Unser geistlicher Kampf – Epheser 6

Herbert Jantzen

 

(Gesamtartikel aus Unterwegs notiert, 2002

 

 

 

Diese Verse bilden den letzten Hauptabschnitt im Epheserbrief. Zwei Beobachtungen sollen uns in ihn einführen.

    Zum einen spricht der Apostel vom Leben der Gemeinde Jesu Christi in der geistlichen Sphäre. Diese wird im Epheser­brief “das Himmlische” (od.: “die himmlischen Bereiche”; od.: “der himmlische Raum”) genannt. Der Epheserbrief beginnt und endet mit einem Hinweis auf dieses “Himmlische”. Gemäß 1, 3 haben wir dort unsere Segnungen. Gemäß 6, 10-12 ist dort auch unser Feind.

    Die “himmlischen Bereiche” sind die geistliche Welt. Dort findet unser Kampf statt. Er ist ein geistlicher Kampf, weil er in der geistlichen Sphäre gefochten wird.

    In Vers 12 sagt Paulus: Wir kämpfen “gegen die Geisterwesen im himmlischen Raum”. Auch in der deutschen Sprache spricht man von einem “badi­schen Raum”, von einem “norddeutschen Raum”. Hier ist es der himmlische, also der geistliche Raum, in welchem gekämpft wird. Es ist der Raum der unsichtbaren Welt, der Bereich, in dem die Geister wohnen.

    Es gibt zwei Welten: die Geisteswelt und die greifbare, sichtbare Welt. Der Mensch lebt als einziges Wesen, das Gott geschaffen hat, in beiden Welten, in der sichtbaren wie in der unsichtbaren. In der himmlischen Welt - der Geisteswelt - wohnt der Mensch mit seinem Geiste. Gott verwendet Bilder, um das zu verdeutlichen, was der Mensch mit dem irdischen Auge nicht sieht, was er aber mit seinem geistlichen Auge sehen möchte.

 

    Den Begriff “das Himmlische” treffen wir im Epheserbrief fünfmal an:

 

1, 3: “Gelobt sei Gott, … der uns durch Christus mit jedem geistlichen Segen in den himmlischen Bereichen segnete.”

Wir sind Gesegnete, gesegnet im Himmlischen, in (od.: durch) Christus.

 

1, 20: “… er weckte ihn ja auf von den Toten, und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Bereichen”.

Dort ist Christus hingegangen. In Bethlehem trat er als Mensch in die sichtbare Welt ein. Bei der Himmelfahrt kehrte er wieder in die geistliche zurück. Er musste nicht viele Lichtjahre zurücklegen. Er brauchte sich lediglich der Sichtbarkeit zu entziehen; dann war er verschwunden. Das geschah mittels einer Wolke (Apostelgeschichte  1, 9). Aber er ging nicht weit weg. Später brauchte er diesen Vorhang nur ein wenig beiseite zu ziehen, sodass einige ihn sehen konnten. Zum Beispiel sah ihn Stephanus bei seiner Steinigung (Apostelgeschichte  7), Saulus vor Damaskus (Apostelgeschichte  9). Jesus war räumlich immer nahe. Das wussten die Jünger. Deshalb waren sie so beglückt und haben so gejauchzt, als sie im Tempel beisammen waren (Lukas  24, 52-53) oder in den Häusern zusammen aßen, beteten und sangen (Apostelgeschichte  2, 46-47). Jesus war nicht weit entfernt. Er war auferstanden! Er saß mit ihnen (Lukas  24, 30.36), ging mit ihnen (Lukas  24, 15), lebte mit ihnen (Johannes  21, 4; Markus  16, 20). Darüber freuten sie sich.

 

2, 6: “… und er brachte uns zusammen mit ihm zur Auferweckung und setzte uns zusammen mit ihm in den himmlischen Bereichen in Christus

Diese Stelle ist sehr bedeutungsvoll. Gott hat uns mitauferweckt – mit Christus –, und mit Christus sind wir auch ins “Himmlische” versetzt worden. Christus sitzt zur Rechten des Vaters, neben dem allmächtigen Gott, als Herrscher des Weltalls, und wir sitzen mit ihm und in ihm dort im Himmlischen.

 

3, 8-10: “Mir – geringer denn ein Geringster von allen Heiligen – wurde diese Gnade gegeben, unter denen, die von den Völkern sind, die gute Kunde von den unausforschlichen Reichtümern Christi zu sagen und alle darüber zu erleuchten, was die Gemeinschaft des Geheimnisses sei, das von Ewigkeit her in Gott verborgen gewesen ist, der alles durch Jesus Christus schuf

Paulus weist hier darauf hin, dass die Geburten heimlich geschehen. Auch die Schöpfung liegt im Geheimen. Wir wissen auch nicht, wo das Böse herkommt. Es liegt einfach im Geheimen. Die Empfängnis geschieht in der Stille. So liegen auch die geistlichen Ursprünge im Verborgenen, in Gott. Aber die Entwicklung, die Verwirklichung der Gedan­ken Gottes, die sehen wir. Der griechische Ausdruck für Wort (“logos”) verbindet Gedanken und Vorhaben mit dem Sichtbaren. Jesus Christus ist das Wort. Er ist Gedanke und Vorhaben Gottes. Er ist sichtbar geworden in Leben und Reden. Welch ein großes Wort ist das! Von Ewigkeiten her war er verborgen in dem Gott, der al­les erschuf, damit nun den Erstrangigen und Autoritäten [d.i. den guten Gei­stern, den Engeln] in den himmlischen Bereichen durch die Gemeinde die sehr mannigfaltige Weisheit Gottes kund würde”.

 

Wunderbare Wahrheiten werden in diesem einen Vers zusammengefasst. (Deshalb sollen wir uns Zeit nehmen, darüber nach­zudenken. Daher ist es auch gut, wenn wir unsere Gedanken auf Papier festhalten, damit sie uns nicht davon laufen.)

6, 11.12: “Die volle Rüstung Gottes sei angetan, damit ihr gegen die listigen Vorgehensweisen des Teufels stehen könnt, weil bei uns der Kampf, das Ringen, nicht gegen Blut und Fleisch gerichtet ist, sondern gegen die Erstrangigen, gegen die Autoritäten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen Wesen der Bosheit in den himmlischen Bereichen.”

 

    In diesen fünf Vorkommnissen haben wir also:

·      Ein Gesegnetsein mit allen Segnungen in Christus im Himmlischen (1, 3)

·      Ein Sitzen Christi im Himmlischen (1, 21)

·      Ein Sitzen mit Christus im Himmlischen (2, 6)

·      Gottes Offenbarung vom Himmlischen (und durch uns in die Sichtbar­keit übertragen) (3, 9.10)

·      Unsere Begegnung mit dem Bösen “im Himmlischen” - im Raum des Geistes (6, 12)

 

A. Einleitendes

Der Epheserbrief beginnt mit Segnungen und endet mit Kampf. Diese Verse bilden den letzten Hauptabschnitt.

Zwei Beobachtungen sollen als Einführung dienen:

Zum einen spricht der Apostel vom Leben der Gemeinde Jesu Christi in der geistlichen Sphäre. Diese wird im Epheserbrief »das Himmlische« (oder »die himmlischen Bereiche«; »der himmlische Raum«) genannt. Der Epheserbrief beginnt und endet mit einem Hinweis auf dieses »Himmlische«. Gemäß 1, 3 sind wir gesegnet mit jedem Segen »in den himmlischen Bereichen«. Gemäß 6, 10‑12 ist bei uns der Kampf »gegen die geistlichen Wesen der Bosheit in den himmlischen Bereichen«.

Die »himmlischen Bereiche« sind die geistliche Welt. Unser Kampf ist ein geistlicher Kampf, weil er in der geistlichen Sphäre gefochten wird, im Raum der unsichtbaren Welt.

Es gibt zwei Welten: die Geisteswelt und die greifbare, sichtbare Welt. Der Mensch lebt als einziges Wesen, das Gott geschaffen hat, in beiden Welten, in der sichtbaren wie in der unsichtbaren. In der himmlischen Welt – der Geisteswelt – wohnt der Mensch mit seinem Geist. (Gott verwendet Bilder, um das zu verdeutlichen, was der Mensch mit dem irdischen Auge nicht sieht, was er aber mit seinem geistlichen Auge sehen möchte).

Den Begriff »das Himmlische« treffen wir im Epheserbrief fünfmal an:

1, 3: »Gelobt sei Gott, ... der uns durch Christus mit jedem geistlichen Segen in den himmlischen Bereichen segnete«.

1, 20: »... er weckte ihn ja auf von den Toten, und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Bereichen«. Dort ist Christus hingegangen. In Bethlehem trat er als Mensch in die sichtbare Welt ein, bei der Himmelfahrt kehrte er wieder in die geistliche zurück. Er musste nicht viele Lichtjahre zurücklegen. Er brauchte sich lediglich der Sichtbarkeit zu entziehen; dann war er verschwunden. Das geschah mittels einer Wolke (Apostelgeschichte 1, 9). Aber er ging nicht weit weg. Später brauchte er diesen Vorhang nur ein wenig beiseite zu ziehen, sodass einige ihn sehen konnten. Zum Beispiel sahen ihn Stephanus bei seiner Steinigung (Apostelgeschichte 7) und Saulus vor Damaskus (Apostelgeschichte 9). Jesus war räumlich immer nahe; das wussten die Jünger. Deshalb waren sie so beglückt und freuten sie sich so, als sie im Tempel beisammen waren (Lukas 24, 52.53) und in den Häusern zusammen aßen, beteten und sangen (Apostelgeschichte 2, 46.47). Christus war nicht weit entfernt. Er war auferstanden! Er saß mit ihnen (Lukas 24, 30.36), ging mit ihnen (24, 15), lebte mit ihnen (Johannes 21, 4; Markus 16, 20).

2, 6: »... und er brachte uns zusammen mit ihm zur Auferweckung und setzte uns zusammen mit ihm in den himmlischen Bereichen in Christus«. Gott hat die Seinen mit Christus auferweckt, und mit Christus sind wir auch in die »himmlischen Bereiche« versetzt worden. Christus sitzt zur Rechten des Vaters als Herrscher des Weltalls; und wir sitzen mit ihm und in ihm dort.

3, 8‑10: »mir ... wurde diese Gnade gegeben, unter den Heidenvölkern die gute Botschaft von dem unausforschlichen Reichtum Christi zu sagen und alle darüber zu erleuchten, was die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von Ewigkeit her in Gott verborgen gewesen ist, der alles durch Jesus Christus schuf, damit nun den Erstrangigen und Autoritäten (d. i.: den guten Geistern, den Engeln) in den himmlischen Bereichen durch die Gemeinde die sehr mannigfaltige Weisheit Gottes kundwürde«.

6, 11.12: »Die volle Rüstung Gottes sei angetan, damit ihr gegen die listigen Vorgehensweisen des Teufels stehen könnt, weil bei uns der Kampf, das Ringen, nicht gegen Blut und Fleisch gerichtet ist, sondern gegen die Erstrangigen, gegen die Autoritäten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen Wesen der Bosheit in den himmlischen Bereichen.«

In diesen fünf Vorkommnissen haben wir: ein Gesegnet‑Sein mit allen Segnungen in Christus im Himmlischen (1, 3), ein Sitzen Christi im Himmlischen (1, 21), ein Sitzen der Gläubigen mit Christus im Himmlischen (2, 6), erstrangige Engel im Himmlischen (3, 9.10) und Weltbeherrscher der Finsternis »im Himmlischen« – im Raum des Geistigen (6, 12).

Es ist schwierig, aus den genannten Versen Genaueres über jene »himmlischen Bereiche« zu sagen. Es scheint, dass es in jenen »himmlischen Bereichen« Abstufungen bzw. verschiedene »Welten« (Licht, Finsternis) gibt.

Sicher ist, Paulus will uns in diesem letzten Abschnitt des Epheserbriefes die Augen öffnen, damit wir wissen, mit welchem »Feind« wir es zu tun haben. Wir gehen nicht blindlings in diesen Kampf. Wo immer wir hinkommen und was immer wir tun, ob wir allein sind oder es mit Menschen zu tun haben, immer haben wir es gleichzeitig mit einer geistlichen Welt zu tun. Wenn wir das Wort Gottes weitergeben, wenn wir Auseinandersetzungen haben, ein Zeugnis für den Herrn ablegen, müssen wir wissen: Wir haben es nicht mit Fleisch und Blut zu tun, sagt Paulus, sondern mit einer geistlichen Macht, die dahintersteht und uns widerstehen will.

Der Epheserbrief beginnt und endet mit einem Blick in die himmlischen »Bereiche«. In Kapitel 1 sehen wir den dreieinigen Gott am Portal des Himmlischen, wie er uns mit himmlischen Gütern beschenkt; in Kapitel 6 wird uns gezeigt, dass wir einen Kampf haben mit bösen Geistern in den himmlischen Bereichen. Aber Gott ist für uns. Daher vermag derjenige, der gegen uns ist, nichts auszurichten.

Eine zweite Beobachtung mag uns helfen, diesen Abschnitt zu verstehen:

Das Heil, mit dem Gott uns beschenkt und das in Kapitel 1 ‑ 3 beschrieben wird, verschafft uns die Mitgliedschaft in seiner Gemeinde, in seiner Familie. Dieses Heil erlöst uns aber auch aus dem Bann, in dem sich die menschliche Gesellschaft befindet. Christen sind Menschen, in denen die Wurzeln zu dieser Gesellschaft abgeschnitten sind. Sie sind aus dem Bereich der Finsternis »in das Königreich des Sohnes seiner Liebe« versetzt worden (Kolosser 1, 13). Es gibt also einen geistlichen Bereich des Sohnes (und daher des Lichtes, Kolosser 1, 12E) und einen geistlichen Bereich der Finsternis. Von jenem Bereich der Finsternis ist hier in Epheser 6 die Rede. Kraft unserer Bindung an das Reich des Lichts sind wir aus dieser Gesellschaft des Bösen herausgelöst worden und haben ein gänzlich neues Verhältnis zu dieser Welt.

Wer himmlisch gesinnt ist, ist tauglich in dieser Welt wirkungsvoll zu leben. Wer im falschen Sinne »geistlich« gesinnt ist (d. h. mit dem Bereich des Bösen in Verbindung steht), ist auf Erden untauglich. Wer nahe bei Gott lebt, wird in der diesseitigen, greifbaren Welt realistisch vorgehen können.

Das Heil Gottes verleiht uns in Christus eine neue Stellung im geistlichen Raum. Es durchdringt die Gemeinde Jesu, es durchdringt das Leben des Christen in seiner menschlichen Gesellschaft, und es löst ihn los von den Bindungen an die Sphäre des Feindes und verschafft ihm ein neues Verhältnis zu Jesus Christus. Die Gemeinde der Gerufenen ist für den Geretteten sein »Zuhause«, die Gesellschaft der Menschen ist sein »Arbeitsplatz«. (Dort wird der wahre Charakter herausgefordert; da darf nicht die Finsternis das Licht bestimmen, sondern das Licht bricht in die Finsternis hinein.) Und die Sphäre der Geister ist die äußerste Front seines Lebens.

Der zweite Teil des Briefes an die Epheser (Kapitel 4 ‑ 6) handelt vom Wandel der Geretteten (1.) in der Gemeinde der Gerufenen, (2.) in der Gesellschaft der Menschen und (3.) in der Welt der Geister. Dieses alles spielt sich in der Praxis gleichzeitig ab, nicht nacheinander.

In der Sphäre der Geister geschieht ein Kampf – immer und überall, ob in der Versammlung der Gemeinde oder in der Gesellschaft der Welt. Zum Beispiel, wenn wir versammelt sind, ist es ein Ziel des Feindes, dass die Hörer der Botschaft daran gehindert werden, das Wort aufzunehmen, es zu verstehen und ihm zu gehorchen. Aber auch der Heilige Geist wirkt! Er will die Herzen der Hörer öffnen, sodass sie sein Wort empfangen können. Er will sie erleuchten, sodass sie es verstehen. Er will sie zum Gehorsam bewegen und ihnen helfen, sodass Gott in ihrem Leben geehrt wird. Deshalb ist es so wichtig, für den Prediger und für die Hörer zu beten.

Wir sollen regelmäßig für die Wortverkündiger beten, dass sie Gottes Wort so weitergeben, dass folgende drei Dinge geschehen können: Erbauung der Gemeinde, Zeugniskraft in der Gesellschaft und Loslösung von Bindungen an die Sphäre des Feindes. Und wir sollen beten, dass während der Verkündigung allen geholfen wird, Gottes Wort zu empfangen und dann hinauszutragen.

Es gibt außerhalb des Epheserbriefes eine Anzahl von Hinweisen, die uns helfen, diesen letzten Teil (Epheser 6, 10‑20) besser zu verstehen. Sie zeigen, dass der Dienst des Apostels in Ephesus mit schweren Kämpfen verbunden war. Diese Erlebnisse nimmt er als Anlass zu dieser Ausführung über den Kampf des Christen, der sich nicht gegen Fleisch und Blut richtet, sondern gegen Fürsten und Gewaltige, gegen die bösen Mächte in der geistigen Sphäre. Paulus kann aus eigener Erfahrung sprechen.

Aus Apostelgeschichte 19 und 20 sehen wir, wie er in Ephesus mit bösen Geistern kämpfen musste, mit dem Götzendienst der Heiden und mit dem Fanatismus religiöser Menschen. An jeder Front musste er sich stellen. Gott ließ ihn Erlebnisse durchmachen, um geistliche Wahrheiten zu erkennen, die er dann in der Kraft und durch Eingebung des Heiligen Geistes anderen weitergeben konnte. Von Ephesus aus schrieb er den Brief an die Korinther. In 1. Korinther 15, 30‑32 schreibt er: »Warum stehen auch wir stündlich in Gefahr? Täglich sterbe ich– ja, [so gewiss] unser Ruhm, den ich in Christus Jesus, unserem Herrn, habe! Wenn ich in Ephesus nach Menschenweise mit wilden Tieren kämpfte, was nützt es mir, wenn Tote nicht erweckt werden? Wir dürften [dann] essen und trinken, denn ›morgen sterben wir‘!« Paulus sagt gleichsam: »Bei euch in Ephesus habe ich diesen Kampf, von dem ich spreche, persönlich erlebt.«

An seinen eigenen Erlebnissen zeigte ihm Gott etwas von dem geistigen Kampf, durch den die Gemeinde Jesu gehen muss. Das half ihm, diesen Kampf zu verstehen und befähigte ihn durch die Erleuchtung des Geistes, darüber zu schreiben. Wenn wir diesen Abschnitt besprechen, wollen wir uns seine Kämpfe in Ephesus vergegenwärtigen, um unsererseits den Kampf im Leben des Apostels zu verstehen.

Gerade von Ephesus aus schreibt Paulus an die Korinther (1. Korinther 4, 9‑13): »..., denn ich denke, dass Gott uns, die Apostel, als Letzte zur Schau stellte, als zum Tode Bestimmte, weil wir vor der Welt – vor Engeln und vor Menschen – ein Schauspiel wurden. Wir sind Törichte, Christi wegen, ... Wir sind Schwache, ... wir sind ohne Ehre. Bis zur gegenwärtigen Stunde leiden wir Hunger und Durst und sind unbekleidet, und wir werden mit Fäusten geschlagen und sind Heimatlose und arbeiten, wirken mit den eigenen Händen. Geschmäht, segnen wir. Verfolgt, ertragen wir es. Gelästert, geben wir Zuspruch. Wie Kehricht der Welt sind wir geworden, abgewischter Schmutz aller – bis jetzt.« In 2. Korinther 6, 4.5 schreibt er: »In allem weisen wir uns aus als Diener Gottes, in viel Ausdauer– unter Druck, in Nöten, in Ängsten, unter Schlägen, in Gefängnissen, in Aufruhr, in Arbeiten ›und Mühen‹, in Wachen, in Fasten; ...«. Und in 2. Korinther 11, 23.26.27 »..., in Schlägen über die Maßen, in Gefangenschaften reichlicher, in Todessituationen oft. ... oft auf Reisen, in Gefahren auf Flüssen, in Gefahren von Räubern, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Heiden, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern, in Arbeit und Mühe, in häufigem Wachen, in Hunger und Durst, in häufigem Fasten, in Kälte und Blöße.«

Diese Worte lassen uns in ein Leben voll Entbehrung und Verfolgung blicken. Seine Lage war oft niederdrückend und erbärmlich. In Ephesus musste er täglich auf den Tod gefasst sein. Zu den üblichen Gefahren und zu dem Menschenhass kam die übermächtige, entfesselte Wut einer dämonischen Welt. So können wir verstehen, wenn er schrieb (Epheser 6, 12): »Bei uns ist der Kampf nicht gegen Blut und Fleisch, sondern gegen die Erstrangigen, gegen die Autoritäten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen Wesen der Bosheit in den himmlischen Bereichen.«

Was brauchen wir in diesem Kampf? Paulus gibt vor allem vier Befehle:

·         Die erste Aufforderung: »Werdet gekräftigt!«: Vers 10

·         Die zweite Aufforderung: »Die Kampfrüstung sei angetan!«: Verse 11‑13

·         Die dritte Aufforderung: »Steht also!«: Verse 14‑17

·         Die vierte Aufforderung: »Und betet!«: Verse 18‑20

B. Die erste Aufforderung: »Werdet gekräftigt!«  6, 10

»Im Weiteren, meine Brüder: Werdet innerlich gekräftigt im Herrn und in der Macht seiner Stärke.«

1. Der Ort der Aufforderung

»Im Weiteren, ...«

Der Apostel beginnt seine Anweisungen mit dem Ausdruck »im Weiteren«, »für den Rest«, »was das Gebliebene betrifft« bzw. »zuletzt«. Das griechische Wort für »im Weiteren« könnte man zwar auch mit »im Übrigen« übersetzen, aber das will Paulus nicht sagen. Er will nicht nur noch einen »Rest« anfügen und den Eindruck erwecken, als ob das Folgende weniger wichtig wäre als das bisher Geschriebene. »Im Weiteren« ist ein Ausdruck, mit dem Paulus auf etwas Wichtiges hinweist, das es noch hinzuzufügen gilt, egal, wie viel Zeit oder wie viel Papier es brauchen mag. Es wäre noch viel zu sagen, aber das nun Folgende soll das Bisherige sinnvoll abschließen. Es ist die Krönung des bisher Geschriebenen.

Paulus hat in Epheser  4‑6 Ausrichtungen, Motivationen und praktische Anweisungen für den Wandel in der Gesellschaft gegeben. Jetzt aber nimmt er gleichsam die Kulisse weg und zeigt uns, was hinter den Problemen in diesen mitmenschlichen Beziehungen steckt. Er zieht gleichsam den Schleier weg und zeigt uns, dass hinter diesem Vordergründigen ein Feind ist, mit dem wir es immer zu tun haben, während wir in der Gemeinde leben und dienen und in der Welt, in der Familie, am Arbeitsplatz unser Leben führen. Er öffnet uns die Augen. Es ist als ob er sagen will: »Als letztes möchte ich euch ein Geheimnis zeigen. Und wenn ihr an dieser Stelle nicht klarkommt, werdet ihr auch in anderen Bereichen nicht klarkommen.«

Manch ein Gemeindeproblem bleibt ein Rätsel, weil man nicht weiß, was hier letztlich geschieht. Auch in der Familie steht man oft vor einem Geheimnis. Man fragt sich: »Was geschieht hier eigentlich? Wie konnte das nur passieren?« Es ist geheimnisvoll – bis man Epheser  6 liest.

Die Verse 10 bis 20 führen uns hinter die Kulissen der Bühne unseres Heilslebens in dieser Welt. Wir bewegen uns in dem vernehmbaren Bereich dieser Welt, aber hinter den Kulissen geschieht noch etwas anderes. Wir merken, dass es einen unsichtbaren Feind gibt, der hier die Möglichkeit hat, ins Spiel zu kommen. Dann gehen einem die Augen auf für eine andere Welt. Der Feind bleibt aber unsichtbar. Nun ist die Frage, wie wir in diesem Kampf mit einem Feind, den wir nicht sehen, vorgehen sollen.

