Gottes Geist oder ein fremder Geist?
Auf seinen Artikel: Die dritte Reformation in der Nummer 8, November/Dezember 1998 von Philadelphia, Kreuz und Reich erhielt D. Zimmer eine Zuschrift, in der bedauert wird, dass die Aufhebung der Berliner Erklärung aus dem Jahre 1909 durch die Kasseler Erklärung vom 18.06.1996 in Fragen der Pfingstbewegung nicht von allen Gläubigen begrüßt und mitgetragen wird. Wegen der Aktualität der Thematik machen wir die Antwort von Bruder Zimmer unserem Leserkreis zugänglich.
Werter Bruder S! Haben Sie ganz herzlichen Dank für Ihre Zuschrift vom 25. November 1998 bezüglich meines Artikels: „Die dritte Reformation“ in der Zeitschrift „Philadelphia, Kreuz und Reich“ (Nr.8, Nov./Dez.1998, S.7-15). Ich kann mich aus meiner Dienstzeit beim pfälzischen Gemeinschaftsverband noch gut an Sie erinnern. Wenn ich schon mal in Waldfischbach Dienst hatte, haben wir uns ja manches Mal miteinander unterhalten. Schade, dass das geistliche Leben immer mehr zurück geht, aber das lehrt uns, dass keine Bewegung oder Gemeinde die Kraft und den Geist Gottes für sich gepachtet hat. Grüßen Sie bitte Prediger Egles ganz herzlich von mir, wenn er die nächste Bibelstunde hält, ebenso die Geschwister.
Auf einen Absatz in Ihrem Brief sehe ich mich genötigt, wegen seiner Brisanz und Aktualität etwas näher einzugehen. Sie schreiben: „Die sogenannte Berliner Erklärung von 1909 gab dem Heiligen Geist keine Chance mehr zu größeren Erweckungen. Obwohl diese BE offiziell mit der Kasseler Erklärung vom 18.06.96 aufgehoben wurde, erfährt diese dennoch vehementen Widerspruch. Ich glaube kaum, dass es zu einer echten ‚Wiedervereinigung’ kommt. Das ‚linke Lager’ bewegt sich nicht oder nur wenig. Schade. Bruder Herbert Masuch ist Bindeglied und erlebt selbst von seinen früheren Mitarbeitern Ablehnung...“
Ich möchte die Frage stellen: Hat der Heilige Geist durch die Berliner Erklärung in Deutschland wirklich keine Chance mehr bekommen? Oder könnte es vielleicht sogar so sein, dass gerade durch die Berliner Erklärung viel geistlicher Schaden von Deutschland abgewendet wurde? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir Wesen und Wirken des Heiligen Geistes anhand der Heiligen Schrift ein wenig untersuchen, auch wenn dies an dieser Stelle nicht erschöpfend geschehen kann. Wir müssen weiter fragen: Wie bekommt ein Mensch den Heiligen Geist? Wie wird er mit dem Geist erfüllt? Wann empfängt er die Geistestaufe?
Ein Mensch empfängt den Heiligen Geist durch den Glauben an Jesus Christus
In Galater 3, 13-14 erklärt der Apostel Paulus, dass uns Christus vom Fluch des Gesetzes erlöst hat, „damit der Segen Abrahams unter die Heiden komme in Christus Jesus und wir den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben“. Bitte beachten Sie die letzten Worte, auf die die Betonung gelegt werden sollte: „durch den Glauben“. Den Heiligen Geist kann ein Mensch nur mittels des Glaubens an Jesus Christus empfangen. Gemäß Johannes 3, 5 muss er sogar „aus Wasser und Geist“ geboren werden. Das zeigt uns, dass jemand in der Stunde der Wiedergeburt, wenn er sein Vertrauen in Jesus Christus setzt, durch den Geist Gottes wiedergeboren wird und im selben Augenblick diesen Geist empfängt. Aus der Einwirkung des Geistes auf sein Leben wird die Innewohnung des Geistes durch den Glauben.
In diesem Licht muss auch Römer 8, 9 gelesen werden: „Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein!“ Gerade dieser Vers ist mit der stärkste Beleg dafür, dass der Heilige Geist dem Menschen in der Stunde seiner Wiedergeburt geschenkt wird. Diesem Vers zufolge ist es unmöglich, dass sich jemand bekehrt und den Geist Gottes nicht empfängt. Oder wenn wir es im Umkehrschluss sagen wollen: Jeder, der sich bekehrt hat, hat auf jeden Fall den Heiligen Geist bekommen.
