Denen, die Gott lieben (Römer 8, 31-39)

 

Gesamtartikel, aus Unterwegs notiert 2011

Thomas Jettel und Herbert Jantzen

 

 

In Römer 8 stellt der der Apostel dar, was das Heil in Christus im Leben des Gerechtfertigten bedeutet, wie es sich auswirkt:

    . Das Heil macht es ihm möglich, bringt ihm die Kraft, nach dem Willen Gottes zu leben. (V. 1-16)

    . Das Heil bringt dem Gerechtfertigten herrliche Zukunftshoffnung. (V. 17-27)

    . Das Heil bringt dem Gerechtfertigten ewige Sicherheit. (V. 28-39)

 

In dem Abschnitt 8, 28-39 zeigt Paulus, dass die Hoffnung des Christen eine gewisse ist. Das Heil bringt dem Gerechtfertigten eine Gewissheit über die Zukunft. Diese Gewissheit erwächst aus drei Wahrheiten in diesen Versen:

    a. Gottes Wege mit uns sind gut. (Alles wirkt zusammen für uns zum Guten.) V. 28-30

    b. Gottes Fürsorge ist gewiss. (Gott steht auf unserer Seite.) V. 31-34

    c. Gottes Liebe hält uns fest. (Nichts kann uns von Gottes Liebe trennen.) V. 35-39

    Die Verse 28-30 sind gleichsam ein Bindeglied zwischen V. 17-27 und V. 31-39. Einesteils sind sie eine Weiterführung der Gedanken von V. 17-27, wo der Apostel von der Hoffnung der Christen sprach. Andererseits gehören sie zu dem Abschlussabschnitt V. 31-39, wo er von der Gewissheit des Gläubigen spricht.

 

a: Gottes Wege mit uns sind gut. (Alles wirkt uns zum Guten.) V. 28-30

 

 „Wir wissen aber: Denen, die Gott lieben, [eigtl.: Den Gott Liebenden] wirkt alles zusammen zum Guten, denen, die nach einem Vorsatz gerufen [eigtl.: Gerufene] sind, 29 weil er die, die er im Voraus kannte, auch im Voraus bestimmte, seinem Ebenbilde, dem Sohne, gleichgestaltet zu sein, sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei. 30 Aber welche er im Voraus bestimmte, diese rief er auch, und welche er rief, diese rechtfertigte er auch. Aber welche er rechtfertigte, diese verherrlichte er auch.“   

    Gottes Wege mit uns sind gut. Das ist der erste Grund, warum unsere Hoffnung ewiglich sicher ist. Die Kernaussage dieser Verse lautet: Alles wirkt zusammen zum Guten.

 

    I:. Wer macht, dass alles zusammen zum Guten wirkt? V. 28A

 

Wenn es denen zum Guten dient, die Gott lieben, dann wird es Gott sein, der alles in seiner Macht hat und zusammenwirken lässt zu diesem Ziel hin. Er ist denn auch in dem Weiteren des Textes der Handelnde.

    Hierzu darf man Klg 3, 37-39 vergleichen: „Wer darf denn sagen, dass solches ohne des Herrn Befehl geschehe und dass nicht Böses und Gutes aus dem Munde des Allerhöchsten komme? Wie murren denn die Leute im Leben so? Ein jeglicher murre wider seine Sünde!“

    Gott hat ein Ziel mit uns, ein gutes Ziel.

 

    II:. Wie sind Gottes Wege gut?

 

    . Gottes Wege sind gut, weil alles in seiner Macht ist. Gott kann bestimmen, was in meinem Leben geschieht. Gott baut für jedes Leben ein neues Bild. Mit jedem neugeborenen Kind kommt etwas ganz Neues auf die Welt. Wenn dieses Kind sein Kind wird, ein Gotteskind, hat Gott ein besonderes Bild für dieses Leben, einen Plan. Jeder von uns ist ein Mosaiksteinchen in dem ganzen Gebilde.

    Jesaja 48, 17: „Ich bin Jahweh, dein Gott, der dich lehrt zu tun, was dir frommt, der dich leitet auf dem Wege, den du gehen sollst.“

Psalm 25, 10: „Alle Pfade des HERRN sind Gnade und Wahrheit für die, die seinen Bund und seine Zeugnisse wahren.“

 

    . Es ist „alles“, das „zusammenwirkt zum Guten …“

    Alles, was Gott auf uns zukommen lässt, alle Ereignisse, Begegnungen, Missgeschicke, Umstände, sie wirken alle zusammen. Das Leben macht einen Sinn. Gott ist ein Gott der Geschichte. Seine Geschichte mit uns ist eine einheitliche Geschichte.

    Das Wort „alles“ ist hier nicht absolut aufzufassen. (Fast nie in der Bibel ist mit „alles“ absolut alles gemeint. „Alles“ hat immer einen Zusammenhang, auf den es sich bezieht. Der Zusammenhang hier ist Menschen, Umstände, Begegnungen, Ereigisse usw.) Was hier ausgeschlossen ist, sind Sünden. Sünde an sich ist uns nie zum Guten. Sünde ist immer zum Bösen, hat böse Auswirkungen. (Das ist hier nicht das Thema.) Aber Gott kann Fehltritte – und die Konsequenzen daraus – gebrauchen, wenn wir Buße tun. Gott kann die „Jahre, die die Heuschrecke gefressen hat“, erstatten (Joel 2, 25). Gott kann aus einem Menschenfischer einen MenschenHirten machen, nachdem sein eigener Eifer und seine hohe Meinung von sich „zerbrochen“ und die Liebe zum Herrn erneuert wurde. Bei einem Fischer kommt es nicht stark auf die Liebe zu den Fischen an. Aber ein Hirte braucht Liebe – zu den Schafen, und, was viel wichtiger ist, zum Oberhirten. (Johannes 21)

 

    . Das „Alles“ „wirkt zusammen zum Guten“.

Alles wirkt zusammen zu dem von Gott für uns zuvor bestimmten Guten. Daher: Alles, was uns geschieht, begegnet, zustößt, zugeführt wird, brauchen wir. Alles soll dem guten Ziel dienen. Und alles, was wir nicht haben oder bekommen (können), brauchen wir nicht – jedenfalls nicht jetzt. Es wäre ein Hindernis zu diesem guten Ziel.

 

    . Gottes Wege sind gut, weil sie „zum Guten“ wirken.

    Dieses gute Ziel ist Gleichgestaltung in Christi Ebenbild (V. 29). Und Christus ist das Ebenbild seines Vaters. Werden wir wie Jesus, so werden wir wie Gott, was des Schöpfers Absicht von Anfang an war. Die, die Gott lieben, werden das Ziel erreichen, sein Ziel. Der, der unter ihnen ein gutes Werk anfing, wird es auch ganz zum Ziel führen (Philipper 1, 6).

    Die, die Gott lieben, haben eine einmalige Perspektive, sodass sie in der Gegenwart nicht orientierungslos leben müssen. Sie können daher auch etwas zurückstellen zugunsten von etwas Besserem.

    Schlatter schreibt zu V. 28: „Es gibt ... nichts, was uns schädigt, nichts, was nicht an seinem Teil uns dienstbar und förderlich werden müßte. Es widerfährt uns doch in unserem Leben lauter Gutes. Auch das Schmerzvolle, Bittere, das sich mit starkem Stachel als Leid und Not in die Seele senkt, ist nie nur Bitterkeit, nur Verlust, nur Übel, sondern hat immer auch eine gute Gabe in sich und verwandelt sich in Segen. Das gilt deshalb, weil wir Gott lieben.

    Wer sein Verlangen zum Fleisch hinwendet, dem begegnen freilich Dinge, die nichts als Bitterkeit und Verlust sind; denn sie durchkreuzen sein Begehren, rauben ihm, was ihm lieb ist, und zerstören, was seine Freude ist. Ja, ihm werden im Grunde alle Dinge zu einem Schaden; er erlebt nichts als Enttäuschung, in Unseligkeit verwandelt sich jede Lust, und sein ganzes Streben geht im Knechtsdienst der Vergänglichkeit unter. Für ihn gibt es in der weiten Welt nichts, was ihm wirklich gut wäre, weil ihn alles arm und hilflos läßt.

    Wenn wir aber Gott lieben und er uns Freude, Ehre und Reichtum geworden ist, dann steht unser Hauptgut ewig fest, und nun wird uns auch alles dienstbar und hilfreich, weil uns alles zu Gott hinführt. Die guten Dinge, die uns fröhlich machen, leiten uns zu ihm, weil sie seine Gaben sind. Die bitteren Dinge, die uns schmerzen, tun es nicht weniger; sie machen unsere Liebe rein und fest. Sie alle sind Nahrung und Mehrung unserer Liebe Gottes. Die fröhlichen Dinge mehren die Zuversicht der Liebe, die schmerzlichen ihre Demut; jene machen sie dankbar, diese hoffnungsvoll.“

 

    III:. Für wen wirkt alles zusammen zum Guten? V. 28

    A:. „Denen, die Gott lieben“

 

    . Gottes Wege sind gut für „Gott Liebende“, für solche, bei denen die Liebe Gottes im Herzen ausgegossen wurde (Römer 5, 5).

