Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 35

Abschrift der Predigt vom 4. April 1976 über Lukas 23, 25-45

Theo Lehmann erzählt zu Beginn den Witz von den beiden Trotteln und  ihren Pferden. Anschließend erzählt er vom „größten Trottel von Karl-Marx-Stadt“ und meint sich selber dabei, weil er aufgrund der Konfirmation seiner Tochter einen Gottesdienst falsch angesagt hat.

Dann bezieht er Stellung zu einem Gerücht, welches besagt, dass er aus Karl-Marx-Stadt wegginge. Er bestätigt das Gerücht, verspricht aber, dass er die Jugendgottesdienste weiterführen wird. Daraufhin großer Applaus.

 

Die Vorladung bei der Volkspolizei.

Liebe Freunde, vor einiger Zeit da bekam ich eine Vorladung vom Volkspolizeikreisamt Karl-Marx-Stadt, Abteilung Verkehrspolizei. Ich kann nicht behaupten, dass ich direkt begeistert gewesen wäre. Am liebsten wäre ich gar nicht erst hingegangen, aber das ging ja nun nicht. Ich mein‘, wenn es sich um eine Aufforderung der Leihbücherei gehandelt hätte: „Werter Herr, seit einem Jahr haben Sie den Roman ‚Die güldene Brosche der Gräfin von Lützkendorff‘ von Hedwig Courths-Mahler[1] entliehen und bitten wir höflichst um die Rückgabe desselben.“ Naja, da hätte ich eins meiner Kinder schicken können, obwohl ich auch keine Lust gehabt hätte, wer trennt sich denn schon gern von einem guten Roman… Aber bei einer Vorladung von der Volkspolizei, da sieht es eben etwas anders aus, da kann man keinen Stellvertreter hinschicken. Ich bin also dahin, und unterwegs bin ich mein ganzes Sündenregister durchgegangen, ob ich nicht vielleicht doch einmal ganz zufällig und aus Versehen über 50 gefahren sei. Also ich konnte mir das überhaupt nicht vorstellen.

Ich war mir keiner Verkehrssünde bewusst, so sehr ich auch in meinem Gedächtnis nachforschte. Also betrat ich mit forschen Schritten das Dienstzimmer, muss aber gestehen, dass mir doch etwas mulmig zumute war. Da fiel mir ein Satz von Kurt Tucholsky[2] ein: dass man mit seinem Leben nicht vorsichtig genug umgehen kann, weil es eines Tages ein Vorleben werden kann. Und dann erst wird man vor den unerbittlichen Augen des Gesetzes entdecken, was man da alles zusammen gelebt hat.

Also ich fand in meinem Verkehrsteilnehmer keine Missetat, aber ich war etwas aufgeregt. Ich hab direkt geschwitzt. Da war so eine Bullenhitze, da drin. Naja, und es kam nun wirklich so wie bei Kurt Tucholsky. Es stellte sich heraus, ich hatte ein Vorleben. Das unerbittliche Auge des Gesetzes hatte mich bei einer Gesetzesübertretung erwischt. Es wurde eine Akte geöffnet und es wurde mir die Frage gestellt: erinnern Sie sich an den soundsovielten, vormittags zwischen 11:00 h und 11:30 h, Straße der Nation. Ich guckte ganz unschuldig drein und konnte mich gar nicht entsinnen, aber auf dem Tisch lag so ein Protokoll, und da stand es schwarz auf weiß: ich hatte ohne Parkuhr geparkt und es kostete eben drei Mark. Ich habe gezahlt, und damit war der Fall erledigt.

Unser aller Vorladung bei der höchsten Instanz. Das Sündenregister eines Vormittages.