Die pfingstlich-charismatische Vorstellung von der Geistestaufe
So weit ich es beurteilen kann, stimmt man sowohl im pfingstlich-charismatischen als auch im evangelikalen Lager bis zu diesem Punkt überein, sieht man einmal von wirklich ganz extremen Kreisen ab. Gespalten werden die Lager dann aber an der Frage der Geistesfülle bzw. Geistestaufe. Schauen wir uns einmal die pfingstlich-charismatische Lehre anhand einiger Zitate an. Wir lesen in dem Büchlein The Pentecostal Churches: „Pfingstler glauben, dass die Taufe im Heiligen Geist für alle wahren Christen zu haben ist, wenn sie es sich nur gestatten, sich ihrer bewusst zu werden. Pfingstler glauben, dass sich viele Christen bewusst oder unbewusst der Möglichkeit verschließen, die Taufe im Heiligen Geist zu empfangen und dass dieses sich Verschließen gegen eine Gabe Gottes eine große Sünde ist“ (Exeter: The Religious Education Press, 1.Aufl. 1977, S.40-42). Hobart E Freeman lehrt: „Um derer willen, die in dieser Frage jedoch noch nicht fest in der Schrift gegründet sind oder die den Irrtum gelehrt wurden, dass die Taufe im Geist mit dem Erhalten des Geistes bei der Wiedergeburt gleichzusetzen sei (was der Schreiber selbst für 14 Jahre glaubte), werden die grundlegenden Stellen, wo die Wahrheit der Geistestaufe gelehrt wird, zum persönlichen Studium angeführt, um Zweifel zu beseitigen und Glauben zu wecken“ (Glaube. 3. Aufl., S.15. Aus dem Englischen übersetzt von G. Füssle, Eibenweg 14, CH-8404 Winterthur). Es folgen im nächsten Abschnitt einige Bibelstellen zum Studium, ausschließlich aus der Apostelgeschichte! Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen versucht Freeman dann auf mehreren Seiten nachzuweisen, dass das Zungenreden der Beweis und das begleitende Zeichen der Geistestaufe sei und kommt zu dem Schluss: „Wenn du gerade jetzt im Glauben bittest, bekennst, dass du empfangen hast, und im Glauben zu sprechen beginnst, dann wird der Heilige Geist dir die Artikulation der neuen Sprache schenken“ (S.22).
Ich fasse die gemachten Aussagen noch einmal mit kurzen Worten zusammen: Gemäß der pfingstlerischen Lehre kann ein bereits bekehrter Mensch die Geistestaufe nach seiner Bekehrung als zusätzliche spätere Erfahrung erleben. Wer sich dieser Erfahrung verschließt, begeht eine große Sünde. Der Empfang des Heiligen Geistes bei der Wiedergeburt ist nicht mit der Taufe im Heiligen Geist gleichzusetzen. Das Reden in Sprachen bzw. Zungen ist der sichtbare Beweis für den Empfang der Geistestaufe.
Was das sichtbare Zeichen betrifft, gibt es jedoch unter den Charismatikern Unterschiede. Nicht alle sehen ausschließlich im Zungenreden den sichtbaren Beweis für den Empfang der Geistestaufe oder Geistesfülle. Diese Erfahrung ist ihnen zufolge aber in der Regel begleitet von übernatürlichen Machtbezeugungen, sei es nun Zungenreden oder Weissagung, Krankenheilung, Gesichten und Visionen oder dergleichen.
Die biblische Lehre von der Geistestaufe
Wenn wir nun wissen wollen, was die Bibel über die Taufe mit dem Heiligen Geist wirklich lehrt, müssen wir in erster Linie die Lehrbriefe und nicht nur die geschichtlichen Teile der Heiligen Schrift wie etwa die Apostelgeschichte fragen. Während uns die Apostelgeschichte den Übergang von der alten Heilszeit mit dem Gesetz und Israel im Mittelpunkt zur neuen Heilszeit der Gnade und Gemeinde Jesu Christi beschreibt, zeigen uns die Lehrbriefe den fortwährenden jetzigen Stand in Gottes Gnadenhaushalt bis zum Abschluss dieses Zeitalters bei der Entrückung der Gemeinde. Deshalb habe ich mich auch bereits, was den Empfang des Heiligen Geistes betrifft, weiter oben hauptsächlich auf Stellen in den Episteln konzentriert. In gleicher Weise möchte ich jetzt auch in Bezug auf die Geistestaufe verfahren.
