Der weggewälzte Stein

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 15.09.1991 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Johannes 11, 17-27

16. Sonntag nach Trinitatis

 

Heute wird in unserer Kirche über die Auferweckung des Lazarus gepredigt. Wenn Sie jetzt Ihre Bibeln zur Hand nehmen – Johannes 11

Wir müssen dann ein wenig springen und lesen jetzt das Ganze nicht. Aber fangen bei Vers 1 an.

1 Es lag aber einer krank, Lazarus das heißt auf Deutsch „Gott hilf“ aus Bethanien, dem Dorf  Marias und ihrer Schwester Marta.

2 Maria aber war es, die den Herrn mit Salböl gesalbt und seine Füße mit ihrem Haar getrocknet

hatte. Deren Bruder Lazarus war krank.

3 Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank.

4 Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Verherrlichung Gottes, damit der Sohn Gottes dadurch verherrlicht werde.

Auch bei dir, Günther.

5 Jesus aber hatte Marta lieb und ihre Schwester und Lazarus.

6 Als Jesus nun hörte, dass er krank war, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war;

7 danach spricht er zu seinen Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa ziehen!

Und nun lesen wir von Vers 17 – dazwischen wird erzählt, dass Jesus weiß, dass Lazarus gestorben ist, umso rätselhafter, warum Jesus nicht schnell aufbrach und nach Bethanien geht. Aber nun trifft Jesus in Bethanien ein nach einigen Tagen.

17 Als Jesus kam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen.

18 Bethanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa eine halbe Stunde entfernt.

19 Und viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders.

20 Als Marta nun hörte, dass Jesus kommt, geht sie ihm entgegen; Maria aber blieb daheim sitzen.

21 Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.

22 Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben.

23 Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen.

24 Marta spricht zu ihm: Ich weiß wohl, dass er auferstehen wird - bei der  Auferstehung am Jüngsten Tage.

25 Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt;

26 und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?

27 Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.

 

