Hast du mich lieb? (Johannes 21, 15-19)

Winrich Scheffbuch

13.04.1975

 

Wir möchten auch die grüßen, die drüben sind in der Übertragung und nicht sichtbar unter uns. Wir sind ja verbunden in dem einen Wort. Wir haben den Predigttext, das sind in den fünf Sonntagen die offiziellen Predigttexte der Predigtreihe über die in ganz Württemberg gepredigt wird, die ich nur zu einer Reihe zusammengefasst habe: Johannes 21, Vers 15-19. Es ist nach der Auferstehung. Jesus erscheint den Jüngern am See Tiberias. „Als sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, des Johannes Sohn, hast du mich lieber als mich diese haben? Petrus spricht zu Jesus: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer! Spricht Jesus zum zweiten Mal zu ihm: Simon, des Johannes Sohn, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! Spricht Jesus zum dritten Mal zu Petrus: Simon, des Johannes Sohn, hast du mich lieb? Petrus war traurig, dass Jesus zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb? und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge; du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! Wahrlich, wahrlich ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest, wohin du wolltest. Wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst. Das sagte er aber zu zeigen, mit welchem Tode er Gott preisen würde. Und als er das gesagt, spricht er zu ihm: Folge mir nach!

Herr Jesus, wecke du in uns echte Liebe. Amen.

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Da sitzen zwei junge Leute auf der Parkbank. Der Winter ist endlich doch noch gebrochen, es ist inzwischen Mai geworden und der Mond scheint hinter den Wolken hervor und dann sagt er zu ihr: Hast du mich lieb? Wie im Film – so romantisch. Oder zwei alte Leute im Altersheim, die kommen zufällig als sie alte Sachen aufräumen, wieder an ihr Hochzeitsbild. Und dann schaut er sie an und sagt: Hast du mich immer noch lieb? Wie im Film, genauso schön. Wenn das nämlich einer nicht mehr fröhlich mit Ja beantworten kann, dann ist etwas ganz Furchtbares geschehen. Dann ist das Zusammenleben oft nur noch Qual, Last, Quelle unendlichen Streites. Und trotzdem muss ich Sie einfach fragen: Geht es Ihnen nicht auch so, dass Sie sich wundern, dass Jesus seinen Jüngern die Frage stellt; das ist doch eigentlich eine private Sache. Gehört denn die eigentlich ins Evangelium hinein? Ich muss es an einem Beispiel erklären. Ich kannte eine Frau, die erzählte, dass es für sie ein Schock gewesen sei, mit einem Schwaben verheiratet zu sein. Nach der Hochzeitsreise hat sie das erste festliche Essen für ihn gekocht und hat dann immer gedacht: Sagt er was oder sagt er nichts? Dann guckt sie ihn an und sagt natürlich nichts und sie überlegt: Schmeckt’s ihm nicht und dann legt sie ihm noch mal vor und schließlich nach dem Essen sagt sie ihm unter Tränen: Hat’s dir denn nicht geschmeckt, da sagt er: War ganz passabel. Sie hat gar nicht gewusst, dass das unter Schwaben schon das höchste Lob ist, das man über die Lippen bringen kann, weil man seine Gefühle normalerweise verbirgt. Das liegt uns nicht so im Blut, viel Worte zu machen. Selbst, wenn wir ganz glücklich sind, kann man das verdecken und da frage ich einfach: Warum macht denn Jesus diese Gefühlssache hier so wichtig? Vielleicht denkt jemand: Das ist ein Stück, dass man was von der Menschlichkeit Jesu sieht. Nein, das ist nicht wahr. Jesus hat doch dreimal gefragt, dreimal und er diese Frage nach der Liebe an den Dienst geknüpft, den Petrus tun soll als ein ganz wichtiger Bote Jesu in dieser Welt. Und ich bin davon überzeugt, dass die Frage in unserem Leben tatsächlich die wichtigste Frage werden muss. Ich möchte das in drei Schritten auseinander nehmen.

