Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 153

Abschrift der Predigt vom 12. Dezember 1993 über Matthäus 2, 16 (Der Kindermord von Betlehem).

Die schönste und die grausamste Geschichte in der Bibel.

Liebe Freunde,

die Weihnachtsgeschichte, also die Geschichte von Maria und dem Kind in der Krippe, ist ja ziemlich gut bekannt. Es ist eine schöne Geschichte. Ich finde überhaupt, es ist die schönste Geschichte in der Bibel. Weniger bekannt ist eine andere Geschichte, die unmittelbar danach passiert ist. Dies ist eine grausame Geschichte. Ich finde überhaupt, es ist die grausamste Geschichte in der Bibel. Es ist die Geschichte vom Kindermord in Bethlehem. Matthäusevangelium, Kapitel 2: Herodes ließ alle Jungen unter zwei Jahren in Betlehem und in der Umgebung dieser Stadt umbringen. Der Gegensatz zur Weihnachtsgeschichte ist so scharf wie Tag und Nacht. Die Szene hat sich radikal verändert. Wo die Krippe stand, steht jetzt das Schafott. Wo das neugeborene Kind lag, liegen jetzt Kinderleichen. Wo eben noch drei Könige aus dem Morgenland das Kind angebetet haben, da besudeln sich die Büttel von dem Herodes mit dem Blut von unschuldigen Kindern. Wo eben noch eine Mutter das Wunder eines Neuen Lebens bestaunt hat, da betrauern jetzt Mütter das zerstörte Leben ihrer Kinder. In Betlehem jubeln nicht mehr die Engel, dort jammern die Mütter.

Weihnachten ist dem Satan ein Dorn im Auge.

Und wir fragen uns: Warum? Warum bis zum heutigen Tag so viel Leid, soviel Grausamkeit, soviel Sinnlosigkeit. Was ist eigentlich los? Leute, der Teufel ist los! In der Bibel steht: Dazu ist Jesus gekommen, um die Werke des Teufels zu zerstören[1].  Und der Teufel wusste von Anfang an Bescheid. Der tritt sofort zum Kampf an. Während die Engel noch jubeln: Ehre sei Gott in der Höhe, da wird unten in der Hölle schon mobil gemacht. Und kaum ist der Gottessohn geboren, da erfolgt schon der erste Angriff. Das Jesuskind ist noch nicht trocken hinter den Ohren, da will Ihm der Satan schon an den Kragen.

Weihnachten bringt eben nicht nur Freude, es bringt auch Ärger. Solche Leute wie die Hirten, also machtlose, unterdrückte, einfache Menschenkinder, die freuen sich. Solche Leute wie der König Herodes, also  Machthaber, Unterdrücker, Menschenschinder, die ärgern sich. Es ist schwer zu verstehen, aber es ist so. Es gibt Leute, die möchten Weihnachten am liebsten ungeschehen machen. Und die möchten alles, was mit diesem verhassten Jesus zu tun hat, am liebsten total ausrotten. So einer ist der König Herodes gewesen. Er plant, das Kind zu töten – warum?

Es gibt ein Gedicht von Gerd Semmer[2] unter der Überschrift: „Das Wort wurde Fleisch“, und das beantwortet diese Warum-Frage so: „Es kam das Kind in unsere Welt / um die war es nicht zum Besten bestellt / die armen Leute und Weisen eilten sofort aus Ost und West / zu hören, das neue Wort. König Herodes hatte es kaum vernommen / da kam er schon mit hundert frommen / Kriegern, um alle Kinder zu schlachten / die ihm etwa nach dem Leben trachten. / Die Mutter hat früh davon geträumt / der Vater hat den Esel aufgezäumt /  sie flüchteten mit dem Kind nach dem Süden / das neue, gefährliche Wort hieß: „Frieden“.