Im Geiste ist die Heilsgemeinde im Himmel (Kapitel 1‑3), aber im Fleisch ist sie noch auf der Erde (Kapitel 4‑6). Noch wird sie vom Feind angefochten, doch der Sieg ist da, denn in Christus ragt sie über den Feind hinaus. Die Gemeinde ist mit Christus über jeden Namen (1, 19‑23). Christus hat durch seine Auferstehung und Himmelfahrt eine Stellung eingenommen, die höher ist als jede Macht, Person und Stellung. Da wir in Christus sind, ist dies auch unsere Stellung. In Christus ist der Sieg über jeglichen Feind gesichert. Aber wir müssen wissen, dass uns auf unserem Pilgerweg Auseinandersetzungen nicht erspart bleiben.

Dieser Kampf der Gemeinde, wie Gott ihn hier zeigt, wird auf zwei Ebenen (bzw. in zwei Richtungen) zugleich ausgefochten: einerseits in der Auseinandersetzung mit dem Feind (Verse 10-17) und andererseits in der Verbindung mit dem Hauptquartier (Verse 18-20).

2. Die Angesprochenen

»meine Brüder:«

An der Anrede »... meine Brüder« erkennt man die Liebe des apostolischen Propheten.

Kinder, die wissen, dass sie geliebt werden, nehmen das, was ihnen gesagt wird, viel eher an. Paulus liebt seine Leser, auch die, die ihm unbekannt sind. Deswegen kann er ihnen so schreiben. Dieser Text ist der Gemeinde Jesu aus Liebe geschenkt worden. Als Geliebte des Apostels nehmen wir ihm das Wort gerne ab. Aber vor allem sind wir von unserem Herrn geliebt, der diesen Apostel gebrauchte, um uns in seiner Liebe dieses Wort zu geben.

Nur »Brüder«, d. h. nur Geschwister in Christus können diesen Kampf kämpfen. Was hier geschrieben steht, ist für Christen.

Alle Geschwister in Christus stehen in diesem Kampf. Hier sind alle angesprochen. Paulus stellt sich auf ihre Ebene. Er selbst kämpft und wird bis ans Ende so zu kämpfen haben, wie er es hier beschreibt. Erst gegen Ende seines Lebens darf er schreiben (2.Tim 4, 7): »Ich habe den edlen Kampf gekämpft. Ich habe den Lauf vollendet. Ich habe den Glauben bewahrt.« Wir wollen ihm nachfolgen!

3. Der Aufruf

»werdet innerlich gekräftigt«

o.: »Werdet im Inneren gestärkt«, d. h., »lasst euch innerlich stärken, nehmt zu an Kraft im Inneren!«

Paulus beginnt nicht mit den Kampftaktiken des Feindes, sondern mit dem Hinweis darauf, wo die Quelle unserer Kraft ist.

Die Epheser sollen mit Kraft ausgerüstet werden, denn sie selbst können sich nicht stark machen. Auch wir: Wir sind von Natur aus nicht stark, aber wir haben Anteil an der Verantwortung dafür, stark zu werden. Jeder soll es zulassen, dass Gott ihn stark macht. Jeder soll wissen, dass er dafür verantwortlich ist, Kraft zu haben.

Das Wort »werdet gekräftigt« bringt ein Vermögen zum Ausdruck. D. h., Christen sollen so stark werden, dass sie imstande werden, das zu tun, was sie zu tun haben.

Ohne Jesus können wir nichts tun (Johannes 15, 5). Das heißt nicht notwendigerweise, dass wir mit ihm alles tun können, sondern mit ihm können wir tun, was er getan haben will, und zwar alles das, was er von uns getan haben will.

Wir dürfen die Verantwortung für unser Sündigen nie abschieben – weder auf unsere Laune noch auf unseren körperlichen Zustand (ob wir müde, krank sind oder unsere »Tage« haben) noch auf unsere Umgebung. Wie schwierig der Nächste auch sei. Nichts ist eine Entschuldigung für unser Sündigen. Es ist immer genügend Gnade vorhanden, der Sünde zu widerstehen.

Jesus sagt zum Apostel Paulus (2. Korinther 12, 9): »Es genügt dir meine Gnade«. Seine Gnade reicht aus für uns. (Nb.: Das Verb steht hier nicht in der Befehlsform, sondern in der Wirklichkeitsform. Der Herr sagt nicht: »Lass dir an meiner Gnade genügen!« Luther übersetzte hier nicht richtig. Nicht mit einem Befehl, sondern mit einer Zusage haben wir es zu tun.) Der Herr sagt Paulus gleichsam: Unabhängig davon, ob die Anfechtung weggenommen wird oder bleibt, es ist immer genügend Gnade vorhanden – sei es die Gnade der Durchhilfe oder die Gnade der Abhilfe. Sei es, dass der Herr uns durch die Situation hindurch hilft, sei es, dass er Abhilfe schafft; wir brauchen für beides Gnade.

»innerlich« Der Kampf findet im Inneren statt – nicht im Äußeren, nicht mit Fleisch und Blut. Der Christ muss Jesus treu bleiben, er muss innerlich stark sein. Das ist wichtiger als äußerlich stark zu sein.

Es ist nicht verkehrt, Muskeltraining durchzuführen, zu joggen und für den Leib zu sorgen, aber der Leib des Menschen ist im Vergleich zu seinem Geist nicht so wichtig. Der Leib ist zwar wichtig als Behausung des Geistes; er ist Eigentum des Herrn, ein Tempelheiligtum Gottes. Wir sollten das nicht vergessen. Oft ist es so, dass wir essen, was wir wollen und mit dem Leib tun, wozu wir Lust haben, dabei aber vergessen, dass der Leib nicht uns gehört. Er ist wichtig, ja, aber dennoch relativ unwichtig im Verhältnis zur Ewigkeit. Deshalb ist die leibliche Übung im Verhältnis zur eigentlichen (d. i.: geistlichen) Persönlichkeit »zu wenigem nützlich« (1.Tim 4, 8) – der Geist ist es, auf den es ankommt.

Innerlich sollen wir gekräftigt werden. Der »äußere Mensch« verfällt, der innere jedoch darf Tag für Tag erneuert werden (2. Korinther 4, 16).

4. Der Ort der Kräftigung

»im Herrn«

Wie soll das Starkwerden geschehen?

Das Schlüsselwort ist »in«: im Herrn ist die Kraftquelle. Das Wort könnte auch mit »durch« übersetzt werden: »Erstarkt durch den Herrn; werdet stark durch die Macht seiner Stärke!« (Vgl. 2.Tim 2, 1: »Du nun, mein Sohn, erstarke in der Gnade, die in Christus Jesus ist.« Timotheus soll direkt durch Jesus Christus erstarken, der ihm Gnade geben wird. »Gnade« ist die geschenkweise Vermittlung von Fähigkeit, zu leben und zu handeln.)

Die Kraft ist bereits vorhanden: Sie ist im Herrn. Daher soll die Verbindung mit dem Herrn aufrechterhalten werden. Wenn die Kraft nicht im Herrn ist, nützt die Rüstung nichts. Die Rüstung können wir nur in der Kraft des Herrn gebrauchen. Nur wenn wir mit ihm in Verbindung bleiben, sind wir stark. Dann kann keine Situation uns überwältigen; dann müssen wir nicht sündigen, sei das Problem noch so »geheimnisvoll«. Dann können wir ruhig bleiben in ihm. Die Quelle unserer Kraft ist dann der Herr. Sie ist nicht unsere Kraft. »In unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren. Es kämpft für uns der rechte Mann, den Gott selbst hat erkoren.« (Luther, »Ein feste Burg«) Dann ist sein Können unser Können, sein Vermögen unser Vermögen. Wir brauchen nicht in uns selbst stark zu sein. Die Stärke kommt dadurch, dass wir uns mit ihm in Verbindung setzen. Je unmittelbarer unsere Verbindung mit ihm ist, desto mehr Stärke haben wir. Er ist Herr der ganzen Lage, hat alles in seiner Hand. (Vgl. Offenbarung 4, 2ff: Da sehen wir Gott auf dem Thron sitzen; er lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen.)

Bei dieser Kraft handelt es sich um eine unübertreffliche. Paulus sagt (Philipper 4, 13): »Ich bin stark für alles in dem, der mich ›stets‹ innerlich kräftigt, Christus.« Und David sagt (Psalm 18, 30): »Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen«.

»im Herrn« heißt: »... in demjenigen, der Herr ist«. Das Wort »Herr« ist in deutschen Ohren billig geworden. Aber hier ist mit »Herr« der Adonai (hebr. für »mein Herr, mein Gebieter«) des Alten Testaments gemeint, der Gott des Himmels und der Erde, derjenige, der befehlen darf. Wenn er spricht, geschieht es. Paulus betet (Kolosser 1, 9), dass die Christen in Kolossä »erfüllt« sein möchten »mit der Erkenntnis seines Willens«. Er wünscht, Gottes Wille möchte sie in jeder Ecke ihres Lebens bestimmen. Wenn wir von Gottes Willen bestimmt sein wollen, haben wir den Herrn auf unserer Seite und dürfen in ihm stark sein.

Bedenken wir, dass diese Waffenrüstung für uns selbst ist, nicht für den anderen. Oft möchten wir im Leben von anderen Christen etwas erreichen. Wir beten für sie, aber wir haben es nicht in der Hand, dass sie sich ändern. Aber dass wir uns ändern, dazu ist genügend Kraft vorhanden. Und da können wir etwas erreichen. Wir sind es, die nun stark werden sollen. Die Kraft ist für uns selbst da, und in Bezug auf uns ist sie sehr wirkungsvoll.

»gekräftigt in der Macht seiner Stärke.«

Paulus reiht drei Wörter aneinander: Kraft, Macht und Stärke. Er liebt es, solche Ausdrücke aufzuhäufen. Er will seine Leser von der Kraft ihres Herrn überzeugen.

·         »Macht« hat mit Regierungsmacht Gottes zu tun. Dabei liegt die Betonung auf dem Können, das sich durchsetzt.

·         »Stärke« hat mit Standhaftigkeit zu tun; sie ist gleichsam die Fähigkeit, standhaft zu bleiben.

·         »Gekräftigt« ist vom Hauptwort »Kraft« (griech.: dünamis) abgeleitet. Dünamis ist »Können, Fähigkeit«. Paulus sagt: »Werdet innerlich so, dass ihr fähig seid, das Geforderte zu tun!«

Wenn wir stark werden sollen, so lassen wir uns durch Paulus auf die Stärke Christi hinweisen. Wir werden stark, wenn wir uns an Christi Person und Stärke orientieren. Von Jesus heißt es (Lukas 4, 1), dass er »voll des Heiligen Geistes« war und »durch den Geist in die Wüste geführt« wurde. Dort wurde er vom Teufel versucht. Danach heißt es: »Und Jesus kehrte in der Kraft (dünamis) des Geistes zurück nach Galiläa« (Lukas 4, 14).

Die Kraft ist bereits vorhanden. Hier ist ein PKW, gewaschen und startfertig. Die potentielle (mögliche) Kraft ist vorhanden, aber die Energie entwickelt sich erst in dem Moment, in dem man das Getriebe einschaltet und auf den Gashebel drückt. Erst wenn die kinetische (bewegende) Kraft eintritt, weiß man, wie es um die potentielle Kraft bestellt ist. Durch die kinetische Kraft wird die potentielle gemessen.

Jesus Christus hat seine Kraft in der Fülle des Heiligen Geistes gezeigt. Im Heiligen Geist lag die Macht seiner Stärke. Der Geist war die Macht, die für Christus Stärke bedeutete. Wenn Sie und ich stark werden wollen, muss dieselbe Macht, derselbe Geist, in uns zur Entfaltung kommen. Die Voraussetzung zum Starkwerden ist: mit dieser Kraft voll zu sein. Voll dieser Kraft zu sein, genügt jedoch nicht. Wir müssen uns Christus öffnen und ihn zur Entfaltung kommen lassen! Er ist wie ein Strom, der gedämmt ist. Die potentielle Energie muss in kinetische umgewandelt werden. Der Damm muss gebrochen bzw. der Motor eingeschaltet und das Gaspedal getreten werden.

Wie tun wir das? Gehen wir dazu über, seinen Willen zu tun! Seien wir gehorsam! Er wird mit seiner Kraft da sein, ob wir es spüren oder nicht!

Die Kraft ist vorhanden, und wir sollen in ihr gekräftigt werden. Sie braucht nicht erst erbeten zu werden. Aber wir müssen beten, um sie in Anspruch zu nehmen. Die Kammer im Haus meines Lebens ist voll von den Gütern meines Herrn, aber ich muss um Gnade beten, um vom Regal zu holen, was ich brauche. Auch zu diesem Akt des Glaubens brauche ich Gnade, denn ich vergesse dies so schnell. Ohne die Gnade des Herrn sind wir nicht imstande, diese kleinsten Schritte durchzuführen.

Diese Gnade, diese Kraft, wollen wir nicht haben, um uns eigensinnig und eigenwillig selbst durchzusetzen. Nicht dazu ist diese Kraft vorhanden. Nein, wir wollen die Schwachen bleiben! Jesus erinnert Paulus (2. Korinther 12, 9): »Meine Gnade reicht aus für dich, denn meine Kraft kommt an der Stelle der Schwachheit zur Vollendung.« Daher konnte Paulus sagen (Vers 10): »Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.«

C. Die zweite Aufforderung: »Die ganze Rüstung Gottes sei angetan!«  6, 11‑13

11 »Die ganze Rüstung Gottes sei angetan, damit ihr gegen die listigen Vorgehensweisen des Teufels stehen könnt, 12 weil bei uns der Kampf, das Ringen, nicht gegen Blut und Fleisch gerichtet ist, sondern gegen die Erstrangigen, gegen die Machtausübenden, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen Wesen der Bosheit in den himmlischen Bereichen. 13 Nehmt deshalb die ganze Rüstung Gottes, damit ihr am bösen Tage zu widerstehen und, nachdem ihr alles ausgerichtet habt, zu stehen vermögt.«

Beachten wir die Reihenfolge der Aufforderungen. Die erste lautet »Erstarkt!«, die zweite »Zieht an!« Zuerst kommt Muskeltraining, dann Waffentraining.

David wollte Goliath bekämpfen. Saul gab ihm dazu seine Waffenrüstung. Aber damit konnte David nichts anfangen. Er war sie nicht gewohnt. Daher legte er sie wieder ab. Er musste die eigene Waffe, mit der er geübt war, nehmen, um Goliath besiegen zu können.

1. Was angetan sein soll  6, 11

»Die ganze Rüstung Gottes sei angetan, ...«

Sie schließt – im Bilde gesprochen – alles das ein, was ein römischer Soldat für die Kriegführung brauchte. Grundsätzlich besteht die Kampfrüstung aus dem, was zum Schutz dient. Dieser ist nämlich nicht selbstverständlich. Die Tatsache, dass wir in Christus sind, bedeutet nicht, dass wir unverwundbar wären. Auch nachdem wir Christen geworden sind, geht es um Leben und Tod.

a. Die ganze Rüstung

Die ganze Rüstung muss angezogen werden. Es geht um jedes Einzelteil. Wenn nur ein Teil fehlt, sind wir empfindlich und verwundbar. Es gilt auch hier, den Kampf ernst zu nehmen und nicht zu spielen.

b. Gottes Rüstung

Sie ist seine, nicht unsere. Sie wurde uns zur Verfügung gestellt. Nicht wir leisten etwas, sondern er bewahrt uns. Vielleicht denkt Paulus an Jesaja 59, 16.17: »Und er sah, dass kein Mann vorhanden war, und verwunderte sich, dass es keinen Mittler gab. Da half ihm sein eigener Arm, und seine Gerechtigkeit, die stützte ihn. Er legte Gerechtigkeit an wie eine Brustwehr und setzte den Helm des Heils auf sein Haupt, und er umkleidete sich mit Kleidern der Vergeltung.«

Diese Verheißung dürfte sich auf den Messias beziehen. Christus zog unser menschliches Kleid an, aber das göttliche zog er nie aus. Er entkleidete sich zwar, aber nicht seiner göttlichen Eigenschaften. Er blieb gerecht, er blieb der Heilsgott, der retten kann, der unser Heil ist. Und in diesem Gott haben wir Gerechtigkeit als Panzer, Heil als Helm usw.

Wir haben es hier wieder mit Stellvertretung zu tun. Die ganze Waffenrüstung anzuziehen bedeutet, stellvertretend in Christus zu stehen. D. h., es geht nicht um unsere Gerechtigkeit, nicht um unsere Fähigkeit, sondern darum, dass wir uns als absolut Hilflose schützen lassen von dem Allmächtigen – im Messias durch den Heiligen Geist.

2. Wann die Rüstung angetan sein soll  6, 11

Jetzt, denn der Kampf hat bereits begonnen. Wir dürfen nicht zögern. Wir müssen stets kampfbereit sein. Der Kampf hatte schon begonnen, ehe wir auf diese Szene kamen.

In einem gewissen Sinne haben wir sie angezogen, als wir zu Christus kamen und ihn anzogen. Nun aber sollen wir dafür sorgen, dass auch weiterhin nichts fehlt. Wir wollen keine Rückzieher machen, sondern stets in seiner Gerechtigkeit, in seinem Heil, hinter seinem Glaubensschild stehen. Wir dürfen nie ohne Rüstung sein, weder des Nachts noch des Tages, weder in der schönen, geistlichen Atmosphäre von treuen Christen, noch im »dunklen Tal«.

3. Warum die Waffenrüstung angetan sein soll Verse 6, 11.12

Weil jetzt der Kampf stattfindet; weil wir es mit einem Feind zu tun haben. Gott ist unser Freund. Wir sollen die Waffenrüstung unseres Freundes anziehen, damit wir mit seinem Feind, dem Teufel, fertig werden.

Wir teilen nicht nur die Vorteile, sondern auch die Widerwärtigkeiten Gottes. Zu Gott zu kommen heißt nicht nur, seine Besitztümer zu erhalten, sondern auch in seinen Kampf gegen seinen Feind hineingestellt zu werden. Sein Feind wird dadurch auch mein Feind. »Haben sie mich verfolgt«, sagt Jesus, »werden sie euch auch verfolgen« (Johannes 15, 20).

11 »Zieht an die volle Rüstung Gottes, damit ihr gegen die listigen Vorgehensweisen des Teufels stehen könnt, 12 weil bei uns der Kampf, das Ringen, nicht gegen Blut und Fleisch gerichtet ist, sondern gegen die Erstrangigen, gegen die Machtausübenden, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen Wesen der Bosheit in den himmlischen Bereichen.«

Paulus ruft seine Leser auf, diese Kampfrüstung anzuziehen, wie es ein römischer Soldat mit seiner irdischen Kampfrüstung tut. Dabei begründet er seinen Aufruf dreifach:

·         wegen der Art des Kampfes

·         wegen der Art des Feindes

·         wegen der Gewissheit des Sieges.

a. Wegen der Art des Kampfes Vers 11E

Der Kampf ist von besonderer Art. Deshalb sollen wir im Herrn stark sein und die Rüstung tragen. Die Kampfweise wird nach zwei Seiten hin kurz beschrieben. Wir haben zwei Perspektiven des Kampfes,

·         die vom Feind her gesehene

·         und die von uns aus gesehene.

Zuerst die vom Feind her gesehene Kampfweise:

Wie geht der Feind vor?

»damit ihr gegen die listigen Vorgehensweisen (o.: Kunstgriffe) des Teufels stehen könnt, ...«

Das griechische Wort für die »listigen Vorgehensweisen« (methodeias) ist eine gelungene Paarung von Denken und Handeln. Der Feind ist sehr klug, listig und geschickt. Wenn wir daher keine Niederlagen erleiden wollen, müssen wir mit Gottes Waffen kämpfen, nicht mit den unsrigen.

- Er greift mit List an

Dieses bezieht sich auf das Denken. Er entstellt die Aussagen Gottes: »Sollte Gott gesagt haben...?«

So leitet er den Zweifel ein. Dann kommt die ausdrückliche Negation, die eigentliche Entstellung. Er versucht den Menschen in die Irre zu führen. Der Mensch soll eine andere Vorstellung von dem haben, was ist und von dem, was sein soll. Er versucht, die Wirklichkeit in unseren Augen anders aussehen zu lassen. Er entstellt die Realität vor unseren Augen. Wenn wir daher nicht von der göttlichen Perspektive her mit der Wirklichkeit konfrontiert worden sind, wenn wir nicht gelernt haben, die Wirklichkeit so zu sehen, wie Gott sie sieht, werden wir in Gefahr stehen, von ihm gefangengenommen zu werden. Wir dürfen unsere Augen nicht von unserem Herrn weglenken und auch nicht von der Art und Weise, wie er die Wirklichkeit auffasst. Der Feind wird uns die Wirklichkeit entstellen, d. h. er wird sie uns anders darstellen wollen als sie ist.

Eine raffinierte Methode ist die, dass er uns beibringen will, in Meinungen zu denken anstatt in Form von Wahrheit. Seit der Zeit der Aufklärung und bis heute wird die Wahrheit relativiert. Das hat böse Auswirkungen unter den Gläubigen.

Ein Beispiel: Wenn nach der Richtigkeit eines Sachverhaltes gesucht wird, hört man oft die Frage: »Wie siehst du das?« Auf eine solche Frage müsste die Antwort eigentlich lauten: »Mit den Augen!« Oder: »Scharf«, bzw. »Unscharf«. Wenn wir unsere Augen gebrauchen, werden wir alle dasselbe sehen. Um rechte Auskunft über einen Sachverhalt zu bekommen, sollte man besser fragen: »Was siehst Du?« Unser Anliegen sollte nicht sein, eine Vielzahl von Meinungen einzuholen, um sodann diejenige herauszusuchen, die uns am besten gefällt. Wir sollten nach der Wahrheit fragen. Und die hat nur einer, Gott! Wir fragen manchmal einander: »Wie denkst du darüber?« Das ist pluralistisches Vorgehen. In jedem Wahrheit suchenden Gespräch stehen wir uns nicht von Angesicht zu Angesicht gegenüber, sondern Schulter an Schulter nebeneinander und befragen beide Gott. Wir geben zu, dass wir in unserem gegenwärtigen Denken noch nicht übereinstimmen, aber beide von uns wollen so denken, wie Gott denkt. Wir sollen nicht nach der Meinung von Menschen fragen, sondern gemeinsam Gottes Wort befragen.

An dieser Stelle ist es dem Feind gelungen, unter Gottes Volk eine Bresche zu schlagen. Wir sind nicht mehr grundsätzlich an Gottes Wort orientiert. Wenn wir schon einen Menschen befragen, so wollen wir nach dem Willen Gottes fragen, versuchen zu erfahren, ob der andere an dieser Stelle schon mehr Licht hat.

- Exkurs über »Erkenntnis« und »Auslegung«

Man behauptet oft, die »Erkenntnis« (bzw. die Auslegung) eines bestimmten Textes sei verschieden. »Erkenntnis« ist aber nicht »verschieden«! Erkenntnis ist die Erfassung eines Objekts. Und dieses hat man entweder erkannt oder nicht erkannt. Man kann ein Objekt nicht anders erkennen denn als das, was es ist. Es gibt auch nur eine einzige Auslegung. Wenn wir nicht die richtige haben, haben wir keine, denn »Auslegung« ist im Grunde Übersetzung. (Das griechische Wort für »übersetzen« und das für »auslegen« ist dasselbe.) Und die Übersetzung einer Aussage ist entweder richtig oder falsch. Hat man nach dem Arbeiten an einem Text nicht die richtige Auslegung, so hat man nicht ausgelegt, sondern lediglich versucht auszulegen. Das Ergebnis ist dann eine Meinung, nicht die Auslegung. Die Auslegung ist im Grunde nichts anderes als der Text selbst; sie ist der Text – mit anderen Worten dargelegt. Haben wir also den Text nicht erfasst, haben wir noch keine Auslegung. Oft sind wir in unserem Denken weiter von der Heiligen Schrift entfernt, als wir meinen. Wir haben bereits zu viel vom »Becher dieser Welt« getrunken. Daher ist unser Denken in starkem Maße von der Welt beeinflusst.