Ich möchte zuerst darüber sprechen: Diese Frage bringt selbst gestandene Christen zum Schwitzen. Der Petrus war ein gestandener Christ. Ich begeistere mich immer an ihm. Er war ein, der wusste, wenn Jesus was von uns will, dann muss man mit Freuden Ja sagen, dann muss man hinstehen, dann muss man mitmachen, dann muss man sich einsetzen und dann muss das einfreudiges, ja sogar ein feuriges Ja sein. Nicht dass da einer meint, das müssen wir kritisieren an dem Petrus. Das gefällt uns ja, dass es Leute gibt, die ihr Christenleben ernst nehmen und die sich einsetzen wollen. Natürlich war eine Panne passiert, kann ja überall mal vorkommen. Wem ist das noch nie passiert, sitzt doch keiner da, der jetzt mit Steinen auf den Petrus werfen könnte. Es war eine dumme Situation gewesen. Es war im Hof und er wollte ja für Jesus in dieser Nacht eine große Tat tun und da kam so ein dummes Mädchen und man muss gerade so sagen, die quatschte ihn an. Wenn das wenigstens ein richtiges Bekenntnis gewesen wäre. Wenn sie ihn gehängt hätten, dann hätte es sich ja noch gelohnt. Aber dort in dieser versuchlichen Situation, da sagt er sich geschwind einfach von Jesus los: Ich kenne den Menschen nicht. Sicher, das war ein unglücklicher Augenblick. Und jetzt trifft er wieder Jesus, nach diesem unglücklichen Geschehen. Er will doch für Jesus was tun. Er will sich doch einsetzen, er will Aktionen machen. Er ist doch bereit, jetzt Hausbesuche zu beginnen oder ein Versammlungshaus zu errichten oder ein Missionar zu werden oder in die Diakonie zu gehen. Jesus muss nur sagen, was er will. Und es bezeichnend, als Jesus am Ufer des Sees Tiberias auftaucht, ist der Petrus der einzigste, der sich ins Wasser stürzt und Jesus entgegen krault. So rasch wie es geht. Ich muss bei Jesus sein. Ich möchte doch einen Dienst für Jesus machen. Ich möchte mich ihm zur Verfügung stellen. Und da lässt Jesus ihn stehen. Sie frühstücken miteinander und es wird gar nicht viel gesprochen. Ich mache eine interessante Erfahrung. Bei vielen Hausbesuchen, da sagen mir Menschen: Entschuldigen Sie, wir wollen nicht viel von Predigt und Bibel und so, aber wenn Sie einen Dienst für uns haben, dann sind wir da. Ich wundere mich, wie viel nette freundliche Menschen in unserer Welt sind, die dienstbereit sind und da ist tatsächlich ein Problem. Die können wir nicht einsetzen. Jesus hat nicht einfach jeden genommen und hat gesagt: Komm, du kannst mitmachen. Ist nicht wahr. Sie frühstücken miteinander und als endlich dieses Frühstück fertig ist, sagt Jesus zu Petrus: Hast du mich lieb? Und dann geht es so weiter. Sie haben es ja gerade gehört. Dreimal fragt Jesus nach. Der Petrus, ich sagte, ein gestandener Christ, der kommt langsam ins Schwitzen und sagt: Also Herr Jesus, jetzt beim dritten Mal: Du weißt das doch, du weißt doch, dass ich dich lieb habe. Wissen Sie, bei der dritten Frage spätestens, ich glaube, da hat der Petrus das gar nicht mehr so klar