58. Bibelkurs BK 58
Zweifel im Lichte des Wortes Gottes
Es ist die bekannte Geschichte vom „sinkenden Petrus“ – oft auf Bildern dargestellt – , die eine sehr gute Illustration zum Thema ZWEIFELN ist (Matthäus 14, 22-33). Die Jünger befanden sich in ihrem Boot auf dem See Genezareth, - nachts, mit Gegenwind und bei bewegtem Seegang. Plötzlich erscheint ihnen Jesus – auf dem Wasser gehend. Die Jünger erschrecken und halten Jesus für ein Gespenst. Da ruft ihnen Jesus zu: „Habt keine Angst! ICH bin’s“. Das ermutigt Petrus so sehr, dass er Jesus antwortet: „HERR, bist Du es, so befiehl mir, zu Dir zu kommen auf dem Wasser!“ Und Jesus sagte: „Komm her!“ Da stieg Petrus aus dem Boot, ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: „HERR, hilf mir!“ Jesus aber streckte sogleich die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: „Petrus, mit deinem Gottvertrauen ist’s nicht weit her. Warum hast du eigentlich gezweifelt?“ Dann traten sie in das Boot. – Die Frage an Petrus ist der Kernpunkt der Geschichte. Jesus wollte sagen: „Petrus, es ist kaum zu verstehen, warum du jetzt gezweifelt hast. Du hast doch gar keinen Grund dazu!“ – Warum hat Petrus dennoch gezweifelt? Bei Petrus haben einige Dinge mitgespielt, die auch für uns heutzutage noch bedeutsam sind.
I. Wozu neigen Zweifler? Das können wir deutlich bei Petrus erkennen.
· Petrus hätte eigentlich viel mehr Vertrauen zu Jesus haben sollen, denn er hatte schon viel mit Jesus erlebt und viel von Jesus gehört. Die Speisung der Tausende in der Wüste durch Jesus war erst vor wenigen Tagen geschehen. Das war etwas Gewaltiges! – Wir wissen eigentlich noch mehr als Petrus von der Macht und den Wundern Jesu, von Seiner Auf-erstehung – aber im kritischen Moment denken wir nicht daran. Da starren wir zu sehr auf die Gefahr. Und deshalb ist kein Gottvertrauen da.
· Wir sind alle – wie Petrus – ein bisschen „wundersüchtig“. Weil Petrus Jesus plötzlich erkannt hatte, traute er es Ihm zu, dass er mit Seiner Kraft auch auf dem Wasser gehen könnte – wie Jesus selbst. Dieses Erlebnis reizte ihn. Warum hatten die anderen Jünger nicht auch diesen Wunsch? - Es steckt in uns allen das starke Verlangen, Beweise für die Macht Jesu zu haben. Einfach zu wissen, dass Jesus alle Macht besitzt, weil ER es gesagt hat, das reicht uns meistens nicht. Jesus hat oft und deutlich gesagt (wie in Johannes 4): „Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht.“ Wenn wir keine sichtbaren Beweise Seiner Macht haben, tun wir uns oft schwer mit dem Gottvertrauen. Das war auch das Problem beim Jünger Thomas. Es war ihm mehrmals gesagt worden: „Jesus ist wirklich auferstanden!“ Aber das war ihm nicht genug. Er wollte unbedingt die Narben der Wunden Jesu vom Kreuz sehen und berühren. Jesus hat ihm eine deutliche Lektion erteilt: „Es ist besser, dem WORT zu glauben und nicht Beweise zu verlangen!“ („Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ – Johannes 20)