- Der Feind greift auch geschickt an

Das bezieht sich auf sein Handeln. Er handelt mit Geschick, wenn er angreift. Er ist gewandt. Er weiß, wie seine Waffen zu gebrauchen sind. Wir sind ihm niemals gewachsen. Daher müssen wir uns auf den Herrn verlassen. »Vertraue auf Jahweh mit deinem ganzen Herzen und verlasse dich nicht auf deinen Verstand!« (Sprüche 3, 5). Gebrauche den Verstand, aber verlasse dich nicht darauf. Gebrauche den Verstand, um Gottes Wort aufzunehmen und um auf Gott zu vertrauen. Dazu ist der Verstand da. Er ist uns nicht gegeben, dass wir damit autonom seien. Verlasse dich auch nicht auf deine Geschicklichkeit, sondern auf den Herrn. Der Sieg wird nicht durch Methoden kommen.

Manchmal hört man von Methoden, z. B. dass irgendetwas »das Geheimnis« von etwas sein sollte. Eine derartige Denkweise gehört zu unserem technischen Zeitalter, wo wir das innere Wesen der Natur durch Technik zum Ausdruck bringen können. Das heißt, wir haben uns die Gesetzmäßigkeit der Natur zu Nutzen gemacht und denken nun seit bald 200 Jahren »naturwissenschaftlich«. Das ist an und für sich nicht verkehrt, nur: Die Natur ist mechanistisch geschaffen, und Gott behält sich das Recht vor, sie zu bestimmen. Sie gibt sich für uns wie eine Maschine. Deshalb sprechen wir von Naturgesetzen. Wir haben gelernt, verschiedene Knöpfe zu drücken und wissen, was dann dabei geschieht. Und nun haben wir diese mechanistische Denkweise auf die geistlichen Dinge übertragen und vergessen, dass wir es im geistlichen Bereich mit Personen zu tun haben, nicht mit Dingen. Weil Personen einen großen Entscheidungsspielraum haben, lassen sich ihre Handlungen schwer voraussagen. Wir sollten daher vorsichtig sein und in der Reichgottesarbeit nicht zu stark methodisch denken. Gemeinde‑ und Reichgottesarbeit ist heute leider durchzogen von der Methodik. Für so vieles haben wir Methoden. Darin liegt eine Gefahr – eben deshalb, weil wir Personen sind und Gott eine Person ist.

Und wenn es um den Widersacher geht, wird keine Methode helfen! Eine einzige Person kann helfen: Jesus! Es hat Gott gefallen, den Sieg durch eine Person herzustellen. Wo immer und wie immer der Feind kämpft, Christus ist die Lösung. Er ist der Erlöser. Wir sind dem Feind nicht gewachsen. Wenn wir es mit ihm aufnehmen wollen, wird er uns in die Irre führen. Das hat er viele Jahrhunderte lang getan. Er ist reich an Erfahrung.

Wie geht der Feind vor?

- Er greift mit der Versuchung zur Sünde an

Wir sehen ihn und seine Dämonen nicht. Seit dem Sündenfall können wir nicht mehr ins Jenseits schauen. Die Augen von Adam und Eva bleiben nach dem Sündenfall an der Oberfläche des Greifbaren stehen, und somit stellen sie fest, dass sie nackt sind. Sie sind nicht mehr »durchsichtig«, transparent, können nicht mehr in das Wesen des anderen hineinschauen, sie können auch nicht ins Jenseits schauen.

Seit dem Sündenfall sind wir Menschen blind geworden. Wir sehen also auch unseren Feind nicht. Aber das ist gar nicht nötig. Um recht zu kämpfen, brauchen wir ihn nicht zu sehen. Das Mittel, das der Feind verwendet, ist die Sünde. Die kennen wir. Und wir wissen auch, wie wir mit der Sünde fertig werden. Der Satan kämpft mit der Versuchung zur Sünde.

- Exkurs: Vom Wesen der Versuchung

Was ist Versuchung? Sie ist die Einladung, einen von Gott geschaffenen Wunsch auf unberechtigte Weise zu erfüllen.

Gott hat uns so geschaffen, dass wir Wünsche haben. Der Feind lädt uns ein, diese Wünsche (Triebe, Begehren) auf unerlaubte Weise zu erfüllen. Wenn wir auch ihn nicht sehen, so können wir doch seine Versuchung erkennen. Sie liegt im Bereich unserer Erfahrung. Sie ist allerdings vielseitig und kann uns unerwartet begegnen. Wir kennen weder ihre Herkunft, noch wissen wir, aus welcher Richtung sie kommen wird. Sie kann auch wiederholt auftreten. Das ist sehr verführerisch. Wir denken, wir hätten den Sieg errungen, und prompt kommt sie wieder! Die Taktik des Feindes ist: sofortiger Gegenangriff. Gerade dann, wenn man es nicht erwartet, greift er wieder an – einmal von dieser Seite, einmal von einer anderen.

Jakobus sagt, die Versuchungen sind »mannigfaltig«, vielseitig, vielzählig (wörtl. »vielfarbig«; Jakobus 1, 2). Es ist aber eine Hilfe, wenn man weiß, dass die Versuchung trotz ihrer Vielfalt im Grunde nur eine dreifache Gestalt hat.

Es gibt in der Heiligen Schrift zwei Versuchungsgeschichten, in denen sündlose Menschen versucht wurden: das erste Menschenpaar (1.Mose 3) und unser Herr, Jesus (Matthäus 4). Es trat eine Einladung zum Sündigen an sie heran, und trotz dessen, dass sie keine Sünder waren, konnten sie versucht werden. Warum? Weil sie Triebe in sich hatten. Es drängte in ihnen zu etwas. Mit solchen Trieben hat Gott uns geschaffen. Sie sollten uns zur Quelle des Lebens treiben.

Es gibt nur einen, der Leben in sich hat, Jahweh, der Ewig‑Seiende. Er ist auf keine Quelle außerhalb von sich selbst angewiesen. Aber wir Geschöpfe haben keine Lebensquelle in uns. drei Triebe (bzw. Begehren, Wünsche): das Verlangen zu genießen, das Verlangen zu haben und das Verlangen zu sein. Diese Triebe waren ursprünglich zu Gott hin ausgerichtet. Nun kam der Versucher und wollte sie an sich binden. Daher machte er ein Angebot (1.Mose 3, 5). Da er aber ein Lügner ist, ging der Mensch leer aus.

Obwohl Adam und Eva sündlos waren, konnten sie versucht werden.

Auch der zweite Mensch der Heilsgeschichte, Jesus, wird in drei Schritten versucht (Matthäus 4, 3.6.8.9). Diese Versuchungen laufen parallel zu den Versuchungsschritten bei Adam und Eva. Sie entsprechen den drei Trieben des Menschen, dem Verlangen zu genießen (die Versuchung, aus Brot Steinen zu machen), dem Verlangen zu haben (die Versuchung, alle Reichtümer der Erde sofort zu bekommen) und das Verlangen zu sein (die Versuchung, sich von der Tempelzinne herabzustürzen).

In 1. Johannes 2, 16 werden diese drei Triebe in ihrer – nun sündigen – Form aufgeführt: die Lust des Fleisches (das Verlangen zu genießen), die Lust der Augen (das Verlangen zu haben) und der »Stolz des Lebens« (die Genugtuung am physischen Leben; das Bedürfnis, im Diesseitigen aufzugehen. Das ist das Verlangen zu sein).

Die Triebe an sich sind nicht böse. Es ist nicht verkehrt, etwas genießen zu wollen. Appetit am Gaumen und an den primären Geschlechtsorganen – das hat Gott so geschaffen.

Es ist auch nicht verkehrt, etwas haben zu wollen. Die Bibel ist durchzogen von gesunden Bedürfnissen. Wer eine Frau möchte, soll sich an Jahweh wenden! Eine tugendsame Ehefrau kommt vom Herrn (Sprüche 12, 4; 18, 22; 19, 14). Wer Brot will, richte sich an den Herrn mit der Bitte »Unser Brot, das wir brauchen, gib uns heute« (Matthäus 6, 11). Jeder hat Wünsche. Paulus fragt die Korinther (1. Korinther 11, 22): »Habt ihr nicht Häuser, wo ihr essen und trinken könnt?« Es ist nicht verkehrt, ein Haus zu besitzen. Man muss nicht alles verkaufen und den Armen geben. (Nb: Dem reichen Jüngling in Matthäus 19, 16ff wurde geboten, es zu tun, weil da sein Problem lag.) Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, etwas zu haben.

Es ist auch nicht verkehrt, sein zu wollen und Bedeutung haben zu wollen. Es war nicht Sünde, dass Jesus Christus die Königsherrschaft über die Menschen haben wollte. Das war ihm bereits verheißen worden (Psalm 2, 8), aber nicht auf die Weise, die der Feind vorschlug. Es war auch nicht verkehrt von Jesus in Gethsemane, am Leben bleiben zu wollen.

Diese Wünsche und Triebe sind nicht verkehrt. Es ist daher gut, wenn wir wissen, worin die Versuchung besteht und was eigentlich geschieht, wenn wir versucht werden. Wir müssen nüchtern bleiben, dürfen uns nicht benebeln lassen. Am Anfang waren unsere Triebe gesund, aber mit dem Sündenfall wurden sie pervertiert, falsch ausgerichtet. Heute suchen die Menschen immer wieder an der falschen Quelle Erfüllung. (Vgl. Jeremia 2, 13.)

Wir sind heute nicht nur pervertiert, sondern auch extrem geworden. Die Welt verspricht zu viel. Es schmeckt nicht so, wie es angeboten wird. Die Welt stellt nicht so zufrieden, wie sie voraussagt. Unser Leib ist nicht für diese hohe Qualität von Sättigung geschaffen. Der Leib ist nicht das Letzte! Die eigentlichen und tiefsten Freuden liegen nicht im Leib, sondern im Geist. Der Mensch erwartet zu viel vom Eheleben, zu viel vom Geschlechtsleben, vom Gaumen, von seinem Bankkonto, von seinem Beruf. Aber wenn wir es mit Jesus halten, können wir verzichten, wo es notwendig ist – je nachdem, wie der Herr es führt. Dann können wir mit der Zeit gesund werden. Dann werden wir ausgeglichener und nüchterner.

 -Exkurs: Vom Vorraum der Versuchung

Der strategische Kampfplatz des Feindes sind die Gedanken.

Paulus sagt (2. Korinther 10, 3‑6): »...denn obgleich wir im Fleisch wandeln, führen wir Krieg nicht nach dem Fleisch, denn die Waffen unserer Kriegführung sind nicht fleischlich, sondern kräftig durch Gott zum Abreißen von Festungen. Dabei stürzen wir Vernunftschlüsse und jede Höhe, die sich gegen die Kenntnis Gottes erhebt, und nehmen jeden Gedanken gefangen in den Gehorsam Christi und sind in Bereitschaft, alles Nichtgehorchen zu rächen, wenn euer Gehorsam vollständig gemacht worden ist.«

Im Fleisch zu wandeln heißt hier, im Leibe zu wandeln. Paulus sagt: Wir wandeln in einem Körper, aber wir wandeln nicht nach diesseitigen Vorstellungen. Wir kämpfen nicht so, wie man in einen irdischen Kampf zieht. »... die Waffen unserer Kriegführung sind nicht fleischlich. Wären sie fleischlich, so wären sie zu schwach; aber sie sind nicht irdischer Art, denn sie sind kräftig durch Gott.

»... wobei wir Vernunftschlüsse (d.i.: falsche Schlussfolgerungen, falsche Gedankengänge) stürzen und jede Höhe (d. i.: das, was der Mensch in seinem Denken für hoch achtet), die gegen die Kenntnis Gottes erhoben wird«: Die Kenntnis Gottes ist die Orientierung. In der Schrift hat Gott sein Denken geoffenbart. Daran messen wir, was wertvoll und ewig ist im Gegensatz zu dem, das vergänglich ist. Mittels des Wortes Gottes stellen wir fest, welche Gedanken nicht am Platze sind, und dann kämpfen wir gegen diese. Das ist das Ziel des Kämpfens: alle unsere Gedanken (in der Begegnung mit anderen, in Gesprächen, usw.) unter den Gehorsam Christi zu bringen. Wir brauchen den Feind nicht zu sehen. Wir können bei uns selbst anfangen. Paulus hat sich entschlossen, so zu denken, wie Jesus dachte, und so zu leben, wie Jesus lebte. Es ist eine Frage des Denkens! Es geht darum, Jesu geistliche Lebensweise anzunehmen. Es geht darum, in Charakter und Leben wie Christus zu werden.

Der Feind will sein Gedankengut, seine Denkweise, in unsere Gemüter einführen. Um diesen Kampfplatz wird gekämpft, weil von dort her alles im Leben (das Empfinden und Entscheiden usw.) bestimmt wird. Das Denken wird mittels Wörtern und Bildern genährt. Was wir über die fünf Sinne aufnehmen, was wir hören, sehen, spüren, riechen, schmecken, das prägt unser Denken. Mit diesem allem versucht der Satan uns zu beeinflussen. Die Gedanken sind der strategische Kampfplatz.

Durch Wort hat Gott mit uns Menschen Kontakt aufgenommen (Johannes 1, 1), durch Wort hat er die Schöpfung entstehen lassen (2.Petr 3, 5; Hebräer 11, 3), und durch Wort führt und trägt er die Schöpfung (Hebräer 1, 3). Mittels Wort geht er mit den Menschen um (Jakobus 1, 18; 1.Petr 1, 23). Dieses Wort wurde Fleisch (Johannes 1, 14). Als Gott zu uns kam, kam er als Wort. Gott erreichte uns mittels Wortkommunikation. Deshalb empfinden heute Menschen, die im Bereich des Diesseitigen leben und sich nach den fünf Sinnen ausrichten, Gottesdienste, in denen das Wort im Mittelpunkt steht, als langweilig. Sie wollen viel lieber etwas für ihre Sinne und Nerven. Sie wollen Bewegung im Diesseitigen. Aber Gott will, dass wir stille werden. Er spricht zuerst. Wir sind seine Gegenüber und sollen hören. Wir sollen unsere Gedanken von allem, was uns bannt, wegziehen und unser inneres Auge auf ihn konzentrieren, auf das, was er am Reden ist. Dieses muss in der Stille geschehen. Wenn Gottes Wort dann an unser inneres Ohr gelangt ist, sollen wir es wie einen Gast »aufnehmen« (Jakobus 1, 21). Einen Gast lässt man nicht an der Tür stehen. Wir sollen das Wort Gottes innerlich aufnehmen und mit Freuden, mit Freundlichkeit, beherzigen. Dann darf es auch seinen Korrekturdienst tun. Wenn jemand das Wort hört und sich anschließend nicht wäscht, bleibt er schmutzig, wie er war (Jakobus 1, 21‑22). Als Reaktion auf das Wort müssen wir uns selbst verändern. Wir sind Gottes Gegenüber. Entscheiden wir uns, uns zu verändern, so steht er uns in der Reinigung und Heiligung bei. Weil nun Gott spricht, müssen wir auf unsere Gedanken und auf sein Wort Acht geben. Wir müssen dazu sehen, dass uns diese Worte (diese Gedanken) Gottes regieren, und nicht die Gedanken des Feindes.

Römer 8, 3.4: »Was das Gesetz nicht vermochte (es war ja schwach durch das Fleisch), [das machte] Gott [möglich]: [Er] schickte seinen ›eigenen‹ Sohn in der Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde und ›als das Opfer‹ für Sünde und verurteilte die Sünde im Fleisch, damit das Gerechte (die gerechte Forderung) des Gesetzes in uns erfüllt werde, die wir nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist.« Gott sandte seinen Sohn in der Ähnlichkeit des Fleisches, das sündig war (sündig bei uns Menschen, nicht bei ihm; sein Fleisch war nicht sündig), und verurteilte die Sünde im Fleisch, damit die Forderung, die vom Gesetz gefordert wurde, in uns erfüllt würde. Was vom Gesetz gefordert wurde, ist Liebe, Liebe zu Gott und Liebe zum Nächsten; darin ist alles andere enthalten. Alle Gebote können in diesem einen Gebot zusammengefasst werden: Du sollst Gott von ganzem Herzen lieben, du sollst nichts anderes lieben! Das ganze Herz, das ganze Wesen, das ganze Gemüt, alle Kraft soll Gott gewidmet sein; und nichts soll für einen anderen zur Verfügung stehen. Keine anderen Götter dürfen an uns Anspruch haben. Ganz soll das Leben für Gott da sein. Die restlichen neun Gebote sind zusammengefasst in diesem einen und ersten Gebot. Die anderen neun erklären im Einzelnen, was es heißt, Gott von ganzem Herzen zu lieben.

Römer 8, 4: »...damit das vom Gesetz Geforderte in uns erfüllt würde, die wir nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist.« Wie lebt man nach dem Geist? Mit den Gedanken! »... denn die, die nach dem Fleisch sind, richten die Gedanken auf das, was zum Fleisch gehört« (8, 5).

Es ist schade, dass es so ist. Gott ist der gute Schöpfer der gesamten Schöpfung. Aber die Versuchung liegt nahe, dass das Sichtbare (das Greifbare) den Vorrang vor Gott bekommt. Wenn das geschieht, geschieht Sünde. Die Schöpfung darf nicht über den Schöpfer Vorrang erhalten. Die Menschen ehrten (und liebten) die Schöpfung mehr als den Schöpfer. (Vgl. Römer 1, 25.) Das geschah schon im Garten Eden so. Sie liebten die verbotene Frucht mehr als Gott. Der Teufel belog Eva, und sie zogen das Erschaffene dem Schöpfer vor. Seither richtet sich der Mensch nach dem Widersacher aus (Epheser 2, 1‑3). Der Satan ist der Herr des unbekehrten Menschen. Aber nicht nur das. Der Mensch zog auch sich selbst Gott vor. Er rebellierte gegen Gott. (Das war ihnen zwar im ganzen Ausmaß eigentlich nicht bewusst; aber wir erfahren später, was hier eigentlich geschah.) Dies ist das Wesen der Sünde. Der Mensch zieht sich selbst vor. Seither ist er ichzentriert (ichbezogen). Hier wurde er programmiert. Die Schöpfung, der Teufel und das Selbst nahmen den Vorrang ein. So ist der Mensch heute nach diesen Dreien orientiert. Das ist die Denkweise des Fleisches.

Diese müssen wir nun ablehnen, verleugnen. Unsere Gedanken müssen wieder unter die Herrschaft Gottes kommen. Seine Denkweise muss in uns herrschen.

»... denn die, die nach dem Fleisch sind, richten die Gedanken auf das, das zum Fleisch gehört, aber die, die nach dem Geist sind, richten die Gedanken auf das, das zum Geist gehört« (8, 5).

Was gehört zum Geist, was interessiert ihn? Der Vater, der Sohn, das Wort, das Reich Gottes, unser Heil, unser Wohl.

»... denn das Denken des Fleisches ist Tod, (das Denken des Geistes aber Leben und Friede), weil nämlich das Denken des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist« (8, 6.7A).

Wer sich auf das Diesseitige besinnt und Gott vergisst, ist auf dem Wege zum Sterben. Wer im Worte Gottes zu Hause ist und dort seine Wurzeln schlägt, wird Leben und Frieden im Herzen erfahren. Das Denken des Fleisches ist aber Gottes Feind geworden; es hat sich selbständig gemacht.

Römer 8, 13: »..., denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, seid ihr im Begriff zu sterben. Wenn ihr aber ›durch den‹ Geist die Handlungen des Leibes tötet, werdet ihr leben«. Die »Handlungen des Leibes« sind die selbständigen Triebe des Fleisches. Es ist unsere Verantwortung, den Leib in den Gehorsam Christi zu bringen. Der Leib ist noch nicht erlöst, aber wir können ihn dennoch in den Dienst des Herrn stellen. Der Leib ist unser Instrumentarium. Mit unseren Händen und Beinen, mit unserem Mund und Kopf dienen wir Gott. Zuerst müssen wir uns selbst darbringen (Römer 6, 13: »Stellt nicht eure Glieder der Sünde zur Verfügung als Waffen der Ungerechtigkeit, sondern stellt euch selbst Gott zur Verfügung als Lebende aus den Toten, und [stellt] eure Glieder als Waffen der Gerechtigkeit Gott [zur Verfügung]!«) und dann unsere »Glieder«, d. h., die einzelnen Teile. Diese zweite Aufforderung wiederholt Paulus in Römer 12, 1: »Ich rufe euch also auf, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber als ein Opfer darzubieten, ein lebendes, heiliges, Gott wohlangenehmes, euer folgerechter ›und schuldiger‹ Dienst«. Das Darbringen der Leiber zum Dienst, das beginnt im Denken! Dort ist der entscheidende strategische Kampfplatz.

Es ist eine große Hilfe, wenn wir wissen, dass der Feind um unsere Gedanken ringt. Dann können wir verstehen, warum er sich so sehr bemüht, Mittel zu finden, die uns Gedanken zuführen, so dass wir anders denken als wir sollten.

Nun stellt sich die praktische Frage: Womit beschäftigen wir unsere Gedanken? Worüber denken wir nach? Was hören unsere Ohren? Was sehen unsere Augen? Wem begegnen unsere fünf Sinne? Diese sind nämlich unsere Brücke zur Umwelt. Über diese beziehen wir Informationen. Nun ist es wichtig, dass wir zunächst Abstand nehmen von der greifbaren Welt und über das nachdenken, was Gott gesprochen hat. Wenn unser Geist dann von Gottes Wort angefüllt ist, haben wir im Inneren eine Bastion. (Vgl. Psalm 119, 11: »Dein Wort habe ich aufgespeichert in meinem Inneren, damit ich nicht gegen dich sündige.«) Dann sind wir angefüllt mit Gottes Wort, und so hat der Feind in uns nicht Raum.

Der Feind gewinnt überall dort Raum, wo Sünde ist. (Vgl. Epheser 4, 27. Jede Sünde – in Gedanken, Worten und Taten – ist ein Boden, auf dem er aktiv werden kann. Wenn wir gegen ihn ankämpfen wollen, gilt es, dazuzusehen, dass er keinen Boden gewinnt.

»Die ganze Rüstung Gottes sei angetan, ...«

Paulus ruft seine Leser auf, diese Kampfrüstung anzuziehen, wie es ein römischer Soldat mit seiner irdischen Kampfrüstung tat. Dabei begründet er seinen Aufruf. Wir sollen die Rüstung anziehen wegen der Art des Kampfes. Im Vorigen betrachteten wir diese Art beim Feind. Im Folgenden betrachten wir die andere Seite:

Wie haben wir vorzugehen?

11 »damit ihr gegen die listigen Vorgehensweisen des Teufels stehen könnt« ...; 13 »widerstehen ...«

Was ist unsere Verantwortung?

Unsere Sache ist es, Widerstand zu leisten.

Wie leisten wir ihn?

- Wir schützen uns

Das Wesen dieses Kampfes ist Selbstschutz. Die Rüstung ist zum Schutz. Sogar das Schwert ist eine Waffe, mit der man sich schützt. Wir sind dafür verantwortlich, unser geistliches Leben zu bewahren. Das ist im Grunde einfach. Paulus nennt zwar sechs einzelne Elemente dieser Waffenrüstung, aber es kommt immer auf dasselbe heraus. Alle sechs sind nämlich Eigenschaften unseres Herrn: Er ist Wahrheit. Er ist Gerechtigkeit. Er ist der Schild – des Glaubens (d. h., wir glauben an ihn und bergen uns bei ihm). Er ist unser Heil. Er ist Gottes Wort.