Wisst ihr eigentlich, dass gegen euch alle eine Strafanzeige vorliegt, dass von euch allen eine Akte existiert, dass es eine Anklageschrift gibt, über jeden von euch. Nicht bei der Verkehrspolizei – bei einer viel höheren Instanz, bei der höchsten Instanz, die noch höher ist als alle weltlichen Gerichte, nämlich bei Gott. In der Offenbarung, wo das Endgericht beschrieben wird, da heißt es: ich sah alle Toten, Große und Kleine, vor dem Thron Gottes stehen. Die Bücher wurden geöffnet, in denen alle Taten aufgeschrieben sind. Den Toten wurde das Urteil gesprochen. Es richtet sich nach ihren Taten, die in den Büchern aufgeschrieben waren[3]. Es wird über dich Buch geführt. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute schreibt Gott deine Sünden auf. Das ist natürlich nur ein Bild, Gott braucht kein Notizbuch. Aber wenn die Bibel nun schon einmal dieses Bild gebraucht, habe ich mir gedacht, können wir uns das ja ruhig mal ein bisschen plastisch ausmalen.

Da habe ich mir deshalb aus der himmlischen  Kanzlei einen Auszug aus deinem Register kommen lassen. Da steht zum Beispiel unter dem Datum vom 2. April, von vorgestern:

6:00 Uhr: Statt Gott als erstes für die Bewahrung in der Nacht zu danken, erstes Wort des Tages beim Aufstehen: Sch... . - das ist eine Sünde gegen des zweites Gebot.

6:15 Uhr: Frühstück, ohne Tischgebet - Sünde gegen das erste Gebot.

6:20 Uhr: Die Mutter angeschnauzt, weil der Kaffee nicht fertig war - Sünde gegen das vierte Gebot.

9:00 Uhr: In der Frühstückspause einen schweinischen Witz zum Besten gegeben und über einen schweinischen Witz gelacht.

9:15 Uhr Bis 9:45 Uhr: gegammelt, weil der Meister nicht da war und die Aufsicht fehlte.

10:00 Uhr: Vom Meister wegen der Gammelei zur Rechenschaft gezogen worden. Notlüge gebraucht um sich rauszureden – Sünde gegen das achte Gebot.

Und so weiter und so fort. Das ist ein winziger Auszug aus dem Register eines Tages. Und schon diese Kleinigkeiten aus den ersten Stunden deines Tages, wo du noch überhaupt nichts Böses getan hast, beweisen, dass du ein Sünder bist.

Sünde ist wie ein Krebsgeschwür.

Verstehst du: du bist nicht deshalb ein Sünder, weil du ein paar Sünden auf dem Kerbholz hast, sondern die Sache ist genau umgedreht: du begehst Sünden, weil du ein Sünder bist. Die Sünde steckt in dir drin. Das ist wie beim Krebs. Da hast du an vielen Stellen deines Körpers Schmerzen. Aber nur deshalb, weil an einer Stelle eine Geschwulst sitzt. Die Sünde, das ist der Krebsschaden deines Lebens, das ist eine ungeheure Beleidigung Gottes.

Es ist ein ungeheures Verbrechen, und wegen dieses Verbrechens ist bist du angeklagt. Die Anklageschrift ist auf dich ausgestellt. Der Verhandlungstermin ist festgelegt. Das Strafmaß ist festgesetzt. Du bist durch dein Vorleben rettungslos festgenagelt - so sieht deine Situation aus.

Der Ausweg heißt Jesus.

Und jetzt sieh ans Kreuz. Zu dem, der dort angenagelt ist, der dort hängt. Der Mann, der dort hängt ist unschuldig. Das ist der Einzige, der den Tod nicht verdient hat. Weil Er der Einzige gewesen ist, der ohne Sünde gewesen ist. Und Er hängt nur aus einem einzigen Grund am Kreuz, weil Er dich liebt, weil du Ihm so viel wert bist, dass Er sein Leben für dich hingibt. Denn an der Stelle, wo Er hängt, müsstest du eigentlich hängen. Es steht in der Bibel im Kolosserbrief, Kapitel zwei: Gott hat den Schuldschein, der uns mit seinen Forderungen belastet, abgetan und ans Kreuz geheftet[4]. Und das heißt, dein Fall, der ist doch längst erledigt. Die dich belastenden Akten sind längst abgeheftet. Deine Schuld ist mit dem Blut von Jesus Christus durchgekreuzt. Und wenn du an den Mann am Kreuz glaubst, das heißt, wenn du diesen Mann als Stellvertreter für dich in Anspruch nimmst, dann bist du frei von der Sündenlast deines Lebens.

