14. Bibelkurs                                                                                                                            BK 14

Ein Blick hinter die Kulissen

 (Hiob 1 und 2; besonders: 1, 6-12)

 

Die Menschen hatten schon immer großes Interesse, hinter die Kulissen zu blicken, zu wissen, was in der jenseitigen Welt geschieht. Gewisse Fragen werden immer wieder gestellt: Ist Gott wirklich allmächtig? Wieviel Macht hat der Satan? - Warum ist das Böse in der Welt so stark? John Stott sagt: Die Bibel gibt uns wenig Information, warum das Böse in der Welt ist, aber sie sagt uns sehr deutlich, wie wir das Böse überwinden können. - Zu diesen Fragen sind die beiden ersten Kapitel im Hiob-Buch sehr hilfreich. Es ist das einzige Mal in der Bibel, wo wir tatsächlich „hinter die Kulissen“ schauen dürfen. Es wird uns ein Verhandlungsgespräch zwischen Gott und dem Satan gezeigt. Aus diesem Gespräch erfahren wir einige wichtige Prinzipien, die uns sehr helfen können, wenn wir mit der Macht des Bösen konfrontiert werden.

Dass diese Fragen viele Menschen beschäftigen, sieht man auch daran, dass Goethe in seinem FAUST den „Prolog im Himmel“ an den Anfang stellt. In diesem Prolog wird ein Gespräch zwischen Gott und dem Satan geführt, wo es um die Verführbarkeit des FAUST geht. Sicherlich ist Goethe dabei von den beiden Hiob-Kapiteln inspiriert worden. Wieviel Macht hat der Satan? Können wir ihm widerstehen - oder sind wir ihm hilflos ausgeliefert? Diese existentiellen Fragen haben auch Goethe sehr umgetrieben. Der FAUST bietet allerdings dazu wenig hilfreiche Antworten. Aber beschäftigt sind die Menschen auch heute noch sehr mit diesen Themen. Drum ist es wichtig, zu erfahren, was die Bibel dazu sagt.

HIOB ist in der Bibel die klassische Gestalt für den Menschen, der von der Frage geplagt wird: Warum schickt mir Gott so viel Leid? Seit Jahrtausenden gibt es nicht wenig Menschen, die von derselben Frage zutiefst innerlich umgetrieben werden. Das Hiob-Buch gibt uns dazu Antworten.- Hiob war ein frommer Mann, von Gott reich gesegnet: er hatte eine sehr glückliche Familie (7 Söhne, 3 Töchter), besaß großen Reichtum (7000 Schafe, 3000 Kamele, 1000 Rinder...und viel Gesinde) und war von Schicksalsschlägen verschont.

Das Gespräch im Himmel wird in Kapitel 1 und 2 geschildert. Satan hat das ganze Land durchzogen (ohne Hindernisse, er ist der „Fürst dieser Welt“), - aber im Herzen Hiobs wird seine Macht nicht anerkannt. Im Gespräch zwischen Gott und dem Satan geht es um den frommen Hiob. Satan behauptet: Hiob dient Gott nur, weil ihm das einen Vorteil bringt. Gott erlaubt dem Satan, Hiobs Reichtum und Familie zu zerstören. An e i n e m Tag verliert Hiob durch schreckliche Katastrophen alles (seine Kinder und seinen ganzen Besitz). Die „Hiobsbotschaften“ sind sprichwörtlich geworden. Aber Hiob lässt sich dadurch nicht von seinem Gott abbringen. Er bleibt bei Gott, auch wenn er dadurch keinen äußeren Vorteil hat. - Der Satan setzt zu einem zweiten Angriff an (in Kap. 2). Satan behauptet: wenn Hiob von schwerer Krankheit heimgesucht wird, wird er bestimmt Gott absagen. Gott erlaubt es ihm: „...er ist in deiner Hand. Doch schone sein Leben!“ - Und dann beginnt die schwere Prüfungszeit des Hiob. In 35 langen Kapiteln werden die Gespräche seiner Freunde an seinem Krankenbett geschildert, wobei sehr deutlich zum Ausdruck kommt, welche Gedanken Hiob innerlich bewegten. Es sind Gedanken, die auch uns kommen, wenn wir Schweres durchmachen müssen. - Noch wichtiger ist aber, welche Gedanken Gott hat in den Tagen des Leides. - Es ist gut, wenn wir das Thema von zwei Seiten betrachten.

