,15-17), eigensüchtig, träge und gleichgültig zu werden in einer fleischlichen Gesinnung (Jak. 4,1-10; Hebr. 5,11; 12,12) oder sich von falschreligiöser Verführung einfangen zu lassen (Kol. 2,8.18-23). Ja, echte Gotteskinder können sich von Irrlehrern verzaubern lassen, einem falschen Evangelium Glauben zu schenken (Gal. 1,6-10; 3,1): "Ihr lieft gut. Wer hat euch gehindert, der Wahrheit zu gehorchen? Die Überredung ist nicht von dem, der euch beruft. Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig" (Gal. 5,7f.).

 

Alle diese Faktoren der Lähmung, des Niedergangs und geistlichen Verfalls, der Untreue und Weltförmigkeit verstärken sich in der Endzeit auch unter den wiedergeborenen Gliedern der Gemeinde Christi. Viele lassen sich vom Zeitgeist, der immer der Geist dieser Welt ist, irreführen und von klarer, hingegebener Christusnachfolge abbringen.

 

Verführerische irrgeistige Strömungen und ein modernistisch verflachtes Kompromißchristentum breiten sich aus und führen viele Gotteskinder in die Irre. Liebe zu den Annehmlichkeiten und verführerischen Reizen dieser Welt, Orientierung auf Wissenschaft und Ausbildung, menschliche Organisation und eigene Kraft ersetzen das lautere Leben in Glauben und Gehorsam gegen die Schrift.

 

Ein Sich-Ausstrecken nach dem Taumelwein aus schwarmgeistiger Quelle, nach übernatürlichen "Kräften", "Gaben" und "Offenbarungen", eine letztlich mystisch-heidnische Erlebnisreligion wird für viele der Ersatz für das klare Lebenswasser des echten Heiligen Geistes, für ein biblisches Glaubensleben in der Kreuzesnachfolge, das ihnen zu fade erscheint.

 

Die teuflische Verführung der liberalen, gottlosen, ungläubigen "Theologie" hinterläßt ihre befleckenden und lähmenden Brandmale auch bei Gläubigen, die sich gegen das Gebot der Schrift von diesem Sauerteig nicht abgesondert haben, sondern meinten, in ihren Kirchen und Freikirchen bleiben zu müssen und sich so dem Gift über Jahre hinweg ausgesetzt haben.

 

Die raffinierten humanistischen Irrlehren der weltlichen Psychologie und Psychotherapie mit ihren satanischen Losungen der "Selbstliebe" und Verharmlosung der Sünde wirken bis in Bibelschulen und Gemeinden hinein. Unter dem Deckmantel "modern" aufgemachter Familien- und Single-Zeitschriften dringen schamloser Schmutz, dreist-freche Anzüglichkeiten und Witzeleien über Heiliges und eine irrgeistige Verkehrung wahren Glaubenslebens ungehindert in das Herz zahlreicher Christen.

 

Wer offene Augen hat, kann nicht umhin, der Diagnose der Bibel recht zu geben: Wenn man nicht auf die äußere Fassade, sondern auf den inneren geistlichen Zustand schaut, befindet sich die Gemeinde heute in einem schlimmen Stadium des Verfalls. Diejenigen, die den Weg mit dem Herrn wirklich treu und ernsthaft gehen wollen, bilden heute eine kleine Minderheit, die mehr und mehr verspottet und auch verfolgt werden wird. Auch bei ihnen, bei uns allen findet sich vieles, über das man sich nur persönlich und gemeinsam beugen kann vor unserem gnädigen, langmütigen Herrn.

 

Wir leben ganz gewiß nicht in einer Zeit des geistlichen Aufschwungs und der Massenerweckung; wir leben wahrhaft in schlimmen, bösen Zeiten und tragen selbst ihre Spuren vielfältig an uns, was uns zur Buße, Reinigung und Gesinnungsveränderung anspornen sollte.

 

Heilsgeschichtlich gesehen trifft sicherlich auch für die Gemeinde zu, was Bibelausleger für all die anderen Heilszeiten in der Geschichte der Menschheit festgestellt haben: Gott gab den Menschen Seine Gnade, einen Bund mit Geboten und Verheißungen und Sein Wort, und jedesmal, ob es nun die Zeit Adams oder die Zeit Noahs oder die Zeit Moses und des mosaischen Gesetzes war, versagten die Menschen und verwarfen in Unglauben und Ungehorsam die ihnen angebotene Gnade. Eine Zeit des Niedergangs und Abfalls, der wachsenden Sünde folgte dem Neubeginn, und nur eine Minderheit, ein Überrest, eine Auswahl erreichte durch Gottes Gnade das Ziel.

 

Genau diese Entwicklung läßt sich auch in der Gemeinde Christi beobachten: Nach dem durch Gottes Gnade und Kraft geprägten Anfang kamen schon zur Zeit der Apostel die Kräfte des Abfalls und der Verführung auf; schon bald nach der Apostelzeit verließ die Gemeinde ihre erste Liebe, gab sich der Verführung des Feindes immer mehr hin, bis zum heutigen Laodicäa-Stadium. Nachdem sie das geoffenbarte Wort Gottes empfangen und von den Aposteln zur Mündigkeit geführt worden war, wurde sie auf die Bewährungsprobe gestellt und versagte kläglich.

 

Die Gläubigen und Treuen sind auch in der Gemeindezeit nur eine Minderheit - ihnen, den Überwindern, gelten die Verheißungen der Sendschreiben; die Bibel fordert uns alle, die wir an Jesus Christus glauben, auf, ihren Weg, den Weg der Gemeinde zu Philadelphia, zu gehen.

 

 

4. Die Endzeit ist eine Zeit der Prüfung und Bewährung für die Gläubigen

 

Angesichts von Irrlehrern, die Streit um Worte anzettelten zum Verderben der Zuhörer, ermahnt der Apostel Paulus seinen Mitarbeiter Timotheus: "Strebe danach, dich Gott bewährt zur Verfügung zu stellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit in gerader Richtung schneidet" (2. Tim. 2,15).

 

Dieser Begriff der Bewährung ist für die Gemeinde der Endzeit von großer Bedeutung. Das griechische Wort für "bewährt" ist dokimos; es bedeutet im wesentlichen "erprobt, durch Prüfungen als echt erwiesen". Der Grundgedanke ist der, daß wir selbst, daß unser Glaube durch Anfechtungen, Nöte, Irrströmungen, Verfolgungen und Leiden von Gott auf die Probe gestellt, geprüft werden (gr. dokimazò) und dabei die Echtheit und innere Kraft unseres Glaubens offenbar wird, unsere Bewährung (gr. dokimè).

 

 

a) Die Gläubigen der letzten Zeit müssen durch Bedrängnisse und Nöte gereinigt und bewährt werden

 

Gerade in der letzten Zeit werden die wahren Gläubigen von Gott geprüft und geläutert und dadurch auch von unechten oder halbherzigen Gläubigen unterschieden und getrennt. Die zunehmende Bosheit und Verderbtheit der letzten Tage bringt für wahre Gotteskinder vielfältige Prüfungen in Form von Ablehnung und Verfolgung, aber auch in Form von Versuchung zur Sünde und Gesetzlosigkeit und irrgeistiger Verführung mit sich.

 

So geht der Weg der Treuen durchs Feuer der äußeren und inneren Anfechtungen und Bedrängnisse, durch Isolation und Angriffe gerade auch von anderen Christen, durch innere Nöte und äußere Leiden. Deshalb ist es wichtig, den göttlichen Zweck aller dieser Prüfungen im Auge zu behalten, den uns der Apostel Petrus offenbart:

 

"Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, das in den Himmeln aufbewahrt ist für euch, die ihr in der Kraft Gottes durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden.

Darin frohlockt ihr, die ihr eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, in mancherlei Versuchungen betrübt worden seid, damit die Bewährung [od. Echtheit] eures Glaubens viel kostbarer erfunden wird als die des vergänglichen Goldes, das aber durch Feuer erprobt wird, zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi (...)" (1. Petr. 1,3-7)

 

Gottes Ziel mit den Anfechtungen und Prüfungen, die Er über Seine Kinder gehen läßt, ist unsere Bewährung; wir sollen gereinigt und geläutert werden im Feuer der Bedrängnisse, und zugleich soll die Echtheit unseres Glaubens und unseres Lebens aus Gott offenbar werden zur Verherrlichung des Herrn.

 

Auch im Jakobusbrief wird uns Trost zugesprochen: "Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen geratet, indem ihr erkennt, daß die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt. Das Ausharren aber soll ein vollkommenes Werk haben, damit ihr vollkommen [od. ausgereift, mündig] und vollendet seid und in nichts Mangel habt" (Jak. 1,2-4). "Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! Denn nachdem er bewährt [dokimos] ist, wird er den Siegeskranz des Lebens empfangen, den er denen verheißen hat, die ihn lieben" (Jak. 1,12; vgl. u.a. 2. Tim. 2,5; 1. Petr. 5,4; Offb. 2,10; 3,11).

 

 

Die Prüfungen der Endzeit scheiden das Echte vom Unechten

 

Zugleich erscheint dieses Feuer der Prüfungen auch als ein Gericht Gottes an Seinem Haus (1. Petr. 5,17). So, wie Er an Seinem Tag unsere Werke im Feuer prüfen und ihre Echtheit erproben wird ("Und wie das Werk eines jeden beschaffen ist, wird das Feuer erweisen [od. erproben = dokimazò]" - 1. Kor. 3,13b), so wird auch hier schon im Feuer der Prüfungen Gottes das Unechte, nicht von Ihm Gewirkte teilweise offenbar.

 

So, wie es Bewährte gibt, gibt es auch solche, die in der Anfechtung und Verführung offenbaren, daß sie unecht, unbewährt (gr. adokimos) sind. Zu ihnen zählen Anhänger verführerischer Irrströmungen zur Zeit des Paulus, die er so kennzeichnet: "Auf die Weise aber wie Jannes und Jambres [Zauberer am Hof des Pharao] Mose widerstanden, so widerstehen auch sie der Wahrheit, Menschen, verdorben in der Gesinnung, im Blick auf den Glauben unbewährt" (2. Tim. 3,8).

 

"Sie geben vor, Gott zu kennen, aber in den Werken verleugnen sie ihn und sind abscheulich und zu jedem guten Werk unbewährt" (Tit. 1,16). Wie ernst ist das Wort des Paulus an die in Sünde und irrgeistige Verführung verstrickten Korinther: "Prüft euch, ob ihr im Glauben seid, untersucht euch! Oder erkennt ihr euch selbst nicht, daß Jesus Christus in euch ist? Es sei denn, daß ihr etwa unbewährt seid" (2. Kor. 13,5).

 

 

Bewährung setzt Absonderung von Sünde und Irrlehre voraus

 

Zur Bewährung der Treuen gehört nach der Schrift auch, daß sie sich absondern von allen, die unbewährt und verderbt sind, in dem Wissen um das Gesetz der Verführung: "Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig" (Gal. 5,9). Deshalb gibt uns der Herr in Seinem Wort immer wieder das Gebot, sich abzukehren von allen, die Irrlehren nachgehen oder bewußt dem Wort ungehorsam sind. Diese rechte Absonderung (nicht zu verwechseln mit sektiererischer Abkapselung oder falschen Spaltungen!) ist ein Wesensmerkmal der Überwinder, der bewährten Gläubigen der Endzeit, wie uns das Wort sagt:

 

* "Ich ermahne euch aber, Brüder, daß ihr achthabt auf die, welche entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, Parteiungen [od. Spaltungen, Zwistigkeiten] und Ärgernisse anrichten, und wendet euch von ihnen ab" (Rö. 16,17); "(...) von solchen halte dich ferne!" (1. Tim. 6,5 - Sch).

 

* "(...) die eine [äußere] Form der Gottseligkeit haben, deren [innere] Kraft aber verleugnen, und von diesen wende dich weg" (2. Tim. 3,5).

 

* "Einen Menschen, der Spaltungen anrichtet [gr. hairetikon anthròpon, von hairesis = auf Irrlehre beruhende Parteiung, vgl. 2. Petr. 2,1], weise nach einmaliger oder zweimaliger Verwarnung ab; du weißt ja, daß ein solcher Mensch auf verkehrte Wege geraten und nach seinem eigenen Urteil ein Sünder ist" (Tit. 3,10f. - Me).

 

* "Jeder, der weitergeht und nicht in der Lehre des Christus bleibt [diese umfaßt die gesamten inspirierten Lehren des NT, vgl. Joh. 14,26; 16,12-15], hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, der hat sowohl den Vater als auch den Sohn. Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht! Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken" (2. Joh. 9-11).

 

 

Gefäße zur Ehre und Gefäße zur Unehre

 

Im 2. Timotheusbrief gibt der Apostel Paulus nicht nur seinem Mitarbeiter Timotheus, sondern auch den treuen Gläubigen der Endzeit klare Anweisungen zur Absonderung, die Voraussetzung für unsere Bewährung ist.[8] Nachdem er Timotheus ermutigt hat "Strebe danach, dich Gott bewährt zur Verfügung zu stellen" (2. Tim. 2,15), ermahnt er ihn, sich von den Irrlehrern der damaligen Zeit klar abzugrenzen: "Die unheiligen, leeren Geschwätze aber vermeide [d.h. habe nichts mit ihnen zu tun] denn sie [die Irrlehrer] werden zu weiterer Gottlosigkeit [od. Frevel] fortschreiten, und ihr Wort wird um sich fressen wie Krebs" (V. 16).

 

Paulus gibt hier einen weiteren prophetischen Hinweis darauf, daß die Irrlehren in der letzten Zeit großen Erfolg haben werden und sich wie eine tödliche Krankheit unter der Christenheit ausbreiten werden (vgl. das Gleichnis vom Sauerteig). Der wahre Gläubige soll sie meiden, d.h. ihnen aus dem Weg gehen, nicht dorthin gehen, wo sie gelehrt und verbreitet werden, denn sie zerstören den Glauben mancher, d.h. bringen ihn zu Fall, stürzen ihn um (V. 17).

 

Nicht nur für uns Gläubige der Endzeit ist das zerstörerische Wirken von Irrströmungen eine schwere Anfechtung und Belastung; auch Timotheus drohte wohl durch das Wirken der Irrlehrer entmutigt zu werden. Paulus weist ihn deshalb zunächst auf die Souveränität Gottes hin, der alles in Seiner Hand hat: "Doch der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kennt [w. hat erkannt, ginòskò], die sein sind" (V. 19a). Gott weiß die, die wahrhaft Seine Kinder sind, zu bewahren und auf dem rechten Weg zu lenken (vgl. 2.


Petr. 2,9f.). Der Feind darf nur das zerstören, was letztlich unecht ist; er darf nur diejenigen Gläubigen beeinträchtigen, die ungehorsam und im Glauben nicht gesund sind. Diese ermutigende Verheißung verbindet Paulus jedoch mit einer Ermahnung, die unseren Wandel als Gläubige betrifft. Gottes Zusage der Bewahrung ist nichts, worauf die Gläubigen sich ausruhen können, indem sie nachlässig-fleischlich leben oder mit der Sünde spielen: "Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit!" (V. 19b).

 

Das erinnert uns an die ernsten Worte des Herrn, mit denen er die irrgeistigen Propheten und Wunderwirker einmal abweisen wird: "Ich habe euch niemals gekannt [ginòskò = kennen, erkennen, wie in 2. Tim. 2,19a!]. Weicht von mir, ihr Übeltäter! [w. ihr Täter der Gesetzlosigkeit, anomia]" (Mt. 7,23). Ob jemand ein wahres Gotteskind und von Gott erkannt ist, zeigt sich in seinem Wandel, in seiner Haltung zur Sünde einerseits und zum Wort Gottes andererseits.

 

Nun gibt Paulus uns eine wichtige Belehrung über die Zustände in der Christenheit der letzten Zeit und unsere Haltung dazu. Er vergleicht die Christenheit mit einem großen Haus (das äußerliche Reich der Himmel, die Namenschristenheit). Jeder Christ wird in diesem Bild einem Gefäß verglichen, das vom Hausherrn gebraucht werden soll (vgl. dazu auch Rö. 9,21-23; Apg. 9,15; Hebr. 9,21).

 

"In einem großen Haus aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre, die anderen aber zur Unehre" (V. 20). Der Bezug zu Rö. 9,21-23 ist offensichtlich und sehr ernst. Die nicht wiedergeborenen Scheinchristen und besonders die Irrlehrer werden hier den Gefäßen zur Unehre verglichen, und von diesen heißt es in Rö. 9,22, daß sie "Gefäße des Zorns" sind, die "zum Verderben zubereitet sind" (vgl. dazu auch Phil. 3,18f.; 2. Petr. 2,1-3).

 

Wer nun aber ein Gefäß zur Ehre sein will, der muß eine klare Voraussetzung erfüllen: "Wenn nun jemand sich von diesen reinigt [ekkatheirò], wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet" (V. 21). Das hier verwendete Wort ekkatheirò bedeutet ausfegen, völlig oder gründlich reinigen, blankputzen, übertragen auch etwas läutern oder Schmutziges, Verdorbenes ausrotten. Es wird vom Heiligen Geist in 1. Kor. 5,7 in bezug auf die Reinigung vom Sauerteig gebraucht, die ja für die Juden eine unerläßliche, von Gott gebotene Vorbereitung auf das Passahmahl war (vgl. 2. Mo. 13,7): "Fegt den alten Sauerteig aus, damit ihr ein neuer Teig seid, wie ihr ja bereits ungesäuert seid. Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum laßt uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit."

 

 

"Geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab!"

 

Das Wort Gottes fordert also die wahren Gläubigen auf, nichts mit den Gefäßen der Unehre zu tun zu haben, jede verunreinigende Berührung mit ihnen zu vermeiden und sich von jeder solchen Verunreinigung gründlich zu reinigen. Sie sind zwar mit den anderen in dem "großen Haus" der Christenheit äußerlich zusammen, aber sie sollen nicht mit ihnen in einer Gemeinde, in praktischer Gemeinschaft und Zusammenarbeit leben, sondern sich von ihnen absondern und rein erhalten. In diesem Zusammenhang ist auch die Ermahnung aus 2. Kor. 6,14-18 von brennender Bedeutung für die heutige Zeit:

 

"Geht nicht unter fremdartigem Joch mit Ungläubigen! Denn welche Verbindung haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welcher Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern?

Denn wir sind der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: 'Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.'

Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch annehmen und werde euch ein Vater sein, und ihr werdet mir Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige."

 

Hier geht es nicht nur um völlig Ungläubige, um "Heiden", sondern auch um die Scheingläubigen und Irrlehrer, um falsche Propheten und Leute, die Spaltungen verursachen. Gemeint sind auch alle äußerlichen Christen, die in Wahrheit immer noch Sünder und Götzendiener sind und sich in Kirchen und irrgeistigen Strömungen im Namen Christi betätigen, ohne daß der Herr sie erkannt hätte. Dort, wo sie geduldet werden oder gar die Oberhand haben, ist kein Platz für ein treues Gotteskind; hier gilt das Gebot Gottes: "Geht aus ihrer Mitte hinweg und sondert euch [von ihnen] ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an"!

 

Der äußeren Absonderung muß jedoch auch die innere Reinigung und Heiligung folgen, denn das Gift der Verführung und des Zeitgeistes kann auch dann an uns wirken, wenn wir äußerlich abgesondert sind, aber innerlich weltlich und fleischlich gesinnt. Davon spricht 2. Kor. 7,1: "Weil wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so wollen wir uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes, zur Vollendung der Heiligung in Gottesfurcht" (Sch).

Gerade in der letzten Zeit, in der verführerische Irrlehren zunehmend Einfluß gewinnen und auch manche Gotteskinder in ihren Bann ziehen, ist eine biblisch gesunde Absonderung für die treuen Gläubigen von großer Bedeutung, wenn sie nicht von dem Gift des Feindes angesteckt werden wollen.

 

Das Wort Gottes sagt uns, daß ein wahrer Gläubiger keinerlei Gemeinschaft mit Irrlehrern oder solchen Gläubigen, die an Irrlehren festhalten, haben sollte, weil er sonst an ihren Sünden teilnimmt und selbst in Gefahr ist, angesteckt zu werden. Die Landeskirchen und Freikirchen, in denen die tödliche Irrlehre der liberalen Theologie geduldet wird bzw. sogar vorherrscht, und in denen auch die verführerischen Irrlehren der Charismatischen Bewegung offizielle Förderung erfahren, können also für einen bibeltreuen Christen eigentlich keine geistliche Heimat sein, wenn er die Ermahnungen des Wortes Gottes wirklich ernst nimmt.

 

 

Die Notwendigkeit biblischer Gemeinde in der letzten Zeit

 

Aus dem fortschreitenden Einfluß des Verfalls und der Irreführung ergibt sich die dringende Notwendigkeit, gerade in der letzten Zeit Gemeinde auf der Grundlage des Wortes Gottes zu bauen, auch wenn das bedeutet, daß die ernsthaften Gläubigen ihre alte, liebgewordene Gemeinschaft, vielleicht eine äußerlich "blühende", reibungslos funktionierende Gemeinde verlassen müssen und zunächst nur in Hauskreisen oder schwachen, kleinen Gemeinden zusammenkommen können.

