Von
all den Liedern, die ich meine Kleinen je habe singen hören, gefällt mir eines
immer am besten – es schließt mit den Worten:
„Und will mir's nicht gleich gelingen,
so versuch’ ich’s noch einmal.“
Ich empfehle es auch
erwachsenen Leuten, die den Mund hängen lassen und verzweifeln zu müssen
meinen. Niemand weiß, was er tun kann, bis er es versucht hat. „Jetzt kommen
wir durch“, sagte Emil zu Franz, als sie das letzte Stück Pudding verzehrten.
Aller Anfang ist schwer, aber ein wenig Versuchs-Öl in die Hand und ins Herz
gerieben, macht alles leichter.
„Kann ich nicht“
bleibt im Dreck stecken, aber „Ich will’s versuchen“ zieht den Wagen bald aus
dem Loch heraus. Der Fuchs sprach: „Ich will’s versuchen.“ und entkam den
Hunden, als sie schon beinahe nach ihm schnappten. Die Bienen sagten: „Wir
wollen es versuchen“, und verwandelten Blumen in Honig. Das Eichhörnchen sagte:
„Ich will's versuchen“, und kletterte auf die Spitze der Eiche hinauf. Das
Schneeglöckchen sagte: „Ich will's versuchen“, und blühte mitten im kalten
Winterschnee. Die Sonne sagte: „Ich will’s versuchen“, und bald warf der
Frühling den Junker Frost aus dem Sattel. Die junge Lerche sprach: „Ich will's
versuchen“, und entdeckte bald, dass ihre neuen Flügel sie über Hecken und
Gräben hoben – hoch hinauf, wo ihr Vater sang. Der Ochse sprach: „Ich will's
versuchen“, und pflügte das ganze Feld von einem Ende bis zum anderen durch.
Für „Ich will's versuchen“ ist es kein Hügel zu steil, kein Boden zu hart, kein
Feld zu nass, kein Loch zu groß.
„Die größten Eichen
fällt man mit kleinen Streichen.“
Spaten
für Spaten schafften die Arbeiter den Durchstich, bohrten sie einen großen
Tunnel mitten durch den Berg, warfen sie den Deich auf. „Steter Tropfen höhlt
den Stein.“
Was
Menschen getan haben, können Menschen wieder tun, und was noch nicht geschehen
ist, mag noch geschehen. Aus Ackerknechten sind schon Edelmänner geworden,
Schuster haben aus ihren Klopfsteinen Gold gemacht, und aus Schneidern sind
Parlamentsmitglieder geworden. Kremple nur die Ärmel auf, kleiner
Hoffnungsvoll, und mach dich ans Werk. Wo ein Wille ist, da findet sich auch
ein Weg. Die Sonne scheint für alle Welt. Vertraue auf Gott und arbeite tüchtig
und sieh zu, ob sich nicht die Berge bewegen werden. Warte nicht darauf, dass
du Glück haben wirst; das hatte der Narr, als er soviel Pudding bekam, wie er
essen wollte, und sich davon den Tod holte. Das beste Glück in der ganzen Welt
macht man aus Gelenk-Öl und Festigkeit-Pflaster.
Warte nicht auf
fremde Hilfe; versuch es mit diesen beiden alten Freunden: deinen starken
Armen. Selbst ist der Mann. Wenn der Fuchs Federvieh für seine Jungen haben
will, muss er die Hühner selbst nach Hause tragen. Keiner seiner Freunde kann
dem Hasen helfen; er muss selber um sein Leben laufen, oder es packen ihn die
Hunde. Jeder Mensch muss seinen eigenen Sack zur Mühle tragen. Du musst deine
eigenen Schultern gegen den Wagen stemmen und sie immerzu daran halten, denn es
sind genug Löcher in der Straße. Willst du aber warten, bis alle Straßen
gepflastert sind, so wirst du zum Skelett abmagern. Willst du solange sitzen
bleiben, bis dich die großen Leute auf den Rücken nehmen, so kannst du solange
sitzen, bis du angewachsen bist. Deine eigenen Füße sind besser als Stelzen.