I.    Satan achtet auf das Volk Gottes. (Hiob 1, 8-10)

 

1.  Satan sieht die Gläubigen sehr verwundert an. Welch ein Unterschied ist zwischen ihnen und ihm! Er war einst als führender Engel im himmlischen Gefolge. Aber dann wollte er nicht mehr dienen sondern herrschen. Er wollte sich nicht dem Willen Gottes unterwerfen, er wurde ungehorsam. Er wurde ein Verräter. An den Gläubigen sieht er, was Treue ist. Er selbst war untreu geworden. - Satan sieht an den Gläubigen, was für ein wunderbares Gut der Friede ist. Er selbst lebt in ständiger Unruhe - wie KAIN, der zur Strafe „unstet und flüchtig“ leben musste (1. Mose 4). „Die Gottlosen haben keinen Frieden“ (Jesaja 57, 20+21) - Satan staunt, dass die Gläubigen so glücklich sind, selbst wenn ihnen irdische Freuden fehlen. Bernhard von Clairvaux (lebte um 1150) sagte: „Das ist die wahre und größte Freude, die nicht aus dem Geschöpf genommen, sondern vom Schöpfer empfangen wird, die niemand von dir nehmen kann.“ Satan ist ein rastloser Geist, dem innere Glückseligkeit fremd ist. Ähnlich geht es den Ungläubigen.

2.       Satan beobachtet die Schwächen der Gläubigen. - Sobald er einige entdecken kann, ist das ihm sehr zum Trost. Er kichert über die geheimen Sünden der Gläubigen und bewundert die Zähigkeit, mit der der „alte Mensch“ seine Existenz behauptet. - In dieser Hinsicht hatte er allerdings wenig bei Hiob gefunden, der ein echter Diener Gottes war, „...fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und mied das Böse.“ (1, 1+8) 

3.       Satan beachtet besonders führende Christen, weil sie größte Hindernisse für seine Pläne und Aktivitäten sind. Es ist deshalb kein Wunder, dass Martin Luther sehr oft massiv vom Teufel redet. Als er in Worms 1521 für vogelfrei erklärt wurde, brachte man ihn heimlich   nach einem Überfall auf die Wartburg. Als er sich in seiner Burgkammer niederlegte, da klang es ihm, „als wenn der Teufel Nüsse gegen die Decke warf und Fässer die Stiege hinabrollte.“ Am schlimmsten waren seine inneren Kämpfe: „Ich bin tausend Teufeln vorgeworfen in dieser tatenlosen Wüste. Es ist schwer, gegen die Geister der Bosheit zu kämpfen. Oft falle ich, aber wieder hält mich die Rechte des Höchsten. Jetzt ist es Zeit, aus allen Kräften gegen den Satan zu beten.“ - „Der Teufel geht mir alle Augenblicke auf dem Fuß nach. Aber es wird nicht geschehen, was er will, sondern was der HERR will.“ Es hat schon seinen Grund, dass Luther sein Lied „Ein feste Burg...“ gerade im Jahr 1527, dem Jahr seiner tiefsten Depression, dichtete. Darin erwähnt er mehrmals den Teufel. („...der alt böse Feind, mit Ernst er’s jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen.“ - „Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen...ein Wörtlein kann ihn fällen“) - Drum ist es auch sehr wichtig, für die Verkündiger des Evangeliums zu beten, damit sie vor der List des Teufels und vor Verzweiflung bewahrt bleiben.

4.       Der Teufel ist beständig darauf aus, den Gotteskindern Schaden zuzufügen, - auf allerlei Weise. Er will sie quälen, - will sie unglücklich machen, - will sie traurig machen, - schickt ihnen den Sorgengeist. Er will sie misstrauisch gegen Gott machen, dass sie Gottes Güte     und Treue anzweifeln. In solchen Situationen empfahl Luther: „Lasst uns Psalmen singen   und den Teufel ärgern!“

5.       Der Teufel will die Christen lahmlegen, dass sie nicht mehr für ihren HERRN wirken können.Damit hatte er vorübergehend Erfolg bei David (durch den Ehebruch mit Bathseba) und bei Petrus (durch die Verleugnung). In seinem Brief schreibt Petrus: „Der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, einige zu verschlingen.“ (1. Petrus 5)