Das ist das fantastische Angebot, was ich dir heute zu machen habe. Du brauchst nur das zu machen, was einer der beiden Männer gemacht hat, die mit Jesus gekreuzigt worden sind. Im Lukas Evangelium, Kapitel 23: es wurden mit ihm aber auch noch zwei gekreuzigt zwei andere, Übeltäter, die mit ihm ab getan wurden[5]. Es handelt sich also um eine Massenexekution, es werden gleich drei Mann in einem Aufwasch erledigt.

Wir alle haben schon so viele Bilder von Massenhinrichtungen gesehen, dass wir alle schon ziemlich abgebrüht und abgestumpft sind. Wir haben alle schon so viele Darstellungen des Gekreuzigten gesehen, dass wir uns an diesen schrecklichen Anblick mittlerweile schon gewöhnt haben.

Was Kreuzigung bedeutet.

Aber was heißt das, Kreuzigung? Das heißt, nachdem sie dich verhört und körperlich und seelisch fertig gemacht haben, legen Sie dich aufs Kreuz und dreschen dir durch die Hände und die Füße ein paar Nägel. Solche Dinger! Dann wird das Kreuz aufgerichtet, und dann hängst du da dran. Und dann hängst du mit deinem ganzen Körpergewicht an deinen ausgebreiteten Armen, und das Blut kann durch deinen Körper nicht mehr richtig zirkulieren und sackt nach unten. Deine Beine schwellen an. Du hast wahnsinnige Schmerzen, du hast rasende Kopfschmerzen. Und so hängst du da, stundenlang. Und Minute um Minute, und Tropfen um Tropfen schwindet das Leben aus dir. Und über dir da knallt die Sonne runter und brennt wie Feuer in deinen Wunden. Und unter dir, da stehen die Leute und gaffen zu. Es heißt hier im Vers 35: Und das Volk, das Volk das stand und sah zu. Das Volk, das glotzt. Das Volk glotzt, wenn auf der Straße beim Verkehrsunfall die Toten rumliegen. Das Volk, das glotzt in die Bildröhre, wenn die Folterung eines Chilenen gezeigt wird. Das Volk glotzt auf die Geißelsäule der Schlosskirche, wo die Folter von Jesu gezeigt wird. „Einzigartiges Kunstwerk, herrliches Stück“ - und „Klick“ macht die Kamera.

Das Volk, das glotzt als dieser Jesus am Kreuz hängt und schreit: Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du mich verlassen?[6] Das Volk stand und sah zu. Und die stehen nicht bloß und sehen zu, sondern die machen noch ihre Späße über den sterbenden Mann. Man sollte meinen, dass die Menschen wenigstens vor dem Sterben eines Menschen Respekt haben, aber nicht einmal das. Sie machen ihre Witze. Sie sagen: „Du hast doch gesagt, du wärst der Sohn Gottes, steig doch runter!“ Und sogar einer von den beiden Verbrechern, die mit Jesus zusammen gekreuzigt werden, der macht sich über Jesus lustig und sagt: „Wie ich höre, bist Du der Sohn Gottes. Hilf Dir selbst, und uns! Und hüpf runter!“

Der erste Mensch, der durch Christi Erlösungstat errettet wurde: ein Verbrecher.