Liebe Freunde, gestern beim Zeitunglesen bin ich hängen geblieben bei einem Satz über eine christliche Veranstaltung, da hieß es: Der Redner, der hat sich gar nicht mit den Problemen beschäftigt. Da ging er so drüber weg. Das stimmt sicher nicht, was da geschrieben war, aber trotzdem, da hieß es: Er ging über die Probleme hinweg. Und die schlimmsten Probleme sind Krankheit und Tod. Nun bin ich froh, dass wir heute nicht darüber hinweggehen, über Krankheit und Tod. Aber es gibt noch sehr viel mehr Probleme. Sie könnten jetzt erzählen. Bei vielen von Ihnen, da ist in den letzten Tagen fast alles über dem Kopf zusammengebrochen. Sie haben gedacht, wo ist eigentlich Gott? Sie fühlten sich verlassen und verstoßen, ich will es gar nicht aufzählen, was allein in so einem Raum sich an Leid, und schrecklichen Erlebnissen zusammendrängt. Sie könnten es gar nicht glauben. Hören Sie sich nur um! Aber wenn das alles geschieht, dann möchte ich noch einmal sagen, das ist noch nicht die schlimmste Not, sondern die schlimmste Not ist, wenn Christen Christus nicht mehr kennen. Wenn Christen Christus nicht mehr kennen. Die Macht Jesu. Seine Größe, sein Wirken, und was er alles an uns tun will, und wie er an uns wirkt. Da stand in diesen Tagen auch ein Satz in irgendeiner Veröffentlichung von einem unserer Kirchenführer. Es war sogar noch ein Missionsmann. Der hat doch tatsächlich gesagt: Jesus wäre genau das gleich, was anderen Menschen der Buddha sei. Das war ein evangelischer Missionsmann. Stellen Sie sich das mal vor! Ja, liebe Freunde, wenn uns Jesus bloß noch so viel ist wie Buddha, ich wollte hier oben nicht mehr stehen. Wissen Sie, dann wären wir alle von der Kirche die schlimmsten Betrüger. Wir würden heute, und nachher kommen noch ein paar junge Leute, die wir in die Notgebiete der Welt senden und sagen: Jesus ist bei euch in Wirklichkeit nicht da, es wär bloß 'ne Religionsfigur. Es wäre eine erdichte Wahrheit. Wer ist denn Jesus. Wissen wir noch, wer Jesus ist? Da ist eine Kirche pratzelvoll gefüllt mit Menschen, und drinnen singt der schöne Chor die herrlichen Klänge von Johann Sebastian Bach „Wie freu ich mich, Herr Jesu Christ, dass du der Erst und Letzte bist, der Anfang und das Ende“, der Beifall braust auf, und dann stoppen Sie ein paar Leute und sagen: Wissen sie, was da gesungen wurde? Sie sagen: Schön, die Klänge. Sage ich: Nicht die Klänge. Die Worte! Dass Jesus der Erste und der Letzte ist. Da würden viele der begeisterten Konzertbesucher sagen: uns ging's doch nur um die Klänge! Aber uns geht’s heute Morgen nicht nur um die Klänge, sondern uns geht’s heute Morgen um die Sache, um die Sache, und es geht darum, wer Jesus ist. Wer Jesus ist, und was Jesus zu sagen hat gegenüber meiner Krankheit, meiner Not, und dem, was mich bewegt. Ich habe etwas gezögert, heute diesen Bibelabschnitt zu nehmen, aber er ist ja überall eigentlich vorgesehen für diesen Sonntag, und dann bin ich nicht zurückgewichen. Aber ich hab noch immer im Ohr, dass manche sagen: Ach, die in der Kirche, die reden immer vom Sterben, und das sind doch junge Leute da, erzähl doch denen mal was anderes! Aber letzten Sonntag sprachen wir auch von den Blumen, wir sprachen von den Geschäftssorgen im Alltag. Jesus sprach von den Ängsten, von der Arbeit, von der Liebe, von der Ehe. Jesus hat alle Themen gehabt, aber er hat auch vom Tod gesprochen, und der Tod ist der Testfall unseres Lebens. Dem müssen wir uns irgendwo im Leben einmal stellen, und müssen uns damit beschäftigen, weil um uns her das Sterben umgeht. Was ist denn a eigentlich los, was geschieht denn da? Aber jetzt hübsch der Reihe nach!

Mein erster Punkt: Jesus will nicht nach unserer Pfeife tanzen.