    Wir können Gott nicht von uns aus lieben. Wir sind gänzlich leer. Aber Gott selbst ist die Quelle unserer Liebe zu Gott. Wenn er, der Liebe ist, in unser Leben kommt – durch seinen Geist –, macht er uns fähig zum Lieben.

    1. Johannes 4, 8-10.19: „Wer nicht liebt, kannte Gott nicht, weil Gott Liebe ist. In diesem wurde die Liebe Gottes unter uns geoffenbart, dass Gott seinen einziggeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn lebten. In diesem besteht die Liebe: nicht dass wir Gott liebten, sondern dass er uns liebte und seinen Sohn sandte als Sühnung für unsere Sünden... Wir lieben ihn, weil er uns zuerst liebte.“

    Die „Gott Liebenden“ (so im Gr. wörtlich) sind die, die in Christus sind, die Gläubigen an Christus. Glaube und Liebe sind die beiden Säulen der Beziehung des Christen zu seinem Gott. Der Glaube ist der Schlüssel zu dieser Beziehung; durch ihn kommt man zu Gott. Die Liebe ist die Substanz, das Wesen, dieser Beziehung. Wer Christus nicht liebt, steht außerhalb dieser Beziehung, gehört zu den „Verfluchten“ (1. Korinther 16, 22).

 

    . Wie kommt der Apostel aber auf diese Bezeichnung gerade an dieser Stelle?

    Das erste Vorkommnis des Wortes Liebe im Brief haben wir in K. 5, 3-8, u.z. in demselben Zusammenhang wie hier, dem der Widerwärtigkeiten. Dort, wie hier, wird die Liebe des Christen zurückgeführt auf die Liebe des Christus, der seine Liebe zu uns in seinem Tod für uns bekundete.

 

    B:. „Denen, die … gerufen [eigtl.: Gerufene ] sind“

 

    . Es gibt ein Gerufensein im allgemeinen Sinn.

Der Ruf ist eine Einladung. (Das griechische Wort für „rufen“ bedeutet nicht „berufen“. Es ist im Grundtext dasselbe Wort, das für „einladen“ gebraucht wird.)

    Die „vielen“, die gerufen sind (Matthäus 20, 16; 22, 14), sind alle. Gottes Ruf geht hinaus in alle Welt. Paulus sagt ein paar Kapitel später:

    „Jedoch sage ich: Sie haben nicht gehört? Doch, ja!: ‘In jeden ‹Teil› der Erde ging ihre Stimme hinaus, und zu den Enden des Weltreiches [gingen] ihre Worte.’” (Römer 10, 18)

    Gott ruft alle zu sich in die Ewigkeit, denn er will, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Timotheus 2, 4).

    Jesu Weinen um Jerusalem beweist, dass der Ruf an alle ergeht (Lukas 13, 34): „Jerusalem, Jerusalem, die die Propheten tötet und die steinigt, die hin zu ihr gesandt sind! Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln in der Weise, wie eine Henne ihre eigene Brut unter die Flügel [sammelt], und ihr wolltet nicht!

    Viele also sind Gerufene (Matthäus 20, 16; 22, 14), nämlich – heute – mehr als 7 Milliarden Menschen.

    Wer gerufen wird, muss durch Glauben dem Ruf gehorsam sein (wie Abraham es war, Hebräer 11, 8). Aber nicht alle folgen diesem Ruf.

    Das Fest ist fertig (Matthäus 22, 4; Lukas 14, 17). Der Ruf erschallt. Die Einladung ist dringlich (Matthäus 22, 9). Wehe aber dem, der dem Ruf nicht Folge leistet.

    Lukas 14:17-24: „Und er sandte seinen leibeigenen Knecht zur Stunde des Mahls, zu den Geladenen [o.: Gerufenen] zu sagen: 'Kommt, weil alles schon bereit ist.' Und ohne Ausnahme fingen sie alle an, sich zu entschuldigen und abzusagen. Der erste sagte ihm: 'Ich kaufte ein Feld, und es ist notwendig, dass ich ausgehe und es sehe. Ich bitte dich, halte mich für entschuldigt.' Und ein anderer sagte: 'Ich kaufte fünf Joch Ochsen und gehe hin, sie zu erproben. Ich ersuche dich, halte mich für entschuldigt.' Und ein anderer sagte: 'Ich heiratete eine Frau, und deswegen kann ich nicht kommen.' Und jener leibeigene Knecht kam herbei und meldete dieses seinem Herrn. Dann war der Gebieter des Hauses zornig und sagte zu seinem leibeigenen Knecht: 'Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden hier herein.' Und der leibeigene Knecht sagte: 'Herr, es ist geschehen, wie du befahlst, und es ist noch Platz.' Und der Herr sagte zu dem leibeigenen Knecht: 'Gehe hinaus auf die Landstraßen und [an die] Zäune und nötige sie hereinzukommen, damit sich mein Haus fülle, denn ich sage euch: Nicht einer von jenen Männern, die geladen [o.: gerufen] waren, wird mein Mahl kosten!'"

    Wer dem Ruf Gottes nicht folgt, muss sich dafür eines Tages vor Gericht verantworten. Wenn Gott ruft, ist das einerseits eine großes Vorrecht, eine große Gnade. Aber wenn Gott ruft, hat der Mensch auch die Verantwortung zu gehorchen. Tut er es nicht, muss er die Konsequenzen tragen.

    Von einem „unwiderstehlichen Ruf“ Gottes ist hier nicht die Rede; auch nicht davon, dass dieser Ruf lediglich an eine begrenzte Anzahl von Menschen erginge.

 

    . Es gibt auch ein Gerufensein im speziellen Sinn.

    Die Gott Liebenden wurden zuvor von einem sie liebenden Gott gerufen. Und es blieb nicht beim Gerufenwerden. Sie antworteten mit einem Ja. Das erkennt man an 1, 6.7. Von daher tragen sie die Bezeichnung „Gerufene“. Wer auf den göttlichen Ruf, auf Gottes Einladung, positiv reagiert und kommt, gehört im speziellen Sinn zu den „Gerufenen“. S. auch 1. Korinther 1, 2.24; Judas 1.

    Es ist wie bei einem Hochzeitsfest: Viele sind geladen. Die, die der Einladung gefolgt und zum Fest gekommen sind, tragen am Fest den Titel „geladene Gäste“.

    Die zu Jesus „Gerufenen“ wurden nicht lediglich gerufen, sondern wurden zu ihm gerufen, um eines Tages ein Ziel zu erreichen. Wo von diesem Ruf die Rede ist, da ist auch die Rede von jenem Ziel.

    Die „Gerufenen“ werden, nachdem sie der Einladung, zu Christus zu kommen, bereits gefolgt sind, von Gott weiterhin gerufen – in die Herrlichkeit hinein. Gott nimmt sie gleichsam an die Hand: „Komm mit!“ Das tut er, bis sie eines Tages bei ihm sind.

    1. Thessalonischer 5, 24: „Treu ist der euch Rufende, der es auch tun wird.“

    Galater 5, 8: „Das Überzeugtsein ist nicht von dem, der euch ruft.“

    1. Thessalonischer 2, 12: „… dass ihr wandeln solltet [in einer Weise], die würdig sei des Gottes, der euch ruft zu seinem ‹eigenen› Königreich und [seiner] Herrlichkeit.“ [Manche Übersetzungen haben hier zu Unrecht: „der euch rief“.]

 

    C:. „Denen, die nach einem Vorsatz gerufen sind“ V. 28E.29

 

Es sind die, mit denen Gott etwas Besonderes vorhat, denen alles zum Guten dient, denn „nach einem Vorsatz“ Gottes wurden sie gerufen.

 

    . Was ist es nun um diesen Vorsatz?

    - Er ist das Gute, dem alles in unserem Leben zu dienen hat. V. 28M

    „Denen, die Gott lieben, wirkt alles zusammen zum Guten, denen, die nach einem Vorsatz gerufen sind ...“

    - Der Vorsatz entspricht einer Bestimmung Gottes. V. 29

„... weil er ... im Voraus bestimmte, seinem Ebenbilde, dem Sohne, gleichgestaltet zu sein, sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei.“

 

    . Wir beachten, dass Paulus von denen spricht, die Gott lieben, nicht von denen, die nicht (oder nicht mehr) an ihn glauben wollen.

    Wir beachten ferner: Nicht wir haben den ersten Schritt auf Gott zu ge­tan. Nicht wir haben ihn zuerst geliebt. Gott hat sich nach uns umgesehen und uns nach einem ewigen Vorsatz ge­rufen. Das Heil geht also von Gott aus. (Im Text wird dieser Gedanke gleich weiter ausgeführt.)

