Glaube und Wiedergeburt
Wer
da glaubt, dass Jesus sei der Christus, der ist von Gott geboren. Und wer den
liebt, der Ihn geboren hat, der liebt auch den, der von Ihm geboren ist.
1. Johannes 5, 1.
Es
ist für den evangelischen Prediger eine Aufgabe, die viel göttliche
Unterweisung erfordert, sein Amt richtig auszuüben. Außer der Sorgfalt, die er
auf die Art und Weise und auf den Geist der Predigt zu verwenden hat, bedarf er
auch der göttlichen Leitung in der Wahl der Gegenstände seiner Predigt. Ein
schwieriger Punkt ist es, die ganze Wahrheit in richtigem Verhältnis zu
predigen, niemals eine Lehre zu übertreiben, niemals einen Punkt auf Kosten
eines anderen nachdrücklich geltend zu machen, niemals einen Teil
zurückzuhalten oder ihn unnötig in den Vordergrund zu stellen. Das Resultat
seiner Predigt wird sehr von dem Gleichgewicht und von einem rechten Teilen des
Wortes abhängen. In einem Fall gewinnt diese Sache unermessliche Wichtigkeit,
weil sie wesentliche Wahrheiten berührt und es zu sehr ernsten Folgen führen
kann, wenn sie nicht richtig behandelt wird; ich meine die Grundtatsachen, die
mit dem Werk Christi für uns und mit den Wirkungen des Heiligen Geistes in uns
verknüpft sind. Die Rechtfertigung durch den Glauben ist eine Sache, bei der
keine Dunkelheit, viel weniger Zweideutigkeit stattfinden darf; und zu gleicher
Zeit müssen wir deutlich zeigen und bestimmt darauf bestehen, dass die
Wiedergeburt jeder Seele nötig ist, die in den Himmel eingehen soll. Ihr müsst
von neuem geboren werden" ist genauso eine Wahrheit, wie jener klare,
evangelische Ausspruch: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig
werden." Es ist zu befürchten, dass einige eifrige Brüder die Lehre von
der Rechtfertigung durch den Glauben nicht nur so kühn und deutlich, sondern
auch so kahl und so ohne alle Verbindung mit anderer Wahrheit gepredigt haben,
dass sie die Menschen dadurch in vermessene Zuversicht hineinführen, und es
schien, als wenn sie einer sehr zu fürchtenden Art von Antinomianismus ihre
Unterstützung liehen. Eben wegen dieses toten, unfruchtbaren, wirkungslosen
Glaubens mögen wir ernstlich beten: "Behüte uns, lieber Herr Gott",
dennoch mögen wir ihn unbewussterweise fördern. Mehr noch, aufstehen und rufen:
"Glaubt, glaubt, glaubt", ohne zu erklären, was geglaubt werden soll,
das ganze Gewicht bei der Errettung auf den Glauben legen, ohne zu erklären,
was Errettung ist, und ohne zu zeigen, dass sie Befreiung von der Macht der
Schuld der Sünde bedeutet, das mag einem eifrigen Erweckungsprediger das Richtige
erscheinen, aber die, die das Resultat solchen Lehrens beobachten, haben ernste
Ursache, zu fragen, ob nicht mehr Schaden als Gutes dadurch getan wird.
Es
ist unsere aufrichtigste Überzeugung, dass ebensoviel Gefahr in dem anderen
Extrem ist. Wir sind ganz gewiss, dass ein Mensch zu einer neuen Kreatur
gemacht werden muss, sonst ist er nicht errettet; aber einige haben so klar die
Wichtigkeit dieser Wahrheit eingesehen, dass sie immer bei der großen
Veränderung der Bekehrung, ihren Früchten und ihren Folgen verweilen und sich
kaum der frohen Botschaft zu erinnern scheinen, dass der, der an Christus Jesus
glaubt, das ewige Leben hat. Solche Lehrer neigen dazu, einen zu hohen Maßstab
der Erfahrung aufzustellen und so viele Zeichen und Merkmale eines echten
Gotteskindes zu fordern, dass sie aufrichtig Suchende sehr entmutigen und in
eine Art Gesetzlichkeit verfallen, von der wir wiederum sagen können:
"Behüt' uns, lieber Herr Gott." Lasst uns nie vergessen, sehr
deutlich die unzweifelhafte Wahrheit zu bezeugen, dass wahrer Glaube an Jesus
Christus die Seele errettet, denn wenn wir das nicht tun, so werden wir viele
in gesetzlicher Knechtschaft halten, die schon längst Frieden genießen und in
die Freiheit der Kinder Gottes eingehen sollen. Es mag nicht leicht sein, diese
zwei Dinge an ihrem richtigen Platz zu halten, aber wir müssen danach streben,
wenn wir weise Baumeister sein wollen. Johannes tat dies bei seinem Lehren.
Wenn ihr das dritte Kapitel seines Evangeliums lest, so werdet ihr es sehr
bedeutsam finden, dass er, während er ausführlich die Auslegung des Herrn über
die neue Geburt, berichtet, uns in demselben Kapitel auch das gibt, was
vielleicht das deutlichste Stück des Evangeliums in der ganzen Heiligen Schrift
ist: ,Und wie Moses in der Wüste eine Schlange erhöht hat, also muss des
Menschen Sohn erhöht werden, auf dass alle, die an Ihn glauben, nicht verloren
werden, sondern das ewige Leben haben." So besteht er auch in dem uns
vorliegenden Kapitel darauf, dass ein Mensch von Gott geboren werden muss; er
bringt das immer wieder vor, aber stets schreibt er dem Glauben wunderbare
Wirksamkeit zu; er nennt den Glauben als das Kennzeichen der Wiedergeburt, den
Glauben als das, was die Welt überwindet, den Glauben als das, was das innere
Zeugnis besitzt, den Glauben als das, was das ewige Leben hat - in der Tat, es
scheint, als könne er nicht Ehre genug auf den Glauben häufen, während er zu
gleicher Zeit die große Wichtigkeit der mit der neuen Geburt verbundenen
inneren Erfahrung hervorhebt.