Die Haupt- und Schlüsselstelle, was die Taufe im Heiligen Geist betrifft, finden wir in 1. Korinther 12, 13. Vielleicht sollten wir diesen Vers alle auswendig lernen und uns gut hinter die Ohren schreiben. Dort belehrt uns das heilige und unfehlbare Wort Gottes: „Wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt.“ Ist dieser Vers so schwer zu verstehen? Ich meine nicht! Er spricht doch von der Bildung der Gemeinde Jesu Christi, oder nicht? Dass die Gemeinde der Leib Christi ist, wird gerade im 12. Kapitel des ersten Korintherbriefes stark betont. Das im 13. Vers gebrauchte griechische Wort „taufen“ bedeutet so viel wie „ein-“ bzw. „untertauchen“, wie jedermann in einem guten griechischen Wörterbuch nachlesen kann. Paulus sagt hier, dass alle Wiedergeborenen „eingetaucht“ bzw. „getauft“ sind, „um einen einzigen Leib zu bilden“ (zitiert nach der französischen Ausgabe der Guten Nachricht). Zum ersten Mal ist dies zu Pfingsten geschehen (vgl. Apostelgeschichte 2). Damals wurde der Leib Christi ins Leben gerufen, und seitdem existiert er bis zum heutigen Tag fort und wächst ständig.
Frage: Wann wird heute ein ungläubiger Mensch in den Leib Christi eingefügt bzw. hineingetauft? Antwort: Wenn ihn der Geist Gottes aus der Welt herausnimmt und ihn durch die Wiedergeburt zu einem Gotteskind macht! Demzufolge geschieht doch die Wiedergeburt und die Geistestaufe gemäß 1. Korinther 12, 13 zeitgleich! Ohne Wiedergeburt gibt es keine Geistestaufe, und ohne Geistestaufe geschieht keine Wiedergeburt! Wenn nun eine Zweistufenlehre aufgerichtet wird (erst Wiedergeburt und später Geistestaufe), wie ich weiter oben anhand einiger Zitate aus der Pfingstliteratur aufgezeigt habe, dann kann es sich dabei nur um eine falsche Lehre handeln. Und wenn die Lehre falsch ist, ist auch die daraus erwachsende Frucht falsch bzw. faul.
Was passierte zu Beginn des 20. Jahrhunderts?
Schauen wir uns die Frucht einmal an! Nicht weit von Waldfischbach, im Gemeinschaftsbezirk Homburg/Saar, gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen Einbruch der Pfingstbewegung. Der damalige Prediger (1905-1910), Peter Keck, brachte den „Geist“ von Mühlheim nach Homburg. Im November 1909 machten sich drei Brüder (Buchert, Guth und Hüther) von Zweibrücken aus auf den Weg, um sich von den Ereignissen vor Ort selbst ein Bild zu machen. Hüther verfasste danach einen Bericht, aus dem ich auszugsweise zitieren möchte:
„Als wir den Saal betraten - die allgemeine Versammlung war beendigt - hatte Br. Keck mit seinen Pfingstleuten, die zurückgeblieben waren, gerade den Gesang beendigt. Eine Frau Z. sagte bei unserem Eintritt: ‚Da kommen die Spione!’... Br. Keck bat dann, kurz und bestimmt zu beten, darauf zwar nicht geachtet wurde und ließen einzelne Frauen auf ihr Amen lange warten... Als vierte hörte ich eine Frau, die bat, eine Säule im Tempel des Herrn werden zu wollen, als sie plötzlich mit fremder Stimme das ‚Zungensingen’ bekam, verstehen konnte man nicht, was sie sang, nur bleibt mir der unnatürliche Schrei und der verständliche Schluss ‚Halleluja’ im Gedächtnis. Mit der bestimmten Bitte zum Heilande, von dieser Sache frei zu bleiben und mit Seufzen zu ihm um seinen und nicht einen fremden Geist, blieb ich wunderbar ruhig und sah nur den zurückgebogenen Kopf dieser Frau und die verzückten Gesichter einiger Frauen... Unangenehm empfand ich die Unruhe hinter mir. Br. Keck hielt sich zurück - wie er uns nachher erklärte -, aber dessen ungeachtet sein Stöhnen und Hin- und Herbewegen (auf den Knien) war mir auffällig... Br. K. wünschte sich in Mühlheim nicht die Gabe der Zungenrede, sondern bat nur um mehr Geistesfülle; aber in einer Versammlung in Landstuhl sei es über ihn gekommen...“ (Klaus Zimmer, 100 Jahre Evang. Stadtmission Homburg. Herausgeber: Evang. Stadtmission, Schillerstraße 5, 66424 Homburg, S.25).