    Das Rufen – die Einladung Gottes – geschieht „nach einem Vorsatz“, einem Vorsatz der lange vor dem Rufen gefasst worden war. Das Rufen selbst fand in der Zeit statt. (Und wir hörten seinen Ruf und folgten dem Ruf.) Aber der Vorsatz Gottes war bereits vorher – in der Ewigkeit, vor den Weltzeiten – da.

    Vgl. 2. Timotheus 1, 9: „... der uns rettete und mit einem heiligen Ruf rief, nicht nach unseren Werken, sondern nach eigenem Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor allen Weltzeiten [o.: vor ewigen Weltzeiten] gegeben wurde ...”

 

    . Zu beachten ist ferner, dass der Vorsatz nicht darin besteht, wen er rufen wollte und wen nicht, sondern darin, dass er – gemäß seinem wunderbaren Heilsplan – für den Menschen Heil wollte, ein Heil, das er in Christus bereitete und zu dem er die Menschen rief. Das Rufen geschah nach einem Vorsatz, einem Ratschluss, der beinhaltete, dass Gott für die Menschen Heil wollte – und zwar Gleichgestaltung in Christi Ebenbild, Wiederherstellung der Gottesebenbildlichkeit in Christus. Dieses Heil ist für die Menschen, die sich rufen lassen:

    2. Korinther 5, 21: „Wir sind also Botschafter für Christus, [und zwar] so, dass Gott durch uns aufruft. Wir flehen an Christi Statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!”

    Offenbarung 22, 17E: „Und wen dürstet, der komme. Und wer will, der nehme das Wasser des Lebens – kostenlos!”

    Die Frage, um die es in Römer 8, 28-30 geht, ist nicht, wie es dazu kam, dass sich jemand bekehrte, oder warum sich der eine bekehrte und der andere nicht; sondern es geht um das herrliche Ziel, das denen, die Gott lieben, vor Augen gestellt wird. Paulus sagt, dass Gott dieses herrliche gute Ziel „gemäß einem Vorsatz“ (d. h.: einem Ratschluss, den Gott zuvor beschloss) bereits zuvor so bestimmte. Paulus zeigt, dass Gott für alle Menschen, die an seinen Sohn glauben würden, etwas Wunderbares, Gutes bereitet hat. Dieses Heil, zu dem wir gerufen wurden und das wir annahmen, ist also ein Heil, das Gott schon lange zuvor für uns geplant hatte. Gott hätte es auch für weitere Menschen bereit, wenn sie es annehmen würden.

 

     . (Nicht nur das Rufen, sondern auch das ZuvorBestimmen „zur Sohnschaft“ geschieht gemäß göttlichem Vorsatz, Epheser 1, 5.11; 3, 11. Aber auch dort – Epheser 1, 5 – besteht der Vorsatz nicht darin, wer von den Menschen die Sohnschaft erhalten sollte und wer nicht, sondern, dass diejenigen, die sich bekehren würden, Söhne werden sollten. Siehe dazu auch unter V. 29.)

 

    IV:. Warum ist das gute Wirken eine Gewissheit? V. 28A

 

 „Wir wissen aber:“ In einer Zeit, wo so vieles nur noch relativ ist, in einer Zeit des Sozialismus von Ideen und Werten, ist es ein großes Vorrecht, etwas zu wissen.

    Warum wissen wir? Wie können wir es wissen? Und woher wissen wir es?

 

    . Zum Ersten wissen wir es, weil Gott es gesagt hat. Wir haben seine Offenbarung in schriftlicher Form. Dieses Wort ist treu, zuverlässig; es wird uns nie im Stich lassen. Es wird uns nicht auf Abwege bringen. Wir dürfen uns darauf verlassen. Schon aus dem Alten Testament wissen wir, dass Gott gut ist und Gutes tut und dass alle seine Wege Recht sind.

    1. Mose 32, 4: „Der Fels ist er. Vollkommen ist sein Tun, denn Recht sind alle seine Wege. Ein Gott der Treue und Beständigkeit ist er, ohne Falsch ‹und Abweichung›, gerecht und gerade.“

    Psalm 119, 68: „Gut bist du – und Gutes tuend.“

    Wenn das Wort Gottes sagt, dass Gott die Seinen liebt und er alles in seiner Hand hat, dann wissen wir auch, dass denen, die Gott lieben, alles zusammen zum Guten wirkt.

 

    . Zum Zweiten wissen wir es, weil Gott uns seinen Heiligen Geist gegeben hat. Dieser wohnt in unserem Geist, in unserem Denken, und macht uns fähig, Gottes Worte zu erkennen. Und er hält uns aufrecht, so dass wir dabei bleiben können. Unsere Gewissheit liegt in Gottes Wort, weil sein Geist darin ist und gleichzeitig in uns ist.

 

    . Zum Dritten: Wenn es heißt: „Wir wissen aber: Denen, die Gott lieben, wirkt alles zusammen zum Guten ...“, dann wollen wir nicht vergessen, dass in der Liebe das Vertrauen liegt. Wer nun ein Gott Liebender ist, vertraut auf Gott, dass er gut ist und nur Gutes tut.

   

    V:. Wie erreicht Gott sein Ziel, das der Christusähnlichkeit? V. 29.30

 

 „... weil er die, die er im Voraus kannte, auch im Voraus bestimmte, seinem Ebenbilde, dem Sohne, gleichgestaltet zu sein, sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei. 30 Aber welche er im Voraus bestimmte, diese rief er auch, und welche er rief, diese rechtfertigte er auch. Aber welche er rechtfertigte, diese verherrlichte er auch.“

    Das Ziel Gottes mit dem Menschen war von Anfang an die Gottesebenbildlichkeit. Nach dem Sündenfall wird dieses Ziel über Jesus Christus, das vollkommene Gottesbildnis (Kolosser 1, 15; Hebräer 1, 3A), erreicht u. z., nach diesen Versen, in fünf Schritten:

 

    A:. Gott kennt die Seinen im Voraus. V. 29A (Vgl 1. Petrus 1, 2A.)

 

Gott kannte die, die ihn eines Tages annehmen würden, uns. Dieses Kennen bedeutet, zum Einen, dass Gott uns passiv kannte: Er wusste, dass wir uns bekehren würden. Es kann zum Anderen bedeuten, dass er uns aktiv „kannte“, kraft seines Vorauswissens in seinen Gedanken bereits eine Beziehung zu uns hatte. Andere Menschen, solche, von denen er wusste, dass sie sich nicht bekehren würden, kannte er zwar auch, aber nicht in diesem Sinne.

    Gott sind diejenigen, die sich heute zu ihm bekehren, nicht Fremde. Er kannte uns bereits, ehe wir existierten.

 

    B:. Die von Gott Gekannten werden bestimmt. V. 29

 

Was bedeutet diese Vorausbestimmung?

    Die, „die er im Voraus kannte, bestimmte er auch im Voraus, seinem Ebenbilde, dem Sohne, [der Wesfall im Grundtext (wörtlich: „dem Ebenbild seines Sohnes“) ist hier, nach einem der griechischen Gebrauchsweisen des Genetivs, offensichtlich im Sinne der Gleichsetzung zu verstehen: „seinem Ebenbild – [nämlich] dem Sohne“] gleichgestaltet zu sein, sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei.“

    Gott wusste von aller Ewigkeit her, wer gerettet werden würde – und in Gedanken kannte er diese bereits. Aber nicht nur das. Nun geht es um seinen Heilsplan: Bezüglich der Geretteten bestimmte er, was sie sein sollten, sobald sie sich retten ließen. Für die Geretteten plante er also etwas Spezielles. Paulus sagt nicht, dass Gott vorausbestimmte, wer gerettet werde und wer nicht, sondern was aus den Geretteten werden sollte: nicht nur Gerettete, nicht nur Sklaven Gottes, nicht Engel, nicht nur Bürger des Himmelreiches, sondern „gleichgestaltet dem Sohn, seinem Ebenbilde“.

    Nachdem Gott die Lebensräume und die Tiere geschaffen hatte, machte er ein Bild von sich selbst und setzte es mitten in seine Schöpfung – als Vizekönig. Ursprünglich war der Mensch Gottes Bild. Dieses Bildnis wurde jedoch durch die Sünde verstümmelt. Darauf machte Gott ein neues Bild: Er selber wurde Fleisch – in Christus.

    Dann geschah Zweierlei: Auch dieses Bild wurde verstümmelt (Jesaja 53, 2), jetzt aber durch die Hand Gottes – auf Golgotha. Und das Zweite: Gott weckte ihn auf aus dem Tode; er wurde zu neuem Leben gebracht. Und nun steht der Auferstandene und Erhöhte da – nicht nur, um ein Vorbild für uns zu sein, sondern um in uns hineinzukommen und mit uns eins zu werden.

    „gleichgestaltet“: nicht in jeder Hinsicht, nicht in der Größe (wir werden nicht Gott), aber in der Sohnesstellung und im Charakter. Alles, was wir vor Gott sind, sind wir in Christus: Söhne, Geheiligte, Geliebte, Erben.