Nun,
wenn sich eine solche Schwierigkeit dem Prediger in den Weg legt, so brauchen
wir uns nicht zu wundern, dass sie sich auch bei dem Hörer findet und er viele
Fragen stellt. Wir haben viele gekannt, die dadurch, dass sie beständig die
teure Lehre hörten, dass der Glaube an Christus Jesus errettet, andere
Wahrheiten vergessen und den Schluss gezogen haben, dass sie errettet seien,
wenn sie es nicht waren, und sich eingebildet haben, zu glauben, wenn ihnen die
Erfahrung, die immer den wahren Glauben begleitet, völlig fremd war. Sie haben
sich vorgestellt, Glaube sei gleichbedeutend mit einem Vertrauen auf gesichert
sein in Christus, das weder auf das richtig verstandene göttliche Wort
gegründet, noch durch irgendwelche Tatsachen in ihrer eigenen Seele bewiesen
war. Wenn sie zur Selbsterforschung aufgefordert wurden, so haben sie diese als
einen Angriff auf ihre Zuversicht vermieden, und wenn man sie gedrängt hat,
sich an dem evangelischen Prüfstein zu prüfen, dann haben sie ihren falschen
Frieden durch die Meinung verteidigt, dass es Unglaube sein würde, eine Frage
über die Gewissheit ihrer Seligkeit aufzuwerfen. So, fürchte ich, hat der
Dünkel ihres vorausgesetzten Glaubens an Christus sie in einen fast
hoffnungslosen Zustand gebracht, da sie die Warnungen und Mahnungen des
Evangeliums beiseite geschoben haben in der verhängnisvollen Überzeugung, dass
es nutzlos sei, darauf zu achten, und nur notwendig, den Glauben zu haben, dass
alles schon lange für uns durch Christus getan sei und dass eine göttliche
Furcht und ein sorgfältiger Wandel überflüssig seien, wenn nicht sogar eine
Beleidigung gegen das Evangelium. Andererseits haben wir auch solche gekannt,
welche die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben als einen Teil ihres
Glaubensbekenntnisses aufgenommen hatten, aber es doch nicht als eine wirkliche
Tatsache annehmen, dass der Gläubige errettet sei. Sie fühlen so sehr, dass sie
im Geist ihres Gemüts erneuert werden müssen, dass sie stets in ihrem Inneren
nach Zeugnissen suchen und beständigen Zweifeln unterworfen sind. Sehr
natürlich und häufig singen sie:
"Eines wüsste ich so
gern,
Eines trübt der Seele Licht:
Lieb' ich wirklich meinen Herrn?
Bin ich sein? Bin ich es nicht?"
Das ist eine Klasse von Leuten, die weit mehr zu bemitleiden als zu verurteilen
sind. Obwohl ich der letzte sein möchte im Verbreiten von Unglauben, möchte ich
der erste sein im Einschärfen heiliger Sorge. Es ist eine Sache, wenn jemand
Sorge trägt, zu wissen, dass er wirklich in Christus ist, und eine ganz andere
Sache, wenn er an den Verheißungen Christi zweifelt, vorausgesetzt, dass sie
wirklich für ihn gegeben sind. Es ist in einigen Herzen ein Hang, zu viel nach
innen zu blicken, und mehr Zeit damit zu verbringen, die äußeren Zeugnisse und
inneren Gefühle zu prüfen, als die Fülle und Freiheit der Gnade Gottes in
Christus zu lernen. Sie verdunkeln zu sehr die große evangelische Wahrheit,
dass der Gläubige vor Gott nicht um seiner selbst willen, sondern um Christus
Jesus willen angenommen wird, dass wir durch das Blut Jesu gereinigt sind, dass
wir in die Gerechtigkeit Jesu gekleidet und mit einem Wort "angenommen
sind in dem Geliebten."
Ich
wünsche ernstlich, dass sich diese zwei Wahrheiten in euren Seelen im rechten
Gleichgewicht befinden. Nur der Heilige Geist kann euch dies lehren. Dies ist
ein schmaler Pfad, den "des Adlers Auge nicht gesehen und der Löwin Jungen
nicht betreten." Der, den der Heilige Geist unterweist, wird weder der
Vermessenheit Raum geben und des Heiligen Geistes Werk im Inneren verachten,
noch vergessen, dass die Errettung von dem Herrn Jesus Christus kommt, der
"uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur
Heiligung und zur Erlösung."
Unser
Text scheint mir diese beiden Wahrheiten in schöner Harmonie zu verbinden, und
wir wollen mit Gottes Hilfe versuchen, davon zu reden. "Wer da glaubt,
dass Jesus sei der Christus, der ist von Gott geboren." Wir werden heute
morgen zuerst betrachten, was hier unter Glauben gemeint ist; und dann
zweitens, wie er ein sicherer Beweis der Wiedergeburt ist; und drittens, indem
wir etwas bei dem letzten Teil des Verses verweilen, wollen wir zeigen, wie das
ein Grund zu christlicher Liebe wird. "Und wer da den liebt, der Ihn
geboren hat, der liebt auch Den, der von Ihm geboren ist."
I.
Worin
besteht der im Text gemeinte Glauben? Wir sind zuerst überzeugt, dass das hier
gemeinte "Glauben" das ist, wozu unser Herr und seine Apostel die
Menschen ermahnen und mit dem immer wieder im Wort Gottes die Verheißung des
Heils verknüpft ist; wie z. B. der Glaube, den Petrus einschärfte, als er zu
Kornelius sprach: "Von diesem zeugen alle Propheten, dass durch seinen
Namen alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen;"
und den unser Herr befahl, als Er nach Galiläa kam und den Menschen predigte
und sprach: "Tut Buße und glaubt an das Evangelium." (Markus. 1, 15)
Gewisse
Leute haben zugeben müssen, dass die Apostel den Menschen befahlen und sie
ermahnten und baten, zu glauben, aber sie sagen uns, dass die Art von Glauben,
die die Apostel den Menschen befahlen, kein errettender Glaube war. Nun, Gott
verhüte, dass wir je in unserem Eifer, einen Lieblingssatz zu verteidigen, zu
einer so ungeheuerlichen Behauptung getrieben werden sollten. Können wir uns
auch nur einen Augenblick die Apostel vorstellen, die mit brennendem Eifer, von
dem in ihnen lebenden Geist Gottes inspiriert, in der Welt umhergehen und die
Menschen zu einem Glauben ermahnen, der sie doch nicht errettet? Zu welchem
Zweck wären sie mit einer so fruchtlosen, für die menschliche Bedürftigkeit so
quälenden und so resultatlosen Botschaft ausgegangen? Als unser Herr seine
Jünger in alle Welt zu gehen und das Evangelium aller Kreatur zu predigen
befahl, und hinzufügte: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig
werden," da war der Glaube, der gepredigt werden sollte, offensichtlich
kein anderer, als ein seligmachender Glaube, und es ist leichtfertig, etwas
anderes zu sagen. Ich muss bekennen, dass es mir neulich sehr anstößig war, in
einer Predigt die Bemerkung zu lesen, dass die Worte des Paulus an den
Kerkermeister "in einer Unterhaltung gesprochen seien, die um Mitternacht
unter eigentümlichen Umständen stattfand, und dass der Evangelist, der sie
schrieb, nicht dabei anwesend war." Wie? Wäre es am hohen Mittag gewesen
und wäre die ganze Welt dabei anwesend gewesen, so hätte der Apostel keine
passendere Antwort auf die Frage: "Was soll ich tun, damit ich selig
werde?" geben können, als die, die er gab: "Glaube an den Herrn Jesus
Christus, so wirst du selig." Es ist, ich wiederhole es, eine große
Leichtfertigkeit oder etwas Schlimmeres, zu sagen, dass der von den Aposteln
eingeschärfte Glaube ein bloß menschlicher war, der nicht errettet, und dass
keine Gewissheit da ist, dass solcher Glaube die Seele rettet. Die Sache muss
verzweifelt sein, die eine solche Verteidigung nötig hat.
