82. Bibelkurs                                                                                                                             BK 82

 

Wer ist Jesus Christus? - Teil XVII (letzter Teil)

Unermesslicher Reichtum in Christus

- für jeden, der Christ wird (Epheser 1)

 

            Es gibt sichtbaren Reichtum (Besitz, Geld, Gesundheit) und es gibt unsichtbaren Reichtum (Glück, Frieden, Freude). Die meisten Menschen trachten zuerst nach irdischem Reichtum (um die unsichtbaren Güter zu erlangen), der allerdings den großen Nachteil hat, dass er vergänglich ist und uns plötzlich genommen werden kann (durch Krankheit, Schicksalsschläge, Tod). Die Bibel warnt oft vor irdischem Reichtum, weil er nicht beständig ist und weil er uns innerlich nicht volle Erfüllung gibt. Das macht Jesus deutlich in der Geschichte vom „reichen Kornbauern“: sein großer Traum einer reichen Ernte war in einer Nacht zuende, als der Bauer plötzlich starb. Jesus nennt diesen Mann einen „Narren“, weil er den Tod überhaupt nicht einkalkuliert hatte – und sagt am Schluss: „...es ist klüger, wenn man göttliche Reichtümer sammelt.“ (Lukas 12) Die andere Geschichte berichtet von dem reichen, jungen Mann, der Jesus begegnet und der gerne ewiges Leben von Ihm haben möchte. Jesus sagt ihm: „Du bekommst es, wenn du alles verkaufst, was du hast und es den Armen gibst.“ (Markus 10). Das war dem jungen Mann zu viel. Sein materieller Reichtum war ihm doch wichtiger als die unsichtbaren göttlichen Schätze. Hier wird deutlich, wie sehr wir Menschen uns vom Irdischen beeinflussen lassen und wie gering wir die unsichtbare Welt Gottes einschätzen.

            Jesus hat diesen Punkt in den Gleichnissen über das Reich Gottes in Matthäus 13 berührt. Wenn Jesus vom Reich Gottes spricht, dann meint ER damit Sich Selber. ER sagt: „Das Himmelreich ist gleich einem verborgenen Schatz oder einer kostbaren Perle.“ In beiden Fällen haben die Interessenten alles verkauft, um das Gesuchte zu bekommen. Das bedeutet: Wer Jesus findet, erhält von Ihm unendlich viel, dass er auf alles verzichten kann – und dennoch glücklich bleibt, weil er sich als Besitzer eines unermesslichen Reichtums fühlt. Dieser Gedanke ist auch der Kern im Märchen vom „Hans im Glück“, der vor Freuden hüpft und springt, als er alles hergegeben hatte und nichts mehr besaß. Hier kommt zum Vorschein, dass im Volk doch viele zweifeln: ob Besitz wohl wirklich glücklich macht? Aber eine realistische Antwort auf die Frage: Was macht uns wirklich glücklich? – gibt das Märchen nicht. - Jesus beantwortet dieses Problem ganz einfach: „Wenn du wirklich glücklich werden willst, dann lade Mich ein. ICH bringe dir einen unvergänglichen Reichtum, der dir Freude und Zufriedenheit gibt wie sonst nichts und niemand auf der Welt.“ – Worin besteht nun der Reichtum, den Jesus hier meint?

