In der Liebe des Vaters

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 20.09.1992 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Römer 8, 12-17

 

Römerbrief Kapitel acht, Vers 12-17:

So sind wir nun, liebe Brüder, nicht dem Fleisch schuldig, dass wir nach dem Fleisch leben.

Mit Fleisch meint ja Paulus unsere ganze diesseitige Existenz. Manche meinen, das sei ihnen bloß gewisse Partien unterhalb des Gürtels gemeint, das ist nicht richtig. Mit Fleisch meint der Paulus unsere ganze Existenz, mit Denken, Fühlen, mit Intellekt, mit allem, was wir sind, mit Gemüt. Unser ganzes Wesen, das wird natürlich von uns so bestimmt, dass wir leben nach unserer ganzen Persönlichkeit. Paulus sagt: Nein, Christen leben nicht mehr nach ihrer irdischen Persönlichkeit. Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen, wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben. Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet, sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater. Der Geist selbst gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi. Da wir ja mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden.

 

Es ist immer schade in unseren Gottesdiensten, dass wir jetzt drüben unsere lieben Mütter mit ihren Kindern nicht vor Augen haben. Es ist ein wunderbares Bild, ich kann es immer nur wieder erwähnen, und schließlich nicht nur die Mütter allein, sondern es sieht genauso wunderbar aus, wenn die Väter sich ein Kind um den Bauch gebunden haben, und es liebevoll betreuen. Es gibt doch kein schöneres Bild des Friedens und der Geborgenheit, als wenn man eine Mutter sieht, die für ihr Kindlein sorgt, und die es betreut und ihm nachgeht. Und dann ist immer wieder schmerzlich, wenn einmal solch ein Kind sich von seinen Eltern löst. Und sagt: mir stinkt's, ich will meine Eltern nicht mehr sehen, die gehen mir auf den Wecker. Und dann wollen sie raus und wollen ihr Leben selber leben. Vielleicht wird man ein Leben lang nie mehr richtig Heimat finden. Und bei den Alten höre ich: Ach, ich muss immer wieder an meine Mutter denken, oder meinen Vater! Da kommt die alte Heimwehsehnsucht wieder hoch. Wir in Württemberg erinnern ja uns an eine Episode aus unserem württembergischen Herrscherhaus. Wie da einst zwischen Vater und Sohn das Tischtuch zerschnitten wurde. Sie wissen, wann das war. Sie haben es nicht mehr erlebt. 1377, als Eberhard der Greiner (Eberhard II., genannt „der Greiner“, * nach 1315; † 15. März 1392 in Stuttgart, war Graf von Württemberg von 1344 bis 1392), das war ja ein streitsüchtiger Würtenberger, die Würtenberger haben zuweilen sehr gerne gerauft, und damals wurde das Erbe der Stauffer verteilt, und die Reutlinger hatten die Kühe in Urach gestohlen, und dann hat er seinen Sohn, den Ulrich losgeschickt, den Reutlinger aufs Haupt zu schlagen, das ist schief gegangen. Ludwig Uhland hat es ja beschrieben, wie der Name Achalm da entstanden ist, wie ein Ritter sterbend das grad noch stöhnen kann: Ach, Allmächtiger! und dann stirbt. Aber da wird erzählt, wie dieser Ulrich zurückkommt, der Sohn zum Vater, ein wunderbares Bild, wie das ist, wenn es zwischen Sohn und Vater nicht mehr stimmt. Als nun von seinen Wunden Graf Ulrich ausgeheilt, da reitet er nach Stuttgart, er hat nicht sehr geeilt, er trifft den alten Vater allein am Mittagsmahl, ein frostiger Willkommen, kein Wort ertönt im Saal. Dem Vater gegenüber sitzt Ulrich an dem Tisch. Er schlägt die Augen nieder, man bringt ihm Wein und Fisch. Da fasst der Greis ein Messer, und spricht kein Wort dabei, viele von Ihnen können es jetzt auswendig, und schneidet zwischen beiden, das Tafeltuch entzwei. Professor Deckerhauf sagt immer, das sei immer so, wenn die schwäbischen Hausfrauen im Chor der Stiftskirche die Gestalt von Eberhard dem Greiner sehen, dann werden sie sagen, es tut mir bloß leid um das Tischtuch. Nein, schlimm ist es, wenn zwischen Sohn und Vater es nicht mehr stimmt! Das wissen Eltern, denen das Herz blutet. Die für ihre Kinder