Weiter: Der hier gemeinte Glaube ist die Pflicht aller Menschen. Lest den Text
noch einmal: "Wer da glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist von Gott
geboren." Es kann niemals weniger sein als die Pflicht des Menschen, die
Wahrheit zu glauben; dass Jesus der Christus ist, das ist die Wahrheit, und es
ist die Pflicht jedes Menschen, daran zu glauben. Ich verstehe hier unter
"glauben" vertrauen auf Christus, und es ist sicherlich die Pflicht
der Menschen, dem zu vertrauen, der des Vertrauens würdig ist, und dass Jesus
Christus des Vertrauens aller Menschen würdig ist, das ist sicher, deshalb ist
es Pflicht, Ihm zu vertrauen. Da die Forderung des Evangeliums ,Glaube an den
Herrn Jesus Christus, so wirst du selig werden," mit göttlicher Autorität
an alle Kreatur gerichtet ist, so ist es die Pflicht jedes Menschen, dies zu
tun. Was sagt Johannes: ,Das ist sein Gebot, dass wir an den Namen seines
Sohnes Jesus Christus glauben," und unser Herr selber versichert uns: "Wer
an Ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon
gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes
Gottes." Ich weiß, es gibt einige, die dies leugnen und es aus dem Grund
leugnen, dass der Mensch nicht die geistliche Fähigkeit habe, an Jesus zu
glauben. Ich erwidere darauf, dass es ganz und gar ein Irrtum ist, sich
einzubilden, dass das Maß der sittlichen Fähigkeit des Sünders das Maß seiner
Pflicht sei. Es gibt viele Dinge, welche die Menschen tun sollten, zu denen sie
jetzt die sittliche und geistliche, obwohl nicht die leibliche, Kraft verloren
haben. Ein Mensch sollte keusch sein, aber wenn er so lange unsittlich gewesen
ist, dass er seine Leidenschaften nicht zügeln kann, so ist er darum nicht frei
von der Verpflichtung. Es ist die Pflicht eines Schuldners, seine Schulden zu
bezahlen, aber wenn er ein solcher Verschwender gewesen ist, dass er sich in
hoffnungslose Armut gebracht hat, so ist er damit nicht seiner Schulden
entledigt. Jeder Mensch sollte das glauben, was wahr ist, aber wenn seine Seele
so verdorben wurde, dass er die Lüge liebt und die Wahrheit nicht annehmen
will, ist er deshalb entschuldigt? Wenn das Gesetz Gottes niedriger gemacht
werden müsste, dem sittlichen Zustand der Sünder angepasst, so würdet ihr ein
Gesetz haben, das wie eine Stufenleiter abgeteilt wäre, um den verschiedenen
Stufen menschlicher Sündhaftigkeit zu passen; in der Tat würde dann der
schlechteste Mensch unter dem geringsten Gesetz sein und folglich am wenigsten
schuldig. Gottes Forderungen würden von veränderlicher Größe sein und in
Wahrheit wären wir unter gar keiner Regel. Das Gebot Christi gilt, wie schlecht
auch die Menschen sein mögen, und wenn Er allen Menschen an allen Enden
gebietet, Buße zu tun, so sind sie verpflichtet, Buße zu tun, ob ihre
Sündigkeit es unmöglich für sie macht, dies zu wollen oder nicht. In jedem Fall
ist es des Menschen Pflicht, das zu tun, was Gott ihm befiehlt.
Zu
gleicher Zeit ist dieser Glaube, wo er existiert, in jedem Fall, ohne Ausnahme,
die Gabe Gottes und das Werk des Heiligen Geistes. Niemals hat ein Mensch mit
dem hier gemeinten Glauben an Jesus geglaubt, wenn nicht der Heilige Geist ihn
dahin geführt hat, es zu tun. Er hat all unsere Werke in uns gewirkt, auch
unseren Glauben. Der Glaube ist eine zu himmlische Gnade, um in der
menschlichen Natur aufzusprießen, ehe sie erneuert ist: Der Glaube ist in jedem
Gläubigen ,die Gabe Gottes." Ihr werdet zu mir sagen: "Stimmen diese
zwei Dinge miteinander überein?" Ich erwidere: "Gewiss, denn sie sind
beide wahr." ,Wie stimmen sie überein?" fragt ihr. "Stimmen sie
nicht überein?" frage ich, und ihr werdet ebenso viele Schwierigkeit
haben, zu beweisen, dass sie nicht übereinstimmen, wie ich, zu beweisen, dass
sie übereinstimmen. Die Erfahrung macht sie übereinstimmend, wenn die Theorie
es nicht tut.
Die
Menschen werden durch den Heiligen Geist von der Sünde überzeugt - "von
der Sünde," sagt Christus, "dass sie nicht an mich glauben;"
hier ist eine der Wahrheiten; aber dieselben Herzen werden von demselben Geist
gelehrt, dass der Glaube die Wirkung Gottes ist. (Kolosser 2, 12) Brüder, seid
bereit, beide Seiten des Schildes der Wahrheit zu sehen. Erhebt euch über den
Kindheitsstand, der nicht zwei Lehren glauben kann, bis er das verbindende
Glied sieht. Hast du nicht zwei Augen, Mann? Musst du unbedingt eins
ausstechen, um klar zu sehen? Ist es unmöglich für dich, ein geistliches
Stereoskop zu gebrauchen und auf zwei Ansichten der Wahrheit zu blicken, bis
sie in eine zusammenschmelzen, und diese eine wirklicher und wahrhafter wird,
weil sie aus zweien zusammengesetzt ist?