Paulus gibt darauf in seinen Briefen mehrere Antworten, vor allem im Epheserbrief. Dieser Brief hat ein ganz besonderes Gewicht. Luther hat ihn nach dem Römerbrief am meisten geschätzt. Für den Schweizer Reformator Calvin war es der Lieblingsbrief. Paulus verwendet in seinen Briefen 164 mal die Formel „in Christus“ (als Bezeichnung für Menschen, die Christen sind), dabei 33 mal in den sechs Kapiteln des Epheserbriefes (das ist das Maximum in einem Paulusbrief!) - und 18 mal im Kolosserbrief, den Paulus gleichzeitig aus der Gefangenschaft in Rom schrieb, etwa 63 n.Chr. - Allein 11 mal erscheint dieses „in Christus“ schon im ersten Kapitel des Epheserbriefes. Gleich am Anfang dieses Briefes will der Apostel den Christen in Ephesus klar machen, welch vielfältiger Reichtum ihnen in Christus geschenkt wird. Es ist, als ob es nur so aus ihm heraussprudelt – wie ein Wasserfall! – wenn er alles atemlos aufzählt, – in einem einzigen ellenlangen Satz (dem längsten Satz im Neuen Testament!), der im Griechischen 9 Verse umfasst (V.3-12). Schon in der Adresse im ersten Vers klingt der Ton an, wenn der Apostel schreibt: „... an die Heiligen in Ephesus, die Gläubigen in Christus Jesus.“ Wenn Paulus die Gläubigen in diesem Brief so oft als Menschen „in Christus“ bezeichnet, ist das ein Hinweis, dass ganz Grosses zu erwarten ist. Denn: wenn in Christus alle göttlichen Güter und Kräfte verborgen sind, dann muss eine ganz enge Verbindung mit diesem Christus (wenn man „in Christus“ ist) auch Gewaltiges zuwege bringen. Und das entfaltet Paulus in Epheser 1. - Schon in anderen Briefen hatte er diesen Punkt angeschnitten:

o   „... Christus wurde arm, damit ihr durch Seine Armut reich würdet.“ (2. Korinther 8, 9)

o   „... in Christus seid ihr durch Ihn in allen Stücken reich gemacht...“ (1. Korinther 1, 5)

o   „Gott wird all eurem Mangel abhelfen nach Seinem Reichtum ... in Christus.“ (Philipper 4, 19)

o   „Gott wird uns künftig den überschwänglichen Reichtum in Christus Jesus zeigen. (Epheser 2, 7)

o   „Ich soll die Frohe Botschaft vom unergründlichen Reichtum von Christus verkündigen.“ (Epheser 3, 8)

o   „Ich bitte Gott, ER möchte euch nach Seinem herrlichen Reichtum mit Kraft stärken.“ (Epheser 3, 16)

o   In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.“ (Kolosser 2, 9)

o   „Mose hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens.“ (Hebräer 11, 26)

 

Das Thema „in Christus bin ich reich“ wird also von Paulus oft und intensiv behandelt. Das Thema liegt ihm sehr am Herzen. Er freut sich, eine solche Botschaft seinen Gemeinden zu bringen. Wir brauchen sie heute auch, denn oft schleichen sich bei uns kleinkariertes Denken, Minderwertigkeitskomplexe, Ängstlichkeit, Schüchternheit ein, die überhaupt nicht mit einem sich reich fühlenden Geist zusammenpassen. Bei reichen Leuten können wir sehen: sie leben großspurig, machen große Pläne, feiern Feste. Im übertragenen Sinn sollte das ein Modell sein für die gläubigen Christen: hinter uns steht ein großer Gott (der das Universum regiert), in uns lebt Christus (der den ganzen Kosmos beherrscht), im Innern steuert uns der Heilige Geist (der auch eine große Kraft ist – kein nebuloses Wesen!). Was ist das für ein Reichtum! Da kann man wirklich sagen: „Herz, was willst du mehr?“ Wer sich des Reichtums in Christus bewusst ist, hat einen sehr positiven und zuversichtlichen Lebensstil – wie Paulus, der sagt: „Mag kommen, was da will, wir werden alles spielend unter unsere Füße bekommen, weil Christus mit uns ist, - ja sogar in uns lebt. ER schafft’s!“ (Römer 8, 37). Bei den Märtyrern ist das offenbar geworden – angesichts des Todes, der sonst im Allgemeinen den Todeskandidaten jeglichen Optimismus genommen hat.