Bemerkenswert ist in Bezug auf Prediger Keck, dass er Jahre später, im Mai 1917, dem Landesausschuss des Pfälzischen Evang. Vereins für innere Mission gegenüber bekannte, „mit seinem Ausscheiden aus dem Verein und seinem Übergang zur Pfingstbewegung und der Gründung einer Pfingstgemeinschaft in seinem bisherigen Arbeitsfeld Homburg verkehrte Wege gegangen zu sein“ (Ibid., S.27). Dieser Schritt der Buße über einen erkannten falschen Weg ist Prediger Keck hoch anzurechnen. Man wünschte sich, wir Heutigen würden den gleichen Mut aufbringen, falsche Wege zu verlassen und einzig und allein auf den schmalen Weg zurück zu kehren.
Überall, wo dieser Pfingstgeist in den Gemeinden der Wiedergeborenen Eingang fand, hat er Streit und Spaltungen hervorgebracht. Dies dürfte wohl schwerlich auf das Wirken des Heiligen Geistes zurück zu führen sein.
Was passiert heute, nach fast 100 Jahren?
Auch heute, nach fast 100 Jahren, hat sich daran nichts geändert. Noch immer spaltet dieser Geist einst blühende Gemeinden. Noch immer sind die sichtbaren Auswirkungen die gleichen, wie ich sie aus dem Bericht von Bruder Hüther unterstrichen habe: Fremde Stimmen bemächtigen sich der Gläubigen, unnatürliche Schreie werden ausgestoßen, verzückte Gesichter und verzerrte Körper sind zu sehen bis dahin, wie es beim sogenannten Torontosegen geschehen ist, dass Menschen wie Hähne krähen, wie Hunde bellen oder sich wie eine Schlange am Boden winden, dass man stundenlang das „heilige Lachen“ hat oder „im Geist ruht“, nicht mehr Herr über seinen eigenen Körper. Stöhnen und unruhiges Hin- und Herbewegen sind keine Seltenheit, ja „es“ kommt über einen, manchmal wie der Blitz, und man ist „vom Geist erschlagen“.
Wirkt so der Heilige Geist? Bei spiritistischen Sitzungen kommen solche Dinge vor. Da geraten Menschen auch in Trance und geben prophetische Botschaften oder heilen Menschen übernatürlich von Krankheiten. Sie reden sogar, man höre und staune, in Zungen. Dann sagen wir zu Recht, dass dies das Werk von Dämonen ist. Aber wenn diese Vorkommnisse unter frommem Vorzeichen und mit Bibelversen versehen in den Kreisen der Gläubigen geschehen? Wenn sich der Geist als Heiliger Geist ausgibt? Was dann? Wie Sie aus meinen Darlegungen unschwer ersehen können, kann ich darin auch bei gutem Willen nicht das Wirken des Heiligen Geistes erkennen. Und deshalb hat auch die Berliner Erklärung aus dem Jahre 1909 meines Erachtens größere Erweckungen in der Folgezeit nicht gehindert, sondern dazu beigetragen, dass der frommen Verführung der Gemeinde Jesu Christi für lange Zeit ein Riegel vorgeschoben wurde. Die Berliner Erklärung kann übrigens als Faltblatt bei der Internationalen Arbeitsgemeinschaft bekennender Christen, Gräfrather Straße 72, 42329 Wuppertal, Tel.: 0202-73 65 81, Fax: 0202-73 37 21, kostenlos bezogen werden.
