Carol Jantzen
Vom Zorn zur Freude
Pascal und seine Frau wanderten in den kanadischen Bergen
und bewunderten das herrliche Tal. Ein
Mönch kam ihnen entgegen. Als Pascal das
schwarze Gewand sah, stieg in ihm ein Zorn auf. Er hätte am liebsten das Gewand über den
Abhang geworfen! Seine Frau hielt seine
Hand ganz fest in der Hoffnung, er mache nichts Dummes.
Pascal hatte eigentlich eine glückliche Kindheit erlebt –
bis die Regierung Kanadas weiße Lehrer in die Reservate entsandte. Diese verlangten, dass die Kinder nur
Englisch sprechen sollten. Die
indianischen Eltern dagegen hielten sie dazu an, nur ihre eigene Sprache zu
sprechen. Als die Regierung sich nicht
durchsetzen konnte, schloss sie die Schulen auf den Reservaten und schickte die
Kinder zu einem Internat in Britisch Kolumbien, der Provinz, in der wir
wohnen.
Die Mädchen
wohnten an einem Ende des Gebäudes, die Jungen am anderen. Pascal durfte seine zwei Schwestern nicht
sprechen, ohne zu befürchten, dass er bestraft werde. Die Schulregeln wurden nie erklärt. Kinder, die etwas Einheimisches unternahmen,
wurden immer wieder bestraft. Ab und zu
wurde Pascal so hart geschlagen, dass er nicht einmal seinen Bleistift in die
Hand nehmen konnte. Oft mussten die
Kinder als Strafe eine schwere Bibel mit ausgestreckten Armen halten. Wenn sie die Bibel fallen ließen, wurden sie
mit einem hölzernen Stab geschlagen, oder sie mussten dann als Buße eine Stunde
lang auf runden Holzpflöcken knien.
Pascal sah auch, wie Kinder, nachdem das Licht ausgeschaltet war, in
Privatzimmer genommen wurden. Die Kinder
waren absolut hilflos. Als Pascal
endlich einmal zu seiner Mutter reisen durfte, war seine letzte Strafe, ganz
kahl rasiert zu werden. Die Mutter
erkannte ihn nicht.
In dieser
Schule trugen alle Erwachsenen schwarze Gewänder. Man hatte Pascal sehr deutlich gemacht, dass
er ein Heide sei, dass er vom Satan stamme.
Nach und nach glaubte er es.
Endlich holte
ihn eine Tante und brachte ihn in eine christliche Schule, wo er wenigstens am
Wochenende seine Mutter besuchen durfte.
Hier hörte er zum ersten Mal das Evangelium. Aber er wollte nichts “christliches” mehr
hören.
Er wurde
aggressiv, trank und wurde kriminell.
Mit 17 war er schon im Knast gewesen sowie in einem
Rehabilitationszentrum. Im Knast
befreundete sich ein Wächter mit ihm.
Zum ersten Mal empfand er, was Liebe, Vergebung und Annahme waren. Durch einen Freund fand er im Rehazentrum zu
Jesus Christus. Friede und Freude
erfüllten nun sein Herz. Pascal fand
Ruhe. Von Gott wurde er nun zu seiner
Lebensaufgabe geführt.
Als er jetzt aber diesen Schwarzgekleideten vor sich sah,
merkte er, wie Bitterkeit und Hass noch nicht besiegt waren. Es wurde ihm sofort bewusst, dass er diesen
Hass überwinden müsse; sonst würde er für den Rest seines Lebens in dessen
Gewalt sein. Wohl hatte er Vergebung von
Gott, aber in diesem Moment wurde er mit dem Vater Unser konfrontiert:
“Vergib uns
unsere Schuld, wie wir unseren Schuldigern vergeben.”
Erschüttert,
aber in der Kraft Jesu, legte Pascal das schwarze Gewand unter das Kreuz. An dem Mann in Schwarz konnte er nun
vorbeigehen als einer, dem vergeben war und der vergeben hatte. Und es war Gottes Kraft allein, die ihn auch
an diesem Punkt hatte verändern können.
Pascal begriff,
dass es nicht Gott war, sondern sündige Menschen, die solche liederlichen Taten
gegen die Indianer ausführten. Später
hat er als ein qualifizierter Berater für Drogen- und Alkoholabhängige dem
Herrn gedient und ist ein bekannter Redner und Organisator von christlichen
Veranstaltungen für unsere Einheimischen geworden.
Warum erzähle ich diese Geschichte? In den vergangenen Jahren habe ich
beobachtet, wie schnell so genannte Christen, die Groll oder Hass in sich
gespeichert haben, zornig werden, wenn ihr Wille auch nur im geringsten
durchkreuzt wird. Sprüche 10, 7
sagt:
„Das Andenken
des Gerechten bleibt im Segen, und der Name der Ehrfurchtslosen verfault.“
Dieser Vers
nötigte mich, folgende Fragen zu stellen.