alles tun würden, und sagen, wenn ich doch meinen Sohn bloß aus seiner Not herausziehen könnte. Das Allergrößte, was es gibt, Vaterliebe, Mutterliebe! Ich wundere mich, dass Gott zwischen uns das Tischtuch nicht zerschnitten hat. Es wäre das allernatürlichste, und Gott sagt, ich will nichts mehr von euch wissen, endgültig ist es aus. Ich habe es lange probiert, ich gebe es auf, wie der Eberhard der Greiner: Schluss jetzt. Es ist fast so, dass es unter Christen zu einer läppischen Sache geworden ist, wenn man von der Vaterliebe Gottes redet, und niemand spürt mehr, wie heilig und kostbar das ist. Wie Gottes Herz brennt, wie er eifert um uns. Er will doch uns als seine Söhne und Töchter wiedergewinnen. Ich habe wieder drei Punkte. Ich möchte zuerst vom unveräußerlichen Kindesrecht sprechen. Es ist ein juristischer Ausdruck: Unveräußerlich. Das heißt, das kann man nicht verscherbeln auf'm Flohmarkt. Das hatte einst der Isaak probiert, äh, der Esau hat es probiert, der Esau, der Sohn des Isaak, dass er sein Erstgeburtsrecht verkaufen wollte. Das kann man ja nicht, man ist Kind, und man behält seinen Kindesrecht, und dadurch ist man auch irgendwo in seine Kinderstellung hineingeboren. Wie ist es denn das bei ihnen, sind wir Kinder Gottes? Die Bibel sagt, wir sind nicht Kinder Gottes. Wir sind von unserer Geburt her Kinder des Zorns. Wir sind von unserer Geburt her Kinder des Ungehorsams. Wir sind Kinder Satans, Kinder des Bösen. Und wenn der Paulus hier in diesem Abschnitt immer wieder so hart davon spricht, dass man durch das Fleisch, das heißt, durch unser ganzes Wesen, so wenig erreichen kann, dann ist das ja eine Religionskritik. Er hat's ja an den jüdischen Eiferern gesehen, wie sie sich bemüht haben, durch treue Gesetzes-Erfüllung ihr Leben zu veredeln. Sie können das heute genauso im europäischen Humanismus sehen, wie die Menschen sagen, wir müssen uns nur strebend bemühen, dann können wir das Menschengeschlecht höher treiben. Wir wollen auch Gott gefallen! Natürlich, das will jeder Mensch, er will ein Kind Gottes sein, ein Ebenbild Gottes. Wer bemüht sich nicht; in allen Religionen findet man die Sehnsucht. Man kann's nicht. Weil man mit seinem ganzen Mühen und Strebe nicht weiter kommt. Das ist der Irrweg. Sie sind ihn sicher auch lange nachgelaufen, haben sich bemüht in Ihrem Leben mit treuer Pflichterfüllung sich selbst zu verändern, und sich zu veredeln, und sich zu verbessern. Und dann sagt Paulus in diesem Abschnitt, dass der Geist Gottes uns da plötzlich die Augen öffnet. Da wär' heute die Predigt eigentlich überschrieben: Kennzeichen für den Empfang des Heiligen Geistes. Da merkt man, wenn der Geist Gottes anfängt zu wirken. Dass man erschrickt über Versäumnisse und Schuld seines Lebens, das ist ganz arg schwer. Sie müssen das immer wieder von Zeit zu Zeit durchleiden, und das sind Gottes große Gnadenstunden, wenn Sie plötzlich merken, ich hab meine Erziehung ganz falsch gemacht, ich habe in meinem Beruf so viel versäumt, ich hab meine Ehe falsch angepackt. Wunderbar, wenn der Geist Gottes einmal hinein leuchtet, wenn sie einmal von Gottes Denken her Ihr Leben kritisch begutachten. Wenn Sie es nicht selber bewerten in ihrer Selbstprüfung! Und Christen wissen davon ein Lied zu singen. Wenn der Geist Gottes uns unser Leben zeigt, da wird uns Angst und Weh. Da fallen wir in bodenlose Tiefen. Da wissen wir, was es heißt: wir sind Schuldner vor Gott. Hoffentlich sehen Sie sich immer selbstkritisch im Licht des Geistes Gottes. Wir sind keine Kinder Gottes. Aber dann macht der Geist Gottes noch etwas anderes: Plötzlich leuchtet er uns eine Wahrheit an: Wir sind Kinder Gottes! Ja, jetzt doch? Ja, wie? Nicht aufgrund unseres Fleisches, nicht aufgrund unserer Taten, nicht aufgrund unserer Pflichterfüllung, unserer Treue und Hingabe! Warum sind wir Kinder Gottes? Paulus sagt nur: Wir sind Kinder Gottes geworden durch den Glauben. Einfach gratis beschenkt. Das hat uns Jesus zugesprochen, als er uns die Schuld