Gott lässt sich zum Geburtsort bringen Reihe: Gott besucht die Menschen! (2/3) Lukas-Evangelium 2, 1-7 I. DIE VORBEREITUNGEN SIND GETROFFEN II. DER KÖNIG KANN KOMMEN Einleitende Gedanken Als meine Frau und ich nach Deutschland zogen, weil ich dort eine theologische Ausbildung machen wollte, fanden wir in einem Haus eine kleine Wohnung. In diesem Haus wohnte eine christliche Familie und wir besuchten deren Gebetskreis. Das führte schliesslich - um es kurz zu machen - dazu, dass wir nach zwei Jahren nach Giessen zogen, um dort an der freien theologischen Akademie zu studieren. Hätten wir diese Wohnung nicht bekommen, hätten wir diese Familie nicht kennengelernt, wir wären nicht in diesem Gebetskreis gewesen und ich hätte nicht in Giessen studiert. Mein Leben hätte sich anders entwickelt. Wenn in unserem Leben etwas Besonderes geschieht, spielen immer verschiedene Faktoren zusammen. Faktoren, die wir selbst nicht beeinflussen können. Im Rückblick erkennen wir, wie Gott unsere Geschicke lenkte. Als Gott Mensch wurde, mussten verschiedene Faktoren zusammenspielen. Der richtige Ort und die richtige Zeit waren sehr wesentlich, denn Gott hatte sich bereits über 700 Jahre vor der Geburt von Jesus festgelegt, wo sein Sohn geboren werden sollte. So liess sich Gott von Maria an seinen Geburtsort bringen und das ging so: "In jener Zeit erliess Kaiser Augustus den Befehl an alle Bewohner seines Weltreichs, sich in Steuerlisten eintragen zu lassen." Lukas 2, 1. "Es war das erste Mal, dass solch eine Erhebung durchgeführt wurde; damals war Quirinius Gouverneur von Syrien. So ging jeder in die Stadt, aus der er stammte, um sich dort eintragen zu lassen." Lukas 2, 2-3. "Auch Josef machte sich auf den Weg. Er gehörte zum Haus und zur Nachkommenschaft Davids und begab sich deshalb von seinem Wohnort Nazaret in Galiläa hinauf nach Betlehem in Judäa, der Stadt Davids, um sich dort zusammen mit Maria, seiner Verlobten, eintragen zu lassen. Maria war schwanger." Lukas 2, 4-5. "Während sie nun in Betlehem waren, kam für Maria die Zeit der Entbindung. Sie brachte ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe; denn sie hatten keinen Platz in der Unterkunft bekommen." Lukas 2, 6-7. I. Die Vorbereitungen sind getroffen Zur Zeit des Kaisers Augustus war endlich alles bereit für die Geburt von Jesus. Gott konnte Mensch werden. Ein wichtiger Schritt in dieser Vorbereitungszeit ereignete sich im dritten Jahrhundert vor der Geburt von Jesus. Damals eroberte Alexander der Grosse die Welt in rasendem Tempo. Mit Alexander begann die Hellenisierung der damaligen Welt, d.h. die griechische Kultur durchdrang den Orient und im Gegenzug verschmolz die orientalische Kultur mit der griechischen Kultur. So entstand eine Völker verbindende Kultur, die sich weit über den politischen Zusammenbruch des Alexanderreiches erhalten hatte. Eine grosse Errungenschaft dieser Hellenisierung war die Ausbreitung der griechischen Sprache. Es ist vergleichbar mit der englischen Sprache heute. Wer Griechisch sprach, konnte sich in diesem riesigen Reich bewegen und verständigen. Damals übersetzte man das Alte Testament ins Griechische. Die Übersetzung bezeichnen wir als Septuaginta oder einfach die LXX. Sie wurde von den Aposteln und den ersten Christen gelesen. Die meisten alttestamentlichen Zitate im Neuen Testament wurden der Septuaginta entnommen. Auf das Alexanderreich folgte das römische Reich. Zur Zeit der Geburt von Jesus, war Griechisch immer noch die völkerübergreifende Sprache. Deshalb wurde das Neue Testament in Griechisch verfasst. Das römische Reich festigte seine Macht unter Kaiser Augustus. Er schuf die Pax Romana, das römische Friedensreich. Es