sagen können. Wenn ich Sie jetzt fragen würde: Haben Sie Jesus lieb? würden Sie sagen, das ist mir eine ganz ungewohnte Fragestellung. Wenn ich Sie frage: Wollen Sie für Jesus etwas tun, da können Sie alle sagen: Ja! Aber wenn ich Sie frage: Haben Sie Jesus lieb? sagen Sie: Wie geht das überhaupt? Kann man Jesus lieb haben? Die meisten Menschen meinen, Christus hätte ein Programm verkündigt und wir müssten Programme lieben oder wir müssten Institutionen lieben oder wir müssten Menschen lieben. Nein, es fängt damit an, dass Jesus sagt: Hast du mich lieb? Und da macht Jesus am Ende des Johannesevangeliums das noch einmal ganz deutlich: Er ist eine Person. So wie man einen Menschen neben sich liebt, so wie man mit einem Ehegatten befreundet ist und sich versteht und mit ihm alles teilt, so sagt Jesus: Hast du mich so lieb? Und da erschrecken wir auf einmal und denken: Das ist uns unbekannt. Vielleicht sagt einer: Wie mache ich denn das mit der Liebe zu Jesus? Die Liebe hat Jesus zuerst in Ihrem Leben angefangen. Und sie brauchen das jetzt gar nicht so gewaltsam aus sich herauszupressen, sondern das ist ja seine ganze Mission in dieser Welt gewesen, das war doch Liebe. Und wenn Sie einmal sehen wollen, was er da in dieser Liebe gemacht hat, da wissen Sie, da geht es jetzt nicht um Gefühle, um schwärmerische Empfindungen, die wir haben, um schwülstige Dinge, sondern da geht es um ganz nüchterne, männliche Dinge, dass Jesus die Lasten dieser Welt mitgetragen hat, dass er sich neben Menschen hinstellt, dass er Leiden trägt, dass er sich unter Schuld beugt, dass er die Qualen von Menschen versteht, dass er stehen bleiben kann, dass er mitzittert, dass er unser Schicksal mitträgt und sich mit unter diese Todeslast beugt, das ist Jesu Liebe! Und so lang Sie leben, hat Jesus Ihr Leben mitgetragen. Er kennt doch Ihre Sorgen und Nöte. Er weiß doch, was Sie bewegt. Und es genau auch das erzählt, dass er in dem Augenblick wo Petrus Jesus verleugnet hat in der Nacht, ihn ansah. Dieses Ansehen Jesu, dieses Wissen, um das was mich bewegt, dieses Mittragen, dieses Mitleiden und Mitempfinden, das ist die Liebe Jesu. Und wenn Jesus uns fragt: Hast du mich lieb? dann will er doch bloß sagen: Du, teilst du jetzt auch mit mir? Liebe ist teilen. Eheleute teilen alles miteinander und wenn sie das nicht miteinander teilen können, sondern einer einen Rest für sich behält, ist das keine Liebe. Der Vater meiner Frau ist plötzlich auch mein Vater. Und was mir gehört, das gehört meiner Frau. Und es gibt ein Teilen mit Jesus, dass ich meine Schwachheit auf ihn lade, meine Sorgen und meine Angst, ja mein ganzes Leben, das, was ich in dieser Welt schaffen will. Herr Jesus, komm wir teilen es. Wenn das Liebe ist, ich will doch dich lieb haben. Jesus hat den Petrus als gestandenen Christen abblitzen lassen als er ihm entgegenkraulte und einen großen Dienst machen wollte. Jesus sagt: Du, eins zuerst, gibt es Liebe zwischen uns?

