Eier sind Eier, aber
einige sind faul; und Hoffnungen sind Hoffnungen, aber einige sind eitle
Träume. Die Hoffnung des sanguinischen Menschen fährt in einem Nu in die Höhe wie
das Schachtelmännchen – wie von einer Feder in Bewegung gesetzt, aber nicht von
der Vernunft. So oft dieser Mensch aus dem Fenster sieht, sieht er bessere
Zeiten kommen. Obwohl sie fast nur von seinem Auge und sonst von niemand
wahrgenommen werden, so ist es doch eine viel schönere Gewohnheit, Plumpudding
im Mond zu entdecken, als über alles zu quaken wie ein zweibeiniger Frosch. Mit
solch einem Kameraden kann man in rabenschwarzer Nacht, wenn es in Strömen
regnet, gut unterwegs sein, denn er trägt Lichter in seinen Augen und eine
Wärmflasche in seinem Herzen. Nimmt man sich nur davor in acht, dass man sich
nicht von ihm irreleiten lässt, so kann man getrost mit ihm Gemeinschaft haben.
Sein Fehler ist, dass er seine Küken zählt, ehe sie ausgebrütet sind, und dass
er seine Heringe verkauft, ehe er sie im Netz hat. Aus all seinen Spatzeneiern
müssen notwendigerweise wenigstens Drosseln, wenn nicht gar Rebhühner und
Fasane herauskommen. Der Sommer ist schon da, denn er hat eine Schwalbe
gesehen! Er ist sicher, dass er in seinem neuen Laden sein Glück machen wird;
denn kaum hatte er die Tür fünf Minuten auf, als zwei seiner Nachbarn
hereinstürzten, von denen der eine ein Brot geliehen und der andere einen Taler
gewechselt haben wollte. Er ist überzeugt, dass der Gutsherr sein Kunde werden
wird, denn er hat gesehen, dass jener den Namen über der Ladentür gelesen hat,
als er vorüberritt. Dass „zwischen Lipp' und Kelchesrand schwebt der finstern
Mächte Hand“, glaubt er nicht, sondern macht aus jedem Vielleicht ein Gewiss.
Nun, du treue Seele, bist du auch bisweilen ein bisschen dumm, so ist doch viel
an dir zu loben, und ich denke gern an eines deiner seltsamen Sprichwörter:
„Sprich nie von Sterben, als wenn du tot bist, und da es dann nichts nützt, so
lass es ganz sein.“ Man sieht hieraus, dass es noch andere komische Menschen in
der Welt gibt als den Pflüger Hans.
Mein Nachbar, Herr
Mittellos, wartet darauf, dass seine Tante sterben soll. Die alte Frau hat aber
ein Leben wie neun Katzen, und ich denke mir, dass sie, wenn sie wirklich
stirbt, ihr kleines Vermögen eher einem Hospital für kranke Katzen oder für
aufgegriffene Hunde vermachen wird, als ihrem Neffen. Der arme Schlucker! Er
ist schon ganz abgerissen, und daran ist seiner Meinung nach nur der ärgerlich
gute Gesundheitszustand der alten Frau schuld. Dennoch hält er seine Hoffnung
fest und kommt dabei immer mehr herunter, denn während sein Gras wächst
verhungert sein Pferd. Wer auf den Tod eines anderen wartet, der zieht an einem
langen Seil, und wer Vermächtnissen nachjagt, muss eiserne Schuhe tragen. Wer
auf die von Toten hinterlassenen Schuhe wartet, wird lange barfuss gehen. Wer
auf seines Onkels Kuh hofft, darf es mit der Butter nicht so eilig haben. Wenn
Hans Mittellos nie eine Tante gehabt hätte, würde er vielleicht seine Ärmel
hochgekrempelt und tüchtig gearbeitet haben; man hat ihm aber gesagt, dass er
ein Glückskind sei, und so hat man einen Einfaltspinsel aus ihm gemacht, der
nicht mehr bei der Arbeit nützt als eine Kuh auf der Hasenjagd. Will irgend
jemand den Pflüger Hans mit einer Erbschah bedenken, so wird er ihm dafür sehr
dankbar sein. Er bittet aber darum, es ihn lieber nicht vorher wissen zu
lassen, sonst zieht er am Ende nicht mehr so gerade Furchen wie vorher. Besser,
man vermache ihm zweimal so viel und überrasche ihn dann damit. Im allgemeinen
wäre es aber besser, man hinterließe es dem Predigerseminar oder dem Waisenhaus
in Stockwell, da in diesen Fällen guter Gebrauch davon gemacht werden würde.
Ich wünschte, man ginge weniger auf die Glücksjagd und pflanzte dafür mehr
Apfelbäume. Hoffnungen, die aus Gräbern wachsen, sind tödliche Irrtümer, und
wenn sie einen Menschen an der eigenen Anstrengung hindern, so sind sie ein
Henkersstrick.