Wie wird meine Familie an mich zurückdenken? Mit welchen Worten werden sie mich
beschreiben? Ich bete ernstlich, dass
sie mich nicht als eine zornige Frau in Erinnerung behalten. Zorn im Leben
einer Frau ist früher oder später wohl unvermeidlich, aber er ist
beherrschbar. Oft ist etwas
Schmerzliches im Leben geschehen, dass sich in Bitterkeit wandelt, dann sogar
in Hass. Die Psychologie sagt, man darf
den Zorn zum Ausdruck bringen. Die
Schrift sagt, man darf in seinem Herzen keinen Unwillen gegen einen
Menschen tragen.
Ich hoffe nun,
dass folgende Gedanken für Sie eine Hilfe sind, wenn Sie einmal mit Ärger und
Groll zu kämpfen haben. Es ist Gottes
Wille, dass alles, was wir im Leben erfahren, dazu dienen soll, uns immer mehr
ins Bild Jesu zu gestalten.
Epheser 4, 26 wird oft als Entschuldigung für Ärger oder
Missmut gebraucht. Man übersieht die
Worte: “und sündigt nicht!” Der Vers
lautet:
“Zürnt – und
sündigt nicht! Die Sonne gehe nicht
unter über eurer Erzürnung.”
Unser Zorn -
wenn er überhaupt am Platz ist - soll nicht in lieblosen Worten und
ungeduldigem Ton geäußert werden. Zorn,
sei er noch so gerecht, sollte nicht dazu führen, gegen einen anderen zu
sündigen. Wollen wir nicht göttlichen Zorn
mit menschlichem verwechseln. Gott, der
die vollkommene Gerechtigkeit ist, weiß, mit seinem Zorn umzugehen. Ohne seine Hilfe können wir nicht mit unserem
fertig werden. Damit wir nicht in
unserem Zorn sündigen, hat er einen Ausweg für uns geschaffen. Wir dürfen mit ihm sprechen über unsere
Gereiztheit und mit ihm in Ordnung kommen, und zwar, bevor wir schlafen gehen,
damit wir nicht vergessen, dass wir aufgebracht waren.
Kain war zuerst neidisch, dann zornig. Gott sprach zu ihm (1. Mose 4, 6-7):
“Warum bist du
ergrimmt, und warum lässest du den Kopf hängen?
Wenn du Gutes tust, wirst du nicht angenommen sein? Und wenn du nicht
das Gute tust, lauert die Sünde vor der Tür.
Und nach dir wird ihr Verlangen sein.
Herrsche du aber über sie.”
Kain wurde befohlen, Sieg über die Sünde zu
haben. Gott unterwies ihn über das echte
Problem: das Verhältnis zwischen dem Menschen und ihm. Leider hörte er nicht auf ihn. Er gab seinem Zorn freien Lauf und wurde der
erste Mörder. Seither sind unzählige
Menschen aufeinander zornig gewesen, und sie übersehen die Tatsache, dass das
Problem in Wirklichkeit zwischen ihnen und Gott liegt. Nur er kann uns helfen, unseren Zorn
zu zähmen. Und wie bei Kain weiß
er: Mit seiner Hilfe können wir es
schaffen.
Viele von uns sind der Meinung, der Zorn sei in sich
Sünde. Stimme das, so wäre Gott ein
Sünder. Im Alten Testament kommt das
Wort Zorn 455 Mal vor. 375 Mal spricht
es vom Zorn Gottes.
Psalm 7, 12
heißt es: “Gott ist ein gerechter
Richter und ein Gott, der täglich zürnt.”
Jeremia 10, 24: „Züchtige mich, HErr, doch nach Gebühr, nicht
in deinem Zorn, auf dass du mich nicht aufreibest.“
Der Mensch ist
im Bilde Gottes geschaffen. Wir können
also getröstet sein; denn Zorn zu haben oder nicht zu haben, das ist nicht das
Thema, sondern über was wir zornig sind und wie wir damit umgehen.
Warum werden
wir nun hiermit geplagt? Zorn ist eine
natürliche Reaktion, wenn unser Wille durchkreuzt wird. Jeder Mensch wird von Zeit zu Zeit ärgerlich
sein über Themen wie Abtreibung, Kindmisshandlung, Misshandlung eines
Ehepartners, Korruption, Verfolgung von Christen usw. Wenn wir über Ungerechtigkeit zornig sind,
widerspiegeln wir Gottes Charakter. Das
ist anerkennenswert.