    „dem Sohne“: Söhne sollten wir werden. Das ist die göttliche Bestimmung, so zu werden wie der Sohn – gleichgestaltete „Brüder“ Jesu.

    Epheser 1, 4-6: „... entsprechend dem, dass er uns vor Gründung der Welt in ihm ‹sich› erwählte, dass wir seien heilig und tadellos vor ihm in Liebe; er bestimmte uns ‹nämlich› im Voraus für sich zur Sohnesstellung durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens zum Lobe der Herrlichkeit seiner Gnade, mit der er uns begnadete in dem Geliebten ...”

    Mit „Sohnesstellung“ ist nicht Adoption gemeint, sondern Einsetzung in die Vorrechte und in die Verantwortung eines erwachsenen Sohnes im Unterschied zu der Stellung des unerwachsenen Sohnes, die der eines Sklaven ähnlich war. (Vgl. Ga 4, 1ff.)

    „sodass er Erstgeborener unter vielen Brüdern sei“:

Hebräer 2, 9-11: „Wir sehen aber den, der ein wenig geringer als die Engel gemacht wurde, auf dass er durch die Gnade Gottes für jeden den Tod schmeckte, Jesus, wegen ‹und mittels› des Todesleidens mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt, denn es ziemte ihm, um deswillen alle Dinge sind und durch den alle Dinge sind – er brachte ja viele Söhne zur Herrlichkeit – den Urheber ihres Heils durch Leiden hindurch zum Ziel zu bringen, denn beide, der, der heiligt, und die, die geheiligt werden, sind alle von einem, aus welchem Grunde er sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen ...“

    Psalm 22, 23: „Ich will deinen Namen meinen Brüdern ‹lobend› künden, inmitten der Gemeinde dir lobsingen.“

    Johannes 20, 17: „Gehe aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich steige auf zu meinem Vater und eurem Vater und [zu] meinem Gott und eurem Gott.“

 

    C:. Die Bestimmten werden gerufen. V. 30

 

 „Aber welche er im Voraus bestimmte, diese rief er auch“: Diese, von denen er wusste, dass sie sich bekehren würden und die er daher „kannte“, diese, die er vorausbestimmte, dass sie, wenn sie sich bekehrten, seine Söhne und dem Ebenbild Christi gleichgestaltet werden sollten, diese rief er auch: nämlich uns, sagt Paulus.

    Die anderen rief er auch, aber sie kamen nicht, sind auch dafür verantwortlich. Gott rief alle. Die Einladung erging und ergeht an jedermann. Aber das ist hier nicht das Thema.

    Hier ist das herrliche Heil derer, die Gott lieben, das Thema. Paulus ist gerade dabei, die fünf Schritte aufzuzeigen, wie Gott die Seinen zu dem herrlichen Heil bringt. Er will aufzeigen, warum für die Gott Liebenden, die in 1, 6 „Gerufene“ im besonderen Sinne heißen, alles zum Guten zusammenwirkt.

    Zwei Rückschlüsse sind also ausgeschlossen. Der Rückschluss, dass Gott deshalb, weil er alle rief (im allgemeinen Sinne), alle auch rechtfertigte, ist nicht zulässig, denn viele wollen dem Ruf nicht Folge leisten. (Vgl. 10, 18.) Der andere Rückschluss, dass, weil Gott alle, die er rief, rechtfertigte, deshalb mit dem Ruf ein „unwiderstehlicher“ Ruf gemeint sein müsse, ist ebenso unzulässig; denn die Schrift belehrt uns, dass Gottes Ruf im Wesen derselbe ist. Die heilige Schrift macht nicht einen Unterschied zwischen dem Ruf, der die erreicht, die sich schlussendlich bekehren, und dem Ruf, der die anderen erreicht, der aber wirkungslos bleibt; denn, dass Menschen nicht glauben, das liegt nicht an der Natur des Rufes, sondern – wie der Herr selber sagt – an der Verstocktheit ihres Herzens oder an ihrer Liebe zur Welt oder an der mangelnden Wertschätzung Gottes und seines „Festmahls“. (Vgl. Lukas 14, 17-23.)

    In den V. 28-30 sind nur die, die Gott lieben, im Blickfeld; ihr herrliches Heil und ihre sichere Hoffnung wird herausgestellt. Paulus geht gleichsam zurück. Er sagt: Ihr – die íhr aufgrund des Glaubens Gott liebt – ihr habt in Christus ein herrliches Heil. Und als solche, die ihr Gott liebt, werdet ihr das gute Ziel erreichen, denn Gott kannte euch bereits im Voraus und bestimmte euch bereits im Voraus, dem Sohn gleichgestaltet zu sein. Und zu diesem Heil rief er euch (und zwar genau damals, als der allgemeine Ruf des Evangeliums hinausging), welchem Ruf ihr nun Folge geleistet habt.

 

    D:. Die Gerufenen werden gerechtfertigt. V. 30M

 

 „und welche er rief, diese rechtfertigte er auch“: Sie, die er rief – nämlich die, die nun solche sind, die Gott lieben (denn um sie geht es hier), nämlich uns – diese rechtfertigte er.

    Wie rechtfertigte er uns? Aufgrund des Glaubens. Wir waren diejenigen, die durch Glauben dem Ruf Gottes aus freiem Willensentschluss Folge leisteten, sagt Paulus. Die Bedingung zur Rechtfertigung ist der persönliche Glaube (d. i. das Vertrauen) des einzelnen. Dieser Glaube, dieses Vertrauen entsteht durch SichBefassen mit dieser wunderbaren vertrauenswürdigen Person, Jesus Christus. Wenn ein Mensch sich auf seine eigenen Leitungen verlässt anstatt auf Christus, kann er nicht gerechtfertigt werden (Markus 16, 16; Galater 2, 16). Davon hatte der Apostel bereits in 3, 22.26 gesprochen.

    Hier schreibt Paulus, dass Gott diejenigen rechtfertigte, „die er rief“. Man könnte fragen: Aber wenn Gott alle rief, hat er demnach alle gerechtfertigt? Nein. Paulus hat seit K. 3 nicht seine Theologie geändert. Dass Gott nur die rechtfertigt, die seinem Ruf folgen, muss hier nicht gesagt werden; denn das ist nicht das Thema. Es geht dem Apostel um das herrliche Heil derer, die Gott lieben, um uns. An uns (nebst vielen anderen) war der Ruf ergangen, der Ruf, dem wir dann durch den Glauben Folge leisteten, aufgrund welchen Glaubens Gott uns dann rechtfertigte. Die, die dem Ruf, der an alle erging, nicht folgten, konnten nicht gerechtfertigt werden.

    (NB.: Das persönliche Glauben ist ein Befehl Gottes an den Menschen, Markus  1, 15. Wer nicht glaubt, wird von Gott gescholten. Vgl. Markus  16, 14. Zu glauben ist ein Gehorsamsakt des Menschen. Vgl. Ag 6, 7; Römer 2, 8; 10, 21; 11, 30-32; 15, 18.31; 16, 26; Epheser 2, 2; 5, 6; Kolosser 3, 6; 1. Petrus 1, 2.22; 2, 8; Hebräer 3, 18; 4, 1.11; 11, 8.)

 

    E:. Die Gerechtfertigten werden verherrlicht. V. 30E

 

 „Aber welche er rechtfertigte, diese verherrlichte er auch“: Diese Aussage steht ebenfalls in der Vergangenheitsform. Die Verherrlichung hat also wenigstens ihren Beginn in der Wiedergeburt. Vgl 3, 23; Epheser 4, 23.24. Darauf weist auch hin, dass alle Gerufenen/Glaubenden/Gerechtfertigten verherrlicht wurden.

 

    . Wie und inwiefern verherrlichte er sie? Inwiefern sind sie Herrliche?

    In K. 3 hatte Paulus davon gesprochen, dass die Menschen seit dem Sündenfall der Herrlichkeit Gottes ermangelten: „Alle sündigten, und sie reichen nicht an die Herrlichkeit Gottes heran [o.: ermangeln der Herrlichkeit Gottes].“ Sie haben – was ihren Charakter betrifft – nicht die Ebenbildlichkeit Gottes, kommen nicht an sie heran.

    Wenn Gott rettet, werden Menschen gleichsam seinem Bilde gleich, so wie vor dem Sündenfall (1. Mose 1, 27). Wenn die Sünde vergeben ist, darf (und kann) Gott uns wieder in die Herrlichkeit versetzen, die wir vor dem Sündenfall hatten, – zunächst als Veranlagung. Aber diese Verherrlichung ist wachstumsfähig; Liebe, Glaube, Heiligkeit – alle Tugenden – sind wachstumsfähig. Das alles gibt uns über unsere Zukunft Gewissheit.