Der „Geist“ treibt drei junge Männer aus dem Saarland
Ein Beispiel, wohin die pfingstlerische Geistestaufe führt, möchte ich Ihnen aus Ihrer Gegend auch noch berichten. Vor Jahren ging ein junger Mann aus der gleichen Stadt Homburg, aus der gleichen landeskirchlichen Gemeinschaft, in der sich zu Beginn unseres Jahrhunderts die oben erwähnten Ereignisse zutrugen, nach Wiesbaden zum Studium. Dort wollte er sich taufen lassen und geriet dabei an eine Pfingstgemeinde. Von dieser Gemeinde brachte er den „Geist“ dann in das Saarland und in die Pfalz zurück und gewann noch zwei andere aus dem gleichen Jugendkreis, aus dem ich ursprünglich stamme. Fortan wurden die drei vom „Geist“ getrieben, gaben teilweise ihre Arbeit auf und versuchten sogar bis nach England, Bekannte zu überzeugen. Sie versuchten dies auch bei Ihnen in Waldfischbach. Ihr damaliger Prediger Schott warnte den Anführer: „Wenn Du so weiter machst, landest Du eines Tages noch in der Irrenanstalt.“
Wenn es auch meines Wissens so weit nicht gekommen ist, sollten seine Worte dennoch prophetischen Charakter haben. Von 1983 bis 1986 stand ich im Dienst bei der Evangelischen Stadtmission in Zweibrücken. Es kam der denkwürdige Tag, an dem ich im Hof der Stadtmission eine Arbeit verrichtete, als zufällig (oder sollte man besser sagen: Der Herr hatte es so geführt?) der besagte junge Mann vorbei ging. Ich hielt ihn an und begann ein Gespräch mit ihm. Zu meinem großen Schrecken fand ich ihn in großer geistlicher Verwirrung vor. Ich fragte ihn, ob er denn seinen Irrweg einsehen würde, worauf er verneinte. Dann fragte ich ihn: „Aber Du hast doch vor Jahren Jesus als Deinen Herrn angenommen!“, worauf er mir antwortete: „Weiß ich denn, ob das der richtige Jesus war?“ Ich bat ihn, doch wieder unter Gottes Wort zu kommen und bekam darauf die Antwort: „Dass ich mit Dir auf dieses Gelände gehe, ist schon viel.“ Ich musste ihn traurig wieder gehen lassen. Wie ich später erfuhr, hat er am Niederrhein geheiratet und wieder den Weg zumindest in eine Pfingstgemeinde gefunden. Wie es ihm heute wohl gehen mag?
War es der Heilige Geist, der bei ihm diesen verwirrten Zustand und das Meiden von Gottes Wort hervorgerufen hat, oder war es das Werk der Geister, die ihn trieben? War es der Heilige Geist, der dem Zweiten von den Dreien befohlen hatte, seine Arbeit aufzugeben, oder war es ein anderer Geist? Man kann nur von der Gnade Gottes sprechen, dass ihn die Stadtverwaltung später wieder genommen und an seinen früheren Posten gesetzt hat.
Der Heilige Geist führt immer in das Wort Gottes
Wir leben heute in einer Zeit, in der viele Gläubige geradezu süchtig nach übernatürlichen Erfahren wie der sogenannten Taufe im Heiligen Geist, Zungenreden, Visionen, Weissagungen, Krankenheilungen und dergleichen sind. Aber sind dies Gottes Gedanken für uns in der heutigen Zeit? Ohne Frage: Im Zusammenhang mit der Eröffnung des Gemeindezeitalters sind übernatürliche, vom Geist Gottes gewirkte, Zeichen und Wunder durch die Hände der Apostel des öfteren vorgekommen. Ab und an mag Gott auch heute einem Gläubigen einen Traum oder eine besondere Erfahrung oder Krankenheilung schenken, aber die Norm und das Normale ist das nicht.
Als Jesus noch auf dieser Erde war, versprach er seinen Jüngern den Heiligen Geist und sagte ihnen in diesem Zusammenhang zu: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten“ (Johannes 16, 13). Wenn uns der Geist Gottes in die Wahrheit leitet, wohin führt er uns dann? Johannes 17, 17: „Dein Wort ist die Wahrheit!“ Er führt uns in Gottes Wort, so dass wir sagen können: Der echte Geist veranlasst uns zum Bibelstudium, der falsche Geist führt uns von der Bibel weg. Der echte Geist möchte, dass wir unter die Verkündigung von Gottes Wort gehen, der falsche Geist spaltet seine Opfer von der klar stehenden Gemeinde ab, wie die angeführten Beispiele aus Homburg zu Beginn unseres Jahrhunderts und die drei jungen Männer aus dem Saarland belegen. Der echte Geist bindet sich an die Heilige Schrift, der falsche Geist braucht die Schrift nicht oder benutzt sie als Mittel zum Zweck. Der echte Geist möchte biblische Lehre, der falsche Geist passt sich jeder theologische Irrlehre an (Beispiel: Katholiken beten nach ihrer Geistestaufe Maria noch inbrünstiger an als vorher). Man könnte diese Reihe der Gegenüberstellungen noch weiter führen.