Und da weist ihn der andere Verbrecher zurecht und sagt „Fürchtest du dich denn überhaupt nicht vor Gott? Du bist doch auch zum Tode verurteilt und weißt, dass wir zu Recht sterben. Aber der Mann in unserer Mitte, der hat nichts Unrechtes getan.“ Und dann wendet er sich an Jesus und sagt: „Jesus, denke an mich, wenn Du in Dein Reich kommst.“

Dieser Mann war der erste Mensch, von dem wir wissen, dass er an Jesus, den Gekreuzigten geglaubt hat. Das war der Erste, der durch den Gekreuzigten bekehrt worden ist und dieser Erste, das war ein Verbrecher. Der wusste genau, warum er am Galgen hing. Der war festgenagelt durch seine Schuld und er konnte in dieser Situation eigentlich nur noch eins: entweder fluchen oder beten. Und da betet er, er bittet. Er bittet: Jesus, denke an mich, wenn du in Dein Reich kommst.

Das ist eine groteske Situation. Ein Lump, der am Kreuz hängt, bittet den größten Lumpensammler aller Zeiten um Aufnahme in Gottes Reich. Und Jesus nimmt ihn auf. Er sagt zu ihm: heute, heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein.[7]

Scham auf der Erde – Jubel im Himmel. Den Namen des Herrn anrufen!

Nachdem Jesus das gesagt hat, hängt er noch drei Stunden lang am Kreuz, bis er stirbt. In dieser Zeit, so steht hier in der Bibel, da verfinsterte sich die Sonne und im ganzen Land wurde es dunkel. Wenn der Sohn Gottes stirbt, da verliert sogar die Sonne vor Scham ihren Schein. Die ganze Schöpfung nimmt Teil an der Ungeheuerlichkeit dieses Sterbens. Während sich über die Erde die Finsternis der Trauer senkt, bricht oben im Himmel ein Jubelgeschrei los. Weil der Sieg über die Sünde errungen ist, weil die erste Menschenseele bekehrt ist durch den gekreuzigten Christus. Jesus hat einmal gesagt, wenn ein Sünder sich bekehrt, dann jubeln die Engel im Himmel vor Freude[8]. Der Pfarrer Blumhardt[9] hat einmal einen ganz merkwürdigen Satz geschrieben. Er hat einmal geschrieben: „In der Christnacht haben die Engel geweint. Denn die Christnacht ist der Anfang der Passion Gottes. Und während der Kreuzigung haben die Engel gelacht. Denn die Kreuzigung ist der Anfang der neuen Welt!“ Ich denke, dieser Blumhardt hatte recht. Und Ich denke, auch heute werden die Engel im Himmel etwas zu lachen kriegen, vor Freude jubeln, wenn du deine sündige Vergangenheit vor dem Kreuz von Jesus Christus niederlegst.

Es steht im Alten Testament beim Prophet Joel. Dort steht:  Und es soll geschehen, wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll errettet werden. Denn zu Jerusalem wird Rettung sein[10].

Das ist viele hundert Jahre geschrieben bevor Christus starb. Und diese Verheißung Gottes hat sich erfüllt wortwörtlich wie sich die Verheißungen Gottes alle buchstäblich erfüllen. Genau das ist geschehen, als Jesus in Jerusalem am Kreuz hing, dass wenn sich jemand an ihn wendet, seinen Namen anruft und sagt: „Jesus denk an mich wenn du in dein Reich kommst.“  Jesus sagt: Heute noch! Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein.

Und dieses Versprechen, was Gott gegeben hat, wer den Namen des Herrn anruft, der soll errettet werden, das gilt auch heute. Das gilt auch für dich. Du brauchst bloß den Namen von Jesus anrufen. Du brauchst bloß zu sagen: „Jesus! Ich danke Dir dass Du als mein Stellvertreter für mich ans Kreuz gegangen bist und meine Sündenschuld getragen hast. Und ich bitte Dich, nimm mich auf in dein Reich.“

Und dann sollst du heute, dann sollst du jetzt gerettet werden. Und so bitte ich dich, anstelle von Christus, der mit ausgebreiteten Armen am Kreuz hängt, ich bitte dich, lass dich versöhnen mit Gott! Und gib deinen Kampf auf, deine Feindschaft gegen Gott, deine Schuld und deinen verfluchten Stolz. Sei das, wozu Gott dich geschaffen hat, wozu du berufen bist: ein Kind Gottes. Lass dich versöhnen mit Gott.