    In Hebräer 2, 10 erinnert der Schreiber, dass Christus Söhne zur Herrlichkeit brachte: „... denn es ziemte ihm, um deswillen alle Dinge sind und durch den alle Dinge sind – er brachte ja viele Söhne zur Herrlichkeit – den Urheber ihres Heils durch Leiden hindurch zum Ziel zu bringen ...“ Weitere Stellen haben wir in:

    Johannes 17, 22: „Und ich, die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, so wie wir eins sind.“

    Epheser 5, 27: „... damit er sie sich selbst darstelle als die herrliche Gemeinde ...“

 

    . Wie geschieht diese Verherrlichung?

Gott versetzt in den verherrlichten Christus, identifiziert die Seinen mit dem Erhöhten. Sie teilen Christi Stellung, sitzen mit ihm in den himmlischen Bereichen (Epheser 2, 6), sind dort, wo der Messias ist.

    Epheser 2, 6: „... und er erweckte uns zusammen mit ihm und setzte uns zusammen mit ihm in den himmlischen ‹Bereichen› in Christus Jesus ...“

    Als Gerechtfertigte sind wir „in Christus“. Christus ist unser Leben. Unser Leben ist „verborgen worden zusammen mit Christus in Gott“ (Kolosser 3, 3). Noch ist diese Herrlichkeit verborgen, aber sie wird zu seiner Zeit geoffenbart werden (V. 4): „Wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, dann werdet auch ihr zusammen mit ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit.“

    Das wird dann sein, wenn „auch sie selbst, die Schöpfung, von der Versklavung an die Verderblichkeit frei gemacht werden wird in die Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes” (Römer 8, 21).

    Dass die Verherrlichung hier in Römer 8, 28 (das Gute, dem alles im Leben dient) fortgesetzt wird im Leben des Gerechtfertigten, erfahren wir in 2. Korinther 3, 18 und 1. Johannes 3, 1.2 (in der Vollendung). Die Herrlichkeit, die wir heute in ihm,in Christus, bereits haben, wird, wenn er erscheint, sichtbar. Von der Braut, der Schar der Erlösten im neuen Jerusalem, heißt es:

    „... und sie hatte die Herrlichkeit Gottes.“ (Offenbarung 21, 11A)

 

b. Gottes Fürsorge ist gewiss. V. 31-34

 

„Was werden wir also zu diesem sagen? Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns? 32 Der sogar des eigenen Sohnes nicht schonte, sondern für uns alle ihn dahingab, wie wird er uns zusammen mit ihm nicht auch alles ‹in Gnade› schenken? 33 Wer wird Anklage erheben gegen Erwählte Gottes? Gott [ist der], der rechtfertigt! 34 Wer verurteilt? Christus [ist es], der starb; mehr, der auch erweckt wurde, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet.“

    Der zweite Grund, warum unsere Hoffnung ewiglich sicher ist, ist das Wissen, dass Gott auf unserer Seite steht. Gottes Fürsorge ist vollkommen und gewiss.

    Wie hat Gott gezeigt, dass er für uns ist? – Vier Aussagen machen es deutlich:

I: Gott ist – auf dem Weg zum Ziel – für uns. V. 31

II: Er gab seinen Sohn und wird uns mit ihm alles schenken. V. 32

III: Er rechtfertigt uns. V. 33

IV: Christus verwendet sich für uns. V. 34

 

I. Gott ist für uns.

 

V. 31: „Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?“

    Dass Gottes Fürsorge gewiss ist, bedeutet zunächst, dass keiner mit Erfolg gegen uns sein kann. Rückblickend bedeutet es, dass alles in unserem Leben von Gott zu unserem Guten gelenkt wird.

    Gott ist jetzt für uns, weil er einmal für uns gegen seinen eigenen Sohn war.

    Der Sohn sagte (Hebräer 10, 7): „Siehe, ich komme, deinen Willen zu tun“, und ging am Kreuz in die Gottesferne, erlebte am Kreuz konzentriert eine ewige Hölle für alle Verlorenen. Es ist unfassbar. Der Vater ließ seinen geliebten Sohn fahren – unseretwegen! Ja, er warf alle unsere Schuld auf ihn. Er war gegen seinen Sohn, weil jener unsere Schuld auf sich nahm. Deshalb ist Gott heute für alle, die in Christus sind. Das ist keine Kleinigkeit, keine Selbstverständlichkeit.

    Und wenn Gott für uns ist und für uns da ist, dann sind alle, die gegen ihn sind, machtlos.

 

II. Gott gab seinen Sohn für uns.

 

V. 32: „Der sogar des eigenen Sohnes nicht schonte, sondern für uns alle ihn dahingab, wie wird er uns zusammen mit ihm nicht auch alles ‹in Gnade› schenken?“

    Den Beweis seiner Fürsorge haben wir in der Tatsache, dass Gott seinen Sohn „für uns alle dahingab“. Wer so etwas tut, kann nichts mehr seinen Geliebten vorenthalten.

    Gott gab das Beste, das er hatte. Er, der das Kostbarste des Himmels nicht verschonte, sondern für uns hingab, wird uns mit dem Sohn alles geben. Alle Gaben Gottes – heute und in Ewigkeit – sind enthalten in seiner unaussprechlichen Gabe, Christus. Nachdem Christus uns geschenkt ist, wird Gott uns auch alle weiteren Segnungen schenken.

    Gott sagt gleichsam zu uns: „Kind, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, ist dein“ (Lukas 15, 31).

 

III. Gott rechtfertigt uns.

 

V. 33: „Wer wird Anklage erheben gegen Erwählte Gottes?“

    So mancher wird es tun, aber keiner mit Erfolg, denn der einzige, der es mit Erfolg tun könnte, ist auf unserer Seite: „Gott [ist der], der rechtfertigt!“

    Wer könnte je gegen Gottes Erwählte vorgehen? Wer könnte unsere Anrechte auf Christus wegnehmen, unsere Vergebung, unser Heil? Wer könnte mit Gewalt das Band der Liebe, das mich mit Christus vereinigt, trennen? –

 

    . Gott selbst hat uns erwählt.

Sollte uns unser Gewissen in unserem Herzen anklagen, so ist Gott größer als unser Herz und kennt alles. (1. Johannes 3, 20-22). Wir dürfen sofort zu Jesus kommen. Christus ist unser Anwalt. Er ist es, der uns zu Gerechten in seinen Augen machte.

    1. Johannes 2, 1.2: „Meine Kindlein, dieses schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, haben wir einen Fürsprecher vor dem Vater, Jesus Christus, einen Gerechten. Und der ist [die] Sühnung für unsere Sünden, aber nicht allein für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“

    Sollte der Feind und Widersacher anklagen (Offenbarung 12, 10), so ist Christus da! Eine schöne Illustration finden wir in Sac 3, 1-5:

    „Und er ließ mich den Hohen Priester Josua sehen, wie er vor dem Boten Jahwehs stand; und der Satan stand auf seiner rechten Seite, ihn anzuklagen. Und Jahweh sagte zum Satan: ‚Jahweh schelte dich, Satan! Ja, es schelte dich Jahweh, der Jerusalem erwählt hat. Ist dieser nicht ein Brandscheit, das aus dem Feuer gerettet ist?’

    Und Josua war bekleidet mit unreinen Kleidern und stand doch vor dem [himmlischen] Boten.

    Und er hob an und sagte zu denen, die vor seinem Angesicht standen: ‚Zieht ihm die unreinen Kleider aus!’

    Und zu ihm sagte er: ‚Siehe! Ich habe deine Ungerechtigkeit von dir weggenommen, und ich kleide dich in Feierkleider.’

    Und ich sagte: ‚Man setze einen reinen Kopfbund auf sein Haupt.’

    Und sie setzten den reinen Kopfbund auf sein Haupt und zogen ihm Kleider an. Und der Bote Jahwehs stand dabei.“

    „Gott [ist der], der rechtfertigt.“ An diesem Felsen zerschellt jede Anklage. Ich brauche mich daher auch nicht selbst zu rechtfertigen, zu verteidigen.

 

    . Die Gott Liebenden werden hier „Erwählte“ genannt. Dieser Begriff ist ein Ausdruck der Liebe, ein Ausdruck großer Wertschätzung. Letztlich ist Christus der Erwählte schlechthin, der Kostbare, Hochgeschätzte.

    Matthäus 12, 18: „Siehe! Mein Knecht, den ich [mir] vorzog, mein Geliebter, an dem meine Seele Wohlgefallen fand! Ich werde meinen Geist auf ihn legen, und er wird den Völkern Gericht ankünden.“

    An der Stelle von „Geliebter“ steht im zitierten hebr. Text von Jesaja 42, 1 bechiri, „mein Erwählter“. Matthäus übersetzte „mein Geliebter“, weil „geliebt“ synonym zu „erwählt“ verwendet werden kann.