- Wir beziehen Stellung

Widerstand zu leisten (bzw. zu widerstehen), heißt, Stellung zu beziehen. Das ist heute nicht Mode. Wir sind infiziert von der Weltanschauung der Menschen unserer Welt. Wir sind infiziert von der weltlichen Art der »Toleranz«. Wir schließen Kompromisse. Dabei kam der Gedanke der Toleranz ursprünglich vom Evangelium. Es sind die Christen, die im wahren Sinne tolerant sind. Wir haben aber zu unterscheiden zwischen Toleranz mit Ideen und Toleranz mit Personen. Jesu Nachfolger sind tolerant mit Personen, aber nicht tolerant mit allen Ideen. Wir wollen keine Person bestimmen und können es auch nicht. Wir verfügen über niemanden. Aber unsere Aufgabe ist es, jeden Gedanken der Menschen unter die Herrschaft Christi zu bringen, also Ideen in den Raum zu stellen, nämlich Gottes Ideen, das Wort Gottes, das »Gedachte« Gottes (griech.: logos, Wort). »Am Anfang war das Gedachte.« Gott hatte Ideen, Vorstellungen. Diese hat er uns im Gesetz und im Evangelium mitgeteilt.

Johannes war auf Patmos »wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses von Jesus Christus« (Offenbarung 1, 9). Er hatte sich zum Wort Gottes gestellt und war bereit gewesen, keinen Kompromiss einzugehen. Er hatte gesagt: Dieses ist Wort Gottes! Und er rechnete damit. Er rechnete in seinem Leben mit dem ganzen Wort Gottes, von Anfang bis Ende. Aber in diesem Wort geht es um ein Herzstück: Jesus Christus. »Das Zeugnis von Jesus Christus« (19, 10) durchzieht die ganze Heilige Schrift. Das macht die Schrift zu dem, was sie ist. Bedenken wir: Die Bibel ist in erster Linie ein Heilsbuch. Sie spricht zwar auch von Schöpfung, von Gericht und anderen Themen, aber das zentrale Thema ist das Heil in Jesus. Er ist die Mitte des Wortes Gottes.

Wir haben Stellung zu beziehen und dürfen keine Kompromisse eingehen. Wir dürfen nicht einen Millimeter weichen. Die ganze Schrift ist gottgehaucht, kommt von ihm, hat bei ihm ihren Ursprung. Er gab die göttlichen Worte heiligen Menschen – und durch diese weiter an uns. Die Heilige Schrift ist von Gott. Sie ist unfehlbar. Sie hat keine Fehler an sich. Was sie sagt, sagt Gott. Dafür hat Johannes seinen Kopf hingehalten. Und viele andere haben ihren Kopf hingehalten – und haben ihn verloren.

Sind wir bereit, Stellung zu beziehen und mit unbiblischen Lehren keinen Kompromiss einzugehen? Haben wir den Mut, Irrlehren beim Namen zu nennen?

Manche haben eine sehr naive Vorstellung von Verführung. Sie meinen, Verführung würde leicht zu erkennen sein. Die Heilige Schrift sagt, dass der Feind sich als Engel des Lichts verstellt. Wenn der Satan und ein guter Engel sichtbar vor uns stünden, könnte niemand von uns an ihrer Erscheinung erkennen, welcher von den Beiden der Satan sei und welcher nicht.

Aber Gott kann es uns zeigen. Er hat uns in seinem Wort einige Hilfen gegeben. Nach 1. Johannes 4 sind es zunächst die Worte, worauf wir Acht zu geben haben. Und gemäß Matthäus 7, 20 haben wir auf die Frucht zu achten: Entspricht sie der Offenbarung Gottes oder nicht? Und dann müssen wir den Mut haben, das Falsche aufzudecken, klar zu sagen: »Das ist irreführende Lehre!« – auch wenn sie ein religiöses, ja, »christliches« Gewand trägt.

Offenbarung 14, 4: »Sie folgen dem Lamm, wohin es geht.« Das Lamm ist zum Hirten geworden. Wo er mich hinführt, da folge ich. Ich folge ihm, der alles an Herrlichkeit zurückließ, auf die Erde kam und sein Blut fließen ließ. Wohin immer dieses Lamm mich in meinem Leben führt, dorthin bin ich bereit zu folgen. Er geht voran. Er hat schon alles darangegeben, und ich darf folgen. Im Zeichen der Nachfolge verzichte und gewinne ich.

Wenn wir diesen Weg einschlagen, wird der Feind keinen Halt an uns haben.

Offenbarung 12, 11: »... und sie überwanden ihn wegen des Blutes des Lammes ...«: Sie haben überwunden, weil ein anderer für sie starb. Auf diesem Boden sind sie geblieben. Alle meine Gerechtigkeit ist in Jesus Christus. Ich habe nichts. Ich bin völlig verderbt. Mein Leben ist von Natur aus verloren, aber in Jesus habe ich gewonnen – wegen seines Blutes, weil er sein Leben für mich gegeben hat.

»... und wegen des Wortes ihres Zeugnisses«: Sie haben den Mund aufgetan und Stellung bezogen – zum ganzen Wort Gottes und zu Jesus Christus speziell. Sie haben ihre Zugehörigkeit zu Jesus bekundet.

»... und liebten nicht ihr Leben bis zum Tode«.

In dieser Haltung liegt das Geheimnis! Wir, die wir in diesen reichen Zeiten noch nicht viel darangeben mussten, sind immer noch (bis ins kleinste Detail des Tagesverlaufs) gefragt: Liebe ich mein eigenes Leben, oder bin ich bereit zu sterben? Wenn mir etwas in die Quere kommt und es nicht so abläuft, wie ich es mir vorgestellt hatte, wenn etwas schiefgeht, stelle ich fest, dass sich sehr schnell etwas in mir regt. Die Ursache: Ich habe mich geliebt. Und dann sage ich: Es tut mir leid, Herr! Das war wieder mein Eigenwille. Du bestimmst!

Wenn wir in den kleinen Ereignissen des Tages siegen, ist es leichter, in den größeren Ereignissen nicht für uns selbst zu leben, sondern dem Herrn den Vorrang zu geben. Wenn etwas schiefgeht, beabsichtigt der Herr, dass wir uns nicht daran gewöhnen, dass alles glatt geht; – damit wir gefordert sind, wieder nur auf den Herrn zu schauen. So schnell laufen wir Gefahr, uns auf den schönen Verlauf des Mechanismus zu verlassen! Jesus will uns deutlich machen: Ich habe immer noch alles fest in der Hand.

Römer 8, 28: »Denen, die Gott lieben, wirkt alles zusammen zum Guten«. Alles! Gott wirft nichts weg. Er verwendet alles. Alles dient zum Guten. Dieses »Gute« ist der Vorsatz Gottes, dass wir Christus ähnlich werden (8, 29). Das ist sein Ziel mit uns – auch in diesem Kampf.

Wir dürfen nie passiv werden. Passivität ist eine Irrlehre vom Feind. Passivität ist eine satanische Version des Stillewerdens vor Gott. In der Stille vor Gott werden wir nicht passiv, sondern konzentrieren uns aktiv auf Gott. Uns passiv zu geben, hieße, uns von Gott loszulösen und uns selbst anderen Einflüssen auszusetzen, die wir weder sehen noch spüren können. Täuschen wir uns nicht! Wenn wir träge sind und nicht wachen (das ist auch eine Form von Passivität), kann der Feind einen Vorteil gewinnen.

1.Petr 5, 8: »Seid nüchtern und wachsam, weil euer Widersacher, der Teufel, wie ein brüllender Löwe umhergeht und jemanden sucht, um ihn zu verschlingen.« Das Wort nüchtern bedeutet: »zum Denken fähig«. Die Löwen gehen paarweise vor: Das Männchen brüllt und lenkt ab, während das Weibchen angreift. Der Feind kann beides tun: brüllen (ablenken) und angreifen. Er hat viele Dämonen, die ihm helfen. Hören wir nicht auf seine Stimme! Wenn wir die Stimme des guten Hirten kennen, werden wir den Wolf erkennen.

Vers 9: »Dem widersteht, fest im Glauben.« Wir sollen nicht auf sein Brüllen eingehen. Wir dürfen nicht davonlaufen!

»... wissend, dass dieselben Leiden sich vollziehen an eurer Bruderschaft, die in der Welt ist.« Wir sollen standhaft bleiben – nicht alleine, sondern in Verbindung mit der Bruderschaft in der Welt. Solche Anfechtungen sind »Leiden«, aber Leiden, die uns helfen, uns zu bewähren.

Jakobus 4, 7: »Unterordnet euch also Gott. Widersteht dem Teufel, ....«: Wie widerstehen? Der erste Teil des Verses gibt die Antwort: »Unterordnet euch also Gott.« Wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass wir unter der Herrschaft Gottes stehen, werden wir dem Teufel widerstehen. Das müssen wir in jeder Situation immer wieder durch-
exerzieren. Jede Situation des Lebens ist eine Herausforderung und eine Frage an uns, ob wir unter der Herrschaft Gottes stehen oder nicht. Soll er unser Herr und Helfer sein – oder nicht? So widerstehen wir dem Feind. Wir hören auf die Stimme unseres Herrn und nicht auf die Stimme des Feindes.

»... dann wird er von euch fliehen.« In der Nähe Gottes hat der Feind nichts zu sagen.

»Naht euch zu Gott, und er wird sich zu euch nahen.« Wenn er nahe ist, hat der Feind nichts zu melden.

- Wir geben dem Feind nicht Raum

Widerstand zu leisten (zu widerstehen), heißt, nicht zu weichen, nicht dem Feind Raum zu geben.

Epheser 4, 27: »Gebt auch nicht dem Teufel Raum.« Wenn jemand aufgeregt war und das zu lange anhält und es nicht dem Herrn abgibt, kann in diesem Ärger, in dieser Unruhe, unbemerkt der Feind bei ihm einen Stützpunkt bekommen und ihm von dort aus Niederlagen bereiten.

Der Feind ist mehr am Werk als wir denken. Überall, wo Sünde ist, ist ein potentieller Raum und eine Möglichkeit für ihn, sich breit zu machen.

In all den Gebieten, die in Epheser 4, 26‑32 aufgeführt werden, könnte der Feind Raum gewinnen. Wo wir Sünden dulden, gewinnt der Feind mit der Zeit ähnlich Raum wie dort, wo direkter Kontakt mit »Okkultem« vorhanden war. Wir dürfen keine scharfe Grenze zwischen Sünde und »Okkultem« ziehen. Alle Sünde, welcher Art sie auch sein mag, ist der Boden, auf dem der Feind sein Wesen treiben und zur Herrschaft gelangen kann. Deshalb sollten wir ihm keinerlei Raum geben, sondern den ganzen Platz Gott einräumen.

- Wir kämpfen an zwei Fronten

Widerstand zu leisten (bzw. zu widerstehen) heißt, an zwei Fronten zu kämpfen.

Gott ist Liebe und heilig. Liebe und Heiligkeit sind die zwei Pole seines Charakters. Er ist gut an beiden Stellen: Er ist gut in der Liebe, und er ist gut in der Heiligkeit. Gott hat uns in seinem Bilde geschaffen. Wir sind liebesfähig und fähig, heilig zu sein. Der erste Mensch war heilig und liebend. Alles war gut und in Ordnung. An beiden Stellen ist der Mensch gefallen. Er ist lieblos geworden und unheilig. In Christus werden wir wiederhergestellt. So werden wir wieder liebesfähig und heiligungsfähig.

Wenn wir kämpfen, sind beide dieser Aspekte gefordert. Im Kampf gegen den Feind ist es manchmal schwierig zu wissen, wann wir die Heiligkeit betonen und im Kampf festbleiben sollen und wann wir Güte und Liebe (oder Gnade) walten lassen sollen. Diese Spannung ist eine nicht einfache. Wir werden leicht einseitig. Und dann hat der Feind schnell wieder einen Vorteil gewonnen. Wir sollen beten, dass der Herr uns eine himmlische Harmonie dieser beiden Charakterseiten schenkt, damit wir zu gleicher Zeit Liebe und Heiligkeit walten lassen können, denn obwohl wir nicht gegen Fleisch und Blut kämpfen, so haben wir es in unserem Kampf doch auch mit Fleisch und Blut zu tun.

- Exkurs über Okkultismus und Dämonie unter Christen

An dieser Stelle sei kurz ein Wort gesagt zum Thema Okkultismus und Dämonie unter Christen. Hier gibt es verschiedene Auffassungen, zum Teil deshalb, weil nicht die richtigen Bezeichnungen gebraucht werden. Würden wir lernen, biblisch zu sprechen, könnten wir uns manche unnötige Auseinandersetzung ersparen.

Die Bibel kennt keine Besessenheit, auch keine »okkulte Belastung«. »Okkult« bedeutet »dunkel«, und obwohl das Wort in der Bibel nicht vorkommt, ist uns das Dunkle als Aufenthaltsgebiet des Feindes von der Schrift her wohlbekannt. Wenn die Bibel davon spricht, dass der Satan oder seine Dämonen starken Einfluss auf jemanden haben, gebraucht sie nicht das Wort Besessenheit, sondern »Dämonisierung« bzw. das Verb »dämonisiert werden«. Leider wird das griech. Wort oft mit »besessen sein« bzw. »Besessenheit« übersetzt, aber gerade das führt den Bibelleser in die Irre, denn damit denkt man, jemand werde von dem Teufel in Besitz genommen oder beschlagnahmt und könne nicht anders.

Das Wort »Dämonisierung« spricht von einem starken Einfluss eines Dämons auf einen Menschen. Mehr sagt es nicht. Mehr können wir nicht wissen. Wir können daher nicht genau beschreiben, wie Dämonisierung aussieht.

Es gibt heute Bücher, in denen der Autor genau zu wissen meint, was eine »okkulte Belastung« ist und wie sie aussieht. Man baut dabei eine Theologie aufgrund von Erfahrungen auf, nicht aufgrund biblischer Aussagen.

Die Bibel trennt nicht scharf zwischen dem Bereich »normaler« Sünde und »okkulter«. Eine Grenze zwischen »okkult« und »nicht okkult« gibt es in der Heiligen Schrift nicht. Jeder Mensch ist ein Sünder. Es gibt Sünder, die Vergebung haben, und es gibt Sünder die keine Vergebung haben. Aber jeder Mensch trägt den Keim der Sünde in sich. Christen haben den Heiligen Geist und können zur Sünde Nein sagen. Sie können Sieg haben.

Wenn wir keinen Sieg haben, sündigen wir. Wenn wir sündigen, wandeln wir in der Finsternis (1. Johannes 1, 6). Und die Finsternis ist das Gebiet, in dem sich der Feind betätigt. Jede Sünde ist ein Raum, in den der Feind hineinkommen und sich ausbreiten möchte. Er ist im Leben von Christen oft mehr am Werk als man meint.

Es ist auffallend, dass sich bei Menschen, die zunächst keine Zeichen von so genannter »okkulter Belastung« aufwiesen, großer Einfluss des Feindes gezeigt hat, nachdem man weiter mit ihnen gesprochen und sie vor Gott gestellt hat. Ein Gemeindehirte in Kanada erzählte von einer Christin, die sich für den Herrn einsetzte aber keine Freude und keinen Frieden hatte. Als er mit ihr sprach, kam mit einem Mal eine übernatürliche Stimme aus ihr hervor. Der Einfluss des Feindes in ihr war stärker, als die Zeichen es vordergründig angegeben hatten. Was lag vor? – »Nur« gewöhnliche Sünden!

Wir haben in unseren Gemeinden viele Christen, die ihre Sünden dem Herrn nicht bekennen. Wir wissen nicht, wieviel Raum der Feind dort bekommen hat. Vielleicht fragen wir uns, warum das Wort Gottes bei ihnen nicht einschlägt, warum es nicht unter die Haut geht und ihr Gewissen wachruft. – Vielleicht deshalb nicht, weil sie über ihre Sünden nicht Busse tun wollen.

Wir müssen lernen, Sünde sofort einzugestehen. Tun wir das nicht, wird der Feind einen Brückenkopf bekommen, d. h. einen Ansatzpunkt in uns (Johannes 14, 31). Sobald ich erkenne, dass ich gesündigt habe, habe ich es zu bekennen – zuerst bei Gott, dann aber auch bei dem Menschen, gegen den ich gesündigt habe.

Jede Sünde ist »okkult«, alles Böse ist »dunkles« Gebiet. Nicht jede Sünde kommt vom Teufel (Jakobus sagt, sie entsteht in unserem eigenen Inneren, durch die Lust, Jakobus 1, 14), aber der Teufel gebraucht sie und bekommt dadurch Raum. Daher wollen wir mit dem Herrn in Verbindung treten, ihm alles abgeben und es ihm bekennen, wenn wir uns verschuldet haben. Er trägt uns und unsere Schuld. Das ist ein großer Trost. In diesem Wissen können wir jederzeit und in jeder Situation sofort zu ihm kommen und ihm die Schuld abgeben.

2. Korinther 2, 5‑11: »Aber wenn jemand betrübt hat, hat er nicht mich betrübt, sondern, in gewissem Maße, (damit ich nicht zu viel sage und belaste) euch alle. Genügend ist solchem die Strafe, die von der Mehrzahl erteilt wurde, so dass ihr in umgekehrter Weise lieber vergeben und aufrichten solltet, damit solcher nicht in übermäßiger Betrübnis verschlungen werde, ...«: Paulus war höflich. Er wusste, dass einige nicht mitzogen. Das hier verwendete Wort für »vergeben« heißt »gnädig sein«, »liebende Gnade walten lassen«. Der darauffolgende Ausdruck ist der übliche für »trösten«, »zusprechen«, »aufrufen«. (Er wird fälschlicherweise oft mit »ermahnen« übersetzt.) »Verschlungen werden« kann nicht heißen: »verloren gehen«, denn der Mann ist nicht verloren. Er hat Buße getan, und seine Beziehung zu Gott ist wieder in Ordnung gekommen. Aber es ist möglich, dass Menschen, die mit Gott in Ordnung sind, gleichsam innerlich von ihrer Not, ihrer Betrübnis, ihrem Kummer verschlungen werden – denn wir Menschen sind schwach. Wir sind »Staub und Asche«, und unsere Gefühle nehmen uns manchmal mit. Wir werden manchmal alleine nicht fertig. Die Schrift legt großen Wert darauf, dass wir füreinander Hirten sind. Hebräer 12, 15: »... dabei haltet Aufsicht (wörtl.: seid füreinander Hirten), dass nicht jemand von der Gnade Gottes abkomme und sie ihm fehle«. Wir brauchen einander! Jeder sollte Hirte und Psychotherapeut des anderen sein.

Vers 8: »... weshalb ich euch aufrufe, ihm Liebe zu vergewissern, denn darum habe ich auch geschrieben, damit ich eure Bewährung kennen möchte, ob ihr in jeder Beziehung gehorsam seid. Wenn ihr aber etwas vergebt, tu ich es auch, denn auch ich, wenn ich etwas vergeben habe, wem ich vergeben habe, dem habe ich es euretwegen getan im Angesichte Christi, damit wir nicht von dem Satan übervorteilt werden, ...« (Mangel an Vergebung gibt dem Feind Raum, besonders Mangel an Vergebung im persönlichen Bereich, nicht nur im Gemeindeleben. Dann hat er einen Vorteil; er hat eine Stellung bezogen, von der er uns besser schlagen kann.)

Vers 11E: »denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt.«

Es geht um das Denken. Wir wissen, wie der Feind denkt; wir kennen sein Vorhaben. Wir kennen seine Ziele und seine Methoden. Gott sei Dank!

1.Tim 3, 7: »Er soll aber auch ein gutes Zeugnis von den Außenstehenden haben, damit er nicht in Schmach falle und in die Schlinge des Teufels.« Ein Neubekehrter, der Ältester würde, könnte hochmütig werden. Als der Feind fiel, war es durch Hochmut. In dieser Hinsicht sind manche von uns oft unreif – auch viele Jahre nach der Bekehrung noch. Wir sollten demütig bleiben, damit der Feind nicht einen Vorteil bekommt. Aller Hochmut ist eine Gefahr, denn der Feind lauert, um auch an dieser Stelle einen Vorteil zu bekommen.

 - Wir fliehen

Widerstand zu leisten (bzw. zu widerstehen) kann heißen zu fliehen. Widerstehen ist zwar nicht dasselbe wie fliehen, aber in der Heiligen Schrift ist auch von Flucht die Rede:

Christen sollen vor der Unzucht fliehen (2.Tim 2, 22; 1. Korinther 6, 18), vor dem Götzendienst (1. Korinther 10, 14), vor der Geldliebe (1.Tim 6, 10.11). Der Feind möchte uns zur Sünde versuchen und einen Vorteil bekommen bzw. durch unser Sündigen Raum gewinnen. Flucht vor der Versuchung ist daher nicht eine Flucht vor dem Feind, sondern vor der Sünde und von daher eine Form des Widerstandes.

Wenn wir von der Versuchung weglaufen, sollen wir es in Richtung Jesus tun. Ansonsten kommen wir in die nächste Versuchung. Wir laufen zu unserem Herrn hin. Auf diese Weise sind wir stark im Herrn.

An dieser Stelle kann sich eine alte Frage erheben: Darf ein Diener des Herrn vor der Verfolgung fliehen, oder sollte er bleiben, wo der Herr ihn hingestellt hat, und ausharren?

Das ist eine Führungsfrage. In China wurden einige so geführt, dass sie blieben. Andere nahmen die Gelegenheit zur Flucht wahr. Paulus sagt zu Sklaven: Wenn die Gelegenheit kommt, frei zu werden, ergreift sie (1. Korinther 7). Jesus sagt zu den Jüngern: Ihr werdet von einem Ort zum anderen fliehen (Matthäus 10, 23). Josef floh nach Ägypten (Matthäus 2, 13). Es ist nicht verkehrt, vor der Gefahr zu fliehen – auch vor der leiblichen. Doch wenn der Herr uns in persönlicher Führung heißt zu bleiben, wollen wir ausharren und bleiben.

Auch in Ehekrisen kann eine Flucht notwendig werden. Manchmal, wenn es gefährlich wird, kann eine Trennung – für eine Zeitlang – ratsam sein. Es gibt Situationen, in denen es wichtig sein kann, dass z. B. eine gläubige Frau von einem trunksüchtigen Mann eine Zeitlang Abstand nimmt, damit sie Zeit gewinnt, wenn sie ständig in körperlicher Gefahr lebt.

- Exkurs: Soll man beim Widerstehen den Satan ansprechen oder nicht?

Im Judasbrief wurde der Satan vom Engel Michael angesprochen. Dürfen wir Menschen es auch tun?

Wer dazu geneigt ist, sollte sich Folgendes überlegen und fragen:

Weiß ich überhaupt, wo der Teufel ist? Habe ich ihn gesehen? An welchem Punkt der Erde hielt er sich heute auf? Er ist ja nicht allgegenwärtig.

Weiß ich, dass ich es wirklich mit ihm zu tun habe? Oder ist es ein Dämon? Kann ich das wissen? Oder war es das eigene Fleisch, die Sünde in mir?

Was bringt es? Was erwarte ich? Dass er flieht? Wenn ich ihn loswerden will, darf ich zu Jesus gehen. Er wird mit dem Feind fertig. Nicht die Schafe kämpfen gegen den »Wolf« und den »Löwen«, sondern der Hirte ist es, der den Kampf mit jenen Feinden aufnimmt. Wenn wir in jedem Fall zu Jesus fliehen, wird er mit allen unseren Bedrängern fertig werden.