wegnahm. Man kann es immer nur neu erleben, wenn man Vergebung aus der Hand Jesu annimmt: Ich bin ein Kind Gottes geworden. Jetzt müssen Sie die Schriftstellen auch auswendig wissen, wo steht denn das!? Ich habe Sie heute im Gottesdienst so begrüßt: Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeigt, dass wir Schmutzklaue, fehlsame Leute, Gottes Kinder sollen heißen. Ersten Johannes drei Vers eins und zwei. Das muss man auswendig können: Wir sollen Gottes Kinder heißen, und wir sind es auch. Und wir sind es auch. Jetzt darf Sie das gar nie mehr entmutigen, gar nie mehr traurig machen. Kinder sind Kinder, auch wenn sie durchs Ofenrohr geklettert sind, auch wenn sie pechschwarz rauskommen, bleiben sie Kinder. Kinder sind Kinder, auch wenn sie bös' sind, dann sind es böse Kinder, aber sie sind Kinder! Das ist unveräußerlich. Es gibt freche Kinder, es gibt ungezogene Kinder, aber sie bleiben Kinder. Man muss Kind Gottes sein, das kann man nicht werden, indem man sich müht, und man kann's nur einmal im Leben sagen: Er hat mir's geschenkt, ich bin's geworden. Das steht noch viel öfter in der Bibel. Am Anfang des Johannes-Evangeliums wenn der greise Apostel zurückblickt auf das, was ihm so wichtig blieb, von dem, was ihm Jesus sagte. Dann sagt er: Wie viele Jesus aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu heißen. Gottes Söhne und Töchter zu werden. Das, was eigentlich der Urtraum des Menschen ist, wie kann ich mein Leben verbessern, und wie kann ich das? Ich krieg's einfach. Und Jesus hat das den gescheiterten, gebrandmarkten, schlechten Menschen einfach zugesprochen aus lauter Güte und Gnade. Das ist wunderbar. Und dieses Kindesrecht es unveräußerlich. Unveräußerlich. Das kann man nicht verhökern, das kann man nicht verscherbeln. Das gilt uns, und das ist festgemacht in der Gnade Jesu, in seiner Liebe, als er sein Leben für uns ließ. Da darf ich's im Glauben fassen. Und Sie dürfen sagen, auch wenn die Anfechtungen Sie plagen, und Ihnen Ihre ganze Schuld bewusst wird, und sagen, ich bin eigentlich gar kein Christ; mein ganzes Verhalten spricht dagegen. Ich bin Gottes Kind, ich gehöre ihm auf Gedeih und Verderb, ich bin sein Eigentum. Und jetzt sagt Paulus: Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Daran erkennt man den Geist Gottes, dass er uns immer wieder diese Wahrheit anleuchtet. Das ist so wie, wenn Sie abends unten am Alten Schloss stehen, und dann sehen Sie die Scheinwerfern an, nein, die Scheinwerfer sehen Sie nicht, die sind irgendwo in der Mauer versteckt. Gegenüber, da wo der Betrachter steht. Sie sehen nur, wie dieses Licht diese Mauern anstrahlt, dieses Schloss erleuchtet in der Nacht. So sind wir beim Heiligen Geist, man sieht ihn selber gar nicht, aber man sieht seine Wirkung. Wie er Jesus groß macht. Das ist ja die Aufgabe, die Jesus Johannes 14 wird er vom Heiligen Geist genannt, er wird Jesus verherrlichen, er wird Jesus uns groß machen. Daran sehen Sie das Wirken des Geistes Gottes, dass er Ihnen immer wieder den Blick frei macht zu Jesus. Und dann treibt er Sie. Nicht, wie manchmal das im Treibhausklima ist, mit allerhand ungesunden Pflanzen, die bloß unnütze Triebe treiben. Wissen Sie, beim Heiligen Geist ist es nicht so, dass er unser Fleisch so treiben lässt. Natürlich gibt es sehr sündige Regungen unseres Fleisches. Aber es gibt auch in Frömmigkeit überhitzte Regungen des Fleisches, die nichts mit dem Geist Gottes zu tun haben, als da ist, Begeisterung und Fanatismus, und Blindwütigkeit und Eifer. Das Treiben des Geistes Gottes ist etwas wie beim Treibriemen. Das ist der Motor, dass man nicht resigniert, dass man nicht müde wird, dass die Liebe nicht erkaltet. Das ist das Wirken des Geistes Gottes. Dass er uns immer wieder aufrichtet. Der Geist spricht meinem Geiste manch süßes Trostwort zu. Das ist doch schön, wie er uns immer wieder treibt und ermutigt und kräftigt, und fröhlich macht. Also, das war mir wichtig. Zuerst einmal über das unveräußerliche Kindesrecht zu sprechen.

