Abd al-Masih

06. Juni 1985

29. Ludwig-Hofacker-Konferenz

Der Islam fordert uns heraus

 

Der Islam setzt sich heute aus mindestens 850 Millionen Moslems zusammen. Diese Zahl wächst schnell, nicht in erster Linie durch missionarische Aktivitäten der Moslems, sondern durch einen enormen Geburtenüberschuss. Jährlich werden 25 Millionen Moslems dazu geboren. Jeder 6. und bald jeder 5. Mensch der Erde ist ein Moslem. Aber nur 2-3% aller Missionare und missionarischen Aktivitäten richten sich auf den Islam, der bereits 16-20% der Menschheit ausmacht. Dieses Missverhältnis sollte durch Gebet, Opfer und persönlichen Einsatz schnell geändert werden. Der wachsende Islam bleibt eine Herausforderung an die Kirche Jesu Christi. Gott sei Dank hängt die Ausbreitung des Evangeliums nicht allein von Missionaren und Kirchen ab, sondern von Jesus Christus selbst. Er hat in verschiedenen islamischen Ländern eine beachtliche Zahl von allein stehenden Konvertiten aus dem Islam herausgerufen, die einen Eifer, eine Liebe und Gebetskraft an den Tag legen, die uns oft beschämen.

Aus Bangladesh bekamen wir von einem vertriebenen und verfolgten Gläubigen ein Telegramm: „Sechslinge geboren!“ „Arme Frau“', dachten wir. Als wir sie später besuchten, waren sechs Männer getauft worden: ein Arzt, ein Offizier, ein Studienrat, ein Farmer, ein Schneider und ein Abiturient. Sie waren so begeistert von ihrem Glauben, dass sie sofort die staatliche Lizenz für die Eröffnung einer Universität für christliche Theologie in Bangladesh beantragten, das zu 83% vom Islam geprägt und beherrscht ist. Da die Antragsteller alle islamische Vornamen tragen, wurden sie erstaunlicherweise nach mehreren kritischen Anfragen nicht abgelehnt. Jetzt besitzen sie die Lizenz für eine Bibelschule, aber haben kein Gebäude, keine Lehrer und kein Geld. Sechs junge Männer, ehemalige Moslems, enteignet, geschlagen oder gefoltert, sitzen in unmöblierten, kahlen Zimmern zusammen und lesen die Bibel oder lernen lange Textabschnitte auswendig. Zwischendurch gehen sie miteinander auf Missionseinsätze, die nicht ungefährlich sind, wie die Praxis bewies. Das Feuer des Glaubens in diesen ehemaligen Moslems brennt hell.

In Ankara traf ich einen Studenten der islamischen Theologie. Er interessierte sich für Christus. Im Gespräch wurde deutlich, dass er früher aktiver Kommunist gewesen war, dann polizeilich gesucht wurde und die Flucht nach vorne wagte und ein fanatischer Khomeinist wurde. Aber das alles stillte die Fragen seines Herzens nicht. Er hat dann von Jesus durch Trans World Radio in arabischer Sprache gehört und las in Büchern, die speziell für Moslems geschrieben sind. Als ich ihn fragte: „Warum willst du Christ werden? Wäre es für dich nicht besser, wenn du Kommunist oder Khomeinist geblieben wärest?“, da lächelte er und sagte: „Christus gibt einen Trost ins Herz, den die anderen nicht haben. Alle müssen schreien, Propaganda machen, hassen und kämpfen. Christus allein gibt Vergebung, Feindesliebe und Geduld.“' Als der junge Mann seinen Eltern sagte, dass er Christ geworden sei, weinte seine Mutter und antwortete: „Ach, dass ich dich doch nicht geboren hätte! Wärest du doch Kommunist oder Khomeinist geblieben, so hättest du unsere Familie nicht in solche Schande gebracht.“ Der Vater war pragmatischer und sagte: „Du kommst schon wieder zurück, denn du suchst immer die Wahrheit. Wenn du erst einmal siehst, wie die Christen in ihren Ländern leben, begreifst du die Wirklichkeit ihrer Religion.“ Heute besteht dieser junge Mann darauf, getauft zu werden und dient Jesus mit großer Treue. Er braucht unsere Fürbitte.

In Marokko gibt es eine Untergrundkirche mit 100-300 Konvertiten aus dem Islam. Im Frühjahr 1984 startete die Regierung eine Großrazzia. 13 der Ältesten wurden inhaftiert, über 100 verhört und mit dem Tode bedroht. Manche leben noch unter dem Schock dieser Verfolgungswelle. Aber aufs Ganze gesehen ist diese kleine Kirche stärker geworden, denn Druck erzeugt Gegendruck. Es kommt kein Öl aus Oliven heraus, wenn nicht ein schwerer Mahlstein über sie gewälzt wird. So sagte ein Ältester, der selbst schon zweimal im Gefängnis war: „Wir müssen unsere Gemeinde fürs Leiden vorbereiten, damit sie nicht in den bequemen Westen fliehen, wenn Verfolgungen kommen und anhalten.“

Wir hier leben in einem Land mit großer Freiheit. Kein Gesetz verbietet die Ausbreitung des Evangeliums. So wurde in Harnburg auf dem Jungfernstieg ein Türke von dem Reporter des Evangeliumsrundfunks gefragt, wie es ihm hier gefalle. „Gar nicht. Immer graues Wetter und unfreundliche Gesichter.“ „ Warum gehen Sie dann nicht zurück?“ „Keine Arbeit und gefährliche Situation.“ „Also lohnt es sich doch, hier in Deutschland zu bleiben?“ „Natürlich, hier gibt es gut bezahlte Arbeit, Kindergeld und Sozialversicherungen.“ „Wie lange wohnen Sie schon in Deutschland?“ „ 13 Jahre.“ „Dann haben Sie sicher viele Freunde gewonnen?“ „Nein, wir sind hier unerwünscht. Die wollen uns alle loswerden.“ „Aber wenn Sie so lange schon in Harnburg leben, haben Sie sicher schon Kontakt mit einigen Christen bekommen?“ „Nein, hier in Hamburg habe ich noch keinen Christen gesehen.“ „Aber die Passanten hier auf dem Jungfernstieg sind doch alle Christen!“ „Aber mit mir hat noch keiner über Christus geredet. Wenn ihnen Christus wichtig wäre, würden sie doch mit mir darüber reden!“

Hier in Stuttgart ist das sicher anders. Hier redet man doch mit den Türken über Christus. Nicht wahr, Sie haben das doch sicher schon getan, oder wann wollen Sie damit beginnen?

Jesus lebt! Er ist auch heute unterwegs, zu suchen und zu retten, was verloren ist. Helfen Sie mit, dass Er nicht vergeblich gelitten hat – gerade auch im Blick auf die wachsende Zahl von Moslems in aller Welt und in unserer Heimat.