 

Hier muß sich die ganze Treue zum Wort Gottes, die echte Hingabe an den Herrn bewähren. Sind wir bereit, Gewohntes, Wohlvertrautes zu verlassen und im Vertrauen auf Ihn hinauszugehen aus der Vermischung und Verderbnis? Sind wir um Seinetwillen zu echten Opfern bereit, auch dazu, mißverstanden und verleumdet zu werden? "Deshalb laßt uns zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, und Seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir" (Hebr. 13,13f.).

 

Auf der anderen Seite gibt es für solche Gläubigen, die die Notwendigkeit der Absonderung erkannt haben, andere Versuchungen und Gefahren, falsche Lehren und scheinradikale Prinzipien, hinter denen auch der Verführer steckt. Sie führen zu einer sektiererischen Abkapselung, zu einer falschen Trennung auch von anderen treuen Gläubigen aufgrund von unbiblischen Sonderlehren oder äußerlichen Dingen. Hier braucht es wahrhaft die Gesinnung Jesu Christi, um den richtigen Weg für die letzte Zeit zu finden.

 

Die fleischliche Haltung, die Gesinnung des alten Menschen führt entweder zu widergöttlicher Vermischung und geistlicher Unzucht oder aber zu sektiererischem Parteigeist. Die geistliche Gesinnung führt zu einer Vereinigung dessen, was vom Herrn her zusammengehört, und zu einer Absonderung von dem, was draußen bleiben muß.

 

Daß wir dies angesichts unseres vielfältigen Versagens und des verbreiteten Mangels an echter geistlicher Gesinnung nur annäherungsweise erreichen können, liegt auf der Hand; aber wenn wir die klaren Aussagen des Wortes Gottes mißachten und in einer unbiblischen Vermischung bleiben, ist der Schaden weitaus größer.

 

Jeder Versuch, biblisch gegründete Gemeinschaft für die Gläubigen der Endzeit zu schaffen, kann nur gelingen, wenn er auf echter Buße beruht, auf einem aufrichtigen Streben nach Reinigung und Heiligung unserer Herzen, auf der Gesinnung Jesu Christi. Bibeltreue Gemeinde in der Endzeit kann nur entstehen, wo der Herr Jesus Christus nicht nur der unantastbare Grundstein ist, sondern auch in Wahrheit der Baumeister, denn: "Wo der HERR nicht das Haus baut, da arbeiten umsonst, die daran bauen" (Ps. 127,1).

 

Wenn wir erkennen, daß das Entstehen biblischer Gemeinde in dieser Zeit des Verfalls ein Wunder der Gnade Gottes ist, dann verstehen wir auch, daß dieses Wunder nur geschehen kann, wo wir in Demut und Buße das Angesicht Gottes suchen, wo wir uns von Ihm zurechtbringen und zubereiten lassen, uns reinigen lassen von Hochmut, Ichhaftigkeit und fleischlicher Gesinnung und uns als lebendige Steine von Ihm zusammenfügen lassen.

 

Jeder Versuch zum Gemeindebau, der mit fleischlichen Methoden und aus eigener Kraft geschieht, der modernistisch-liberales Gedankengut und Kompromisse mit dem Weltgeist mit einbaut, wird in den Stürmen der Endzeit keinen Bestand haben. Nur was in der völligen Hingabe an den Herrn Jesus, im schlichten Gehorsam gegen Sein Wort, in der Kraft des Geistes gebaut wurde, hat Bestand.

 

Wahre Gemeinde entsteht und entwickelt sich nicht anders als nach dem Gesetz des Weizenkorns, das uns unser Herr vorgelebt hat: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; und wer sein Leben in dieser Welt haßt, wird es zum ewigen Leben bewahren" (Joh. 12,24f.).

 

Wahre Gemeinde entsteht und besteht nur dort, wo der Bauplan Gottes für Sein Haus getreulich und in Einfalt befolgt wird, den Er in Seinem Wort geoffenbart hat. So viele Bauleute bauen nach Plänen, die (zumindest teilweise) von Menschen entworfen und nach menschlichen Ideen und Traditionen geformt wurden. Sie bauen zwangsläufig Holz, Heu und Stroh mit hinein, und ihr Bau wird keinen Bestand haben (vgl. 1. Kor. 3,6-17). Von der Stiftshütte, dem alttestamentlichen Schattenbild der wahren Gemeinde, heißt es aber im Wort Gottes: "So wurde die ganze Arbeit der Wohnung des Zeltes der Begegnung vollendet: die Söhne Israel machten es ganz so, wie der HERR dem Mose geboten hatte, so machten sie es" (2. Mo. 39,32).

 

 

Philadelphia: die Gemeinde der Treuen

 

Zum Abschluß möchten wir uns das prophetische Bild der treuen Gemeinde in der letzten Zeit betrachten, das der erhöhte Herr Jesus Christus uns in der Offenbarung gibt. Das Sendschreiben an die Gemeinde in Philadelphia zeigt uns, daß es mitten im endzeitlichen Verfall einen treuen Überrest, wahre Gemeinde Christi gibt und geben wird, bis der Herr kommt, um die Seinen zu entrücken. Aus diesen Worten Jesu Christi haben gewiß schon zahllose treue Gläubige Mut und Hoffnung geschöpft; sie sind allen, die den Herrn liebhaben, Ansporn und Trost, Stärkung und Ermahnung gewesen, und das wird so bleiben bis ans Ende.

 

Andererseits sind diese Worte auch immer wieder mißbraucht worden, um schwarmgeistige Sonderlehren über eine Elite-Sonderauswahlgemeinde zu stützen, und es gab in der Geschichte nicht wenige Gruppen, die mit dem Anspruch "Wir sind die wahre Philadelphia-Gemeinde" Anhänger geworben haben.

 

Demgegenüber müssen wir feststellen, daß die Worte des Herrn für uns prophetische Bedeutung haben, und das heißt, daß sie zu unserer Ermahnung und Auferbauung geoffenbart wurden. Keine Gemeindegruppierung kann sich anmaßen, der alleinige und wahre Adressat dieser Prophetie zu sein. Ob und inwieweit Gemeinden oder einzelne Gläubige wirklich zu den Treuen, zu den Überwindern der letzten Zeit gehören, wird der Herr beurteilen, und das entscheidet sich an unserer Herzensgesinnung und unseren Taten, nicht an irgendwelchen Lippenbekenntnissen.

 

Der Herr Jesus offenbart sich der Gemeinde in Philadelphia als der Heilige und Wahrhaftige, als der Messias Gottes, der wahre Erbe des Thrones Davids, der von Gott gesalbte König, der bestimmt, wer in Sein Reich eingeht und wer nicht (Offb. 3,7). Als der Herr und Richter Seiner Gemeinde sagt Er von sich: "Ich kenne deine Werke" (V. 8a). Gott wird einem jeden vergelten - nicht nach unseren Absichten, Vorsätzen und Reden, sondern nach unseren Werken, nach dem, ob wir Seinen Willen getan haben und Seinem Wort gehorsam waren oder nicht. Wohl uns, wenn wir dies uns zu Herzen nehmen in dieser Zeit der Gesetzlosigkeit!

 

Aber die Gemeinde der Treuen muß sich vor dem prüfenden Auge ihres richterlichen Herrn nicht fürchten; sie hat sich die Ermahnung des Wortes zu Herzen genommen:

 

"Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnen und besonnen und gerecht und gottesfürchtig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus erwarten. Der hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken." (Tit. 2,11-14)

 

"Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand schließen kann; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet" (V. 8b). In diesem Satz charakterisiert der Herr die Gemeinde der Überwinder, und die Kennzeichen, die Er gibt, strafen den anmaßenden Anspruch der Pfingst- und Charismatischen Bewegung Lügen, zu diesem endzeitlichen Überrest der Treuen zu gehören. Während die schwarmgeistigen Falschpropheten überall von der "großen Kraft", von "Power" und Welterweckung reden, sagt der Herr von Philadelphia: Du hast nur eine kleine, eine geringe Kraft.

 

Hier ist nicht von einer falschgeistigen Massenbewegung die Rede, wie wir sie heute erleben, sondern von treuen Gläubigen, die auch angesichts der übermächtig werdenden Verführung, angesichts des immer offeneren Abfalls breiter Kreise der Christenheit das Wort des Herrn, d.h. Seine inspirierte Offenbarung in der Schrift, bewahrt haben. Sie haben an dem Wort der Wahrheit festgehalten, wo zahlreiche Irrlehrer dieses Wort immer offener in Frage stellen und durch Bibelkritik den Glauben zerstören wollen, während andere neue, gefälschte "Worte vom Herrn" in Umlauf bringen, um als falsche Propheten die Gläubigen irrezuführen.

 

Während immer mehr Scheinchristen den Namen des Herrn zwar im Munde führen, ihn in der Tat aber verleugnen, haben diese Gläubigen den Namen des Herrn nicht verleugnet, sondern sind Ihm, Jesus Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, dem Sohn Gottes treu geblieben. Sie sind nicht einem "anderen Jesus" nachgelaufen, der durch falsche Prophetien, faszinierende Kräfte und Zeichen und Wunder der Lüge in die Gemeinde eingeschleust wurde, auch nicht dem "Jesus" des "sozialen Evangeliums" oder dem "Jesus" der Psychotherapie und des New Age.

 

Weil diese wahre Gemeinde der Treuen in den letzten Tagen mehr denn je eine kleine, zerstreute Herde darstellt, von außen ohne Herrlichkeit, schwach und kläglich, verspottet und angegriffen, weil ihr der Wind ins Gesicht bläst und sie sich gegen eine übermächtige Welle des Abfalls, der Verführung und irrgeistigen "Erweckung" wehren muß, ist sie ganz auf die Gnade und bewahrende Kraft Gottes angewiesen.

 

Die Treuen des Herrn werden angefeindet und verspottet, sie werden als "Spalter", als "verbohrte Fundamentalisten" und Hindernisse für die antichristliche religiöse Entwicklung bedrängt und verfolgt; sie müssen allerlei innere Nöte, Erschütterungen und Spannungen durchstehen. Deshalb gibt ihnen der Herr Trost und Ermutigung; Er zeigt ihnen, daß in dem allem Seine souveräne Gnade über dem treuen Überrest wacht, daß sie durch Seine Gnade ihren Auftrag, das Zeugnis des Herrn aufrechtzuerhalten inmitten der Verführung, bis zum Ende erfüllen können.

 

Inmitten der ausreifenden Bosheit, inmitten der antichristlichen Verführungen, die immer deutlicher auf das Offenbarwerden des Menschen der Sünde hinzielen werden, wird der treue Überrest durch die Gnade Gottes bewahrt, und er wird immer wieder Wirkungsmöglichkeiten finden ungeachtet seiner Schwachheit und Isolation: "Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand schließen kann". Sogar inmitten der falschreligiösen Massenbewegung, die der Herr hier bildhaft als "Synagoge des Satans" bezeichnet, wird Er Menschen die Augen öffnen und sie zur Erkenntnis bringen, daß diese verachteten Außenseiter die Treuen der Gemeinde Jesu Christi darstellen, die Er geliebt hat (V. 9).

 

Und diesen Treuen, die auf den Herrn harren, die auf die verheißene Errettung hoffen und unter der sich verschärfenden Gesetzlosigkeit und Rebellion der Welt leiden, gibt der Herr noch eine weitere tröstliche Verheißung: "Weil du das Wort vom Harren auf mich bewahrt hast, werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, die auf der Erde wohnen" (V. 10). Bevor die Endphase der antichristlichen Verführung, die große Drangsal für Israel, die sieben Jahre aus der Prophetie Daniels anbrechen, wird der Herr Seine Gemeinde entrücken und damit die Hoffnung derer erfüllen, die auf Ihn geharrt haben (vgl. auch 2. Thess. 3,5; Offb. 1,9).[9]

 

Den Zeitpunkt der Entrückung kennt niemand, aber der Herr sagt uns: "Ich komme bald" (V. 11a - das hier verwendete Wort tachys bedeutet auch schnell, rasch, ohne Verzug, hier wohl im Sinne von unversehens). Für die wahren Gläubigen ist das eine Ermahnung zur Wachsamkeit wie auch eine Ermutigung zum geduldigen Ausharren.

 

"Ihr aber, Brüder, seid nicht in Finsternis, daß euch der Tag wie ein Dieb ergreife; denn ihr alle seid Söhne des Lichtes und Söhne des Tages; wir gehören nicht der Nacht noch der Finsternis. Also laßt uns nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein. Denn die da schlafen, schlafen bei Nacht, und die da trunken sind, sind bei Nacht trunken. Wir aber, die dem Tag gehören, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Brustpanzer des Glaubens und der Liebe und als Helm mit der Hoffnung des Heils." (1. Thess. 5,4-8)

 

"Halte fest, was du hast, damit niemand deinen Siegeskranz nehme!" (V. 11b). Auch dieser Zuspruch des Herrn zeigt, daß die endzeitlichen Überwinder in der Defensive stehen und nicht in einer triumphalen Offensive. Sie werden bedrängt und müssen das verteidigen, was ihnen der Herr gegeben hat (vgl. "du hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet").

 

Wenn wir in der Konkordanz nachlesen, was wir nach den Ermahnungen des Wortes alles festhalten sollen, so sehen wir angedeutet, daß sich diese Gemeinde auch in Abwehrstellung gegen Irrlehren und Verführung befindet: Wir sollen das Wort des Evangeliums, das Wort des Lebens festhalten (1. Kor. 15,2; Phil. 2,16), das Vorbild der gesunden Worte (2. Tim. 1,13), das der Lehre gemäße Wort (Tit. 1,9), die Überlieferungen des Paulus (1. Kor. 11,2), das Gute (Rö. 12,9; 1. Thess. 5,21); die anfängliche Zuversicht und das Bekenntnis der Hoffnung (Hebr. 3,14; 4,14; 10,23) usw.

 

Immer wieder klingt in den Stellen die direkte und indirekte Abwehr gegen Verführung an. Dasselbe gilt für die verwandte Stelle in Kol. 2,18, wo gegen damalige Irrlehrer gesagt wird: "Laßt euch um den Kampfpreis von niemandem bringen (...)".

 

Es gilt wachsam zu sein und den guten Kampf des Glaubens bis zum Ende zu kämpfen, denn es heißt: "Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er den Siegeskranz des Lebens empfangen, den er denen verheißen hat, die ihn lieben" (Jak. 1,12), aber es heißt auch: "Niemand, der Kriegsdienste leistet, verwickelt sich in die Beschäftigungen des Lebens, damit er dem gefalle, der ihn angeworben hat. Wenn aber auch jemand am Wettkampf teilnimmt, so erhält er nicht den Siegeskranz, er habe denn gesetzmäßig [d.h. den Wettkampfregeln gemäß] gekämpft" (2. Tim. 2,4f.).

 

Zum Schluß gibt unser Herr denen, die treu und beharrlich in diesem Glaubenskampf geblieben sind, denen, die sich nicht von der satanischen Verführung benebeln und einfangen ließen, sondern in lauterem Glauben und Gehorsam ausgeharrt haben, die wunderbare Verheißung:

 

"Wer überwindet, den werde ich im Tempel meines Gottes zu einer Säule machen, und er wird nie mehr hinausgehen; und ich werde auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen neuen Namen.

Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt!" (V. 13f.)

 

 

 

 

C. Die Verführung in der endzeitlichen Gemeinde

 

 

 

Im vorhergehenden Abschnitt haben wir gesehen, daß satanische Verführung eines der wesentlichen Kennzeichen der Endzeit ist, und daß auch die Gemeinde Christi von dieser Verführung betroffen ist. Tatsächlich spricht vieles dafür, daß die irrgeistige Verführung unter den Versuchungen und Prüfungen, denen die Gemeinde der Endzeit ausgesetzt ist, die schwerste und gefährlichste ist, gefährlicher als die Versuchung zur Sünde oder die Verfolgung.

 

 

1. Was sagt uns die Bibel über Verführung?

 

Zunächst wollen wir kurz betrachten, welche Bedeutung die Worte haben, die das NT hauptsächlich zur Kennzeichnung der Verführung gebraucht.

 

 

a) Die Bedeutung des Wortes "Verführung"

 

Das griechische Tätigkeitswort planaò hat die Grundbedeutung "vom rechten Weg abführen", "irreführen"; übertragen bedeutet es "jemanden verführen, täuschen, betrügen". In dieser Bedeutung finden wir es in Mt. 24,4f.11.24; Mk. 13,5f.; Joh. 7,12; 2. Tim. 3,13; 1. Joh. 1,8; 2,26; 3,7; Offb. 2,20; 12,9; 13,14; 19,20; 20,3.8.10). In passiver Form kann es "irregehen, sich verirren, umherirren" bedeuten (vgl. Hebr. 11,38; Mt. 18,12f.; 1. Petr. 2,25; 2. Petr. 2,15), übertragen auch "(geistig) in die Irre gehen, im Irrtum sein" (vgl. Tit. 3,3; Hebr. 3,10; Hebr. 5,2; Jak. 5,19), "sich täuschen, sich (in seinem Urteil) irren" (vgl. Mt. 22,29; Mk. 12,24.27; 1. Kor. 6,9; Gal. 6,7; Jk. 1,16), "schwanken", "sein Ziel verfehlen" bzw. passiv "betrogen werden, getäuscht werden" (Lk. 21,8; Joh. 7,47; 1. Kor. 15,33; 2. Tim. 3,13; Offb. 18,23).

 

Das Adjektiv planos finden wir in 1. Tim. 4,1; das davon abgeleitete ho planos = der Verführer wird einmal rechtmäßig vom Teufel gebraucht (2. Joh. 7b), zweimal unrechtmäßig von unserem Herrn Jesus bzw. von Paulus (Mt. 27,63; 2. Kor. 6,8). Das dazugehörige Hauptwort planè bedeutet zunächst "das Umherirren, die Irrfahrt, der Irrweg", übertragen dann "Irrtum, Verirrung, Wahn, Täuschung, Trug", auch "sittliche Verirrung, Verderbtheit". Wir finden es in Mt. 27,64; Rö. 1,27; Eph. 4,14; 1. Thess. 2,3; 2. Thess. 2,11; Jak. 5,20; 2. Petr. 2,18; 2. Petr. 3,17; 1. Joh. 4,6; Jud. 11.

 

Wir haben diese Fülle an Bibelstellen bewußt hier angeführt; zum einen, um zu zeigen, wie wichtig das Wort Gottes das Thema "Verführung" nimmt, zum anderen um zu einem selbstständigen Bibelstudium über dieses bedeutsame Thema anzuregen.

 

Der Grundtenor dieser Bibelworte ist, daß der Verführer, der Satan, es darauf anlegt, uns Christen vom rechten, in Gottes Wort vorgezeichneten Weg abzubringen und auf Irrwege zu bringen, auf Wege, die nicht zum göttlichen Ziel führen. Er benutzt dazu Täuschung und Betrug; sein Wirken kann in einem Bild so veranschaulicht werden, daß er die von Gott gesetzten Wegweiser, die uns den rechten Weg der Nachfolge anzeigen, verdreht, ausreißt und durch gefälschte Wegweiser ersetzt. Immer wieder warnt uns die Bibel: Laßt euch nicht verführen! Betrügt euch selbst nicht! Laßt euch von keinem Diener Satans irreführen!

 

 

b) Die Verführung zielt auf das inspirierte Wort Gottes

 

Die besondere Gefährlichkeit der Verführung liegt, wie wir schon gesehen haben, darin begründet, daß sie uns Christen das Wort Gottes verdrehen und verfälschen will. Die teuflische Irreführung zielt darauf ab, uns den klaren Maßstab zu verbiegen und zu verfälschen, nach dem wir unser Leben als Gotteskinder ausrichten müssen.

 

Wenn wir das unverfälschte Wort Gottes und die gesunde Lehre der Schrift haben, dann sind wir in Verfolgungen und Versuchungen gewappnet; zumindest wissen wir genau, was richtig ist und wie Gott uns leiten möchte. Die Verführung zielt darauf ab, das Wort Gottes aus dem Zusammenhang zu reißen, zu verfälschen und in seinem klaren Sinn zu verdrehen, so daß das Falsche, Ungöttliche richtig erscheint und das Richtige, Göttliche falsch.

 

Auf der einen Seite weckt der Satan Zweifel am Wort Gottes, an Seinen Geboten, nach dem Motto: "Sollte Gott gesagt haben...?". Das ganze Feld der "aufgeklärten", "wissenschaftlichen" Bibelkritik, in der sich der Mensch in Vermessenheit über das inspirierte Wort Gottes erhebt und es nach den kläglichen "Methoden" seiner wissenschaftlichen "Erkenntnis" zerfleddern und in Frage zu stellen sucht, fällt in diese Kategorie der Verführung. Die "Bibelkritik" ist eine dämonisch inspirierte Irrlehre, und wer sie vertritt, wie dies einige prominente Charismatiker tun, kann kein Wiedergeborener sein.

 

Auf der anderen Seite schleust der Satan scheinbar göttliche Neuoffenbarungen in die Gemeinde ein, in Form von falscher Prophetie und Irrlehre, die sich auf "Offenbarungserkenntnis" beruft; er zerstört den schlichten Glauben an das inspirierte Wort Gottes, indem er neue, andere "Worte Gottes" daneben stellt und die Gläubigen verführt, diesen falschen Neuoffenbarungen aus dämonischer Quelle Glauben zu schenken.