Jesus will nicht nach unserer Pfeife tanzen. Ja, wie war denn das in Bethanien? Jesus ist gerne in dieses kleine Einfamilienhäuschen gegangen. Es ging sicher sehr eng her, aber mit Maria und Martha verband ihn sehr viel. Vorhin schon bei der Schriftlesung hätte ich am liebsten unterbrochen und sie draufgestoßen auf diesen Satz: Den Jesus lieb hatte. Jesus hat Menschen so lieb. Kennen Sie das in Ihrem Leben: Die Freude, Jesus hat mich lieb? Jesus kümmert sich um mich, er interessiert sich für mich. Die anderen gehen an mir vorüber. Keiner interessiert sich für mich, Jesus hat mich lieb. Jesus hatte Lazarus, Maria und Martha so lieb und kehrte gerne ein. Es ist ein besonders schönes Plätzchen. Bethanien, oben, wo die Wüste Juda anfängt. Ein bisschen außerhalb von Jerusalem. Wenn die Tageshitze vorüber ist, wenn man dann noch unter dem Weinlaub sitzt und redet. Und dann war die Krankheit eingekehrt. Die Krankheit kommt plötzlich, ungefragt, und dann so hart. Und dann geht das plötzlich so schnell. Was sind die lieben Schwestern gerannt! Zum Arzt, zum Spezialisten, zur Apotheke. Machten Umschläge und Wickel. Aber wir sind ja oft auch so hilflos. Vielleicht ist es heute bei uns üblich, dass man die Kranken einfach auf die Intensivstation wegnimmt, und die Angehörigen dürfen nicht mehr dazu. Aber es gibt sehr viel Hilflosigkeit angesichts der Krankheit. Und dann das Elend. Der Lazarus kämpft um sein Leben. So sagen wir doch. Wie schnell kann das sein? Bei uns, die wir heute noch so stark und so kräftig sind, und so lebenslustig und fröhlich. Und plötzlich hält man's noch durch, zieht man's noch durch mit der Krankheit. Und da ist so schön, wie die Schwester sagt: Du, wir wollen's Jesus sagen! Wissen Sie, wenn's Jesus weiß. Das ist doch herrlich! Und wenn Jesus kommt, das ist sicher das Allergrößte. Noch größer, als die allerbeste medizinische Behandlung, wenn Jesus kommt, in unsere Krankenzimmer und Krankenstuben. Das, was im Neuen Testament erzählt wird, ist so ganz einfach zu verstehen: Sag' es Jesus, und so schickt Boten los, die finden Jesus, und sagen's Jesus. Und die Schwestern sind voller Ungeduld: Wann er denn kommen, und wann wird er die Hände auflegen, wann wird er denn auch das Wunder an meinem Bruder tun, der so vielen Kranken geholfen hat, muss doch auch hier helfen, bei seinem allerbesten Freund. Aber das Neue Testament mutet uns so eine harte Kost zu. Wir haben ja am Dienstag schon in dem Bibeltraining darüber gesprochen und wollen das hier an dieser Stelle auch noch einmal tun, weil da immer wieder heute unter Christen so Sätze umgehen, dass Gott alle Kranken heilen muss, wenn man nur glaubt. Es hat bei den beiden Schwestern nicht am Glauben gefehlt, und beim Lazarus auch nicht am Glauben. Auch nicht am Vertrauen zu Jesus. Und Jesus zögert auf uns unvorstellbare Weise. Er geht nicht dorthin. Das war doch ein Schock für die beiden Schwestern. Kann Jesus einen so brüskieren? Ja, er tut das, und Sie werden das alle auch erleben. Es ist ein Stück Reifeprozess in unserem Glauben. Ich habe diesen Abschnitt überschrieben: Jesus will nicht nach unserer Pfeife tanzen. Bei uns ist das so wichtig. Die Gesundheit! Herr, mein Leib, du musst ihn doch wieder reparieren, du musst ihn doch wieder so machen, wie vor dem! Und Jesus zögert. 12:06 Und es geschieht gar nichts. Wie werden die beiden Schwestern verzweifelt sein! Immer wieder, so macht man's doch, auf jemand wartet, vorgerannt, an die Straßenecke, sicher ist er da vorne schon, vielleicht hat ihn noch jemand aufgehalten. Ich muss ihn schnell holen. Und er kommt nicht. Er kommt nicht. Und das Wunder, auf das man so sehnlichst wartet, geschieht nicht. Das gehört zum Christenleben und weil es das Evangelium ist, und es uns das nicht verschweigt, wollen wir es hier im Gottesdienst auch nicht verschweigen. Das ist eine Erfahrung, die Sie machen können. Jesus tut unermesslich viel Wunder in Ihrem Leben. Lassen sie mich das auch sagen: Unermesslich viel Wunder. Wenn Sie nur mal die Augen aufreißen, wenn Sie anfangen zu beten. Wir haben das in der letzten Wochen mit unseren Konfirmanden einmal ausprobiert und dann fingen sie schon an zu erzählen, wie sie ganz große Wunder erlebt haben. Und was ihre Eltern erlebt haben. In großer Krankheitsnot. Meine Mutter hat gebetet und dann plötzlich war alles vorbei. Wir konnten es gar nicht verstehen. Aber Jesus kann auch zögern. Und Jesus kann es auf die Spitze treiben. Ein junger Mann, der bittet: Herr, lass mich dieses Examen bestehen, und er betet und schreit und liegt auf den Knien. Und – trotz aller fleißigen Arbeit fällt er durch. Und das lässt Jesus zu bei seinen Leuten. Er treibt es auf die Spitze. Und dann sagt er noch zu seinen Jüngern, die das alles nicht verstehen und sagen: Jesus, was machst denn du jetzt? Du musst doch jetzt schnell dahin! Er sagt noch, wie wenn das Hohn wäre: Diese Krankheit ist zur Verherrlichung Gottes. Diese Krankheit ist zur Verherrlichung Gottes. Ja, wie, dann lässt Gott Krankheiten zu? Und will sich darin verherrlichen? Dann lässt Gott schwere Schicksalsschläge zu, dann lässt Gott Leiden zu, damit er sich daran verherrlicht. Wie geht denn das zu? Wie kann denn das geschehen?