Nichts ist in unserer Welt so gefährdet wie der Frieden. Und diese Bedrohung bekommt Jesus, von dem die Bibel ja einmal gesagt hat: Er ist unser Friede[3], von Anfang an zu spüren. Seine Eltern fliehen mit Ihm zunächst nach Ägypten. Das Jesuskind ist zunächst einmal in Sicherheit. Ich sage: zunächst einmal. Denn das Kind wird ja hier in dieser Geschichte nur gerettet, damit es hinterher als Mann am Kreuz sterben kann, um dich und mich zu retten.

In unserer Geschichte wird das Jesuskind zunächst einmal gerettet. Alles schön und gut. Aber wie die Geschichte weitergeht, das ist eben nicht schön und gut. Da rücken also die Soldaten des Herodes an, um das Jesuskind zu töten, und weil sie nicht wissen, um welches Kind es sich handelt, da schlachten sie gleich alle Jungs im Alter von zwei Jahren, die dort in Betlehem und Umgebung wohnen, ab.

Das Entsetzliche an dieser Geschichte ist, dass hier Kinder ermordet werden. Und dass sie ermordet werden wegen Jesus, das ist das allerentsetzlichste. Wäre Jesus nicht in Betlehem geboren worden, wären diese Kinder nicht ermordet worden. So aber wird Jesus, die unschuldige Ursache zum Tode unschuldiger Kinder. Sicher, diese Blutbad wird nicht von Gott, das wird von Gottes Gegnern angerichtet. Und trotzdem fragen wir uns: wie konnte Gott denn dieses Gemetzel an Kindern nur zulassen? Wie passt das zu Weihnachten? Wie passt das zur Botschaft von der Liebe Gottes, wie passt das überhaupt zu Gott? Ist dieser Mord an den Kindern nicht sinnlos?

Ja, er ist sinnlos, wie alles Morden – im Krieg wie im Frieden. Und noch besonders sinnlos, weil es ja kleine Kinder sind, deren Leben ja gerade erst anfangen sollte. Es ist zwecklos, hier nach einer Erklärung zu suchen. Und es ist zwecklos, Gott irgendwie entschuldigen der anschuldigen zu wollen. Es ist zwecklos, in diesem Leiden irgendeinen Sinn sehen zu wollen. Hier ist unsere Weisheit und unsere Theologie am Ende. Wir kommen um die schreckliche Erkenntnis einfach nicht herum: unsere Welt ist voller Sinnlosigkeiten. Und besonders das Leben des Gotteskindes und aller Gotteskinder ist immer bedroht. Bedroht durch die Brutalität von Menschen, die nur sich selber kennen und die Gott nicht kennen wollen.

Und es gehört zu den harten und unbegreiflichen Gesetzen dieser Welt, dass unter den Gräueln der Weltgeschichte diejenigen am allermeisten zu leiden haben, die, menschlich gesprochen, es gerade nicht verdient haben und die unschuldig sind. Warum hat der Herodes diesen Schlachtbefehl gegeben? Was ist denn sein Motiv? Herodes, der mächtigste Mann im Land, der König, der handelt aus Angst. Er gehört zu den Menschen, die nur politisch denken können, und die sich nicht vorstellen können, dass es außer der politischen Macht noch eine andere Dimension gibt. Er hat gehört, in Betlehem wäre ein König geboren worden, und das bloße Stichwort „König“ löst bei ihm schon die Kettenreaktion der Angst aus. Was der eigenen Macht gefährlich werden könnte, das muss beseitigt werden.

In der Macht des Machthabers lauert die Angst und wird zur Quelle von ungezählten bösen Taten. Ich will die Taten und Untaten dieses Herodes gar nicht im einzelnen aufführen. Sieben Jahre vor diesem Kindermord in Betlehem hat dieser Mann zwei seiner eigenen Söhne wegen Hochverrat erdrosseln lassen. Wenn einer seine eigenen Kinder umbringt, dann traut man ihm natürlich auch zu, dass er einen Massenmord an anderen Kindern begeht. Und wenn es nicht so entsetzlich traurig wäre, da könnte man es ja als einen Witz empfinden, dass Machthaber Angst haben.