Gottes Zorn ist
aber ein beherrschter. In vielen Fällen
zeigt er damit, wie sehr es ihn um seine Geschöpfe zu tun ist. Er hat immer Gutes im Sinn, z.B., wenn er
zerstörerisches Verhalten wie Ungerechtigkeit oder bewussten Ungehorsam bremsen
will.
Der menschliche
Zorn dagegen ist nur zu leicht unbeherrscht, geboren aus einem Verlangen,
selbst bestimmen zu wollen, genährt in Ungeduld. Diese führt dann gern Vergeltung im Schilde
eines vermeintlichen Gerechtigkeitssinnes.
Auch äußert sich das Selbsterhaltungsbedürfnis zu schnell in einem
Wunsch, den, der uns verletzt hat, zu schädigen oder gar zu beseitigen. Bedürfnisse und Verlangen haben wir, aber das
gibt keinem das Recht, sie mit Unwillen zum Ausdruck zu bringen. Leider sind sich viele Christen nicht
bewusst, dass ihr Missmut nichts anderes als fleischliche und sündige
Regung ist (Galater 5, 19-20):
"Offenbar sind aber die Werke des Fleisches,
welcher Art sind: ... Feindschaften,
Streitereien, Eifersucht, allerlei Unwille ..."
Der Zorn und die Zunge.
Während eines hitzigen Streites sagte ein Mann zu seiner
Frau: “Du könntest mit deiner Zunge
einen Mann schneller kastrieren, als man es mit einem Messer tut.” Dieser Mann erkannte, dass in der Zunge eine
Macht über Leben und Tod liegt.
Wer sprechen
will, sollte sich zuerst drei Fragen stellen:
Entspricht es der Liebe? Ist es
wahr? Ist es notwendig? Ein chinesisches Sprichwort lautet:
“Wenn du leise
sprichst, brauchst du nicht einen großen Stock.”
An dieser
Stelle sind Verse aus den Sprüchen sehr hilfreich:
Sprüche 10, 31-32: "Der Mund des Gerechten bringt Weisheit
hervor, aber die Zunge der Verkehrtheit wird ausgerottet.
Die Lippen des
Gerechten kennen Wohlgefälliges, aber der Mund der Ehrfurchtslosen ist
Verkehrtheit."
Sprüche 11, 11-13: "Durch den Segen der Rechtschaffenen
wird eine Stadt erhöht, und durch den Mund der Ehrfurchtslosen wird sie
niedergerissen.
Wer seinen
Nächsten verachtet, dem fehlt Herz ‹und
Verstand›, und ein verständiger ‹und einsichtiger› Mann schweigt, ‹ist still›.
Wer schwatzend
erzählen geht, plaudert die Sache aus, und ein Zuverlässiger, der treuen
Geistes ist, hüllt die Sache."
Sprüche 12, 13-14: "In der Übertretung der Lippen ist ein
Fallstrick von Bösem, aber der Gerechte entgeht der Bedrängnis.
Von der Frucht
seines Mundes sättigt sich ein Mann an Gutem, und das Tun der Hände eines
Menschen kehrt zu ihm zurück."
Sprüche 12, 18-19: "Es gibt ein Reden unbesonnener Worte
wie Schwertstiche, aber die Zunge der Weisen ist Heilung.
Die Lippe der
Wahrheit steht fest ewiglich, aber es währt die lügnerische Zunge [nur einen
Augenblick], 'während ich blinzele'."
Sprüche 15, 1-2+4: “Eine sanfte Antwort wendet den Grimm ab, und
ein kränkendes Wort erregt den Zorn. Die
Zunge der Weisen stellt in tüchtiger Weise Erkenntnis dar, und der Mund der
Toren sprudelt Narrheit...Lindigkeit der Zunge ist ein Baum des Lebens, aber
Ausschreitung mit ihr ist eine Zertrümmerung im Geist."
Sprüche 16, 13: "Gerechte Lippen sind Königen eine Lust,
und wer Aufrichtiges redet, ist beliebt."
Sprüche 16, 21: "Dem, der weisen Herzens ist, wird
'klug!' gerufen, und Anmut der Lippen fördert Lehren ‹und Lernen›."
Sprüche 20, 19: "Er plaudert die Sache aus, der
schwatzend erzählen geht, und mit dem, der seine Lippen aufsperrt ‹und schwätzt›, lass dich nicht ein."
Sprüche 21, 23:
"Wer Mund und Zunge wahrt, wahrt vor Nöten seine Seele."
Sprüche 31, 26: "Den Mund tut sie auf mit Weisheit, und
der Gnade Weisung ist auf ihrer Zunge."