    Das wussten auch die Obersten der Juden, als sie spotteten: „Andere rettete er. Er rette sich selbst, wenn dieser der Gesalbte ist, der Erwählte Gottes!“ (Lukas 23, 35E)

    Auch Petrus verwendet das Wort, wenn er von dem Christus schreibt, und erklärt ihn als „kostbar“: „... zu dem hinkommend, einem lebenden Stein, von Menschen abgelehnt ‹und verworfen›, ja, aber bei Gott erwählt, kostbar ...“ (1. Petrus 2, 4).

    Bei dem Begriff „Erwählte(r)“ wird also nicht vorausgesetzt, dass man sich die (o. den) Erwählten aus einer größeren Schar ausgesucht hat. Es gab nur einen, der in Frage kam, Messias und Erlöser zu sein, aber er wurde „Erwählter“ genannt. Mit dem griechischen Begriff für „erwählen“ (eklegesthai) „wird die Beziehung betont, in welche der Erkorene zum Erkürenden tritt“ (Vgl. Wohlenberg, in der Reihe von Th. Zahn bei 2. Thessalonischer 2.), nicht der Akt des Aussuchens. Wenn Paulus von den erwählten Engeln spricht (1. Timotheus 5, 21), spricht er ebenfalls in diesem Sinne. Alle Engel waren Erwählte. Sie wurden aber nicht aus einer größeren Schar ausgesucht. Es gab ja nicht weitere.

    Erwählte sind wir in Christus. Durch die Erlösung sind wir – in Christus – Geschätzte, Kostbare, Geliebte, Vorzügliche. Außerhalb von Christus kann in diesem Sinne niemand ein „Erwählter“ Gottes sein. Es ist genauso wie in einer gesunden Ehe. Außerhalb dieser Ehe kann die „Erwählte“ nicht „Erwählte“ sein.

 

    . Wie wurden jene Römerchristen zu Erwählten?

Zuerst kam ein Ruf. Sie antworteten. Daraufhin erwählte Gott sie. Diese Reihenfolge (zuerst Ruf, dann Erwählung) finden wir des Öfteren im NT:

Offenbarung 17, 14: „Diese werden mit dem Lamm Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden, weil es Herr der Herren und König der Könige ist, und die, die mit ihm sind, sind Gerufene und Erwählte und Treue.“

    2. Petrus 1, 10: „Deshalb, Brüder, befleißigt euch umso mehr, euren Ruf und [eure] Erwählung fest zu machen.“ Vgl. a. Matthäus 22, 14.

    Wie wurden sie zu Erwählten? – Durch den Glauben; nur Glaubende sind „in Christus“ und sind (in ihm) „Erwählte“. Wer noch nicht glaubt, wird in der heiligen Schrift nicht „Erwählter“ genannt.

    Wann wurden sie zu Erwählten? – Als sie gläubig wurden.

    Paulus schreibt im 1. Thessalonicherbrief 1, 2-6: „Wir danken Gott allezeit für euch alle, gedenken euer bei unseren Gebeten, erinnern uns dabei ohne Aufhören an euer Werk des Glaubens und [eure] Arbeit der Liebe und Ausdauer der Hoffnung auf unseren Herrn, Jesus Christus, vor unserem Gott und Vater, wissen wir ja, Brüder, von Gott Geliebte, um eure Erwählung, dass unsere gute Botschaft nicht in Wort allein zu euch kam, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in viel ‹und› voller Gewissheit, so wie ihr wisst, welcherart wir unter euch wurden euretwegen. Und ihr seid unsere und des Herrn Nachahmer geworden, nachdem ihr das Wort unter viel Bedrängnis aufgenommen hattet mit Freude des Heiligen Geistes ...“

    Der Apostel hat die Erwählung der Thessalonicherchristen persönlich miterlebt. Er war dabei, als sie – durch den Glauben – in Christus hineinkamen. Und als sie in Christus waren, waren sie in ihm Erwählte.

    Gewiss, per Vorauskennen wusste Gott, wer eines Tages durch die Bekehrung in Christus hineinkommen würde (1. Petrus 1, 2), und Gott konnte sich in diesem Wissen schon darüber freuen. „In Christus“ hatte er alle bereits vor Grundlegung der Welt erwählt, aber eben „in Christus“, nicht außerhalb von ihm.

    Man kann also sagen: Erwählung geschieht an zwei Zeitpunkten: zum einen vor Gründung der Welt (Epheser 1, 4) in den Gedanken Gottes, per Vorauskenntnis, zum anderen bei der Heilswende, in dem Augenblick, in dem der Mensch dem göttlichen Ruf Folge leistet. Die zweite ist die tatsächliche Erwählung.

 

IV. Christus verwendet sich für uns.

 

V. 34: „Wer verurteilt? Christus [ist es], der starb; mehr, der auch erweckt wurde, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet.“

    Wer verurteilt? – Es gibt nur einen, der befugt wäre, ein Urteil zu sprechen. Und gerade jener opferte sich auf für uns, verwendete sich für uns am Kreuz bis zum Äußersten. Christus hat sich mit seinem Leben für uns eingesetzt. Und er tut es heute, auf dem Thron, immer noch. Christus ist in seinem Sterben, Auferstehen und Sitzen zur Rechten immer der, der ganz für uns da ist. Er wurde vom Vater erweckt, ein Zeichen, dass sein Tod der eines Gerechten war und so ein gültiges Opfer. Heute ist er zur Rechten Gottes erhöht und steht dort gerade für uns.

    Römer 5, 10: „Wenn wir, als wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, werden wir viel mehr, nachdem wir versöhnt worden sind, gerettet werden in seinem [o.: durch sein] Leben.“

    Hebräer 7, 25: „Weil er die ganze Zeit lebt, um sich für sie zu verwenden.“

    Der gr. Begriff für „verwenden“ bedeutet nicht in erster Linie „beten“, sondern: „sich mit jemandem treffen; dazwischentreten; als Vermittler eintreten; einstehen; sich verwenden für jemanden“.

 

Das alles macht Gottes Fürsorge für uns gewiss!

c. Gottes Liebe hält uns fest. V. 35-39

 

Der dritte Grund, warum unsere Hoffnung für ewig sicher ist, ist das Wissen, dass uns nichts von Gottes Liebe trennen kann.

Paulus gibt zu verstehen: Gottes Liebe (V. 39) ist Christi Liebe (V. 35). Er beschäftigt sich nun mit den Faktoren, die in Frage kommen könnten, um uns von der Liebe des Christus zu trennen. Gibt es etwas, was das Band der Liebe zwischen uns und Christus durchtrennen könnte?

 

I. Keinerlei Umstände können von der Liebe des Christus trennen.

 

V. 35-37: „Was [o.: Wer] wird uns trennen von der Liebe des Christus? Bedrängnis oder Einengung oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? – so wie geschrieben ist: ‚Deinetwegen werden wir getötet den ganzen Tag. Als Schlachtschafe wurden wir gerechnet.’ {Psalm 44, 23} In diesem allem jedoch sind wir überlegene Sieger durch den, der uns liebte!“

 

    V. 35: „Was [o.: Wer]“: Die Gefahren werden personifiziert. Sieben werden nun aufgeführt.

 

    . Bedrängnis, gr. thlipsis, bedeutet „Druck, Stress, Trübsal, Drängen, Reiben“. Paulus sagt nicht, dass Christen keine haben werden. An die Thessalonicher (1. Thessalonischer 3, 2-4) schreibt er:

    „... wir schickten Timotheus, unseren Bruder und Gottes Diener und unseren Mitarbeiter an der guten Botschaft des Christus, euch zu festigen und euch zuzureden in Betreff eures Glaubens, [damit auch] nicht einer wankend gemacht werde in diesen Bedrängnissen, denn ihr wisst selbst, dass wir dazu gesetzt sind, denn auch als wir bei euch waren, sagten wir euch zuvor, dass wir Bedrängnis erfahren würden, so, wie es auch geschehen ist, und ihr wisst es.“

    In Galatien festigte er die Seelen der Jünger und rief sie auf, im Glauben zu bleiben: „Wir müssen durch viele Bedrängnisse in das Königreich Gottes eingehen.“ (Ag 14, 22)

    Das Leben will uns oft den Atem, den Lebensraum nehmen. Wir werden bedrängt. Wird uns dann die Luft ausgehen? Gibt es eine Bedrängnis, die uns wie eine Schere von Christi Liebe trennen könnte? Nein, sagt der Apostel. In der Welt haben Christen „Bedrängnis“, aber Christus hat die Welt überwunden (Johannes 16, 33).

 

    . Einengung

Der Begriff setzt sich zusammen aus stenos (schnell, schmal) und „choorein“ (Raum haben). Der Weg des Christen wird manchmal sehr schmal, eng. Der Lebensraum kann einem eingeschränkt werden, die Freiheit, die Versorgung, die Ruhe. Das Wort kann auch „Angst“ bedeuten. Angst ist die Folge von unberechenbaren und bedrohenden Elementen. Man könnte denken: „Jetzt hört alles auf! Jetzt ist meine Existenz gefährdet.“ – Nein, die ewige niemals. Und Christi Liebe hält mich fest – heute und in Ewigkeit.