Aber wir sehen es ja an diesem Herodes. Auch Machthaber haben Angst. Und bevor die vor Wut zittern, da haben die erst einmal vor Angst gezittert. Wer so viel Blut an den Händen kleben hat wie der, der muss die Rache der Menschen fürchten. Wer solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verbrochen hat wie dieser Tyrann, der lebt immer in Angst. Je größer die Verbrechen, desto größer die Angst, und je unruhiger das Gewissen, umso gefährlicher ist der Machthaber. Wenn Machthaber Verbrechen begehen und dann Angst haben, da sind sie dreifach gefährlich. Dann fühlen sie sich durch alles und durch jeden bedroht.

Heinrich Heines‘ Koffer. Die Angst der Gewaltigen vor der Gewaltlosigkeit.

Die menschenmordende Maschinerie der Stasi ist durch den Motor der Angst in Gang gehalten worden. Die Staatssicherheit war verunsichert durch Bücher, Gedichte, Witze, Lieder, Theaterstücke, Bilder, Gedanken, Ideen. Und diese allgemeine Verunsicherung, die typisch ist für deutsche Machthaber, die hat schon Heinrich Heine so schön beschrieben in seinem Gedicht: Deutschland, ein Wintermärchen. Weil gerade einmal wieder Winter ist, lese ich euch gerade mal ein paar Strophen aus dem Wintermärchen vor, wie Heinrich Heine von preußischen Zollbeamten kontrolliert wird. „Die beschnüffelten alles, kramten herum in Hemden, Hosen, Schnupftüchern, sie suchten nach Spitze, nach Bijouterien[4], auch nach Büchern – ihr Toren, die ihr im Koffer sucht. Hier werdet ihr nichts entdecken. Die Konterbande[5], die mit mir reist, die habe ich im Kopfe stecken. Hier habe ich Spitzen, die feiner sind als die von Brüssel und von Mechelen. Und pack ich einst meine Spitzen aus, sie werden euch sticheln und hecheln. Und viele Bücher trage ich im Kopf. Ich darf es euch versichern, mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest von konfiszierlichen[6] Büchern.“

Ist doch sonderbar. Ein Staat wie der preußische fühlt sich bedroht von den Spitzen eines Dichters. Ein Staat wie die DDR fühlt sich bedroht von den Witzen eines Pfarrers. Ein Staatswesen und ein Staatsmann wie Herodes fühlt sich bedroht durch die Existenz eines Säuglings. Die Gewalt hat Angst vor der Gewaltlosigkeit. Das ist die bittere Wahrheit, die den Kindern von Betlehem, die später Jesus, die Millionen von Menschen das Leben gekostet hat. Alle Gegnerschaft gegen Jesus hat hier ihre Wurzel. Und gerade die Beteuerung von Jesus, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist, gerade die die Beteuerung der Kirche, dass sie die Gewalt ablehnt, ist den Machthabern vom Schlage eines Herodes so verdächtig. Weil die eben nur in den Kategorien von Macht und Gewalt denken können.

Und deshalb ist ihnen gerade das, was nicht von dieser Welt ist, so unheimlich und so bedrohlich, dass sie immer wieder zuschlagen, ohne Grund, ohne angegriffen zu sein, ohne Sinn. Der Vernichtungskampf des Herodes, sein aus Angst geborener Hass hat in der Geschichte immer wieder Auflagen erlebt. Und die ganze Geschichte der Kirche ist eine einzige Geschichte der blutigen Verfolgung.

Wo es um die Sicherung der eigenen Macht geht, da nehmen Machthaber keine Rücksicht und haben keine Skrupel. Sie lassen sich nicht rühren durch die Tränen der Mutter oder durch die Drohung der UNO. Sie lassen Millionen Menschen aus ihrer Heimat vertreiben, verhungern, verdursten, vergewaltigen, verrecken, vergasen.