Das zweite: Nur so kann man Zweifel überwinden. Unter Christen gibt es ja die Not, dass man nicht glauben kann. Und wir haben die ganze Reihe überschrieben, diese fünf Sonntage: kritische Fragen an zweifelnde Menschen. Und da müssen wir jetzt auch einmal davon sprechen, dass wir angefüllt sind mit Fragen und sagen: Ich verstehe das Evangelium nicht. Ich frage immer wieder: Wo ist denn Gott? Ich kann ihn in meinem Leben nicht sehen. Oder ein anderer sagt: Du, da gibt es so viel Schweres in der Welt, da gibt es Menschen, die leiden; schau doch nur die Zeitung an: Wie kannst du denn da deine frohe Botschaft verkündigen, da sind doch Zweifel, da gibt es Fragen, Probleme. Wir haben manchmal fast so eine  merkwürdige Art, dass wir immer wieder an den Problemen ausschließlich stehen bleiben und kaum darüber wegklettern können. Und ich bin so froh, dass Jesus einfach zu dem Petrus sagt: Du, zuerst wird meine Frage beantwortet, dann erst deine. Hast du mich lieb? Würden Sie sagen: Ich kann die Frage, die Jesus mir stellt, erst beantworten, wenn er meine Fragen beantwortet hat. Nein, so kriegen Sie keine Antwort. Jesus steht in Ihrem Leben schon lang da und bietet Ihnen seine Liebe an. Er will Ihren ganzen Werktag, Ihre Berufslast, Ihr Familienleben, Ihre Einsamkeit will er mittragen. Er hat ein Wort für Sie. Und er sagt: Komm, wir plaudern miteinander über das. Wir reden darüber. Und Sie dürfen selbst sogar Ihre Zweifel mit Jesus teilen. In der rechten Ehe, da spricht man auch schwierige Dinge miteinander und wo Liebe ist, da kann man sich austauschen über komplizierte Dinge. Reden Sie doch über Ihre Zweifel mit Jesus! Ich habe doch in meinem Leben nie alle Fragen beantwortet, aber Jesus sagt: Entscheidend ist, dass du mich lieb haben kannst. Und auf einmal merkt er, Petrus, der schwierigste Zweifel in meinem Leben, der bin ja ich. Ich bin ja die problematische Figur. Ich kann zu allem fröhlich Ja sagen, aber wenn mein Ja so ein wackeliges Ja ist, dass ich nachher wieder umkippe und dieses Ja nicht hält so wie es in dieser Nacht war, wenn alle meine Bekenntnisse nur Lippenbekenntnisse sind! Jesus hat nie viel über Liebe gesprochen, Jesus hat geliebt. Und es ist auch gut, dass Jesus von uns keine großen Sprüche verlangt, sondern dass er nur immer darauf hinweist, zwischen Jesus und dir ist nur Liebe notwendig: Hast du mich lieb? Und wo Liebe zu Jesus da ist, da gibt er plötzlich auch Dienste. Da zeigt Jesus diesem Petrus die Menschen in dieser Welt und sagt: Du, das sind meine Lämmer, meine Schafe. Dass Menschen Schafe sind, das ist Ihnen vielleicht noch keine Neuigkeit, alle Menschen. Es gibt nur Schafe, die einen Hirten haben und Schafe, die keinen Hirten haben. Jesus vertraut das diesem Petrus an und sagt: Sorge doch dafür, dass diese Menschen, die in dieser Welt keine Richtung, kein Ziel, keine Hoffnung haben, herfinden zu dem, der sie allein