 

    . Verfolgung

Paulus weiß, wovon er spricht (Ag 13, 50; 1. Korinther 4, 12; 2. Korinther 4, 9; 12, 10; 2. Timotheus 3, 11). Verfolgung ist Christen verheißen (2. Timotheus 3, 12), und der Herr Jesus sagte seinen Jüngern, wie sie sich dann verhalten sollten (Matthäus 5, 11.12; 10, 23-33). Das Wort bedeutet auch: „Nachjagen“. Der Druck kommt von hinten. Jemand setzt uns nach, ist hinter uns her. Aber auch Verfolgung vermag die, die Gott lieben, nicht von Jesu Liebe zu vertreiben.

 

    . Hunger ist etwas Furchtbares. Paulus wusste davon (2. Korinther 11, 27). Gott kann die, die ihn lieben, in diese Prüfung führen und sie vor die Frage zu stellen: „Liebst du mich mehr als Brot?“ Vgl. Matthäus 4, 2-4.

 

    . Blöße, Mangel an Kleidung und Bedeckung Paulus spricht darüber in 1. Timotheus 6, 8. Er selber hat Blöße erlebt (2. Korinther 11, 27; 2. Timotheus 4, 13). Wenn denen, die Gott lieben, Kleidung und Bedeckung genommen werden und sie dann frieren und/oder der Schande ausgesetzt sein müssen, wird sie das von der Liebe Christi abschneiden?

 

    . Gefahr

Wenn ich um Christi willen in Gefahr gerate – wie der Apostel: in Gefahren auf Flüssen, in Gefahren von Räubern, in Gefahren, von Christi Gegnern, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern (2. Korinther 11, 26) – kann mich das von Christus trennen?

 

    . Schwert

Das „Schwert“ steht für den gewaltsamen Tod.

    Jesus sagte: „Wenn ihr von der Welt wärt, würde die Welt das Ihre lieb haben. Aber weil ihr nicht von der Welt seid, sondern ich euch aus der Welt erwählte, deswegen hasst euch die Welt. Denkt an das Wort, das ich euch sagte: Ein leibeigener Knecht ist nicht größer als sein Herr. Verfolgten sie mich, werden sie auch euch verfolgen.“ (Johannes 15, 19.20)

    Aber der Tod kann nicht von Christus trennen. Wenn wir sterben, sind wir am Ziel.

 

    V. 36: „– so wie geschrieben ist (Psalm 44, 23): ‚Deinetwegen werden wir getötet den ganzen Tag. Als Schlachtschafe wurden wir gerechnet.’“

 

    „Deinetwegen“

Es handelt sich um Menschen, die sich um Christi willen allerlei Widerwärtigkeiten ausgesetzt sehen. Aber diese Widerwärtigkeiten – alles Dinge, die von außen auf sie zukommen – können den Glaubenden nicht von Gottes Liebe scheiden.

 

    „Schlachtschafe“

Der Gerechte achtet auf seine Tiere (vgl. Sprüche 12, 10); aber Tiere dürfen geschlachtet werden – zum Essen und Opfern. Sie sind zum Töten und Gegessenwerden da, sagt Petrus (2. Petrus 2, 12). Aber wir, im Bilde Gottes geschaffen, Nachfolger Christi, bestimmt, eines Tages mit ihm zu regieren (2. Timotheus 2, 12), wir werden gering geachtet, als Wesen, die man schlachten darf.

    Christen werden hingeschlachtet (Offenbarung 6, 9; 18, 24) – „den ganzen Tag“: Der Märtyrertod von Christen gehört zur Tagesordnung. Immer wieder kommt jemand zur Schar der um Christi willen Getöteten hinzu, täglich.

    Fast alle uns aus dem Neuen Testament bekannten führenden Christen starben eines gewaltsamen Todes.     Stephanus wurde ca. 30 n. Chr. gesteinigt, Jakobus, der Sohn des Zebedäus, ca. 44 n. Chr. enthauptet, Jakobus, der Sohn des Alphäus, anfangs der 60er Jahre gesteinigt und zu Tode geprügelt. Paulus wurde um das Jahr 67 in Rom enthauptet, Johannes später auf Patmos verbannt. Markus soll, von heidnischen Priestern und Götzendienern ergriffen, ein Seil um den Hals bekommen haben und dann durch die Straßen von Alexandrien gezogen worden sein, bis er starb. Lukas soll 93 n. Chr. in Griechenland an einem Ölbaum erhängt worden sein. Timotheus verschied, von Götzendienern gesteinigt, etwa im Jahre 98. Philippus wurde (ca. 53 n. Chr.) in Phrygien an eine Säule gebunden und gesteinigt, Petrus in Rom gekreuzigt, offenbar mit dem Kopf nach unten, im Jahr 67 oder 68 n. Chr. Andreas starb, nachdem er drei Tage lang an ein Kreuz gebunden war. Bartholomäus soll 70 n. Chr. in Armenien schwer geschlagen und dann in Kalminien enthauptet worden sein, Thomas – im selben Jahr – in NadDavar in einen Ofen geworfen und dann mit Wurfspießen zu Tode gestochen worden sein; Matthäus wurde an den Boden genagelt und enthauptet. Ebenfalls im Jahr 70 wurde Simon, der Eiferer, in Syrien gekreuzigt, Judas Taddäus mit Stöcken zu Tode geprügelt und Matthias, der Ersatz für Judas Iskariot, an ein Kreuz gebunden, gesteinigt und dann enthauptet.

    Gottes Liebe hielt diese alle, die Gott liebten, fest. Und in derselben Liebe zu dir hält er nun dich fest, während du geschlachtet wirst.

 

    V. 37: „In diesem allem jedoch sind wir überlegene Sieger“.

    D. h., wir überwinden um ein Weites. Wir sind „ÜberSieger (gr.: hüpernikoomen; gleichsam: sind „Supersieger“, „SuperÜberwinder“). Es könnte noch schlimmer kommen, und immer noch sind wir Sieger.

 

    „durch den, der uns liebte!“

Wir beachten, dass Paulus nicht schreibt: „durch die Liebe Christi“, sondern: „durch den, der uns liebte“. Die uns liebende Person ist es, die uns trägt und uns – von innen her – festhält.

    Zweierlei sollen wir betrachten (Psalm 1): das Wort Gottes und den Sohn Gottes (Psalm 2). Durch das Wort Gottes kommen wir zu dem Wissen (Römer 8, 28), durch das Betrachten des Sohnes Gottes zu der Siegesgewissheit (8, 37).

    Wer ist es, der die Welt überwindet?

    1. Johannes 5, 4.5: „... alles, was aus Gott geboren worden ist, überwindet die Welt. Und dieses ist der Sieg, der die Welt überwand: unser Glaube. Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der [fortgesetzt] glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?”

    Zu beachten ist das Partizip der Gegenwart, das eine andauerende Handlung ausdrückt: „der, der fortgesetzt glaubt; der im fortdauernden Sinne glaubt“.

Wer glaubt, wirft sich in Christi Arme, flieht zu ihm hin (Sprüche 18, 10), nimmt Zuflucht bei ihm (Psalm 2, 12), verlässt sich völlig auf ihn.

    Glauben und Lieben heißt: wählen – und dann: treu bleiben dem, den man gewählt hat. Treubleiben heißt auch, gegen die Gefühle zu handeln, wenn es nötig sein sollte. Darin, dass wir auf Jesus Christus schauen, auf ihn vertrauen, an ihm festhalten, darin liegt unser Sieg und unsere Bewahrung.

    Das, worauf es in der Beziehung zu Gott ankommt, ist eine Entscheidung. Ohne Entscheidung geht es nicht. Die Entscheidung zum Treubleiben in schwierigen Verhältnissen wird nicht erst dann getroffen, wenn diese Verhältnisse da sind. Sie ist vorher fällig. (Vgl. Dan 1, 8.) So war es auch bei den Freunden Daniels. Die Entscheidung zur Treue fiel vorher. Die rettende Hilfe Gottes erlebten sie erst, als sie im Feuer waren, nicht vorher. (Dan 3)

    Keinem der hier von Paulus erwähnten Faktoren wird es gelingen, die, die Gott lieben, aus den liebenden Armen Christi zu reißen. Keinen der erwähnten Feinde brauchen sie zu fürchten.

 

II. Keine Personen, Mächte oder Geschöpfe können von Gottes Liebe trennen.

 

V. 38.39: „ – denn ich bin überzeugt worden, dass weder Tod noch Leben noch [himmlische] Boten noch Erstrangige noch Kräfte noch Gegenwärtiges noch Künftiges noch Hohes noch Tiefes noch etwas sonstiges Erschaffenes uns wird trennen können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“

 

    V. 38   

Beachten wir das „denn“:

    Warum ist Paulus überzeugt, dass die Glaubenden überwinden bzw. nicht von der Liebe Gottes geschieden werden können? Warum stehen die Glaubenden schlussendlich als überlegene Überwinder da?