6.         Warum lässt Gott das zu? - Es dient letzten Endes doch zur Ehre Gottes. Gott lenkt alles Geschehen so, dass es zu Seiner Verherrlichung mitwirken muss. Petrus wurde durch die Verleugnung ein sehr demütiger Mensch und war Jesus sehr dankbar für das Wunder der Vergebung. Gott lässt manche Anfechtung zu, damit die Gläubigen wie durch einen Schleifstein zurechtgeschliffen werden. Bellende Hunde bewahren uns vor dem Einschlafen. Manche uns erschreckende Nachrichten sind wie ein Martinshorn, das uns aufwecken und wachhalten will. Luther sagte aus Erfahrung: „Die größte Anfechtung ist es, wenn man keine Anfechtungen hat.“ („Nulla tentatio est maxima tentatio“). Wenn ein Christ in Prüfungen steckt, dann hat Gott etwas mit ihm vor. Gott will ihn vorbereiten für größere Aufgaben. Astronauten, die höchsten Anforderungen genügen müssen, haben einige Testserien zu bestehen, weil man Großes mit ihnen plant. - Es ist deshalb auch wichtig, für Angefochtene zu beten, damit sie Gottes Vorhaben erkennen und nicht an Seiner Güte zweifeln. - Luther: „Gott schickt alle Anfechtungen und Leiden nicht der Christenheit zum Schaden, wie der Teufel und die Welt meinen, sondern zum Besten, dass sie dadurch gereinigt und gebessert wird, dem Weingärtner viel Früchte zu tragen.“

7.         Satan achtet sehr auf unsere Schwächen. - Ein alter Ausleger sagt: Satan hat große Erfahrung. 6000 Jahre lang hat er das Menschengeschlecht studiert und weiß genau, wo unsere Schwächen sind und wie er sie rücksichtslos für seine Ziele ausnützen kann. Luther schreibt dazu: „Wo der Teufel sieht, dass du am schwächsten bis, wohin du am meisten geneigt bist, zu Hochmut, zum Geiz, zum Zorn, zur Unkeuschheit, - da tastet er dich am meisten an. Er kitzelt dich, wo du am meisten kitzelig bist und greift dich an, wo du weich bist. Darum sollten wir gerüstet und wacker sein, dass wir seine Schalkheit kennenlernen und uns vor ihm hüten. - Dass die Vögel dir über dem Haupte fliegen, kannst du nicht wehren; du kannst aber wohl wehren, dass sie dir in den Haaren ein Nest machen.“ - Darum ist es klug, auf die eigene „Achillesferse“ sehr achtzugeben (...es hat jeder seine „schwache Stelle“!) - ob es Jähzorn, Stolz, Trägheit, Lust oder Sorgen sind, denn Satan wird in seiner Schlauheit zu gegebener Zeit das ausnützen und uns dadurch zum Straucheln bringen

8.         Satan achtet genau auf unsere Stimmungen. - Durch Traurigkeit kann er uns leicht in Verzweiflung führen. Jubilierende Menschen, ausgelassen und voller Freude, stehen in der Gefahr, oberflächlich und unachtsam zu werden. Wenn jemand unter Einsamkeit leidet, dann nützt das gerne der Teufel, um ihn in Depressionen und Schwermut zu stürzen. Deshalb ist im Bereich der Stimmungen besondere Vorsicht geboten.

9.         Satan achtet auf unsere Stellung zur Welt. - Jesus nennt den Teufel den „Fürsten dies Welt“. Die Welt ist also das besondere Wirkungsfeld Satans. Hier ist er in seinem Element und hier müssen wir besonders gut aufpassen. „Demas hatte die Welt liebgewonnen“ (2. Timotheus 4, 10) und die Verbindung zu Jesus aufgegeben, das schreibt Paulus mit großer Traurigkeit. „Woran einer sein Herz hängt, das ist sein Gott“ sagt Luther im Großen Katechismus. Satan kennt viele Möglichkeiten, die Welt mit ihren tausend Angeboten attraktiv zu gestalten, dass die Liebe zu Jesus und Seinem Reich schwindet. In diesem weiten Gefahrenbereich ist doppelte Wachsamkeit am Platz

 

II.  ...aber Gott achtet noch mehr auf Seine Leute!

 

          Satan hat viel Kenntnis, große Macht und viel List - aber er hat keine Weisheit, keinen      „Durchblick“. Satan merkt nicht, dass er am Zügel Gottes ist und letzten Endes doch             Gottes Zwecke ausführt.