 

Der Mord an den Kindern von Betlehem ist ja nur ein Symptom für die Verbrechen der Mächtigen, die in millionenfacher Vergrößerung seit Jahrhunderten die ganze Welt überziehen, bis in unsere Tage hinein. Es ist sinnlos, absolut sinnlos. Aber das ist unsere Welt. Das ist die Welt, in die Jesus gekommen ist.

Jesus hält es im Himmel nicht mehr aus.

Er hat es in seiner schönen Welt im Himmel nicht mehr ausgehalten, als Er gesehen hat, wie sinnlos es in dieser Welt zugeht. Da hat Er sich gesagt: Ich mach mich auf, Ich mach mich auf die Reise, Ich geh da hin, Ich muss mit denen leben. Ich muss mich bei denen einnisten, Ich muss den Menschen zeigen, dass es einen Sinn geben kann. Dass es trotz Finsternis in dieser Welt Licht und Liebe gibt, deswegen ist Er gekommen. Das war Weihnachten.

Wir werden diese Welt mit ihren Sinnlosigkeiten und ihren Leiden nicht ändern können. Keiner von uns hat die Kraft, das sinnlose Leiden abzuschaffen. Aber jeder von uns hat die Möglichkeit, wenigstens dort, wo er lebt, in seinem Kreis etwas dagegen zu tun. Und wenigstens etwas Linderung zu schaffen.

Was mit den Kindern in Rumänien, für die wir hier Geld sammeln, passiert ist, können wir alle nicht mehr ändern. Aber wir können ändern, dass es mit ihnen so weiter geht. Wir können da ein wenig verändern, dass im Leben dieser Menschen ein wenig Sinn, Hoffnung, Liebe reinkommt. Wir können noch viel mehr in dieser Welt verändern. In der Welt von heute ist ja das große Kindermorden im großen Stil im Gange. Gegen das Kinderschlachten in unserer modernen Zeit ist ja Herodes ein Waisenknabe gewesen. Während wir zu Weihnachten Verdauungsschnäpse schlucken müssen, damit uns die fette Gans nicht länger aufstößt, da verhungern an jedem Tag in dieser Welt tausende Kinder, weil sie nicht ein Stück Brot und nicht einen Schluck unverseuchtes Wasser haben.  

Bei uns geht es auch nicht besser zu als bei Herodes.

Während wir bei uns zu Hause an Weihnachten aus allen Lautsprechern die Kinderchöre dröhnen lassen, da übertönen wir den stummen Schrei tausender Kinder, die heimlich abgeschlachtet werden. Natürlich nicht so plump wie bei Herodes. Bei uns wird ja nicht abgeschlachtet, bei uns wird ja abgetrieben. Oder, wem das noch zu roh vorkommt, der drückt sich vornehmer aus und sagt: „Wir haben eine Schwangerschaftsunterbrechung vornehmen lassen.“ Bei uns töten ja nicht rohe Soldaten, bei uns macht’s ja der Herr Doktor im weißen Kittel. Und er tut’s ja nicht im Auftrag des Herodes, sondern er tut es im Auftrag der Mütter und Väter. Oder richtiger gesagt: der Frauen und Männer, die es ja gar nicht wert sind, Mütter oder Väter zu heißen und die, um nur ja nicht Mutter und Vater werden zu müssen, lieber zum Mörder werden.  Bei uns weinen die Mütter nicht mehr wie in Bethlehem, sondern sie triumphieren noch; sie schmieren es noch mit Angabe von Namen und Zahl der Abtreibungen in alle möglichen Zeitungen.

Die deutsche Prominenz aus Funk und Fernsehen, unter der Überschrift „Ich habe abgetrieben“ hat sich ja mit Foto veröffentlichen lassen. Sie gebärden sich ja noch als die Helden der Selbstverwirklichung, wenn sie die Frucht ihres Leibes nicht gebären, sondern auskratzen lassen, bis ihr eigenes Kind abgekratzt ist. Es sind in Deutschland im Jahr 500.000[7]. Das heißt im Weltmaßstab 40 Millionen Kinder, die auf diese Weise umgebracht wurden. Da braucht’s keine umständlichen KZ-Krematorien, das erledigt die zuständige Klinik. Da braucht’s keine Massengräber, da genügt die Mülltonne.

