Prof. Dr. Werner Gitt

Ein Auszug aus dem Buch: „Fragen, die immer wieder gestellt werden“

16. Auflage

 

Beten wir, d. h. die Christen und die Moslems, nicht alle zu ein und demselben Gott?

(Frage eines Moslem)

 

„Darf ich eine Gegenfrage stellen: Ist Ihr Gott Allah der Vater Jesu Christi?“ – „Nein, Allah hat keinen Sohn. Das wäre ja eine Gotteslästerung!“ – „Sehen Sie, dann sind auch Ihr Gott und mein Gott nicht derselbe Gott.“ Angesichts der vielen Religionen drängt sich auch vielen anderen die tolerante Frage auf, ob sie nicht letztlich alle ein und denselben Gott verehren. Schon zu alttestamentlicher Zeit bezeugt sich der Gott der Bibel als der einzige: „Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott“ (Jesaja 44, 6); „Ich, ich bin der Herr, und außer mir ist kein Heiland“ (Jesaja 43, 11). Dieser lebendige Gott ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs (Matthäus 22, 32); er ist der Vater Jesu Christi (Markus 14, 36a). Auf folgende Unterschiede zwischen Allah und dem Vater Jesu Christi ist hier zu verweisen:

 

  1. Das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen: Im Islam offenbart sich Gott überhaupt nicht. Er bleibt in unerreichbarer Ferne. Der ständige Ruf „Allahu akbar“ – Gott ist der immer noch Größere – manifestiert: Man kann in kein persönliches Verhältnis zu ihm treten. Allah bleibt immer jenseitig, wie ein orientalischer Herrscher hoch über seinen Untertanen thronend.

 

  1. Vater-Kind-Beziehung: Für den Muslim sind Begriffe wie die Gotteskindschaft des Menschen und das Vatersein Gottes („Abba, lieber Vater“, Römer 8, 15) nicht nur unverständlich, sondern sogar gotteslästerlich, denn Allah ist von dieser Welt strikt getrennt.

 

  1. Gott als Mensch: Das zentrale Ereignis der biblischen Heilsgeschichte ist die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Gott wandelte nicht nur unter uns, er durchlitt alle Sünde bis zum Tode am Kreuz. Die daraus folgende Erlösung des Menschen ist für den Islam nicht nachvollziehbar.

 

  1. Gottes Barmherzigkeit und Liebe: Wenn Gott gegenüber dem Sünder barmherzig sein kann, dann ist der Preis dafür unvorstellbar groß: „Ja, mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten“ (Jesaja 43, 24). Gott ist barmherzig zu uns, weil er uns teuer erkauft hat (1. Korinther 6, 20; 1. Petrus 1, 19). Die Barmherzigkeit Allahs kostet nichts; sie ist willkürlich.

 

  1. Gott ist unsere Zuversicht: Undenkbar ist im Islam ein Gott, der uns Zuflucht, Geborgenheit, Frieden und Heilsgewissheit schenkt: „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben… uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Römer 8, 39). Undenkbar sind im Islam die Selbsterniedrigung Gottes bis zum Kreuz und der Heilige Geist, der ausgegossen ist in unsere Herzen, undenkbar auch die Wiederkunft Jesu in Macht und Herrlichkeit.

 

Der Gott des Koran und der Gott der Bibel mögen hier und da verbale Ähnlichkeiten zeigen. Bei näherem Hinschauen gibt es keine Gemeinsamkeiten zwischen ihnen. Darum ist es auch nicht derselbe Gott, zu dem Moslems und Christen beten.