gab zwar Kriege in den Grenzgebieten des Reichs, aber innerhalb dieses grossen Reiches herrschte Frieden. Die Verkehrsverbindungen waren für die damalige Zeit hervorragend. Es entstand eine Art Schengenraum, in dem sich jeder frei bewegen konnte. Zwei Voraussetzungen waren also geschaffen, die für eine schnelle Ausbreitung des Evangeliums wichtig waren: Das war die griechische Sprache, denn dadurch konnte das Evangelium ungehindert verkündigt werden. Zum Zweiten war es der römische Frieden und die guten Verkehrswege, was ein hindernisfreies Reisen ermöglichte. So war alles für das grösste Ereignis der Weltgeschichte vorbereitet. Gott konnte die Menschen besuchen. Jetzt musste nur noch Maria mit ihrem Kind an den vorgesehenen Geburtsort kommen. Damit das geschehen konnte, setzte Gott das römische Reich in Bewegung. "In jener Zeit erliess Kaiser Augustus den Befehl an alle Bewohner seines Weltreichs." Lukas 2, 1. Dieser Kaiser Augustus, 63 v. Chronik geboren (23. September)1, starb im 76. Lebensjahr 14 n. Chronik (19. August) 2. Er war der bedeutendsten Kaiser des römischen Reiches. 31 v. Chronik , als 32-jähriger Mann, kam Augustus an die Macht und nach vier Jahren verlieh ihm der römische Senat den Ehrentitel Augustus. Das bedeutet "Erhabener", "Verehrungswürdiger" oder "göttlich Geweihter". Im Laufe seiner 45 Regierungsjahren wurden ihm weitere Ehrentitel3 verliehen. Er wurde wie ein Gott verehrt. Die Menschen opferten vor seinen Statuen, die im ganzen Reich aufgestellt wurden. Dieser mächtige Kaiser erliess seinen bedeutungsvollsten und wichtigste Befehl: "Alle Bewohner seines Weltreichs, sollen sich in Steuerlisten eintragen lassen." Lukas 2, 1. Er wollte wissen, wie reich und mächtig er ist. Er wollte in Erfahrung bringen, wie viel Steuern er einziehen konnte, denn Rom benötigte sehr viel Geld. Drei solche Volkszählungen soll Augustus während seines Lebens veranlasst haben. Vermutlich handelt es sich bei der Volkzählung, von der Lukas berichtet, um die zweite Volkszählung4, jedoch um die erste Schätzung seit Quirinius Statthalter in Syrien war. Israel wurde damals von einem römischen Statthalter von Syrien aus verwaltet. Alle Bewohner des römischen Reichs mussten diesen Befehl befolgen und in die Stadt ihrer Herkunft reisen. Wer den Gehorsam gegenüber dem Kaiser verweigerte, riskierte sein Leben. Schliesslich war Augustus der mächtigste Herrscher der damaligen Welt. Wer sich den Befehlen von Augustus widersetzte, beging eine Majestätsbeleidigung und wurde mit dem Tod bestraft. "So ging jeder in die Stadt, aus der er stammte, um sich dort eintragen zu lassen." Lukas 2, 3. Erstaunlich, wie mächtig Augustus wurde. Er kann Befehle erteilen und die Menschen im ganzen Reich müssen gehorchen. Doch egal wie mächtig ein Herrscher sein mag, im Vergleich zu Gott ist jeder Herrscher machtlos. Menschen können ihre Macht nur innerhalb der Grenzen ausüben, die Gott ihnen setzt. Und Gott kann mächtige Menschen dazu bringen, dass sie das tun, was er will, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Augustus veranlasste zwar diese Volkszählung, aber im Grunde handelte er im Auftrag Gottes, ohne sich dessen bewusst zu sein. Gott liess diese Volkszählung durch Augustus ausführen, damit er seinen Sohn nach Betlehem bringen konnte, denn dort - so hatte er es durch den Propheten Micha vorausgesagt, soll der Sohn Gottes geboren werden. Der Prophet Micha sagte: "Du, Betlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist." Micha 5, 1. Maria musste also irgendwie von Nazaret nach Betlehem kommen. Selbstverständlich hätte Gott auch andere Möglichkeiten wählen können, um Maria und Joseph nach Betlehem zu