 

Nun, das zweite: Kinder haben es eigentlich gut.

Ich sehe das wieder als Opa. Wenn man dann an unseren bergigen Hängen einen Kinderwagen hochschiebt, da denke ich manchmal schon, wenn der Atem kürzer wird, jetzt müsstest Du selber im Kinderwagen drin liegen, so ganz bequem, und da wird so ein kleiner Knülch durch die Landschaft geschoben, und die haben noch so ein schönes Fenster in ihrem Kinderwagen, die können da heraus spicken, und dann haben sie noch ein Fläschchen dabei, und dann sind sie warm zugedeckt, also recht bequem. Ein Kind braucht nicht sorgen. Nun will jedes Kind einmal erwachsen werden. Das ist ein natürlicher Prozess bei uns. Aber die Bibel sagt, dass der Kindesstand bei Gott ist, bleibt. Ich möchte die Kindlichkeit im Glauben, nicht das Kindische, sondern das Kindliche, nicht verlieren. Und es ist die Reife des Glaubens, dass man unbekümmert ist, so wie ein Kind sorgenlos ist. Ihr mit euren Runzeln in der Stirn, vor lauter Ängsten und Sorgen, lernt doch wieder, was es heißt, als Kind dem Vater zu trauen. Legt doch eure Sachen dem Vater in die Hände. Das ist doch groß. Ein Kind sorgt sich nicht für den morgigen Tag. Das wird der Vater richten, das wird die Mutter machen. Ein Kind legt es einfach aus der Hand. Ein Kind bekümmert sich nicht. Das dampft fröhlich davon. Was ein Kind einzig braucht, dass ein Kind vor sich hinsummen kann: Meine Mama hat mich lieb. Mehr braucht es nicht, dann ist ein Kind glücklich. Sehen Sie, das ist ein Zeichen für die Reife des Glaubens. Lassen Sie doch in Ihrem Leben Gott sorgen. Lassen Sie ihn Herrn sein. Der große Theologe Dr. Rieker, der das Werk der Bibelschule Adelsofen ins Leben gerufen hat, der sagt im hohen Alter: Ich möchte im Glauben die Kindlichkeit richtig lernen. Das ist gut. Ich möchte die Kindlichkeit recht lernen. Ich möchte wie ein Kind ganz unbekümmert aus der Nähe und aus der Liebe des Vaters leben. Und das kann man eigentlich gar nicht, weil man sich immer wieder so vorkommt, wie, wenn man selber alles managen müsste. Und so geht es uns auch oft in den Diensten im Reiche Gottes, wir kommen uns vor, wie die, die alle Lasten tragen müssen. Die Kirche spricht heute sehr viel, was sie alles tun muss. Dabei hat doch Gott Mühe mit seiner Kirche. Nicht, das ist doch umgedreht. Die Kirche müht sich, wie sie heute noch das Wort Gottes sagen kann, und wie man noch Gott vor den Menschen verantworten kann. Ach, Gott hat doch so viel Mühe, für seine Kinder zu sorgen. Lasst doch ihn machen. Es genügt, dass wir Gottesfurcht haben, und Liebe zu Gott. Und das ganz hoch und heilig halten. Manchmal, wenn auch so viel Tagungen gemacht werden, und Bücher geschrieben werden, was es heißt, heute als Christ am Ende des 20. Jahrhunderts zu leben... Ich würde sagen: Lebt als Kinder Gottes! Es gibt in diesem verkehrten und ungläubigen Geschlecht, in dem wir leben, kein machtvolleres Evangelisationszeugnis, als einfach fröhlich zu leben und sagen: Er gab mir die Kindschaft, nahm mich auf und an, wie bin ich fröhlich, das ich's glauben lann. Leben Sie so im Beruf oder Ihren Nachbarn und Freunden, machen Sie so Ihre Erziehungsarbeit. Das