Erwarte nicht Hilfe von anderen, sondern traue auf Gott und halte dein Pulver
trocken.
Weine nicht darüber,
dass du keine guten Chancen oder nicht genug Mittel zum Anfang hast. Wirft
jemand einen verständigen Menschen hinaus, so wird der auf seine Füße fallen
und sich nach dem kürzesten Weg erkundigen, auf dem er zu seiner Arbeit kommen
kann. Je mehr du hast zum Anfangen, desto weniger wirst du am Ende haben. Geld,
das man selbst verdient, glänzt mehr und ist angenehmer, als was man aus den
Beuteln Verstorbener nimmt. Ein kärgliches Frühstück am Morgen des Lebens reizt
den Appetit zu einem reichen Mahl späterhin. Wer einen sauren Apfel gekostet
hat, wird um so mehr Geschmack an einem süßen finden. Manch ein Hausierer hat
sein Geschäft mit fünfzehn Groschen eröffnet und hat sie so oft umgesetzt, bis
er eigene Pferde und Wagen hatte.
Klage nicht über den
Ort, an dem du zu wohnen hast. Du brauchst kein Pferd zu sein, weil du in einem
Stall geboren bist. Ein strebsamer junger Mann mit gesundem Verstand wird da
viel Geld verdienen, wo andere nichts zustande bringen, als es zu verlieren.
Wer fleißig ist und spart sein Geld,
kommt fort an jedem Ort der Welt.
Ein wenig Mühe ist
freilich damit verbunden; aber wer hat je Kirschen ohne Kerne und Rosen ohne
Dornen gefunden? Wer gewinnen will, muss tragen lernen. Faulheit liegt im Bett
und hat Bauchgrimmen, während Fleiß Gesundheit und Reichtum gewinnt. Der Hund
in der Hütte bellt die Fliegen an, der Jagdhund weiß gar nicht, dass es welche
gibt. Trägheit wartet, bis der Fluss trocken geworden ist, und kommt gar nicht
zum Markt hin. „Ich versuch’s“ schwimmt hinüber und macht die besten Geschäfte.
Kannichnicht konnte nicht das Butterbrot essen, das für ihn abgeschnitten worden
war, aber Ich-versuch's machte sich Brot aus Pilzen.
Jeder, der nicht von
der Stelle kommt, schiebt die Schuld auf seine Konkurrenten. Als der Weizen
gestohlen worden war, so hatten es die Ratten getan. Es ist immer bequem, einen
Sündenbock zu haben, dem man die Schuld aufbürgen kann. Indessen, gute Arbeiter
sind immer gefragt. Eine Maus findet ein Loch, wenn auch noch so viele Katzen
im Zimmer sind. In der schlechtesten Bude auf dem Markt lässt sich ein Pfennig
verdienen. Kein Barbier rasiert einen so sauber, dass nicht ein zweiter Barbier
noch etwas zu tun fände. Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser sein
könnte, und wer das Beste liefert, bekommt die Bestellung. Die neuen Maschinen
würden uns alle an den Bettelstab bringen, so haben's die Propheten in der
Schankstube immer verkündet. Jedoch haben statt dessen alle diese Dresch-,
Ernte- und Heumache-Maschinen nur denen zu desto besserem Verdienst verholfen,
die darauf zu arbeiten verstanden. Wer eine Seele hat, die immer am Boden
liegt, mag wohl erwarten, dass er arm bleiben werde. Wer aber seinen
Verstandkasten aufmacht und sich bald hier, bald da etwas Kenntnisse sammelt,
wird vorwärts kommen, wenn er vorher auch noch so unwissend war. „Es sind
schlechte Zeiten“, heißt es immer; allerdings, und wenn man gaffend und
träumend umhergeht, so werden die Zeiten für immer schlecht sein.