Je mehr ein Mensch nach Visionen, Träumen, Zungenrede, Weissagungen und dergleichen trachtet, desto weniger Interesse wird er am Wort Gottes haben, und je mehr er die Bibel ernsthaft studiert, desto weniger wird er einen Hang zu diesen erwähnten Dingen haben. Der Heilige Geist hat sich an die Heilige Schrift gebunden, denn sie ist sein Produkt. Wer also mit dem Geist Gottes in Kontakt kommen und mit ihm erfüllt werden will, der muss die Bibel studieren! Sie ist die abschließende Offenbarung des Heiligen Geistes, und nur dort, und nicht in außerbiblischen Visionen, Träumen und Weissagungen, ist er zu finden! Der wahre Heilige Geist wirkt nur im Rahmen der Heiligen Schrift. Deshalb gilt für uns auch das, was der Prophet Jesaja schon seinen Zeitgenossen im Auftrag Gottes sagten musste: „Hin zur Weisung und hin zur Offenbarung! Werden sie das nicht sagen, so wird ihnen kein Morgenrot scheinen“ (Jesaja 8, 20). Wenn der bereits verführte Teil der wahren Gemeinde Jesu Christi seine Irrwege nicht aufgibt und allein zur Bibel zurück kehrt, wird auch ihm bald kein Morgenrot mehr scheinen.
In Christus haben wir alles!
Ich kann verstehen, wenn Sie sich danach sehnen, noch mehr vom Geist Gottes erfüllt zu werden und ihm noch mehr zur Verfügung zu stehen! Mir geht es nicht anders. Spüren wir nicht alle immer wieder unsere Schwachheit und Unzulänglichkeit? Brauchen wir deshalb aber einen zweiten Segen oder eine Taufe im Heiligen Geist, so wie die Pfingstler und Charismatiker dies verstehen? Ich meine nein! Was wir brauchen, ist ein vertieftes Verständnis von Epheser 1, 3: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.“ Hören wir den gleichen Vers noch einmal nach der Fassung der revidierten Elberfelder Bibel: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in der Himmelswelt in Christus.“
Ich habe jeweils zwei Wörter unterstrichen, um hervorzuheben, auf was es im Zusammenhang unseres Themas ankommt. Gott hat uns doch bereits in der Stunde unserer Wiedergeburt, sozusagen wie ein großes Geschenkpaket, jeden Segen des Geistes mitgegeben. In diesem Paket ist alles enthalten, was wir benötigen: die Fülle des Geistes, die uns von Gott zugedachten Geistesgaben, Sieg über Sünde, Wachstum im Glauben usw. Wir müssen dieses „Weihnachtsgeschenk“ nur „auspacken“ und im Verlauf unseres Glaubensleben anwenden. Was ist aber, wenn’s nicht funktioniert? Liegt das dann daran, dass uns die Geistestaufe oder der zweite Segen fehlt? Nein, denn das haben wir alles mit dem Eintreten Christi in unser Leben bereits mitbekommen. Wenn’s nicht funktioniert, dann liegt die Ursache bei uns! Dann ist Christus vielleicht nicht mehr Herr über alle unsere Lebensbereiche. Vielleicht haben wir ihm dann die Herrschaft über einiges wieder entzogen. Vielleicht verstopft Sünde oder Ungehorsam den Kanal der göttlichen Geistesfülle. Vielleicht sind wir in der Nachfolge lau geworden und haben die Heiligung nicht mehr so ernst wie früher genommen.
Nur eine aufrichtige Buße bringt uns dann wieder zurück zur göttlichen Fülle! Es wäre falsch, sich in einer solchen Lage nach spektakulären Zeichen und Wundern zu sehnen und auszustrecken. Dann besteht nämlich die Gefahr, vom Widersacher betrogen zu werden. Nur allzu gerne lässt man sich in diesem Zustand von jemand die Hände in der Hoffnung auflegen, etwas Besonderes zu erleben, lässt sich fallen, macht seinem Verstand leer, um dem „Geist“ Raum zu geben, um eine Vision zu bekommen und dergleichen mehr. Und dann kommt der Geist, aber es ist nicht der Heilige Geist, sondern ein anderer, der sich des Menschen bemächtigt und auf ihm spielt wie ein Meister auf seinem Klavier. Machen wir uns nichts vor: So etwas kann auch einem Gläubigen widerfahren, in dem der Geist Gottes bereits wohnt.