Viele
Leute weigern sich, mehr als eine Seite einer Lehre zu sehen, und kämpfen
beharrlich gegen alles, was nicht schon auf der Oberfläche mit ihrer eigenen
Vorstellung vereinbar ist. In dem vorliegenden Fall finde ich es nicht
schwierig, anzunehmen, dass der Glaube zu gleicher Zeit die Pflicht des
Menschen und die Gabe Gottes ist; und wenn andere nicht die zwei Wahrheiten
annehmen können, so bin ich nicht verantwortlich für ihre Ablehnung der einen;
meine Pflicht ist getan, wenn ich sie bezeugt habe. Bis jetzt haben wir nur den
Weg geklärt. Lasst uns fortfahren. Der im Text angezeigte Glaube ruht
offensichtlich auf einer Person - auf Jesus. "Wer da glaubt, dass Jesus
der Christus ist, der ist von Gott geboren." Es ist nicht Glaube an eine
Lehre oder eine Meinung oder eine Formel, sondern Glaube an eine Person.
Übersetzt die Worte: "Wer da glaubt, dass Jesus der Christus ist,"
und sie lauten: ,Wer da glaubt, dass der Heiland der Gesalbte ist, der ist von
Gott geboren." Damit ist sicherlich nicht gemeint , wer da behauptet, zu
glauben, dass Er dies sei, denn viele tun das, deren Leben beweist, dass sie
nicht wiedergeboren sind; sondern: wer dies so glaubt, dass er wahrhaft und
wirklich Jesus annimmt, wie Gott Ihn dargestellt und gesalbt hat, der ist ein
Wiedergeborener.
Was
ist darunter zu verstehen, dass "Jesus der Christus" oder der
Gesalbte ist? Zuerst, dass Er der Prophet ist; zweitens, dass Er der Priester
ist; drittens, dass Er der König seiner Gemeinde ist, denn in diesem dreifachen
Sinn ist Er der Gesalbte. Nun kann ich mir diese Frage vorlegen. Glaube ich
jetzt, dass Jesus der große, von Gott gesalbte Prophet ist, der mir den Weg des
Heils offenbaren soll? Nehme ich Ihn als meinen Lehrer an und gebe zu, dass Er
Worte des ewigen Lebens hat? Wenn ich das glaube, werde ich seinem Evangelium
gehorsam sein und das ewige Leben besitzen. Nehme ich Ihn als den an, der
meiner Seele Gott offenbaren soll, als den Engel des Bundes, den gesalbten Propheten
des Höchsten?
Aber
Er ist auch ein Priester. Nun, ein Priester ist dazu da, Opfer darzubringen;
glaube ich fest, dass Jesu Aufgabe war, das eine Opfer für die Sünden der
Menschheit zu bringen, durch das Er ein für allemal die Versöhnung vollendet
und eine vollständige Versöhnung dargebracht hat? Nehme ich seine Versöhnung
als eine Versöhnung für mich an und seinen Tod als eine Wiedergutmachung, auf
die ich meine Hoffnung der Vergebung aller meiner Sünden gründe? Glaube ich in
Wahrheit, dass Jesus der einzige und alleinige versöhnende Priester ist und
nehme Ihn als den an, der für mich als Priester handelt? Wenn ja, so habe ich
teilweise geglaubt, dass Jesus der Gesalbte ist. Aber Er ist auch König, und
wenn ich zu wissen wünsche, ob ich den rechten Glauben besitze, muss ich
fragen: ,Ist Jesus, der jetzt erhöht im Himmel ist, der einst am Kreuz blutete,
ist Er mein König? Ist sein Gesetz mein Gesetz? Wünsche ich, mich ganz seiner
Herrschaft zu unterwerfen? Hasse ich, was Er hasst, und liebe ich, was Er
liebt? Lebe ich, um Ihn zu preisen? Wünsche ich als loyaler Untertan zu sehen,
dass ,sein Reich komme und sein Wille auf Erden geschehe wie im Himmel?
"Mein lieber Freund, wenn du von Herzen und im Ernst sagen kannst: ,Ich
nehme Jesus Christus von Nazareth als Prophet, Priester und König für mich an,
weil Gott Ihn gesalbt hat, diese drei Ämter zu verwalten; und in jedem von
diesen dreien vertraue ich Ihm aufrichtig," dann, lieber Freund, hast du
den Glauben der Erwählten Gottes, denn es steht geschrieben: "Wer da
glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist von Gott geboren."
Nun
wollen wir ein wenig weitergehen. Wahrer Glaube ist ein Sich-Verlassen. Schlagt
jedes euch beliebige griechische Lexikon auf, und ihr werdet finden, dass das
Wort „pisteuein" nicht bloß glauben bedeutet, sondern vertrauen,
Zuversicht haben, anbefehlen, anvertrauen usw. und der Kern von dem, was
Glauben bedeutet, ist Zuversicht auf, sich verlassen auf jemanden. Lasst mich
also jeden hier Anwesenden fragen, der behauptet, Glauben zu haben: Ist dein
Glaube der Glaube des Sich-Verlassens? Du schenkst gewissen Aussagen Glauben,
setzt du auch Vertrauen auf die eine glorreiche Person, die allein erlösen
kann? Hast du Zuversicht und Führwahrhalten? Ein Glaubensbekenntnis wird dich
niemals erretten, aber dich auf den gesalbten Heiland verlassen, das ist der
Weg des Heils.
Denkt
daran, ich bitte euch, wenn ihr eine vom Irrtum nicht verfälschte Orthodoxie
gelehrt werden könntet, und ein Glaubensbekenntnis auswendig lernen, das von
der Feder des ewigen Gottes selber geschrieben wäre, so würde doch ein solcher
bloß begriffsmäßiger Glaube, wie der, wenn man an die Existenz von Menschen im
Mond oder an das Dasein von Nebelflecken im Raume glaubt, eure Seele nicht
erretten können. Dies wissen wir sicher, weil wir viele um uns her sehen, die
einen solchen Glauben haben und doch offensichtlich nicht Kinder Gottes sind.