Weitere Warnungen
1. Mose 49, 7: „Verflucht sei ihr Zorn, weil er so heftig,
und ihr Grimm, weil er so hart ist. Ich
verteile sie in Jakob und zerstreue sie in Israel.” Jakobs Söhnen Simeon und Levi wurde für ihren
heftigen Zorn eine schwere Strafe verheißen.
In Psalm 78, 21+31+49-50+58-59+62 u.s.w. werden viele dieser Strafen
genannt.
Sprüche 14, 17: “Ein ungeduldiger macht Dummheiten, und ein
boshafter Mensch macht sich verhasst.“
Sprüche 22, 24-25: “Geselle dich nicht zu einem Zornigen und
gehe nicht um mit einem hitzigen Mann, damit du nicht seine Pfade lernst und
einen Fallstrick davonträgst für deine Seele.”
Sehr oft wird man zornig, weil man nicht zuerst den Tatsachen
nachgegangen ist und zu schnell Schlüsse gezogen hat. Mit jemandem, der schnell zornig wird, soll
man den Umgang meiden.
Prediger 7, 9: “Sei nicht schnell in deinem Geist zum
Unwillen, denn der Unwille ruht im Busen der Törichten.”
Matthäus 5, 22: “Aber ich sage euch: Jeder, der seinem
Bruder ohne Grund zürnt, wird dem Gericht verfallen sein. Wer irgend zu seinem Bruder aber sagen wird:
‘Raka!’ (‚Hohlkopf’), wird dem Hohen Rat verfallen sein. Aber wer irgend sagen wird: ‘Törichter!’,
wird verfallen sein in die Hölle des Feuers.”
Epheser 4, 31: “Alle Bitterkeit, aller Grimm und Zorn, alles
Geschrei und alle Lästerung sei von euch weggetan samt aller Bosheit.”
Kolosser 3, 8: “Legt ihr nun auch alles ab: Zorn,
Unwille, Bosheit, Lästerung, schändliches Reden aus eurem Munde.”
Wie überwinden wir unseren Unwillen?
Das Geheimnis ist, denen zu vergeben, die uns verletzt
haben, auch wenn es vor vielen Jahren geschah. Allzuoft verharren wir aber in
der Einstellung, nur der andere sei der Schuldige. Wenn wir nicht vergeben, entwickelt sich ein
Zorn, der beim geringsten Anreiz ausbrechen kann, auch wenn es gegen eine
andere Person ist, als die, gegen die man den Groll hat. Zu vergeben heißt, zu vergessen.
Unseren Schmerz
dürfen wir bei Jesus abgeben, bei dem, der selber von anderen verletzt wurde
und fälschlicherweise beschuldigt wurde.
Er fragte seine Feinde nicht, warum sie ihn hassten, warum sie ihn
peitschten. Er beschuldigte sie
nicht. Er vergab ihnen.
Jemand hat zu
Recht gesagt: “Wenn ich nicht
vergebe, ist es, wie wenn ich Gift trinke, erwarte aber, dass es den anderen
tötet.” Der, der eigentlich leidet,
bin ich selber. Ich bin Sklave des
anderen, denn er beschlagnahmt meine Gedanken.
Vergebung heißt,
auf das Recht der Vergeltung zu verzichten.
Es heißt, aufzuhören, den anderen zu richten. Nur der, der vergibt, wird frei. Wenn wir vergeben, befreien wir uns von dem,
der uns verletzte. Wir sind
befreit.
Manche zögern
zu vergeben, weil sie der Meinung sind, sie geben dann dem anderen mit seiner
bösen Tat Recht. Das ist nicht der Fall. Meine Vergebung beeinflusst des anderen
Verantwortung vor Gott nicht, sondern
ich löse mich von dem Täter. Er ist
immer noch schuldig. Aber ich bin frei.
Satan will
natürlich nicht, dass wir mit Gott in Ordnung kommen und bleiben. Wenn weitere Gedanken des Hasses aufkommen –
und das werden sie –, so ist es wichtig, ganz offen mit Gott darüber zu
reden:
“Herr, du
siehst meine mörderischen Gedanken gegen diesen Menschen, wie ich mir wünsche,
dass er stirbt und in die Hölle kommt.
Aber ich übergebe sie dir und alle anderen unguten Gedanken. Bitte vergib mir und reinige mein Herz.”
Wichtig ist
also das Bekennen, dass man selbst auch ein Sünder ist, dass man selbst
ebenfalls fähig ist, solche oder ähnliche Taten zu begehen. Wichtig ist auch das Dankgebet:
“Herr, ich
danke dir, dass ich deine Hilfe in Anspruch nehmen darf. Du bist die Quelle der Kraft und bist nicht
erschüttert über meine bösen Gedanken.”