weiden und führen kann, meine Schafe. Es ist ja merkwürdig, was Christen alles aus guten biblischen Sachen machen, wie man gute Sachen verdrehen kann. Und aus dem Hirtenamt hat man ja in der Geschichte der Christenheit allerhand Falsches gemacht, man hat ein Herrschaftsamt daraus gemacht. Und ich meine, es erfordert immer wieder Mühe bis wir das wirklich praktizieren, dass wir alle Pastoren sind. Das was gerade diese jungen Leute in diesem Schulungskurs mitmachen, dass ich gar nicht bestimmte Veranstaltungen machen muss, sondern dass da wo ich im Beruf lebe, wo ich in der Familie bin, wo ich mit Freunden zusammenkomme, wo Sie in einem Verein Mitglied sind, dass Sie dort Schafe weiden dürfen, dass Sie Menschen Jesus anvertrauen dürfen, dass man sein Leben in Jesus bergen kann. Es heißt ja bei diesem Befehl da mit dem Weideamt nicht so wie wir gern daraus machen: Ihr müsst euch alle von mir weiden lassen. Das kann man nicht als Anspruch aussprechen; alle Kreise in der Gemeinde müssen sich von mir weiden lassen. Das steckt im Hirtenamt nicht drin, der Anspruch des Pastors, des Pfarrers über seine Gemeinde. Was ganz anderes: Schau dich um, um dich her leben Menschen: Weide sie um der Liebe zu Jesus willen. Und das war merkwürdig, wie Menschen dieses Amt des Weidens aufgenommen haben. Ich könnte Ihnen jetzt aus der Geschichte der Christenheit erzählen wie ein Bodelschwingh plötzlich den Ruf aufnahm und heillose kranke Menschen pflegte. Hast du mich lieb? hat ihn Jesus gefragt, dann bitte, da sind meine Schafe. Wie unser Doktor Kilgus jetzt kürzlich hinausgeflogen ist nach Pakistan, obwohl er ein dreiviertel Jahr auf das Visum warten musste, das war doch unfreundlich genug, wie sie es ihm gemacht haben und wie sie ihre Ablehnung gezeigt haben und wie er zurückschreibt in der ganzen Freude, dass er an diesen Menschen Dienst tun darf, obwohl er keine eigene Wohnung hat und nicht einmal einen eigenen Stuhl; irgendwo in der Fremde zu leben, aber ein Dienst an den Schafen Jesu; wo ein Richard Straube sein Amt im Evangeliumsrundfunk aufgibt und seine Wohnung mit Fixern teilt, weil er sagt: Schafe Jesu, die ich weiden darf und all die Menschen, mit denen Sie zusammenkommen, hast du mich lieb? fragt Jesus sie und das sind doch meine Schafe. Du brauchst doch keine großen Wort machen. Lass doch die wieder die Liebe spüren! Der christliche Glaube ist doch keine Ideologie und ist nicht eine Lehre, ein Programm, sondern das ist Liebe, gelebte Liebe. Liebe zu Jesus und das spüren die anderen und da gibt es gar keine Grenze für diese Liebe, da kann es gar keine Abhaltung geben, da kann man sich auch nicht erbittern lassen, wenn man Nein hört, sondern da wird man Menschen das spüren lassen: Ich teile, was ich habe, mit dir und du darfst wissen, dass ich dich schätze und ehre – das ist das, was Jesus seinen Jüngern aufgetragen hat nach der Auferstehung.