1.  Gott achtete genau darauf, wie weit er Satan bei Hiob gehen lassen wollte.
Beim ersten Angriff Satans durfte er die Gesundheit Hiobs nicht antasten, - auch wenn er es gewollt hätte. Satans Attacken auf Hiob durch die Katastrophen-Serie waren völlig fruchtlos. Hiob blieb fest an seinem Gott: „Der HERR hat’s gegeben, der HERR hat’s genommen. Der Name des HERRN sei gelobt!“ (1, 21). Auch Paulus sagt deutlich, dass die Christen niemals über Vermögen belastet werden. „Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern es macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr’s ertragen könnt.“ (1. Korinther 10, 13). Spurgeon, der viele schwere Anfechtungen durchmachte, schreibt: „Die Hitzegrade des Feuerofens unserer Prüfungen werden von Gott sehr genau kontrolliert.“ ER lässt niemals eine Überhitzung zu. - Es ist zu beachten, dass der Satan von Gott die Erlaubnis erbitten musste, Hiob prüfen zu dürfen. Er durfte erst loslegen, als ihm der Allmächtige die Genehmigung erteilt hatte.

2.  Gott achtete darauf, Hiob in seiner Prüfungszeit zu stärken und aufrecht zu erhalten. „Gott legt uns eine Last auf, aber ER hilft uns auch“ - heißt es im Psalm 68. - Von seiner Frau erhielt Hiob keine Hilfe, - im Gegenteil - , sie wurde ihm zur Versuchung. Sie riet ihm: „Sage Gott ab und stirb!“ (2, 9). Im Geheimen war es Gott selbst, der Hiob innere Kraft zum Durch-halten gab und ihn nicht im Stich ließ. Aus seiner nächsten Umgebung - auch von seinen Freunden - empfing Hiob keinen Trost. Gott selbst, der die Prüfung dem Teufel erlaubt hatte, sorgte dafür, dass Hiob innerlich fest blieb.

3.  Gott hatte acht darauf, Hiob durch sein Leiden zu läutern und reif zu machen.
Im innersten Herzen Hiobs waren doch noch einige Schatten, die erst durch die vielen Ge-spräche mit seinen Freunden offenbar wurden: er war etwas stolz und versuchte immer wieder, sich selbst zu rechtfertigen. - Diese Schwächen sind am schwersten zu über-winden. Jeder will etwas sein. So begann es schon im Paradies („...ihr werdet sein wie Gott“). Und man fühlt sich immer im Recht. „Womit habe ich das verdient?“ - das ist häufig die erste Reaktion von Menschen, sobald sie eine „Hiobsbotschaft“ trifft. Sich für unwürdig und für schuldig halten, das fällt uns sehr schwer. Dahin will Gott uns bringen.
     Am Schluss bekennt Hiob demütig: „Ich erkenne, dass Du alles vermagst und nichts ist Dir zu schwer.... Ich habe unweise geredet.... Ich spreche mich schuldig und tue Buße in Staub und Asche.“ (42, 1-6)

 

Luther: „Ich habe viele und mancherlei schwere Anfechtung gehabt, aber sobald ich einen Spruch aus der SCHRIFT ergriffen habe und darauf beruht habe, ward die Anfechtung gelinder, ja sie hörte bald auf. Ohne das WORT hätte ich sie sicher nur eine kleine Zeit ertragen, geschweige, dass ich sie überwunden hätte.“ - „Lerne als Christ, die Sorgen getrost wegzuwerfen - nicht in einen Winkel sondern Gott auf den Rücken, denn ER hat starke Schultern, dass ER es wohl tragen kann. Wer solches Werfen nicht lernt, der bleibt ein verworfener, zerworfener, unterworfener, ausgeworfener, abgeworfener und umgeworfener Mensch.“ - „Das Wort Gottes ist die rechte Kriegswaffe, mit der wir den Teufel schlagen und siegen müssen.“ -