Gott allein weiß, wie viele von euch an der Tötung eines Kindes beteiligt gewesen sind. Von euch Jungs und Mädchen, Eltern, Freunde und Geschwister und Großeltern, die davon gewusst haben, dazu geraten haben, oder die nichts dazu gesagt haben. Leute, euch allen, die ihr mit diesen Problemen zu tun habt, in Wirklichkeit oder in Gedanken, euch allen möchte ich sagen: es gibt eine Vergebung.

Der dümmste Spruch der Menschheitsgeschichte – und das größte Weihnachtsgeschenk.

Das ist der Sinn von Weihnachten. Jetzt gibt’s einen, der vergibt. Es gibt einen Spruch, der gehört zu den blödesten Sprüchen, die ich kenne. Der heißt „Hätte Maria abgetrieben, wär uns Weihnachten erspart geblieben.“ Zum Glück steht es in der Bibel anders. Im Matthäusevangelium Kapitel 1 steht: und sie wird einen Sohn gebären, des Namen sollst du Jesus heißen, das heißt: Retter, denn Er wird sein Volk von den Sünden befreien. Leute, hätte Maria abgetrieben, da wüssten wir nicht wohin mit unseren Sünden, da müssten wir wegen unserer Sünden in die Hölle.

Aber das ist uns erspart geblieben! Jedenfalls jedem, der die Vergebung von Jesus annimmt. Weihnachtsgeschenke nimmt normalerweise jeder vernünftige Mensch gerne an. Warum willst du das Weihnachtsgeschenk Gottes, die Vergebung der Sünden durch Jesus nicht annehmen, für dich , für dein Leben, für deine Schuld in Anspruch nehmen? Selbst wenn du so einen Mord wie eine Abtreibung auf dem Gewissen haben solltest, es gibt für dich eine Vergebung.

Man kann Kinder aber auch ohne Abtreibung töten.

Und diejenigen, die die Sünde der Abtreibung verurteilen und von dieser Sünde frei sind, die sollten sich jetzt trotzdem fragen, ob sie frei sind von der Herodes-Gesinnung – also von der egoistischen Gesinnung und Leben auf Kosten der Kinder. Der Jörg hat ja vorhin erzählt, wie jemand versucht hat, auf Kosten eines Kindes ein Haus zu bauen. Man kann auch an Kindern, die man auch zur Welt kommen lässt, Seelenmord betreiben. Viele Eltern tun das, unbewusst und ohne Absicht. Aber sie tun es, indem sie sich auf Kosten ihrer Kinder ein bequemes Leben machen. Wenn zum Beispiel beide, ohne eine wirtschaftliche Notwendigkeit, arbeiten gehen. Da sind die Geschädigten die Kinder. Wenn sie eine Mutter haben, die nervös ist und keine Zeit hat, die sie sich selber und der Straße überlässt.

Seit Hoyerswerda und Mölln, seit diesem sinnlosen Anwachsen der Gewalttätigkeit unter jungen Menschen in unserem Land, da sind sich ja alle Soziologen einig: ein Grund für die Gewalt unter jungen Menschen ist das Fehlen von intakten Familien, das Fehlen von Müttern. Ich versteh gar nicht, warum da alle zustimmen und warum alle losbrüllen, wenn der Heitmann[8] genau das selbe sagt.

Wenn er sagt, was in unserer Gesellschaft nötig ist, das ist die Stärkung der Rolle der Mutter. Da hat der Heitmann doch einfach recht.