Die drei schlechten Ratschläge des Teufels.

Jetzt in diesem Augenblick, da macht dir der Teufel drei Vorschläge. Er sagt erstens: deine Schuld ist viel zu groß. Für das, was du getan hast, da gibt es überhaupt keine Vergebung, für dich ist es zu spät. Aber das ist eine Lüge. Wenn Jesus dem Verbrecher am Kreuz vergeben hat dann wird er dir auch vergeben.

Oder der Teufel sagt zweitens: das ganze Gerede vom Kreuz und Sünde und Schuld, das ist doch alles Tinnef. Du bist doch ein anständiger Mensch, du kannst doch selber für dich gerade stehen, du hast das doch alles gar nicht nötig. Das ist doch alles eine Illusion. Wenn die Bibel sagt: alle Menschen sind Sünder, dann bist du auch einer.

Oder der Teufel sagt drittens: es ist schon etwas Wahres dran, aber deine Bekehrung ist noch nicht dran, es ist für dich zu früh. Aber das ist ein Irrtum! Viele Leute ziehen aus der Geschichte von dem Mann am Kreuz eine ganz falsche Folgerung. Die denken, wenn der sich noch in der letzten Minute bekehren konnte, sozusagen ohne große Umstände noch ins Reich Gottes rein schlüpfen konnte, da hat es ja mit meiner Bekehrung noch Zeit. Da kann ich das ja noch verschieben auf meine Sterbestunde.

Mein lieber Freund, der Verbrecher am Kreuz ist alles andere als ein Vorbild für das Aufschieben einer Bekehrung. Sondern im Gegenteil: er ist das Beispiel eines Mannes, der bei erster Gelegenheit, wo er Jesus begegnet, Ihm sein Leben übergibt. Der Mann hat noch nie in einem solchen Gottes-dienst gesessen wie du heute. Der hatte noch nie schon x-mal die Gelegenheit, sich zu bekehren, wie du sie schon gehabt hast.

Sondern zum ersten Mal im Leben, als er diesem Jesus begegnet, und das war am Galgen, da sagt er: „Jesus, nimm mich!“

Gottseidank war Jesus sogar am Galgen noch anzutreffen. Und als der Verbrecher ihn da hängen sah, neben sich, hilflos und verschwitzt und dreckig und blutig, da hat er keine Sekunde gezögert, diesem geschmähten und zusammengeschlagenem Jesus sich anzuvertrauen. Und den um Hilfe anzurufen. Und dieser Mann, der starb in Frieden.

Der andere Verbrecher neben ihm, der starb mit einer Lästerung auf den Lippen, obwohl er unmittelbar neben Jesus hing. Das Kreuz von Jesus trennt die Menschen haarscharf in solche, die glauben und solche, die nicht glauben. In Menschen die gerettet werden, und Menschen, die auf ewig verloren gehen. Am Kreuz, da fällt die Entscheidung über deine Vergangenheit, über deine Gegenwart und über deine Zukunft.

Und ich habe heute versucht, dir den Gekreuzigten vor die Augen zu malen. Damit du dich heute entscheidest. Wenn du deine Bekehrung auf deinen Sterbetag verschieben willst, dann berufe dich nicht auf diese biblische Geschichte. Zumal der Sterbetag als Bekehrungstag nicht gerade der günstigste Moment ist. Mal angenommen, bloß mal angenommen, du baust jetzt auf dem Heimweg einen Verkehrsunfall. Dann hast du vielleicht nicht einmal Zeit, um auch nur den Namen von Jesus noch mal auszusprechen.