Einige Leute sind am
ersten April geboren und hoffen immer ohne Sinn und Verstand. Ein Schiff soll
in ihren Hafen einlaufen, sie werden einen Topf mit Gold aufgraben oder sonst
eine überraschende Nachricht empfangen. Die albernen Menschen! Sie haben sich
etwas in den Kopf gesetzt und träumen am hellen Tage. Sie können ihren Mund
lange offen halten, ehe eine gebratene Taube hineinfliegt. Und doch scheinen
sie wirklich zu glauben, dass eines Tages irgendein glücklicher Zufall, so ein
Regen von goldenen Äpfeln, sie aus aller Not erlösen und zu reichen Leuten machen
werde. Man kann lange pfeifen, ehe einem Goldfische in die Hand springen. Einem
unter einer Million mag vielleicht einmal ein plötzliches Glück in den Schoß
fallen, aber Tausende richten sich selbst zugrunde mit eitlen Erwartungen. Wer
erwartet, dass er die Hälfte von dem bekommen wird, was er erwirbt, ein Viertel
von dem, was ihm zukommt, und nichts von dem, was er verliehen hat, der hat so
ziemlich richtig gerechnet; wer aber denkt, dass ein Schatz aus dem Mond auf
ihn herabfallen wird, der ist der größte Narr auf Erden. Man sollte seine
Hoffnungen innerhalb der Schranken der Vernunft und der Verheißungen des guten
alten Bibelbuches halten. Die Hoffnung ist wie ein Anker, aber ein Anker muss
in einem Grund verankert sein. Eine Hoffnung ohne Grund ist ein Fass ohne
Boden, ein Pferd ohne Kopf, ein Schuh ohne Sohle, ein Messer ohne Klinge. Wer
anders als Hans Einfältig würde sein Haus beim Dach zu bauen anfangen? Es muss
ein Fundament da sein. Hoffnung ist keine Hoffnung, sondern offensichtliche
Torheit, wenn ein Mensch auf Unmöglichkeiten hofft, oder Ernten erwartet, ohne
gesät zu haben, und Glückseligkeit, ohne Gutes zu tun. Solche Hoffnungen sind
ein Irrlicht, das den Wanderer in den Sumpf lockt. Sei versichert,
Luftschlösser bauen ist sehr leicht, nützt aber sehr wenig. Wer mehr in dieser
Welt zu erlangen hofft, als er mit seiner Hände Arbeit verdienen kann, hofft
Aprikosen von einem Holzapfelbaum zu pflücken. Wer ein putzsüchtiges Mädchen
heiratet und eine gute Hausfrau an ihr zu bekommen hofft, der könnte sich
ebenso gut eine Gans kaufen und denken dass, er nun eine milchgebende Kuh habe.
Wer seine Söhne ins Wirtshaus mitnimmt und sie zu nüchternen Menschen zu
erziehen meint, setzt seinen Kaffeetopf aufs Feuer und erwartet, dass er so
blank aussehen werde wie neues Zinn. Wer mit schlechtem Malz braut und dabei
gutes Bier erwartet, ein böses Beispiel gibt und dabei auf eine gut erzogene
Familie rechnet, der hat seine fünf Sinne nicht mehr beisammen. Man mag hoffen
und hoffen, bis einem das Herz bricht; wenn man aber seinen Jungen den
Schornstein hinaufschickt, so kommt er doch schwarz herunter, man mag hoffen,
was man will. Lehre ein Kind zu lügen, und dann hoffe, dass ein ehrlicher
Mensch aus ihm werden wird; setze lieber eine Wespe in eine Teertonne und warte
darauf. dass sie Honig machen wird.
Was aber die
zukünftige Welt betrifft, so ist es jammerschade, dass man nicht ein wenig
vorsichtiger davon redet. Wenn ein Trunkenbold stirbt, so sagt sicher der eine
oder andere: „Ich hoffe, er ist im Himmel!“ Es ist ganz schön, einen solchen
Wunsch zu hegen, aber eine solche Hoffnung auszusprechen, ist doch etwas
anderes. Manche wenden ihr Gesicht der Hölle zu und hoffen, im Himmel
anzukommen. Warum laufen sie nicht in die Pferdeschwemme und hoffen, trocken zu
bleiben? Mit der Hoffnung auf den Himmel ist ein ernstes Ding, das am Wort
Gottes geprüft werden sollte. Ein Mensch könnte ebenso gut hoffen, Trauben von
den Dornen oder Feigen von den Disteln zu sammeln, wie unser Heiland sagt, als
eine selige Ewigkeit am Ende eines schlechten Lebens erwarten. Es gibt nur
einen Felsen, auf den man gute Hoffnungen bauen kann und das ist nicht Petrus,
noch sind es die Sakramente, sondern das Verdienst des Herrn Jesu. Darauf
gründet sich der Pflüger Hans und fürchtet sich nicht, denn das ist ein
sicheres Fundament und gibt einem eine feste und sichere Hoffnung, die weder
Tod noch Leben erschüttern kann. Doch ich darf den Predigern nicht ins Handwerk
pfuschen. Ich bitte deswegen bloß zum Schluss, noch daran zu denken, dass der
falsche Wahn eine Leiter ist, die dem, der hinaufklettert, den Hals bricht. Wer
also sein Leben lieb hat, der versuche es ja nicht!