Wir sind beim zweiten Punkt: Es geht allein um Jesus.

Ich habe Ihnen ganz am Anfang gesagt: Das allerwichtigste, dass Sie Jesus kennen, und wissen, wie Jesus handelt. Als er dann, ich glaube, es ist fünf oder sechs Tage später, endlich nach Bethanien kommt, das ist eine lange Zeit. Da sind schon längst die Trauerfeierlichkeiten abgeschlossen. Der Grabstein ist vor das Grab geschoben. Und die Schwestern sind schon wieder zu Hause. Aber Jesus geht hinaus auf den Friedhof. Und Jesus geht nicht zuerst in dieses ihm so liebe Heim von Bethanien. Obwohl da doch alles menschlichen Beziehungen und Brücken waren. Jesus geht auf den Friedhof. Für uns ist ja der Friedhof ein fremdes Feld. Dort sind die Grabsteine. Erinnern uns, wie all die Großen gefallen sind, wie sie dort liegen, die da vergehen, das sind die Rätsel unseres Lebens: Warum? Warum? Jesus geht dorthin und setzt sich mit dem auseinander. Und es ist für unsere Generation eine der großen Peinlichkeiten, dass wir auf das Sterben so wenig zu sagen wissen. Und so wenig damit auseinandersetzen können, dass wir oft auch vor den Sterbebetten fliehen, dass man heute so ein Tabu darüber breitet. Alle anderen Dinge, die hat man ja längst ins grelle Licht der Öffentlichkeit gezogen. Aber die Schmerzen des Sterbens und die Trostlosigkeit des Vergehens, die ist für uns verborgen. Jesus setzt sich damit auseinander. Und die Schwestern des Lazarus treffen da draußen am Grab Jesus. Und es wird auf eine merkwürdige Spitze getrieben. Der Stein wird weggewälzt. Und die das nun, sagen, das kann man nicht, Herr, er stinkt schon. In einer nüchternen Art. In einem Realismus ohnegleichen wird gesagt, was der Tod ist, der unser Leben nicht bloß zum Verlöschen bringt. Sondern der alles aufhören lässt, was Leben ist. Und sagt: Die Schwestern: Ach, Jesus, wenn Du doch dagewesen wärst. So haben wir doch auch oft gesprochen: Herr: Warum hast du denn die Mutter sterben lassen, warum hast du denn meinen Mann sterben lassen, warum hast du mir mein Kind weggenommen. Herr, wärst du da gewesen! Und Jesus sagt: Nein, ich bin die Auferstehung und das Leben. Die Martha war eine große Frau. Sie hat gut aufgepasst bei der Predigt in der Synagoge. Und sie hat gesagt, ich weiß, es gibt eine Hoffnung auf den Jüngsten Tag. Neulich in der Predigt wurde das auch wieder so eindrücklich erwähnt und ich bin da stehen geblieben. Es wird auch am Jüngsten Tage einmal eine Auferweckung geben. Er sagt: Nein, das mein ich nicht. Ich bin die Auferstehung. Wo ich bin, da ist der Tod aufgehoben. Ich muss Ihnen das mal erklären. Muss das in einer ganz klaren Weise Ihnen sagen, weil bei uns alle abenteuerlichen Vorstellungen über das Sterben durch unseren Kopf spuken. Da gibt’s ja seit alters her die Meinung, wenn wir sterben, dann sei das wie beim Schmetterling. Der kriecht aus seiner Larve, ha, das ist heidnische Vorstellung. Gucken sie mal, beim Sterben genau zu, da sehen Sie nichts vom Schmetterling! Und dann gibt’s die andere altgriechische Vorstellung, dass man sagt, mit dem Sterben, da treten wir in das Land der Freiheit, das Elysium, ach, das ist schön, das Paradies. Jetzt hat's die Mutter besser. Weiß mehr? Weiß mer's? Nach dem, was die Bibel sagt, nicht. Ohne den Herrn sterben ist schwer. Und ohne Hoffnung – was ist denn das Sterben überhaupt? Zum Leben gehört doch die Liebe, dass man einander Liebe gibt. Aber wo kann man sich im Sterben Liebe geben? Ein Mensch ist darauf angelegt, dass er mit andren redet, und das alles hört auf und alles, was ich bin, fühle, und taste, bricht dahin. Da wird uns gesagt, dass Jesus