Die letzte Rede von Martin Luther King.

Als heute vor acht Jahren, genau an diesem Tag, Martin Luther King die tödliche Kugel traf[11], da hatte der dazu auch keine Zeit mehr. Deswegen war es gut, dass kling sein Leben vorher schon Jesus Christus übergeben hatte. Der Tod traf King nicht unerwartet, er traf ihn überraschend, aber nicht unvorbereitet.

An dem Abend, bevor Martin Luther King erschossen wurde, da hat er eine Rede[12] gehalten. Man sagt, es ist die gewaltigste Rede, die der Mann je gehalten hat. Es war eine ganz kurze Rede. Er selber war so erschüttert, dass er am Schluss, als er fertig war, das biblische Zitat gar nicht aussprechen konnte, er hat mittendrin aufgehört und ging vom Podium runter. Man kann diese Rede gar nicht nachahmen in dem typischen Singsang des Baptistenpredigers, aber er hat da gesprochen als ein wirklicher Prophet.

Er hat vor seiner Ermordung gesagt: „Ich weiß nicht was kommen wird. Schwere Tage liegen vor uns, aber es bedeutet mir wirklich nichts mehr. Weil ich auf dem Berggipfel war, macht es mir nichts mehr aus. Wie alle Menschen möchte ich gerne lange leben, es ist etwas Schönes, alt zu werden. Aber darum sorge ich mich heute nicht. Ich möchte alleine Gottes Willen tun. Und Gott hat mir erlaubt, den Berg zu erklimmen. Und ich habe hinüber geschaut in das gelobte Land. Vielleicht werde ich es nicht mit euch betreten, aber ich möchte euch heute Abend sagen, dass wir als ein Volk in das gelobte Land einziehen werden. Und darum bin ich heute Abend glücklich, ich sorge mich um nichts. Ich fürchte keinen Menschen. Meine Augen haben die kommende Herrlichkeit des Herrn gesehen. I have seen the glory of the coming Lord.

So konnte dieser Mann sprechen im Angesicht des Todes und er konnte sein Leben hingeben für die Brüder, denn er wusste, sein Leben ist nicht in der Hand von irgendwelchen Menschen. Er wusste, mein Leben gehört meinem Erlöser und Befreier Jesus Christus. Und deswegen steht auf seinem Grabstein auch: der Anfang des Spirituals: free at last.

Endlich frei.

Und du kannst dieses Wort „endlich frei“ über dein Leben schreiben. Wenn du heute dein Leben an Jesus Christus übergibst. Sünde kettet, Jesus rettet.

Mann, du bist frei!

 

* * * *



[1] Deutsche Schriftstellerin (1867 – 1950), Verfasserin v.a. von Liebesromanen. In der DDR waren ihre Romane nicht erhältlich, da sie als Trivialliteratur eingestuft waren. Die Anmerkung von Theo Lehmann kann insofern als spitze Ironie betrachtet werden. Der von Theo Lehmann zitierte Roman ist allerdings fiktiv. – Anm. des Schreibers

[2] Aus dem Essay „Wie benehme ich mich als Mörder?“ von Kurt Tucholsky. Geschrieben 1928. – Anm. des Schreibers

[3] Offenbarung 20, 12

[4] Kolosser 2, 14

[5] Lukas 23, 32

[6] Matthäus 27, 46

[7] Lukas 23, 43

[8] Lukas 15, 9

[9] Christoph Friedrich Blumhardt (1842 – 1919). Pfarrer, später sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter in Württemberg. – Anm. des Schreibers

[10] Joel 2, 32. Vgl. auch Römer 10, 13 – Anm. des Schreibers

[11] Martin Luther King, amerikanischer Bürgerrechtler, wurde am 4. April 1968 auf dem Balkon eines Motels in Memphis, Tennessee (USA) erschossen.

[12] Am 3. April 1968 hielt Martin Luther King die Rede „I’ve been to the Mountaintop“