Es kann
eventuell notwendig sein, diese Schritte an Hand von Schriftstellen, die einem
Vergebung zusagen, unzählige Male zu wiederholen, wenn man wirklich frei werden
will. Es gilt, alle eigenen Rechte bei
Gott abzugeben, ihm den vollen Gehorsam zu liefern und unseren ganzen Willen
einzusetzen, um wirklich frei zu werden.
Obwohl es lange dauern kann, darf man am Schluss sagen:
“Ich bin nicht
länger ein Opfer, sondern ein Sieger durch Jesus Christus.”
Nicht das, was
an uns geschehen ist, nicht das, worüber wir uns ärgern, sondern wie wir darauf
reagieren, das bestimmt, wer wir sind, „weil bei uns der Kampf, das
Ringen, nicht gegen Blut und Fleisch ist (nicht gegen die Mutter, gegen die
Schwester), sondern gegen die Erstrangigen, gegen die Autoritäten, gegen die
Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit, gegen die geistlichen Wesen der
Bosheit in den himmlischen Bereichen.“ (Epheser 6, 12) Wenn man diese Wahrheit annimmt, hat man den
Schlüssel zum Sieg im Kampf gegen den Zorn.
Nehemia 9, 17: „Und du bist ein Ehrfurcht Erweckender, ein
Gott wiederholter Vergebung, gnädig und barmherzig, langmütig (langsam zum
Zorn) und groß an Freundlichkeit ...“
Gott selbst,
der das Recht hat, die Sündhaftigkeit der Menschen zu bestrafen, ist langsam
zum Zorn. Wir können uns auf seine
Barmherzigkeit verlassen.
Es darf dann
einen Schritt weitergehen. Wir dürfen Gott anflehen, unsere Herzen durch den
Heiligen Geist mit Liebe zu erfüllen.
Zorn, Grimm, Bosheit, hässliche Redensarten aus unserem Munde, die wir
nach Kolosser 3, 5-6 abzulegen haben, sollen mit Erbarmen, Freundlichkeit
u.s.w. ersetzt werden.
Kolosser 3, 12-13: „Zieht euch also an als Erwählte Gottes,
Heilige und Geliebte herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut,
Geduld, einander ertragend und euch gegenseitig in gnädiger Weise vergebend,
wenn jemand eine Klage gegen einen hat: So, wie der Christus euch in gnädiger
Weise vergab, so tut auch ihr es.“
Sprüche 19, 11: „Die Einsicht eines Menschen hat seinen Zorn
zurückgehalten, und sein Ruhm ist es, Vergehung zu übersehen.“ Gott schenke uns
die Gnade, die Vergehungen anderer zu übersehen!
Herr Sanny erlebte eine Zeit in seinem Leben, in der ihn
alles ärgerte: seine Arbeit, seine Familie und die Welt um ihn herum. Eines Morgens las er Psalm 37, 8:
„Stehe ab vom
Zorn und lass den Grimm. Entflamme dich nicht; es entsteht nur Böses daraus
...“
Er sann nach
und entdeckte, dass er eigentlich auf sich selbst böse war. In seinem Herzen stimmte etwas nicht. Er merkte auch, dass wenn andere irritiert
waren, es ein Zeichen sein konnte, dass auch sie mit sich
kämpften.
„Stehe ab vom
Zorn.“ Es ist einerlei, wie dringend etwas zurechtgebogen werden sollte
oder wie ungerecht eine andere Person gehandelt hat; das Schlimmste an der
Sache ist eine falsche Haltung unsererseits.
Eine unverzeihliche Haltung führt zu Groll und mit der Zeit zu
Bitterkeit.
Bitterkeit ist
wohl die häufigste Ursache dafür, dass man für den Herrn unbrauchbar wird. Sie frisst in unserem Inneren wie ein
Krebs. Bitterkeit entsteht entweder durch
eine echte oder eine vermeintliche Verletzung. Vielleicht wird man vor anderen angeschuldigt
und hat aber keine Schuld. Vielleicht
ist jemand ohne scheinbare Ursache kalt oder unfreundlich gegen uns. Man sieht vielleicht zwei Menschen im
Gespräch. Wenn man in ihre Nähe kommt,
hört das Gespräch auf, und sie schauen einander mit schuldigen Blicken an. Vielleicht ist uns zu Ohren gekommen, dass
etwas Negatives über uns erzählt wurde. Oder man nimmt unsere Vorschläge nicht
an.