· Wir lassen uns zu schnell und zu leicht von unserer Umgebung beeinflussen. Als Petrus die hohen Wasserwogen sah, bekam er Angst. Die Wellenberge fesselten ihn mehr als die Person Jesu, der ja nicht weit von ihm entfernt war. Sie beeinflussten die Gedanken des Petrus so stark, dass ihm angst wurde. – Wir neigen sehr dazu, die Gefahren und Probleme vor uns zu groß zu sehen – und Jesus zu klein, oder dass ER ganz aus unserer Gedankenwelt verschwindet. Viermal heißt es im Psalm 93: „Die Wasserwogen erheben sich, sind groß und brausen mächtig“ – aber der Abschnitt schließt mit den Worten: „... der HERR aber ist noch größer in der Höhe.“ – Wir haben oft das Gefühl, dass die Last, die uns Gott auferlegt, zu groß sei. Aber das ist nur unser subjektiver Eindruck. In Wirklichkeit ist sie von Gott ganz genau gemäß unserer Tragkraft berechnet. Paulus schreibt: „Gott schickt uns keine Prüfungen, die zu schwer für uns wären. ER macht es immer so, dass wir sie ertragen können.“ (1. Korinther 10). In zwei berühmten Kapiteln der Bibel, in denen Gott verzagte Menschen aufrichten möchte, steht dieser Gedanke am Anfang. Die lange Rede Gottes an Hiob „aus dem Wettersturm“ beginnt mit den Worten: „Wo warst du, als ICH die Erde schuf? – Weißt du, wer ihr das Maß gesetzt hat?“ (Hiob 38) – Die gewaltige Ermutigungsrede Jesajas an Israel in Babylon fängt so an: „Wer misst die Wasser mit der hohlen Hand, - wer bestimmt des Himmels Weite, - wer wiegt die Berge...?“ (Jesaja 40) Beide Male ist vom Messen die Rede – das heißt: Gott prüft sorgfältig unsere Lasten. Hiob und die Hebräer in Babylon meinten, Gott hätte ihnen zu viel auferlegt. Aber Jesaja korrigiert ihr Denken. Gott misst genau und verrechnet sich nicht.
· Wir vergessen leicht, dass wir ständig in Gefahr sind. Es war sicher für Petrus ein Hoch-gefühl, auf dem Wasser zu gehen. Solche Gefühle haben wir gerne, wenn alles klappt und wunderbar läuft – und wünschen, dass solche Zeiten möglichst lange anhalten. Wie oft hört man: „Jetzt habe ich endlich mal meine Ruhe!“ Paulus zeichnet ein ganz anderes Bild vom Christsein: „Wir werden von allen Seiten bedrängt ... wir haben jeden Tag den Tod vor Augen ... was täglich auf uns einstürmt“ (Römer 8 + 2. Korinther 11). Hier ist Paulus Realist, - wir sind allezeit gefährdet!, – aber er ist kein Pessimist, denn er schreibt bei diesen Zeilen: „... und dennoch erringen wir in solchen Situationen die glänzendsten Siege durch Christus.“ (Römer 8, 37). Im Liedvers heißt es: „Wir sind im Kampfe Tag und Nacht, o HERR, nimm gnädig uns in acht und steh uns an der Seiten“ („Zieh an die Macht...“). Weil wir ständig von Gefahren umgeben sind, deshalb brauchen wir auch die ständige Verbindung zu Jesus. „Ohne MICH könnt ihr nichts tun“ sagt ER selbst (Johannes 15) . Ohne IHN kommen wir nicht durch den Dschungel des Alltags, – nicht durch die Wüste der Prüfungszeit, - aber mit IHM werden wir alle Berge überwinden.
· Die Szene offenbart auch noch eine andere Schwäche des Petrus, die uns öfter bei ihm begegnet: in einer fieberhaften Freude sucht er augenblicklich die Begegnung mit Jesus auf dem Wasser. Wenn etwas in Eile geschieht, dann muss man doppelt aufpassen. Wer in Hektik handelt, hat wenig Zeit zum Denken und macht deshalb auch leichter Fehler. Die Bibel mahnt oft zur Geduld. Geduld und Gottvertrauen gehören zusammen. Das wird zweimal in der Offenbarung erwähnt. (Offenbarung 13, 10+14, 12) Wer geduldig ist – und betet, weiß, dass die unsichtbare Hand Gottes lenkt und handelt, auch wenn äußerlich kaum etwas zu erkennen ist. Ungeduldige Menschen sind meist Aktivisten, die mit dem Wirken Gottes wenig rechnen.