Das wichtigste, was ein Kind braucht ist eine Mutter. Und keine Mutter sollte ohne dringende Notwendigkeit ihre Mutterpflichten vernachlässigen. Also warte mit der Anschaffung eines Autos, bis die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, und sei lieber die ersten Jahre für deine Kinder da. Und statt Geld zu machen auf Arbeit mach mal lieber Schularbeiten mit deinen Kindern. Statt deine Macht zu gebrauchen – und die Macht hast du als Erwachsener ja dem Kind gegenüber sowieso – räume dem Kind sein Recht ein. Ein Recht auf Leben, auf Liebe, auf Geborgenheit, auf Hilfe, auf eine Mutter.

Wir sind wir Herodes. Jesus allein kann uns eine neue Gesinnung geben.

Wir haben doch wahrhaftig wenig Grund, uns über den Herodes aufzuregen. Die Herodes-Gesinnung, also: Macht gebrauchen, Schwächere schachmatt setzen, nur an sich selber denken – also diese Herodes-Gesinnung die steckt doch in uns allen drin. Aus dieser Gesinnung kommen ja all die Sinnlosigkeiten dieser Welt. Was wir brauchen, ist eine neue Gesinnung, und die Bibel macht uns einen Vorschlag. Die Bibel sagt: Jeder sollte so gesinnt sein wie Jesus Christus gewesen ist. Na und wie war Er? Er war Gott gehorsam, Er hat niemandem Böses getan, Er hat niemanden vergewaltigt, Er hat verzichtet auf Gewalt, Er hat vergeben, Er war ehrlich, Er war wahrhaftig, gerecht und gutmütig. Und was hat Ihm das eingebracht? Verfolgung, Hass, Heimatlosigkeit, Leid, Kreuzigung.

Jeder von euch sollte sich darüber im Klaren sein: wenn du mit Jesus lebst oder wie Jesus lebst, dann zieht sich der Teufel nicht rücksichtsvoll zurück, sondern er greift dich rücksichtslos an. Bei Jesus hat er das versucht von der Geburt bis zum Tode. Und was ihm bei Jesus recht war, das ist ihm bei den Nachfolgern von Jesus  nur billig. Deshalb ist die billige Weihnachtsduselei, die aus Weihnachten eine harmlose Pfefferkuchenparty gemacht hat, so verlogen und so irreführend.

Ich rate dir: nimm Weihnachten und deine Beziehung zu Jesus nicht so harmlos. Zu Weihnachten an der Krippe, da fühlen wir uns natürlich alle wohl, und das zurecht. Es ist gut, dass es wenigstens einen Tag im Jahr gibt, wo die Waffen schweigen. Es ist doch gut, dass es wenigstens einen Tag im Jahr gibt, wo Friede ist auf Erden. Und es ist doch gut, dass wir uns wenigstens einen Tag im Jahr freuen können wie die Kinder.

Aber Leute, wir dürfen nicht vergessen, dass der Weg, der an der Krippe angefangen hat, am Kreuz geendet hat. Das Kreuz ist aus dem gleichen Holz geschnitzt wie die Krippe. Und das Kreuz wirft seinen riesigen Schatten über die Menschen aller Jahrhunderte. Wenn du dir Leid ersparen und ein angenehmes Leben haben willst, dann lass die Finger von Jesus. Denn wenn du Ihm nahe kommst, kommst du unweigerlich auf den Weg des Leidens.

Dieses Leiden um Jesu willen kannst du dir ersparen. Aber das Leiden, das Leid und die Sinnlosigkeit dieser Welt, das wird dir nicht erspart bleiben. Das findet in jedem Menschenleben irgendeinmal statt. Jetzt bist du noch jung, jetzt hast du noch keine Vorstellung von den Katastrophen, die dich treffen könnten.  Jetzt hältst du es für die größte Katastrophe deines Lebens, wenn dir der Weihnachtsmann die Jeans, die du dir gewünscht hast, nicht bringt. Diese Katastrophe lässt sich zur Not mit einem Wutanfall oder ein paar Tränen oder ein paar Glas Bier über die Runden bringen. Aber ich sage dir: wenn die wirklichen Schrecken und die wirklichen Schrecknisse des Lebens kommen, wenn die Schicksalsschläge des Lebens auf dich eintrommeln, da brauchst du einen Halt damit du nicht in den Strudeln der Sinnlosigkeit durchdrehst und untergehst.