bringen. Zum Beispiel hätte der Engel Gabriel, als er Maria die Geburt von Jesus ankündigte, sagen können, sie soll möglichst bald nach Betlehem reisen. Doch Gott wählte einen anderen Weg, denn jeder, der es sehen will, soll erkennen, dass hier Gott am Werk war. Wäre Maria ohne diesen Befehl des Kaisers Augustus nach Betlehem gereist, könnte man ihr vorwerfen, sie hätte sich selbst zur Mutter des Retters legitimieren wollen. Durch den Befehl des Kaisers Augustus setzte Gott ein Weltreich in Bewegung, damit der Retter der Welt dort zur Welt kommen konnte, wo es Gott vorausgesagt hatte. Maria musste nach Betlehem reisen. Sie hatte keine andere Wahl. Es ist sehr erstaunlich, dass während der 45-jährigen Regierungszeit des Kaisers Augustus, diese Volkszählung genau zu diesem Zeitpunkt stattfand. Nur wenige Monate früher oder später, hätte Maria ihr Kind in Nazaret entbunden. Jesus wurde aber genau an dem Ort geboren, den der Prophet schon vor über 700 Jahren angekündigt hatte. Das ist Gottes souveränes Handeln in der Weltgeschichte. Das ist seine Perfektion. Im Rückblick sehen wir, wie Gott seine Macht demonstrierte. Die Geburt von Jesus in Betlehem ist ein Beweis dafür, dass Gott die Weltgeschichte nicht entgleitet. Er ist und bleibt Herr über allem Geschehen. Es ist und bleibt so, wie Daniel anbetend sagt: "Gott ändert Zeit und Stunde; er setzt Könige ab und setzt Könige ein; er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand." Daniel 2, 21. Unsere Welt droht aus den Fugen zu geraten. Man bekommt den Eindruck, dass sich in vielen Gebieten dieser Erde die Konflikte und Katastrophen zuspitzen. Niemand hat eine durschlagende Idee, wie die Konflikte gelöst werden könnten. Selbst die UNO, die eigentlich Frieden stiften sollte, muss meistens hilflos zusehen, wie die Kriege wüten. Trotz dieser beängstigenden Entwicklungen in unserer Welt, bleiben wir als Christen geborgen, denn der Friede mit Gott lässt uns zur Ruhe kommen. Wir wissen, Gott hat alles im Griff und was er versprochen hat, wird er auch tun. Wir verlieren die Übersicht, aber Gott verliert sie nie. Wie zur Zeit des Kaisers Augustus, hält Gott die Weltgeschichte auch heute in seinen Händen. Im Rückblick werden wir einmal darüber staunen, wie er das alles gemacht hat. Das Weihnachtsgeschehen sagt uns: Gott wird alle Versprechen voll und ganz erfüllen. Wir können uns darauf verlassen. Er wird durch die Wirren der Zeit zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Und er wird auch dafür sorgen, dass wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein werden. II. Der König kann kommen Die Voraussetzungen waren also geschaffen. Jetzt konnte Jesus kommen. "Josef machte sich auf den Weg. Er gehörte zum Haus und zur Nachkommenschaft Davids und begab sich deshalb von seinem Wohnort Nazaret in Galiläa hinauf nach Betlehem in Judäa, der Stadt Davids, um sich dort zusammen mit Maria, seiner Verlobten, eintragen zu lassen. Maria war schwanger." Lukas 2, 4-5. Ungefähr 170 km war die Stecke von Nazaret nach Betlehem. Soweit wie von Zürich nach Bellinzona oder Freiburg, mindestens fünf Tagereisen und das mit einer hochschwangeren Frau. Was hätten sie sonst tun sollen? Sie mussten dem Befehl von Augustus folgen. Endlich in Betlehem angekommen, hatten sie Schwierigkeiten eine Unterkunft zu finden. "Sie hatten keinen Platz in der Unterkunft bekommen." Lukas 2, 7. Damit ist deutlich, wie sich das Leben von Jesus entwickeln würde. Schon bei seiner Geburt bekam er keinen angemessenen Platz. Seine Geburt ist Programm: "Er kam zu seinem Volk, aber sein Volk wollte nichts von ihm wissen." Johannes 1, 11. Es war wohl kein böser Wille der Menschen, dass Maria und Josef keinen Platz gefunden hatten. Es hatte einfach keinen Platz mehr - das Boot war sozusagen voll. Immerhin fanden sie in einem Stall einen Ort, an dem sie sich niederlegen konnten. Lukas machte deswegen niemandem einen Vorwurf. Er beschreibt einfach wie es war. Betlehem war aufgrund der Volkszählung überfüllt. In Betlehem angekommen gebar Maria ihr erstes Kind. "Sie brachte ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe." Lukas 2, 7. Jetzt war der Sohn Gottes geboren. Jetzt war Gott Mensch geworden. Dadurch machte sich Gott selbst verletzlich, wie das der Prophet Jesaja ankündigte: "Ein Spross wächst aus dem Baumstumpf Isai, ein neuer Trieb schiesst hervor aus seinen Wurzeln." Jesaja 11, 1. Verletzlich wie ein Trieb aus einem Baumstumpf begann das Erlösungswerk von Jesus. Oder wie es Paulus eindrücklich sagt: "Jesus Christus, der reich war, wurde arm, damit ihr durch seine Armut reich werdet." 2. Korinther 8, 9. Betlehem heisst übrigens "Brothausen" oder "Haus des Brotes", denn "Beth" heisst Haus und "Lechem" heisst Brot. Jesus, sagte einmal von sich: "Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben." Johannes 6, 35. Das Brot des Lebens ist in Brothausen zur Welt gekommen! Wenn du diesem Jesus, der das Brot des Lebens ist, vertraust, dann wirst du ewiges Leben bekommen. Jesus sagt: "Wer glaubt, hat das ewige Leben." Johannes 6, 47. Glaubst du an Jesus? Hat er in deinem Herzen Platz gefunden? Schlussgedanke Gott wird Mensch! Und wenn Gott Mensch wird, setzt er ein Weltreich in Bewegung. Gott musste von Maria an seinen Geburtsort gebracht werden, denn er musste in Betlehem geboren werden. Die Vorbereitungen dauerten Jahrhunderte bis im römischen Reich, als der Kaiser Augustus regierte, die Zeit reif war. Jetzt konnte Gott Mensch werden, deshalb schreibt Paulus später: "Als die Zeit dafür gekommen war, sandte Gott seinen Sohn. Er wurde als Mensch von einer Frau geboren und war dem Gesetz unterstellt." Galater 4, 4. Alles war bereit für den Herrn aller Herren und für den König aller Könige. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, ob Jesus in unseren Herzen Platz gefunden hat. Das ist das grossartige Ereignis von Weihnachten: Gott besucht uns Menschen! Gott wurde Mensch! Johannes schreibt zu Beginn seines Evangeliums: "Er, der das Wort ist, wurde ein Mensch von Fleisch und Blut und lebte unter uns. Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit voller Gnade und Wahrheit, wie nur er als der einzige Sohn sie besitzt, er, der vom Vater kommt." Johannes 1, 14. Und wer Jesus in seinem Herzen Platz macht, der wird aus dem unerschöpflichen Reichtum Gottes leben könne, wir Johannes weiterschreibt: "Wir alle haben aus der Fülle seines Reichtums Gnade und immer neu Gnade empfangen." Johannes 1, 16. 1Sueton: Augustus, 5. 2Sueton: Augustus, 100. 3Mit folgenden Worten wurde dem Augustus dieser Ehrentitel überreicht, ein Senator, Valerius Messala, sprach für den Senat: Glück und Heil, Cäsar Augustus, dir und deinem Hause! - denn dass wir mit diesen Worten zugleich Glück auch dem Staate und Freude dieser Stadt wünschen, das ist unsere Überzeugung-: der Senat im Einvernehmen mit dem römischen Volk grüsst dich als Vater des Vaterlandes." Unter Tränen antwortete Augustus: Um was kann ich, versammelte Väter, am Ziel aller meiner Wünsche die unsterblichen Götter noch bitten, als dass ich das Glück habe, mir diese eure gemeinsame Liebe bis an mein Lebensende zu erhalten? (Sueton: Augustus, 58.) 4Augustus: Res gestae, 8. --------------- ------------------------------------------------------------ --------------- ------------------------------------------------------------ 12