Frauen
sind anders, Männer auch
Teil 5/6
Müssen Frauen wirklich schweigen?
1. Korinther 14, 26-36
Jürg Birnstiel
25.02.2001
Gliederung
I. Der ganz andere Gottesdienst
1. Schlussfolgerungen
II. Die Argumentationsweise (29-35)
A. Erklärung zu den Propheten
B. Erklärung zu der Prüfung
1. Anwendung
Einleitung
ð Plutarch (griechischer Philosoph und Historiker, Chaironeia um 46 n.Chr., um 120; beeinflusst von Platon, der Stoa und der peripatetischen Schule) hatte gesagt:
Das Wort der Frau ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Sie soll bescheiden sein und sich hüten, irgend etwas zu sagen, was die Leute draussen hätten hören können, denn das hiesse, dass sie sich blossstellt; denn in ihren Worten kann man ihre Gefühle, ihren Charakter und ihre Stimmung erkennen (Moralia: Ratschläge an Verlobte, S.31).
ð Wir haben gesehen, dass Paulus in 1.Kor.11,5 ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass eine Frau in der Öffentlichkeit betet und prophetisch redet, also durch den Heiligen Geist geleitet spricht.
ð Drei Kapitel weiter scheint er aber der Frau das öffentliche Sprechen zu verbieten.
ð Das sind für unsere Zeit sehr unangenehme Verse. Nachdem wir nun schon seit 30 Jahren das Frauenstimmrecht haben und Frauen praktisch jeden Beruf ergreifen können, wirken diese Aussagen für uns eher befremdend.
ð Aber nicht nur das. Sie sind auch schwierig, denn wir haben in jedem Fall einen Erklärungsbedarf. Wir müssen eine Lösung finden, wieso eine Frau im Kapitel 11 beten und prophetisch Reden kann, aber sie das später doch nicht mehr tun sollte. Sicherlich hat sich Paulus nicht widersprochen. Um das wirklich klären zu können, müssten wir Paulus hier haben. Er würde uns das erklären und wir würden dann sagen, ach so ist das gemeint.
ð Bei solchen vielschichtigen Aussagen in der Bibel, gibt es auch ausserordentlich viele Vorschläge zur Beantwortung der Fragen. Die einen befriedigen mehr, die anderen weniger.
ð Niemand kann sich brüsten, die einzige Wahrheit zu besitzen, die alle Schwierigkeiten löst. Wer sich für eine Lösung entscheidet, muss in jedem Fall ein kleines Fragezeichen dahinter offen lassen: „Ich ziehe diese Erklärung vor, aber es mag sein, dass du mehr Recht hast als ich – oder dass wir beide falsch liegen.“[1]
ð Ich möchte ihnen heute eine Lösung vorstellen, der sich immer mehr evangelikale Ausleger anschliessen, aber lesen wir doch zuerst den Abschnitt.
Text lesen: 1.Kor.14,26-36
Was folgt
daraus für euch, Brüder? Wenn ihr zum Gottesdienst zusammenkommt, kann jeder
etwas dazu beitragen: ein Lied vorsingen oder eine Lehre vortragen oder eine
Offenbarung weitergeben oder in unbekannten Sprachen reden oder die Deutung
dazu geben. Aber alles muss dem Aufbau der Gemeinde dienen. (26) In unbekannten Sprachen sollen zwei oder
höchstens drei sprechen, aber der Reihe nach, und jemand soll die Deutung
geben. (27) Wenn niemand da ist, der es
deuten kann, sollen die Betreffenden schweigen. Sie sollen dann für sich zu
Hause reden, wo nur sie selbst und Gott es hören. (28)
Auch von denen, die prophetische Weisungen verkünden können, sollen nur
zwei oder drei sprechen. Die andern, die diese Fähigkeit haben, sollen das
Gesagte beurteilen. (29) Vielleicht erhält
von diesen andern, die dabeisitzen, jemand eine Botschaft, während gerade einer
spricht; dann soll der erste aufhören. (30) Ihr
könnt doch alle der Reihe nach sprechen. Dann werden alle etwas lernen, und
alle werden ermutigt werden. (31) Die
prophetisch Begabten werden von ihren Eingebungen nicht überwältigt, sondern
haben es selbst in der Hand, wann und wie sie sie weitergeben. (32) Gott liebt doch nicht die Unordnung, sondern
er schafft Frieden! Wie es bei allen christlichen Gemeinden üblich ist, (33) sollen die Frauen in euren Versammlungen
schweigen. Sie dürfen nicht sprechen, sondern sollen sich unterordnen, wie es
auch das Gesetz vorschreibt. (34) Wenn sie
etwas wissen/lernen wollen, sollen sie zu Hause ihre Männer fragen. Denn es
schickt sich nicht für eine Frau, dass sie in der Gemeindeversammlung spricht. (35) Ist denn die Botschaft Gottes von euch in die
Welt ausgegangen? Oder ist sie nur zu euch gekommen?(1.Kor
14,26-36)
ð Zuerst müssen wir uns klar darüber werden, dass das, was hier beschrieben wird, nicht unsere Praxis des Gottesdiensten entspricht.