Wenn deine Sünde dich kaputt macht, dann brauchst du jemanden, der dich wieder heil macht, dann brauchst du einen Heiland. Wenn du am Ende bist, dann brauchst du jemand, der dir hilft, einen Neuanfang zu machen. Und dieser Halt, dieser Heiland, dieser Helfer, das wird Jesus sein. Jesus heißt auf Deutsch: „Gott hilft – Gott rettet“. Du kannst ja von Jesus sagen, was du willst. Aber eins kannst du nicht sagen. Du kannst nicht sagen, Er hätte sich aus dem Leid und aus der Sinnlosigkeit dieser Welt herausgehalten. Nein, Er hat sich reingehängt, bis Er schließlich selbst, als Opfer, am Kreuz gehangen hat.

Wir haben heute über unsere Welt gesprochen, in der der Mensch so unmenschlich werden kann, dass er sogar selbst kleine Kinder umbringt. Das ist die Welt, in die Jesus gekommen ist. Er hat sich der Brutalität dieser Welt gestellt. Das ist eine finstere Welt, die von der Macht der Sünde beherrscht und von der Nacht der Schuld bedeckt ist. Aber Leute, seit Weihnachten können wir singen: „Doch, doch, trotz dieser Finsternis: ein Licht ist gekommen.“ Das hat unsere Nacht erhellt und es wird niemals verlöschen in der Welt.

 

*  *  *  *  *

 



[1] 1. Johannes 3, 8

[2] Deutscher Lyriker (1919 – 1967)

[3] Epheser 2, 14

[4] Schmuck – Anm. des Schreibers.

[5] Schmuggelware – Anm. des Schreibers.

[6] beschlagnahmungswürdigen – Anm. des Schreibers.

[7] Die Zahl 500.000 erscheint etwas hoch gegriffen. Die offizielle Zahl der Abtreibungen in Deutschland im Jahr 2014 betrug ca. 99.000. In den neunziger Jahren lag die Anzahl bei ca. 130.000. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl der Kindstötungen im Mutterleib höher liegt. – Anm. des Schreibers.

[8] Es geht um den DDR-Oppositionellen, CDU-Politiker, langjährigen sächsischen Justizminister und evangelischen Theologen Steffen Heitmann. Die Kabarettisten Hans Scheibner und Richard Rogler hatten sich im Herbst 1993 in der ARD-Reihe „Nachschlag“ den Kandidaten der CDU für das Amt des Bundespräsidenten und bekennenden Abtreibungsgegner Heitmann „vorgenommen“. Sie antworteten auf die Äußerung Heitmanns „Hätte meine Mutter so gedacht wie viele Frauen heute, ich wäre nicht auf der Welt“ mit der Bemerkung „Ja, schade Frau Heitmann, den Bundespräsidenten hätten Sie rechtzeitig verhindern können.“ Heitmann selbst schwieg zu dieser enormen Geschmacklosigkeit, seine Parteifreunde gingen allerdings juristisch gegen die ARD vor. In der Folge wurde Heitmann vom grün-rot dominierten Medienkomplex mit einer Hetzkampagne überzogen. Die „Süddeutsche Zeitung“ brachte auf ihrer Titelseite ein Bild Heitmanns, das ihn als einen blutrünstigen SS-Schergen zeigte. Angesichts dieser Hetzjagd verzichtete Heitmann im November 1993 auf seine Kandidatur. Der Fall darf getrost als Beispiel für die fatale Wirkung der Einflussnahme linker Medien genommen werden. Heitmanns Interview in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 18.September 1993 zeigt eine bemerkenswerte Weitsicht, angesichts der Lage im Jahr 2016. Heitmann trat 2015 aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung aus der CDU aus. – Anm. des Schreibers