II. Was hilft uns in gefährlichen Situationen?
· Die Evangelien wollen uns in ihren vielen Berichten zeigen, wer Christus wirklich ist: der HERR über die Naturgewalten, über die Krankheiten, über die Dämonen, der HERR des Alls. Dieses Bewusstsein hat Petrus gefehlt, als er die hohen Wellen sah – und deshalb bekam er Angst und begann zu sinken. Der christliche Glaube beginnt mit einem Wissen vom HERRN, nicht mit einem Gefühl. Christentum ist Christus. Deshalb ist das beste Mittel gegen geistliche Depressionen die Erkenntnis der biblischen Lehre. Wer das WORT fleißig studiert und es sich innerlich aneignet, bekommt eine klare Überzeugung von der Macht und Größe Jesu – und das macht ihn frei von Ängsten. Jesus sagt: „Wenn ihr bleiben werdet an meinem WORT, werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Johannes 8, 30+31)
· Der größte Fehler des Petrus war, dass er auf die hohen Wellen schaute und dadurch den Blick von Jesus wegwandte. Es ist sehr wichtig, dass wir beständige Verbindung mit Jesus haben. Das bedeutet praktisch: über Jesus nachdenken (über Seine Macht und Herrlichkeit) – und nicht über die Gefahr. Der Apostel sagt im Hebräerbrief: „Lass uns aufsehen zu Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens!“ (Hebräer 12, 2) – „aufsehen“ heißt hier wörtlich:“ wegsehen“ von den Problemen und hinsehen auf Jesus, - oder hinhorchen auf Seine Verheißungen. Auf diese Weise erhalten wir innere Kraft und göttliche Bewahrung. Der Judas-Brief schließt mit dem Wort: „Der HERR kann euch bewahren vor dem Straucheln.“ Charles Wesley fasste es in die Worte: „Der starke Glaube sieht die Verheißungen und schaut nur auf sie allein. Er lacht über die Unmöglichkeiten und ruft: Es wird geschehen!“
· Petrus sah auf die Wellen – und malte sich aus, wie er wohl im nächsten Augenblick von den Wellen verschlungen würde, - ein schreckliches Bild! - Wir sollen nicht über Negatives nach-denken sondern über die Kraft und Liebe Gottes. Der Glaube schlägt die Tür zum Negativen zu, um sie nie wieder zu öffnen. Der junge David rannte dem Goliath entgegen und dachte nicht über dessen gewaltige Rüstung nach sondern über die unsichtbaren Engelheere des HERRN ZEBAOTH, die ihn begleiteten und die seinen Kieselstein steuerten. Das war das Geheimnis seines Sieges. – Es geht um die entscheidende Frage: „Worum kreisen unsere Gedanken?“ Kreisen sie um unser Problem, um den „Sorgenberg“, um ungelöste Zukunfts-fragen, um meine Schwächen, um böse Mitmenschen, um Nebendinge ...? – oder kreisen sie um Gottes Allmacht, um Seinen Thron, von dem aus alles Geschehen gesteuert wird, - um Golgatha und die Auferstehung, - um Gottes Treue und Seine vielen Wunder, - um die großen biblischen Verheißungen? Diese Gedanken sind sehr wichtig. Denn mit Gedanken fängt alles an. Gedanken produzieren Gefühle und dann folgen die entsprechenden Handlungen. Wenn das Gedankenzentrum negativ ist, dann ist auch alles Folgende negativ. Wenn Christus die Mitte unseres Denkens ist, dann folgt eine positive Perspektive. Denn es gibt nichts Positiveres als Christus und Sein WORT. – Das meint Paulus, wenn er im Römerbrief (Kap.8) sagt: „Wenn ihr <fleischlich> (= irdisch, negativ) gesinnt seid, dann ist am Ende das schlimmste Negative, nämlich der Tod. Wenn ihr geistlich (göttlich, positiv) denkt, dann bringt dieses Denken Leben und Friede.“ Diese zwei Denkweisen unterscheiden sich wie Tag und Nacht, sind extreme Gegensätze. – Als Helmut Thielicke einmal am Fernsehen bei einer Talk-Show zum Thema „Leben auf anderen Gestirnen?“ gefragt wurde, was er – falls außerirdische Lebewesen entdeckt würden – wohl als Theologe dann unternehmen würde, gab er zur Antwort: „Ich halte es mit der alten Faustregel: <Keine Sorgen auf Vorrat machen!>“ Das ist ein gutes Rezept! Aber wie viel Denken kreist unnötigerweise um die Zukunft, von der niemand weiß, was sie wirklich bringt. – Das meinte auch Jesus, wenn Er in der Bergpredigt den langen Abschnitt übers Sorgen schließt mit dem Satz: „Sorgt nicht für morgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“ Das heißt: Es genügt, wenn wir die Probleme von heute anpacken. Wie sich das Morgen und Übermorgen gestalten wird, das haben wir nicht in der Hand, - das soll uns nicht zu sehr beschäftigen. Wir sollen es, sagt Jesus, unserem himmlischen Vater überlassen.