Ärger über
solche und ähnliche Dinge schaden uns selbst am meisten. Zorn ist wie ein Geschwür, und wer einmal ein
Geschwür gehabt hat, weiß, wie es einem zu schaffen machen kann. Will man sich weiterhin über diese Dinge
unglücklich machen? Am besten ist es,
sofort dort, wo man schuldig geworden ist, hinzugehen und zuzugeben, dass man
eine lieblose Haltung hatte. Vielleicht
heißt es, einen Brief zu schreiben oder einen Telefonanruf zu machen. Bitterkeit schadet nicht nur uns; sie
verpestet die Luft, verunreinigt andere um uns her.
Der Schreiber
des Hebräerbriefes warnt (Hebräer 12, 15):
„... und übt dabei Aufsicht, dass nicht jemand von der Gnade Gottes
abkomme und hinter ihr zurückbleibe, dass nicht etwa irgendeine bittere,
giftige Wurzel emporwachse und Schwierigkeit bereite und viele durch diese
verunreinigt werden ...“
Wenn man bitter
geworden ist, ist man nicht nur alleine davon betroffen. Man hat eine Verantwortung für andere, denn
Bitterkeit kann andere beflecken.
„Stehe ab vom
Zorn. Lass den Grimm und zürne
nicht.“ Diese Sünden führen zum Bösen
für uns und für andere.
Nach solchen
Überlegungen hat Herr Sanny den Sieg davongetragen.
Eine Frau erzählte, dass sie nicht mit anderen klar käme,
weil sie nicht mit sich selber klar kommen konnte. Sie beschuldigte z.B. ihren Mann, weil er
nicht dazu kam, ihr in ihren Aufgaben zu helfen. Die kranke Mutter brauchte immer mehr Pflege
und klingelte ihre Glocke zu den ungeschicktesten Zeiten. Die heranwachsenden Kinder hatten immer mehr
Bedürfnisse. Mit der Zeit merkte sie
aber auch, dass diese sich von ihr zurückgezogen hatten. Sie erzählten ihr nicht mehr von ihren
Projekten und Plänen. Sie meinte aber,
eine gute Christin zu sein, weil sie in die Gottesdienste ging, den Zehnten
gab, mithalf im Frauenkreis und anderes mehr tat. Doch Jahr um Jahr war sie bitter und
unglücklich.
Am Ende eines
sehr anstrengenden Tages konnte sie nicht einschlafen. Sie stand auf. Ein kleines Licht im Wohnzimmer schien auf
die Bibel. Sie blätterte und las:
„Erforsche
mich, Gott, und erkenne, wie ich es meine, und siehe, ob ich auf bösem Wege
bin, und leite mich auf ewigem Wege.“ (Psalm 139, 23-24)
Sie wusste,
dass Gott kein schönes Bild in ihrem Inneren sah. Sie hatte ihre beste Freundin beleidigt, weil
sie eifersüchtig war. Sie musste
zugeben, dass ihr Mann für eine Hilfe bezahlen möchte, dass sie aber nicht
bereit war, ihre Wohnung mit einer anderen Frau zu teilen. Sie war stur und unberechenbar. Oft zog sie zu schnell Schlüsse, ohne sich
über die Begebenheiten informiert zu haben.
Oft war sie zu sehr auf ihre Meinung verpicht. Sie bestellte eine Zeitschrift ab, weil sie
die Meinung des Autors nicht teilte. Die
Familie protestierte, aber sie sagte:
“Ich habe immerhin meine Meinung!”
Sie hörte nicht zu, wenn andere sprachen. Sie entschied für andere, ohne deren Wünsche
in Betracht zu ziehen. Als die Familie
zu Ostern zu ihren Eltern fahren wollte, plante sie die Ostermahlzeit bei
sich. Die Familie machte mit, ohne sich
zu beklagen.
Als sie diese
Eigenschaften in sich entdeckte und sie vor Gott bereute, begann sie sich zu
verändern. Sie verstand, dass sie zuerst
ihre Gedanken in Ordnung bringen musste, bevor sie die äußeren Umstände ändern
konnte. Mangel an Respekt für andere,
Selbstmitleid und Selbstsucht hatten ihre Seele darben lassen. Sie empfand jetzt, dass Barmherzigkeit,
Freigebigkeit und Verständnis für andere wie Brot für ihre Seele waren. Sie konnte jetzt zusammen mit ihrem Mann über
ihre Arbeit sprechen und Lösungen finden.
Die Kinder fanden neues Vertrauen zu ihr, weil sie aufgehört hatte zu
schimpfen, stattdessen liebevoll mit ihnen umging. Sie widmete der der alten Mutter mehr
Aufmerksamkeit. Auch schrieb sie einen
Tagesablauf für sie, damit sie anrufen konnte, wenn es zeitlich passend
war. Sie fand eine Frau in der Gemeinde,
die der Mutter vorlas. Diese freute sich
über den Besuch und die Gemeinschaft. Es
war nun viel leichter, für sie zu sorgen.