ist mehr, als alle Bücher, die Sie lesen können. Leben Sie in der Freude Gottes Kind zu sein. Und sagen sie's Ihren Kindern, was es ist, Vergebung zu empfangen. Wie man dauernd zum Vater kommen kann, und er mit seiner Güte und Liebe nicht aufhört. Und jetzt steht hier: Der Heilige Geist hat da sich zu seiner vornehmsten Aufgabe gemacht, und nicht irgendwelche extremen Erfahrungen hineinzuführen, sondern uns immer dieses „Abba“-Schreien lehren. Der unterrichtet uns im Beten. Ich bin immer wieder bedrückt, wie wenig die Gebetsgruppen besucht sind. Und viele werden unter Ihnen sagen: Ich kann gar nicht beten. Das lehrt uns der Geist Gottes. Das Beten ist nichts Kompliziertes. Das ist nicht eine tolle Formulierung von Sätzen, sondern, wie Kinder zu ihrem Vater kommen, und sagen: Gib mir was zum Essen. Und sie schreien einfach. So sollen wir beten, und das lehrt uns der Geist Gottes. Wir müssen runter von der hohen Theologie in diese praktische Kindschaft Gottes wieder hinein. Ein Kind hat es gut. Ein Kind darf einfach so leben; und lass Dich doch treiben von dieser Vaterliebe Gottes. Ich habe es Ihnen einmal erzählt, wie ich durch Manila, in diesem Waisenhaus ging, wo wir durch Ihre Hilfe ja so ausbauen durften. Es gibt ja in Manila sehr viele elternlose Kinder, die meist der Prostitution anheimfallen. Und wie mich da ein leitender Mitarbeiter über dieses Gelände führte, da ist immer ein Bub hinter mir drein gelaufen. Und da sagt er, passen Sie mal auf, den beobachten wir immer, wenn Besucher kommen. All unsere Jungen, die suchen einen Vater, und sie denken, irgendwann muss mal einer kommen, der mich mitnimmt. Es ist eine Sehnsucht, die unbändig bleibt für diese elternlosen Kinder. Das ist mir zum ersten Mal wieder bewusst geworden, wie wir sicher durchs ganze Leben so ein Anlehnungsbedürfnis haben. Vielleicht hängt man sich deshalb manchmal so verzweifelt und fanatisch an ein Idol, oder an ein Vorbild, oder an eine Ideologie, weil man irgendwo so Unterschlupf suchen will. Für uns Christen gibt es nur eins: Ein Vaterbild, das wir finden, und in dem Frieden finden, beim ewigen Vater, in seiner Liebe. Und das, was Jesus uns da erzählt vom verlorenen Sohn, das ist ja unglaublich. Der hat alles Geld verludert und verschludert und hinausgeworfen, und ein Lumpenleben geführt. Ich hätte als Vater gesagt, mein Freund, jetzt, jetzt musst du dass mal bewähren, das ist unsere Pflicht Zeig mal dass Du Christ, so ein rechter Kerl geworden bist. Dass du ein ordentlicher Mensch bist, oder dann da geh, jetzt zeig mal dein Christenleben mit Taten. Gott macht es ganz anders. Er nimmt ihn bloß in den Arm. Wenn eine Voraussetzung da war, die Bitte um Vergebung. Das ist das einzige, was Gott will, ohne das geht’s nicht. Da nimmt der in den Arm und sagt: Mein Sohn! Mein Sohn! Und dann treibt all das andere die Liebe. Dann kommt das andere von allein, dann ist das wie die Triebe, die aus der Pflanze heraus getrieben werden, das kommt, lassen Sie mich so anstößig sagen, automatisch aus der Liebe des Vaters heraus, im Elternhaus, da, wo man die Liebe lebt, kann man doch gar nicht anders.