 

 

c) Der Kampf um den überlieferten Glauben

 

In beiden Fällen greift der Teufel das Fundament der Gemeinde an, die "Grundlage der Apostel und Propheten" (Eph. 2,20), auf der die ganze Gemeinde aufgebaut ist, das inspirierte Gotteswort, das "seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden ist" (Eph. 3,5). Ja, indem er dieses Fundament angreift, versucht der Feind in seinem vermessenen Frevel, den Grundstein selbst, unseren Herrn Jesus Christus, das ewige Wort Gottes, anzutasten, denn das ganze Neue Testament ist in einem weiteren Sinn das Wort Christi und die Lehre des Christus.

 

Hier geht es für die wahre Gemeinde um das Heiligste, um Sein oder Nichtsein, um Wahrheit oder Lüge, Licht oder Finsternis. Sie als die Gemeinde des lebendigen Gottes kann ihren Auftrag, "der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit" (1. Tim. 3,15) zu sein, nur erfüllen, wenn sie das Wort Gottes in makelloser Reinheit und Vollständigkeit bewahrt gegen alle Versuche des Teufels, es zu verfälschen oder zu verstümmeln. Wir verstehen deshalb den Ernst des Apostels Paulus, der schreibt: "Wenn jemand euch etwas als Evangelium verkündigt entgegen dem, was ihr empfangen habt: er sei verflucht!" (Gal. 1,9). Uns allen sollte die flammende Mahnung des Judasbriefes zu Herzen gehen, "daß ihr für den Glauben kämpft, der den Heiligen ein für allemal übergeben worden ist" (Jud. 3 - Me).

 

Zu diesem uns aufgetragenen Kampf gehört, daß wir die Absichten und Listen des Feindes kennen, so wie sie uns der Herr in Seinem Wort geoffenbart hat. In diesem Abschnitt wollen wir deshalb noch genauer auf das eingehen, was uns die Bibel über diese Gefahr zu sagen hat; wir wollen die Ziele und Methoden der endzeitlichen Verführung untersuchen, damit wir besser gerüstet sind, dieser Gefahr zu begegnen und zu überwinden.

 

 

2. Die Verführung ist ein Gericht und eine Prüfung Gottes

 

Die Tatsache an sich, daß Irrlehre und Verführung in die Gemeinde eindringen darf und dort ihr schreckliches Werk tut, ist vielen Gläubigen zur Anfechtung geworden. Es gibt manche Christen, die diese Gefahr schlicht verleugnen oder verharmlosen, weil sie sich nicht vorstellen können, daß Gott so etwas in Seiner Gemeinde überhaupt zuläßt. Und doch begegnen wir der Verführung durch die ganze Geschichte der Gemeinde Christi hindurch, von den Tagen der Apostel bis zu unseren letzten Tagen.

 

Wie kann das geschehen? Hat Gott nicht die Macht, uns davor zu bewahren? Ist Christus nicht unser Schutz? Gewiß! Wenn also Gott die Verführung dennoch zugelassen und in den Weg der Gemeinde hineinverordnet hat, dann muß Er dafür Seine guten Gründe haben - das ist dem Glaubenden gewiß.

 

Die Gemeinde befindet sich ganz und völlig in der Hand ihres erhöhten Herrn und Erlösers, und niemand darf die wahren Gläubigen aus der Hand ihres Herrn reißen (Joh. 10,27-30). Niemals könnte der Feind sein Zerstörungswerk willkürlich tun; niemals sind wir ungeschütztes Freiwild für die listigen Anschläge des Teufels. So gibt es auch keinen Grund für Angst oder Glaubenszweifel, auch wenn beides uns als Anfechtung begegnen mag, wenn wir in die Abgründe der Verführung hineinschauen. Wir sind geborgen in Christus, und wenn Er die Verführung zugelassen hat, dann hat Er Seine Gründe dafür, und auch diese schlimme Versuchung muß uns zum Guten dienen.

 

Die Frage, weshalb die Verführung in die Gemeinde eindringen durfte, ist nicht leicht zu beantworten. Es lassen sich jedoch zwei Gründe aus den Gesamtaussagen der Schrift ableiten: 1. Die wahren Gläubigen sollten nach der Absicht Gottes sich in der Auseinandersetzung mit dem Falschen bewähren und daran reifen, und 2. Die falschen, nur scheinbaren Gläubigen sollten durch die Verführung offenbar werden. In diesem Sinn ist die Verführung aus der Sicht Gottes ein Prüfungs- und Bewährungsmittel, aber auch ein Gericht über die unechten Christen.

 

1. Verführung als Mittel der Prüfung und Bewährung: Gottes Erziehungswege mit Seinen geliebten Kindern beinhalten grundsätzlich auch, daß sie dem Bösen in vielerlei Gestalt ausgesetzt sind; sie werden weder von Leid und Verfolgung verschont noch vor der Versuchung zur Sünde, und die Verführung bleibt ihnen auch nicht erspart. Auch darin ist ihnen der Herr und Erlöser auf Seinem Erdenweg vorangegangen (vgl. die Versuchung Jesu Christi durch den Satan). Gottes Verheißung ist nicht, daß sie vor diesen bösen Dingen bewahrt werden, sondern daß sie in diesen Prüfungen bewahrt werden, daß sie vor dem Bösen, dem Satan bewahrt werden (vgl. Joh. 17,15; 1. Joh. 5,18; Lk. 22,31f.), so daß er sie nicht verderben kann mit seinen Anschlägen.

 

Durch all die Versuchungen und Angriffe des Satans wird bei den wahren Gotteskindern nur bewirkt, daß letzten Endes (das schließt zeitweilige Niederlagen und Züchtigungen nicht aus) ihre Echtheit und der Sieg Jesu Christi in ihrem Leben offenbar wird. Diese Dinge sind göttliche Werkzeuge zur Prüfung und Bewährung der Seinen, "damit die Bewährung [od. Echtheit] eures Glaubens viel kostbarer erfunden wird als die des vergänglichen Goldes" (1. Petr. 1,7).

 

In diesem Sinn dürfen wir auch das Wort aus 1. Kor. 11,19 verstehen: "Denn es müssen auch Parteiungen [haireseis = durch Irrlehren verursachte Strömungen und Parteien] unter euch sein, damit die Bewährten unter euch offenbar werden." Auch die Verführung und das Aufkommen von irrgeistig inspirierten Abspaltungen haben in Gottes Plan für die Gemeinde ihren Platz und Zweck; sie dienen dazu, daß die Treuen, Bewährten, die Überwinder offenbar werden.

 

Zugleich sind diese Anfechtungen auch Teil der Erziehung Gottes (vgl. Hebr. 12,4-11). Wir sollen durch sie Glauben und Ausharren lernen, Demut und Wachsamkeit, Gehorsam und Treue (vgl. Jak. 1,2-4). Wir sollen lernen, die Waffenrüstung Gottes anzulegen und recht zu gebrauchen. Wir sollen ausgebildet werden zu Überwindern, und das geht nur, wenn wir immer wieder dem Gegner ausgesetzt sind und gezwungen sind, uns zu wehren, zu widerstehen und zu kämpfen. Dadurch sollen wir geformt und zubereitet werden für unsere Aufgaben in der Herrlichkeit; der Herr gebraucht diese Dinge, um uns zu läutern und von Schlacken zu reinigen.

 

Die Auseinandersetzung mit der Verführung ist nicht schön; sie ist schmerzhaft, sie führt durch Erschütterungen und Belastungen, und doch gibt sie uns, wenn wir uns ihr stellen, eine tiefere Gründung in der Heiligen Schrift, ein genaueres Verständnis und eine größere Hochschätzung dieses kostbaren, ewigen, lauteren, göttlichen Wortes der Wahrheit.

 

Wer sich mit der Verführung geistlich auseinandersetzt und sie mit dem Wort der Wahrheit überwindet, der empfängt als Frucht geistliche Reifung, biblische Festigung und eine vertiefte geistliche Unterscheidungsfähigkeit gegenüber Irrlehren und verführerischen Strömungen, die in dieser letzten Zeit von großer Wichtigkeit ist. Dies gilt allerdings hauptsächlich für Gläubige, die schon etwas gefestigter sind.

 

2. Die Verführung ist ein Gericht Gottes an Seinem Haus: Die Verführung ist aber auch ein Gericht Gottes über die Christenheit, die als Ganzes bald nach der Apostelzeit versagt hat und sich vom lebendigen Glauben immer weiter abwandte. Die Christenheit befindet sich heute in einer Zeit des Verfalls, der Verderbnis und Lauheit, und auch die wahre, gläubige Gemeinde innerhalb dieses "großen Hauses" ist davon beeinflußt und beschmutzt. Der heilige und gerechte Gott kann einen solchen Zustand, der Seinen heiligen Namen entweiht und schändet, nicht hinnehmen ohne Gericht.

 

So gibt uns der 1. Petrusbrief, nachdem er auf die Feuerglut der Leiden hinweist, die die Gläubigen (damals durch Verfolgung) erdulden mußten, einen wichtigen prophetischen Hinweis, der für die gesamte Endzeit gültig ist: "Denn die Zeit ist gekommen, daß das Gericht anfange beim Haus Gottes; wenn aber zuerst bei uns, was wird das Ende derer sein, die dem Evangelium Gottes nicht gehorchen?" (1. Petr. 4,17). So wie der Verfall der Gemeinde bis hin zum Abfall der Namenschristenheit ein Wesenselement der Endzeit ist, so ist es auch das Gericht Gottes an Seinem Haus. Auch wenn Gott die Mißstände und Entartungen in Seinem Haus grundsätzlich zugelassen hat und duldet, bis Er am Ende der Zeit die Bösen richten wird, so kann Er das Böse und die Verderbnis doch nicht gänzlich ungerichtet lassen.

 

Das Gericht Gottes an Seiner Gemeinde hat ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die unterschiedlichen Gruppen in dieser Gemeinde. Es dient den treuen Gläubigen zur Prüfung und Bewährung, den untreuen Gläubigen zur Züchtigung und den falschen Christen zum Verderben.

 

 


Gott läßt die Irreführung untreuer Gläubiger zu

 

Wir müssen hier noch einmal an 5. Mo. 13,1-6 erinnern, wo Gott Seinem Volk ausdrücklich ankündigt, daß Er das Wirken von falschen, verführerischen Propheten unter ihnen zulassen wird, die sie zum Götzendienst verleiten werden (vgl. 2. Kor. 11,4: ein anderer Jesus wird offenbart). Weshalb läßt Er das zu? "Denn der HERR, euer Gott, prüft euch, um zu erkennen, ob ihr den HERRN, euren Gott, mit eurem ganzen Herzen und mit eurer ganzen Seele liebt" (vgl. Offb. 2,4: "Aber ich habe gegen dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast"). Die, die sich verleiten ließen und zum Götzendienst überliefen, mußten gerichtet und getötet werden (vgl. 5. Mo. 13,7-19): "Und du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen" (V. 6b; vgl. 1. Kor. 5,13).

 

Ein weiteres ernstes alttestamentliches Vorbild falscher Prophetie sehen wir in 1. Könige 22. Joschafat, der König von Juda, eigentlich ein gottesfürchtiger, gläubiger Mann, hat sich mit dem gottlosen, abgefallenen König Ahab zusammengetan. Er hat die gottgewollte Absonderung vom Bösen aufgegeben und mit Ahab einen Bund geschlossen: "Ich bin wie du, mein Volk ist wie dein Volk, meine Pferde sind wie deine Pferde" (V. 4). Er meinte wohl, die angeblich "gute Sache" (den Heiden Ramot in Gilead zu entreißen) rechtfertige eine solche "Einheit", in der Glaube und Gottlosigkeit, Licht und Finsternis zusammengeworfen wurden. Man wird hier unwillkürlich an die "Aktionseinheiten" und Einheitsbestrebungen erinnert, in denen wahre Gläubige mit Vertretern von Irrlehren, liberalen und charismatischen Verführern zusammengejocht werden sollen, um der "Sache Jesu" bzw. um der "Evangelisation" willen.

 

Dem gläubigen Joschafat ist nicht ganz wohl bei der Sache; obwohl er im Ungehorsam gehandelt hat, möchte er gerne Gottes Segen für sein Handeln haben. Er will einen Propheten des HERRN befragen. Darauf ruft Ahab seine irrgeistigen Propheten zusammen, die sich haben verführen lassen, diesem gottlosen König gefällige Botschaften "im Namen des HERRN" zu weissagen. Sie sagen erwartungsgemäß Triumph und Sieg voraus. Aber Joschafat ist immer noch unruhig, und so sendet man zu Micha, einem wahren Propheten des HERRN.

 

Was Micha nun offenbart, ist eine ernste Lektion für den gläubigen Joschafat gewesen und sollte es auch für uns sein. Er zeigt, daß das Weissagen der Lügenpropheten Ahabs ein bewußtes Gericht Gottes war! Der Ungehorsam und Götzendienst Ahabs hatte sein Maß erfüllt; Verderben war über ihn beschlossen vom Allerhöchsten. "Und der HERR sprach: Wer will Ahab betören, daß er hinaufzieht und bei Ramot in Gilead fällt?" (V. 20). Da tritt ein betrügerischer Geist vor und sagt: "Ich will ausgehen und will ein Lügengeist sein im Mund aller seiner Propheten" (V. 22).

 

Daraufhin gibt der HERR selbst die Weisung: "Du sollst ihn betören und wirst es auch können. Geh aus und mache es so!" Und Micha sagt es dem verderbten Ahab noch einmal ins Gesicht, daß das Wirken der falschen Propheten Gottes Gericht gegen ihn ist: "Und nun, siehe, der HERR hat einen Lügengeist in den Mund all dieser deiner Propheten gegeben, denn der HERR hat Unheil über dich geredet" (V. 23).

 

"Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrwahns, daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit" (2. Thess. 2,11f.). Dabei müssen wir beachten, daß auch der gläubige Joschafat mit verführt wurde; aufgrund seiner Sünde und falschen Gesinnung nahm er die Warnung Michas nicht ernst, ließ sich von den falschen Propheten benebeln und zog mit in den Krieg. Das hätte ihn beinahe das Leben gekostet, und der Herr mahnt ihn durch einen wahren Propheten: "Sollst du so dem Gottlosen helfen und die lieben, die den HERRN hassen? Darum ist auf dir Zorn von seiten des HERRN" (2. Chr. 19,2).

 

 

Antichristliche Verführung auch in der endzeitlichen Gemeinde

 

In diesem Sinn hat die endzeitliche Prophetie von 2. Thessalonicher 2 über die antichristliche Verführung auch eine Bedeutung für die Gemeinde, obwohl sie unmittelbar wie auch Offenbarung 13 von der Zeit des Antichristen selbst spricht. Wir haben oben gesehen, daß schon vor der Offenbarung des Antichristen ein vorlaufender Sog der Verführung dieses Ereignis vorbereitet. In diese vorantichristliche Verführung, die durchaus auch mit Verfolgungen verbunden sein dürfte, aber von der großen Trübsalszeit deutlich unterschieden werden muß, ist die Gemeinde der letzten Tage hineingestellt und muß sich in ihr bewähren. So müssen wir auch bedenken, was die Aussage für uns bedeutet:

 

"Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon an der Arbeit; nur muß der, welcher jetzt aufhält, erst aus dem Wege geschafft werden; und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden, welchen der Herr Jesus durch den Geist seines Mundes aufreiben,und den er durch die Erscheinung seiner Wiederkunft vernichten wird; ihn, dessen Auftreten nach der Wirkung des Satans erfolgt, unter Entfaltung aller betrügerischen Kräfte, Zeichen und Wunder und aller Verführung der Ungerechtigkeit unter denen, die verloren gehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, durch die sie hätten gerettet werden können. Darum sendet ihnen Gott kräftigen Irrtum [Elb: eine wirksame Kraft


des Irrwahns], daß sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen an der Ungerechtigkeit gehabt haben." (2. Thess. 2,7-12 - Sch)

 

Gott sendet eine wirksame Kraft der Verführung, des Irrtums, damit die gerichtet werden, die der Wahrheit Seines Wortes nicht geglaubt haben. Diese Wahrheit gilt übertragen auch für die Gemeinde und die Verführung in ihren Reihen. Jegliche satanische Irreführung unter der Christenheit ist, obwohl sie sich in viele Bibelzitate kleidet und eine christliche Hülle trägt, letzten Endes antichristlich. Deshalb kann schon der Apostel Johannes über die Irrlehrer und falschen Propheten seiner Zeit sagen: "Ihr Kindlein, die letzte Stunde ist da, und wie ihr gehört habt, daß ein [od. der] Widerchrist kommt, so sind jetzt schon Widerchristen in großer Anzahl aufgetreten; daran erkennen wir, daß die letzte Stunde da ist" (1. Joh. 2,18 - Me).

 

Die vorantichristliche Verführung in der Gemeinde bewirkt, daß die, die nicht wirklich wiedergeboren sind, letzten Endes zur Falschreligion des Antichristen hingezogen werden; sie mündet in die große Verführungs- und Versuchungsstunde des Endes, in die falschreligiöse Hure Babylon und die Anbetung Satans. Darin besteht Gottes Gericht auch in Seinem Haus, daß die Namenschristen, die niemals das Evangelium wirklich angenommen haben und ihm nicht gehorsam geworden sind in Buße und Glauben, nunmehr der Lüge glauben, "damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen an der Ungerechtigkeit gehabt haben" (2. Thess. 2,11f.).

 

 

3. Die Verführung ist ein Werk Satans, der sich als Lichtengel verstellt

 

Die Bibel sagt uns ganz klar, daß hinter jeder Verführung der Teufel steht, daß Verführung das Werk des Lügners von Anfang an ist, des Versuchers und Widersachers der wahren Gemeinde. Die Schrift offenbart uns, daß falsche Lehren durch Dämonen eingegeben werden, so wie auch falsche Prophetien, soweit sie Offenbarungscharakter haben, durch betrügerische, irreführende Geister verursacht werden (1. Tim. 4,1).

 

 

Irrlehren sind das Werk des Widersachers

 

Wir müssen hier unterscheiden zwischen Lehrirrtümern und Irrlehren. Es kann unter wiedergeborenen Christen durchaus mißverständliche, einseitige oder falsche Auffassungen über bestimmte, untergeordnete Fragen der biblischen Lehre geben (abgesehen von den Fragen, über die man ohnehin unterschiedliche biblisch begründete Auffassungen haben kann, siehe z.B. Endzeitprophetie). Die Ursache dafür kann in mangelndem Erforschen der Schrift oder in ungeistlicher Haltung, aber auch in traditionellen Prägungen liegen, und es wäre bedenklich, in solchen Fällen überall ein direktes Wirken des Feindes zu unterstellen.

 

Dort aber, wo falsche und verdrehte Auffassungen über wichtige Fragen der biblischen Lehre bewußt weiterverbreitet werden und mit Spaltungen und Parteiungen verbunden sind, muß man von Irrlehren sprechen, und diese sind nach der Schrift grundsätzlich dämonisch inspiriert und müssen entschieden und offensiv bekämpft werden. Die menschlichen Autoren und Verbreiter von Irrlehren, die Irrlehrer (2. Petr. 2,1: pseudodidaskaloi, auch falsche Lehrer, lügnerische Lehrer), sind nach der Schrift nicht wiedergeborene Scheinchristen, "denen das Gericht von alters her nicht zögert, und ihr Verderben schlummert nicht" (2. Petr. 2,3; vgl. u.a. Jud. 4-19; Gal. 1,9; 2,4; 5,10b).

 

Es kann geschehen, daß auch wahre Gläubige auf solche betrügerischen Lehren hereinfallen und sich in falschgeistige Strömungen verstricken. Ein Beispiel aus der Schrift ist hier Petrus, der durch die Propaganda judaistischer Irrlehrer so verunsichert wurde, daß er sich nach ihnen richtete und von Paulus deshalb zurechtgewiesen werden mußte (Galater 2).

 

So finden sich wahre Gläubige in verschiedenen Gruppierungen und Strömungen, die Irrlehren verbreiten oder falschprophetischen Ursprung haben; sie vertreten solche Lehren z.T. auch persönlich, sind aber keine Irrlehrer und keine Söhne des Verderbens. Die schwerwiegende Konsequenz ihrer sündhaften Verstrickung dürfte allerdings sein, daß alles, was von ihren Werken falschgeistig inspiriert war, einmal verbrennen wird.

 

 

Die Taktik der Irreführung

 

In 2. Korinther 11 enthüllt der Apostel Paulus die Taktik des Feindes in der Verführung der Gemeinde. In V. 13-15 brandmarkt er die Träger der Verführung, die in Korinth einen anderen Jesus, ein anderes Evangelium verkündigt hatten und einen anderen Geist austeilten: "Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die die Gestalt von Aposteln Christi annehmen. Und kein Wunder, denn der Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichts an; es ist daher nichts Großes, wenn auch seine Diener die Gestalt von Dienern der Gerechtigkeit annehmen; und ihr Ende wird ihren Werken entsprechen."

 

In der Verführung verstellt sich der Satan also als Engel (was auch "Bote" heißen kann) des Lichts, d.h. er gleicht seine Äußerungen und Lehren äußerlich dem wahren Licht der Bibel an, kommt in einem "geistlichen", ja "übergeistlichen" Gewand an. Er operiert, wie wir an der Versuchung des Herrn sehen können, mit Bibelzitaten, die er aus dem Zusammenhang reißt und in ihrem Sinn geschickt verdreht, um seine widergöttliche Versuchung darin zu tarnen. Er bringt falschprophetische Offenbarungen an, um die Gläubigen irrezuführen (2. Thess. 2,2; Mt. 24,11; 1. Joh. 4,1-3; Offb. 2,20-24).