Als sie Gott
suchte, befreite er sie von ihrer selbstsüchtigen Haltung, und Güte und Gnade
wurden ihr zuteil.
Wer von Euch hat nicht schon bei einem Abendspaziergang
den lieblichen Duft der Blumen vernommen?
Es erinnert einen an die Spaziergänge, die Gott mit Adam im Garten Eden
machte.
Freude ist wie
ein wunderbarer Duft, der sich ausbreitet und andere segnet. Die Freude der Eltern erzeugt den Respekt der
Kinder, und sie versuchen, den Eltern zu gefallen. Es gibt Familien, da fühlt man sich wohl und
entspannt. Eltern und Kinder schauen
sich liebevoll an und lachen über eine Zeichnung oder ein neues Lied der
Kinder. Ihre Freude ist wie der Duft
lieblicher Blumen, und man möchte tief einatmen. In anderen Familien hat man das Gefühl, dass
etwas nicht stimmt. Es ist als ob ein
schlechter Geruch, den man nicht identifizieren kann, einem entgegenkommt, als
ob man gestört hat. Die Familie merkt es
vielleicht nicht, aber der Geruch ist ein Teil ihres täglichen Lebens.
Bitterkeit ist
wie ein fauler Geruch. Der Moment des
Zorns ist vorbei, aber die Spannung bleibt.
Die Familie grüßt mit einem Lächeln, merkt aber nicht, dass die
Bitterkeit jeden Bereich des Familienlebens beschlagnahmt hat. Kinder können in einer Atmosphäre von
Spannung und Kritik nicht gedeihen. Wenn
Eltern Bitterkeit und Ressentiments gegen andere hegen, bringen sie den Kindern
bei, gehässig zu sein und sich selbst mit Verletzungen abzuquälen. Wir verbauen ihnen den Weg zu einem frohen
Christenleben, wenn wir nicht ein Vorbild andauernder Vergebung vorleben.
Man kann
Bitterkeit und Unwille nicht mit Parfüm oder einem Lächeln verbergen. Die Familienmitglieder möchten schon lieb und
nett sein, aber der Groll, der immer wieder entweder zwischen den Eltern oder
Eltern und Kindern ausbricht, wird zu einem faulen Geruch. Hormone oder psychische Probleme werden als
Ursache der Schwierigkeiten angegeben.
Oder man beschuldigt die Vorfahren, die entweder aus Irland, Italien, Spanien
oder aus dem Osten kamen. Es ist, als ob
ein Vorfahr in der Vergangenheit einen dazu bewegte. Oder man sagt: “Alle Frauen in meiner Familie sind
Hitzköpfe. Wir sind einmal so.”
Vieles beginnt mit Beschuldigung. So lange wir andere beschuldigen, wird der
Unwille wachsen:
“Meine Tochter
trotzt mir!”
“Mein fauler
Sohn beklagt sich andauernd!”
“Mein Mann ist
selbstsüchtig und aggressiv!”
“Ich kann die
Frau in der Gemeinde nicht ausstehen!”
“Eine böse
Person hat mich in meiner Jugend misshandelt.”
“Meine Eltern
waren immer missmutig über mich.
Deswegen bin ich innerlich tief verletzt.”
Wer trägt
Schuld an meinem Ärger? Ich oder die
Person, die mich verletzt hat? Bin ich
es oder die Person, die mir Mühe macht?
Bin ich es oder die Person, die mir im Wege steht? Wenn wir beschuldigen, werden wir
zornig. Beschuldigung führt zu
Bitterkeit. Bitterkeit ist ein übler
Geruch in der Seele. Auch wenn man
meint, zu Recht zornig zu sein, schadet es anderen. Der Zorn vergiftet den Körper und macht die
Seelen der Kinder krank. Verärgerte
Menschen sind chronische Beschuldiger.
In Wirklichkeit sind sie zornig gegen Gott. Sie möchten am liebsten ausrufen:
“Gott, warum
lässt du meinen Mann nicht sterben?”
“Warum erlaubst
du es ihm, mich immer wieder zu verletzen?”
“Warum hast du
zugelassen, dass meine Eltern mich verletzten?”
“Warum hast du
zugelassen, dass unser Sohn dieses verdorbene Mädchen heiratete.”
“Warum hast du
zugelassen, dass meine Tochter schwanger wurde?”
“Warum segnest
du die böse Person, die doch nur Strafe verdient hat?”