- Unsere Verantwortung ist es nicht, den Feind zu vertreiben

Jakobus verheißt durch den Heiligen Geist: »...so wird er von euch fliehen« (Jakobus 4, 7). Das Fliehen des Feindes ist das Resultat des Widerstehens im Zeichen der Untertänigkeit Gott gegenüber. Wenn der Feind flieht, haben nicht wir es ausgelöst. Dann haben nicht wir ihn vertrieben. Wenn er geflohen ist, ist er vor Gott und seinem Wort geflohen.

Es gibt unter Christen die Auffassung, man sollte die geistlichen Feinde gebietsweise vertreiben. Man sagt, es gäbe »Territorialmächte«. Was ist die Lehre der Apostel? Haben sie uns derlei gelehrt?

Was für einen Sinn hätte es überhaupt, Geister zu vertreiben? Sie sind nicht an geographische Territorien gebunden, sondern an die Finsternis.

In Dan 10 geht es nicht um Territorien, sondern um Weltreiche. Auch ist dort von Territorialgeistern nicht die Rede. Selbst wenn es welche gäbe: Wir würden sie nicht vertreiben können. Es ist auch nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist es, dem Feind in dem Bereich zu widerstehen, indem wir im Licht wandeln, beten und Gottes Wort gehorchen.

Widerstehen ist nicht »vertreiben«.

- Unsere Verantwortung ist nicht, den Feind zu binden

Jesus hat den Feind gebunden (Markus 3, 27; Matthäus  12, 28.29), seine Tätigkeit eingeschränkt. Es ist immer der Herr, der des Teufels Tätigkeit bestimmt (Hiob 1 und 2).

Das Binden und Lösen, von dem der Herr in Matthäus 16 und 18 spricht, bezieht sich nicht auf den Feind, sondern auf Menschen. In Matthäus 18 geht es um die Frage, wonach wir uns im Umgang mit Menschen richten sollen, die so schwer gesündigt haben, dass sie evtl. unbekehrten Heiden gleichgestellt werden müssen. In Matthäus 16 und 18 geht es nicht um Seelsorge an »okkult Belasteten« oder Ähnliches, auch nicht um eine Aufgabe, den Feind zu binden oder zu lösen.

b. Wegen der Art des Feindes Vers 12

Paulus ruft seine Leser auf, diese Kampfrüstung anzuziehen, wie es ein römischer Soldat mit seiner irdischen Kampfrüstung tut. Dabei begründet er seinen Aufruf dreifach.

Wegen der Art des Kampfes

Wegen der Art des Feindes

Wegen der Gewissheit des Sieges

Wir wenden uns nun der zweiten Begründung zu: Wir brauchen die Kampfrüstung Gottes, weil der Feind von besonderer Art ist.

Wer und wie geartet ist unser Feind?

Er ist nicht Blut und Fleisch

12 »weil bei uns der Kampf nicht gegen Blut und Fleisch ist, ...«

Wir sind es gewohnt, Fleisch und Blut zu sagen. Paulus schreibt: »Blut und Fleisch«. Das soll wohl die natürliche Schwäche des Menschen zum Ausdruck bringen. Fleisch kommt vom Blut her. So sind wir geboren. Als Menschen sind wir einem geistigen Feind nicht gewachsen, noch weniger als gefallene Menschen. Unser Feind ist nicht ein schwacher Mensch, nicht ein Wesen, das aus Blut und Fleisch besteht. Wir, die Kämpfenden, sind es wohl. Deshalb können wir ihm von uns aus nicht standhalten. Er ist stärker und größer.

Unsere Probleme mit Menschen sind nicht rein menschlichen Ursprungs. Daher genügt die Psychologie auch nicht, um unsere Probleme zu lösen. Eine gewisse Menschenkenntnis kann zwar helfen, genügt aber nicht.

Obwohl unser Kampf nicht gegen Menschen ist, kann der Feind dennoch Menschen verwenden. In diesem Sinne haben wir es zwar mit Menschen zu tun; wir kämpfen dabei aber nicht gegen sie.

Wir sind daher nicht gegen Menschen, auch nicht gegen schwierige Christen, die uns Mühe machen, sondern wir sind stets gegen Sünde (die der Feind gebraucht) und gegen den Satan selbst. Unsere Feindschaft ist nicht mit Menschen. Die Menschen können wir lieben.

Immer wieder erfährt allerdings ein Christ, dass er von sich auch nicht vergeben und lieben kann. Das ist eine Feststellung der Wahrheit, ja, eine Offenbarung. Wir dürfen aber nicht dabei stehenbleiben, denn als solche, in denen Jesus Christus wohnt, sind wir imstande zu vergeben und zu lieben (1.Petr 1, 22). Diese Tatsache haben wir im Glauben anzunehmen und im Gehorsam zu offenbaren.

Paulus betont das Wort »uns«. Luther übersetzt: »unser Kampf«, was nicht ganz genügt, denn wörtlich sagt Paulus: »uns ist der Kampf nicht gegen ...«. D. h.: »Bei uns, für uns« – ist der Kampf nicht gegen Blut und Fleisch.

Beim Feind ist der Kampf gegen unsere ganze Person gerichtet. Er kämpft gegen Fleisch und Blut und gegen Geist. Er kämpft ganz gegen uns. Deshalb haben wir sowohl unseren Geist als auch unseren Leib in Acht zu nehmen.

Der Leib des Christen ist ein Tempel des Heiligen Geistes (1. Korinther 6, 19). Wir dürfen daher nicht, wie die Gnostiker im ersten Jahrhundert und später, den Leib vom inneren Menschen trennen in der Meinung, der Leib sei unwesentlich, und es wäre egal, was man mit ihm tue. Das würde den Geist und das innere Leben überhaupt nicht beeinflussen. Auch heute haben wir solche, die sich Christen nennen und sich manches erlauben, von dem sie meinen, es würde ihrem geistlichen Leben nicht schaden.

Wir sind ganze Menschen, und der Feind kämpft gegen uns ganz. Wenn er unseren Leib angreifen kann, kann er über diesen auch unseren Geist angreifen.

2. Korinther 4, 16: »Darum ermatten wir nicht, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, wird jedoch der innere Tag für Tag erneuert.«

Warum muss der innere Mensch erneuert werden? Unter anderem wegen des Leibes, der am Vergehen ist. Der Leib kann einen Einfluss auf unser Gemüt ausüben. Wenn wir wachsam sein wollen, müssen wir daher auch auf unseren Leib Acht geben.

Aber von unserer Warte aus ist der Kampf nicht gegen Blut und Fleisch. Wir haben einen Geist vor uns, den wir nicht sehen. Obwohl wir mit Fleisch und Blut zu tun haben, ist der Kampf, der ausgefochten wird, nicht mit diesen Menschen, sondern mit Geistern, die sich mit diesem Fleisch und Blut verbinden und es gebrauchen – ebenso wie der Geist Gottes in uns ist und uns gebraucht und sich in und durch uns offenbart. Umgekehrt gebraucht auch der Feind Menschen, durch welche er sich offenbart und durch welche er wirkt. Oft stellen sogar Christen ihre Glieder dem Feind zur Verfügung. Das ist sehr traurig.

Unser Feind ist Geist Vers 12

»weil ... der Kampf ... nicht gegen Blut und Fleisch gerichtet ist, sondern ... gegen ... die geistlichen Wesen«

»Geistlich« zu sein bedeutet nicht, »gut« zu sein. Der Feind ist »geistlich«, weil er dem Wesen nach Geist ist. Man könnte auch übersetzen: »gegen die Geisteswesen«.

Diese Mächte halten sich in der geistlichen Sphäre, im Himmelsraum, auf. Sie dringen aber in die sichtbare Welt hinein.

Als Geist ist der Feind für uns nicht greifbar. Man kann ihn nicht sehen, hören, riechen, betasten. Er ist Geist und befindet sich im Jenseits. Die »himmlischen Bereiche« sind das Jenseits. Dort sind die Geister: der dreieinige Gott, seine guten Engel, die abgeschiedenen Geister, sowie der Widersacher und seine Dämonen. Das Jenseits ist nicht ein Durcheinander, sondern klar geteilt. In dem geistlichen Bereich gibt es offensichtlich Abstufungen oder separate Bereiche, wie Licht und Finsternis.

Der Feind wirkt in dem Bereich der Finsternis und kann auf die Menschen der Welt Einfluss ausüben. Wir hingegen können nichts von jener Welt wahrnehmen. Es gibt einen Schleier zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Gott kann diesen durch übernatürliche Handlungen zeitweise entfernen. Wir nicht. Wir wissen daher nicht, wie wir mit dem Jenseits umgehen sollen. Wir handeln im Glauben auf Grund des geoffenbarten Wortes Gottes.

Er ist mehrzählig Vers 12

Das verleiht ihm fast eine Allgegenwart: Er scheint allgegenwärtig zu sein, ist es aber nicht. Es gibt niemanden, der die ausschließlichen göttlichen Eigenschaften besitzt: Zum Gottsein gehören die vier ausschließlichen Eigenschaften: Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit und Ewigkeit. Der Feind ist nicht allmächtig, nicht allgegenwärtig und nicht allwissend (auch wenn er viel weiß und an vielen Orten sein kann), und er ist auch nicht von Ewigkeit her. Er ist aber mehrzählig, hat so viele Diener (unreine Geister, d. h. Dämonen), dass es ihm möglich ist, jeden Menschen auf Erden zu beeinflussen. Wenn wir in Christus sind, ist die Gefahr seines Einflusses begrenzt. Wir können uns schützen.

Er ist mächtig Vers 12

»gegen die Erstrangigen, gegen die Machtausübenden
(o.: Autoritäten), ...«

Der Feind ist gut organisiert. Er hat ein Königreich (Matthäus 12, 26). Der Satan steht an höchster Stelle, unter ihm gibt es weitere Regenten. Paulus spricht von Fürsten (Mehrzahl). Ein Fürst ist ein Mächtiger (wörtl.: jemand, der an erster Stelle steht, ein »Erstrangiger«). Paulus spricht auch von Autoritäten (griech.: exousiai, das Wort, das er für die Obrigkeit verwendet), Machtausübenden, Wesen mit Autorität (Regierungsgewalt). Es muss nicht sein, dass hiermit eine zweite Kategorie gemeint ist.

»gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, ...«

Dieser Ausdruck spricht ebenfalls von ihrer Macht. »Weltbeherrscher« d. h.: Herrscher in der Welt ‑ und zwar dort, wo Finsternis ist.

Der Feind ist begrenzt Vers 12

Alle Geister sind geschaffene Wesen und als solche begrenzt.

1) Der Feind ist kein Gott. Es gibt nur einen Gott. Auch wenn man die Dämonen Götter nennt, so gibt es dennoch nur einen Gott (1. Korinther 8, 5.6). Wenn der Satan »der Gott dieser Weltzeit« genannt wird (2. Korinther 4, 4), ist das im relativen Sinne zu verstehen: Für die Menschen ist er ein »Gott«.

2) Der Feind ist in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt.

Gott bestimmt, was er tun darf und was nicht (Hiob 1 und 2). Auch die Begegnung Jesu mit dem Gadarener zeigt diese Bewegungsbegrenzung (Lukas 8, 31). In Offenbarung 9, 1ff dürfen die Dämonen erst hervorkommen, wenn Gott den Abgrund aufschließt. Gott bestimmt jede Bewegung des Feindes.

Er ist böse Vers 12

»gegen die geistlichen Wesen der Bosheit«

In Vers 11 wird er »Teufel« (griech.: diabolos) bezeichnet. Das ist – ebenso wie »Satan« – kein Name. Dieses Wort wird im Deutschen oft mit »Durcheinanderbringer« wiedergegeben, was unrichtig ist. Das Tätigkeitswort diaballein bedeutet »durchwerfen«; es spricht vom Werfen in eine gewisse Richtung, nicht durcheinander. Diabolos ist die Übersetzung des hebräischen ha‑ssatan, »der Widerstand Leistende«, »der Widersacher, Gegner, Opponent«. Der Teufel ist der Gegner, der uns entgegensteht.

(Nb: Für »durcheinander« hat das Griechische ein anderes Wort (akatastasia, Unordnung), Jakobus 3, 16: » ... wo Eifersucht und Streitsucht sind, da ist ein Durcheinander«).

Unser Feind ist boshaft: Er kennt keinen Respekt. Den kannte er nicht im Garten Eden, auch nicht im Garten Gethsemane, als er unseren Herrn angriff und Judas dort hineinführte. Er hatte keinen Respekt vor der Gebetszeit und dem Gebetsort unseres Herrn.

Er kennt auch kein Erbarmen, keine Barmherzigkeit. Menschen, die von ihm beeinflusst sind, kennen auch keine. Darüber sollen wir nicht erstaunt sein. Er greift von hinten an, dort wo man schwach ist. Amalek griff in 2.Mose 17 Gottes Volk ohne Mitgefühl an. Er kennt keine Barmherzigkeit.

Auch das Buch Esther schildert die Unbarmherzigkeit des Feindes: Der Satan greift das Volk Israel an und lässt ein Dekret ankündigen, dass alle Juden vernichtet werden sollen. Anschließend kann Haman mit dem König im Palast feiern mit Essen und Trinken. Es berührt ihn keineswegs, dass viel Blut fließen wird. Das ist die Art des Feindes.

Er lässt nicht locker. Auch wenn er in die Flucht getrieben wird (Jakobus 4, 7.8), kommt er wieder. Deshalb sollten wir nicht unnüchtern von einem »Vertreiben des Feindes« sprechen. Wer es dennoch tut, ist sehr naiv. Gott bestimmt, wo, wann und wie lange der Feind sein Wesen treiben darf. Wir dürfen aber Sieger bleiben, wenn wir bleibend widerstehen.

Seien wir also nicht unwissend über sein Wesen und seine Gedanken!

Er ist Beherrscher der Finsternis Vers 12

»gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit«

Hier zeigt Paulus, wie unsere Welt aussieht. Sie ist finster. Aber der Morgen kommt! Heute leben wir in einer dunklen Welt. Sie wird – hinter den Kulissen – von Geistesmächten beherrscht (vgl. 2, 2).

»dieser Weltzeit«: Eine Weltzeit (ein Äon) ist die Zeit eines Kosmos, einer »Welt«. »Dieser Äon« ist die Zeit »dieser Welt«. Damit kann entweder die physische Welt gemeint sein oder die Welt des alten Bundes. Zeit (Äon) und Raum (Kosmos) hängen zusammen. Der Kosmos hat eine bestimmte Zeitlänge. Diese Zeitlänge heißt Äon.

Der Feind hat es mit der Finsternis zu tun. Nach 1. Johannes 1 ist der Feind dort, wo es Sünde gibt. Er ist näher als wir denken. Überall, wo Sünde ist, müssen wir damit rechnen, dass der Feind im »Spiel« ist. (Unser Fremdwort okkult heißt ja »dunkel, finster«.) Der Feind ist im Bereich der Finsternis ein »Herrscher«. Das Licht will die Finsternis verscheuchen. Wir sind gerufen, in einer dunklen Welt Lichter zu sein. Die Schrift sagt, unsere Umwelt ist eine Art geistliche »Nacht« (Römer 13, 12). »Finsternis« spricht auch von Unwissenheit, Unkenntnis über Gott und seine gute Botschaft, seine Absichten und sein Gericht. »Finsternis« ist auch die Irrlehre. »Finsternis« ist Mangel an Licht Gottes. Überall, wo verkehrte, unbiblische Auffassungen sind, ist Herrschaftsbereich des Feindes oder potentieller Herrschaftsbereich des Feindes. »Finsternis« bedeutet auch: das Böse in der Sitte, in der Kultur. Kultur ist normalerweise eine Mischung von dreierlei Einfluss: göttlich, satanisch und menschlich. Kultur muss gesiebt werden. Wo Böses in der Kultur ist, muss sie abgelegt werden. In besonderer Weise ist die Kultur im Heidentum finster. Das heißt aber nicht, dass alles im Heidentum satanisch wäre. Manches ist einfach menschliche Überlieferung.

Finsternis ist die Folge der Sünde. Zum Teil sind diese Folgen von Gott eingeführt worden, zum Teil sind sie wegen der Sünde automatisch gekommen. Nicht der Satan ist der Urheber von Krankheit und Tod, sondern Gott hat sie nach dem Sündenfall als Strafe eingeführt. Gott erlaubt es ihm manchmal, über sie zu verfügen (Hi 2; Lukas 13, 10‑17; Hebräer 2, 14). Aber der Satan darf nicht nur das Negative im Leben gebrauchen, das Gott hineingeführt hat, er darf auch das Positive gebrauchen, die Schöpfung. Das können wir nicht immer verstehen. Auch Hiob konnte es nicht verstehen; aber er durfte in dem allen Gott besser kennenlernen und geläutert werden.

4. Wiederholung des Aufrufes  6, 13

In Vers 13 wiederholt Paulus den Aufruf, den er in Vers 11 gegeben hatte: »Die volle Rüstung Gottes sei angetan, damit ihr . . . stehen könnt«. Er geniert sich nicht, sich zu wiederholen. Er weiß, dass es notwendig ist. Wir brauchen Wiederholung. Der Herr Jesus Christus sagt, dass wir in der Gemeinde immer Altes und Neues brauchen (Matthäus 13, 52).

»Nehmt deshalb die volle Rüstung Gottes, ...«

Wenn wir die volle Rüstung Gottes angezogen haben, ist es uns möglich, mit dieser zu widerstehen. Erinnern wir uns an die zwei großen Verheißungen in Bezug auf unseren Feind (Epheser 1, 19‑22). Wir ragen mit dem auferstandenen und erhöhten Christus über alle Namen, weil wir ein Teil seines Leibes sind. In ihm sind wir auch über den Feind erhöht, sogar wenn unser Platz ganz unten ist. In ihm sind wir Sieger.

Kolosser 2, 15: »... er stellte ihn« (den Feind) »öffentlich zur Schau«. Jesus überwand ihn am Kreuz und in der Auferstehung. In letzterer zeigte er, dass seine Macht größer war als die des Feindes; somit stellte er ihn öffentlich zur Schau.

»damit ihr imstande seid, an dem bösen Tage zu widerstehen«

Auch die Begründung wiederholt Paulus.

Was mit dem »bösen Tag« gemeint ist, ist nicht ganz eindeutig. Es könnte damit eine besondere Leidens‑ und Prüfungszeit (wie die in Offenbarung 3, 10) gemeint sein – oder ganz allgemein der Verteidigungstag, der Tag im Leben des Christen, an welchem die Versuchung besonders stark an ihn herantritt. In jedem Krieg gibt es solche kritischen Tage. Dieser böse Tag kann zu jeder Zeit da sein. Ganz plötzlich kann der heißeste Kampf entstehen. Wir werden aber nur dann bestehen können, wenn wir vorher bereits gelernt hatten, mit der Kampfrüstung Gottes umzugehen.

Der »böse Tag« begegnet uns immer wieder. Dann holt der Feind alle seine Kriegsmittel, und es scheint uns als wolle er nicht lockerlassen und nie nachlassen. Wenn wir da nicht vorbereitet und unsere Augen nicht auf unseren Herrn fixiert sind, können wir irrewerden an Gott und an uns selbst. An Gott wollen wir niemals irrewerden. Wir sollen im Wort Gottes fest sein und wissen, dass Prüfungen kommen. In 2. Korinther 1, 8 verzweifelt Paulus zwar an sich selbst, aber nicht an Gott.

Der böseste Tag kann auch der Tag des Todes sein. Er muss es nicht, aber er kann es sein.

»und, nachdem ihr alles ausgerichtet habt, ...«

Wir sollen »alles ausrichten«, alles, was Gott uns aufgetragen hat. Unser Auftrag ist die Arbeit am Königreich Gottes. Damit wollen wir beschäftigt sein. Wir wollen den ganzen Willen Gottes tun. (Vgl. 2. Korinther 10, 6: »...wenn euer Gehorsam vollständig gemacht worden ist«.)

»zu stehen«

»und .... (damit ihr imstande seid) zu stehen.«: Wenn der Gegenangriff kommt, wollen wir bereit sein zu stehen. Aber eines Tages, wenn aller Kampf vorbei ist und wir alles ausgerichtet haben, werden wir bei unserem Gott stehen und seine anerkennenden Worte hören. »Guter Knecht!«

Unsere Aufgabe ist es, den Willen Gottes zu tun.

Unsere Aufgabe ist nicht, dass wir andere Menschen verändern. Nur zu gern möchten wir das. Oft aber merken wir nicht, dass der eigentliche Grund für diesen Wunsch derjenige ist, es anschließend leichter zu haben. Das ist besonders in der Ehe der Fall, dort, wo wir auf engstem Raum zusammenleben. Wir möchten gerne den Ehepartner verändern, damit wir es weniger schwierig haben. Aber bedenken wir: Jeder von uns hat einmal einen Sünder geheiratet. Wir sind es, die verändert werden sollen – Jesu wegen; der Verändernde ist der Heilige Geist. Er verwandelt uns, wenn wir in den Spiegel des Wortes Gottes schauen, uns Christus ansehen (2. Korinther 3, 18) und ihn bitten, sein Werk an uns zu tun.

Unsere Aufgabe ist auch nicht, dass wir die Welt verändern. Nicht das ist unser Ziel; sondern wir setzen Zeichen. An gewissen Stellen wird die Situation als Frucht des Evangeliums zwar besser werden, aber darüber verfügen nicht wir. Es kann auch vorkommen, dass durch unsere Evangeliumsverkündigung die Situation schlimmer wird. Die Motivation für die Verkündigung der guten Botschaft ist nicht, die Welt zu verändern, sondern den Willen Gottes zu tun.

D. Die dritte Aufforderung: »Steht!«  6, 14‑17

14 »Steht also, eure Hüften mit Wahrheit umgürtet und die Brustwehr der Gerechtigkeit angezogen 15 und die Schuhe an den Füßen gebunden in einer Bereitschaft der guten Botschaft des Friedens – 16 zu dem allem den Schild des Glaubens aufgenommen habt, an dem ihr alle die brennenden Geschosse des Bösen werdet löschen können, 17 und nehmt in Empfang den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das das Wort Gottes ist, von ihm gesprochen.«

Die dritte Aufforderung gibt uns Aufschluss über unsere Auseinandersetzung mit dem Feind Gottes, der jetzt auch unser Feind geworden ist, weil wir Gottes Freunde sind.

1. Die Betonung  6, 14A

»Steht also, ...«

Das Wort »also« (bzw. »dementsprechend«) deutet auf die Verse 10‑12 zurück: »Zu dem, was [noch zu schreiben] geblieben ist, meine Brüder: Werdet innerlich gekräftigt in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht an die volle Rüstung Gottes, damit ihr gegen die listigen Vorgehensweisen des Teufels stehen könnt, weil bei uns der Kampf nicht gegen Blut und Fleisch ist, sondern gegen die Erst-
rangigen, gegen die Autoritäten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen ›Wesen‹ der Bosheit in den himmlischen ›Bereichen‹.«

Im Blick auf all das sollen wir nun bereit sein zu stehen. Paulus hat vom Ernst des Kampfes gesprochen. Wir sollen widerstehen, sollen stehen, um zu bestehen, sollen kämpfend stehen.

Martin Goldsmith schrieb ein Buch über den weltweiten Missionsauftrag mit dem Titel: »Warum stehst du einfach da?«. Wir sollen nicht einfach umherstehen, sondern kämpfend stehen.

Die Ausdrücke »Steht! Widersteht! Haltet stand!« sind bezeichnend. Sie zeigen uns, dass der Kampf von unserer Seite aus ein Verteidigungskampf ist. Wir werden nicht aufgerufen, den Widersacher anzugreifen. Dazu besteht keine Notwendigkeit, denn der Satan wird uns schon genügend angreifen. Wir haben uns aber kämpfend zu wehren.