 

Er bietet den Gläubigen nicht sich selbst in seiner ungetarnten Gestalt an, sondern einen anderen Jesus, eine irrgeistige Fälschung des wahren Herrn und Heilandes. Wir dürfen uns also nicht über die Raffiniertheit der satanischen Verführung täuschen; der Feind ist viel zu gerissen, um nicht zu wissen, was unter Christen wirkt und was nicht. Seine Fälschung des christlichen Glaubens wird dem echten täuschend ähnlich sehen.

 

Nicht New Age oder "Christliche Wissenschaft" sind seine Instrumente, um auch wahre Gläubige zu täuschen, sondern eine verführerische Strömung, die den Anschein kraftvollen, besonders hochentwickelten Glaubens hat und starke Attraktivität, ja Faszination ausstrahlt.

 

 

Das Wirken irreführender Geister

 

Wie die Bibel uns andeutet, operiert der Feind nicht allein, sondern gebraucht das ganze Heer von Dämonen, die seine Absichten ausführen. Auch in der Verführung sind diese dienstbaren Geister des Feindes beteiligt, wie das Wort in 1. Tim. 4,1 bestätigt, wo von verführerischen Geistern und Lehren von Dämonen (jeweils in der Mehrzahl) die Rede ist. Manche Brüder sind daher der Auffassung, daß man nicht von dem Geist der Pfingst- und Charismatischen Bewegung sprechen könne, sondern von verschiedenen Geistern.

 

Allerdings sagt uns die Bibel nichts weiteres über die Wirkweise der feindlichen Mächte, und das sicher aus gutem Grund. Es mag also sein, daß verschiedene Geister verschiedenen Irrströmungen zugeordnet sind (wie z. B. Pfingst- und Charismatische Bewegung, Liberale Theologie, Katholische Kirche, Zeugen Jehovas usw.) oder daß sie eher regional operieren - darauf kommt es nicht an.

 

Tatsache ist, daß von dem Geist der Charismatischen und Pfingstbewegung insofern gesprochen werden kann, als die Wirkweise und die wesentlichen Irrlehren in dieser Bewegung trotz mancher Unterschiede an der Oberfläche doch im wesentlichen gleich sind. Im 1. Johannesbrief werden diese uns verborgenen Zusammenhänge so erfaßt: "(...) Jeder Geist, der nicht Jesum Christum im Fleische gekommen bekennt, ist nicht aus Gott, und dies ist der Geist des Antichrists, von welchem ihr gehört habt, daß er komme, und jetzt ist er schon in der Welt" (1. Joh. 4,3 - Elb).

 

Hier wird von verschiedenen falschprophetischen Geistern gesprochen, die durch Lügenpropheten die Gemeinde verführten, und sie werden zugleich als ein Geist gesehen, der dahintersteht und wirkt - der Geist des Antichrists, in V. 6 auch der Geist des Irrtums (od. der Irreführung, des Betruges) genannt.

 

Wir sehen daraus, daß auch hinter jeder Prophetie, die nicht nur ein "Reden aus dem eigenen Herzen" ist, die also Offenbarungscharakter hat, ein betrügerischer Geist steht (vgl. 1. Tim. 4,1). Diejenigen Werkzeuge solcher Geister, die vom Satan planmäßig und führend gebraucht werden, um falsche Prophetien ins Volk Gottes zu schleusen, werden falsche Propheten (pseudoprophètai - 1. Joh. 4,1) genannt; sie sind nach der Lehre des Wortes Gottes wie die falschen Lehrer keine Gotteskinder, sondern Werkzeuge des Satans, die dessen Gericht teilen werden (vgl. 2. Petrus 2, Judas, Mt. 7,15-23).

 

Daneben kann es jedoch durchaus sein, daß auch wahre Gotteskinder sich einem Lügengeist öffnen und falsche Weissagungen weitergeben - eine schwerwiegende Sünde, die aber der Herr vergibt, wenn sie darüber aufrichtig Buße tun. Es ist übrigens auch eine schwerwiegende Sünde, im Namen des Herrn Dinge weiterzugeben, die dem eigenen Herzen entsprungen sind (vgl. u.a. Jer. 23,25-32).

 

Solche Christen sind deshalb noch keine "falschen Propheten". Anders jedoch müssen wir diejenigen selbsternannten charismatischen "Propheten" beurteilen, die dieses Amt und seine Autorität entgegen der Schrift beanspruchen und irrgeistige Botschaften öffentlich verbreiten. Die Schrift selbst beurteilt solche Leute als "Verführer" (2. Joh. 7); sie sagt: "Böse Menschen und Betrüger aber werden zu Schlimmerem fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden" (2. Tim. 3,13).

 

Leider ist unter heutigen Christen hier eine gefährliche Verharmlosung und Blindheit zu beobachten. Um der "Toleranz" willen (ein Begriff, der nicht der Bibel, sondern dem weltlichen Humanismus und der "Aufklärung" entspringt) scheut man sich, "anderen ihr Christsein abzusprechen". Man möchte ja "niemanden verteufeln" und zieht es daher vor, sich über die wahren Ursprünge und biblischen Zusammenhänge falschprophetischer Offenbarungen und verderblicher Irrlehren keine großen Gedanken zu machen. Bestenfalls sucht man menschlich-psychologische Erklärungen dafür und unterläßt die klare geistliche Scheidung von Licht und Finsternis.

 

Solche fleischlich gesinnten Christen übersehen die Tatsache des geistlichen Kampfes, in dem die Gemeinde sich gerade auch auf diesem Gebiet befindet (Eph. 6,12); sie können nicht nur die Verführung nicht klar bekämpfen, sondern sie werden ihr selbst sehr wahrscheinlich zum Opfer fallen.

 

 

4. Die Methoden des Feindes in der Verführung der Gemeinde

 

Wenn wir der endzeitlichen Verführung wachsam entgegentreten wollen, müssen wir auch beachten, was uns die Bibel über die betrügerischen Methoden des Widersachers sagt. Wir müssen wissen, welche Listen und Schliche der Feind anwendet, um die Gläubigen irrezuführen, damit wir ihn überwinden können.  

 

 

a) Die drei Hauptwaffen der Verführung

 

Das Wort Gottes nennt uns immer wieder drei hauptsächliche Mittel der endzeitlichen Verführung: falsche Lehre, falsche Prophetie und falsche Zeichen und Wunder. Obwohl wir bereits einiges über diese drei Mittel gehört haben, lohnt es doch, sie uns noch einmal zu vergegenwärtigen und einige Besonderheiten herauszuarbeiten, die uns die Schrift offenbart, damit wir zugerüstet sind, ihnen zu begegnen.

 

1. Falsche Lehre: So wie die gesunde Lehre das Hauptmittel zur Auferbauung der Gemeinde ist (vgl. Apg. 20,32; 1. Tim. 4,6-16; 2. Tim. 3,10-17; 2. Tim. 4,1-4; Tit. 1,9; Titus 2), so ist auch falsche Lehre die wichtigste und universellste Methode der satanischen Zerstörungsarbeit gegen die Gemeinde. Wohl aus diesem Grund spricht Petrus in 2. Petr. 2,1 in erster Linie die falschen Lehrer an, obwohl Johannes in 1. Joh. 4,1 ausdrücklich auch die Existenz falscher Propheten für die Gemeindezeit feststellt.

 

Nicht jede Irrströmung in der Geschichte der Gemeinde hatte falsche Propheten oder falsche Zeichen und Wunder aufzuweisen, aber in ausnahmslos jeder war falsche Lehre wirksam. Ein Ziel des Dienstes der Apostel, ihrer inspirierten Lehre war es, die Gläubigen zur geistlichen Reife und Urteilsfähigkeit zu führen: "Denn wir sollen nicht mehr Unmündige sein, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch die Betrügerei der Menschen, durch ihre Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum" (Eph. 4,14).

 

Ein Merkmal der betrügerischen Verfälschung des Wortes Gottes, das sich immer wieder in satanisch inspirierter Irrlehre findet, ist das Durcheinanderwerfen (Diabolos!) der heilsgeschichtlichen Grenzen in Gottes Wort. Wir sind dieser Taktik schon mehrfach in unserer Untersuchung begegnet. Der Satan gaukelt den Gläubigen der Endzeit die heilsgeschichtlich abgetanen Kräfte und Wundergaben der Anfangszeit vor oder führt sie in den Wahn, sie hätten heute schon den Auftrag und die Vollmacht, zu herrschen und Macht auszuüben (Montanus, Pfingstbewegung usw.); er verwechselt Israel mit der Gemeinde (die endzeitliche Geistesausgießung), die Gemeinde mit den Heiden (der Irrtum der "Volkskirche" und der "Bekehrung ganzer Nationen") oder die Entrückung mit dem Gerichtstag des Herrn (das aufschlußreiche Beispiel aus 2. Thess. 2,1-3).

 

Ein anderes Merkmal ist die Gesetzlosigkeit, die Mißachtung der im Wort geoffenbarten Gebote und Anleitungen Gottes für die Gläubigen. Das wird z.B. an den Versuchen deutlich, die biblische Rolle der Frau zu untergraben und im Sinne des Feminismus zu verfälschen, an der Verdrehung und Mißachtung der neutestamentlichen Lehre über Ehescheidung und Wiederverheiratung und anderen verführerischen Lehren, die die Schrift offen verdrehen oder mißachten.

 

Der Kampf um die Reinheit der Lehre ist darum eine lebenswichtige Aufgabe der wahren Gemeinde in der Endzeit. Es ist bezeichnend für den Niedergang und das Voranschreiten der Verführung, daß dieses Ringen um die Reinheit der Lehre zum Spottwort unter gewissen lauen Christen geworden ist, die bibeltreue Gläubige als dogmatische Prinzipienreiter und buchstabenfixierte, vertrocknete Sektierer hinstellen. Der ein für allemal den Heiligen überlieferte Glaube, für den ungezählte Märtyrer in vergangenen Jahrhunderten Folter und Tod auf sich nahmen, bedeutet solchen Spöttern nicht mehr viel.

 

Den Treuen der Endzeit aber muß die Lehre des Christus, das inspirierte Gotteswort ganz neu kostbar werden. Wir müssen den Kampf weiterführen, der uns aufgetragen ist, und jeden Versuch des Satans abwehren, das Gotteswort zu verdrehen, zu verkürzen oder zu korrumpieren. Uns allen sollte die ernste Ermahnung des Wortes im Herzen brennen:

 

"Ich beschwöre dich vor dem Angesicht Gottes und Christi Jesu, welcher dereinst Lebende und Tote richten wird, und bei seiner Erscheinung und bei seiner Königsherrschaft: Verkündige das Wort, tritt dafür ein, du magst gelegen oder ungelegen kommen, überführe, weise zurecht, ermahne mit allem Aufwand von Langmut und Belehrung!" (2. Tim. 4,1f. n. Me)

 


2. Falsche Prophetie: Falsche Prophetie hat das Ziel, neben das inspirierte, geoffenbarte, authentische Wort Gottes der Heiligen Schrift andere, gefälschte, vergiftete, irreführende "Worte Gottes" zu setzen. In der falschen Prophetie verstellt sich Satan als Gott, als ein anderer Jesus und redet durch seinen Geist des Irrtums, den er für den Heiligen Geist ausgibt, Worte des Betrugs, listige Täuschung, fromm getarnte Irreführung.

 

Falsche Prophetie ist eine große Gefahr, wo Gläubige sich ihr öffnen; sie geraten dadurch unter den Einfluß des Feindes, werden "bezaubert" (Gal. 3,1), sie verlieren ihr geistliches Unterscheidungsvermögen, werden verwirrt und vom rechten Weg der Nachfolge und des Glaubens abgebracht. Der Satan bringt sie dazu, auf die betrügerischen Worte der falschen Propheten zu achten, statt allein auf das Wort der Bibel. Er gebraucht die falschen Propheten, "um dich abzubringen von dem Weg, auf dem zu gehen der HERR, dein Gott, dir geboten hat" (5. Mo. 13,6).

 

Das zeigt sich bei den Thessalonichern, die durch irrgeistige Prophetien in Unruhe und Desorientierung gebracht wurden, die behaupteten, der Gerichtstag des Herrn sei bereits gekommen, so daß Paulus sie mahnen muß, "daß ihr euch nicht schnell in eurem Sinn erschüttern laßt noch erschreckt werdet, weder durch Geist [d.h. durch eine dämonische Falschprophetie], noch durch Wort [durch falsche Lehre], noch durch Brief, als seien sie von uns [eine arglistige Fälschung der Irrlehrer!], als ob der Tag des Christus[10] da wäre. Laßt euch von niemand auf irgendeine Weise verführen (...)" (2. Thess. 2,2f. n. revElb). Auch heute streut der Feind solche gefälschten Botschaften in das Volk Gottes, um zu verwirren, zu verführen und die Gemeinde vom rechten Weg abzubringen.

 

Falsche Prophetie verfälscht das Wort Gottes; sie baut es geschickt in ihre Neuoffenbarungen ein, aber entstellt seinen Sinn. Letztlich führt das Hören auf falsche Prophetie dazu, daß das wahre, inspirierte Gotteswort der Heiligen Schrift abgewertet wird und seine absolute Autorität und Verbindlichkeit verliert, während die satanisch gefälschten "Gottesworte" der Lügenpropheten letztlich höheres Gewicht bekommen als die Bibel.

 

Die große geistliche Gefahr der Falschprophetie hat den Apostel Johannes bewegt, die Gläubigen zu ermahnen: "Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen" (1. Joh. 4,1). Er sagte dies zu einer Zeit, wo die echte prophetische Gabe noch wirksam war, weil das Wort Gottes noch nicht vollendet und das Vollständige noch nicht gekommen war (vgl. 1. Kor. 13,8-12).

 

Heute leben wir in einer heilsgeschichtlichen Epoche, wo die echte Prophetie im Sinne von Neuoffenbarungen längst nicht mehr existiert. Die Gemeinde der nachapostolischen Zeit hat alle prophetische Offenbarung, die sie braucht, vollständig in der Heiligen Schrift. Wer heute beansprucht, als "Prophet" eine inspirierte Botschaft von Gott zu bringen, ist entweder ein vom Satan Betrogener oder aber ein Lügner und falscher Prophet.

 

Viele Gläubige meinen, man müsse auch heute noch zwischen "echter" und falscher Prophetie unterscheiden. Oftmals wird die eigene Überzeugung hier zum Richtmaß genommen; was beispielsweise ernst klingt und zur Buße ruft, ist "echt". Aber die Prüfung der Geister muß heute anhand der geoffenbarten Heiligen Schrift erfolgen, und nach den Aussagen des Wortes Gottes ist heute jegliche "Prophetie" falsche Prophetie. Wer sich bei der Prüfung darauf stützt, daß eine Prophetie nicht grob der Bibel widerspricht, geht in die Irre und übersieht die Raffiniertheit, mit der der Feind seine falschen Botschaften mit Bibelworten und frommen Gedanken durchsetzt, um sein Gift mit hineinschmuggeln zu können.

 

3. Falsche Zeichen und Wunder:  So wie Gott in der apostolischen Zeit Seine Offenbarung des Wortes, die Botschaft des Christus, des Evangeliums mit echten Zeichen und Wundern bekräftigte (vgl. Hebr. 2,4), so wird Satan nach dem Zeugnis der Schrift in der letzten Zeit sein falsches Evangelium, die Botschaft des Antichristen mit falschen Zeichen und Wundern bekräftigen.

 

Der Herr Jesus sagt für die letzte Zeit voraus: "Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und werden große Zeichen und Wunder tun, um so, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen" (Mt. 24,24). In Mt. 7,15-23 zeigt Er den Zusammenhang zwischen falschen Propheten und falschen Wunderzeichen wie Dämonenaustreibungen und Machttaten in der letzten Zeit.

 

So wie das Auftreten des Antichristen durch die Kraftwirkung des Satans vorbereitet und herbeigeführt wird, wobei er alle möglichen Machttaten, Zeichen und Wunder der Lüge benutzt, um den Antichristen zu beglaubigen (2. Thess. 2,9), so müssen wir auch in der vorantichristlichen Zeit, in der wir leben, damit rechnen, daß Satans falschprophetische Botschaften durch gefälschte Zeichen und Wunder bekräftigt werden, die den echten Wunderzeichen der Bibel ähnlich sehen.

 

Wenn der Feind versuchen will, selbst die Auserwählten zu verführen, so muß er die Irrlehre in die Christenheit pflanzen, daß es heute noch göttliche Wunderzeichen gebe wie zur Zeit der Apostel. Wenn er will, daß auch Gläubige in den Sog der antichristlichen Verführung hineingezogen werden, muß er sie daran gewöhnen, Zeichen und Wunder als göttliches Siegel für Botschaften zu betrachten, die unbiblisch sind, und mehr auf sensationelle Machttaten zu achten als auf das inspirierte Wort Gottes. Genau das geschieht heute in der Charismatischen Bewegung.

 

 

b) Taktiken des Verführers bei seinem Wirken in der Gemeinde

 

Wie geht der Feind vor, wenn er seine gefälschte Botschaft in die Gemeinde hineinbringt? Die Bibel nennt uns einige typische Taktiken der Verführung:

 

1. Tarnung und Verstellung: 2. Kor. 11,14 besagt, daß sowohl der Satan selbst als auch seine Diener sich in ihrer Gestalt verwandeln, d.h. sie ändern ihr äußeres Erscheinungsbild, so daß sie einem Boten des Lichts bzw. Dienern der Gerechtigkeit äußerlich gleichen, während ihr Wesen unverändert böse geblieben ist. So sagte es auch der Herr Jesus: "Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe" (Mt. 7,15).

 

Wir müssen also von den Verführern erwarten, daß sie äußerlich wie ernsthafte, geisterfüllte Christen wirken, daß sie im Gegenteil sogar eine faszinierende Ausstrahlung, eine attraktive Wirkung auf ungefestigte Gläubige haben. Die Schrift sagt uns, daß wir uns von ihrer äußeren Erscheinung nicht blenden lassen dürfen: "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen" (V. 16).

 

Wenn wir also die Resultate ihres Wirkens nüchtern im Licht der Bibel prüfen, werden wir erkennen, ob sie echt oder falsch sind. Der Feind kann zwar das Erscheinungsbild echten geistlichen Lebens nachahmen, nicht jedoch dieses Leben selbst. An den Früchten, den Auswirkungen erkennt man den Heiligen Geist und den Geist des Irrtums (Gal. 5,19-21.22).

Zur Tarnung gehört auch dazu, daß der Feind und seine Diener in Lichtgestalt das Wort Gottes oft im Munde führen und fleißig benutzen. In Psalm 50 sagt Gott zu dem Frevler: "Was zählst du meine Satzungen auf und nimmst meinen Bund in deinen Mund?" (Ps. 50,16 - revSchl).

 

Der Frevler, der Gesetzlose oder Gottlose in der Bibel ist nicht etwa jemand, der überhaupt nichts von Gott wissen will, sondern ein äußerlich dem Volk Gottes zugehöriger Mensch, der einen Schein, eine äußere Form der Gottesfurcht hat (2. Tim. 3,5), aber innerlich von Gott abgefallen ist und sich gegen Ihn erhebt. In letzter Zuspitzung ist der Gottlose oder Frevler ein Bild des Antichristen (vgl. 2. Thess. 2,4).

 

So sind die Verführer solche, die das Wort Gottes viel in den Mund nehmen - davon darf sich niemand irreführen lassen. Ihr Kennzeichen ist jedoch, daß sie es nicht wirklich halten und ausleben, daß sie zügellos und zuchtlos sind und im Grunde die Gebote Gottes verachten: "... da du selbst doch die Zucht mißachtest / und meinen Worten den Rücken kehrst [w. meine Worte hinter dich wirfst]?" (Ps. 50,17 - Me; vgl. 2. Petrus 2, Judas).

 

Die Verstellung und Tarnung des Feindes ist also nicht perfekt; der gereifte, biblisch gefestigte Gläubige wird sie durchschauen können; der fleischliche oder schwarmgeistig benebelte Gläubige jedoch wird blind für die Verstellung; weil er nicht nüchtern prüft, fällt er auf die Verführung herein.

 

2. Heimlichkeit: Der Feind arbeitet nicht offen, im Licht; er umgeht Ehrlichkeit und die biblischen Regeln der Gemeinschaft unter Gläubigen; er liebt die Arbeit im Verborgenen. Zur Verstellung gehört die Heimlichkeit, das Wirken hinter den Kulissen, hinter dem Rücken derer, die als Aufseher und Wächter im Hause Gottes eingesetzt sind. Das wird durch die Ermahnung des Apostels Paulus aufgedeckt: "Und habt nichts gemein mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, sondern stellt sie vielmehr bloß; denn was heimlich von ihnen geschieht, ist selbst zu sagen schändlich. Alles aber, was bloßgestellt wird, das wird durchs Licht offenbar; denn alles, was offenbar wird, ist Licht" (Eph. 5,11-14).