Darüber
hinaus ist der wahre Glaube nicht eine sich selbst schmeichelnde Anmaßung, bei
der ein Mann sagt: "Ich glaube, dass ich errettet bin, denn ich habe
solche schöne Gefühle, ich habe einen wunderbaren Traum gehabt, ich habe
wundervolle Empfindungen gehegt;" denn alle solche Zuversicht mag nichts
als bloße Voraussetzung sein. Anmaßung ist nicht Glaube, sondern das Gegenteil von
Glauben; statt eine Zuversicht dessen zu sein, das man hofft, ist sie eine
bloße Vorspiegelung. Der Glaube ist ebenso korrekt wie die Vernunft, und wenn
seine Beweisgründe erwogen werden, ist er so sicher in seinen Schlüssen, als
wenn er sie aus mathematischen Regeln gezogen hätte. Hütet euch, ich bitte euch
darum, vor einem Glauben, der keine Grundlage hat als eure eigene Einbildung.
Der
Glaube ist auch nicht die Überzeugung, dass Christus für mich starb. Ich fühle
mich zuweilen ein wenig im Widerspruch mit dem Vers:
"Grad wie ich bin,
ohn' andern Grund,
Als dass Dein Blut für mich vergossen."
Er ist ungemein passend für ein Kind Gottes, aber ich bin nicht so sicher, dass
es die richtige Weise ist, die Sache dem Sünder darzustellen. Ich glaube nicht
an Jesus, weil ich überzeugt bin, dass sein Blut für mich vergossen wurde;
vielmehr entnehme ich daraus, dass ich zum Glauben an Ihn geführt bin, dass Er
sein Blut speziell für mich vergossen hat.
Ich
fürchte, es gibt Tausende, die glauben, dass Jesus für sie starb, die aber
nicht von Gott geboren sind, sondern vielmehr in ihren Sünden durch ihre
grundlose Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit hart wurden. Es ist keine
besondere Wirksamkeit in der Voraussetzung eines Menschen, dass Christus für
ihn gestorben ist, denn das ist nur eine selbstverständliche Wahrheit, falls es
wahr ist, was einige lehren, dass Jesus für jedermann starb. Nach einer solchen
Theorie würde jeder, der an eine allgemeine Versöhnung glaubt, notwendig von
Gott geboren sein, was aber auf keinem Fall so ist. Wenn der Heilige Geist uns
dahin bringt, dass wir uns auf den Herrn Jesus verlassen, dann wird die
Wahrheit, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an Ihn
glauben, errettet werden, unserer Seele aufgeschlossen, und wir sehen, dass
Jesus für uns, die wir Gläubige sind, in der speziellen Absicht starb, dass wir
errettet werden sollten. Es ist etwas anderes, wenn der Heilige Geist uns
versichert, dass Jesus für uns im besonderen sein Blut vergoss, als wenn wir
bloß vermuten, dass Jesus für uns gestorben sei, und der Gedanke, dass Er für
jedermann gestorben sei, ist so weit wie der Morgen vom Abend, von wahrem
Glauben an Jesus Christus entfernt.
Ebenso
wenig ist es Glaube, wenn ich die Zuversicht habe, dass ich errettet bin, denn
es könnte der Fall sein, dass ich nicht errettet wäre, und es kann niemals
Glaube sein, eine Lüge zu glauben. Viele haben voreilig geschlossen, dass sie
errettet wären, während sie noch in der Galle der Bitterkeit waren. Das war
kein Vertrauen auf Christus, das sie zeigten, sondern eine schlechte, im
höchsten Grade verderbliche Vermessenheit.
Um
auf das zurückzukommen, wovon wir ausgingen, der Glaube ist mit einem Wort ein
Sich-verlassen auf Jesus Christus. Ob der Erlöser für mich im besonderen und
speziellen starb oder nicht, ist nicht die Frage, die zuerst erhoben werden
muss; ich finde, dass Er in die Welt kam, Sünder zu erretten, unter dieser
allgemeinen Beschreibung komme ich zu Ihm, und finde, dass alle, die Ihm
vertrauen, gerettet werden sollen, deshalb vertraue ich Ihm, und nachdem ich
das tat, lerne ich aus seinem Wort, dass ich der Gegenstand seiner besonderen
Liebe bin und dass ich von Gott geboren bin. Bei meinem ersten Kommen zu Jesus
kann ich keine Kenntnis von einem persönlichen und speziellen Anteil an dem
Blut Jesu haben; aber weil geschrieben steht: ,Er ist die Versöhnung für unsere
Sünden; nicht allein aber für unsere, sondern auch für die der ganzen
Welt," so komme ich und vertraue mich dieser Versöhnung an; ob ich sinke
oder schwimme, ich werfe mich auf den Heiland. Großer Sohn Gottes, Du hast
gelebt und bist gestorben, Du hast geblutet und gelitten und die Sünde aller
versöhnt, die Dir vertrauen, und ich vertraue Dir, ich lehne mich an Dich, ich
werfe mich auf Dich. Nun, wer solchen Glauben hat, wie diesen, der ist von Gott
geboren, er hat wahren Glauben, der ein sicherer Beweis der neuen Geburt ist.
Richtet deshalb, ob ihr diesen Glauben habt oder nicht.
Lasst
mich noch eine Minute länger dabei verweilen. Der wahre Glaube wird in der Schrift
durch Sinnbilder dargestellt, und ein paar davon wollen wir erwähnen. Es war
ein ausgezeichnetes Vorbild des Glaubens, als der hebräische Vater in Ägypten
das Lamm schlachtete und das warme Blut in einem Becken auffing, dann ein
Büschel Ysop nahm, es in das Blut tauchte, beide Pfosten der Tür damit bestrich
und dann ein rotes Zeichen an der obersten Schwelle machte. Dieses Bestreichen
mit Blut zeigte den Glauben an. Die Befreiung wurde durch Blut bewirkt; und das
Blut half dadurch, dass der Hausvater persönlich es über seine Tür strich. Der
Glaube tat das; er nimmt von dem, was Christus gehört, macht es zu seinem
eigenen, besprengt die Seele sozusagen mit dem teuren Blut, nimmt die Weise der
Barmherzigkeit an, nach welche der Herr an uns vorübergeht und sein Volk vor
dem Verderben verschont.