            Dieser geistliche Reichtum ist allerdings unsichtbar, - wird deshalb auch von vielen nicht für wichtig gehalten, aber er ist dennoch eine Realität. Fünf Mal kommt im Epheser-Brief – und zwar nur im Epheser Brief! - der Passus vor: „in den himmlischen Bereichen“ (Luther „im Himmel“: Epheser 1, 3; Epheser 1, 20; Epheser 2, 6; Epheser 3, 10; Epheser 6, 10) Damit ist der Herrschaftsbereich von Christus gemeint. Die Gläubigen befinden sich mitten in diesem Bereich und sind davon umgeben. - Wir sind leider durch unsere Kultur so sehr an das Sichtbare gebunden, dass das Unsichtbare an Bedeutung verloren hat. In der Bibel spielt sich das Wichtigste im unsichtbaren Bereich ab. Wenn ein Christ diese Perspektive vernachlässigt, tut er sich schwer im Leben. - Christus regiert in allen Regionen, nichts entgeht Seiner Kontrolle. Wenn wir Christus aufgenommen haben (Johannes 1, 12), dann tritt Christus in Aktion. ER ist kein ruhender Gott sondern ein höchst aktiver HERR. ER prägt mein Denken, Fühlen, Entscheiden durch Seine Anwesenheit. Weil ER da ist, arbeitet ER auch. Das möchte Paulus seinen Gemeinden klar machen. Das hilft ihnen am meisten in den Kämpfen mit der gottlosen Umwelt. „Christus in uns“ – das verwandelt die ganze Weltsicht, das verändert auch den Alltag. „Christus in uns“ – das ist Wahrheit, - und Wahrheiten kann man nicht oft genug wiederholen, weil viele Gedanken, die uns umschwärmen eben nicht Wahrheit sondern Lügen sind. – Wie sieht der göttliche Reichtum konkret und praktisch aus?

 

I. Die Erwählung. (Epheser 1, 4-6) „In Christus hat ER uns erwählt...“ Christen sind Menschen,

 die von Gott erwählt sind. Dieser Satz ist für viele keine aufregende Sache, aber er hat mehr Gewicht als die meisten Christen denken. – Man sieht es am Beispiel von Israel. Gott hat Israel unter allen Völkern der Welt erwählt, - obwohl es zu den kleinsten Völkern gehört. ER hat es erwählt, weil ER mit ihm etwas Besonderes vorhatte, einen großartigen Plan, den die übrige Welt zunächst gar nicht erkannt hat. Durch 3000 Jahre – seit König David – kann man diese Linie in der Geschichte verfolgen. Von den Hethitern, den Philistern, den Kelten, den Nabatäern usw., die vor Jahrtausenden auch „Geschichte machten“, redet heute – außer den Historikern – niemand mehr. Aber von Israel redet heute – fast jeden Tag - die halbe Welt. Warum? Weil Gott das Volk Israel erwählt hat und damit ein großes Ziel erreichen will. – Genau so ist es mit den Christen, sagt Paulus hier: „In Christus hat Gott uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war.“ (V.4) Das ist ein gewaltiges Faktum: Vor der Erschaffung des Universums hat sich Gott schon in Gedanken mit uns beschäftigt und hat einiges – uns betreffend! – festgelegt, das bis in Ewigkeit gelten soll: ER hat uns erwählt, dass wir in Seinem ewigen Reich sein sollen. – Man kann von einem Parlament, von einem Volk, von einer Belegschaft gewählt werden – aber von Gott auserwählt werden, das ist schon etwas Einmaliges! Diese Erwählung hängt allerdings mit Christus zusammen: „In Christus hat ER uns erwählt.“ Das ist wichtig – und das bedeutet: Wer Christus aufnimmt, wie es der Apostel Johannes gleich am Anfang schreibt (Johannes 1, 12), gehört damit zu den Erwählten Gottes. Der große Soziologe Max Weber hat ein berühmtes Buch geschrieben („Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“-1921), in dem er diesen Gedanken aufgreift und – in seiner Deutung - weiterspinnt: Calvins Betonung des von Gott Erwähltseins (er hat 48 Predigten über „Erwählung“ gehalten!) habe den wirtschaftlichen Aufstieg der westlichen Welt bewirkt. („Ich bin erwählt“ – das bedeutet: Gott ist auf meiner Seite, ER unterstützt mich, mit Ihm geht es vorwärts, deshalb kann ich optimistisch sein!) Das Eine hat M.Weber begriffen: Erwählt-Sein von Gott, das ist kein Pappenstil, das ist etwas Großes, - das hat Folgen.