auf eine ungeheure Weise: Ich bin das Leben. Und auf einmal geht’s jetzt um die Martha. Verstehen Sie das? Es geht gar nicht bloß um unsre Todesstunde! Jesus möchte heute, dass wir an diesem fünfzehnten September über die Todesschwelle treten und sagen: Ich habe immer gemeint, das wäre Leben, wenn ich möglichst viel von den Gütern dieser Welt erlange, wenn ich eine Karriereleiter erklimme, wenn ich eine Prüfung bewältige, wenn dies und jenes Problem gelöst ist, nein. Jesus sagt: Menschen, die mich aufnehmen, die sind in diesem Augenblick neugeboren, die sind auferstanden. Die sind über die Todesgrenze hinweggegangen, die suchen nicht mehr das Leben, sondern, die können dieses irdische Leben verströmen, hinschenken im diakonischen Dienst, die suchen nicht mehr das Ihre, sondern die gehen hin und der Tod wird für sie einmal gar keine Schwelle mehr sein. Sie fallen in die offenen Arme Jesu, im ewigen Licht. Luther hat mit sechsunddreißig Jahren eine Schrift geschrieben „Wie man sich zum Sterben bereitet“. Und dann sagt er: Heute ist der Weg durch die enge Pforte offen. Du musst heute durchs Sterben hindurch. Und jetzt wissen Sie, warum uns Jesus manchmal das nicht wegnimmt, die Krankheit, das Leid und auch die verkrachten Prüfungen und das, was wir uns erhofft und erbittet haben, weil es ihm nicht darum geht, unser Leben so, wieder herzustellen, wie wir es uns erträumt haben, sondern er möchte, dass wir sein Leben empfangen. Und jetzt möchte ich wieder daran erinnern, wie viele unserer Kranken das mithören. Heute, dieses Band, die Frau, die nächste Woche ihren siebenundachtzigsten Geburtstag feiert, erblindet und unheilbar krank, pflegebedürftig. Und die Lernt, das Leben ist nicht, dass man wie ein junger Mensch durch die Welt rast. Und das Leben ist nicht, was man arbeitet, und wie viel man verdient, sondern, dass man Jesus gehört, ihm dient, ihn fasst, ihn ergreift. Und dann darf diese Frau, auch als Dauerpflegebedürftige, andern zum Segen sein. Und Sie noch viel mehr, wenn Sie das Leben ergriffen haben, wie unser Günter Boos. Dann kann sein, man hing am Stock, und kann das Leben weitergeben. Und man kann von Jesus reden, und er ist da, auch in der Dunkelheit der Welt. Und dann erleben wir, wie junge Menschen sagen: Ich gebe hier meinen Beruf auf, und ich gehe in die Notgebiete der Welt, da ist eine diakonische Aufgabe, die mich reizt. Und dort möchte ich mein Leben hergeben, um andern Notleidenden zu dienen. Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden. Das ist ein merkwürdiger Satz. Ich bin die Auferstehung und das Leben. Das ist gar nicht ein Text, der bloß vom Sterben spricht, sondern, der uns heute nötigt, das Leben ganz zu ergreifen. Ich möchte Sie einfach einmal bitten, dass Sie als junge Menschen, oder in der Blüte Ihres Lebens einfach das jetzt begreifen, das sage Jesus. Ich bin das Leben. Wenn du neugeboren sein willst, dann greif es doch! Und zum Zeichen, dass der Tod gar nicht die Macht hat, die wir ihm zubilligen bei denen, die in Jesus sind, ruft er in dieses Grab hinein: Lazarus, komm heraus! Welch ein Wort! In den Worten Jesu steckt so viel drin. Eins haben die Feinde Jesu, die ihn verhaften sollten, zu den Pharisäern berichtet: Es hat noch nie ein Mensch so geredet, wie der. Das war die Vollmacht. Jesus kann gebieten. Das ist gar nicht so wenig, wenn wir den Kranken in ihr Leid hinein das Wort Jesu sagen. Da ist Kraft drin. Aber es steht die Realität dahinter, dass Jesus all sein Wort erfüllt. Das ist ganz anders als bei Buddha. Es ist ganz anders als bei den Menschenworten, die wir machen.