 

Die Verführer wirken daher oft im Verborgenen, entziehen sich dem Licht, verhüllen ihre wahren Absichten und sind doppelzüngig. Sie dringen unbemerkt, allmählich und heimlich in die Gemeinde ein. So spricht Paulus von den "heimlich eingedrungenen" falschen Brüdern, die sich "eingeschlichen" hatten, um gegen ihn zu intrigieren (Gal. 2,4), und der Judasbrief warnt uns: "Denn gewisse Menschen haben sich heimlich eingeschlichen, die längst zu diesem Gericht vorher aufgezeichnet sind, Gottlose, welche die Gnade unseres Gottes in Ausschweifung verkehren und unseren alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus verleugnen" (Jud. 4; vgl. auch 2. Tim. 3,6).

 

Gerade der charismatische falsche Geist arbeitet vielfach in Heimlichkeit und benutzt einzelne Anhänger, um in biblischen Gemeinden unter den Unbefestigten zu wirken und ganze Hauskreise oder Jugendkreise zu beeinflussen und wegzuziehen. Dasselbe läßt sich auch von manchen Kommunitäten sagen, die ihre pfingstlich-charismatische Orientierung vor den Gläubigen, die sie besuchen, weitgehend verbergen.

 

3. Spaltungen und Parteiungen: Irreführende Lehre und Prophetie und alles verführerische Wirken des Feindes in der Gemeinde zielt immer wieder darauf, die gottgewollte Einheit des Geistes im Leib Christi zu zerstören und Gruppen, Strömungen, Fraktionen und Abspaltungen zu schaffen.

 

Nicht nur wird dadurch die Wirksamkeit und das Zeugnis der wahren Gemeinde geschwächt; die Parteiungen dienen dem Feind auch dazu, die verführten Gläubigen dem Einflußbereich der von Gott eingesetzten Ältesten, Hirten und Lehrer zu entziehen und sie in Sondergruppen umso wirksamer benebeln und für seine Zwecke gebrauchen zu können. Der griechische Schlüsselbegriff hairesis (von dem das dt. Fremdwort "Häresie" abgeleitet ist) umschreibt eine Gruppe von Menschen, die sich um eine bestimmte Irrlehre scharen und sich damit von der wahren Gemeinde abspalten.

 

Die zerstörerische Spur dieser Taktik des Feindes zieht sich durch die ganze Geschichte der Gemeinde. Die Pfingst- und Charismatische Bewegung ist ein typisches Beispiel dafür; sie hat vielleicht mehr Spaltung und Zerstörung in der Gemeinde angerichtet als jede verführerische Bewegung vor ihr.

 

Bezeichnenderweise weisen gerade irrgeistige spalterische Strömungen wie die Pfingst- und Charismatische Bewegung in sich selbst eine Tendenz zur Spaltung und Aufsplitterung auf, die ihren Anspruch, eine Erweckungsbewegung des Heiligen Geistes zu sein, Lügen straft. Daher mahnt uns das Wort Gottes: "Ich ermahne euch aber, Brüder, daß ihr achthabt auf die, welche entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, Parteiungen und Ärgernisse [d.h. Anlässe zur Sünde] anrichten, und wendet euch von ihnen ab" (Rö. 16,17) und: "Diese sind es, die Trennungen verursachen, irdisch gesinnte [od. seelische, natürliche - psychikos] Menschen, die den Geist nicht haben" (Jud. 19).

 

4. Betrügerischer Umgang mit dem Wort: Die Taktik des Feindes besteht darin, das Wort Gottes zwar im Munde zu führen, es aber zu verdrehen und seines eigentlichen Sinnes zu berauben, um einen neuen, verfälschten Sinn hineinzudeuten. Wir haben diese Taktik schon bei der Betrachtung der Versuchung Jesu gesehen, wo der Feind eine biblische Verheißung verfälscht, um den Herrn zu einer vermessenen, eigenwilligen Handlung zu verleiten.

 

Hier ist das Wort wichtig, das der Apostel Paulus in Abgrenzung zu den Irrlehrern seiner Zeit von sich sagt: "Darum, da wir diesen Dienst haben, weil wir ja begnadigt worden sind, ermatten wir nicht; sondern wir haben den geheimen Dingen [od. Heimlichtuerei], deren man sich schämen muß, entsagt und wandeln nicht in Arglist, noch verfälschen wir das Wort Gottes, sondern durch die Offenbarung [od. offene Verkündigung] der Wahrheit empfehlen wir uns jedem Gewissen der Menschen vor Gott" (2. Kor. 4,1f.).

 

Aus der Abgrenzung erkennen wir, daß drei Dinge die falschen Lehrer kennzeichnen: Heimlichtuerei (verborgene Dinge), Arglist (panourgia, auch Verschlagenheit, Frevel) und Verfälschung des Wortes Gottes. Das hier verwendete Wort doloò hängt mit dolos (Köder, Lockspeise, Betrug, List, Tücke, Ränke) zusammen; es bedeutet hier, daß die falschen Lehrer das Wort Gottes verkehren und verfälschen, aber auch, daß sie es betrügerisch gebrauchen (Anm. revElb); sie verdrehen es in seinem Sinn, um damit Menschen zu täuschen, für sich einzufangen und zu betrügen.

 

Verfälschung und Betrug gehören also zu den Wesensmerkmalen satanischer Verführung. Wir finden den Begriff dolos (Betrug, List) in zahlreichen wichtigen Aussagen der Bibel erwähnt, und es lohnt sich, diese Stellen zu studieren (Mt. 26,4; Mk. 7,22; Mk. 14,1; Joh. 1,47; Apg. 13,10; Rö. 1,29; 2. Kor. 12,16; 1. Thess. 2,3; 1. Petr. 2,1; 1. Petr. 2,22; 1. Petr. 3,10).

 

In unserem Zusammenhang ist noch 1. Thess. 2,3f. wichtig, wo Paulus ebenfalls in Abgrenzung gegenüber Irrlehrern von sich sagt: "Denn unsere Ermahnung geschah nicht aus Irrtum, noch aus Unlauterkeit, noch mit List [od. Betrug - dolos], sondern wie wir von Gott tauglich befunden worden sind, mit dem Evangelium betraut zu werden, so reden wir - nicht, um Menschen zu gefallen, soindern Gott, der unsere Herzen prüft." Dagegen heißt es von den Irrlehrern: "Durch süße Worte und schöne Reden verführen sie die Herzen der Arglosen" (Rö. 16,18), und: "Aus Habsucht werden sie euch mit betrügerischen Worten kaufen [od. übervorteilen]" (2. Petr. 2,3).

 

Wir haben im Laufe dieser Untersuchung an vielen Stellen gesehen, wie der falsche Geist der Pfingst- und Charismatischen Bewegung durch falsche Lehrer Bibelworte aus dem Zusammenhang gerissen, ihren Sinn verkehrt und sie zu schwärmerischem Betrug mißbraucht hat. Wie in anderen irrgeistigen, zerstörerischen Bewegungen der Vergangenheit (Montanismus, Katholisch-apostolische Gemeinden) finden wir auch in dieser Bewegung, daß das heilige Wort Gottes in seinem klaren Sinn verdreht und ihm ein aus mystischer "Offenbarungserkenntnis" stammenden Widersinn unterschoben wird. Die Frucht ist, daß Menschen in die Irre geleitet werden, darunter auch zahlreiche Gotteskinder. Wo solcher Betrug mit dem Wort Gottes auftritt, können wir die Handschrift des Erzbetrügers und Vaters der Lüge erkennen.

 

 

 

5. Die prophetische Perspektive der Verführung:

Bileam, Isebel und die Hure Babylon

 

Zum Abschluß dieser Betrachtung über die endzeitliche Verführung wollen wir auf die Aussagen der Offenbarung zu diesem Thema eingehen, die wir bisher weitgehend ausgeklammert haben. Im Gegensatz zu den direkten Aussagen in den Evangelien und Lehrbriefen gibt uns die Offenbarung prophetische Bilder, die unser Verständnis für das Wesen und die Zielsetzung der Verführung der Gemeinde vertiefen und erweitern und deshalb unbedingt in unser Bibelstudium einbezogen werden sollten. Aus Platzgründen kann auf diese Gesichtspunkte hier nur relativ allgemein und knapp eingegangen werden.

 

Für unser Thema sind vor allem zwei Abschnitte der Offenbarung wichtig: die sieben Sendschreiben an die Gemeinden (Offenbarung 2 u. 3) und die Aussagen über die Hure Babylon und die antichristliche Verführung in ihrer ausgereiften Form (Offenbarung 13, 17 u. 18).

 

Die Sendschreiben beleuchten in prophetischer Form die Entwicklung der Gemeinde Christi in der Endzeit und zeigen dabei auch das Fortschreiten der Verführung und des Abfalls innerhalb der Gemeinde. Es führt eine absteigende Linie von den ersten Anzeichen des Verfalls bei der Gemeinde zu Ephesus über das Aufkommen von Parteiungen, die sich um Irrlehren scharen, in Pergamon über die Herrschaft einer falschen Prophetin in Thyatira bis zum geistlichen Tod der Gemeinde zu Sardes und der selbstzufriedenen Lauheit von Laodicäa.

 

Die Gesichte in Offenbarung 17 und 18 zeigen uns eine geistig-religiöse Kraft, die als Hure Babylon bezeichnet wird und als der Inbegriff falschreligiöser Verführung erscheint, als das Endstadium des teuflischen religiösen Betruges, auf das alle früheren Linien hinlaufen.

 

 

a) Die fortschreitende Verführung in den Gemeinden der Sendschreiben

 

1. Ephesus: Was hat uns das Sendschreiben an Ephesus in bezug auf Verführung zu sagen? Es zeigt eine Gemeinde, die viele gute geistliche Züge aufzuweisen hat; unter diesen hebt der Herr auch hervor, daß die Verantwortlichen dort wachsam gegenüber satanischer Verführung waren: "Du hast die geprüft, die sich Apostel nennen und es nicht sind, und hast sie als Lügner erkannt" (Offb. 2,2). Das Sendschreiben bestätigt, daß die Gefahr der Verführung auch in Gemeinden existiert, die geistlich relativ gut stehen. Auch dort, wo die Lehre gesund ist und Irrströmungen abgewehrt wurden, besteht aller Grund zu beständiger Wachsamkeit! Wir sehen auch, daß die Schrift voraussagt, daß in der Endzeit falsche Apostel auftreten werden.

 

Das Sendschreiben nennt uns auch eine Irrströmung, eine hairesis oder Parteiung, die damals eine Rolle spielte, die "Nikolaiten". Auch hier wieder lobt der Herr die Gemeinde: "Aber dies hast du, daß du die Werke der Nikolaiten haßt, die auch ich hasse" (V. 6). Wir wissen nicht genau, was diese Nikolaiten gelehrt und praktiziert haben; vielleicht sind sie nach Offb. 2,14-16 Anhänger der Lehre Bileams gewesen, auf die wir noch kommen werden. Ihr Name bedeutet "Besieger, Beherrscher des Volkes", was durchaus mit Bileam übereinstimmen kann.

 

In jedem Fall waren sie Anhänger einer Irrlehre, und der erhöhte Herr macht hier eine wesentliche Aussage, die wir uns sehr zu Herzen nehmen sollten: Er, der voller Liebe, Langmut und Barmherzigkeit ist, sagt in allem Ernst, daß er die Werke der Irrströmung haßt - auch die ihrer Anhänger, nicht allein der Führer. Er lobt die Verantwortlichen in Ephesus, daß auch sie keine falsche "Toleranz" oder "Nachsicht" mit dieser Parteiung üben, sondern wie Er ihre Werke hassen.

 

Wie sehr müssen wir hier unsere Gesinnung erneuern lassen, die von Untreue, Nachlässigkeit und weltlichem Humanismus verunreinigt ist! So wie das Wort Gottes vom Herrn bezeugt: "Verblendete dürfen nicht vor deine Augen hintreten; du hassest alle, die Frevel tun" (Ps. 5,6), so sollten auch wir alle Gottlosigkeit und Irrlehre hassen: "Die ihr den HERRN liebt, haßt das Böse!" (Ps. 97,10). Nirgends redet der Herr persönlich und durch Seine Apostel schärfer und unversöhnlicher, als wenn Er sich mit Irrlehrern und falschen Propheten auseinandersetzen muß (vgl. Mt. 7,23; 2. Kor. 11,13-15; Gal. 1,6-9; Gal. 5,7-12; 1. Tim. 6,3-5; 2. Tim. 3,6-9.13; Tit. 1,10-16; Tit. 3,10; 2. Petrus 2 u. 3; 2. Johannes; Judas; Offb. 2,6.14-16.20-23). Das bedeutet einen kompromißlosen, unermüdlichen Kampf gegen jegliche Irrlehre und Irrströmung. Dieser Kampf ist auch ein Kampf gegen die gottlosen Frevler und Verführer, die diese Bewegungen leiten, aber ein Kampf um die verführten Gotteskinder, die wir zur Umkehr und Besinnung bringen sollten (vgl. Jud. 23; 2. Tim. 2,24-26).

 

Aber das Sendschreiben an Ephesus zeigt uns nicht nur Nachahmenswertes; in seinem einzigen Tadel enthüllt es den tiefsten Wurzelgrund für alle erfolgreiche Verführung, den Riß, durch den das Gift des Satans in einzelne Gläubige und in ganze Gemeinden eindringen kann: "Aber ich habe gegen dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast" (V. 4). Hier liegt der verborgene Keim des Verfalls - nicht in der Lehre, nicht in der äußerlichen Gemeindearbeit, sondern in der innersten Herzenshaltung dem Herrn gegenüber. Dort, wo die völlige Hingabe an den Herrn fehlt, dort, wo Er uns nicht mehr alles ist, wo Er unser Herz nicht ungeteilt besitzt, dort kann der Feind mit seinem verderblichen Werk ansetzen und die Gläubigen Schritt für Schritt von ihrem Herrn und dem Weg der Nachfolge wegziehen (vgl. 2. Kor. 11,2f.; Jak. 4,4-6).

 

Diese Mahnung muß uns heutige Gläubige tief treffen und zur Umkehr führen, dazu, daß wir das Angesicht unseres treuen Herrn suchen und Ihm bekennen, wo auch wir nicht in der ersten Liebe stehen, und uns von Ihm gründliche Buße schenken lassen. Im Licht dieser Aussage sollte uns auch deutlich werden, daß niemand ohne eigenes Verschulden von der Verführung fortgezogen wird. In uns selbst, in unserer fleischlichen Herzenshaltung und Verkehrtheit müssen wir den tiefsten Grund suchen, wenn wir zu der Erkenntnis kommen, daß wir uns haben verführen lassen.

 

2. Pergamon: In dem Sendschreiben an die Gemeinde in Pergamon sehen wir, wie das Übel sich bereits in der Gemeinde festgesetzt hat. Hatte Ephesus die Irrlehren noch entschieden abgewehrt, hat nunmehr der keimartige, äußerlich nicht sichtbare Schaden der verlassenen ersten Liebe zu teilweiser Blindheit und Untreue der Verantwortlichen gegenüber den verführerischen Machenschaften des Teufels geführt.

 

In Pergamon gab es solche in der Gemeinde, die an der Lehre Bileams festhielten, die das Volk Gottes wie einst Bileam zu geistlicher Hurerei und Götzendienst verführten. Noch scheint es, als seien diese Leute, die vielleicht mit den ebenfalls erwähnten Nikolaiten identisch sind, nur eine Minderheit innerhalb der Gemeinde gewesen. Aber die Verantwortlichen hatten diese hairesis, diese Irrströmung innerhalb der Gemeinde geduldet, anstatt sie entschieden zu bekämpfen wie die Epheser.

 

Wegen dieses Versäumnisses erhalten sie nun einen scharfen Tadel des erhöhten Herrn: "Tu nun Buße! Wenn aber nicht, so komme ich dir bald und werde Krieg mit ihnen führen mit dem Schwert meines Mundes" (V. 16). Der Herr erwartet von den Ältesten von Pergamon wie von der ganzen Gemeinde, daß sie die Anhänger von Irrlehren offensiv bekämpfen und aus der Gemeinde ausschließen, anstatt sie in einem faulen Frieden um der "Einheit des Leibes Christi willen" zu "tolerieren".

 

Diese Mahnung sollte allen Ältesten, Hirten und Lehrern der heutigen Gemeinde Christi zu Herzen gehen, die oft unter großem Druck stehen, doch pfingstlich-charismatische Gruppen und Anhänger zu "tolerieren", sie in der Gemeinde zu lassen bzw. mit ihren Gemeinden "in der Liebe Jesu" zusammenzuarbeiten. Das ist nicht der Wille des Herrn! Der Herr hat uns in Seinem Wort die klare Anweisung gegeben: "Tut den Bösen von euch selbst hinaus!" Die Öffnung für eine Irrlehre und einen falschen Geist ist genauso ein Anlaß für biblische Gemeindezucht wie eine Fleischessünde. Auch hier gilt der Grundsatz: "Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig" (Gal. 5,9).

 

Das Wort Gottes gebietet: "Einen sektiererischen Menschen [hairetikon anthròpon = einen Menschen, der Irrlehren anhängt und Spaltungen anrichtet] weise nach einer ein- und zweimaligen Zurechtweisung ab, da du weißt, daß ein solcher verkehrt ist und sündigt und durch sich selbst verurteilt ist" (Tit. 3,10). Irrlehren anzuhängen und Spaltungen zu fördern ist genauso eine Sünde, die Gemeindezucht erforderlich macht, wie Ehebruch oder Diebstahl. Die Ältesten, die vor diesem klaren Gebot der Schrift zurückweichen, machen sich vor dem Herrn der Gemeinde schuldig und ziehen sich den gleichen Tadel zu wie die von Pergamon.

 

3. Thyatira: Im Sendschreiben an die Gemeinde in Thyatira sehen wir, wie das Böse, das in Pergamon noch eine Randerscheinung des Gemeindelebens zu sein schien, nunmehr ausgereift ist und die ganze Gemeinde vergiftet und bedroht.

 

Auch hier besteht die Untreue der Verantwortlichen darin, daß sie Verführer in ihren Reihen "gewähren lassen". Aber in Thyatira gibt es nicht mehr nur Einzelne, die an der Lehre Bileams festhalten, sondern hier ist eine aktive, verführerische Kraft aufgetreten, die bildhaft als "das Weib Isebel" bezeichnet wird. Auf die symbolische Bedeutung ihres Namens kommen wir noch weiter unten zu sprechen; wie bei der Hure Babylon, die auch als ein Weib gekennzeichnet wird, handelt es sich hier um eine falschreligöse Kraft der Verführung.

 

"Isebel" nennt sich eine Prophetin; sie ist also eine falsche Prophetin, die betrügerische Offenbarungen und Botschaften dazu benutzt, das Volk Gottes zu verwirren und irrezuführen. Nicht nur das, sie lehrt auch. Hier stoßen wir auf ein typisches Kennzeichen satanischer Verführung, dem wir in allerlei Sekten wie z.B. den Adventisten, aber auch in der Pfingst- und Charismatischen Bewegung begegnen: Frauen nehmen, getrieben von dem dämonischen Irrgeist, entgegen dem Wort Gottes eine führende Stellung ein; sie maßen sich das Prophetenamt an, sie schwingen sich zu Lehrerinnen auf und nehmen Führungspositionen in der Gemeinde ein (vgl. 1. Tim. 2,12-14). Diese Dinge kommen nicht aus dem echten Heiligen Geist, sondern aus dem Geist Isebels, dem Geist der falschprophetischen Verführung.

 

Die "Lehre" Isebels ist, wie wir leicht erkennen können, identisch mit der Lehre Bileams (vgl. V. 14): sie verführt die Knechte Gottes dazu, geistliche Hurerei und Götzendienst zu treiben! Sie beeinflußt also wahre Gotteskinder, sich dämonischen Geistern zu öffnen und mit ihnen Gemeinschaft zu haben, ja sogar, sie anzubeten.

Wer meint, dies sei unmöglich und an den Haaren herbeigezogen, der lese die Ermahnungen des Paulus in 1. Kor. 10,14-22: "Darum, meine Geliebten, flieht den Götzendienst. (...) Ich will aber nicht, daß ihr Gemeinschaft habt mit den Dämonen. Ihr könnt nicht des Herrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht am Tisch des Herrn teilnehmen und am Tisch der Dämonen. Oder wollen wir den Herrn zur Eifersucht reizen? Sind wir etwa stärker als er?"

 

Zu den Zeiten der Apostel gab es Irrlehrer, die offenkundig die damaligen Gläubigen dazu verführten, an heidnischen Götzenopfermahlen teilzunehmen und sie auf diese Weise in Gemeinschaft mit Dämonen brachten. Das ist heute außerhalb der katholischen Kirche weniger der Fall. Aber auch solche Irrlehrer, die Gläubige in der Pfingst- und Charismatischen Bewegung dazu bringen, einen falschen Geist zu empfangen und einen falschen Jesus anzubeten, bringen sie damit in Gemeinschaft mit Dämonen und in geistliche Hurereisünden hinein.

 

Daß solche geistliche Hurerei, der Verkehr mit dämonischen Geistern der Verführung vor dem Herrn eine schwerwiegende Sünde ist, sehen wir aus Seinen folgenden Worten: "Und ich gab ihr Zeit, auf daß sie Buße täte, und sie will nicht Buße tun von ihrer Hurerei. Siehe, ich werfe sie in ein Bett, und die, welche Ehebruch mit ihr treiben, in große Drangsal, wenn sie nicht Buße tun von ihren [d.h. Isebels] Werken. Und ihre Kinder werde ich mit Tod töten, und alle Versammlungen werden erkennen, daß ich es bin, der Nieren und Herzen erforscht; und ich werde euch einem jeden nach euren Werken geben" (V. 21-23 - Elb).