Das heißt jedoch nicht, dass keine Initiative zu ergreifen wäre. Diese besteht aber nicht im Angriff gegen den Feind, sondern im Vormarsch für den Herr Jesus! Wir sollen bereit sein, die gute Botschaft des Friedens hinauszutragen. Es ist nicht eine Kriegsbotschaft. Wir sind nicht Evangelisten der Revolution. Wir sind nicht Kampflustige, sondern Friedfertige. Wir bringen den Frieden. Ständig sind wir bereit, die Botschaft des Friedens hinauszutragen. In diesem Bemühen werden wir unterwegs angefochten. Man widersteht uns. Dann heißt es für uns: Nicht zurückschrecken, sondern standhaft bleiben und weitergehen!

Es geht also nicht darum, kampflustig einen Krieg heraufzubeschwören oder ein Gebiet einnehmen zu wollen (wie es in weltlichen Kriegen gemacht wird), sondern wir verteidigen, löschen die Pfeile, die auf uns zukommen, lassen uns nicht töten. Wir bleiben am Leben. Es ist ein Existenzkampf, nicht ein Angriffskampf. Es gilt, im passiven Sinne zu überwinden, indem wir uns nicht unterkriegen lassen. Und wir lassen uns nicht überwinden, weil wir in Jesus Christus unsere Stellung behaupten. Wir erstarken in ihm, in der Macht seiner Stärke.

Was unseren Dienst, unsere Tätigkeit für Christus, betrifft, sind wir unterwegs. Wir gehen vorwärts. Was unsere Auseinandersetzung mit dem Feind betrifft, sind wir Stehende. Wir halten stand. Wir lösen den Kampf nicht aus. Nicht wir suchen ihn. Der Kampf kommt auf uns zu. Wir leben im Zeichen des Friedens. Wo immer wir Menschen begegnen, geben wir ihnen zu verstehen, dass wir sie lieben, dass wir mit ihnen Frieden schließen wollen. Aber dabei wird uns immer wieder der Kampf angesagt. Da sollen wir uns nicht einschüchtern lassen! Wir bringen Leben, aber unser eigenes Leben wird in diesem Vorgang angefochten. In der Gemeinde, in der Gesellschaft – überall kommt der Kampf der Geisteswelt auf uns zu. Da haben wir zu widerstehen.

2. Die Vorbereitung zum Stehen  6, 14‑17

Die Kampfrüstung besteht aus Bekleidung und Waffen. Die Bekleidung muss angezogen werden. Die Waffen sollen ergriffen werden.

a. Den Gürtel der Wahrheit umgürten Vers 14

»eure Hüften mit Wahrheit umgürtet«

Am Anfang steht das Wichtigste: Die Wahrheit bewahrt! – auch wenn es etwas kostet, zu ihr zu stehen.

Um welche Wahrheit handelt es sich?

In erster Linie sollen wir an die große Wahrheit denken, die Gott in die Finsternis hineingestellt hat: das Licht seiner Wahrheit von 1.Mose 1 bis Offenbarung 22. Gottes ganze und absolute Offenbarung ist seine Wahrheit. Für sie stehen wir kämpfend ein. Wir wollen keinen Millimeter nachgeben. Wir kämpfen für die Wahrheit des Evangeliums, für das Zeugnis von Jesus Christus. Paulus nennt das Evangelium »Wahrheit« (vgl. Galater 2, 5.14; 4, 16; 5, 7; Epheser 1, 13). Die Wahrheit Gottes ist die Wahrheit der Lehre. Wir müssen sie aufrechterhalten und alle unsere Gedanken dem Worte Gottes unterordnen.

Von dem Wort Gottes als Waffe redet Paulus später (»Schwert des Geistes«). Daher muss hier mit »Wahrheit« mehr gemeint sein:

Christen sollen wahrhaftig werden. Unser Leben soll von Gottes Wahrheit und Wahrhaftigkeit geprägt sein. Im Gegensatz zu dieser Wahrhaftigkeit steht die List des Teufels, der Betrug der Sünde, die betrügerischen Begierden. Der List des Teufels müssen wir die Wahrheit entgegenhalten Andernfalls werden wir fallen. Wer nicht wahr ist, stolpert über sein eigenes »Gewand«. Die Lenden unseres Denkens müssen umgürtet sein (1.Petr 1, 13). Der Widersacher kommt mit der Lüge; der Christ kommt mit der Wahrheit. Wir kämpfen nicht mit den Waffen unseres Gegenübers. Wir geben nichts Falsches vor. Wir sind durch und durch echt. Er ist unwahr. Würden wir so handeln wie er, so würden wir seine Werkzeuge.

Es geht dem Apostel in Epheser 6 also nicht nur um die objektive Wahrheit.

Welche Funktion hat diese Wahrheit bei der Waffenrüstung?

Das Bild vom Gurt sagt zweierlei aus:

- Die Wahrheit verleiht Festigkeit im Kampf

Der Gurt war der Begegnungspunkt der verschiedenen Teile der Kampfrüstung. Er hält die Einzelteile zusammen, so dass sie nicht hin und her fliegen, den Leib entblößen und die Pfeile die nicht bedeckten Stellen finden. Es passierte nämlich einmal dem König Ahab, dass der Pfeil eine Lücke fand, eine Öffnung. Vgl. 1.Kön 22, 34. Das darf nicht geschehen! Die Wahrheit ist das Zentrale in unserem Leben. Sie hält alle wichtigen Teile zusammen, und von dort her werden sie definiert.

- Die Wahrheit schützt

Der Gurt ist breit genug, um die Lenden zu schützen. Sie gehören zu den Stellen unseres Körpers, die am leichtesten verwundbar sind. Wenn man dort verwundet ist und nicht sofort Hilfe bekommt, stirbt man bald. Unsere Lenden müssen mit Wahrheit umgürtet sein. Wir sind dort empfindlich verwundbar, wo wir unwahr sind.

Die Wahrheit verbindet alles, gibt Festigkeit im Kampf und schützt uns besonders an unseren verwundbaren Stellen. Daher wollen wir an jeder Stelle unseres Lebens um die Wahrheit bemüht sein! Gute Männer Gottes fallen, wenn sie ihre Lenden nicht mit der zuverlässigen Wahrheit der Heiligen Schrift bekleiden. Wenn wir inkonsequent unseren Weg gehen, bekommen die Menschen ein falsches Bild von uns. Wenn wir dann unser wahres Gesicht zeigen, sind wir ein ganz anderer Mensch, als wir vorgaben zu sein. Wir wollen deshalb da-rauf achten, dass unser Leben von vorne bis hinten konsequent und einheitlich für den Herrn Jesus da ist.

b. Den Brustpanzer der Gerechtigkeit anziehen Vers 14

»und den Brustpanzer der Gerechtigkeit angezogen«

Der Panzer bedeckte die Brust, ging aber auch unter dem Gurt in die Lenden hinein, manchmal auch über die Lenden darüber. Es geht hier nicht um einen genauen Vergleich, denn in 1. Thessalonicher 5, 8 kann Paulus auch Glaube und Liebe mit einem Panzer vergleichen. Worum es hier geht ist: Bedeckung, Schutz. Ob es nun Gerechtigkeit ist oder Glaube und Liebe, diese Tugenden gehen ineinander über. Wie bei der Wahrheit geht es hier sowohl um die objektive Gerechtigkeit wie auch um die uns prägende (subjektive) Gerechtigkeit.

Rechtfertigung ist die Anwendung der Gerechtigkeit. Wer Vergebung erhalten hat, ist gerecht (Römer 4, 6.7). Gerechtigkeit kleidet uns, schützt uns. Christi Gerechtigkeit prägt unser Leben (Epheser 4, 22‑24). Wir sollen das alte Wesen ablegen und die Tugenden – das Wesen – unseres Herrn anziehen.

Römer 13, 12: »Lasst uns also die Werke der Dunkelheit ablegen«. Das gehört zur praktischen Gerechtigkeit. Wir werden geprägt durch die Gerechtigkeit Christi. Sie ist unsere Gerechtigkeit, und deshalb auch ist unsere Gerechtigkeit im praktischen Sinne geprägt von seiner Gerechtigkeit. Es wird nie anders sein: Unser Fleisch ist verdorben, wir sind Sünder. Unser Heil und unsere Gerechtigkeit ist in Jesus Christus, in seiner Person.

Galater 2, 19.20: »Ich bin mit Christus gekreuzigt worden« – damals am Kreuz (nicht während meines Glaubenslebens). Wir kreuzigen nicht das Ich. Es ist bereits gekreuzigt. Sobald jemand in Christus kommt, hat er diese Wahrheit zu bejahen: »Ich bin am Kreuz mit Christus gekreuzigt worden.«

»Aber ich lebe – nicht mehr ich.« – sondern ich lebe per Stellvertretung. Nicht Paulus lebt, sondern Christus lebt. Christus lebt in Paulus. Wenn Christus in Paulus lebt, lebt Paulus. Als wir zum Glauben kamen, haben wir nicht zweierlei bekommen, Christus und das ewige Leben, sondern wir bekamen nur eines, eine Person: Christus. Und weil wir diese Person haben, haben wir das ewige Leben. Wer den Sohn hat, hat das Leben (1. Johannes 5, 11.12). Der Heilige Geist ist Leben Römer 8, 10). Der dreieinige Gott kann nicht in sich getrennt werden. Der Geist Christi und der Geist Gottes ist ein und derselbe Geist (Römer 8, 9). Alle drei sind am Heilsverfahren beteiligt, auch wenn sie jeweils verschiedene Akzente in ihre Aufgaben setzen.

Die Gerechtigkeit ist also seine Gerechtigkeit. Aber seine Gerechtigkeit wird nun in meinem Leben, in meinen Handlungen und Worten, mehr und mehr sichtbar.

Wir werden vom Feind angefochten. Sein Ziel ist es, uns in die Sünde zu treiben. Genau an dieser Stelle sollen wir gerecht bleiben. Wie tun wir dies? Wir verstecken uns immer hinter der Gerechtigkeit Gottes – immer (nicht nur in der Heilswende am Beginn des Christenlebens). All unser Tun soll im Zeichen der stellvertretenden Gerechtigkeit Gottes geschehen. Das wird unsere »Lungen« und unser »Herz« schützen. Dieses Panzerstück heißt Gerechtigkeit. Wenn wir mit Christi Gerechtigkeit angetan sind und uns nicht auf unsere eigene stützen, werden wir tatsächlich standhalten können. Jesus Christus allein ist unsere Gerechtigkeit (1. Korinther 1, 30). Er ist alles, was wir brauchen.

»Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid. Damit will ich vor Gott besteh’n, wenn ich zum Himmel werd‹ eingeh’n.«

c. Die Schuhe der Bereitschaft für das Evangelium anziehen Vers 15

»und die Schuhe an den Füßen gebunden in einer festen Bereitschaft der guten Botschaft des Friedens«

Zum Bild von den Schuhen

Schuhe trugen Freie und Soldaten. Barfuß gingen Gefangene, Sklaven und Trauernde. Christen sind Befreite – und zugleich auch Soldaten.

Der Soldat des Altertums bindet seine Schuhe an, um die Füße zu schützen und um im Kampf mit Festigkeit zu stehen, denn die Schuhe waren an den Sohlen mit Greifeisen versehen. Geschützt mussten die Füße werden vor Dornen und spitzen Steinen, dazu vor Nägeln und Glasscherben, die der Feind auf den Boden streuen konnte.

Es gibt eine Menge von Christen, die sich bald beleidigt fühlen, sobald sie in die Arbeit des Herrn eingestiegen sind. Sie gingen zwar anfangs mutig daran, aber sie haben nicht beachtet, dass ihre Füße die entsprechenden Schuhe brauchten.

Zum Begriff »feste Bereitschaft«

Dieser Ausdruck hat den Auslegern von jeher Schwierigkeiten bereitet. Um den Weg zu einiger Klarheit zu finden, wollen wir die Bedeutung des griechischen Wortes im Grundtext beachten, den Gebrauch des Wortes in der griechischen Übersetzung der alttestamentlichen Schrift berücksichtigen und den unmittelbaren Zusammenhang unseres Satzes nicht vergessen.

Das im griechischen Text zugrundeliegende Wort hat die Bedeutung »bereit zu sein, im Begriff der Bereitschaft zu sein«.

In der griechischen Übersetzung des AT kann es in Verbindung mit einer festen Unterlage gebraucht werden, einer Art Fundament, das bereits vorhanden ist, also in Bereitschaft liegt. Der Apostel, der seine Bibel kennt, dürfte auch an diesen Aspekt gedacht haben. Es handelt sich hier also wohl um eine Bereitschaft, mit der guten Botschaft fest stehenzubleiben.

Paulus spricht nun von einer Bereitschaft »der guten Botschaft«. Der Wesfall (Genitiv) ist in sich selbst nicht klar. Handelt es sich um eine feste Bereitschaft »für« die Botschaft oder »aus« ihr? Soll man die Botschaft weitertragen oder in ihr stehen? Die Antwort kommt aus dem Hauptprädikat des Satzes, in dem wir uns befinden. Dieses steht ganz am Anfang (in Vers 14) und lautet: »Steht«, und zwar in der Befehlsform. Dieses eine Wort bildet den Hauptsatz eines mehrteiligen und längeren Satzes, der bis zum Ende von Vers 20 reicht. Das Subjekt »ihr« ist nämlich vorausgesetzt, und alles, das auf »Steht« folgt, erklärt, wie man zu stehen hat. Es geht dem Apostel also um ein Stehen mit der guten Botschaft und nicht um ein Gehen mit derselben.

Die Botschaft des Friedens

In der Tat kennzeichnet der Friede das Evangelium.

Der Friede kommt vom Gott des Friedens,

o   der einen Friedensraum mit Menschen geschaffen hat, die Gemeinde, und dieser Gemeinde eines Tages ewigen Frieden verschaffen wird: Römer 16, 20 (vgl. 1.Mose 3, 15).

o   Er wird dem Christen zuteil durch den Sohn, den Herrn Jesus Christus: Epheser 1, 2 (im Eingang des vorhandenen Briefes); 2, 14‑18; Johannes 14, 27; Römer 5, 1.

o   Er kommt durch die gute Botschaft: Johannes 16, 33.

o   Gott der Heilige Geist bewirkt ihn in jedem Gläubigen: Galater 5, 22.

In einer gefährlichen Welt darf dieser Friede Jesu uns bewahren: Johannes 16, 33; Philipper 4, 7; Kolosser 3, 15.

Dieser Friede will erstrebt und bewahrt werden: Römer 14, 19; Epheser 4, 3; He 12, 14; 1.Petr 3, 11; 2.Petr 3, 14.

Zusammenfassung

Während uns der Feind angreift, um uns zu zerstören, sollen wir uns wappnen mit einer Bereitschaft, fest zu stehen in der guten Botschaft, die uns das versöhnende Heil gebracht hat und uns das endgültige Heil verbürgt. Jeder Christ soll in der Bereitschaft sein, standfest zu bleiben, im Evangelium nicht nachzugeben.

d. Den Schild des Glaubens nehmen Vers 16

»zu dem allem den Schild des Glaubens aufgenommen habt, ...«

Mit dem Schild ist hier der große gemeint, nicht der kleine runde. Hinter dem römischen Schild konnte man sich verstecken. Das griechische Wort ist das, von dem wir unser deutsches Wort »Tür« haben. Der Schild ist wie eine große Tür, die hin und her geschoben werden kann, sodass man geschützt bleibt.

Der Schild wird im Glauben gehandhabt. An und für sich ist Jesus Christus der Schild, wie Jahweh im Alten Testament der Schild Davids und Israels ist. (Vgl. Psalm 3, 4; 18, 3; 84, 12). Gott der Herr ist Sonne und Schild. Er bewahrt die Seinen. Im Glauben vertrauen sie auf seinen Schutz.

Bedenken wir, dass sich der Gedanke der Stellvertretung durch den ganzen Text zieht. Glauben bezieht sich auf Stellvertretung: Ein anderer steht für mich da und ist um mich her.

Selbstvertrauen wäre Brennmaterial. Wenn man den rechten Schild hat, können die angezündeten Geschosse gelöscht werden. Hat man diesen Schild nicht und vertraut auf sich selbst, wird dieses Selbstvertrauen schnell brennen. Gott ist unser Schild.

Den Schild soll man »aufgenommen haben«. Man nimmt ihn nicht erst im Kampf auf, sondern bevor man in die Schlacht zieht.

»mit dem ihr alle brennenden Geschosse des Bösen werdet löschen können, ...«

Mit feurigen Geschossen und Pfeilen konnte man Holzschilde zum Brennen bringen. Aber Christus, unser Schild, kann nicht in Brand gesteckt werden. Nicht nur das: Er löscht sogar die brennenden Pfeile. Hinter ihm verstecken wir uns im Glauben. Er kann alle feurigen Geschosse löschen.

Die Pfeile, die auf uns zufliegen und die uns verwunden wollen, können durch den Glauben gehalten bzw. unwirksam gemacht werden. Glauben ist ein Tätigkeitswort, das immer einen Gegenstand hat: was man glaubt und wem man glaubt.

Was glauben wir – und wem? Für uns ist Jesus Christus der Gegenstand des Glaubens. Das griechische Wort für Glauben bedeutet, sich mit jemandem verbinden. Wir verbinden uns mit Jesus Christus, berufen uns auf ihn. Wenn der Feind auf uns zukommt und seine giftigen Pfeile auf uns schießt, stellen wir uns hinter unseren Herrn und sind geschützt. Er ist unser Schutz und Schild (Psalm  5, 13; 18, 30; 28, 7; 119, 114). Immer wieder weist Paulus auf Christus.

e. Den Helm des Heils nehmen Vers 17

»und nehmt in Empfang den Helm des Heils«

Wir sind immer noch bei der Vorbereitung zum Stehen. Paulus greift etwas zurück: »Steht vorbereitet«. Wir werden erinnert, alle Rüstungsteile in Empfang zu nehmen, denn sie werden alle geschenkt. Sie werden uns von Gott dargeboten.

Wenn in Jesaja 54 die Geschichte der Knechte des Herrn erzählt wird, ist zunächst von der Aussichtslosigkeit des Fruchttragens die Rede. Dann aber heißt es, dass sie viel Frucht bringen. Der Prophet sagt: »Das ist das Erbteil der Knechte des Herrn, und ihre Gerechtigkeit ist von mir, spricht Jahweh« (Vers 17). Das bleibt das rückblickende letzte Wort eines jeden treuen Christen. »Es war alles geschenkt! Alles war Gnade!«

»den Helm des Heils«: Das Heil ist dreifach. Als Christen können wir sagen:

·         Ich bin gerettet worden. (Vgl. Titus 3, 4)

·         Ich bin dabei, gerettet zu werden. (Vgl. 1. Korinther 1, 18)

·         Ich werde gerettet werden. (Vgl. 1.Petr 1, 9) Wir haben die feste Hoffnung in Christus, eines Tages gerettet zu werden.

In 1.Thes 5, 8 wird der Akzent ebenfalls auf die Hoffnung gelegt: der Helm der Hoffnung des Heils. Hier ist wahrscheinlich das ganze Heil als Helm zu verstehen.

Der Helm schützt den wichtigsten Teil des Körpers, das Haupt, erhält ihn bei klarem Denken. Mit den Füßen sind wir bereit, fest in der Botschaft des Heils zu stehen, aber der Kopf wird geschützt durch das Heil.

Psalm 140, 8: »Du hast mein Haupt bedeckt am Tage des Waffengangs«. Gott bedeckt unseren Kopf, von dem aus alles dirigiert wird. Der Kopf überlegt und bestimmt. Da wollen wir durch sein Heil bewahrt bleiben. Wir müssen immer klar denken können. Während wir denken und planen und uns Gedanken machen, wie wir am besten kämpfen können, während der eine Arm mit dem Schwert umgeht und der andere mit dem Schild, während wir festen Boden unter den Füßen zu bewahren suchen, muss der Kopf mit dem Helm des Heils geschützt sein.

Er wird uns angeboten (vgl. 1.Thes 5, 8; Jesaja 59, 17), und wir sollen ihn entgegennehmen. D. h.: Wir sollen im Heil stehen.

f. Das Schwert des Geistes nehmen Vers 17

»und das Schwert des Geistes, das das Wort Gottes ist, ...«

Zum Wortlaut dieses Satzteils

1) Wir wären in Verlegenheit, wenn Paulus hier nicht deutlich gesprochen hätte. Das Schwert ist zwar des Geistes Schwert, es ist aber nicht der Geist, sondern das Wort Gottes. Im Wort Gottes handelt der Geist. Auch wenn er es uns zum Empfangen darreicht, bleibt es sein Schwert. Der Geist Gottes lebt in uns und um uns (Römer 8, 9). Während wir Gottes Schwert gebrauchen, wollen wir uns vom Heiligen Geist führen lassen.

Wiederum muss betont werden: Es ist nicht unsere Waffe. Das Wort ist sein Schwert. Wir verkünden das Wort Gottes, nicht unsere eigenen Überlegungen! Es ist nicht unser Schwert, sondern das Schwert des Geistes.

2) Hier steht im Grundtext nicht logos (Wort), sondern hreema (Ausspruch). Dieser Begriff erinnert daran, dass unsere Bibel das Reden Gottes ist. Manche behaupten, hreema sei das Wort, das Gott heute in Prophetie in der Gemeinde spreche, im Unterschied zu logos, dem Wort der Bibel. Sie meinen, der Unterschied läge darin, dass logos geschichtliches Wort sei und hreema gegenwärtiges, dass Christen heute mehr bräuchten als die Bibel, nämlich existenzielles Wort, ein Wort in unsere Situation hinein. Aber in der Heiligen Schrift werden diese zwei Begriffe (logos und hreema) auswechselnd für dieselbe Sache gebraucht, nämlich das geschichtliche Wort, so z. B. in 1.Petr 1, 23‑25: »als Wiedergeborene – nicht aus verderblichem Samen, sondern aus unverderblichem, durch das lebende und in Ewigkeit bleibende Wort (logos) Gottes, weil ›alles Fleisch wie Gras ist und alle Herrlichkeit des Menschen wie die Blume des Grases: Das Gras verdorrte, und seine Blume fiel ab – aber das Wort (hreema) des Herrn bleibt in Ewigkeit.‹ Dieses ist das Wort (hreema), das an euch als gute Botschaft erging.«

Über Jahrtausende hinweg hat Gott gesprochen, und was er gesagt hat, ist sein Wort, sind seine Aussprüche. Dieses gesamte geschichtliche Wort ist unser Schwert, unser einziges. Hreema bringt zum Ausdruck, dass Gott wirklich gesprochen (gehaucht) hat, logos, dass das von ihm gesprochene Wort ein sinnvolles, durchdachtes Wort ist und Gott in seinem Wort von ihm Gedachtes zum Ausdruck gebracht hat.

In Johannes 6, 63 sagte der Herr: »Meine Worte (hreema in der Mehrzahl) sind Geist und Leben.« Jesus Christus – das Wort Gottes in Person – sprach in der Kraft des Heiligen Geistes. Wollen wir etwas ausrichten, so müssen wir mit den Aussprüchen Gottes umgehen und sie als Schwert benützen. Die Aussprüche Gottes werden unser Schwert sein, weil sie mit dem Heiligen Geist aus dem Mund Gottes kamen.

Jesus sagte: »Der Mensch lebt ... von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes hervorgeht« (Matthäus 4, 4). Das Wort geht als Schwert aus dem Munde Christi hervor (Offenbarung 19). Das ist unser Schwert. Wenn wir also in unserer Umgebung etwas für den Herrn erreichen wollen, müssen wir mit der Bibel – mit den Aussprüchen Gottes – umgehen. Wenn wir im Kampf stehen, wenn wir in die Versuchung kommen, ist es entscheidend wichtig, dass wir immer das Wort Gottes zitieren.