Noch ein letztes: Glaubst du das?

Glaubst du das? Da fragt Jesus die Martha: Und die Frau ist ja lieb. Sie will ja Jesus nicht weh tun. Aber ihre Augen hängen an den Zeichen, dieser Welt, und wir sind auch solche realistischen Menschen, wir wissen doch, wie das ist mit dem irdischen Leben und mit dem Friedhof und mit dem Sterben. Und dann sagt sie: Ja, ich weiß, dass du der Sohn Gottes bist. Ich weiß, dass du der Sohn Gottes bist. Und wo du bist, da ist Leben. Auch, wo es um's Sterben geht. Und für die, die bei dir Geborgenen, von dir erlöst sind, für die bricht kein Sterben an. Die gehen vom Leben hier hinüber ins neue Leben. Das ist wahr. Wunderbar. Aber man muss es hier ergreifen mit beiden Händen. Er ist die Auferstehung und das Leben. Glaubst du das? Und das gilt dann auch, wenn's ganz dunkel und ganz finster wird. Es war einst der Trautext dieser siebenundachtzigjährigen Frau, die da so gelähmt da oben im Schwarzwald liegt. Und ob ich schon wanderte durchs finstere Tal fürchte ich kein Unglück, du bist bei mir. Und man kann's dann erst ganz verstehen, wenn's ganz dunkel wird. Dass er mehr ist, als alles, was uns die Welt geben kann. Wie wunderbar. Vielleicht denken sie, der Lazarus war doch ein toller Mann. Der hat das erlebt, wie Jesus ihn aus dem Grab herausgerufen hat. So ein Zeichen bräuchten wir heute. Wenn so ein Spektakel wäre auf dem Waldfriedhof, auf dem Pragfriedhof, und die Reporter wären da, und die Fernsehleute. Ob sie glauben würden, weiß ich nicht. Sie würden sicher sehr viel über Scheintod schreiben. Ich muss Ihnen mal sagen, ich habe eigentlich Mitleid mit dem Lazarus, weil er zweimal sterben musste. Er ist ja dann noch einmal gestorben. Und darum finde ich, wie haben es alle viel besser. Wir müssen nur einmal sterben. Unser Sterben wird uns leicht gemacht. Wenn wir an Jesus glauben. Und all die Zusagen haben, er wird den Tod nicht schmecken. Aber jetzt ist wichtig, dass wir auch die Dunkelheiten, und die Krankheiten, und die Leiden, und all das, was uns an Schwerem bedrängt, einfach in die Hände Jesu legen, und sagen: Wenn nur du mich hältst, wenn nur du mich umgibst, wenn ich nur dich halten darf, ich will das Leben bei dir haben, und danke dir, dass du mir heute schon hindurchhilfst durch diese eng begrenzte Welt, die ich sehe, und dass ich heute schon teilhaben darf an deiner himmlischen Welt, weil da, wo du bist, da ist der Himmel. Amen.