Wie war das denn bei den Korinthern? Wie alle anderen Gemeinden hatten auch sie den Heiligen Geist mit seiner ganzen Fülle in der Stunde ihrer Bekehrung erhalten. Und trotzdem schreibt Paulus in 2. Korinther 11, 4: „Wenn einer zu euch kommt und einen anderen Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen andern Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, so ertragt ihr das recht gern!“
Traurig, nicht wahr? Und genau so traurig ist es, wenn zu uns heute jemand kommt und uns einen anderen Geist mit all seinen Machterweisen bringt, den wir für den Geist Gottes halten! Wir sollten besser auf das hören, was der Bibellehrer Alfred Kuen schreibt: „Weil das Wort Gottes unsere einzige Norm ist und uns völlig genügt und ‚vollkommen’ macht, indem es uns in alle Wahrheit einführt, kann der Heilige Geist uns keine neuen Offenbarungen bringen, die von denen der Bibel abweichen. Er kann uns auch nicht zu neuen Erfahrungen führen, von denen wir in der Schrift nichts lesen. ‚Wenn wir uns nicht durch die Schrift belehren lassen, werden wir vom Weg abkommen’, sagt Calvin, und unsere Erfahrung, so vielschichtig sie auch sein mag, ‚wird uns zu einem Labyrinth werden, das uns von allen Seiten verwirrt’“ (Alfred Kuen: Der Heilige Geist, biblische Lehre und menschliche Erfahrung. Wuppertal: R. Brockhaus Verlag).
Vom Minus zum Plus
Merkt denn niemand mehr, wie der falsche Geist die Gläubigen heute verführt? 1995 führte das pfingstkirchliche Missionswerk Christus für alle Nationen unter der Führung von Reinhard Bonnke die Aktion „Vom Minus zum Plus“ durch. Sie erinnern sich vielleicht noch. Broschüren in einer Auflage von 65 Millionen wurden in alle Haushalte in Deutschland gebracht. Der Inhalt dieser Hefte war dabei noch nicht einmal schlecht. Nur: Was hat denn Bonnke alles durch den „Geist“ vorausgesagt? „Vollmundig verheißt er in seinen Werbebroschüren..., dass ‚Ehebrecher zu einer harmonischen Ehe zurückfinden, Mörder sich der Polizei stellen, Politiker unter Tränen ihr Fehlverhalten bekennen, und Verbrechersyndikate LKW-weise gestohlenes Gut zurückbringen’. Mehr noch: In seiner Selbstdarstellung verheißt er laut Prospekt, dass ‚Querschnittsgelähmte regelmäßig ihre Krücken wegwerfen, und Blindgeborene sehend wieder nach Hause gehen...’“ (Bote neues Israel Nr. 116 von 1995, S.8. ZeLeM - Verein zur Förderung des messianischen Glaubens in Israel e. V., Xantener Straße 29, 67583 Guntersblum).
Wo sind die LKWs mit gestohlenem Gut, das zurück gebracht wurde? Wo sind die Querschnittsgelähmten, die regelmäßig ihre Krücken wegwerfen? Wo sind die Politiker, die unter Tränen ihr Fehlverhalten bekennen? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Bill Clinton z. B. unter Tränen Buße über seine mit Monica Lewinsky getriebene Hurerei getan hätte. Im Gegenteil, er hat versucht zu vertuschen, was zu vertuschen ging. Wo sind die Mörder, die sich der Polizei stellen? Mir ist nicht bekannt geworden, dass sich aufgrund der Aktion „Vom Minus zum Plus“ auch nur einer der Polizei gestellt hat. Alles, was Bonnke vorausgesagt hat, ist nichts als falsche Prophetie gewesen! Und die Gemeinde, besonders im Raum der Pfingstbewegung, hat das alles geschluckt und für bare Münze gehalten.