Aber natürlich tun wir gut, wenn wir das Schwert besser schwingen als Petrus in Johannes 18, 10. Sie werden – in ihrer Familie, bei Ihren Nachbarn, Freunden und Bekannten – nur dann etwas ausrichten, wenn Sie das Wort Gottes bezeugen: »Gott sagt so: ...«. Die Menschen der Bibel sagten: »Es steht geschrieben«.

Dieses Schwert genügt

Ein eifriger Christ, ein Mann im Militär, sagte: »Das Schwert genügt in allen Situationen. Eine einzige Angriffswaffe, kein Speer, kein Dolch, keine Maschine, mit der man katapultiert, von einer Mannschaft gehandhabt, nur ein Schwert. Aber das genügt.«

Es genügt in allen Situationen. Paulus ist überzeugt, dass man damit »am bösen Tage« zu widerstehen und, nachdem [man] alles ausgerichtet [hat], zu stehen [vermag].«

Der Kämpfende ist mit diesem allein

Kein anderer schwingt es für ihn. Beim Katapultieren musste eine Mannschaft dabei sein. Hier aber ist nur einer. Hier muss der Soldat kämpfen!

Kämpfe ich nicht, so bin ich in Gefahr, denn niemand tut es für mich.

Das Schwert ist landschaftsunabhängig

In jedem Land der Erde, in jeder Kultur, in jeder Generation, in jeder Situation, in der Hand eines alten Christen, in der Hand eines jungen – ist es gleichwohl fähig, dem Kämpfer den Sieg zu verschaffen. Wie immer auch die geistliche Landschaft aussehen mag, das Schwert des Wortes Gottes kann immer mit Erfolg gebraucht werden.

Es muss festgehalten werden

Ansonsten fällt es aus der Hand. Festhalten am Wort Gottes will gelernt sein. Manchmal hält die Hand das Schwert so fest, dass sie es nicht mehr loslassen kann – wie bei Eleasar, dem Sohn Dodos, jenem Soldaten in Israel, dessen Hand am Schwert klebte (2.Sam 23, 10). Gott schenke uns solche zähen Streiter!

Es muss flink gehandhabt werden

Die Gefahr kann aus jeder Richtung kommen. Wenn das Wort Gottes in uns ist und wir es festhalten, werden wir es immer bereit haben und flink einsetzen können. Als Jesus in der Wüste war, hatte er das Wort Gottes in seinem Inneren (Matthäus 4, 4.7.10). Er hatte es in seinem Herzen aufgespeichert (Psalm 119, 11). Jesus gebrauchte immer das Schwert: »Es steht geschrieben ...«. Wir sollten uns darin üben, das Wort Gottes flink zu verwenden.

1. Johannes 2, 13.14: »Ich habe euch, junge Männer, geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt.« Das ist der Schlüssel. Diese geistlich »jungen Männer« haben den Bösen überwunden, nicht, weil sie in der Blüte ihrer Kraft standen, sondern weil sie im Wort Gottes geübt waren. In dem, was Gott gesagt hat, liegt die Kraft für uns alle, auch für Männer, die müde werden (Jesaja 40, 30.31).

Ein abschließendes Wort

Wir wollen uns zurüsten lassen zu diesem Kampf, der heute sehr hart gekämpft wird. Es geschehen in dieser Zeit Dinge, die uns dazu mahnen und aufrufen, mit solchen Versen – wie sie in diesem Kapitel stehen – ernst zu machen. Das ist kein veralteter Lehrinhalt. Das ist etwas, das uns hier und jetzt angeht. Wenn wir nicht Bescheid wissen über die ganze Waffenrüstung, werden wir schnell vom Feind überwunden. Wir wollen ins Gebet gehen, im Umgang mit Jesus erstarken und uns durch den Heiligen Geist, der uns liebt, ausrüsten lassen. Er will uns zurüsten, umgeben und schützen. Dann wollen wir uns sein Schwert in die Hand drücken lassen und in den Kampf gehen und darin standhalten – orientiert am Wort Gottes, das die Wahrheit ist.

E. Die vierte Aufforderung: »Betet!«  6, 18‑20

18 »Und betet zu allen Zeiten im Geist mit allem Gebet und Flehen; seid zu diesem Zweck wachsam mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen, 19 auch für mich, damit mir im Auftun meines Mundes das Wort gegeben werde, mit Freimütigkeit bekannt zu machen das Geheimnis, die gute Botschaft, 20 für die ich ein Botschafter in einer Kette bin, damit ich in dieser Botschaft freimütig bin, rede, wie ich reden soll.«

Somit kommen wir zur zweiten Ebene des Kampfes, denn es sind zwei, auf denen er ausgefochten wird, einmal in der direkten Auseinandersetzung und dann in der indirekten. Die indirekte Auseinandersetzung mit dem Feind besteht in der direkten Verbindung zum Hauptquartier.

Wir haben im Alten Testament ein Bild dafür (2.Mose 17): Mose ist auf dem Berg, während Josua im Tal kämpft. Die Entscheidung fällt nicht im Tal, sondern auf dem Berge – dort, wo die Verbindung mit Israels Hauptquartier ist, nämlich die Verbindung mit der unsichtbaren Welt Gottes. Dort wird der Kampf entschieden. Der entscheidende Teil des Kampfes geschieht im Gebet. Auf beiden Schlachtfeldern wird gekämpft, aber die Entscheidung fällt im Gebet.

»Und betet zu allen Zeiten im Geist mit allem Gebet und Flehen; seid zu diesem Zweck wachsam mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen, ...«

Im Griechischen steht statt »und betet« ein Mittelwort der Gegenwart: »betend«. Es führt den Gedanken des Imperativs von Vers 14 fort: Steht ... betend. Im Deutschen verwenden wir ungern ein Mittelwort. Wir vermeiden es eher. Das Mittelwort »betend« wird hier im Sinne einer Aneinanderreihung verwendet. Man kann hier durchaus übersetzen: »Und betet ...«.

Beten ist nicht lediglich eine religiöse Handlung. Es ist die Kontaktaufnahme mit Gott. Beten heißt, sich an Gott zu wenden, Gott zu suchen, seine Hilfe zu suchen, sich Gott zu nahen. (Das griechische Wort bedeutet Annäherung.)

Beten ist keine passive Angelegenheit. Der Beter ergreift die Initiative, er tritt mit dem Hauptquartier in Verbindung. Er tritt vor Gottes Thron und fleht.

1. Wann? Vers 18

Es sind hier zwei Ausdrücke, die darauf hinweisen, wann diese Verbindung mit dem Hauptquartier aufgenommen werden soll.

a. Während man sich zurüsten lässt

Die Partizipialform, mit der Vers 18 im Grundtext beginnt (»betend«), deutet auf eine Gleichzeitigkeit mit den vorigen Versen (Vers 14ff) an. Paulus hat uns gezeigt, wie wir für den Kampf zugerüstet werden können und wie wir zu kämpfen haben. In der Zeit der Vorbereitung, während wir uns zurüsten lassen, während wir dabei sind, die Kampfrüstung anzuziehen, beten wir, dass es in rechter Weise geschieht. Während wir Wort Gottes hören und lesen, beten wir, damit es der Feind nicht wegnimmt (Matthäus 13, 19). Zugerüstet Werden und Beten ist eine lebenslange Aufgabe.

Wenn Sie die Lektüre dieses Buches, das sie gerade lesen, als Zurüstung für den Kampf empfinden, sollten Sie beten. Alles, was wir tun, soll mit Gebet gemengt sein, damit wir richtig aufnehmen, damit alles seinen richtigen Platz bekommt, damit wir mit dem Heiligen Geist in Verbindung bleiben, der uns nährt und Handreichung tut.

Während wir unsere Bibel lesen, sollen wir beten. – nicht nur zuerst lesen und dann beten, sondern während des Lesens. Wir können während des Lesens antworten: »Herr, das ist ja herrlich!«, oder: »Wie meinst du das, Herr? Das verstehe ich im Moment nicht. Bitte, öffne mir die Augen und das Verständnis.« (Vgl. Lukas 24, 31.32.45.)

b. Während des Kämpfens

Während wir kämpfen, sollen wir beten – wie Mose in 2.Mose 17 den Stab hochhielt. Hur und Aaron standen ihm bei.

Der Kampf dauert ein Leben lang an. Deshalb bleiben wir ein Leben lang im Gebet.

Wir beten im Kampf – wie Josua, der es von Mose gelernt hatte. Als er später in Kanaan war und mit den Bewohnern des Landes in den Kampf trat, verstand er es, die Verbindung mit dem Hauptquartier aufrecht zu erhalten (Josua 10).

Militärische Einheiten versuchen heute mittels Computer die Verbindung mit dem Hauptquartier aufrecht zu erhalten. Die Generäle versuchen per Monitor, Rundfunk und Sprachfunk mit dem Schlachtfeld in Verbindung zu bleiben, damit sie die Schlacht beobachten können. Wir aber sollen die direkte Verbindung aufrechterhalten, während wir kämpfen.

Kaum waren die Israeliten in Kanaan, begegnete der himmlische Fürst dem irdischen Feldherrn der Kampftruppen Israels (Josua 5, 13‑15). Als Josua daraufhin Krieg führte, war er mit diesem Fürsten, der ihm begegnet war, in Verbindung. Eines Tages, als sie sich in einer schweren Schlacht befanden, sprach Josua das Wort: »Sonne, stehe still zu Gibeon und Mond über dem Tal Ajalon!« (Josua 10, 12). Das konnte er nur tun, weil er mit dem Schöpfer und Lenker der Sonne und des Mondes in Verbindung stand.

Wenn wir mit dem Hauptquartier in Verbindung stehen, brauchen wir uns nicht überraschen zu lassen. Wir können jedem Angriff in der Vollmacht Gottes – betend – widerstehen.

c. Zu allen Zeiten

»›und‹ betet dabei (w.: betend) zu allen Zeiten«

»Zu allen Zeiten« heißt, dass es keine Zeit gibt, in der wir nicht beten sollten – besonders dann, wenn uns nicht danach zumute ist! Gerade dann, wenn Sie sich nicht danach fühlen, tut es not. Zu jeder Stunde, in jeder Minute, bei jeder Gelegenheit, in jeder Lage. Zu allen Zeiten und unter allen Umständen, soll die Verbindung mit dem Hauptquartier ständig aufrechterhalten werden.

Beten Sie immer, ohne Unterlass! Beten Sie jetzt. Gerade dort, wo Sie sitzen, beten Sie! Beten Sie für die Verkünder des Wortes Gottes. Beten Sie für sich. Beten Sie für Ihre Brüder und Schwestern. Wenn wir als Geschwister zusammen sind: seien wir bereit, unvermittelt ins Gebet zu gehen! Ständig soll die Verbindung aufrechterhalten bleiben.

Den »Telefonhörer« nie auflegen!

Sind Sie in jeder Minute zu sprechen? Oder sind Sie zu beschäftigt? Sobald der Herr die Verbindung mit uns aufnimmt, sollen wir zur Antwort bereit sein, weil er es befohlen hat.

Warum soll die Verbindung aufrechterhalten werden? Weil nichts selbstverständlicher ist als die Verbindung mit dem Herrn des Kampfes? Wenn wir völlig ohnmächtig sind und aus uns selbst nichts auszurichten vermögen und wenn unser Herr uns versichert, dass der Kampf seine Sache ist, dann sollte es nicht nötig sein, dass man weiter darüber etwas sagen müsste. Von Gott aus betrachtet ist es selbstverständlich, von uns aus aber ist es nicht selbstverständlich. Deshalb muss Paulus es erwähnen. Paulus gebraucht von Anfang an die Befehlsform.

Warum sollen wir beten? – Weil es uns befohlen ist!

2. Wie? Vers 18

Wie wird diese Verbindung aufgenommen?

Gott zeigt uns sehr klar, wie die Verbindung aussieht und wie wir mit dem Hauptquartier verbunden bleiben können.

a. Im Geist

»im Geist«

Hier ist wahrscheinlich nicht unser Geist gemeint, sondern sein Geist – obwohl wir auch in unserem Geist beten sollten.

(Nb: Mit »Beten im Geist« ist nicht das Reden in fremden Sprachen, das so gen. »Zungenreden«, gemeint. Das Sprachenreden war in jener Zeit ein »Beten mit dem Geist« bzw. »durch den Geist«, 1. Korinther 14, 15, aber nicht jedes »Beten mit dem Geist« war Sprachenreden.)

»Im Geist« (Epheser 6, 18) bedeutet, »im Raum des Geistes«, »unter Anleitung des Geistes«. Der Ausdruck »im Geist« sagt nicht nur, wo (in welchem Raum) die Verbindung aufrechterhalten wird, sondern auch womit, wie. Der Geist tut es für uns, und wir tun es mit dem Geist. Er hilft uns zum Gebet und beim Beten.

Vgl. Römer 8, 26: »Der Geist nimmt sich unserer Schwachheiten mit an.« Wir sind viel zu schwach, um die Verbindung mit Gott aufrecht zu erhalten. Der Geist hilft uns dabei. Paulus spricht in der Befehlsform (»Betet ...!«) aber er sagt auch gleich, dass dieser Befehl durch Gott selbst erfüllt werden soll. Selbst das Hinhören, selbst das Hinschauen, selbst das Erwidern schenkt er »im Geist« (o. »durch den Geist«). Wir sollen zugeben, dass wir schwach sind. Wenn wir schwach sind, kann der Geist einspringen und uns zum Beten verhelfen und so die Verbindung mit dem himmlischen »Hauptquartier« schenken.

Die Verse Epheser 2, 18 und 6, 18 gehen Hand in Hand: Im Heiligen Geist haben wir durch Jesus Christus Zutritt zum Vater. Es ist der Heilige Geist, der die Verbindung herstellt. Er ist gleichsam die Telefonzentrale. Und er hilft uns, zu reden. Er gibt uns Kraft, weiterzusprechen.

Vielleicht geht es Ihnen so, dass Sie manchmal keine Worte finden, oder dass Sie nicht beten können. Da will der Heilige Geist weiterhelfen. Das kann er tun, und das tut er. Er ist uns zu diesem Zweck gegeben worden, damit wir mit Gott in Verbindung bleiben können – denn es geht hier um einen Existenzkampf. Wir wollen im Wort und in der Gemeinschaft mit dem Herrn bleiben, damit Gottes Geist uns dirigieren kann, sodass wir später im Rückblick sagen können: »Gott hat mich geleitet. Er ist mir beigestanden.«

b. Mit allem Gebet

»›und‹ betet dabei zu allen Zeiten im Geist mit allem Gebet und Flehen; seid zu diesem ›Zweck‹ wachsam mit allem Anhalten und Flehen«

»mit allem Gebet und Flehen«: Wie kann die Verbindung aufrechterhalten bleiben? Mit jedem Gebet.

Es gibt etwa sechs verschiedene Arten von Beten, und keine sollen wir auslassen: bekennen, bitten, danken, loben, Fürbitte tun und einfach vor Gott reden/erzählen – in Gedanken, halblaut murmelnd, flehend, rufend, schreiend. (Die Lautstärke unseres Betens kann ein Ausdruck von Glaube sein, muss es aber nicht.) Wir sollen dazu kommen, dass wir alle Arten von Gebet kennen lernen und benutzen. Wir sollen nicht nur immer bitten, sondern auch danken.

Wir sollen nicht nur danken für Erhörung – denn da stehen wir selbst im Blickfeld, sondern wir sollen auch zum Loben gelangen. Wenn wir loben, brauchen wir nicht an uns selbst zu denken. Wir können einfach bei Gott stehen bleiben und ihn betrachten und für das preisen, was er ist. Gott braucht noch nichts für mich getan zu haben, damit ich ihn loben kann. Er hat genügend Stoff bei sich, wofür ich ihn preisen kann. Er ist freundlich, gut, heilig, treu, wahr, allmächtig, allwissend, allgegenwärtig, ewig. Ich kann ihn mein Leben lang loben, ohne dass ich an mich zu denken brauche. Weil er ist, wie er ist, vermittelt er Segnungen. Auch dafür dürfen wir ihm danken.

Es wird Zeiten geben, in denen die Verbindung unterbrochen wird. Dann müssen wir herausfinden, was es ist, das die Verbindung unterbrochen hat, und die Sache bei ihm ans Licht bringen. Er ist das Licht. Wir sollen gleichsam »in die Reinigung gehen«, bekennen. Bekennen ist eine Form des Betens. Wer zu Gott über bestimmte Sünden spricht, sie zugibt und mit Gottes Urteil über diese Sünde übereinstimmt, der bekennt.

Wir sollen auch für andere beten. Die Fürbitte kommt in diesem Text stark zum Ausdruck. Diese Form des Betens soll ein großes Ausmaß unseres Betens einnehmen.

Wenn Paulus sagt »...mit allem Gebet«, meint er vielleicht nicht »mit jeder Art des Gebets«, sondern mit allem Beten. Dabei kann jede Art des Gebets eingeschlossen sein: mit vollem Gebet, von ganzem Herzen. Wir sollen ganz dabei sein und wirklich beten! Es geschieht leicht, dass wir beten und doch nicht von ganzem Herzen dabei sind. Wir wollen lernen, ganz für Gott da zu sein. Gott schenke uns, dass wir von ganzem Herzen für ihn zeugen und nicht lässig sind. Gott bewahre uns davor, dass man an unserem Gebaren einen lässigen Christen erkennt. Das kann sehr schnell geschehen, denn wir alle tendieren dazu, lässig zu sein. Ich will ganz Soldat sein. Das muss geschenkt sein, das muss wachsen.

c. In Abhängigkeit

»betend ... mit allem ... Flehen ... seid zu diesem Zweck wachsam mit allem Anhalten und Flehen«

Wie wird die Verbindung mit dem Hauptquartier aufrechterhalten? In Abhängigkeit. Luther übersetzt »mit Flehen«. Das Wort flehen im griechischen Grundtext spricht von der Haltung im Gebet. Flehen ist ein von Abhängigkeit gekennzeichnetes Bitten.

Paulus sagt hier, wir sollten so beten, dass unsere Abhängigkeit von Gott zum Ausdruck kommt. Die Verbindung mit dem Hauptquartier kann aufrechterhalten bleiben, indem wir erkennen, dass wir in diesem Kampf völlig von Gott abhängig sind. Das wird uns helfen, die Verbindung aufrechtzuerhalten. Dann werden wir nicht so lässig sein. Wenn ich merke, dass ich untergehe, wenn die Verbindung abgebrochen wird, werde ich mich auf Grund dieser Abhängigkeit noch mehr an ihn wenden.

Paulus gebraucht diesen Ausdruck zweimal in Vers 18. So wichtig ist es ihm, dass wir merken, dass wir ohne Jesus nichts tun können. (Vgl. Johannes 15.) Aus dieser Abhängigkeit heraus und in dieser Haltung sollen wir uns ständig an ihn wenden.

Wir zeigen dem Herrn: »Herr, ich bin ganz auf dich angewiesen!« Das ist wohl auch der Grund für die erhobenen Hände in 1.Tim 2, 8. Wir rufen gleichsam zu unserem Gott. Wir kommen, wenigstens im Geist, mit erhobenen Händen zu ihm: »Herr, ich habe nichts in meiner Hand! Ich habe gar nichts! Ich verzichte auf Selbsthilfe und werfe mich ganz auf dich!« Dann kann Gott helfen. Dann ist der Punkt gekommen, dass er sich einsetzen kann. Dann tut er es gern, denn an der Stelle der Schwachheit (zu der er uns führte) ist seine Kraft vollkommen (2. Korinther 12, 10). Wenn wir aber ein wenig selbstsicher sind, kann es leicht geschehen, dass wir stolpern.

d. Mit Wachsamkeit

»betend ... seid zu diesem Zweck wachsam«

Wie ist man wachsam?

Im Griechischen steht hier das Wort »schlaflos«, »ohne zu schlafen«. Im Deutschen gebrauchen wir den Ausdruck in der bejahenden Form, »wachsam«. Es ist eine Hilfe, dass wir beide Seiten sehen: wachsam sein heißt »nicht schlafen«!

Wir sollen für unseren Leib sorgen, sonst kann der Feind uns an der Stelle der Schwachheit angreifen. Er wird jede Schwachheit unsererseits ausnützen. Deshalb müssen wir dem Leib zwischendurch Ruhe geben, wir müssen schlafen. Das lehrt uns der Herr. Aber wir sollen lernen, wann wir schlafen sollen, wann beten, wann arbeiten. Wir können alle diese kleinen Anliegen, die sehr groß sind, dem Herrn bringen. Wenn Gott auf jedes Haar Acht gibt (und offenbar hat ihn schon manches Haar interessiert, das vom Haupt fiel; Lukas 12, 7), und wenn ihm jeder Sperling wichtig ist (Lukas 12, 6), und wenn ich einmal Rechenschaft geben werde für jedes Wort, das ich sage (Matthäus 12, 36), dann darf ich ihm auch alles bringen – auch die banalsten Anliegen, die für mich so ernst sind und für die ich mich schämte, wenn ich sie in Gegenwart anderer melden würde. Ich darf wissen, dass er mich hört, ohne mir Vorwürfe zu machen (Jakobus 1, 5), denn ich bin sein Kind.

Wilhelm Busch sagte: »Morgens kann ich aufstehen, mich auf die Kante des Bettes setzen und sagen: Ich bin so dankbar, Herr, dass ich dein Kind bin.«

Wie schön! Wir sind seine Kinder und dürfen seine Kinder bleiben.

Wachen! Wir sollen nichts verschlafen – durch zu wenig Gebet und zu viel Aktivität. Je mehr Gebet, desto mehr Wirksamkeit im Kampf! Bei wenig Gebet ist die ganze Rüstung umsonst. Würden wir viel beten, würde so manche geistliche Not ‑ auch im Zusammenleben von Christen – wie ein Nebel vergehen.

Eine Reisesekretärin der Studentenmission in Deutschland stellte einmal fest: »Der Jude betet mit erhobenen Händen; der Moslem betet gebückt – mit dem Angesicht zum Fußboden; und der Christ – betet im Bett!« Damit wir uns schämten, sagte sie es.

Natürlich dürfen wir auch im Bett beten. Hiskia hat es getan, aber er war krank (Jesaja 38, 2). Wir dürfen auch dann im Bett beten, wenn wir nicht krank sind, aber nicht zu oft! Viel zu viel wird geschlafen beim Beten. Wollen wir uns hier von Jesus aufrufen lassen, so zu beten, wie es in Gottes Wort steht: schlaflos!

Was tun, wenn wir beim Beten leicht einschlafen? – Aufstehen, singen, mit jemandem gemeinsam beten; oder einfach das Gesicht mit kaltem Wasser waschen. Man kann auch im Zimmer umhergehen, zum Beispiel in Achterfiguren. Das ist eine praktische Hilfe. (Wenn Sie je um Jesu willen ins Gefängnis kommen und in einer kleine Zelle sind, können Sie in Achterfiguren auf und ab gehen und so beten. Das kann man lernen.) Oder man geht spazieren. Am besten ist, wenn man laut beten kann. Sie dürfen auch in Gedanken beten – gerade jetzt, wo immer Sie sind, in allen Situationen.

Paulus sagt, »zu diesem Zweck seid wachsam!« Wie wachsam?

»mit allem Anhalten«

Es gibt Christen, die erst dann beten wollen, wenn sie in Stimmung sind. Paulus sagt: Davon soll es nicht abhängen. Wir sollen »mit allem Anhalten« wachsam sein. Wir sollen nicht in der Passivität bleiben, aber auch nicht immer in Aufregung sein wollen. Es gibt Begeisterung, die uns zum Beten anregt. Vielleicht ist uns mehr nach dem Beten zumute, wenn wir zuerst ein paar Lieder gesungen haben. Das ist in Ordnung. Oft aber müssen wir uns einfach dazu setzen und sagen: »Jetzt bete ich, ob ich mich danach fühle oder nicht!«

Zum Beten gehört der Glaube, dass Gott erhören wird – nicht, als wäre der Glaube eine Leistung – auch nicht, dass Gott sagen würde: »Wenn ihr glaubt, werdet ihr das Gewünschte bekommen.«

Wenn ich für meinen Glauben keine Basis habe, kann ich nicht im Glauben beten. Glauben ist Wissen! Um Glauben bemüht man sich nicht. Glaube wird genährt durch Tatsachen.