Der
Glaube wurde den Juden noch auf andere Weise gezeigt. Wenn ein Tier zum
Sündopfer dargebracht wurde, so legten die Priester und die Vertreter der
Stämme oder der Opfernde selber die Hände auf das Opfer zum Zeichen dafür, dass
sie wünschten, ihre Sünde auf es zu übertragen, damit es für sie, als Vorbild
des großen Stellvertreters, leiden möchte. Der Glaube legt seine Hand auf Jesus
mit dem Wunsch, dass sein stellvertretender Tod Ihm zugute kommen möge.
Eine
noch merkwürdigere Darstellung des Glaubens war die des heilenden Blickes der
von der Schlange gebissenen Israeliten. An einer hohen Stange inmitten des
Lagers befestigte Moses eine eherne Schlange; hoch über allen Zelten glänzte
diese Schlange in der Sonne, und wer von der sterbenden Menge sie nur ansehen
wollte, der blieb leben. Ansehen war eine sehr einfache Handlung, aber sie
zeigte an, dass der Mann dem Befehl Gottes gehorsam war. Er sah an, wie ihm
befohlen war, und die Heilkraft kam von der ehernen Schlange durch einen Blick.
So
ist der Glaube. Er ist die einfachste Sache in der Welt, aber er zeigt sehr
viel mehr an, als auf der Oberfläche zu sehen ist: "In einem Blick auf Den
am Kreuz ist Leben." An Jesus glauben ist nur ein Blick des Glaubensauges
auf Ihn, Ihm die Seele anvertrauen.
Jene
arme Frau, die in dem Gedränge von hinten zu unserm Heiland trat, bietet uns
ein anderes Bild vom Glauben. Sie sprach: "Wenn ich nur sein Kleid
anrührte, so würde ich gesund." Sie nahm keine Arzneien, legte kein Bekenntnis
ab, vollzog keine Zeremonie, sondern rührte nur den Saum des Kleides Jesu an
und wurde sofort geheilt. O Seele, wenn du in Berührung mit Christus kommen
kannst durch ein einfaches Vertrauen auf Ihn, wenn es auch noch so schwach ist,
so hast du den Glauben der Auserwählten Gottes; du hast den Glauben, der in
jedem Falle das Zeichen der neuen Geburt ist.
II.
Wir
müssen nun weiter gehen, um zu zeigen, dass der Glaube, wo immer er existiert,
der Beweis der Wiedergeburt ist. Es war niemals ein Körnchen solchen Glaubens
in der Welt, ausgenommen in einer wiedergeborenen Seele, und wird niemals
anderswo sein, solange die Welt steht. Es verhält sich so nach unsrem Texte,
und wenn wir kein anderes Zeugnis hätten, so wäre diese eine Stelle genug, es
zu beweisen. "Wer da glaubt, dass Jesus der Christus ist, der ist von Gott
geboren."
"Ach!"
höre ich dich sagen, arme Seele, "die neue Geburt ist ein großes
Geheimnis; ich verstehe es nicht; ich fürchte, ich habe keinen Anteil
daran." Du bist wiedergeboren, wenn du glaubst, dass Jesus der Christus
ist, wenn du dich auf einen gekreuzigten Heiland verlässt, so bist du sicher
"wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung." Geheimnis oder nicht,
die neue Geburt ist dein, wenn du ein Gläubiger bist. Habt ihr je beachtet, dass
die größten Geheimnisse sich durch die einfachsten Anzeichen offenbaren? Die
Einfachheit und scheinbare Leichtigkeit des Glaubens ist kein Grund, warum ich
seine Existenz nicht als ein unfehlbares Anzeichen der neuen Geburt ansehen
sollte. Wie wissen wir, dass das neugeborene Kind lebt, ausgenommen durch sein
Schreien? Doch eines Kindes Schrei - was für ein einfacher Ton ist er! wie
leicht könnte er nachgeahmt werden! Ein geschickter Arbeiter könnte uns mit
Röhren und Fäden leicht täuschen; dennoch gab es nie eines Kindes Schrei in der
Welt, der nicht die Geheimnisse des Atmens, des Herzschlages, des Blutumlaufes
und all der anderen Wunder, die mit dem Leben selbst kommen, angezeigt hätte.
Seht ihr jene Person, die eben aus dem Fluss gezogen wird? Lebt sie? Ja, Leben
ist da. Warum? Weil die Lungen sich noch heben. Aber scheint es nicht eine
leichte Sache zu sein, zu machen, dass die Lungen sich heben? Ein Blasebalg,
der hineinbläst, könnte der nicht die Bewegung erzeugen? O ja, die Sache ist
leicht nachgeahmt in einer gewissen Art; aber keine Lungen heben sich, wo kein
Leben ist, kein Blut wird aus und zu dem Herzen gepumpt, wo kein Leben ist.
Nehmt eine andere Illustration. Geht in ein Telegraphenbüro, so werdet ihr
Nadeln sehen, die in unaufhörlichem Zickzack sich nach rechts und links
bewegen. Elektrizität ist ein großes Wunder, und ihr könnt sie nicht sehen oder
fühlen; aber der Telegraphist sagt euch, dass der elektrische Strom sich durch
den Draht bewegt. "Woher wissen Sie das?" "Ich weiß es durch die
Nadel." "Wieso? Ich könnte die Nadeln leicht bewegen." "Ja,
aber seht ihr nicht, dass die Nadel zwei Bewegungen nach rechts, eine nach
links und dann wieder zwei nach rechts gemacht hat. Ich lese eine
Botschaft." "Aber," sagt ihr, "ich kann nichts darin sehen;
ich könnte diesen Zickzack und diese Bewegung leicht nachahmen." Doch der,
der die Kunst gelernt hat, sieht in diesen Nadeln nicht nur elektrische
Tätigkeit, sondern ein noch tieferes Geheimnis vor sich; er bemerkt, dass
jemand diese unsichtbare Kraft leitet und durch sie spricht.
Nicht
allen, sondern den Eingeweihten ist es gegeben, das in der einfachen Sache
verborgene Geheimnis zu sehen. Der Gläubige sieht in dem Glauben, der einfach
wie die Bewegung der Nadel ist, ein Anzeichen, dass Gott auf den menschlichen
Geist wirkt, und der geistliche Mensch nimmt wahr, dass dadurch ein Geheimnis
angedeutet wird, welches das fleischliche Auge nicht entziffern kann. An Jesus
glauben ist ein besseres Anzeichen der Wiedergeburt als irgend etwas anderes
und hat niemals jemanden in die Irre geleitet. Der Glaube an den lebendigen
Gott und seinen Sohn Jesus Christus ist stets das Ergebnis der Neugeburt und
kann nirgends anders existieren als in Wiedergeborenen. Wer da Glauben hat, ist
ein Erretteter.