ð Wir haben hier den ganz anderen Gottesdienst. Man könnte sagen, dass unsere Hauskreise diesem Vorbild näher kommen als unsere regelmässigen sonntäglichen Zusammenkünfte.
ð Vergessen wir nicht, dass es Paulus darum geht, den Korinthern Hilfen zu geben, damit ihre Treffen etwas ordentlich verlaufen.
ð Wir finden hier weder Moderatoren, Gottesdienstleiter, Prediger noch Predigten.
ð Jeder, darf in diesem Gottesdienst einen Beitrag leisten.
Was folgt
daraus für euch, Brüder? Wenn ihr zum Gottesdienst zusammenkommt, kann jeder
etwas dazu beitragen: ein Lied vorsingen oder eine Lehre vortragen oder eine
Offenbarung weitergeben oder in unbekannten Sprachen reden oder die Deutung
dazu geben. Aber alles muss dem Aufbau der Gemeinde dienen. (26) In unbekannten Sprachen sollen zwei oder
höchstens drei sprechen, aber der Reihe nach, und jemand soll die Deutung
geben. (27) Wenn niemand da ist, der es
deuten kann, sollen die Betreffenden schweigen. Sie sollen dann für sich zu
Hause reden, wo nur sie selbst und Gott es hören. (28)
Auch von denen, die prophetische Weisungen verkünden können, sollen nur
zwei oder drei sprechen. Die andern, die diese Fähigkeit haben, sollen das
Gesagte beurteilen. (29)
ð Man bekommt den Eindruck von einem gegenseitigen Miteinander. Keine Dominanz durch einen Verkündiger. Es ist eben ein ganz anderer Gottesdienst.
ð Paulus ist wichtig, dass alles seine Ordnung hat, weil die Ordnung dazu verhilft, dass alles in Frieden geht.
ð Was hier als Zusammenkunft beschrieben wird, befolgen wir in unseren Gottesdiensten nicht. Niemand spricht in Zungen. Es ist nicht ein sich einbringen, wie der Geist Gottes es gerade führt. Niemand stört sich wirklich daran. Wir würden uns eher daran stören, wenn wir unseren Gottesdienst diesem Modell angleichen würden.
ð Damit wird deutlich, dass es schwierig ist, das was wir in diesen Versen finden auf unseren Gottesdienst anzuwenden. Hier finden wir mehr ein Modell für unsere Kleingruppentreffen.
ð Aber nun wollen wir uns den schwierigen Versen zuwenden.
ð Es sind die Verse 29-35
Folie: Textstruktur
ð Vers 29 ist wie die Überschrift, die folgenden Verse eine Erklärung dazu.
Auch von denen, die prophetische Weisungen verkünden können, sollen nur zwei oder drei sprechen. Die andern, die diese Fähigkeit haben, sollen das Gesagte beurteilen. (29)
Vielleicht
erhält von diesen andern, die dabeisitzen, jemand eine Botschaft, während
gerade einer spricht; dann soll der erste aufhören. (30)
Ihr könnt doch alle der Reihe nach sprechen. Dann werden alle etwas
lernen, und alle werden ermutigt werden. (31) Die
prophetisch Begabten werden von ihren Eingebungen nicht überwältigt, sondern
haben es selbst in der Hand, wann und wie sie sie weitergeben. (32) Gott liebt doch nicht die Unordnung, sondern
er schafft Frieden!
ð Hier beschreibt Paulus, wie das prophetische Reden stattfinden soll. Hier können sowohl Männer wie Frauen sprechen.
ð Dann macht Paulus eine Einschränkung. Und hier gehen nun viele davon aus, dass sich diese Einschränkung auf die Prüfung der prophetischen Rede bezieht.
Wie es bei
allen christlichen Gemeinden üblich ist, (33) sollen
die Frauen in euren Versammlungen schweigen. Sie dürfen nicht sprechen, sondern
sollen sich unterordnen, wie es auch das Gesetz vorschreibt. (34) Wenn sie etwas wissen/lernen wollen, sollen
sie zu Hause ihre Männer fragen. Denn es schickt sich nicht für eine Frau, dass
sie in der Gemeindever-sammlung spricht. (35)
ð
ð Demnach ist die Art der Rede, die Paulus im Blick hat, speziell eine Rede, die Ablehnung von Unterordnung einschliesst, und das wäre der Fall bei einer Beurteilung oder der Kritik an einer Weissagung. Damit würde man zum Ausdruck bringen, dass man eine höhere Autorität in Fragen der Lehre oder der ethischen Unterweisung besitzt.[2]
ð Diese Bewertung war in der Urgemeinde bestimmt wichtiger, weil da jede Gemeinde und jeder Christ noch nicht über eine objektive Norm – das Neue Testament – verfügte, mit dessen Hilfe es relativ leicht ist zu beurteilen, ob eine Botschaft dem „ein für allemal den Christen überlieferten Glauben“ entspricht.[3]
Schluss
ð Zusammenfassung
ð Wenn das so richtig gesehen wird, dann besteht eigentlich kein Hinderungsgrund, warum eine Frau im Gottesdienst moderiert, bei der Austeilung des Abendmahls beteiligt ist, eine Anbetung leitet. Wenn sie erzählt, was sie mit Gott erlebte oder was ihr in der Zeit mit Gott wichtig geworden ist usw.
Amen