Wann bleiben Leute, die gefoltert werden, Jesus Christus treu? Wenn sie keinen Mut mehr haben, wenn sie nichts mehr haben und doch rein objektiv – ohne dass sie sich anstrengen – wissen: Jesus Christus wird mich durchtragen. Ich denke, dass man das erst erleben muss, um es zu verstehen. Es gibt Situationen, in denen Gott uns sämtliche Anlässe und Gefühle wegnimmt und wir nur aus Erfahrung und aus dem Worte Gottes wissen, dass er uns durchtragen wird.

Es können Umstände eintreten, dass wir keinen Grund haben zu erwarten, dass Gott uns erhören wird und dass wir überhaupt nicht verstehen können, warum wir in eine solche Situation gekommen sind. Dann wissen wir einfach: Gottes Wort hat gesagt, er wird mich durchbringen. Ich weiß nicht, wie; ich weiß nur soviel: Er hat eine Lösung.

Wenn die Situation, in der ich stecke, gegen die Heilige Schrift spricht, sodass Gott mein Gebet nicht erhören kann, dann weiß ich eines: Ich habe Schuld, sodass er nicht hört. Wenn ich auch noch nicht konkret weiß, was die Schuld ist, so weiß ich, dass er es mir zeigen wird, damit ich es ins Reine bringen kann. Das wird er tun, wenn er merkt, dass ich es aufrichtig meine. Wenn ich zum Beispiel meine Miete nicht zahlen kann, weil das Geld für die Miete nicht da ist, muss ich mich fragen, warum es nicht da ist. Ich schulde Geld; und die Bibel sagt, dass ein Christ keine Schulden machen soll (Römer 13, 8). Wenn ich nun gebetet habe, »Herr, gib uns das Geld«, und er hat es uns nicht gegeben, dann hat er ein Gebet nicht erhört. Wenn er ein Gebet nicht erhört hat, ist es nicht seine Schuld, sondern dann ist bei mir Schuld. Ich habe gebetet. Gott hat verheißen zu erhören. Hier hat er aber nicht erhört. Das bedeutet, dass ich Schuld habe, denn wenn Schuld bei mir ist, kann Gott nicht erhören! Etwas ist zwischen ihm und mir. Wenn Sünde bei mir ist, komme ich in eine Situation, in der ich bedrängt werde, in der vielleicht sogar meine Existenz bedroht ist.

Wissen Sie etwas davon? Es ist gut und sehr heilsam für mich, wenn wir »sterben«! – denn nur durch Tod komme ich zum Leben. Aus meiner Existenznot heraus lerne ich zu beten. Ich lerne zu glauben. Und ich mache die Erfahrung, dass Gott mich trägt, ob ich gesündigt habe oder nicht. Das ist wunderbar! Ich brauche nicht gleich Angst zu haben, dass ich verloren gehe. Ich darf aber erwarten, dass Gott mir etwas Peinliches offenbaren wird. Und dann darf ich Sünde bekennen, und dann werde ich seine Hilfe weiter erfahren.

e. Exkurs zum Sprachenreden

Da das »Beten im Geist« (Epheser 6, 18) oft mit dem Sprachenreden verwechselt wird, wollen wir hier kurz darauf eingehen, was biblisches Sprachenreden im Gegensatz zur modernen Zungenbewegung ist.

Beim modernen Zungenreden handelt es sich wissenschaftlichen linguistischen Untersuchungen zufolge nicht um echte Sprachen. Solches Zungenreden darf nicht als identisch mit dem biblischen Sprachenreden eingestuft werden. Auch die Tatsache, dass es im Zusammenhang mit einer unbiblischen Lehre auftrat (und – wie 1900 in den USA und 1906 in Europa – im Zusammenhang mit unnüchternen Ausuferungen), ist ein Indiz dafür, dass die moderne Zungenbewegung nicht vom Heiligen Geist ist. Modernes Zungenreden, das »übersetzt« wird, ist in vielen Fällen kein Gebet, sondern eine (angebliche) Prophezeiung. Viele wissen nicht, was sie sagen, d. h. sie reden ohne zu denken. Das ist gegen Gottes Art und Gottes Wort. Den Verstand auszuschalten, ist gefährlich. Gott spricht immer das Denken an und mahnt seine Kinder zu beständiger Wachsamkeit und Nüchternheit. Erbaut werden kann man nur vom Inhalt. Vgl. 1. Korinther 14, 4 mit 14, 17. »Der in einer Sprache Redende baut sich selbst«. Warum? Weil er den Inhalt weiß. Das heißt, es ist ihm klar, was er inhaltlich sagen wollte; er weiß, was er in seinem Denksinn kreierte. Vers 17: »... denn dein Danken ist ja schön; der andere wird jedoch nicht gebaut«. Warum nicht? Weil er den Inhalt nicht versteht.

Vom biblischen Sprachenreden als kontinuierliche Gabe und als Wunder ist gesagt, dass es aufhören würde. 1. Korinther 13, 8: »Die Liebe fällt niemals dahin. Aber ob es Weissagungen sind, sie werden weggetan werden, ob Sprachen, sie werden ›von‹ sich ›aus‹ aufhören, ob es Kenntnis ist, sie wird weggetan werden«. Das griechische Wort für »aufhören« heißt »abklingen«, »von selbst aufhören«. Man sollte daher nicht annehmen, das Sprachenreden würde bleiben. Es gibt in der Geschichte der Gemeinde Jesu keine Zeugnisse von Sprachenreden nach dem göttlichen Gericht über Jerusalem, also nach 70 n. Chr. Ein Sinn des Vorkommens jenes Wunders war, dass es ein Zeichen vom nahenden Gericht (70 n. Chr.) sein sollte. Paulus nimmt in 1. Korinther 14, 21 auf Jesaja 28, 11.12 Bezug. Die ungläubigen Juden hörten die fremden Sprachen der assyrischen Soldaten. Das war für sie ein Zeichen des nahenden Gerichtes Gottes über Israel. Aus diesem Grunde konnte Paulus diesen Vers aus Jesaja in 1. Korinther 14 zitieren. Die Situation war ähnlich. Das Gericht über Israel nahte. Und die Tatsache der Gnadengabe des Sprachenredens unter Christen sollte den ungläubigen Juden zum Zeichen sein.

Wunder hatten zur Zeit des NT einen anderen Zweck als heute. Sie sollten die neue Botschaft, die seit Jesus Christus in Israel verkündet wurde, bestätigen (Hebräer 2, 3.4). Das ist der Grund, warum nach dem Gericht von 70 n. Chr. echte und offensichtliche Wunder sehr selten vorkamen – bis zum heutigen Tag. Daraus kann man schließen, dass Wunder als regelmäßiges Vorkommen (also als Gnadengaben) heute wohl auszuschließen sind.

Wir können das völlige Aufhören des Sprachenredens nicht beweisen. Das ist auch nicht unsere Aufgabe. Wer aber behauptet, sein Sprachenreden sei das biblische, muss den biblischen Beweis antreten: Er darf es nicht erlernt haben; es muss ein Beten sein; dem Betenden muss klar sein, was er inhaltlich gebetet hat (auch wenn er nicht übersetzen kann); das Denken darf nicht ausgeschaltet sein; wenn verschiedenen Übersetzern vorgelegt, muss bei jedem Übersetzer dasselbe herauskommen; es muss eine echte (feststellbare) Sprache sein und darf nicht im Zusammenhang mit einer falschen Lehre (z. B. Zweistufenlehre; Lehre von der Geisttaufe als zweite Erfahrung) aufgekommen sein. Und wer behauptet, die Gabe des Übersetzens zu haben, der muss in der Lage sein, jegliches echte Sprachenreden zu übersetzen, egal aus welcher Sprache; denn gemäß 1. Korinther 14, 28 ist nur ein einziger Übersetzer für jegliches Sprachenreden nötig. Folglich kann der Übersetzer alle Sprachen übersetzen.

3. Für wen? Verse 18-20

18 »›und‹ betet dabei zu allen Zeiten im Geist mit allem Gebet und Flehen; seid zu diesem ›Zweck‹ wachsam mit allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen, 19 auch für mich, damit mir bei Auftun meines Mundes [das] Wort gegeben werde, mit Freimütigkeit bekannt zu machen das Geheimnis, die gute Botschaft, 20 für die ich ein Botschafter in einer Kette bin, damit ich in ihr freimütig bin zu reden, wie ich soll.«

Paulus fragt einmal: »Wenn ihr also mit Christus dem Elementaren der Welt starbt, was lasst ihr euch, wie in der Welt Lebende, Satzungen auferlegen?« (Kolosser 2, 20). Die Kolosser lebten nicht mehr in der Welt! Sie waren da nicht zu Hause.

Als Christen leben wir nicht nur in einer greif‑ und sichtbaren Welt, sondern mit unserem Geist leben wir in einer unsichtbaren Welt. Hier findet ein Kampf statt, weil wir aus dem Heiligen Geist geboren sind. Wir haben also einen großen Freund und einen großen Feind. Wir kämpfen gegen den Feind, weil er uns anficht und weil er unsere Verbindung mit Gott zu unterbrechen versucht. Weil wir träge und langsam sind, ist es ein Kampf, die Verbindung aufrecht zu erhalten. Paulus ermutigt zum Beten.

Für wen und zu wessen Gunsten nun sollen wir beten?

a. Für uns selbst

Der erste Teil von Vers 18 deutet darauf hin, dass die Verbindung unseretwegen aufrecht zu erhalten ist. Wir sollen »betend« kämpfen, widerstehen, standhalten. Wir sollen zu allen Zeiten im Geist beten, damit wir ständig fähig sind, zu kämpfen.

b. Für alle Heiligen

Am Ende von Vers 18 fügt Paulus hinzu, dass diese Verbindung nicht nur für uns gilt. Wir sollen sie für andere aufnehmen: »für alle Heiligen«.

Wer sind diese? Sie werden hier nicht »Gläubige« genannt, sondern »Heilige«, wie in Kapitel 1, 1. Als in Christus Jesus Seiende waren sie »Gläubige«, als in Ephesus Wohnende »Heilige«. Heilige sind sie als solche, die in einem Kampf stehen und von unreinen Geistern umgeben sind.

Wir sollen nun als Christen die Verbindung mit unserem Feldherrn aufrechterhalten und für alle Gott‑Geweihten, die im Kampf stehen und ganz für ihn da sind, eintreten. Jeder Christ soll ganz für den Herrn da sein. Jeder Christ soll als heiliger, gottgeweihter Soldat – als Gottversiegelter – dastehen und nicht lockerlassen, nicht zurückweichen, nicht untreu werden. Im Kampf denkt man an die anderen, deren Beistand man ja bedarf. Im Kampf darf man die anderen nicht vergessen: Wir bedürfen ihrer, und sie bedürfen unser. Wenn ich kämpfe, erkenne ich meine Ohnmacht, und ich hätte gerne Hilfe. Da denke ich an die anderen. Aber sie bedürfen auch meines Beistandes. Wir dürfen daher füreinander beten und auf diese Weise zusammen kämpfen.

»Für alle Heiligen« schließt jeden Christen ein, jeden Christen in Europa, jeden in der Welt. Wir sollen für alle einstehen, auch für die schwierigen und auch für die reiferen, damit die Front intakt bleibt und keine Bresche geschlagen wird. Der Kampf wird zur gleichen Zeit auf der ganzen Frontlinie gefochten. Es darf keine Lücke in den Reihen entstehen.

Deshalb sollen wir ständig mit allem Anhalten, mit aller Wachsamkeit für alle Gläubigen einstehen. Dieses lässt sich verbinden mit Epheser 3, 18. Die Epheser sind aufgerufen, »zusammen mit allen Heiligen« zu lieben und den Herrn zu erkennen.

c. Exkurs: Wie setzt man sich für andere ein, die vom Feind bedrängt sind? Wie werde ich mit dem Feind bei anderen fertig?

·        Die menschliche Person selbst ansprechen, nicht den Dämon. Dämonen sind nicht ehrlich. Auch können wir sie nicht sehen. Wir sehen lediglich den Menschen.

·        Zu beachten ist: Nicht immer, wenn Bedrängung vorhanden ist, ist Schuld da. Bei Paulus war keine Schuld vorhanden, als ein Dämon ihn plagte (2. Korinther 12, 7). Anfechtung als solche ist nicht schon ein Zeichen von vorliegender Sünde.

·        Wenn man einige Zeit mit dem Geplagten gesprochen hat, kann man feststellen, ob Schuld vorliegt oder nicht.

·        Wenn Ja, soll man versuchen, die Person zur Umkehr zu führen – ungeachtet dessen, welcher Art und Kraft die Bedrängung ist. Der Mensch hat die Entscheidung zu treffen! Hierin liegt der Schlüssel. Wenn der Herr, Jesus Christus, Raum gewinnt, muss der Feind fliehen. Nicht umgekehrt; man bringt nicht zuerst den Feind zum Fliehen.

·        Dabei ist es oberstes Gebot, mit dem Wort Gottes und mit dem Gebet umzugehen. Wir setzen uns im Vertrauen auf den Herrn für diese Person ein. Wir vertrauen, dass der Herr Freiheit bringen wird, wenn echte Umkehr geschieht. Das Wort Gottes ist unsere Botschaft (6, 15) und unsere Waffe (6, 17). So kann der Heilige Geist sein Werk tun und eine Veränderung in der Denkweise des Betreffenden herbeiführen.

·        Dabei beten wir, dass der Feind loslassen muss und die Person frei ist, für Jesus die richtige Entscheidung zu treffen.

d. Für die Boten des Evangeliums Verse 19.20

»..., auch für mich, damit mir bei Auftun meines Mundes [das] Wort gegeben werde, mit Freimütigkeit bekannt zu machen das Geheimnis, die gute Botschaft, für die ich ein Botschafter in einer Kette bin, damit ich in ihr freimütig bin zu reden, wie ich soll.«

 

Die Verbindung soll aufrecht erhalten werden für Personen, die an der Front stehen und einen besonderen Dienst zu tun haben. Da geht es um Pioniere, Spähtruppen, die in feindliches Gebiet hinausgehen und dort Brückenköpfe errichten. Einige schickt Gott mit der Friedensbotschaft hinaus, andere sollen jenen Rückendeckung geben – wie im irdischen Krieg.

Nun bittet Paulus um Gebetsunterstützung. Er sagt gleichsam: »Ich stehe an der Front. Ich bin zwar einer, der in Rom gefangen ist, aber ich bin immer noch ein Bote des Evangeliums. Betet für mich, dass ich nicht lockerlasse!«

Wenn wir nicht für die vorangehenden Boten beten, sollen wir uns nicht wundern, wenn sie aus dem Wege geräumt werden. Und dann sind wir dran. Wir dienen also unserer eigenen Bewahrung, wenn wir für die beten, die an vorderster Stelle stehen und ins feindliche Gebiet eindringen.

Daher sollten wir für jeden beten, der in der Öffentlichkeit arbeitet und in besonderer Weise den Angriffen des Feindes ausgesetzt ist. Beten wir für Männer Gottes, dass sie bewahrt bleiben. Ihr bisheriger Dienst ist keine Garantie für weitere Bewahrung. Nur Jesus ist der Garant für Bewahrung. Es sind schon viele gesegnete Reichsgottesarbeiter gefallen, weil man nicht für sie eingestanden ist.

Wie soll man für solche Boten beten?

Für sie persönlich

»für mich«

Paulus weiß, dass Gefangene und Verkündiger schnell in der Fürbitte vergessen werden können. Deshalb fügt er hinzu: »... auch für mich«. »Vergesst meiner nicht. Betet, damit ich bewahrt bleibe!«

Es ist rührend, wie Paulus für die Fürbitte seiner Brüder und Schwestern, die er zum Glauben geführt hat, dankbar ist. Auch der jüngste Mitarbeiter ist ihm wertvoll.

Jeder Bote Gottes braucht die Fürbitte, und jeder Bote will sie. Wir sollten uns nicht schämen, andere um Fürbitte für uns zu bitten.

Für ihre Verkündigung

»damit mir Wort gegeben werde«

Paulus sagt: »Ich brauche ein Wort. Dieser Brief, den ich geschrieben habe, kam von Gott. Ich habe nichts! Ich habe keine »Brote«, um sie meinen Freunden zu reichen, die spät in der Nacht zu mir kommen. Ich muss zum Herrn kommen und ihn bitten: »Herr, leihe mir drei Brote!« Daher: »Betet für mich, dass mir das rechte Wort in den Mund gelegt wird.«

Der Apostel, der solch gewandte Briefe schreiben kann, weiß nicht, wie er reden soll!

Es ist nicht selbstverständlich, dass etwas Gutes aus dem Mund des Verkündigers kommt. Trotz aller Vorbereitung muss es ihm von Gott gegeben werden. Andererseits dürfen wir aus diesem Text nicht schließen, Paulus hätte sich nie im Voraus Gedanken gemacht über das, was er irgendwo sagen wollte. Immer ist es nötig, dass ihm von Gott ein Wort gegeben wird.

Wir sollen beten, dass die Verkündigung der Boten lauter und klar bleibt. Sie brauchen immer ein Wort, das von Gott kommt. Sie sind leere Gefäße. Sie sind keine Quellen. Sie sind keine großen, klugen, weisen Männer, sondern einfache, irdene Gefäße. Beten wir für die Brüder, die am Wort dienen, dass ihnen das rechte Wort gegeben werde und dass sie es in rechter Weise sagen!

 

»bei Auftun meines Mundes«

Sie sollen bitten, dass Paulus seinen Mund auftut. Es ist nicht selbstverständlich, dass man den Mund auftut. Auch von Jesus heißt es: »Er öffnete seinen Mund« (Matthäus 5, 2). Den Mund für Christus aufzumachen, ist schon ein Sieg.

Manchmal weiß Paulus nicht, was er sagen soll. Man möge nun beten, dass er das richtige Wort finde und die richtige Art und Weise, es auszurichten.

 

»mit Freimütigkeit bekannt zu machen das Geheimnis, die gute Botschaft«

Das »Geheimnis« ist die gute Botschaft, die durch Jesus Christus offenbart wurde. Jetzt ist sie kein Geheimnis mehr. Im Alten Testament war den Juden verborgen gewesen, dass die Menschen aus den Heidenvölkern durch das Evangelium Mitteilhabende der israelitischen Verheißungen und des israelitischen Erbes werden sollten (3, 1‑6). Es war schon seit jeher von Gott gewollt und geplant, dass Nichtisraeliten, in das Volk Gottes einverleibt und ein echter Bestandteil desselben werden sollten, aber es war im AT nicht so geoffenbart gewesen.

»mit Freimütigkeit«: Beten wir, dass die Verkündiger mit Freimütigkeit sprechen! Das Wort »Freimütigkeit« ist im Grundtext dasselbe wie das Wort »Redefreiheit«. Es fällt auf, dass dieses Wort an dieser Stelle gebraucht wird. Interessanterweise ist es gerade das der Grund, weshalb er verhaftet wurde. Man gewährte ihm nicht die Redefreiheit. Er bittet nun, dass er von sich aus Freimütigkeit habe und nicht gehemmt sei. Es bestand für ihn die Gefahr, sich die Freimütigkeit nehmen zu lassen, weil er gerade wegen seiner Freimütigkeit verhaftet wurde.

Mit anderen Worten: »Wenn die Behörden uns die Redefreiheit nehmen, betet, dass ich mich dadurch nicht einschüchtern lasse sondern kühn und ohne Zurückhaltung spreche. Das ist es was er braucht: einen geöffneten Mund, ein Wort im Mund und die Kühnheit, es zu verkünden – und zwar so lange, bis Gottes Auftrag an ihn erfüllt ist.

 

»für die ich ein Botschafter in einer Kette bin, ...«

Paulus ist »in einer Kette«, weil er das Geheimnis des Evangeliums verkündet hat. Aus eben diesem Grunde war er Gefangener in Rom: weil er zu Menschen ging, die nicht zum alttestamentlichen Volk Gottes gehörten und ihnen verkündigte, dass der jüdische Messias auch für sie kam. Paulus leidet also wegen des Geheimnisses des Evangeliums. Gott gebrauchte ihn dazu, es zu offenbaren. Er bittet: Für dieses Evangelium bin ich ein Botschafter in einer Kette. Betet, dass ich mich jetzt durch die Folgen meiner freimütigen Tätigkeit nicht hemmen lasse, sondern dennoch weitermache und, sobald ich freigelassen werde, wieder anfange, meine Unterredungstätigkeit auszuüben. »Betet für mich!«

Wir sollen beten, damit andere Mut gewinnen!

Der Ausdruck »Botschafter in einer Kette« (Einzahl) ist ein römischer terminus technicus für leichte Haft. Die Römer hatten drei verschiedene Haftformen: Erstens, Hausarrest – vor allem für Menschen in gehobener Stellung, zweitens, Halbhaft, die normale Gefangenschaft »in einer Kette«. Wenn man in Halbhaft war, wurde man mit einer »Kette« (Einzahl) an einen Soldaten gekettet. Man konnte sich dann immer noch mehr oder weniger in Freiheit bewegen und eine gewisse Tätigkeit ausüben, aber man stand ständig unter Bewachung und Aufsicht eines römischen Soldaten. Drittens, schwere Haft »in Ketten« (Mehrzahl). Die Hände oder die Füße wurden zusammengekettet.

Paulus befindet sich in Rom in der zweiten Form von Haft. Er ist nicht in einem Gefängnis. Er schreibt den Epheserbrief, Kolosserbrief, Philemonbrief – und etwas später den Philipperbrief – nicht aus einem Gefängnis, sondern wahrscheinlich aus dem Hause, in dem er sich in Apostelgeschichte 28 befindet. Er ist »in einer Kette«, an einen Soldaten gekettet. Er übt noch immer eine Verkündigungstätigkeit aus. Deshalb bittet er: Betet, dass ich keine Angst habe vor Ketten (Mehrzahl), dass ich davor nicht zurückschrecke, sondern trotz dieser Gefahr kühn weitermache.

Der Ausdruck »Botschafter in einer Kette« ist auffällig, denn ein amtlicher »Botschafter« war gegen Verhaftung immun. Es war eines der heiligsten Rechte eines damaligen »Botschafters« unter den Völkern, dass er nicht verhaftet werden konnte. Paulus sagt hiermit: »Ich bin Botschafter, Gesandter des großen Königreiches Gottes, und lebe mit einer Kette! Das ist zwar ein Widerspruch, aber ich lasse mir das um Jesu willen gefallen. Betet für mich, dass dieser Widerspruch mich nicht unterkriegt und ich mich trotzdem als Botschafter empfinde und weiterhin als solcher wirke. Betet, dass die Kette nicht meine Tätigkeit beeinträchtigt.«

 

»damit ich in ihr (d. h. in dieser Botschaft) freimütig bin zu reden, wie ich [reden] soll.«

Im Evangelium ist die Quelle der Freimütigkeit. Wenn wir im Evangelium zu Hause sind, kann uns der Mut wachsen.

Paulus will Mut haben. Dieser Mut ist nicht selbstverständlich. Und wenn man mutig ist, redet man nicht immer so, wie man reden sollte. Wir sollen für die Verkündigung der Boten beten, damit sie die richtige Art finden. Das ist nicht selbstverständlich. Es bedarf der Fürbitte, damit man bei der Verkündigung dieser Botschaft freimütig ist und so spricht, wie man sprechen sollte: in einer heiligen Harmonie von Liebe und Ernst. Die Wahrheit ist heilig und ernst. Und sie muss in Liebe gesagt werden. Das will geschenkt sein. Dazu schenke der Herr jedem Verkünder Gnade.

 

Herbert Jantzen