 

Jetzt noch die dritte Frage an Sie: Sind Sie sich klar über ihrem Stand?

Sind Sie sich klar über ihren Stand? Die meisten Kirchenleute, die heute noch einen Gottesdienst besuchen, sind ja von einer erschütternden Ungewissheit in den Fragen ihres Heils. Und wenn man sie fragt. Bist Du Dir ganz felsenfest sicher, ob du Kind Gottes bist? Dann sagen sie: Das kann man nie genau wissen. Und sie denken immer an ihre Fehlerlosigkeit. Ach, lassen Sie doch diesen Unsinn. Niemand von ihnen lebt nur eine halbe Stunde fehlerlos. Das hat es noch nie gegeben. Noch nie hat ein Christ fehlerlos gelebt. Was wollen Sie denn? Deshalb stellen Sie sich doch Ihrer Fehler und Mängel, und sagen: Gut, ich weiß doch, in meinem Leben sind viele Versäumnisse, das ist doch nicht mehr das Thema, das mich bedrückt. Sondern, ich freue mich, dass ich ein Kind Gottes ganz gewiss bin. Warum bin ich denn das? Weil er mich angenommen hat, weil Jesus mich angenommen hat. Nun weiß und glaub ich's feste, ich rühm's auch ohne Scheu, dass Gott, der Höchst und Beste, mein Freund und Vater sei. Habe ich das doch nicht gekonnt, und das habe ich nicht verdient, und das bin ich auch gar nicht würdig, aber er hat es gemacht. Oder Hiller mit seinem wunderbaren Lied: Mir ist Erbarmung widerfahren. Nun weiß ich das, und bin erfreut, und rühme die Barmherzigkeit. Über der empfangenen Vergebung ist mir's klar geworden, ich gehöre ihm wirklich ganz fest. Darum gebraucht Paulus hier auch noch einmal ein juristisches Wort, überhaupt interessant, wie er hier mit juristischen Begriffen spricht: der Geist Gottes gibt Zeugnis. Sie wissen, was das für eine Rolle spielt beim Gericht. Da kommt der Zeuge, und der sagt die Wahrheit, und der wird vereidigt, und dann gilt das als die Wahrheit, aufgrund einer Zeugenaussage kann man, auch wenn der Angeklagte leugnet, einen verurteilen. Die Zeugenaussage gilt als Faktum. Und das Zeugnis, dass der Geist Gottes uns gibt, wir sind Gottes Kinder. Und der weist mir immer das nach am Tod Jesu, das strahlt er an, das erhellt er mir, das macht er groß. Und da kann ich es glauben und wissen. Das Zeugnis, wie froh bin ich, dass ich dieses Zeugnis habe. Der Geist selbst gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Und der Paulus fährt noch ein Stückchen weiter, und sagt, das wird am schönsten immer wieder in unserem Leben, wenn es durchs Leiden geht. Da wir ja leiden. Das spielt auch heute wieder eine Rolle, dass manche Menschen meinen, es gehöre nicht zum Christenleben, das Leiden. Doch, es gehört dazu. Und selbst, wenn wir körperlich, und auch mit unseren Umständen nicht leiden, dann tragen wir an den Lasten der Anderen so kräftig mit, dass wir das seufzen und beschwert sind. Und in dem Leiden wird uns das immer groß. Wir werden einmal erben werden als Kinder in der Herrlichkeit. Wir werden mit Jesus hineingenommen in seine vollendete neue Welt. Ich gehöre mit dazu, das ist fest. Weil ich ihm gehöre, und sein eigen bin, immer und bleibe sein Kind, Sie müssen es wissen, Sie müssen es wissen. Und jetzt müssen Sie es einfach klären bei sich. Bin ich es, oder bin ich es nicht? Das Sie es auch für die dunklen Stunden Ihres Lebens so haben, dass es der Geist Gottes das Ihnen immer wieder anstrahlen kann: Wir sind Gottes Kinder! Seht, welch eine Liebe, wir gehören ihm und wir trösten uns, und sind voll froher Zuversicht. Amen.