 

Hier erkennen wir, daß alle schwarmgeistige Verführung als geistliche Hurerei das Gericht des Herrn der Gemeinde nach sich zieht. Man beachte, wie der Herr differenziert zwischen den Gotteskindern, die sich in diese Verführung hineinziehen lassen und damit geistlichen Ehebruch treiben, und den Kindern der Isebel - und hier sind geistliche Kinder, d.h. schwarmgeistig gezeugte Scheinchristen gemeint, "Christen", die durch falschprophetische Verführung einen anderen Jesus angenommen haben und nicht wiedergeboren sind. Die verführten Gotteskinder werden in große (geistliche) Drangsal kommen und im Preisgericht großen Schaden erleiden, während die Kinder der Isebel Kinder des Verderbens sind; ihnen droht der geistliche Tod.

 

Die Verführung hat in Thyatira übermächtige Ausmaße angenommen; sie hat diese Gemeinde soweit zerstört, daß der Herr nur noch einen Teil, vermutlich nur einen kleinen Teil, als treue Gläubige ansprechen kann. Das Wort für "Euch, den übrigen in Thyatira" (V. 24), loipois, kann auch "den Übriggebliebenen" bedeuten; es ist mit dem Wort für "Überrest" in Rö. 11,5 verwandt. Sie hatten den überheblichen Anspruch der Irrlehrer, die - wie viele heutige Charismatiker - behaupteten, die "Tiefen des Satans erkannt" zu haben, zurückgewiesen, und der Herr tröstet und stärkt sie, und mahnt sie zugleich, an der gesunden Lehre, dem geoffenbarten Wort Gottes festzuhalten: "Was ihr habt, haltet fest, bis ich komme!" (V. 25; vgl. Offb. 3,8.10.11).

 

Die Sendschreiben machen deutlich: Wer zu den Treuen, zu den Überwindern der Endzeit gehören will, muß sich gegenüber jeglicher Verführung ganz klar abgrenzen und sie entschieden bekämpfen; anderenfalls verliert er den Siegeskranz und erleidet großen geistlichen Schaden.

 

Wer nicht an dem festhält, was der Herr uns zur Auferbauung und Bewahrung Seiner Gemeinde gegeben hat, nämlich zuallererst an Seinem kostbaren, inspirierten Wort, dem ein für allemal den Heiligen überlieferten Glauben, "dem Wort seiner Gnade, das Kraft hat, aufzuerbauen und ein Erbe unter allen Geheiligten zu geben" (Apg. 20,32), wer dieses Wort nicht von aller Befleckung, Verstümmelung und Verdrehung durch Irrlehre und Falschprophetie rein erhält, der wird vom rechten Weg abkommen und die Gefahren der Endzeit nicht unbeschadet überstehen.

 

 

b) Bileam und Isebel als Vorbilder falschprophetischer Verführung

 

Es ist für unser Verständnis falschprophetischer Irreführung wertvoll, wenn wir uns näher mit den beiden Gestalten beschäftigen, die uns in den Sendschreiben als Vorbilder der satanischen Taktik gegenüber der Gemeinde gegeben werden. Beide haben Bezüge zum Alten Testament, die weiteres Licht auf unser Thema werfen.

 

 

aa) Bileam - seine Lehre, sein Weg, seine Irreführung

 

Bileam, eine der zwiespältigsten und unheimlichsten Gestalten des Alten Testamentes, wird vom Heiligen Geist wiederholt als Vorbild der Verführung in der Gemeinde Christi angeführt (2. Petr. 2,15; Jud. 11; Offb. 2,14). Wir erfahren im AT einiges über seine Herzenshaltung und seine Motive, als er versucht, Israel zu verfluchen, und es doch segnen muß (4. Mose 22 bis 24). Sein heimtückischer Ratschlag gegen das Volk Israel wird im AT nur kurz und indirekt geschildert (4. Mo. 31,16); erst die Offenbarung im NT macht seine Bedeutung klarer (Offb. 2,14).

 

Der Name "Bileam" wird als "Verderber, Verschlinger des Volkes" gedeutet. Bileam stammte nicht aus dem Volk Gottes; er war ein Götzendiener aus den Heidenvölkern. Die Schrift sagt von ihm, daß er ein Wahrsager war (Jos. 13,22) und Zauberei betrieb (4. Mo. 24,1 - Lu12). Eine uralte magische Praktik war das Aussprechen von Zauberflüchen, die durch die böse Macht Satans Verderben über Menschen, Vieh oder Ernte bringen sollten. Bileam beherrschte diese Zauberkunst so gut, daß die Feinde des Volkes Israel, die Moabiter, ihn gegen Lohn anwarben, um das Volk Gottes zu verderben.

 

Bileam aber war nicht nur ein Zauberer und Werkzeug des Satans. Die Bibel berichtet uns, daß er auch den Gott Israels kannte und vorgab, dem Herrn hingegeben zu dienen. Es mag sein, daß er, ähnlich wie die Hure Rahab, die Kunde von der wunderbaren Befreiung Israels aus der ägyptischen Knechtschaft gehört hatte und den Gott Israels als einen mächtigen Gott, der Wunder tat, anerkannt hatte. Er hatte eine Form von Glauben, denn der spricht von "dem HERRN, meinem Gott" (4. Mo. 22,18).

 

Anders aber als bei der heidnischen Rahab, die sich in wahrem Glauben dem Volk Gottes anschloß und in die Segenslinie des Messias eingepflanzt wurde (vgl. Mt. 1,5), erwies sich der Glaube und die Gottesverehrung des Bileam als gefälscht, als unecht und trügerisch. Mit den Lippen gab er vor, Gott zu dienen, aber sein Herz war voll Bosheit, Ungehorsam und Habgier; in Wahrheit war er ein Feind Gottes und ein Feind Seines Volkes. Hierin zeigt er deutliche und bedeutungsvolle Parallelen zu Simon dem Zauberer (Apg. 8,9-24).

 

Die neutestamentliche Offenbarung zeigt uns, daß Bileam auch ein Prophet war (vgl. 2. Petr. 2,16). Ja, aus geheimnisvollen Gründen gebraucht Gott diesen Mann, um eine der aussagekräftigsten und eindrucksvollsten Prophetien über Israel auszusprechen und sogar den kommenden Messias vorherzusagen (4. Mo. 24,17-19).

 

Bileam verkündet also tatsächlich die Worte des lebendigen Gottes - aber sein Herz ist nicht lauter und aufrichtig vor Gott. Es ist nicht das Herz eines wahrhaft Glaubenden, sondern das böse, verdorbene Herz eines Götzendieners, der auf Zauberei und Bannflüche ausging, selbst als Gott so deutlich zu ihm redete (vgl. 4. Mo. 24,1 - KJV, Tur-Sinai). Das Wort offenbart uns seine Motive: Er wollte Israel verfluchen. "Aber der HERR, dein Gott, wollte nicht auf Bileam hören, und der HERR, dein Gott, wandelte dir den Fluch in Segen um, denn der HERR, dein Gott, hatte dich lieb" (5. Mo. 23,6).

 

Hier erkennen wir etwas vom Wesen des Frevels: Der Frevler hat die Offenbarung Gottes, ja, er maßt sich sogar an, im Namen Gottes zu handeln - und doch wagt er es, Böses zu tun im Angesicht des Heiligen, wagt es, satanische Zaubertechniken zu gebrauchen, um Gott zu manipulieren und für seine Zwecke zu mißbrauchen. Wenn wir nämlich die Opfer betrachten, die Bileam auf den Höhen des Baal (!) opfern läßt (4. Mo. 22,41; 23,1-3), so fällt auf, daß das Wort nirgends sagt, er habe sie dem Herrn geopfert. In Wahrheit waren diese Opfer Bestandeil magischer Zauberpraktiken, sie sollten die Dämonen günstig stimmen und wurden zu Wahrsagezwecken benutzt.[11]

 

Das stimmt mit 4. Mo. 24,1 überein. Erst als Bileam aus dem Mund Gottes hört und bekennen muß: "Denn es gibt keine Zauberei gegen Jakob und keine Wahrsagerei gegen Israel" (4. Mo. 23,23), merkt er, daß seine boshaften Anschläge vergeblich sind ("Er hat gesegnet, und ich kann's nicht wenden" - V. 20). Erst dann verzichtet er auf seine okkulten Opfer und geht nicht, wie die anderen Male, auf Zauberei, auf Zauberflüche aus. Nur bei der dann folgenden Weissagung heißt es: "und der Geist Gottes kam über ihn" (4. Mo. 24,2).

 

Ja, Bileam war ein Prophet Gottes, aber er war ein untreuer, gottloser Prophet, der sich als Diener Satans und Verderber des Volkes Gottes entpuppte. Gott vertraute ihm sogar Sein Wort an, aber er war untreu und boshaft und wirkte gegen Gott, im Dienste des Satans.

 

Hier ahnen wir etwas vom "Geheimnis der Gesetzlosigkeit", vom Geheimnis des Frevels, das uns auch in der Gestalt des Judas entgegentritt. Es ist auch in den heutigen falschen Propheten und Verführern wirksam, die die den herrlichen Namen Jesu Christi und das heilige Wort Gottes im Munde führen und doch Söhne des Verderbens und Betrüger sind wie Bileam.

 

Bileam konnte das Volk Gottes, Israel, nicht verfluchen, weil es ihm geoffenbart wurde als Bundesvolk Gottes, das gerecht war durch den Glauben, durch das Sühnopfer Christi, das vorgeschattet war im Opferdienst der Stiftshütte. Aber, inspiriert durch den Satan, den großen Verführer, ersann das verdorbene Herz Bileams eine listige Falle, einen Weg, um das Volk Gottes dennoch zu Fall zu bringen.

 

In 4. Mo. 31,16 berichtet die Bibel, daß Bileam den Moabitern den Rat gab, das Volk Israel zu fleischlicher und geistlicher Hurerei zu verführen. Sie sandten moabitische Frauen, die die Männer Israels zuerst zur Unzucht verleiteten und sie dann einluden zu den Opfern ihrer Götter: "Und das Volk aß und warf sich nieder vor ihren Göttern. Und Israel hängte sich an den Baal-Peor. Da entbrannte der Zorn des HERRN gegen Israel" (4. Mo. 25,1-3; vgl. 4-18).

 

Hier sehen wir eine tiefere Absicht hinter Satans Verführung. Er weiß, daß er das Volk Gottes, wenn es in Christus wandelt, gerecht durch den Glauben und das stellvertretende Sühnopfer, nicht angreifen und schädigen kann. Der Frontalangriff der Verfolgung und Vernichtung, den Moab versuchte, war zunichte geworden. Auch okkulte Zauberflüche hatten keine Wirkung; der Satan hatte keine Macht über das Volk Gottes.

 

Aber er, der Listige, wußte, daß er das Volk Gottes schädigen und seine Kraft brechen konnte, wenn er es dazu verleiten konnte, dem Glauben an seinen Erlöser untreu zu werden und sich anderen Göttern zuzuwenden. Dann würde der Zorn Gottes über sein Volk kommen, und der vollkommene Schutz in Christus, die göttliche Waffenrüstung, wäre zerstört. Das Volk könnte besiegt werden.

 

So zielt die Verführung immer darauf, das Innerste zu verderben, sie zielt auf das Herz des Gläubigen, auf seine Einfalt Christus gegenüber, auf seine Liebe und ungeteilte Hingabe zum Herrn (vgl. 2. Kor. 11,2f.). Das Ziel des Feindes ist es, die Gläubigen zu geistlicher Hurerei zu verführen, zur Gemeinschaft mit Dämonen, zur Teilnahme am mystisch-ekstatischen falschen "Gottesdienst" der Heiden, zur Anbetung von irreführenden Geistern. Diese tiefste Absicht spricht der Herr in Offb. 2,14 aus. Die Lehre Bileams bestand darin, einen Anstoß (od. eine Falle) den Israeliten in den Weg zu legen, so daß sie Götzenopfer aßen und Hurerei trieben. Hier wie bei Isebel und der Hure Babylon besteht ein enger Zusammenhang zwischen leiblicher und geistlicher Hurerei; in allen Fällen aber ist im letzten und tiefesten die geistliche Hurerei das Ziel des Satans, und sie ist auch die Sünde, die vor Gott am schrecklichsten ist.

 

Das NT zeigt uns ganz klar, daß Bileam ein Vorbild für die falschprophetische Verführung in der Gemeinde ist. Nicht nur wird von Isebel und den Nikolaiten gesagt, daß sie die Lehre Bileams vertraten; sowohl Petrus als auch Judas verweisen auf Bileam, wenn sie die Irrlehrer und Verführer der Endzeitgemeinde schildern.

 

Judas schreibt über sie: "Sie sind auf dem Wege Kains gegangen, haben sich aus Gewinnsucht in die Verirrung [od. die Irreführung, den Betrug, gr. planè] Bileams verstricken lassen und sich durch ihre Auflehnung wie einst Koah ins Verderben gestürzt" (Jud. 11 - Me). Vorher erwähnt Judas als biblische Vorbilder für den Weg dieser Leute die Engel, die geistliche Hurerei mit den Töchtern der Menschen begangen hatten (Jud. 6; vgl. 1. Mo. 6,1f.) und die Leute von Sodom und Gomorrha, "die sich, gleicherweise wie jene, der Hurerei ergaben und anderem Fleische nachgingen".

 

Dieser Vergleich läßt den Schluß zu, daß die Kanaaniter von Sodom und Gomorrha nicht nur in fleischliche Greuelsünden verstrickt waren, sondern auch geistliche Hurerei betrieben, d.h. durch Zauberei und Mystik Gemeinschaft mit Dämonen hatten.

 

In 2. Petr. 2,12-17 wird das Vorbild Bileams gebraucht, um eine weitere Eigenschaft der endzeitlichen Verführer zu kennzeichnen, nämlich ihre Geldgier und Habsucht, die ja ebenfalls Götzendienst und geistliche Hurerei beinhaltet (vgl. Eph. 5,5; 1. Tim. 6,3-10; Jak. 4,1-6). Der Weg Bileams besteht darin, um zeitlicher Vorteile und Habsucht willen den Lohn der Ungerechtigkeit anzunehmen und sich Satan zur Verfügung zu stellen, um dem Volk Gottes zu schaden (vgl. auch Judas Ischarioth; Rö. 16,18).

 

 

bb) Isebel als Vorbild der Zauberei und Falschprophetie

 

Während die Verführung zum Götzendienst durch Bileam noch einmal eingedämmt werden konnte, wobei das mutige und entschlossene Vorgehen des Priesters Pinhas uns als Vorbild vor Augen gestellt wird, der mit dem Eifer Gottes Gericht ausübte unter denen, die sich der Verführung ergeben hatten (4. Mo. 25,1-13; vgl. 2. Kor. 11,2), zeigt das Vorbild Isebels die Verführung in einem fortgeschrittenen, nicht mehr heilbaren Stadium.

 

Isebel ("die Keusche, Unberührte" - welch eine Irreführung schon im Namen!) war eine ebenso listige wie bösartige Dienerin Satans, die unter dem Volk Gottes schwerstes Verderben angerichtet hat. Sie war die Tochter eines heidnischen Königs mit dem bezeichnenden Namen Etbaal ("Mit ihm ist Baal") und eine fanatische Verehrerin des Götzen Baal.

 

Durch die Hochzeit mit ihr brachte der gottlose König Ahab Verderben über Israel. Nicht nur ließ er sich von ihr verleiten, dem Baal zu dienen und sich anbetend vor diesem abscheulichen Götzen niederzuwerfen; er wagte es sogar, dem Baal einen Tempel zu bauen und förderte den satanisch-perversen Baalskult in Israel. Isebel war bei diesen Verführungen zu geistlicher Hurerei eine aktive und treibende Kraft. Sie hatte hunderte von falschen Propheten (!) des Baal eingeführt (vgl. 1. Kö. 18,19), die das Volk zum Götzendienst verleiteten; sie hatte die Propheten des Herrn verfolgt und umgebracht (V. 13).

 

Sie war sehr erfolgreich gewesen mit ihrer Verführung - nur 7.000 waren in Israel übriggeblieben, die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt und ihn nicht geküßt hatten (vgl. 1. Kö. 19,18). So begründet Jehu, das Gerichtswerkzeug Gottes, das Verderben des Hauses Ahab gegenüber Ahabs Sohn Joram mit "den vielen Hurereien deiner Mutter Isebel und ihren vielen Zaubereien" (2. Kö. 9,22). Hier sind dem Zusammenhang nach sicherlich in erster Linie die geistlichen Hurereien gemeint, d.h. der Götzendienst.

 

Von Ahab, dem untreuen König des Volkes Gottes, heißt es: "Es hat in der Tat keinen wie Ahab gegeben, der sich so verkauft hätte, um zu tun, was in den Augen des HERRN böse ist. Ihn hatte seine Frau Isebel verführt" (1. Kö. 21,25).

 

Wir sehen, daß das Zeugnis des AT von Isebel ganz mit dem Bild des Weibes Isebel in der Offenbarung übereinstimmt: Sie ist eine Verführerin, die Zauberei und geistliche Hurerei betreibt und Knechte Gottes zu diesen Sünden verleitet.

 

Wie die Königin Isebel die Verführung und den Abfall der Israeliten so weit gefördert hatte, daß bereits die Mehrheit infiziert und eine bleibende Umkehr des ganzen Volkes nicht mehr möglich war, so sehen wir denselben Zustand in Thyatira. Isebels Herrschaft mündet letztlich in den Zustand der Hure Babylon, der dämonisch-antichristlich geleiteten Welteinheitskirche, die das Ausreifungsstadium des Abfalls darstellt, bevor Gottes Strafgericht über ihn hereinbricht. Bileam wie Isebel sind geistlich gesehen Vertreter dieser Hure Babylon in der Gemeinde, und sie führen die falschen Christen in dieses religiöse System hinein.

 

 

cc) Die Hure Babylon als Prinzip und Höhepunkt der geistlichen Hurerei und des Abfalls

 

Der Höhepunkt der letzten und furchtbarsten Gerichte Gottes an dem großen Gerichtstag des Herrn, das siebente Zornschalengericht, ergeht über "die große [Stadt] Babylon" (Offb. 16,17-21). In Offenbarung 17 und 18 enthüllt der Geist Gottes uns einige Erkenntnisse über "Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Greuel der Erde".

 

 

Das Geheimnis der Hure Babylon

 

"Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm her, ich will dir das Gericht über die große Hure zeigen, die an vielen Wassern sitzt, mit der die Könige der Erde Hurerei getrieben haben, und die Bewohner der Erde sind trunken geworden von dem Wein ihrer Hurerei.

Und er führte mich im Geist hinweg in eine Wüste; und ich sah eine Frau auf einem scharlachroten Tier sitzen, das voll Lästernamen war und sieben Köpfe und zehn Hörner hatte. Und die Frau war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und Edelgestein und Perlen, und sie hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand, voll von Greuel und Unreinheit ihrer Hurerei; und sie hatte an ihrer Stirn einen Namen geschrieben, ein Geheimnis: 'Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Greuel der Erde.' Und ich sah die Frau trunken vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu." (Offb. 17,1-6)

 

Was uns hier gezeigt wird, ist in der Tat ein Geheimnis; wir können die Bedeutung dieses prophetischen Bildes heute nicht völlig ergründen, und im Rahmen dieser Betrachtung müssen wir uns ohnehin auf einige wenige Hinweise beschränken.[12] Das Thema ist sicherlich eine gründliche Untersuchung wert, denn es ist für uns Gläubige der Endzeit sehr wichtig, das Wesen dieser religiösen Macht "Babylon" zu verstehen.

 

"Babylon" ist die griechische Form des Namens "Babel" (keilschr. bab-ilani = "Pforte der Götter"), der in der Bibel als "Verwirrung" gedeutet wird (vgl. 1. Mo. 11,1-9). Die Schrift bezeichnet Babel als die erste große Stadt der Menschheitsgeschichte; ihr Begründer war der Hamiter Nimrod, der "erste Gewaltige [od. Gewalthaber] auf der Erde" (1. Mo. 10,8-11). Babel war der Ausgangspunkt des widergöttlichen Unternehmens, einen Turm bis an den Himmel zu bauen, das zum Gericht der Sprachenverwirrung und Zerstreuung der Menschheit führte. Später war es der Sitz bedeutender Reiche, vor allem unter Nebukadnezar.

 

Die Aussage der Offenbarung, Babylon sei "die Mutter der Huren und der Greuel der Erde", ihre Bezeichnung als "die große Hure" (Offb. 17,1) zeigt uns, daß Babylon hier für eine widergöttliche Macht steht, und zwar für eine letztlich religiöse Macht. Der Bezug zu der realen Stadt ist unverkennbar; aber es ist auch deutlich, daß es sich um ein prophetisches Bild handelt, das eine geistliche Macht der Hurerei und Abtrünnigkeit von Gott bezeichnet.