Bill Bright und das Missionswerk Campus für Christus
Doch im evangelikalen Raum sieht es nicht viel besser aus. Viel Segen ist in den vergangenen Jahren durch Bill Bright und das von ihm gegründete und geleitete Missionswerk Campus für Christus entstanden! Viele Menschen sind dadurch zum Glauben gekommen, und Gott hatte sichtlich seinen Segen auf dieses Werk gelegt. Doch auf welch seltsamen Wegen wandelte Bill Bright heute? Er verfasste ein Werk mit dem Titel: Gottes Handeln erwarten. Darin schreibt er auf Seite 18: „Nach drei Wochen Fasten erhielt ich eines Morgens von Gott die Gewissheit, dass er Amerika mit seiner verändernden Kraft aufsuchen werde... Seine Botschaft an mich an diesem Morgen war unmissverständlich und klar. Ich wollte meine Begeisterung mit meiner Frau Vonette teilen. Deshalb erhob ich mich von meinen Knien und erzählte ihr, was der Heilige Geist mir gesagt hatte. ‚Amerika und weite Teile der Welt werden vor Ende des Jahres 2000 eine große geistliche Erweckung erleben!’ sprudelte es aus mir heraus. ‚Und diese Erneuerung wird die größte geistliche Ernte in der Kirchengeschichte hervorrufen...’“
Bis zum Jahr 2000 ist es nicht mehr weit, und ich sage Ihnen schon jetzt, dass wir es mit dieser Botschaft des angeblichen Heiligen Geistes auch mit einer falschen Prophetie zu tun haben. Bright hätte seine Zeit besser dazu nutzen sollen, um die Bibel zu studieren, als drei Wochen lang seinen Körper durch Fasten zu schwächen und damit für übersinnliche Ereignisse empfänglich zu machen. Wo sind denn die weiten Teile der Welt, die von einer großen geistlichen Erweckung erfasst werden? Wo ist die größte geistliche Ernte der Kirchengeschichte? Ich kann nichts davon feststellen! Im Gegenteil. Wo ich hinschaue, sehe ich zunehmende Verhärtung den Wertmaßstäben Gottes gegenüber und grassierenden Abfall von den Geboten Gottes. Krieg und Völkermord nehmen auch nicht ab, sondern eher zu. Wenn ich das sage, verkenne ich nicht, dass in manchen Gebieten der Erde wie der ehemaligen Sovietunion z. B. tatsächlich Erntezeit ist. Doch wo geht ausgerechnet von den Vereinigten Staaten eine geistliche Erweckung aus?
Wer nicht mehr sehen kann, dass wir hier fromme Verführung vor uns haben, der muss schon ein gutes Stück blind geworden sein. Wie war das noch mit der Prophetenregel im Alten Testament? „Wenn der Prophet redet im Namen des Herrn und es wird nichts daraus und es tritt nicht ein, dann ist das ein Wort, das der Herr nicht geredet hat. Der Prophet hat’s aus Vermessenheit geredet; darum scheue dich nicht vor ihm“ (5. Mose 18, 22). „Ihre Gesichte sind nichtig, und ihr Wahrsagen ist Lüge. Sie sprechen: ‚Der Herr hat’s gesagt’, und doch hat sie der Herr nicht gesandt, und sie warten darauf, dass er ihr Wort erfüllt. Darum spricht der Herr: Weil ihr Trug redet und Lügen wahrsagt, siehe, darum will ich an euch, spricht Gott der Herr“ (Hesekiel 13, 6.8).
Abschließende Gedanken
Alle diese falsche Prophetien von Seiten wirklich Wiedergeborener hätten der Welt erspart bleiben können, wären sie am Wort geblieben und hätten sie sich daran genügen lassen. Um so unverständlicher erscheint es mir, wie man 1996 mit der Kasseler Erklärung die Berliner Erklärung von 1909 aufheben konnte. Angesichts falscher Lehre und katastrophaler Folgen für die Gemeinde Jesu Christi ist die Berliner Erklärung heute aktueller denn je. Mit den Vereinigungsbestrebungen zwischen Pfingstlern, Charismatikern und Evangelikalen hat ein Dammbruch schlimmen Ausmaßes stattgefunden. Man will vereinen, was nicht vereint werden kann: Heiliger Geist und dämonischer Geist, geistliches Christentum und seelisches Christentum.
Ich wage zu behaupten, dass es dabei nicht bleiben wird. Auf die Länge der Zeit wird es auf die Vereinigung aller protestantischen Kreise mit der römisch-katholischen Institution hinauslaufen, sodann auf die Vereinigung mit den sogenannten monotheistischen Religionen Islam und Judentum und dann mit allen Religionen der Erde, um die eine große abgefallene Weltreligion unter Federführung Roms zu schaffen, die die Bibel in Offenbarung 17 und 18 die große Hure Babylon nennt.
Deshalb: Scheide aus, was unbiblisch ist, Volk des Herrn! Löse Dich aus dem Netz bereits vorhandener Verstrickungen und halte Dich gesondert, um einzig und allein Deinem Herrn Jesus Christus zu leben!