Bist Du zornig
gegen Gott? Beschuldigst Du ihn? Groll ist zerstörend und ist eigentlich gegen
Gott gerichtet. Wenn man diese Tatsache
erkennt und den Zorn hasst, wie er gehasst werden sollte, wird man sich
selbst beschuldigen. Nur dann wird
man anderen vergeben und Gottes Vergebung annehmen können.
Man muss soweit
kommen, dass man sagt: “Herr, ich bin
eine verärgerte, bittere Person, die verletzende Worte an meine Kinder wegen
ihres kindischen Verhaltens richtet. Ich
bin eine widerspenstige Ehefrau, die ihren Mann beschuldigt und unempfindsam,
ungeistlich und selbstsüchtig ist. Ich
bin ein selbstgerechter Tyrann, der immer andere für das Versagen meiner
Familie beschuldigt. Ich bin
schuldig. Obwohl die Geschwister in der Gemeinde
mich als geistlich und hilfreich einschätzen, riechen sie nur zu wohl den unechten
Geruch, mit dem ich mich für die außerhalb meiner Familie schön gemacht
habe. Ich gebe an, etwas anderes zu
sein, als ich in Wirklichkeit bin. Herr ich
bin sündhaft. Ich hasse, was ich
bin. Ich weiß, dass ich mit meinem
Schmerz und meinem Unwillen versuche, andere in meine Gewalt zu bringen. Von nun an, wenn etwas nicht nach meinem
Willen geschieht oder jemand mich verletzt, will ich beten:
“Herr Jesus, vergib
mir! Mache mich frei von diesem Drang, andere durch meinen Hass in meine Gewalt
zu bringen. Ich möchte mich über deine
Vergebung freuen. Ich glaube, dass ich
in Christus der Sünde gestorben bin. Die Sünde hat nicht mehr die Gewalt über
mich. Ich bin eine neue Kreatur in
Christus. Ich muss nicht sündigen. Ich muss mich nicht ärgern. Ich kann sagen: ‚Danke Herr! Ich habe die Freiheit, wirkliche
Freude und wirklichen Frieden zu genießen.’”
Liebe
Schwestern, solange Ärger und Bitterkeit nicht ausgeräumt sind, werden wir noch
lange für den Segen in unseren Gemeinden und Familien beten können!
Wir können frei sein –
nicht weil wir mit einem vollkommenen Mann verheiratet
sind oder untadelige Kinder haben oder gesegnet sind mit guter Gesundheit oder
eine vollkommene Gemeinde besuchen oder weil wir uns entschieden haben, nicht
mehr bitter zu sein, sondern wenn wir uns ganz und gar Jesus hingegeben haben.
Unsere Freiheit
führt dann zu Dankbarkeit. Und die
Dankbarkeit bringt Freude. Dankbarkeit bringt
zum Ausdruck, wie wir denken.
Freude ist das Resultat. Kinder
gedeihen, wenn sie jeden Tag in Dankbarkeit und Freude gebadet werden.
Wie sieht das
aus? Man übt folgende Redensweise mit
den Kindern:
“Ich bin so
dankbar für mein liebes Töchterchen.“
„Ich preise den
Herrn, dass er mir einen Sohn wie Dich geschenkt hat.“
„Ich bin
dankbar, dass Gott uns einen Vati gegeben hat, der für uns sorgt.“
„Gott hat einen
herrlichen Tag für uns gemacht. Lasst
uns dafür ‚danke’ sagen.”
Während man
kocht, sagt man den Kindern z.B.: “Wir
wollen dem Herrn dankbar sein für die Nahrungsmittel, die er uns gegeben hat,”
u.s.w.
Wenn unser Leben
mit Dank erfüllt ist, unsere Worte mit Dank und wir mit Freude lächeln können,
werden wir merken, dass der Herr einem nahe ist. Das wird bei den Kindern einen Durst und
einen Appetit danach wecken, mit unserem Gott zu wandeln.
Riechst Du ihn, den wunderbaren Duft, der
Freude heißt?
Alle
Bitterkeit und aller Unwille und Zorn
Und
alles Schreien
und
alles schwärzende Gerede über andere
sei
von euch weggetan
und
alle Bosheit.
Werdet
freundlich zueinander, feinfühlig;
vergebt
euch dabei untereinander:
lasst
Gnade walten –
so
wie ja auch Gott gnädig war und euch in Christus vergab.
Die
Liebe ist geduldig, ist freundlich.
Die
Liebe neidet nicht.
Die
Liebe tut nicht groß, ist nicht aufgebläht,
gebärdet
sich nicht in unanständiger Weise,
sucht
nicht das Ihre,
ist
nicht schnell gereizt,
rechnet
das Böse nicht an,
freut
sich nicht über die Ungerechtigkeit,
freut
sich aber mit der Wahrheit.
Sie
deckt alles zu,
glaubt
alles!