            Die Erwählung ist keine menschliche Spekulation sondern eine göttliche Erklärung. Erwählung im biblischen Sinn ist kein Ruhekissen. Man kann nicht sagen: „Ich bin erwählt, jetzt kann ich machen, was ich will.“ sondern biblisch bedeutet es: „Ich bin von Gott erwählt, ich will mich dieser Ehre würdig erweisen.“ Deshalb führt Paulus diesen Gedanken gleich weiter mit den Worten:

„... erwählt, dass wir heilig und untadelig vor Ihm sein sollen.“ – Der Gedanke der Erwählung kann uns viel innere Beruhigung bringen, wenn Zweifel uns niederringen wollen. Auch Jesus sagt es deutlich: „Nicht ihr habt Mich erwählt – sondern ICH habe euch erwählt.“ (Johannes 15, 16)

 

II. Adoption. Gott hat uns adoptiert als Seine Kinder. (V.5-8) „ER hat uns dazu vorherbestimmt,

 stimmt, Seine Kinder zu sein durch Jesus Christus...“ (V.5). Ein Gotteskind wird man nicht durch Geburt sondern durch die Gnade Gottes (V.6). Gott selbst bestimmt, wer zu Seiner Familie gehört. Es sind diejenigen, die durch Jesus Christus Vergebung der Sünden und die Kraft zu einem neuen Leben bekommen haben. Sie werden gleichsam von Gott als Seine Kinder adoptiert. Paulus verwendet dabei oft den Ausdruck „Kindschaft“, der als Fachausdruck im römischen Recht für Adoption verwendet wird. Demnach waren adoptierte Kinder den natürlichen Kindern gleichgestellt. – Dasselbe Geschehen beschreibt der Apostel Johannes etwas anders mit: „von neuem geboren“ = „von oben geboren“ – d.h. „von Gott geboren“. (Johannes 3) Wir werden Söhne und Töchter Gottes, wenn wir „begnadet“ werden durch Christus (V.6). Das geschieht am Kreuz von Golgatha. Da nimmt Christus die Strafe für unsere Sünde auf sich. Wer das annimmt, darf als „Begnadigter“ vor Gottes Thron erscheinen. – Eine „Tochter Gottes“ oder ein „Sohn Gottes“ zu sein, ist eine große Ehre; das ist mehr als Prinzessin oder Prinz zu sein. Als Kinder Gottes haben wir freien Zugang zum Thron Gottes, können dort alle unsere Anliegen vorbringen und dürfen damit rechnen, dass der Allmächtige sie sorgfältigst bearbeitet, weil ER als unser himmlischer Vater nur das Beste für Seine Kinder auswählen wird (wie wir es ja mit unseren Kindern ähnlich machen). Ein Kind Gottes zu sein – das gehört mit zu den großen Reichtümern der Christen.

 

III. In Christus haben wir die Erlösung durch Sein Blut (V.7). Das Wort „Erlösung“ stammt aus

  dem Sprachgebrauch der Sklaverei. Da die ersten Gemeinden zum großen Teil aus Sklaven bestanden, lag es für Paulus nahe, dieses Bild zum Vergleich zu nehmen. Wenn ein Sklave frei werden wollte, dann musste dafür ein Kaufpreis gezahlt werden. Der Freikauf lief über den Tempel. Paulus deutet das so: Christus hat am Kreuz mit Seinem Blut gleichsam den Preis gezahlt, wofür der Teufel seine Gefangenen frei lassen muss, so dass sie Gottes Eigentum werden. Wer Christus aufnimmt, erfährt das. – Für einen Sklaven war die gewonnene Freiheit etwas Wunder-bares, ein ganz neues Lebensgefühl. Noch größer ist die Freude bei denen, die durch Christus Befreiung von Schuld, von bösen Mächten, von Leidenschaften, Süchten erfahren. Der Teufel muss seine Gefangenen frei geben, wenn nach dem Bekenntnis der Sünde einem die Vergebung im Namen von Christus zugesprochen wird.

 

IV. Ausblick in die Zukunft: Alles wird zusammengefasst in Christus. Am Schluss der Weltgeschichte „wird alles, was im Himmel und auf Erden ist, zusammengefasst in Christus.“ (V.10) Christus hat die Herrschaft über alle Mächte, Gewalten, Engel, Dämonen, alle Kräfte in der unsichtbaren Welt. Nichts ist Seiner Gewalt entzogen. Vor dem „Thron des Lammes“ fallen Millionen IHM zu Füßen und ehren IHN als den absoluten HERRN über alles, zur Ehre Gottes des Vaters. (Philipper 2, 5-11). Es ist eine ungeheure Machtfülle, die in Christus vereinigt ist – und es ist unbegreiflich, dass dieser große Christus bei uns einkehren will. ER schreibt an die Gemeinde von Laodizea, die eng mit den Christen von Ephesus verbunden war: „Siehe, ICH stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand Meine Stimme hören und die Türe auftun wird, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm zusammen speisen.“ (Offenbarung 3, 20. Im Orient ist die gemeinsame Mahlzeit ein Zeichen inniger Gemeinschaft.) Wenn ein hoher Gast vor unserer Türe steht, dann empfangen wir ihn meist mit großer Freundlichkeit und bieten ihm sofort das Beste an. Gegenüber Christus wäre ein solches Verhalten das Mindeste, denn ER ist der höchste Gast, der uns besuchen will. Wenn ER kommt, dann bringt ER das Allerbeste mit, - himmlische Güter, die wir gar nicht hoch genug einschätzen können: Kraft, Liebe, Freude, Friede – und das in unbegrenztem Ausmaß. Paulus schreibt: „In Christus wohnt die Fülle der Gottheit leibhaftig.“ (Kolosser 2, 9) Wer IHN aufnimmt, wird überreich von IHM beschenkt.

V. Eine große Erbschaft wartet auf uns. Auf eine große Erbschaft haben schon manche spekuliert – und nicht wenige sind dann oft bitter enttäuscht worden. In der Bibel ist häufig vom Erbe die Rede. Gott hat Israel das „Gelobte Land“ als Erbe versprochen. Paulus schreibt hier: „In Christus sind wir von Gott zu Erben eingesetzt worden.“ (V.11) Im Römerbrief heißt es: „Weil wir Gottes Kinder sind, sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi.“ (Römer 8, 17). Das Erbrecht ist mit Christus verbunden. Wer mit Christus lebt, darf eine große Erbschaft erwarten, die in der Ewigkeit Wirklichkeit werden wird. In die Wohnungen des himmlischen Jerusalems werden wir nicht als Mieter einziehen sondern als Eigentümer. Diese herrliche Stadt ist ein Teil unseres Erbes - mit einem traumhaften Reichtum: Mauern aus Edelsteinen, Tore aus Perlen, Straßen aus Gold. Manche nennen das etwas spöttisch „Zukunftsmusik“. Aber das ist immer noch besser als „Nach dem Tod ist alles aus“ – wie das oft im Volk zu hören ist. Das Unsichtbare hat mehr Gewicht als die meisten denken – und umgekehrt gilt es auch: das Sichtbare hat weniger Wert als viele meinen – in der Todesstunde wird es offenbar. – Als der Missionar Christian Keyßer in Neuendettelsau beerdigt wurde, war auf seinem Sarg bei der Aussegnung eine Karte aufgestellt (so hatte er es angeordnet) unter anderem mit dem Text: „Ihr werdet euch freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude.“ (1. Petrus 1, 8). Den Grund dieser Freude nennt der Apostel Petrus in seinem Brief gleich am Anfang: „Wir sind wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ (1. Petrus 1, 3) - Ein Erbe ist etwas, das mir versprochen wird und das ich dann gewiss bekommen werde. In ähnlicher Weise sind auch die vielen Verheißungen Gottes in der Bibel zu verstehen. Jede einzelne Zusage Gottes wird wirklich eintreffen. Abraham war davon fest überzeugt: „Er wusste aufs allergewisseste: was Gott verheißt, das kann ER auch tun.“ (Römer 4, 21). – Von C.H.Spurgeon gibt es ein viel gelesenes und sehr zu empfehlendes Andachtsbuch mit dem deutschen Titel: „Kleinode göttlicher Verheißungen“. Der englische Titel ist etwas anders formuliert. Er lautet: „A Checkbook on the Bank of Faith“ ( = „Ein Scheckbuch von der Glaubensbank”). Das Buch enthält 365 Verheißungen aus der Heiligen Schrift (für jeden Tag eine!). Spurgeon will mit dem Titel sagen: Jede göttliche Verheißung ist wie ein Scheck, den ich bei der Himmelsbank jederzeit einlösen kann – und ich werde ganz sicher den Gegenwert von Gott bekommen. – Paulus wünscht sehr, dass die Christen die Größe des himmlischen Erbes erkennen. Deshalb betet er: „Gott gebe euch erleuchtete Augen, damit ihr wisst, zu welcher Hoffnung ihr von Ihm berufen seid und wie reich die Herrlichkeit Seines Erbes für die Heiligen ist.“ (Epheser 1, 18)

VI. Der Heilige Geist ist eine wichtige Gabe. Viele haben vom Heiligen Geist eine sehr ungewisse Vorstellung. In der Bibel hat der Heilige Geist eine große Bedeutung. Er ist eine Person der Dreieinigkeit, - ist also eine Person und nicht irgendein Wesen. Er ist eine große Kraft („Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen...“ Apostelgeschichte 1, 8) Jesus sandte den Heiligen Geist als Seinen Stellvertreter, der Seine Arbeit fortsetzen wird. Er wird immer wieder an Jesu Worte erinnern und vor allem Jesus verherrlichen (Johannes 16, 7+14; Johannes 14, 16; Johannes 15, 26). Paulus schreibt hier: „In Christus seid ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, welcher ist das Unterpfand unseres Erbes.“ (V.13+14) Der Heilige Geist ist wie ein Siegel Gottes. Mit dem Siegel hat man in der Antike das Eigentum gekennzeichnet (Vieh und Sklaven wurden in Israel ein Siegel eingebrannt). Wer an Christus gläubig wird, erhält den Heiligen Geist (Epheser 1, 13). Der Heilige Geist gibt uns die Gewissheit, dass wir Gottes Kinder sind (Römer 8, 16). Der Apostel sagt: Der Heilige Geist ist wie eine Anzahlung (Luther: Unterpfand) für das kommende Erbe. Er deutet also an, dass noch viel Größeres uns zuteil werden wird. Das Größte wird wohl sein, was der Apostel Johannes in seinem Brief schreibt: „Wir werden Christus gleich sein, denn wir werden IHN sehen, wie ER ist“ (1. Johannes 3, 2). In dem Satz „wir sind Miterben Christi“ (Römer 8, 17) klingt diese Wahrheit schon an.

 

VII. Gottes überwältigende Kraft in Christus. - Kraft ist das, was wir uns am meisten im Leben wünschen, weil wir eben jeden Tag Kraft brauchen, um unsere Aufgaben zu bewältigen. Es gibt kaum einen Beruf ohne Stress. Von vielen wird am Arbeitsplatz das Äußerste verlangt. Bei manchen kommen auch noch strapaziöse Reisen dazu – oft rund um den Globus. Wer dann noch ein Familie zuhause hat, weiß oft nicht, wie er das alles schaffen soll. Deshalb fragen viele: wo bekomme ich Kraft für mein Leben? Was muss ich machen, damit ich alle meine Aufgaben recht erfüllen kann – in der Firma und zuhause? Es gibt viele Angebote: die Gesundheit pflegen, Ruhepausen einlegen, Yoga-Training, Entspannungskurse...

            Auch die Heilige Schrift hat ein Angebot – es ist mit Abstand das Beste: Gott selbst bietet uns Seine göttliche Kraft an. Göttliche Kraft ist natürlich etwas ganz anderes als die uns bekannten großen Kräfte (wie z.B. Atomkraft). Göttliche Kraft ist allen irdischen Kräften haushoch überlegen. Paulus hatte als Apostel sehr zu kämpfen mit Belastungen, Angriffen, Verleumdungen, Verfolgungen, dämonischen Attacken. Wenn heute jemand das alles einmal in den Paulusbriefen nachliest (die Stellen sind am Ende aufgeführt! – ausführlich in BK 81, S.2)), dann wird er wohl sagen: „Das hält doch keiner aus!“ Diese Gedanken kamen Paulus auch – und dann betete er. Und Christus gab ihm eine wunderbare Antwort. ER sagte: „Paulus, Ich kenne Deine Situation. ICH weiß um die Strapazen und außergewöhnlichen Belastungen, die Du zu tragen hast. Ich nehme das alles nicht weg (dadurch bleibst du in der Demut), aber ICH versichere Dir: Weil ICH in dir lebe (Galater 2, 20), steht dir Meine göttliche Kraft jeden Moment zur Verfügung. Und das reicht für alle Situationen, - auch für die schlimmsten Fälle ist das genug. Mehr brauchst du nicht.“ (2. Korinther 12) Das akzeptierte Paulus und praktizierte es – und was war das Ergebnis? Paulus schreibt dazu: „Ich bin immer ganz zuversichtlich und gelassen – auch bei schrecklichen Misshandlungen – und erfahre immer wieder: Die Kraft von Christus ist in mir. Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2. Korinther 12, 10).

            Wie ist das zu verstehen? Paulus gibt hier im Epheserbrief dafür eine gute Erklärung. Er schreibt: „Ich bete, dass ihr wisst, wie gewaltig sich Seine Macht zeigt an uns, den Gläubigen. Hier wirkt dieselbe starke Kraft, die ER bewiesen hat an Christus, als ER Ihn auferweckte von den Toten.“ (Epheser 1, 19) Die Kraft, die den Leichnam Jesu wieder lebendig machte, ist unseren Wissenschaftlern völlig unbekannt. Noch nie haben Nobelpreisträger der Medizin darüber beraten, wie man wohl Leichname wieder beleben könnte. Das ist für die Wissenschaft kein Thema. Aber in der Bibel ist es ein Hauptthema! An diesem Punkt sieht man, wie Weltweisheit und göttliche Weisheit total auseinanderklaffen (1. Korinther 1). Paulus schreibt in 1. Korinther 15: Wenn wir die Auferstehung Jesu leugnen, dann sind wir die elendesten unter den Menschen, - dann können wir mit unserer Religion einpacken! Die Auferstehung ist das Fundament unseres christlichen Glaubens. Und die Kraft, die bei der Auferstehung am Werk war, - dieselbe Kraft ist auch in den Gläubigen wirksam. Das ist eine ungeheure Feststellung! Und das ist auch die Erklärung dafür, dass Paulus stark war – gerade in den Augenblicken, in denen er am Boden lag, - in denen „er schwach war.“ Die Kraft erhielt er von Christus, der in ihm lebte, - es war Auferstehungskraft! Die ist der Welt unbekannt, deshalb kann sie auch das ganze Phänomen nicht verstehen. – Das alles gilt für jeden Christen. Ein Christ ist ein Mensch, in dem Christus lebt (wie das Paulus 164 mal in seinen Briefen schreibt, siehe BK 76). Und dieser Christus lebt als Auferstandener in uns, deshalb ist die Auferstehungskraft in uns wirksam.

            Wie setzen wir das in die Praxis des Alltags um? Das ist eine wichtige Frage. Prof. Helmut Thielicke formulierte einmal sehr schlicht aber treffend: „Glauben heißt: Ja sagen zu dem, was Gott sagt.“ Die meisten fangen an, wenn ihnen Gott etwas sagt, zu überlegen: „Stimmt das wohl, ist das wirklich wahr? Kann ich dem trauen?“ Das ist die verkehrte Reaktion. Echter Glaube sagt: “Ja, HERR, so ist es und nicht anders! Christus lebt in mir. Seine Auferstehungskraft ist in mir. Hilf mir, daran nie zu zweifeln!“ – Als Gott zu dem in einer depressiven Phase sich befindenden Abraham (weil er keinen Sohn hatte – trotz göttlicher Zusage) sagte: „So zahlreich wie die Sterne da oben werden Deine Nachkommen sein“ antwortete Abraham: „Ja, HERR, wir werden eine große Nachkommenschaft bekommen (und er hatte noch nicht einmal einen Sohn.)“ (1. Mose 15) Paulus kommentiert das in Römer 4 so: „Abraham zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben (= durch kritisches Hinterfragen), sondern wurde stark im Glauben und gab Gott die Ehre und wusste aufs allergewisseste: was Gott verheißt, das kann ER auch tun.“ (Römer 4, 21).

            Es reicht nicht, dass wir die göttlichen Tatsachen intellektuell zur Kenntnis nehmen und sie für wahr halten. Die göttlichen Wahrheiten müssen unser Denken beherrschen (nicht die Sorgen oder die Probleme!). Damit sie das tun, müssen wir sie unentwegt wiederholen. Deshalb schreibt Paulus – dem Sinne nach und oft auch wörtlich! - 20 mal: „Betet ohne Unterlass!“ (siehe BK 35,S.5). Das Gebet ist für ihn ein Zwiegespräch mit Jesus. Deshalb haben die Benediktiner-Mönche, die 600 Jahre lang (ab 529) als einziger Orden geistliche und geistige Pionierarbeit in Europa leisteten, bei der Handarbeit unablässig Bibeltexte aufgesagt. Deshalb beten die Christen in Russland in ihren Anfechtungen den ganzen Tag das Jesus-Gebet: „Herr Jesus Christus, Du Sohn Gottes, erbarme Dich über mich armen Sünder. AMEN.“ – Für uns Heutige heißt das: Immer wieder tagsüber zu Jesus sprechen: „HERR, ich preise Dich, dass Du auferstanden bist. Ich danke Dir, dass Du in mir lebst. Danke, dass es wirklich so ist!“ Das sind unumstößliche Wahrheiten. Es lohnt sich, sie laut zu sagen. Ob wir dann etwas dabei fühlen, ist nicht wichtig. Wichtig ist es, die großen Wahrheiten Gottes laut zu sagen. Ein bekannter Vers lautet: „Wenn ich auch gleich nichts fühle von Deiner Macht, Du führst mich doch zum Ziele – auch durch die Nacht.“ – Wir brauchen keine Angst zu haben vor dem Morgen, vor Diktatoren, vor Dämonen, vor dem Satan: „Der Allmächtige ist hinter uns, der Auferstandene ist in uns, der Heilige Geist umgibt uns.“ Paulus folgert ganz logisch: „Ist Gott für uns, wer kann dann gegen uns sein?Nichts kann uns von Gott trennen, der uns mit Liebe führt.“ (Römer 8, 31-39).

 

5. Mai 2007                                                                                         Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün

 


Die Anfechtungen des Apostels Paulus (in BK 81,S.1): 1. Korinther 4, 9-13; 2. Korinther 4, 7-18; 2. Korinther 6, 4-10; 2. Korinther 11, 23-31; 2. Korinther 12