 

Es ist eine weltweite Macht, denn es wird von ihr gesagt: "Die Wasser, die du gesehen hast, wo die Hure sitzt, sind Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen" (Offb. 17,15); "Denn von dem Weine der Wut ihrer Hurerei haben alle Nationen getrunken, und die Könige der Erde haben Hurerei mit ihr getrieben, und die Kaufleute der Erde sind durch die Macht ihrer Üppigkeit reich geworden" (Offb. 18,3 - Elb). Gottes Gericht wird über sie kommen, "denn deine Kaufleute waren die Großen der Erde; denn durch deine Zauberei sind alle Nationen verführt worden. Und in ihr wurde das Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von allen denen, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind" (Offb. 18,23f.).

 

Es geht also um eine falschreligöse Macht, die alle Völker der Erde mit Zaubereien verführt und zur geistlichen Hurerei verleitet hat. Wo die Offenbarung von porneia, Hurerei spricht, meint sie fast durchweg in erster Linie geistliche Hurerei, d. h. die Abkehr von dem lebendigen Gott und die Hinwendung zu Götzen, hinter denen Dämonen und letztlich Satan stehen. Die untreue Frau, die zur käuflichen Hure wird, ist in der Heiligen Schrift ein Bild der Menschen, die Gott untreu wurden und sich mit Götzendienst eingelassen haben (vgl. z. B. Jer. 3,6-14; Hes. 16,1-52; Hes. 23,28-40). Das abtrünnige Israel wird von Gott angeklagt, "weil du den Nationen nachgehurt, weil du dich mit ihren Götzen unrein gemacht hast" (Hes. 23,30), "mit ihren Götzen haben sie Ehebruch getrieben" (V. 37).

 

 

Babylon als Ursprung dämonischer Falschreligion

 

Weshalb aber ist Babylon die Mutter der Huren und der Greuel der Erde? Es gibt zahlreiche Hinweise aus der Archäologie, daß das alte Babel der Mittelpunkt der ersten Falschreligion der Menschheit gewesen ist, die Ursprungsstätte des Götzenwesens ("Pforte der Götter") und der Zauberei. Antike Berichte bezeichnen Nimrod und seine Frau Semiramis als Begründer der babylonischen Mysterienreligion, deren Götzen in verschiedener Form und unter verschiedenem Namen in den Götzenkulten anderer Länder und Kulturen nachweisbar sind.

 

Interessanterweise gibt es Anhaltspunkte dafür, daß die Prostitution oder Hurerei ihren Ursprung in dieser widergöttlichen Religion hat. Sie war zuerst kultische, religiöse Prostitution und wurde zuerst in Babylon nachgewiesen, daß die Fruchtbarkeit des Landes durch den Vollzug eines magischen Ritus der Geschlechtsvereinigung in Götzentempeln gesichert werden mußte. Laut Herodot mußte sich jede babylonische Frau einmal dieser Kultprostitution in einem Tempel unterziehen.[13] Die orientalischen Fruchtbarkeitsriten der Baalskulte beinhalteten daher überall (so auch in Kanaan, Sodom und später in Israel) religiöse Prostitution und widerliche Abartigkeiten aller Art, die meist auf magische Rituale zurückzuführen sein dürften.

 

Ihr Kern war dabei geistliche Hurerei, die ekstatisch-pervertierte Hingabe an dämonische Geister der Verführung und letztlich an den großen Verderber und Irreführer der Menschheit. Die geheimnisvolle Vereinigung mit einem falschen "Gott" durch "Erkenntnis/Erleuchtung" (Gnosis) und durch ekstatisch-mystische Erfahrungen und vorbereitende Rituale ist das Ziel der vielen verschiedenen Götzenkulte und Mysterienreligionen bis heute; ob es sich um Zen-Buddhismus, Yoga, Hinduismus, Sufismus, Anthroposophie, Jungsche Analyse oder New-Age-Kulte handelt. Diese Kulte sind für Gott und für jeden Menschen, der den lebendigen Gott erkannt hat, ein Greuel, etwas, vor dem einem graut, etwas Abscheuliches, Ekelhaftes.

 

Die Bibel führt alle diese Kulte auf Babylon zurück, von wo sie sich vermutlich durch die Zerstreuung über die ganze Erde ausgebreitet haben. Diese widergöttliche Falschreligion, die sich in Zauberei und Götzendienst äußert, ist ein Werk Satans, des Verführers, der alle Nationen von der Erkenntnis des lebendigen Gottes weggeführt und zum Götzendienst verführt hat (vgl. auch Rö. 1,18-32, wo dieser Vorgang unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung des Menschen gesehen wird).

 

Gottes Wort bezeichnet diesen Götzendienst nicht nur bei dem Eigentumsvolk Israel als Hurerei; ursprünglich waren alle Menschen dazu geschaffen, den allein wahren Gott, ihren Schöpfer, zu erkennen und zu verehren. In diesem Sinn wird auch der Götzendienst und die Zauberei der Nationen als Hurerei bezeichnet.

 

Dies kommt vor allem in den prophetischen Gerichtsworten über heidnische große Städte zum Ausdruck, die deutliche Anklänge an Babylon in der Offenbarung aufweisen. Aufschlußreich sind die Weissagungen gegen Tyrus, die der Prophet Jesaja (Jesaja 23 - 24) und der Prophet Hesekiel (Hesekiel 26 - 28) empfangen haben.

 

Jesaja weissagt von Tyrus: "Und sie wird wieder zu ihrem Hurenlohn kommen und wird Hurerei treiben mit allen Königreichen der Erde, die auf der Fläche des Erdbodens sind" (Jes. 23,17; vgl. Offb. 18,1-3). In Hesekiel finden wir noch deutlicher, daß Tyrus ein prophetisches Vorbild auf die dämonisch-antichristliche religiöse Verführungsmacht Babylon ist. Die Beschreibung ihres großen Reichtums und der Klagen über ihre Zerstörung ähnelt sehr der des endzeitlichen Babylon (Hesekiel 26 u. 27; Offenbarung 18; die Bibel redet mehrfach davon, daß Habsucht Götzendienst ist! vgl. Eph. 5,5; Kol. 3,5).

 

In Hesekiel 28 aber sehen wir in der Anklage gegen den König von Tyrus die religiöse Verführung des babylonischen Systems aufgedeckt:

 

"Weil sich dein Herz überhoben hat und du gesagt hast: 'Ich bin ein Gott und sitze auf einem Götterthron mitten im Meere', da du doch nur ein Mensch und kein Gott bist, und dein Herz dem Herzen Gottes gleichstellst - siehe, du warst weiser als Daniel, nichts Heimliches war dir verborgen; durch deine Weisheit und deinen Verstand hast du dir Reichtum erworben und Gold und Silber in deinen Schatzhäusern aufgehäuft; durch deine große Weisheit und deinen Handel hast du deinen Reichtum sehr gemehrt, und ob deines Reichtums ist dein Herz sehr stolz geworden." (Hes. 28,2-5 - Sch)

 

 

Zauberei und Götzendienst als Merkmale babylonischer Religion

 

Hier geht es um den innersten Kern der falschreligösen Verführung - die alte Teufelsverheißung "Ihr werdet sein wie Gott". Geistlicher Hochmut, Reichsein und anmaßendes Sich-Gott-Gleichstellen - finden sich in dieser Weissagung nicht Anklänge an die Lehren der Supercharismatiker und Wohlstandsprediger?

 

Die Weissagungen über den König von Tyrus in Hes. 28,11-19 werden allgemein als ein Bild der Rebellion und Überhebung Satans gesehen; auch das ist ein Anhaltspunkt, daß Tyrus hier für eine satanische falsche Religion steht.

 

Im Gericht über die große Stadt Ninive erkennen wir ebenfalls Züge Babylons wieder. Seine Zerstörung wird in Nah. 3,4 so begründet: "All das wegen der vielen Hurereien der anmutigen Hure, der Zauberkünstlerin [w. Herrin der Zauberkünste!], die Völker verkaufte [od. umgarnte, berückte] mit ihren Hurereien und Sippen mit ihren Zauberkünsten" (vgl. Offb. 18,23).

 

Geistliche Hurerei (Götzendienst) und Zauberei werden hier in enger Verbindung gesehen - das stimmt mit der Tatsache überein, daß sie überall auf der Welt Hand in Hand gehen. Äußerlicher Reichtum, Macht und Einfluß wird in diesen prophetischen Aussagen als Frucht von Zauberei und Götzendienst angesehen, als einen üblen Lohn des Satans für Leute, die ihm dienen.

 

Immer wieder wird Babylon auch als verführerische Macht gekennzeichnet, die mithilfe von Zauberei und geistlicher Hurerei die Völker einfängt, umgarnt, verführt und verdirbt, sie von Gott abwendet und dem Satan zuführt. Die Religion Babylons ist attraktiv und faszinierend; sie verspricht beseligende Erlebnisse und berauschende Vereinigung mit den Götzen; sie verspricht umfassende Erkenntnis, Reichtum und Macht. Sie bietet den Menschen magische Kräfte an und benutzt Magie (d.h. Suggestion, Manipulation; "Wer hat euch bezaubert?" Gal. 3,1; vgl. auch Apg. 8,11), um sie in ihre Fallstricke zu ziehen.

 

Diese Falschreligion hat tausenderlei Gesichter; sie kann sich wandeln, verkleiden, anpassen, wie es dem großen Betrüger gerade sinnvoll erscheint, der mit ihr alle Völker der Erde verführt und in seinen Dienst gezogen hat. So ist Babylon, auf die Vergangenheit und Gegenwart bezogen, im weitesten Sinn ein prophetisches Bild, die symbolische Zusammenfassung aller teuflisch inspirierten Falschreligion.

 

Diese umfassende Deutung wird auch dadurch gestützt, daß ihr der Tod von Heiligen und Propheten (des Alten Bundes) wie auch von Zeugen Jesu angelastet wird (Offb. 17,5; 18,24); d.h. daß z.B. die Verführung und Verfolgung der Königin Isebel gegen die Propheten Gottes zur Zeit Ahabs auch schon eine Auswirkung des Geheimnisses Babylon war.

 

In diesem Sinn gab und gibt es nur zwei Städte auf der Welt - Babylon und Jerusalem. Jeder Mensch ist ein Bürger Babylons, wenn er nicht durch den Glauben ein Bürger Jerusalems wird.

 

 

dd) Babylonische Irreführung auch in der Gemeinde Christi

 

Die Offenbarung zeigt uns nun durch Bileam und Isebel, durch Pergamon und Thyatira, daß die babylonische Falschreligion vom Satan auch in die christliche Gemeinde getragen wird. Der Feind versucht, die Braut zur Hurerei zu verleiten, sie von der Treue Christus gegenüber abzuwenden und in Götzendienst, Zauberei und Satansanbetung zu verstricken. Dafür benutzt er falsche Propheten und falsche Lehrer. Isebel ist ein Bild der Hure Babylon, des antichristlichen Geheimnisses der Gesetzlosigkeit, wie es in der Gemeinde wirksam ist.

 

Geschichtlich gesehen war die Gnosis der erste große Anlauf des Feindes, den wahren Glauben der Gemeinde zu zerstören und die Christen in die Falschreligion Babylons zu verstricken. Auch der "charismatische" Verführer Montanus gehört in diese Linie. Der große Durchbruch gelang dem Feind aber mit der Einführung der Irrlehren, die zur Herausbildung der katholischen Kirche führten, die den wahren christlichen Glauben verfälschte, ein babylonisches religiöses System der Priesterherrschaft und des Mystizismus einführte und über Jahrhunderte weg die Völker der Welt verführte und vom wahren, rettenden Evangelium fernhielt.

 

In diesem Sinn hatten die Väter der Reformation recht, die in der katholischen Kirche den Inbegriff der Hure Babylon sahen; sicherlich ist sie das Herzstück und auch der führende Kern der weltweiten falschreligiösen Verführung des Satans, und viele Züge der Hure Babylon in der Offenbarung treffen auf sie zu. Die Anzeichen mehren sich, daß die künftige, ausgereifte Gestalt der endzeitlichen Hure Babylon eine weltweite religiöse Einheitskirche unter katholischer Vorherrschaft sein dürfte, eine wahrhaft "katholische" (umfassende) antichristliche Kirche der Verführung, die beansprucht, die religiösen Bestrebungen der Menschheit zusammenzufassen.

 

Die von der katholischen Kirche schon heute betriebenen Ansätze zum "interreligiösen Dialog", gemeinsame "Gebete" und Aktionen mit Buddhisten, Hindus und Moslems zeigen diese Tendenzen ebenso wie die "ökumenischen" Bemühungen der von Christus abgefallenen protestantischen und orthodoxen Großkirchen zur Wiederannäherung mit der katholischen Kirche.

 

 

Das Ziel der Irreführung

 

Die Offenbarung als das prophetische Buch des Neuen Testamentes gibt uns mit ihren Bildern der Verführung - Bileam, Isebel und der Hure Babylon - einen tieferen Einblick in die Absichten und Ziele des Widersachers bei seinem zerstörerischen Werk in der Gemeinde. Sie zeigt uns die großen Linien und die verborgenen Absichten des Feindes von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis in die letzten Tage dieser Weltzeit.

 

Wir erkennen am Geheimnis der Hure Babylon, daß es die Absicht Satans war und ist, die Menschen, die doch Geschöpfe des lebendigen Gottes sind, von ihrem Schöpfer abzukehren und dazu zu verführen, daß sie ihn, den falschen "Gott dieser Welt" anbeten und ihm dienen. Die Menschen haben sich in ihrer überwältigenden Mehrheit von Gott abgekehrt und dem Satan zugewandt, und Gott hat sie zum Gericht in die Verirrungen des Götzendienstes dahingegeben.

 

Und doch hatte Gott zu allen Zeiten eine Auswahl Seiner Gnade, einen gläubigen Überrest, solche, die Ihn erkannten und Ihm in Glauben und Treue anhingen. Die Linie dieser Begnadigten und Glaubenden reicht von Abel und Seth über Noah, Abraham, Isaak und Jakob bis zu den an Christus Gläubigen der Gemeindezeit. Diese priesterlichen Anbeter des wahren, lebendigen Gottes auf Erden, diese Lichtsträger und Zeugen der Wahrheit waren zu allen Zeiten der Gegenstand des äußersten Hasses und der heimtückischen Verfolgungen durch den Satan. Sie waren das Zeugnis seiner letztlichen Niederlage und der Herrlichkeit Gottes; ihre Treue und ihr Gehorsam waren ihm ein Dorn im Auge.

 

In dem erbitterten Kampf gegen diesen Samen der Verheißung benutzte der Feind zu allen Zeiten heimtückische und bösartige Angriffe auf allen Ebenen, bis hin zur versuchten Ausrottung. Er mußte aber dasselbe erfahren wie einst Bileam, daß nämlich gegen das Volk Gottes, das in Christus gerecht und geheiligt ist, keine Waffe wirksam ist.

 

Deshalb setzte der Feind, wie auch Bileam, das Mittel der inneren Zersetzung durch Verführung und Versuchung zur Sünde ein. Verführung durch Irrlehren und falsche Prophetie begleitet daher die Gemeinde Christi von den allerersten Anfängen bis zu ihrer Entrückung, und das prophetische Wort wie auch die Erfahrung der Gemeinde zeigen, daß der Feind unter Gottes Zulassung dadurch verheerende Entwicklungen der Zersetzung und des Niedergangs anrichten konnte.

 

Die Gemeinde als Ganzes hatte rasch versagt in ihrer Bewährungsprobe; sie war der Verführung durch Irrlehren erlegen, und seitdem ist es nur ein gläubiger Überrest, der das Zeugnis Gottes treu aufrechterhält und allen Angriffen zum Trotz überwindet.

 

 

Verführung zu geistlicher Untreue

 

Das Wort zeigt uns die Absicht des Feindes bei seiner Verführung in der Gemeinde, eine Absicht, die ebenso scheußlich wie boshaft ist: Er will die Erlösten, die sich der Herr Jesus Christus mit Seinem Blut erkauft hat, zur Untreue und geistlichen Hurerei verleiten; er will die, die berufen sind, ganz für Christus zu leben, in die Gemeinschaft mit Dämonen bringen (1. Kor. 10,14-22); er will die, die als Braut berufen sind, zur Hure machen, schänden und entehren und in ihrer Gesinnung verderben.

 

Genau das bezeugt uns Paulus in 2. Kor. 11,2f.: "Denn ich eifere um euch mit Gottes Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau vor den Christus hinzustellen. Ich fürchte aber, daß, wie die Schlange Eva durch ihre List verführte, so vielleicht euer Sinn von der Einfalt Christus gegenüber abgewandt und verdorben wird."

 

Paulus zeigt dann, daß diese Gefahr von den falschen Aposteln und betrügerischen Arbeitern ausging, die sie bereitwillig aufgenommen hatten und die ihnen einen anderen Jesus, ein anderes Evangelium und einen anderen Geist brachten. Dieselbe Gefahr bezeugt uns der erhöhte Herr selbst durch Johannes in der Offenbarung: Isebels Absicht ist, die Knechte Jesu Christi zu verführen, daß sie geistliche Hurerei treiben und am Götzendienst teilnehmen - und sie hat damit Erfolg! Es gibt in Thyatira solche, die Ehebruch mit ihr treiben


- Erlöste des Herrn, die Christus angehören, aber sich in eine irrgeistige Verführung eingelassen haben, in der sie sich Dämonen öffnen und ihnen dienen statt ihrem Herrn.

 

Jeder, der den Herrn kennt und liebt, wird verstehen, welchen Schmerz eine solche Verirrung und Verführung Ihm bereiten muß, der uns geliebt und sich selbst für uns gegeben hat als Sühnopfer und Lamm Gottes. Wie furchtbar ist es, wenn Gläubige sich einem falschen Geist öffnen und einen falschen Jesus anbeten, wenn sie in den schmutzigen Sumpf ekstatischer Visionen und Verzückungen und mystischer Vereinigung mit Dämonen geraten, die doch eigentlich zur Gemeinschaft mit dem Herrn im Heiligen Geist berufen sind.

 

Wie furchtbar, wenn eine Braut, deren ganzer Sinn nach ihrem herrlichen, himmlischen Bräutigam stehen sollte, sich ihren Blick abwenden läßt zu anderen "Liebhabern" hin, mit denen sie tändelt und denen sie sich sogar hingibt; wenn sie, der Christus doch alles sein sollte, ihr Herz schwarmgeistigen Erfahrungen und fleischlich-heidnischen Ekstasen zukehrt und sich einem anderen Jesus verschreibt, der sie nur befleckt und irreführt. Genau das geschah zu den Zeiten der Apostel; es geschah immer wieder durch die Jahrhunderte der Gemeindegeschichte, und es geschieht in großem Ausmaß heute, in den letzten Tagen, wo wir dem Höhepunkt der satanischen Verführung entgegengehen, die im Letzten immer nur ein Ziel hat: geistliche Hurerei.

 

 

6. In Christus haben wir Sieg über die Verführung!

 

Wir wollen diesen Abschnitt nicht abschließen, ohne uns bewußt zu machen, daß die teuflischen Wirkungen der Verführung in der Gemeinde nur so weit gehen können, wie der allmächtige Herr der Gemeinde es zuläßt. Er, unser geliebter Herr Jesus Christus, hat der Feind überwunden und besiegt.

 

Es ist unser Gebet, daß sich niemand von dieser Betrachtung der verführerischen Angriffe des Feindes entmutigen oder ängstigen lassen möge, daß sie uns allen vielmehr ein Anlaß sind, auf unseren Herrn Jesus zu schauen und uns enger an Ihn zu halten, der unser Fels und unser Schirm und Schild ist.

 

Er wacht über denen, die Ihm treu sind und in ungeheucheltem, einfältigem Glauben an Ihm hängen, und Er wird nicht zulassen, daß der Feind eines von Seinen wahren Schafen verderbe - auch wenn manche Gläubige durch ihre eigene Untreue Schaden erleiden und Lohn verlieren werden. Seine Gnade ist stärker als die perversen Bosheiten des Widersachers. "Treu aber ist der Herr, der euch befestigen und vor dem Bösen bewahren wird" (2. Thess. 3,3) - diese Verheißung dürfen wir festhalten.

 

So ernst die Tatsache ist, daß Gotteskinder durch fleischlich-weltliche Gesinnung, durch Ungehorsam und Mißachtung gegenüber dem Wort Gottes und den Warnungen bewährter Hirten und Lehrer in die teuflische Verführung und damit auch in Götzendienst und geistliche Hurerei hineingezogen werden können, so dürfen wir andererseits wissen, daß für wirklich gottesfürchtige und gehorsame Gläubige der Schutz und die Bewahrung ihres Herrn voll wirksam ist.

 

Wenn wir uns in die Verführung des Feindes verstricken ließen, so steht uns immer das Gnadengeschenk der Buße offen. Wir dürfen mit unserer Schuld zu Ihm kommen, der für alle unsere Sünden gestorben ist, sie Ihm bekennen und umkehren von unseren verkehrten Wegen, in dem Wissen, daß das Blut Jesu Christi uns von jeder Sünde reinigt.

 

Ja, uns allen sollte der Blick auf das irreführende Wirken des Feindes eine ernste, heilsame Mahnung zur Buße sein - angesichts der Gefahren der Verführung ist jedes Herumtändeln mit Sünde ein sträflicher Leichtsinn, der schwerwiegende Folgen haben kann. Nur auf dem Weg der Heiligung und der Kreuzesnachfolge können wir Bewahrung erwarten, nicht auf selbstsüchtigen, eigenwilligen Wegen.