    Weil irdische Elemente und Außeneinwirkungen keine Möglichkeit noch Kraft haben, den Glaubenden von Gottes Liebe zu trennen. Diese Liebe Gottes zu den Seinen bleibt bestehen. Sie ist „in Christus“, in eben derjenigen Person, die jetzt mein Herr ist und der ich „auf Gedeih und Verderb“ vertraue.

 

    „denn ich bin überzeugt worden“:

Paulus wurde überzeugt, und nun ist er überzeugt.

 

    „weder Tod noch Leben noch [himmlische] Boten noch Erstrangige noch Kräfte noch Gegenwärtiges noch Künftiges noch Hohes noch Tiefes noch etwas sonstiges Erschaffenes“:

    Paulus zählt zehn Elemente (Gewalten, Wesen, Geschöpfe) auf, fünf plus fünf, zuerst je zwei Paare, dann ein übergeordneter Begriff: zwei, zwei, eins – zwei, zwei, eins[1]: Tod & Leben, Engel & Erstrangige, dann: Kräfte; Gegenwärtiges & Künftiges, Hohes & Tiefes, dann: sonstiges Erschaffenes

 

    „weder Tod noch Leben“:

Mit Tod und Leben meint der Apostel den physischen Tod und Dinge im physischen Leben. Umgebrachtwerden – das bringt mich völlig zu Gott und seiner Liebe in Christus.

Unannehmlichkeiten, die mir im Leben entgegentreten oder entgegengebracht werden, können uns von Gottes Liebe nicht trennen, da wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle diese Unannehmlichkeiten zusammenwirken zu jenem guten Ziel, christusähnlich zu werden.

    Haben Sie Probleme? Christus hat sie zu den seinen gemacht! Und Gott verwendet sie für Sie, die Sie Gott lieben. Alles arbeitet für Sie, auch wenn Sie meinen, alles arbeite gegen Sie. Als Jakob das meinte, (1. Mose 42, 36: „Ihr macht mich kinderlos! Joseph ist nicht mehr, und Simeon ist nicht mehr, und Benjamin wollt ihr nehmen! Es ist alles dieses gegen mich!“), wusste er nicht, dass alles für ihn arbeitete. Gott war dabei, Sünde aufzudecken, die Familie zusammenzuführen und den Segen Abrahams unter alle Völker zu bringen!

    Weder Tod noch Leben können diejenigen von Gottes Liebe trennen, die Gott lieben.

 

    „noch Engel noch Erstrangige“:

kein Geistwesen, ob gut (diese wollen nicht, und könnten auch nicht, wenn sie wollten) oder böse (ihnen ist es nicht erlaubt)

    Auch Satan – er gehört zu den „Erstrangigen“, den „Fürsten“ in der Geisteswelt – auch er kann mich nicht von der Liebe Gottes scheiden, weil ich mich in Christus berge.

    Sprüche 18, 10: „Der Name des Herrn ist ein starker Turm. Der Gerechte läuft dahin und ist in Sicherheit.“

    Würde ich mich nicht in Christus bergen, könnte er mich verschlingen, denn das ist sein Ziel:

    1. Petrus 5, 8.9: „Seid nüchtern und seid wachsam, weil euer Widersacher, der Teufel, wie ein brüllender Löwe umhergeht und jemanden sucht, um ihn zu verschlingen. Dem widersteht, fest im Glauben ...“

    Der Widersacher geht gegen Gottes Kinder vor; er will sie zuerst aus der Geborgenheit in Christus herauslocken, sodass sie im Vertrauen erschüttert werden, aus der Festigkeit (2 P 3, 17) fallen. Daher ist für den Gläubigen Widerstehen (Jakobus 4, 6), Wachsamkeit und Nüchternsein (1. Petrus 5, 8) angesagt.

    Aber die, die Gott lieben und Christus vertrauen, bei ihm Zuflucht nehmen, kann er nicht von Gott und der Liebe Gottes wegreißen.

 

    „noch Kräfte“:

Keine Macht hat eine Chance, denn „der, der in euch ist, ist größer als der, der in der Welt ist.“ (1. Johannes 4, 4) Wer oder was auch immer es ist, das von außen an mich herantreten will, um mich von dem Gott, dem ich mich anvertraue und den ich liebe, zu trennen, es wird ihm nicht gelingen, denn der, bei dem ich mich berge, ist mächtiger.

 

    „noch Gegenwärtiges noch Künftiges“:

Nichts in der Zeit, nichts in der Gegenwart, nichts in der Zukunft, noch was von außen eintreffen mag: Leiden, Verluste, Ausraubung um Christi willen, zukünftige Feinde, die man noch nicht kennt, sie alle können diejenigen, die Gott lieben, nicht von Gottes Liebe trennen. Gott hat alles in der Hand.

 

    „noch Hohes noch Tiefes“:

nichts im Raum, nichts aus der Höhe, ob hohe Beamte oder Könige, nichts aus der Tiefe, ob Dämonenmächte, Dinge, die mit dem Tod in Verbindung stehen, okkulte Angriffe, Umnachtungen

 

    „noch etwas sonstiges Erschaffenes“:

Nichts im gesamten Universum, kein anderes Geschöpf hat Gewalt über die GottLiebenden, weil der, bei dem sie sich bergen, der Schöpfer all dieser Geschöpfe ist. Welch ein Heiland!

 

    „wird uns trennen können“:

Nirgends findet Paulus etwas – weder Gutes noch Böses –, das die, die Gott lieben, von Gott trennen könnte. Und Paulus redet aus der Erfahrung. Er stand selber in diesen Leiden und Umständen, war allem ausgesetzt. Gottes Liebe hielt ihn in allem fest.

    Nichts wird eine Trennwand zwischen uns und Gott errichten können, sodass Gottes Liebe uns nicht mehr erreichen könnte.

    Nur auf Golgotha, dort konnte Gottes Liebe nicht mehr durch; dort war Gottes Liebe unerreichbar fern – für den Sohn Gottes. Dort musste Gottes Liebe draußen warten. Und der Herr rief: „Wozu hast du mich verlassen?!“ – Zu unserem Heil!

    „So liebte Gott die Welt, dass er seinen einziggeborenen Sohn dahingab ...“

 

    „von der Liebe Gottes“:

Nichts und niemand kann nun von Gottes Liebe trennen. Was ist das für eine Art Liebe?

    Es ist eine, die in ihren Herzen ausgegossen ist (Römer 5, 5). Nun vermögen sie mit dieser göttlichen Liebe ihn zu lieben (8, 28). „Wir lieben ihn, weil er uns zuerst liebte.“ (1. Johannes 4, 19)

    Es ist eine zulassende Liebe. Paulus sprach von Gefahren (8, 34-38), aber die Liebe Gottes lässt diese Gefahren zu. Gott hört in diesen Gefahren nicht auf, uns zu lieben. Sie sind nicht ein Zeichen dafür, dass er uns nicht liebt, sondern im Gegenteil: Gott gebraucht die Gefahren und Widerwärtigkeiten für uns. Wir benötigen sie. Sie sind uns eine Zucht, denn unsere Verderbtheit ist sehr tief und sehr hartnäckig.

 

    „die in Christus Jesus ist“:

Die Liebe Gottes ist „in Christus Jesus“ (V. 39), nicht außerhalb. Wenn jemand in Christus ist, steht er in diesem besonderen Liebesverhältnis zu dem Gott, der ihn bewahrt.

    Es geht in diesem Abschnitt nicht um die Frage, ob und inwieweit es möglich ist, dass ich dieses besondere Liebesverhältnis von mir selbst aus aufzukündige, also Gott und sein Wort verwerfe. Die Aussage in Römer 8 betrifft nicht das Thema, ob ich mich entscheiden kann, mich von Christus abzuwenden. Sondern es geht um Faktoren außerhalb von mir, die mich von Christus und seiner Liebe trennen wollen.

 

    „unserem Herrn“:

Christus ist unser Herr, sagt Paulus. Die Liebe Christi (V. 35) und Gottes in Christus (V. 39) gilt denen, deren Herr Christus ist. Sie wird sich nicht ändern. Was auch immer geschieht, Gott wird nicht aufhören, die, deren Herr Christus Jesus ist, zu lieben.

     Paulus spricht in diesem Abschnitt nicht von Sünde und nicht von Menschen, die sich von Christus abwenden. Der Abschnitt spricht von der völligen Geborgenheit und Sicherheit der Glaubenden, der Gott Liebenden. Nur die GottLiebenden werden das Ziel erreichen.

    Würde sich jemand von Christus abwenden oder abwenden wollen, wäre es vermessen, diesen Text auf sich beziehen zu wollen.

 

– Herbert Jantzen und Thomas Jettel

 

 



[1] So die Anordnung der zehn Elemente im überlieferten traditionellen Text und nach der Mehrheit aller gr. Manuskripte; einige Handschriften haben eine andere Anordnung.