· Diese Gedanken stecken auch hinter der Geschichte vom Manna im Alten Testament. Jesus hat darauf Bezug genommen in der großen Rede nach der Speisung der 5000, die in dem Satz gipfelte: „ICH bin das Brot des Lebens“ (Johannes 6) – Nach dem Durchzug durch das Rote Meer begann die lange Wüstenwanderung, die 40 Jahre dauerte, - ins Gelobte Land. In 2. Mose 16 wird ausführlich berichtet, wie Gott das Problem der Versorgung des Volkes Israel mit Nahrungsmitteln gelöst hatte: Am Abend bedeckten Wachteln das Land und am Morgen fanden sie das Manna auf dem Wüstensand. Sie sollten sammeln so viel sie für den Tag brauchten, nicht mehr! – und am sechsten Tag die doppelte Menge (für den Sabbat mit!). Da waren natürlich auch Skeptiker und Schlaumeier dabei (wie überall!), die trauten der Sache nicht ganz und meinten, ein kleiner Vorrat könne kein Fehler sein. Sie sammelten mehr Manna ein – und stellten aber am nächsten Tag fest, dass das überzählige Manna ungenießbar geworden war, es stinkte! Das „Vorratsdenken“ hat nichts gebracht, es war gegen den Plan Gottes. Vier Jahr-zehnte lang hat dieses System funktioniert. Bei der Einreise in Kanaan musste Aaron sogar etwas Manna in einem Krug aufbewahren (später sogar in der Bundeslade) – für die Nach-kommen: sie sollten ständig daran erinnert werden, dass der allmächtige Gott für Sein Volk bestens sorgt. Dieses „Souvenir“ (frz. = sich erinnern, sich besinnen) war notwendig, weil auch das Gottesvolk oft sehr vergesslich ist. – In Johannes 6 spielt Jesus auf das Manna an und sagt: So wie eure Väter mit dem täglichen Manna durch die Wüste kamen, so wird jeder, der Christus aufnimmt, jeden Tag göttliche Kraft erhalten (denn Christus ist das Brot des Lebens), um den weiten Weg (der oft ein Wüstenweg ist) zum ewigen Ziel durchzustehen. Jesus sagt wörtlich: „Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.“ – das bedeutet: wer täglich in enger Verbindung mit Jesus lebt (ohne Brot kann man nicht leben!), der hat das wahre Leben.
· Das Sinken des Petrus endete nicht mit dem Ertrinken. Was half ihm dabei? Das Gebet und das Vertrauen auf die Herrschermacht Jesu. Er konnte nicht auf dem Wasser zu Jesus – aber mit dem Gebet. Er rief nicht: „Johannes, hilf mir!“ sondern: „HERR, rette mich!“ Ein kurzer Schrei, ein Stoßgebet – aber voller Vertrauen in die Retterkraft Jesu, - da hat Petrus ganz richtig gehandelt, hier ist er vorbildlich! – Jesus lässt niemand untergehen, der IHN anruft. „Rufe MICH an in der Not, so will ICH dich erretten!“ heißt das berühmte Psalmwort (Psalm 50, 15)
III. Was sagt die Bibel über Zweifel?
Es gibt viele Menschen, die Zweifel haben, die an allem und jedem etwas auszusetzen haben, die generell misstrauisch sind – die auch an göttlichen Wahrheiten ihre Zweifel haben. In der Wissenschaft und in der Forschung haben Zweifel eine wichtige Funktion. Sie sind wie eine Antriebskraft. Bei den Philosophen gehört das Zweifeln zum Handwerk. Es wird alles angezweifelt, die Autoritäten werden kritisiert. Die verbreitetste Denkrichtung ist heute der Skeptizismus. Die meisten Intellektuellen sagen: es gibt keine absolute Wahrheit, alles ist relativ. Diese Einstellung ist nicht sehr positiv. Skeptisches Denken führt früher oder später in die Verzweiflung.