 

Möge uns die Auseinandersetzung mit der verführerischen List des Feindes nur umso mehr ein Ansporn sein, einfältig am Wort Gottes festzuhalten und es gehorsam nach Kräften auszuleben, in rechter Gottesfurcht und Heiligung zu leben, im völligen Vertrauen auf unseren herrlichen Erlöser. In Christus haben wir Gnade, den Feind auch in seinen raffiniertesten Anschlägen zu überwinden. Er vermag uns ohne Straucheln zu bewahren; Er wird uns ans Ziel bringen und tadellos und mit Frohlocken vor Seine Herrlichkeit stellen - Ihm sei Lob und Preis und Ehre dafür!

 

 

 

 


D. Die Pfingst- und Charismatische Bewegung

und die endzeitliche Verführung

 

 

 

Zum Abschluß dieses Kapitels bleibt die Frage zu klären, wie sich die Pfingst- und Charismatische Bewegung in das biblische Bild der endzeitlichen Entwicklung einordnen läßt. Wir haben bereits zu Anfang dieses Kapitels gesehen, daß der Anspruch dieser Bewegung, die große endzeitliche Erweckung zu sein, mit den biblischen Aussagen über die letzte Zeit nicht übereinstimmt und betrügerisch ist. Wir können in der letzten Zeit, wenn das Böse immer mehr überhandnimmt und die Weltentwicklung auf das Kommen des Antichristen zuläuft, keine weltweite Erweckung und keine Massenbekehrungen mehr erwarten.

 

Wir haben dagegen gesehen, daß das Wort Gottes eine große, anwachsende scheinchristliche Massenbewegung für die Endzeit vorhersagt. Diese Bewegung, die für die endzeitlich verderbten Menschen weitaus attraktiver ist als die wahre Gemeinde Christi, muß nach dem Wort Gottes ganz bestimmte Eigenschaften aufweisen. Sie ist eine falschprophetische Bewegung; in ihr treten falsche Propheten und Apostel auf. Sie beansprucht, daß sich Christus in ihr in besonderer Weise offenbart. Sie bekräftigt ihre verführerische Botschaft durch irreführende Zeichen und Wunder. Sie ist durch falsche Lehren gekennzeichnet, Lehren, die aus der Inspiration verführerischer Geister stammen und für die Menschen attraktiv klingen. Sie verkündigt einen anderen Jesus, bringt ein anderes Evangelium und teilt einen anderen Geist aus.

 

 

Eine Erfüllung der biblischen Prophetie

 

Wenn wir uns die zahlreichen falschen Lehren und Praktiken der Pfingst- und Charismatischen Bewegung, die in diesem Buch im einzelnen untersucht wurden, noch einmal vergegenwärtigen, und sie den Aussagen der Heiligen Schrift über die Endzeitverführung gegenüberstellen, dann zeigt sich sehr deutlich: Die Pfingst- und Charismatische Bewegung ist eine verführerische Bewegung, sie verdankt ihr Entstehen und ihr rasches Wachstum dem Wirken des satanischen Geistes des Irrtums (1. Joh. 4,6) und nicht dem Wirken des Heiligen Geistes der Wahrheit. Diese irrgeistige Bewegung mit ihren falschen Lehren, falschen Propheten und Zeichen und Wundern der Lüge ist eine Erfüllung dessen, was das prophetische Wort über die Verführung der letzten Tage sagt.

 

Von den Anfängen der Pfingstbewegung an, zu denen wir die Bewegung der katholisch-apostolischen Gemeinden ("Irvingianer") in England um die Mitte des 19. Jahrhunderts rechnen müssen, sehen wir, wie der Feind ungesunde, schwarmgeistig beeinflußte Entwicklungen gewisser Kreise der "Heiligungsbewegung" ausnutzte, um über falsche Lehren ("endzeitliche Geistesausgießung", "Geistestaufe") einen andersartigen, falschen, dämonischen Geist der Verführung in die Gemeinde einzuschmuggeln und Gläubige wie Scheingläubige unter den Einfluß dieses falschen Geistes zu bringen.

 

Dieser falsche Geist beglaubigte sich mit falschen Wunderzeichen (Heilungen, "Zungenreden") und schleuste falsche Lehren und falsche Prophetien in die von ihm beeinflußten Kreise ein. Er bewirkte dämonische Zwangserscheinungen und irreführende ekstatisch-mystische Erlebnisse, die denen von katholischen Mystikern oder Spiritisten stark ähnelten.

 

 

Der Geist Isebels am Wirken

 

Von der Schrift her müssen wir daher feststellen, daß die Pfingst- und Charismatische Bewegung als Bewegung kein Teil des Leibes Christi, kein Teil der wahren Gemeinde Jesu Christi sein kann, genausowenig wie die katholische Kirche oder die "Volks"kirchen des Protestantismus Teil der wahren Gemeinde sind.

 

Eine schwarmgeistige, auf Irrlehren beruhende Parteiung ist, geistlich gesehen, Teil des Reiches der Finsternis und nicht des Lichts, auch wenn nicht wenige Gotteskinder und damit Einzelglieder des Leibes Christi aus Ungehorsam und Verblendung noch in dieser Strömung mitwirken.

 

Wir können in dieser falschprophetischen Bewegung mit ihrer heidnisch-ekstatischen, erlebnisorientierten Religiosität deutlich die Bezüge zu Isebels Wirken in Thyatira erkennen. Dem Feind gelang es in dieser Bewegung, wie schon zuvor bei Montanus, den "Inspirierten" oder anderen verwandten Strömungen, Gläubige zur geistlichen Hurerei, zur Gemeinschaft mit Dämonen zu verleiten, die sich als der "Heilige Geist" ausgaben. Dort wo der falsche Geist und der sich durch ihn offenbarende falsche "Jesus", wie es meist geschieht, angerufen und angebetet werden, wird die Sünde des Götzendienstes begangen.

 

Zu den verdorbenen Früchten, die diese Bewegung als dämonische Irreführung ausweisen, gehören religiöser Hochmut und die Überzeugung, eine "höhere" Art des geistlichen Lebens zu haben als "normale" Christen, Unbelehrbarkeit und Unbußfertigkeit, geistliche Verblendung und Unwahrhaftigkeit, die Neigung zu Intrigen und Spaltungen, geistliche und leibliche Unzucht, Machthunger und Manipulation, Streben nach Reichtum, Erfolg und irdischem Wohlergehen. Sie werden nicht überall in gleichem Ausmaß sichtbar, aber sie durchziehen ihre Geschichte und ihr Erscheinungsbild.

 

 

Die Weiterentwicklung des Irrtums

 

Während die klassische Pfingstbewegung neben diesen verderblichen dämonischen Einflüssen vielfach an der Verkündigung des elementaren Evangeliums festhielt und gewisse biblische Lehren bewahrte, zeigt sich in der Entwicklung der Charismatischen Bewegung eine fortschreitende Loslösung von der Heiligen Schrift, ein Fortschreiten zu offen unbiblischen Lehren und Praktiken, eine kaum mehr gebremste Verweltlichung und modernistische Verflachung. So wie die klassische Pfingstbewegung zahlreiche verwandte Züge mit dem Spiritismus aufweist,[14] so lassen sich in der Charismatischen Bewegung zunehmende Annäherungen an die New-Age-Bewegung erkennen.

 

Zugleich ist eine wichtige Besonderheit der Charismatischen Bewegung ihr ökumenischer Charakter. Ein wichtiger (zahlenmäßig vielleicht bereits überwiegender) Teil dieser Bewegung ist die Charismatische Erneuerungsbewegung in der katholischen Kirche, in der unter der ausdrücklichen Schirmherrschaft des Papstes Kardinäle, Bischöfe, Jesuiten und andere Ordensleute, Priester und Laien mitwirken.

 

Obwohl diese katholischen Charismatiker an den Irrlehren und antichristlichen Traditionen ihrer Kirche fast durchweg festhalten, obwohl sich unter ihnen nicht wenige Jesuiten befinden, die die erbittersten Feinde der evangelischen Wahrheit und des rettenden Glaubens sind, werden sie von den allermeisten Charismatikern vorbehaltlos als "Brüder und Schwestern" anerkannt, weil sie dieselben Charismen und "Geisteswirkungen" vorweisen können wie die "evangelikalen" Charismatiker auch.

 

 

Kurs auf Babylon

 

So zeichnet sich eine Entwicklung ab, in der die Charismatische Bewegung sich durch den sie steuernden Geist der Verführung immer mehr von den Grundsätzen biblischen Glaubens wegbewegt, hin zu einer betrügerischen Vermischung der Religionen, zu einer großen Ökumene, die nicht mehr auf das Wort Gottes gegründet ist, sondern auf dämonische "Geisterfahrungen", "Prophetien" und Wunderzeichen.

 

Schon jetzt werden Hunderttausende, ja Millionen in dieser Bewegung dazu angehalten, irrgeistigen Offenbarungen und Wundern Glauben zu schenken und sie als göttlich anzuerkennen. Wohin wird der falsche Geist diese Massen einmal steuern? Ist es denkbar, daß sie durch "Apostel" und "Propheten" sich einmal in die angeblich "von Gott geschaffene" große Einheits- und Vollendungskirche führen lassen, an deren Spitze ein charismatischer Papst, ein "gesalbter" Überapostel steht?

 

Wir können über die Zukunft keine gewissen Aussagen machen, aber es ist offensichtlich, daß diese Bewegung ein wesentlicher Teil des großen Verführungswerkes ist, mit dem der Satan das Auftreten seines Antichristen langfristig vorbereitet. Schon heute sind Züge der Hure Babylon, der babylonischen Falschreligion in dieser Bewegung deutlich zu erkennen; sie haben sich im Vergleich zu den Anfängen in der Pfingstbewegung verstärkt und werden noch weiter ausreifen.

 

Die Verführung wird raffinierter, aber auch offensichtlicher werden, und die dämonische Lenkung der Bewegung wird sich verstärken. Das wird schon jetzt im verstärkten Auftreten autoritativer falscher Propheten sichtbar, die beanspruchen, im Namen Gottes Botschaften für die weltweite Gemeinde bzw. ganze Länder und Völker auszusprechen. Diese dämonische Manipulation und Steuerung kann jedoch noch eine ganz andere Qualität annehmen, wenn, wie von einigen falschen Propheten angekündigt, in Zukunft auch falsche Apostel auftreten werden, die beanspruchen, mit der besonderen Autorität der echten Apostel die charismatischen Anhänger zu leiten.

 

 

"Geht aus ihr heraus, mein Volk!"

 

Auf der anderen Seite zeigen sich auch gewisse Gegenbewegungen; manche Charismatiker beginnen etwas von dem großen Betrug zu ahnen, dem sie erlegen sind. Gegen gewisse extreme Lehren und Praktiken kommt Widerstand auf; einige verteidigen gewisse biblische Wahrheiten, ohne auf die "gemäßigten" angeblich guten Gaben und Wirkungen des Irrgeistes verzichten zu wollen.

 

Bisher haben nur wenige erkannt, daß der ganze Baum dieser Bewegung faul ist und nicht nur einzelne Früchte; bisher hat der trügerische Nebel des Feindes noch viele Gläubige gehindert, die ganze Wahrheit über die endzeitliche Verführung zu erkennen, in der sie stecken. Es ist unsere Hoffnung und unser Gebet, daß sich durch die Gnade Gottes alle wahren Gotteskinder in dieser babylonischen Strömung aus ihrer Verblendung reißen lassen und den Ruf Gottes hören: "Geht aus ihr heraus, mein Volk, damit ihr nicht an ihren Sünden teilhabt und damit ihr nicht von ihren Plagen empfangt!" (Offb. 18,4).

 

 

 

 

Anmerkungen

 

 

1          K. Copeland, The Outpouring of the Spirit, S. 3f., 7, 10f., 15.

 

2          R. Joyner, "Vision von der großen Ernte", in: D. Prince (Hg.), Das Zukünftige wird er euch offenbaren!, S. 12-27. Hv. R.E.

 

3          ebd., S. 25, 27, 20f.

 

4          Zur Auslegung von Matthäus 13 vgl. W. MacDonald, Kommentar zum Neuen Testament, Bd. I, S. 84-92; J. F. Walvoord/R. B. Zuck (Hg.), Das Neue Testament erklärt und ausgelegt, Bd. 4, S. 48-54; F. Hubmer, Weltreich und Gottesreich, S. 112-126; A. C. Gaebelein, The Gospel of Matthew, S. 258-303.

 

5          Einige bibeltreue Ausleger deuten dieses Gleichnis in erster Linie auf Israel bzw. den gläubigen Überrrest Israels, der am Ende der Zeiten errettet wird. Aber die allgemeine Anwendung auf die Gemeinde ist ebenfalls möglich.

 

6          Zur Auslegung dieses Briefes vgl. T. E. Wilson/T. W. Smith, Was die Bibel lehrt: 1. Thessalonicher; 2. Thessalonicher.

 

7          Es ist nicht klar bestimmbar, auf was Paulus in diesem Satz anspielt. Viele bibeltreue Ausleger sehen darin den Heiligen Geist, der mit der Entrückung der Gemeinde in gewisser Weise von der Erde genommen wird. Es ist aber auch möglich, darin den Leib des Christus zu sehen, der ja in einer Weise die Gegenwart des Christus selbst auf Erden bedeutet. Auch so kann der Wechsel von "das Aufhaltende" in V. 6 und "der Aufhaltende" in V. 7 erklärt werden. Letztlich beziehen sich beide Bedeutungsmöglichkeiten auf denselben Vorgang - die Entrückung der Gemeinde.

 

8          Zur Auslegung der folgenden Bibelstelle und des 2. Timotheusbriefes insgesamt vgl. A. Remmers, Den Glauben bewahren. Eine Auslegung des 2. Timotheusbriefes, bes. S. 57-71.

 

9          Des öfteren wird der Auffassung, die Gemeinde werde schon vor der großen Trübsal entrückt, entgegengehalten, daß es im Grundtext heißt: ek tès hòras: die griechische Präposition ek bedeute aber "aus der Stunde der Verführung heraus" und nicht "vor der Stunde". Demnach wird diese Stelle als Beleg dafür gewertet, daß die Gemeinde die große Trübsal mitmachen müsse. Dasselbe gilt für 1. Thess. 1,10, wo es heißt, daß Jesus uns ek tès orgès, "aus dem kommenden Zorngericht heraus" retten werde. Dieses Argument ist jedoch nicht stichhaltig. Die Präposition ek bedeutet, wie Vine gezeigt hat (S. 697), in einigen Fällen "von/vor", z.B. in 2. Kor. 1,10 ("Er hat uns (...) von solchem Tod errettet" - Sch), Joh. 17,15 (daß du sie bewahrest vor dem Argen" - Sch), 2. Petr. 2,21 ("sich wieder abwenden von dem (...) Gebot" - Sch). Zudem zeigt 1. Thess. 5,9, daß Gott die Gläubigen nicht für das Zorngericht bestimmt hat, sondern zur Errettung. Die Übersetzung von Offb. 3,10 "werde auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung" (revElb; vgl. Sch, Lu12, Zü, KJV) ist daher zutreffend; ebenso die Übersetzung von 1. Thess. 1,10 mit: "Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn". Vgl. auch Bauer, Haubeck/v. Siebenthal zu Offb. 3,10. Eine gründliche und biblisch fundierte Darstellung der Entrückungsfrage findet sich bei C. Briem, Die Entrückung der Gläubigen.

 

10        "Tag des Christus" nach dem "Textus Receptus", dem überlieferten griechischen Text des NT. Moderne, textkritische Übersetzungen haben "Tag des Herrn". Der "Tag des Herrn Jesus Christus" bezeichnet in der Schrift nicht die Entrückung, sondern den Gerichtstag des Herrn, der ja der von Gott eingesetzte Richter ist (vgl. Apg. 17,30f.; 1. Kor. 4,3-5). Während dieser Begriff im NT zumeist im besonderen das Preisgericht des Christus für Seine Gemeinde meint, dürfte er an dieser Stelle deckungsgleich mit dem at. "Tag des Herrn" gebraucht werden. In diesem allgemeinen Sinn ist der Gerichtstag des Herrn und der Tag des Christus identisch (vgl. Lk. 16,24; Rö. 2,16).

 

11        Vgl. hierzu und zur Auslegung der Bibelstellen aus 4. Mose J. F. Walvoord/ R. B. Zuck, Das Alte Testament erklärt und ausgelegt, Bd. 1, S. 293-299.

 

12        Diese Ausführungen stützen sich u.a. auf die wertvolle Schrift von G. Salomon, Babylon - ein endzeitliches Geheimnis, sowie auf das Buch von R. Woodrow, Die römische Kirche - Mysterien-Religion aus Babylon. Vgl. auch A. Hislop, The Two Babylons.

 

13        Vgl. dazu TBLNT, Stichwort "Zucht/porneia"; Rienecker, Stichwort "Hurerei"; G. Salomon, aaO, S. 20-25.

 

14        Diese Verwandtschaft wurde frühzeitig von klarblickenden Gläubigen erkannt; vgl. dazu Abschnitt 1b der Berliner Erklärung sowie die Materialien in Flugfeuer fremden Geistes. Der pietistische Pfarrer Ernst Lohmann hat bereits ca. 1910 sein Buch "Pfingstbewegung und Spiritismus" herausgebracht, in dem er einige interessante Fakten und Zusammenhänge darstellt. H. E. Alexander, der Begründer der Genfer Bibelgesellschaft, zeigte diese Beziehungen ebenfalls in seinen Schriften Pfingstbewegung oder Christentum? und Der Spiritismus in seinen verschiedenen Formen im Lichte des Wortes Gottes.

 

 

 

Einfügungen in eckigen Klammern [] stammen vom Verfasser. Die Abkürzungen hinter Bibelzitaten beziehen sich auf verschiedene Übersetzungen: Sch = Schlachter, Me = Menge, Lu12 = Luther 1912, IL = Interlineares NT Dietzfelbinger; Elb = nichrevidierte Elberfelder Bibel. Wo der Verfasser eine eigene Übersetzung angeführt hat, steht eÜ. Alle übrigen Bibelzitate sind der revidierten Elberfelder Bibel entnommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ESRA-Schriftendienst

Postfach 19 10, D-71209 Leonberg

© Rudolf Ebertshäuser

1. Auflage Januar 2003

Das vollständige Vervielfältigen und Verteilen dieser Schrift ist ausdrücklich erlaubt

Bearbeiteter Auszug aus dem Buch des Verfassers "Die Charismatische Bewegung im Licht der Bibel",

Christliche Literatur-Verbreitung, Postfach 11 01 35, 33661 Bielefeld; 672 S., Gb., 2. Aufl. 1998.

 

 


 



[1]   Diese Verführungstaktik kommt ungeschminkter zum Ausdruck, wenn etwa der bekannte "Glaubens"lehrer K. Copeland schreibt: "Gott offenbarte mir, daß Er den Leib Christi aufruft, sich zum Fürbittegebet zusammenzuschließen. Er ruft uns auf, Ihn anzurufen, damit Er aus Seinem Geist große und ungewöhnliche Manifestationen Seiner Macht ausgießt. Gott ist dabei, daß große Finale herbeizuführen. Es wird das größte Werk des Geistes Gottes in der Geschichte der Menschheit sein, soweit wir sie kennen. Denkt darüber nach! Wir werden das herrliche Vorrecht haben, nicht nur Zeugen der Bewegung des Geistes Gottes in diesen letzten Tagen zu sein, sondern wir sind die Gefäße, durch die diese machtvolle Kraft fließen wird! Sie und ich, wir haben das Vorrecht, die Generation des Heiligen Geistes zu sein. Gott hat ein Volk erhoben, das das Leben und den Dienst des Heiligen Geistes mehr als irgendjemand vor uns erleben wird. (...) Heute zu leben, bedeutet, in der besten Zeit der ganzen Menschheitsgeschichte zu leben! (...) Diejenigen, die sich völlig Seinem Dienst hingeben in dieser letzten Stunde, werden Gottes Sprachrohr auf Erden sein und die Werkzeuge Seines Geistes und seiner mächtigen Kraft (...) Wir werden Millionen und Abermillionen, ja Milliarden sehen, die wiedergeoren werden. Das Wort Gottes sagt, daß ganze Nationen in diesen letzten Tagen in das Reich Gottes eingehen werden (!!). (...) Das Fürbittegebet wird den Regen des Geistes Gottes bewirken. Es wird die Menschheit als Ernte in die Familie Gottes hineinbringen. Das geschieht gerade jetzt überall auf der Welt. (...)" K. Copeland, The Outpouring of the Spirit, S. 3/4, 7, 10/11, 15.

 

 

[3]   ebd., S. 25, 27, 20f.

 

 

[5]   Zahlreiche ernstzunehmende Ausleger deuten dieses Gleichnis auf Israel bzw. den gläubigen Überrest Israels, der am Ende der Zeiten errettet wird. Aber die grundsätzliche Deutung auf die Gemeinde ist ebenfalls möglich.

 

 

[7]

 

[9]

 

[11]   Vgl. hierzu und zur Auslegung der ganzen Abschnitte J. F. Walvoord/R.B. Zuck (Hg.), Das Alte Testament erklärt und ausgelegt, Bd. 1, S. 293-299.

 

[13]   Vgl. dazu TBLNT, Stichwort "Zucht/porneia"; Rienecker, Lexikon zur Bibel, Stichwort "Hurerei"; G. Salomon, Babylon..., S. 20-25.