Noch ein Letztes: Auf Liebe kann man bauen. Hoffentlich konnten Sie es behalten. Also die Frage: hast du mich lieb? bringt sogar gestandene Christen zum Schwitzen. Und das Zweite war: So kann man Zweifel überwinden, wenn man einfach Jesus liebt. Und das Letzte: Auf Liebe kann man bauen. Die Frage ist verpönt. Als in Württemberg das Gesangbuch 1950 eingeführt werden sollte, das wir jetzt haben (1975). Da gab es ziemlich große Diskussionen, ob man so ein Lied überhaupt aufnehmen soll „Ich will dich lieben, meine Stärke“ – Liebe zu Jesus ist doch komisch. Menschenliebe, Feindesliebe, das leuchtet jedem noch ein, aber Liebe zu Jesus. Aber Jesus hat es so zentral in die Mitte seines Evangeliums gestellt. Und wenn andere sagen, das ist eine pietistische Frage – ich kann nichts dafür, dann stammt sie doch noch von Jesus. Und danach wollen wir uns doch richten. Aber wenn ich jetzt diese Frage höre, die Jesus an mich stellt: Hast du mich lieb? dann fragt Jesus mich so, weil er mich auf seinen Weg mitnehmen will. Das bleibt das Letzte.

Es ist noch ein ganz neuer Gedanke, den ich jetzt Ihnen hier noch erklären muss. Wir haben alle schon oft gebetet: Herr Jesus, geh du mit mir und leite mich auf meinen Wegen. Morgen früh, wenn ich wieder zur Arbeit muss oder wenn ich einen schwierigen Gang machen muss: Herr Jesus geh mit mir. Aber eigentlich heißt es ja umgekehrt. Der gute Hirte läuft ja nicht den Schafen nach, sondern an und für sich, zeigt der Hirte, wo es zur Weide geht. Er stellt die Richtung klar. Und da sagt Jesus zu Petrus: Du, wenn du reif wirst in der Nachfolge Jesu, wenn du ein richtiger gestandener Christ wirst, dann wirst du immer mehr das lernen, dass es nicht nach deinem Kopf und deinem Programm geht, sondern dass in dem Leben ich vorangehe. Du aber folge mir nach! Und der Weg, den Jesus geht, der geht so, dass man nicht bloß große Evangelisationen hält und wunderbare Veranstaltungen macht, sondern dass man mit hineingebunden wird in die Leiden dieser Welt. Wie viele aus unserer Mitte können jetzt nicht da sein, weil Gott sie auf das Krankenlager geworfen hat. Und sie müssen hier mitleiden mit einer Welt, die unter dem Schrecken des Todes noch steht. Wie viele haben das in den letzten Wochen erfahren und gespürt, wie der Tod zugeschlagen hat. Andere sind belastet mit Sorgen und kriegen sie nicht los. Jesus hat uns nicht versprochen, dass er uns alles wegräumt, sondern dass wir mit Menschen die Lasten teilen, indem wir sie sogar selber mittragen müssen. Und es gibt sogar noch das, dass Christen ganz besonders den Hass dieser Welt spüren und wir denken ja auch in diesen Tagen ein wenig mit Schrecken, was wohl auf die Christen von Vietnam zukommen kann, wenn die ganze Feindschaft gegen das Evangelium so losbrandet wie in China oder in Russland. Und wenn sie durch Martyrium gehen müssen. Ein anderer wird dich gürten und führen, wohin du nicht willst. Das sagte er aber zu zeigen, mit welchem Tode er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, sagte er zu ihm: Folge mir nach! Und da sagte Petrus: Gerne, Herr Jesus gerne. Gerne gehe ich mit dir den Weg. Vielleicht ist einer erschrocken und denkt: Das will ich nicht machen, wenn das in meinem Leben kommen sollte. Doch, sagt Petrus, doch gerne. Ich habe eine Garantie, ich habe ein Pfand, deine Liebe, Jesus. Deine Liebe. Und weil ich weiß, dass du mich lieb hast, weiß ich, dass du Gedanken des Friedens mit mir hast. Manche werden nur den Kopf schütteln können bei unsern Diensten am Grab und sagen: Was redet denn der her mit dem Evangelium, dass wir einem Trauernden trotz der Last, die über ihn hereinbricht, sagen: Und doch hat Gott Gedanken des Friedens mit dir. Du wirst es im finstern Tal erfahren, dass er bei dir ist, weil auf Liebe man bauen kann. Und deshalb legt Jesus so großen Wert darauf: Hast du mich lieb? Hast du mich lieb? Darauf kann man bauen und wie es dann Paulus später gerufen hat: Ich bin gewiss, ist Gott für uns, wer kann denn da jetzt noch gegen uns sein? Er hat ja seines eigenen Sohnes nicht verschont. Er hat das Pfand der Liebe gegeben, indem Jesus für mich verblutet ist. Und seitdem weiß ich es: Nichts kann mich mehr aus der Hand Jesu reißen.

Ich möchte zum Schluss noch von einem großen christlichen Märtyrer reden: Chrysostomus, der große Predigten gehalten hat in der alten Kirche. Und als sie ihm das alles weggenommen haben, ein ganz bedeutender Kirchenvater, als sie ihm noch nach dem Leben trachteten, da wurde er gar nicht bitter, sondern da hat er nur beten können: Ich danke dir Herr für das reiche Leben, das du mir geschenkt hast. Das Leben mit Jesus, dem guten Hirten, ist immer ein reiches Leben. Nur viele Menschen entdecken es nicht. Man entdeckt es nur, wenn man Liebe mit Jesus lebt. Und Liebe kann man mit Worten nicht erklären, das muss man erfahren.

Amen.