Was sagt die Bibel dazu? – In der Bibel ist selten vom Zweifel die Rede. Von Hiob z.B. er-fahren wir überhaupt nichts von seinen Zweifeln. Er kämpft gegen Gott – aber Gott ist für ihn eine Tatsache, die er nicht bezweifelt – trotz seines schweren Schicksals. Die Bibel sagt: die großen Fragen des Lebens lassen sich mit der Vernunft allein nicht beantworten. Dazu braucht es Offenbarung, dass uns Gott in Seinem WORT Seine Gedanken sagt. Deshalb geben auch die Philosophen selten befriedigende Antworten auf die Lebensfragen. Der Intellekt kann dem Menschen
keine Gewissheit vermitteln. Dazu braucht es göttliche Hilfe, den Heiligen Geist. Luther sagt: „Der Heilige Geist ist kein Skeptiker.“
Dennoch ist im Neuen Testament in drei Bereichen von Zweifeln auch bei den Gläubigen die Rede. Einmal bei der Auferstehung Jesu, die ein so gewaltiges Ereignis war, dass einige es nicht gleich annehmen konnten (wie z.B. Thomas). Dann betont der Apostel Jakobus, dass wir vor allem beim Beten nicht zweifeln dürfen, denn dann würden unsere Gebete nicht erhört. „Der Gläubige soll im Vertrauen auf Gott beten und nicht zweifeln...“ (Jakobus 1, 6) Am häufigsten wird aber das Thema Zweifel in Verbindung mit den Verheißungen Gottes gebracht, vor allem, wenn von Abraham die Rede ist.
IV. Warum können wir den Verheißungen Gottes absolut vertrauen?
Das ist ein wichtiger Punkt für die Praxis unseres Christenlebens. Eine Verheißung ist so etwas wie eine Ermutigung. Wir brauchen sie jeden Tag. Wenn Gott in der Bibel zu uns sagt: „ICH will mit dir sein ... ICH will dir helfen ... ICH werde dich führen ... ICH gehe voraus und mache Bahn ... ICH werde dir Kraft geben ... ICH sorge für dich ... “ dann kann das eine große Stärkung für uns sein. Wir kennen viele von diesen göttlichen Verheißungen. In der Bibel sind Tausende zu finden. Eines der beliebtesten Andachtsbücher seit über hundert Jahren ist das Büchlein von Spurgeon „Kleinode göttlicher Verheißungen“. Im engl. heißt der Titel: „Scheckbuch der Glaubensbank“ – das bedeutet: das Buch enthält 366 Verheißungen aus der Bibel, für jeden Tag einen „großen Scheck“; wenn ich ihn bei der „Himmelsbank“ einlöse, bekomme ich dafür sehr viel (der Himmel ist nie kleinlich!!) Pfr. Heimbucher z.B. hat dieses Buch bei einem langen Klinikaufenthalt täglich neben seiner Bibel gelesen. Es hat ihm am meisten geholfen, das Gotteswort als Stärkung zu erfahren. – Leider fällt es uns meistens schwer, die großartigen Verheißungen Gottes als bare Münze zu nehmen. Da tauchen oft Zweifel auf: „Kann ich das einfach für mich so annehmen? Gilt das heute für mich?“ Um dafür Hilfe zu bekommen, ist es gut, zu erfahren, was die Bibel dazu sagt.
Das Wort Verheißung ist ein typisch kirchliches, christliches Wort. Im weltlichen Sprach-gebrauch oder in der Zeitung begegnet es uns sehr selten. In der Bibel kommt es sehr häufig vor.