4.  Hiobs Trübsale und Geduld sind vielen zum Segen geworden.  Der Apostel Jakobus schreibt: „Wir preisen selig, die erduldet haben. Von der Geduld Hiobs habt ihr gehört, zu welchem Ende es der HERR geführt hat.“ (Jakobus 5). Durch Jahrtausende klingt der Name Hiob als Zeuge der großen Treue Gottes - und der Teufel hat mächtig mitgewirkt, Hiob zu einem berühmten und gesegneten Mann zu machen. - Auf dem Grabstein von Paul Gerhardt steht die Inschrift: „In Satans Sieb gesichtet und bewährt.“ Als der 30-jährige Krieg ausbrach, war er 11 Jahre alt. Durch die Kriegswirren bedingt, erhielt er mit 41 Jahren seine erste Pfarr-stelle und konnte erst mit 48 Jahren heiraten (vorher hätte er keine Familie unterhalten können!). Von seinen fünf Kindern starben vier im jugendlichen Alter, auch seine Frau verlor er während seiner Dienstzeit. Er hat noch manch andere schwere Not in seinem Amt er-fahren. Und dennoch haben wir von Paul Gerhardt nicht eine Sammlung von Klageliedern sondern die schönsten Trostlieder. „Warum sollt ich mich den grämen, hab ich doch CHRISTUS noch, wer will mir den nehmen...“ Dies Lied drückt am klarsten aus, worin er in allem Leid Trost, Halt und Zuversicht von Gott erhielt. Wie viele sind seitdem durch seine Lieder gestärkt und aufgerichtet worden. Ohne die schweren Schicksale wäre von Paul Gerhardt nie ein so großer Segen ausgegangen. Gott hatte ihn durchs Leid zu einem großen Werkzeug Seiner Gnade gemacht.

              Ein böhmischer Edelmann kam als Student nach Wittenberg und suchte bei Luther seelsorgerlichen Rat. Er fragte: „Warum glauben wir dem Teufel mit seinen Schrecken mehr als dem Trost Christi?“ Luther antwortete ihm: „Wir sind mehr dazu geschickt, zu zweifeln als zu hoffen. Denn unser Hoffen kommt vom Heiligen Geist, unser Verzweifeln stammt aus unserer eigenen Natur. Hoffen und Glauben ist etwas anderes als Denken und Spekulieren.“
In Depressionen hat Luther ganz verschiedene Ratschläge gegeben, die er aus eigener Erfahrung schöpfte. Eine unerschöpfliche Quelle des Trostes und der Kraft war ihm allezeit das Wort Gottes. „Es ist mein Stecken und Stab, daran halte ich mich und richte mich wieder auf und erfahre, dass der HERR dadurch bei mir ist und mich stärkt und von allen meinen Feinden erlöst.“ - „Die wahre christliche Wallfahrt geht nicht nach Rom oder Jerusalem, sondern zu den Propheten, Aposteln und Evangelien.“ - „Streite nicht mit dem Teufel“, sagt er „sondern suche die Gemeinschaft mit Christen. Meide die Einsamkeit. Als ich allein war, fiel ich viel stärker in Sünde.“ - Erholung und Hilfe war ihm auch die schlichte Handarbeit: „Ein guter Weg, den Teufel zu vertreiben, ist, das Pferd anzuschirren und Dung auf die Felder zu fahren.“
So hat Luther in ganz verschiedenen Anfechtungen Gottes Kraft und Gottes Sieg erfahren und konnte dadurch in zahllosen Briefen und Predigten auch andere Angefochtene kräftig ermutigen und aufmuntern. Ob in Anfechtungen oder in Leidenszeiten, bei Hiob und bei Luther hat Gott deutlich gemacht, dass ER mehr auf uns achtgibt als wir denken und dass letzten Endes uns „alles zum Besten dienen muss“ (Paulus in Römer 8). Der Teufel hat zwar viel Macht, aber Gott hat die Übermacht. Der Satan gebärdet sich manchmal sehr wild, aber in Wirklichkeit ist er nichts anderes als „der Lakai Gottes“ sagt Spurgeon. - „In allen Situationen - auch in den schlimmsten“, schreibt Paulus Römer 8, „erringen wir die glänzendsten Siege, weil CHRISTUS auf unserer Seite ist, der uns Seine Liebe geschenkt hat.“ Wo CHRISTUS ist, da wird nach dem langen, dunklen Tunnel mit Macht das helle Licht auf-brechen. - Daran lasst uns festhalten!

                       

                                   

     5. Dez.1998                                                                           Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün