Johann Sebastian Bach (1685–1750)
Weihnachtsoratorium (Kantate 1– 3 und 6) BWV 248
Inhalt
I. Teil: BWV 248/I: »Jauchzet, frohlocket! Auf, preiset die Tage«
1. Chor: Jauchzet, frohlocket!
2. Rezitativ (Tenor): Es begab sich aber zu der Zeit
3. Rezitativ (Alt): Nun wird mein liebster Bräutigam
4. Arie (Alt): Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben
5. Choral: Wie soll ich dich empfangen
6. Rezitativ (Tenor): Und sie gebar ihren ersten Sohn
7. Choral (Chor-Sopran, mit Rezitativ, Bass): Er ist auf Erden kommen arm
8. Arie (Bass): Großer Herr, o starker König
9. Choral: Ach mein herzliebes Jesulein
II. Teil: BWV 248/II: »Und es waren Hirten in derselben Gegend«
11. Rezitativ (Tenor): Und es waren Hirten in derselben Gegend
12. Choral: Brich an, o schönes Morgenlicht
13. Rezitativ (Tenor): Und der Engel sprach zu ihnen
14. Rezitativ (Bass): Was Gott dem Abraham verheißen
15. Arie (Tenor): Frohe Hirten, eilt, ach eilet
16. Rezitativ (Tenor): Und das habt zum Zeichen
17. Choral: Schaut hin, dort liegt im finstern Stall
18. Rezitativ (Bass): So geht denn hin, ihr Hirten, geht
19. Arie (Alt): Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh
20. Rezitativ (Tenor): Und alsobald war da bei dem Engel
21. Chor: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden
22. Rezitativ (Bass): So recht, ihr Engel, jauchzt und singet
23. Choral: Wir singen dir in deinem Heer
III. Teil: BWV 248/III: »Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen«
24. Chor: Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen
25. Rezitativ (Tenor): Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren
26. Chor (Die Hirten): Lasset uns nun gehen gen Bethlehem
27. Rezitativ (Bass): Er hat sein Volk getröst’
28. Choral: Dies hat er alles uns getan
29. Arie (Duett Sopran, Bass): Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen
30. Rezitativ (Tenor): Und sie kamen eilend und funden beide
31. Arie (Alt): Schließe, mein Herze, dies selige Wunder
32. Rezitativ (Alt): Ja, ja, mein Herz soll es bewahren
33. Choral: Ich will dich mit Fleiß bewahren
34. Rezitativ (Tenor): Und die Hirten kehrten wieder um
24. Chor: Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen
VI. Teil: BWV 248/VI: »Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben«
54. Chor: Herr, wenn die stolzen Feinde schnaube
55. Rezitativ (Tenor, Herodes): Da berief Herodes die Weisen heimlich
56. Rezitativ (Sopran): Du Falscher, suche nur den Herrn zu fällen
57. Arie (Sopran): Nur ein Wink von seinen Händen
58. Rezitativ (Tenor): Als sie nun den König gehöret hatten
59. Choral: Ich steh an deiner Krippen hier
60. Rezitativ (Tenor): Und Gott befahl ihnen im Traum
61. Rezitativ (Tenor): So geht! Genug, mein Schatz geht nicht von hier
62. Arie (Tenor): Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken
63. Rezitativ (Sopran): Was will der Höllen Schrecken nun
64. Choral: Nun seid ihr wohl gerochen
Am ersten Weihnachtsfeiertage
Lukas 2, 1 und 3-7
Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage,
rühmet, was heute der Höchste getan!
Lasset das Zagen, verbannet die Klage,
Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!
Dienet dem Höchsten mit herrlichen Chören,
Lasst uns den Namen des Herrschers verehren!
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augusto ausging, dass alle Welt geschätzet würde. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiliäa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt David, die da heißet Bethlehem; darum, dass er von den Hause und Geschlechte David war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.
Nun wird mein liebster Bräutigam,
nun wird der Held aus Davids Stamm
zum Trost, zum Heil der Erden
einmal geboren werden.
Nun wird der Stern aus Jakob scheinen,
sein Strahl bricht schon hervor.
Auf, Zion, und verlasse nun das Weinen,
dein Wohl steigt hoch empor.
Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben,
den Schönsten, den Liebsten bald bei dir zu sehn!
Deine Wangen müssen heut viel schöner prangen,
eile, den Bräutigam sehnlichst zu lieben!
Wie soll ich dich empfangen,
und wie begegn' ich dir?
O aller Welt Verlangen,
O meiner Seelen Zier!
O Jesu, Jesu, setze
mir selbst die Fackel bei,
damit, was dich ergötze,
mir kund und wissend sei.
Und sie gebar ihren ersten Sohn, und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippen, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Sopran: Er ist auf Erden kommen arm,
Bass: wer will die Liebe recht erhöhn,
die unser Heiland vor uns hegt?
Sopran: dass er unser sich erbarm,
Bass: ja, wer vermag es einzusehen,
wie ihn der Menschen Leid bewegt?
Sopran: und in dem Himmel mache reich
Bass: des Höchsten Sohn kömmt in die Welt;
weil ihm ihr Heil so wohl gefällt,
Sopran: und seinen lieben Engeln gleich.
Bass: So will er selbst als Mensch geboren werden.
Sopran: Kyrieleis!
Großer Herr, o starker König,
liebster Heiland, o wie wenig
achtest du der Erden Pracht!
Der die ganze Welt erhält,
ihre Pracht und Zier erschaffen,
muss in harten Krippen schlafen.
Ach mein herzliebes Jesulein,
mach dir ein rein sanft Bettelein,
zu ruhn in meines Herzens Schrein,
dass ich nimmer vergesse dein!
Am zweiten Weihnachtsfeiertage
Lukas 2, 8-14
Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe, des Herren Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herren leuchtet um sie, und sie furchten sich sehr.
Brich an, o schönes Morgenlicht,
und lass den Himmel tagen!
Du Hirtenvolk, erschrecke nicht,
weil dir die Engel sagen,
dass dieses schwache Knäbelein
soll unser Trost und Freude sein,
dazu den Satan zwingen
und letzlich Frieden bringen.
Tenor
Und der Engel sprach zu ihnen:
Der Engel
Fürchtet euch nicht, siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volke widerfahren wird. Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt David.
Was Gott dem Abraham verheißen, das lässt er nun dem Hirtenchor erfüllt erweisen, ein Hirt hat alles das zuvor
von Gott erfahren müssen. Und nun muss auch Hirt die Tat, was er damals versprochen hat, zuerst erfüllet wissen.
Frohe Hirten, eilt, ach eilet,
eh' ihr euch zu lang verweilet,
eilt, das holde Kind zu sehn.
Geht, die Freude heißt zu schön,
sucht die Anmut zu gewinnen,
geht und labet Herz und Sinnen!
Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippen liegen.
Schaut hin, dort liegt im finstern Stall,
dess' Herrschaft gehet überall.
Da Speise vormals sucht ein Rind,
da ruhet itzt der Jungfrau'n Kind.
So geht denn hin, ihr Hirten, geht, dass ihr das Wunder seht; und findet ihr des Höchsten Sohn in einer harten Krippe liegen, so singet ihm bei seiner Wiegen aus einem süßen Ton und mit gesamtem Chor dies Lied zur Ruhe vor!
Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh,
wache nach diesem vor aller Gedeihen!
Labe die Brust, empfinde die Lust,
wo wir unser Herz erfreuen!
Und alsobald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden
und den Menschen ein Wohlgefallen.
So recht, ihr Engel, jauchzt und singet, dass es uns heut so schön gelinget! Auf denn! wir stimmen mit euch ein, uns kann es, so wie euch, erfreun.
Wir singen dir in deinem Heer
aus aller Kraft Lob, Preis und Ehr,
dass du, o lang gewünschter Gast,
dich nunmehr eingestellet hast.
Am dritten Weihnachtsfeiertage
Lukas 2, 15-20
Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen,
lass dir die matten Gesänge gefallen,
wenn dich dein Zion mit Psalmen erhöht!
Höre der Herzen frohlockendes Preisen,
wenn wir dir itzo die Ehrfurcht erweisen,
weil unsre Wohlfahrt befestiget steht!
Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander:
Lasset uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.
Er hat sein Volk getröst', Er hat sein Israel erlöst,
die Hülf aus Zion hergesendet und unser Leid geendet.
Seht, Hirten, dies hat er getan; geht, dieses trefft ihr an!
Dies hat er alles uns getan,
sein groß Lieb zu zeigen an;
des freu sich alle Christenheit
und dank ihm des in Ewigkeit.
Kyrieleis!
Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen
tröstet uns und macht uns frei.
Deine holde Gunst und Liebe,
deine wundersamen Triebe
Machen deine Vatertreu wieder neu.
Und sie kamen eilend und funden beide, Mariam und Joseph, dazu das Kind in der Krippe liegen. Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kind gesaget war. Und alle, für die es kam, wunderten sich der Rede, die Ihnen die Hirten gesaget hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.
Schließe, mein Herze, dies selige Wunder,
fest in deinem Glauben ein!
Lasse dies Wunder, die göttlichen Werke,
immer zur Stärke
deines schwachen Glaubens sein!
Ja, ja, mein Herz soll es bewahren, was es an dieser holden Zeit zu seiner Seligkeit für sicheren Beweis erfahren.
Ich will dich mit Fleiß bewahren
ich will dir leben hier,
dir will ich abfahren,
mit dir will ich endlich schweben
voller Freud, ohne Zeit
dort im andern Leben.
Und die Hirten kehrten wieder um, preiseten und lobten Gott um alles, das sie gesehen und gehöret hatten, wie denn zu ihnen gesaget war.
Seid froh dieweil, dass euer Heil
ist hie ein Gott und auch ein Mensch geboren,
der, welcher ist der Herr und Christ
in Davids Stadt, von vielen auserkoren.
Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen,
lass dir die matten Gesänge gefallen,
wenn dich dein Zion mit Psalmen erhöht!
Höre der Herzen frohlockendes Preisen,
wenn wir dir itzo die Ehrfurcht erweisen,
weil unsre Wohlfahrt befestiget steht!
Epiphanias (6. Januar)
Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben,
so gib, dass wir im festen Glauben
nach deiner Macht und Hülfe sehn.
Wir wollen dir allein vertrauen;
So können wir den scharfen Klauen
des Feindes unversehrt entgehn.
Tenor
Da berief Herodes die Weisen heimlich und erlernet mit Fleiß von ihnen, wenn der Stern erschienen wäre. Und weiset sie gen Bethlehem und sprach:
Herodes
Ziehet hin und forschet fleißig nach dem Kindlein, und wenn ihr's findet, sagt mir's wieder, dass ich auch komme und es anbete.
Du Falscher, suche nur den Herrn zu fällen,
nimm alle falsche List,
dem Heiland nachzustellen;
der, dessen Kraft kein Mensch ermißt,
bleibt doch in sichrer Hand.
Dein Herz, dein falsches Herz ist schon,
nebst aller seiner List, des Höchsten Sohn,
den du zu stürzen suchst, sehr wohl bekannt.
Nur ein Wink von seinen Händen
stürzt ohnmächt'ger Menschen Macht.
Hier wird alle Kraft verlacht!
Spricht der Höchste nur ein Wort,
seiner Feinde Stolz zu enden,
Oh, so müssen sich sofort.
Sterblicher Gedanken wenden.
Als sie nun den König gehöret hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen hatten, ging für ihnen hin, bis dass er kam, und stund obern über, da das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreuet und gingen in das Haus und funden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und täten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen.
Ich steh an deiner Krippen hier,
O Jesulein, mein Leben;
Ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin! es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin,
und lass dir's wohl gefallen!
Und Gott befahl ihnen im Traum, dass sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken, und zogen durch einen anderen Weg wieder in ihr Land.
So geht! Genug, mein Schatz geht nicht von hier,
er bleibet da bei mir,
ich will ihn auch nicht von mir lassen.
Sein Arm wird mich aus Lieb
mit sanftmutsvollem Trieb
und größter Zärtlichkeit umfassen;
Er soll mein Bräutigam verbleiben,
ich will ihm Brust und Herz verschreiben.
Ich weiß gewiss, er liebet mich,
mein Herz liebt ihn auch inniglich
und wird ihn ewig ehren.
Was könnte mich nun für ein Feind
bei solchem Glück versehren?
Du, Jesu, bist und bleibst mein Freund;
Und werd ich ängstlich zu dir flehn;
Herr, hilf! so lass mich Hilfe sehn.
Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken;
Was könnt ihr mir für Furcht erwecken?
Mein Schatz, mein Hort ist hier bei mir!
Ihr mögt euch noch so grimmig stellen,
droht nur, mich ganz und gar zu fällen,
Doch seht! mein Heiland wohnet hier.
Was will der Hölle Schrecken nun,
was will uns Welt und Sünde tun,
da wir in Jesu Händen ruhn?
Nun seid ihr wohl gerochen
an eurer Feinde Schar,
denn Christus hat zerbrochen,
was euch zuwider war.
Tod, Teufel, Sünd und Hölle
sind ganz und gar geschwächt;
bei Gott hat seine Stelle
das menschliche Geschlecht.