Verheißung bedeutet in der Bibel: bindende Zusage Gottes. Es wird nicht von Menschen verwendet. Es ist immer Gott, der ein Versprechen gibt, - und der Inhalt Seiner Zusagen ist immer etwas Positives (im Lexikon steht: „Verheißung beschreibt Gottes rettendes und helfendes Handeln.“) Die erste Verheißung steht 1. Mose 3, 12. Gott verspricht, nach der Katastrophe von Eden, dem Versagen von Adam und Eva, einen aus dem Menschengeschlecht zu senden, der dem Satan „den Kopf zertreten soll“ und die Macht des Bösen bricht. Es folgen noch Tausende von Verheißungen in der ganzen Bibel. Besonders bedeutsam sind die Verheißungen, die das Erscheinen von Christus ankündigen, davon gibt es 330 im Alten Testament. Allein am Karfreitag gingen 52 Verheißungen des Alten Testaments durch den Tod Christi in Erfüllung. 27 mal wird in den vier Evangelien ausdrücklich vermerkt, wenn eine Prophezeiung auf Christus sich „erfüllt“ hat. Besonders deutlich kann man die Erfüllung der göttlichen Verheißungen beim Volk Israel er-kennen. Die vorausgesagte Zerstreuung des Volkes Israel unter alle Völker der Erde (wegen seines Ungehorsams gegenüber Gott) traf ein – und die von den Propheten verkündete Sammlung Israels am Ende der Zeiten erfolgt rund 2000 Jahre nach Christus, wie wir es gerade erleben. Jedesmal, wenn Gott Seinem Volk das Land verspricht, verbindet ER es mit einem Schwur. Das sind sehr beweiskräftige Zeugnisse für die Zuverlässigkeit der göttlichen Versprechungen. Es ist so, wie es der Psalm beschreibt: „Des HERRN Wort ist wahrhaftig und was ER zusagt, das hält ER gewiss.“ (Psalm 33, 4) Das gilt natürlich für jede Verheißung, - auch für die, die uns persönlich betrifft. Ein großartiges Wort haben wir zu diesem Thema von Paulus. Er schreibt: „Auf alle Gottesverheißungen ist in Christus das JA...“ (2. Korinther 1, 20) – das bedeutet: der ganze ungeheure Reichtum, den Gott in die Tausende von Verheißungen der Bibel gelegt hat, ist in Christus zu haben. Deshalb sagen auch die Apostel immer wieder: „In Christus ist die Fülle!“ (Kolosser 2, 9), deshalb schreibt der Apostel Johannes: „Wer Jesus hat, der hat das Leben – und wer Jesus nicht hat, hat das Leben nicht“ - auch wenn er noch so viel anderes hat. (1. Johannes 5, 12)
Am häufigsten wird im Neuen Testament das Thema Verheißung in Verbindung mit Abraham gebracht. (4 mal in Römer 4, 5 mal in Galater 3 und 10 mal in Hebräer 6.9.10.11) Bei Abraham kann man am besten studieren, wie wir mit den Verheißungen Gottes umgehen sollen. Gleich bei seiner Berufung hat Abraham eine große Verheißung von Gott erhalten: „ICH will dich segnen und du sollst ein Segen sein ... und durch dich sollen alle Völker auf der Erde gesegnet werden.“ (1. Mose 12) Aber die klassische Stelle dafür steht im Römerbrief: „Abraham zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern wurde stark im Glauben und gab Gott die Ehre und wusste aufs allergewisseste: was Gott verheißt das kann ER auch tun.“ (Römer 4, 20+21)
Abraham hatte große Verheißungen bekommen: durch seine Nachkommenschaft sollten alle Völker gesegnet werden, - aber bis das mit der Nachkommenschaft losging vergingen 25 Jahre, und dann waren zu diesem Zeitpunkt Abraham und Sarah schon so alt, dass medizinisch (wissenschaftlich!) gesehen Kinderkriegen nicht mehr möglich war. Und doch rechnete Abraham mit einem Sohn, warum? – weil Gott es ihm verheißen hatte. In diesem Punkt war er sich absolut sicher.