Viele kommen deshalb
nicht vorwärts, weil sie sich nicht dazu aufraffen können, einen Anfang zum
Besseren zu machen. Wie sie die ersten paar Taler sparen können, da liegt ihre
Schwierigkeit. Darum heißt es: „Frisch gewagt, ist halb gewonnen.“ Wirf den
Bierkrug weg, zieh die Flagge: „Ich versuch's“ auf, mach dich ans Werk, und
dann fort mit dem Ersparten zur Sparkasse – und es wird noch etwas aus dir
werden! Arme Schlucker werden immer dann arm bleiben, wenn sie denken, daß sie
es sein müssen. Man kann emporkommen, wenn man früh genug hinterher ist und
nicht erst wartet, bis man eine Frau und ein halbes Dutzend Kinder hat; ist das
bereits der Fall, so trägt man zuviel Gewicht im Wettlauf bei sich und muss
meistens zufrieden sein, wenn es für Nahrung und Kleidung der Kleinen reicht.
Einige Hennen scharren freilich nur um so besser, wenn sie einen großen Schwarm
Küken um sich haben. Jungen Leuten mag es schwer sein, den Hügel zu erklimmen,
doch steht ihnen der Weg dazu offen, und wenn ein tapferes Herz und ein steiler
Berg zusammen kommen, steht man bald oben. Nach getaner Arbeit ist gut ruhen.
Wenn die jungen Leute in frühen Jahren tüchtig arbeiten, einfach leben und ihr
Geld sparen wollten, so brauchten sie nicht ihr Leben lang Steine zu klopfen,
wie so viele es tun. Schon der Ökonomie wegen sollten sie enthaltsam sein:
Wasser ist das stärkste Getränk, treibt es doch Mühlenräder. Es ist das
Getränk, dessen sich Löwen und Pferde bedienen und Simson hat nie etwas anderes
getrunken. Aus dem Bier- und Brandweingeld ließe sich bald ein Haus erbauen.
Wenn man etwas Gutes
in der Welt will, so wende man ebenfalls die Losung an: „Ich will's versuchen.“
Es gibt viele Weisen, Gott zu dienen, und einige, die genau für dich passen
werden wie ein Schlüssel ins Schloss. Halte mit deinem Zeugnis nicht zurück,
weil du kein Hofprediger bist; sei zufrieden, mit Zweien oder Dreien in einer
Hütte zu reden – auch auf kleinen Feldern kann sehr guter Weizen wachsen. Man
kann ebenso gut in kleinen Töpfen kochen wie in großen. Kleine Brieftauben
können große Botschaften überbringen. Auch ein kleiner Hund kann einen Dieb
anbellen, seinen Herrn aufwecken und das Haus retten. Auch ein Funke ist Feuer.
Ein Satz göttlicher Wahrheit trägt den ganzen Himmel in sich. Tue, was du tust,
mit Freundlichkeit, bete dafür von ganzem Herzen und stelle den Erfolg Gott
anheim.
Leider
ist guter Rat bei vielen weggeworfen wie guter Same auf nackten Felsen. Man
lehre eine Kuh sieben Jahre lang, und doch wird sie nie singen lernen. Von
einigen scheint das Wort zu gelten, dass, als sie geboren wurden, Salomo an
ihrer Tür vorüberging und nicht hineinsehen wollte. Ihr Wappen ist eine
Narrenkappe auf einem Eselskopf. Sie schlafen, wenn es Zeit ist zu pflügen, und
weinen, wenn die Ernte kommt. Sie essen alle Rüben zum Abendbrot auf und
wundern sich, dass keine zum Frühstück übrig sind. Wenn das, was im Maischefaß
gelangt, in den Backtrog käme, so würden viele Familien besser genährt und
besser gelehrt werden.
„Ich versuch's!“ Spräch' jeder so,
Läg' so mancher nicht auf Stroh;
Stürb' sobald noch nicht vor Mangel,
Kriegt' bald Fische an die Angel;
Macht' sich fett im Stall ein Schwein,
Hört' nicht Weib und Kinder schrein'n;
Not und Mangel flögen fort,
Bettler säh' man nicht am Ort:
'S ging nicht mehr so sehr verkehrt,
Freud' wär' dir und mir beschert!