Ich
bitte euch, mir ein wenig in dieser Beweisführung zu folgen. Ein gewisser
Theologe hat kürzlich gesagt: "Der Akt des Glaubens ist nicht dasselbe wie
die Errettung des Menschen; er ist nur in der Richtung darauf hin." Dies
heißt soviel wie leugnen, dass jeder, der an Christus glaubt, sofort errettet
ist; und die Folgerung ist, dass ein Mensch nicht schließen dürfe, dass er
errettet sei, weil er an Jesus glaubt. Nun beachtet, wie sehr dies der Schrift
widerspricht. Es ist nach dem Wort Gottes sicher, dass der, der an Jesus
glaubt, nicht gerichtet wird. Lest Johannes 3, 18 und viele andere Stellen.
"Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet." Nun, wird nicht jeder
Unwiedergeborene gerichtet? Ist nicht ein Mensch, der nicht gerichtet wird, ein
Erretteter? Wenn ihr auf göttliche Autorität hin sicher seid, dass der Gläubige
nicht gerichtet wird, wie im Namen alles dessen, was vernünftig ist, könnt ihr
denn leugnen, dass der Gläubige errettet sei? Wer nicht gerichtet wird, was hat
der zu fürchten? Kann er nicht mit Recht davon ausgehen, dass er Frieden mit
Gott durch unsern Herrn Jesus Christus hat, da er durch den Glauben gerecht
geworden ist?
Beachtet
zweitens, dass von dem Glauben in dem vierten Vers des vorliegenden Kapitels
gesagt wird, dass er die Welt überwindet. "Unser Glaube ist der Sieg, der
die Welt überwunden hat." Wie überwindet denn der Glaube die Welt in
Menschen, die nicht errettet sind? Wie kann das möglich sein, wenn der Apostel
sagt, dass das, was die Welt überwindet, von Gott geboren ist? Lest den vierten
Vers: "Alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt": aber
der Glaube überwindet die Welt; und deshalb ist der Mensch, der Glauben hat,
wiedergeboren; und was bedeutet das, als dass er errettet ist, und dass sein
Glaube das Werkzeug ist, durch das er den Sieg erlangt? Doch weiter: Der Glaube
nimmt das Zeugnis Gottes an, und mehr noch, wer Glauben hat, der hat das
Zeugnis für die Wahrheit Gottes in sich selbst. Lest den zehnten Vers desselben
Kapitels: "Wer da an den Sohn Gottes glaubt, der hat dieses Zeugnis bei
ihm." Es heißt nicht: "Wer da dies oder jenes fühlt," sondern:
"Wer da glaubt, der hat dieses Zeugnis bei ihm," sein Herz legt
Zeugnis ab von der Wahrheit Gottes.
Hat
irgendein Unerretteter ein erfahrungsmäßiges Zeugnis in sich? Wollt ihr mir sagen,
dass die innere Erfahrung eines Menschen Zeugnis von dem Evangelium Gottes
ablegt, und dass der Mensch doch in einem verlorenen Zustand ist oder nur
Hoffnung hat, schließlich errettet zu werden? Nein, das ist unmöglich. Wer
glaubt, in dem ist jene Veränderung gewirkt, die ihn in den Stand setzt, durch
sein eigenes Bewusstsein das Zeugnis Gottes zu bestätigen, und ein solcher Mann
muss ein Erretteter sein. Es ist nicht möglich, zu sagen, dass er ein
Nicht-Erretteter sei.
Beachtet
auch im dreizehnten Vers dieses Kapitels, dass der Glaube auch das ewige Leben
ist; die Worte lauten: "Dies habe ich euch geschrieben, die ihr an den
Namen des Sohnes Gottes glaubt, damit ihr wisst, dass ihr das ewige Leben
habt." Unser Herr selber und seine Apostel haben an verschiedenen Stellen
erklärt: "Wer an Ihn glaubt, der hat das ewige Leben." Sagt mir
nicht, dass ein Sünder, der an Jesus glaubt, einen Fortschritt machen muss, ehe
er sagen kann, dass er errettet sei; dass ein Mensch, der Christus vertraut,
nur auf dem Weg der Errettung sei und warten muss, bis er die befohlenen
Handlungen vorgenommen und in der Gnade gewachsen sei, ehe er wissen kann, dass
er errettet ist. Nein, in dem Augenblick, wo der Sünder sein Vertrauen auf das
vollbrachte Werk Jesu setzt, ist er errettet. Himmel und Erde mögen vergehen,
aber dieser Mann wird nie umkommen. Wenn ich nur vor einer Sekunde dem Heiland
vertraut habe, bin ich sicher; ganz so sicher wie der Mann, der schon fünfzig
Jahre an Jesus geglaubt und die ganze Zeit über rechtschaffen gewandelt hat.
Ich
sage nicht, dass der Neubekehrte so glücklich ist oder so nützlich oder so
heilig oder so reif für den Himmel, aber ich sage, dass das Wort: "Wer an
Ihn glaubt, der hat das ewige Leben," eine Wahrheit ist, die allgemein
gilt, ebenso sehr von dem Kind im Glauben wie von dem Mann, der "das Maß
des vollkommenen Alters Christi" erreicht hat. Es ist, wie wenn das
Kapitel in der Absicht geschrieben wäre, dem groben Irrtum zu widersprechen,
dass der Glaube keine augenblickliche Errettung bringe. Darum erhebt es den
Glauben wieder und immer wieder; ja, und ich kann hinzufügen, unser Herr selbst
krönt den Glauben, weil der Glaube nie die Krone trägt, sondern alle Ehre dem
teuren Erlöser bringt.
Nun
lasst mich ein paar Worte in Erwiderung auf einige Fragen sagen. Aber muss
nicht ein Mensch sowohl Buße tun als auch glauben? Antwort: Niemand hat je
geglaubt, ohne dass er zur selben Zeit auch Buße getan hat. Glaube und Buße
gehen zusammen. Sie müssen es. Wenn ich Christus vertraue, dass Er mich von der
Sünde retten wird, so tue ich zu gleicher Zeit Buße für die Sünde, und mein
Sinn ist in bezug auf die Sünde und auf alles andere, was damit zusammenhängt,
geändert. Alle Früchte der Buße sind im Glauben selbst enthalten. Ihr werdet
niemals finden, dass ein Mensch, der Christus vertraut, ein Feind Gottes bleibt
oder ein Liebhaber der Sünde. Die Tatsache, dass er die angebotene Versöhnung
annimmt, ist ein sicherer Beweis dafür, dass die Sünde ihn anwidert und dass
sein Herz in bezug auf Gott ganz verändert ist. Mehr als das, ist nicht alle
Gnade, die sich später in dem Christen finden, dem Keim nach schon in dem
Glauben enthalten? "Glaube nur, so .sollst du errettet werden," ist
der Ruf, über den viele hohnlächeln und den andere missverstehen; aber wisst ihr,
was "nur glauben" bedeutet? Wisst ihr, was für ein umfassender Sinn
in dem Worte liegt? Lest jenes berühmte Kapitel an die Hebräer, und seht, was
der Glaube getan hat und wozu er noch fähig ist, zu tun, und ihr werdet sehen,
dass es keine Kleinigkeit ist. Wo immer Glauben in einem Menschen ist, da
braucht er sich nur zu entwickeln, dann wird eine Reinigung von der Sünde da
sein, eine Absonderung von der Welt, ein Kampf mit dem Bösen und ein Streiten
für die Ehre Christi, wie es durch nichts anderes erzeugt werden könnte. Der
Glaube ist an sich eine der edelsten Gnaden; er ist der Inbegriff aller
Tugenden; und wie manchmal in einer einzigen Ähre genug Samen liegt, einen
ganzen Garten fruchtbar zu machen, so liegt in diesem einen Wort
"Glaube" genug Tugend, um die ganze Erde gesegnet zu machen; Gnade
genug, wenn der Geist Gottes ihn wachsen lässt, um den Gefallenen in den
Vollkommenen zu wandeln. Der Glaube ist nicht das leichte Ding, für das die
Menschen ihn halten. Fern liegt es uns, das Heil dem bloßen Bekenntnis gewisser
Lehren zuzuschreiben, der Gedanke ist uns schon zuwider; ebenso wenig schreiben
wir das Heil demjenigen zu, der sich selbst einredet, dass er es besitzt; aber
wir schreiben das Heil Jesus Christus zu, und seine Erlangung jener einfachen kindlichen
Zuversicht, die sich voll Liebe in die Arme Dessen wirft, der seine Hände den
Nägeln hingab und bis zum Tod für die Sünde seines Volkes litt. Wer so glaubt,
ist errettet - darüber seid sicher. "Wer da glaubt, dass Jesus der
Christus ist, der ist von Gott geboren."
III.
Nun,
was folgt aus all dem? Liebe ist die ganz natürliche Folge! Wir müssen, wenn
wir von Gott gezeugt sind, alle die lieben, die auch von Gott geboren sind.
Es
würde eine Beleidigung für euch sein, wenn ich beweisen würde, dass ein Bruder
seinen Bruder lieben sollte. Lehrt uns nicht schon die Natur das? Die also, die
von Gott geboren sind, sollten alle Hausgenossen Gottes lieben. Und wer ist
das? Nun, alle die, die glauben, dass Jesus der Christus ist und ihre Hoffnung
auf den setzen, auf den wir die unsere setzen, nämlich auf Christus, den
Gesalbten Gottes. Wir sollen sie alle lieben. Wir sollen dies tun, weil wir von
einer Familie sind. Wir glauben, und deshalb sind wir von Gott geboren. Lasst
uns handeln als Glieder der göttlichen Familie; lasst uns es für ein Vorrecht
halten, dass wir als Hausgenossen aufgenommen sind und uns freuen, die
lieblichen Verpflichtungen unserer hohen Stellung zu erfüllen. Wir blicken uns
um und sehen viele andere, die an Jesus Christus glauben; lasst uns sie lieben,
weil sie zur Verwandtschaft gehören.
"Aber
einige sind ungesund in der Lehre, sie sind in groben Irrtümern über die
Anordnungen des Herrn befangen." Wir sollen ihre Fehler nicht lieben und
sollen auch nicht erwarten, dass sie die unseren lieben, aber wir sollen
ungeachtet dessen ihre Personen lieben, denn "wer da glaubt, dass Jesus
der Christus ist, der ist von Gott geboren," und deshalb gehört er zur
Familie, und wie wir den Vater lieben, der uns gezeugt hat, müssen wir alle die
lieben, die von Ihm gezeugt sind. Zuerst liebe ich Gott, und deshalb wünsche
ich, Gottes Wahrheit zu fördern und Gottes Evangelium frei von Verderbnis zu
halten. Aber dann soll ich alle die lieben, die von Gott geboren sind, trotz
der Schwächen und Irrtümer, die ich in ihnen sehe, da ich auch mit Schwächen
behaftet bin. Das Leben ist der Grund der Liebe, das gemeinsame Leben, das sich
durch den gemeinsamen Glauben an den Erlöser darstellt, soll uns
zusammenbinden.
Lasst mich die Mitglieder dieser Gemeinde bitten, einander in Liebe zu begegnen. Sind einige Schwache unter euch? Tröstet sie. Sind einige da, die der Unterweisung bedürfen? Bringt eure Kenntnis zu ihrer Hilfe. Sind einige in Not? Steht ihnen bei. Sind sie rückfällig? Helft ihnen wieder, auf den rechten Weg zu kommen. "Kindlein, liebt einander," ist die Regel in Christi Familie; mögen wir sie beobachten. Möge die Liebe, die in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben wurde, ausgegossen ist, sich durch unsere Liebe zu allen Heiligen offenbaren. Und denkt daran: Er hat noch andre Schafe, die nicht aus diesem Stall sind, die muss Er auch herführen. Lasst uns die lieben, die noch hereingeführt werden sollen und sofort in Liebe ausgehen, sie zu suchen; welchen Dienst Gott uns auch zugewiesen haben mag, lasst uns mit liebevollen Augen nach unseren verlorenen Brüdern suchen, und wer weiß, ob wir nicht noch heute einige in die Familie hineinführen, über die Freude vor den Engeln Gottes sein wird, weil die Verlorenen gefunden sind. Gott segne und tröste euch, um Jesus Christus willen. Amen.