Gott hat Abraham noch einen Extra-Beweis gegeben, damit er innerlich wirklich ruhig und gewiss sein konnte: Gott schwor ihm mit einem Eid, dass das göttliche Versprechen tatsächlich in Erfüllung gehen werde. (Hebräer 6). Der Apostel fügt an dieser Stelle hinzu: das gilt genau so auch für uns! Die Verheißungen, die Gott uns gibt, sind doppelt verbürgt: Gott gibt uns Sein Versprechen und bestätigt es noch mit Seinem Eid. Was sind das für schwere Gewichte Gottes, um uns das Vertrauen leichter zu machen! An dieser Stelle – und später noch einmal (Titus 1, 2) – bringt der Apostel noch eine Bemerkung, über die man schon verdutzt ist: - „wenn Gott eine Verheißung gibt, dann lügt Gott nicht!“ – Aber dieser Hinweis hat schon seinen Grund; die Gläubigen, die sehr zum Zweifeln geneigt sind, sollen es sich fest einprägen: sie können sich auf jede Verheißung Gottes felsenfest verlassen. – Im Alten Testament gibt es im Hebräischen kein besonderes Wort für „verheißen“ – es steht dafür immer „sprechen“; das heißt: wenn Gott spricht, dann bedeutet das genau so viel, wie wenn ER etwas verspricht.
An einem Exempel macht es der Apostel besonders deutlich, wie er es meint. Er zitiert die schönste Verheißung der Bibel, die Gott oft an Seine Leute zur Ermutigung weitergegeben hat: „ICH will dich nicht verlassen ... !“ (Hebräer 13, 5) – an Josua gerichtet! Im griechischen Text die-ses Verses ist ein fünf-malige Verneinung enthalten. Erich Sauer hat sehr treffend so übersetzt: „Nimmermehr! Niemals! Nein! Unter keinen Umständen! Auf keinen Fall – werde ICH dich verlassen und nicht von dir weichen!“ - Es ist gut, wenn man sich diese biblischen Ratschläge zu Herzen nimmt. Denn wir neigen sehr dazu, die göttlichen Verheißungen anzuzweifeln – nach dem Motto: „Es ist zu schön, um wahr zu sein!“ Mit Seinen vielen Verheißungen will Gott uns Mut machen und Hoffnung geben, dass wir zuversichtlich allem Kommenden entgegengehen. Es wird alles erfüllt werden, was ER uns in Seinem WORT verspricht.
Von Abraham kann man nur immer wieder lernen. Er war so fest überzeugt, dass Gottes Verheißungen zuverlässig sind, dass er sogar gehorsam mit seinem Sohn Isaak auf Gottes Geheiß hin auf den Berg Morija stieg, um ihn dort opfern – aber die Gedanken, die ihn unterwegs bewegten waren keine tragisch-depressiven sondern etwa folgende: „Gott hat mir einen Sohn geschenkt und mir versprochen, dass ihm eine große Nachkommenschaft folgen wird. Diese Zusage kann unmöglich annulliert werden. Denn Gottes Versprechen sind heilig und werden nie ungültig. Des-halb bleibt nur eins übrig: wenn Isaak durch die Opferung stirbt, wird Gott ihn bestimmt wieder auferwecken – denn ER kann Sein gegebenes Versprechen nicht brechen!“ Das ist der echte Glaube! Das ist „positives Denken“, wie es noch nie ein Mensch gedacht hat. Wir sollten uns Abraham in unserem Denken zum Vorbild nehmen! (siehe Hebräer 11, 19)
Zum Schluss noch einige „Kleinode göttlicher Verheißungen“. Sie sind alle ewige Wahrheiten. Sie gelten für jeden von uns – für jeden Tag, - für jede Situation:
„Habe deine Lust am HERRN, der wird dir geben, was dein Herz wünscht.“ Psalm 37, 4
„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ 2. Korinther 12, 9
„Ich aber will zu Gott rufen und der HERR wird mir helfen.“ Psalm 55, 17
„ICH stärke dich, ICH helfe dir, ICH halte dich durch die rechte Hand Meiner Gerechtigkeit“ Jesaja 41, 10
„ICH will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet.“ Jesaja 66, 13
„Wenn sie auch wider dich streiten, sollen sie dir doch nichts anhaben, denn ICH bin bei dir, dass ICH dir helfe.“ Jeremia 15, 20
„Ich bin arm und elend, der HERR aber sorgt für mich.” Psalm 40, 18
14. August 2004 Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün