Hauptsache gesund!
Jürg Birnstiel
28.09.2003

Gliederung

Einleitung

I.     Gesundheit ist schön

II.    Die Sorge um die Gesundheit

III.      Hauptsache, die Hauptsache bleibt die Hauptsache

A.       Christen sehen Krankheit auch als Chance

B.       Christen haben eine grössere Perspektive


Einleitung

[     Was würden Sie wohl antworten, wenn sie gefragt würden, was ihnen Gesundheit bedeutet?

[     Die Antwort wäre vermutlich nicht viel anders ausgefallen, als die, die wir eben hörten. Natürlich ist uns Gesundheit ausserordentlich wichtig, deshalb ist der Satz bei Geburtstagsgratulationen oft zu hören: Hauptsache gesund!

I.                 Gesundheit ist schön

[     Ja, wer gesund ist, dem steht die Welt offen. Er kann sich frei in unserer Gesellschaft bewegen. Er ist nicht auf Hilfe angewiesen, braucht sich nicht mit Medikamenten und deren Nebenwirkungen zu beschäftigen.

[     Mit der Gesundheit ist es wie mit allem, solange man es hat, weiss man es nicht wirklich zu schätzen. Wie wertvoll Gesundheit ist, realisieren wir erst, wenn wir krank werden. Ein Grad höhere Körpertemperatur und wir sind veränderte Menschen. Steigt unsere Körpertemperatur um zwei Grad, wird unser Zustand schon langsam prekär und wir können und sollten kaum mehr das Bett verlassen. Eine Einladung zur Hochzeit oder zu einem anderen Fest müssen wir absagen oder wir schleppen uns notfalls unter grösster Anstrengung an das Fest, aber wir werden nie die Freude und den Genuss daran haben, wie wenn wir gesund wären.

[     Ich glaube das ist uns eigentlich allen klar: Gesundheit ist sehr wertvoll und Menschen die krank sind, sagen in der Regel nicht, sie seien gerne krank, sondern sie möchten gesund werden – das ist einfach ganz normal.

[     Als Jesus auf der Erde war, nahm er sich auch der kranken Menschen an, er heilte sie. Die Leute, von Johannes dem Täufer, die zu Jesus kamen und ihn fragten, wer er sei, antwortete Jesus nicht einfach, indem er sagte ich bin der Messias, der Retter für die Menschen, sondern:

Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden geheilt, Taube hören, Tote werden auferweckt, und den Armen wird Gottes gute Botschaft verkündet. Mt.11,5

[     Jesus hatte krankes Leben wieder hergestellt, damit zeigte er zunächst zwei Dinge auf:

[     A) Jesus zeigt damit, dass er die Folgen der Sünde beseitigen kann. Die Tatsache, dass wir als Menschen krank werden und sterben müssen, hat mit der Sünde zu tun. Es ist die Folge der Auflehung des Menschen gegen Gott.

[     B) Jesus zeigt damit aber auch, dass er für das Leben ist und er selbst Leben spenden kann.

[     Im NT werden die Christen sogar im NT aufgefordert für die Kranken zu beten, dass sie gesund werden.

Betet füreinander, damit ihr gesund werdet. (Jak 5,16)

[     Gesundheit ist im christlichen Glauben ein wichtiger Aspekt. Krankheit wird nicht einfach fatalistisch hingenommen, sondern, wo möglich, bekämpft, denn Gesundheit ist ein hohes Gut, aber nicht das höchste.[1]

II.             Die Sorge um die Gesundheit

[     Doch unsere Gesellschaft erhob die Gesundheit des Menschen zum höchsten Gut – eben zur Hauptsache.

[     Wir investieren viel in die Erhaltung unserer Gesundheit. Wie wichtig uns die Gesundheit ist, zeigt schon, dass im Jahr 2000 in Deutschland erstmals die Zahl der Fitnessstudiomitglieder (4,59 Millionen) die Zahl der Besucher des katholischen Sonntagsgottesdienstes (4,42 Millionen) übertroffen hatten.[2]

[     Gesundheitsmagazine finden enorme Beachtung und Ärzte können erzählen, wie nach solchen Magazinen Menschen in ihre Praxen geschwemmt werden, die meinen sie bräuchten vielleicht Hilfe.

[     Aus dem Streben nach Gesundheit ist eine neue Religion hervorgegangen. Der Facharzt für Psychatrie und Psychotherapie und Theologe Dr. Manfred Lütz, der über die Entwicklung zum Thema Gesundheit ein beachtenswertes Buch schrieb, meint:

An die Herstellbarkeit der Gesundheit glauben heute fast alle. Und wer darüber lamentiert, dass die Religion in unseren Gesellschaften verdunste, hat übersehen, dass sie sich inzwischen im Gesundheitswesen neu kristallisiert hat. Wir leben im Zeitalter eines weltumspannenden Gesundheitskults.[3]

[     Der Gesundheit wird hohe Ehre verliehen, sie wird mit religiösem Eifer verehrt und man opfert ihr sogar das Leben. So neu ist das nicht, denn der alte griechische Philosoph Platon sagte:

Die ständige Sorge um die Gesundheit ist auch eine Krankheit.

[     Wie kam es dazu, dass die Gesundheit zum höchsten Gut des Menschen erklärt wurde? Denn niemals ist in der gesamten philosophischen Tradition des Abendlandes und des Morgenlandes irgend jemand der absurden Idee verfallen, in einem so zerbrechlichen Zustand wie der Gesundheit das höchste aller Güter zu sehen. [4]

[     Also, warum konnte das so weit kommen? Dr. Lütz sieht das folgendermassen und ich denke, dass er damit recht hat:

Die Verweltlichung der Welt und ihre Entzauberung, ist inzwischen zu einem totalen Sieg gelangt. Und der war erreicht, als jenseits der Grenze des irdischen Lebens nichts wirklich Bedeutendes mehr ernsthaft gesucht wurde. Der restlos aufgeklärte Mensch vermutet das Heil, den Sinn, die Erlösung nicht mehr in irgendwelchen jenseitigen Hinterwelten, sondern im Diesseits. [5]

[     Anders gesagt: Wenn es nur dieses Leben hier gibt, dann kann es kaum etwas von höherer Bedeutung geben, als die Gesundheit. Wenn der Mensch glaubt, dass es jenseits dieser Welt nichts mehr von Bedeutung ist, dann ist die Gesundheit tatsächlich das höchste Gut.[6]

[     So beschäftigen sich heute ein Heer von Menschen damit, möglichst gesund zu bleiben. So sagte schon der französische Philosoph Voltaire (1694-1778)

In der einen Hälfte unseres Lebens opfern wir unsere Gesundheit, um Geld zu erwerben; in der anderen Hälfte unseres Lebens opfern wir das erworbene Geld, um die Gesundheit wieder zu erlangen.

[     Sich um die Gesundheit kümmern ist ja an sich nichts Schlechtes, wie wir gesehen haben, aber wenn darin das höchste Gut vermutet wird ist das ein sehr wackeliges Unterfangen, denn wer ist schon gesund, man ist sich ja noch nicht einmal einig darüber, was Gesundheit wirklich ist und wie man sie definieren sollte. Böse Zungen behaupten:  Gesund ist, wer nicht ausreichend untersucht wurde.

[     Tatsächlich zeigt die Praxis, dass die Zahl der krankhaften Werte mit der Zahl der Untersuchungen zusammenhängt. Macht man bei jedem Menschen 5 Untersuchungen, sind vielleicht noch mehr als 95% gesund. Bei 20 Untersuchungen sind es nur noch 36% und bei 100 Untersuchungen ist mutmasslich jeder Mensch krank.[7]

[     Für alle, die Ihr Leben dafür einsetzen möglichst gesund zu bleiben, gibt es eine ernüchternde Tatsache.

[     Nur etwa 10% aller Krankheiten sind überhaupt durch persönliche Lebensführung beeinflussbar, während 20% biologisch vorgegeben und 70% im weitesten Sinne umweltbedingt sind.[8]

[     Eine Gesellschaft, in der die Gesundheit das höchste Gut ist, wird sich über kurz oder lang mit der Krankheit und den Kranken nicht abfinden. Was sollen aber Menschen tun, die einfach krank sind und keine Aussicht haben, den idealen Zustand zu erreichen? Was ist mit Schwerbehinderten, was mit Demenzkranken, was mit behinderten Kindern im Mutterleib?

[     Wenn einmal bei der Umwertung aller Werte die Gesundheit ganz nach oben gerutscht ist, dann sind das logischerweise Menschen minderen Werts. Und die Gesellschaft greift zu drastischen Mittel.

[     Mit den gleichen medizinischen Mitteln, mit denen man vergeblich ewige Gesundheit herzustellen versprach, ermöglicht man jetzt wenigstens den endgültigen Abschied vom Leben. Euthanasie nennt man das, den „guten Tod“ geben.

[     Lebensrecht und Sinn und Wert hat schlussendlich nur noch der Gesunde, der Kranke stört dann das sogenannte schöne Leben. So führt sich der Gesundheitskult selbst ad absurdum, denn jeden von uns kann es jederzeit durch Unfall oder Krankheit treffen. Spätestens dann bricht das ganze Kartenhaus in sich zusammen.

III.          Hauptsache, die Hauptsache bleibt die Hauptsache

[     Was kann man hier als Christ sagen, wenn man bei dieser Umwertung nicht mitmachen will. Sollen Christen gegen das Gesundheitssystem aufstehen und jeden medizinischen Fortschritt bekämpfen? – Nein bestimmt nicht.

[     Zwei Aspekte möchte ich aufzeigen:
Christen sehen Krankheit auch als Chance
Christen haben eine grössere Perspektive

A.              Christen sehen Krankheit auch als Chance

[     Ich habe aber auch festgestellt in den Jahren meiner Spitaltätigkeit, das die Zeitspanne einer Krankheit auch viele Chancen birgt. Zum Beispiel über den Sinn des Lebens nachzudenken. Plötzlich wird anderes ganz wichtig, was
vorher unwichtig war. Man hat Zeit nachzudenken und innezuhalten. Fragen werden bewegt: Wieviel Zeit habe ich noch, was will ich unbedingt im Leben noch machen.

Mir begegneten kranke Menschen, die sind sehr verschlossen hatten und mit Gott und ihrem Schicksal haderten, aber ich lernte auch kranke Menschen kennen, von denen ich viel lernen konnte. Sie versuchten ihre Krankheit anzunehmen und ich musste sie nicht "aufmuntern" sondern sie hatten mir viel gegeben.

[     Zeugnis von Andrea Symank über seinen

[     Empfehlen Buch Lebensgeschichte von Joni

B.               Christen haben eine grössere Perspektive

[     Christen haben zur Gesundheit – hoffentlich – eine unverkrampfte Haltung. Es ist durchaus ein wichtiges Ziel Menschen zu helfen, dass sie gesund werden. Das fordert nur schon das Gebot der Nächstenliebe. Doch akzeptieren Christen die Tatsache, dass Gesundheit nicht immer herstellbar ist. Gesundheit ist letztlich immer ein Geschenk. So erhofft man nicht alles von der Medizin, sondern vieles, alles erhofft man von Gott.

[     Ob ein Mensch gesund oder krank ist, er behält seinen Wert und die Wertschätzung, weil er ein Geschöpf Gottes ist. Nicht seine Gesundheit macht ihn wertvoll, sondern seine Herkunft von Gott macht den Menschen wertvoll.

[     Sie respektieren die Wirklichkeit der Vergänglichkeit dieser Welt und unseres Körpers ohne dabei körperfeindlich zu sein. Im Gegenteil, sie schätzen ihren Körper als eine Gabe Gottes, der man die nötige Aufmerksamkeit schenkt.

[     Trotzdem wissen sie, dass dieser Körper vergehen wird, aber sie glauben nicht bloss an eine Unsterblichkeit der Seele. Daran glauben andere Religionen auch. Sie glauben an die „Auferstehung des Menschen“ [9]. Sie wissen, dass sie wieder einen Körper bekommen werden. So steht es in der Bibel z.B. im Konrintherbrief:

In die Erde gelegt wird ein irdischer Körper. Auferweckt wird ein Körper, der durch Gottes Geist erneuert ist. Genauso, wie es einen irdischen Körper gibt, gibt es auch einen durch Gottes Geist erneuerten Körper. 1.Kor.15,44.

[     Christen Leben mit der wunderbaren Gewissheit, dass alles Leid und alle Schmerzen ein Ende haben werden. So steht in der Bibel über die Zeit, des neuen oder himmlischen Körpers:

Gott wird alle ihre Tränen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben, kein Leid und keine Schmerzen, und es werden keine Angstschreie mehr zu hören sein. Denn was früher war, ist vergangen. Offb.21,4.

[     Diese Hoffnung und Zuversicht kommt nicht aus dem Menschen heraus, sondern sie wird in den Menschen hineingelegt, der sich im Glauben Jesus zuwendet.

[     Im Leben von Jesus gibt es in diesem Zusammenhang eine interessante Begebenheit. In Kapernaum heilte Jesus viele Menschen von allerlei Krankheiten und Behinderungen. Die Menschen kamen massenweise, so wie das heute wäre, wenn Jesus heilen würde.

[     Am andern Morgen macht sich Jesus früh, auf um zu beten. Auch die Menschen machten sich früh auf und wollten von Jesus geheilt werden. So kamen die Jünger ganz eifrig zu Jesus und sagte ihm:

Alle, fragen nach dir. Mk.1,38

[     Mit anderen Worten: Komm Jesus, setzte deine Heilungstätigkeit fort. Doch Jesus reagierte für uns etwas überraschend, wie er das übrigens meistens tut, er antwortete:

Lasst uns von hier weggehen in die umliegenden Ortschaften, damit ich auch dort die Botschaft vom Reich Gottes verkünden kann; denn dazu bin ich gekommen. Mk.1,38.

[     Jesus macht hier den Jüngern ganz deutlich: Im Leben geht es um viel mehr, als um körperliche Gesundheit. Viel wichtiger ist die Botschaft vom Reich Gottes, die über den Tod hinaus Bedeutung hat. Damit erhebt Jesus bei den Jüngern die Hauptsache zur Hauptsache. Die Botschaft von Jesus kann in einer Aussage von Johannes aufgezeigt werden:

Denn Gott hat der Welt seine Liebe dadurch gezeigt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat und nicht verloren geht. Joh.3,16.

[     Das ist die Hauptsache!

[     Bibel

[     Einladung Aufatmen, Kurs g, Kassette

[     Nächstes SD

Schluss

[     Der dänischer Philosoph Sören Kierkegaard:

„Der Spass, das Leben eines Menschen für einige Jahre zu retten, ist nur Spass. Der Ernst ist, selig zu sterben.“[10]

[     Schön, wenn wir gesund sind – Hauptsache, dass wir erlöst sind!

Gebet



[1] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 100.

[2] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 12.

[3] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 22.

[4] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 14.

[5] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 16.

[6] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 16.

[7] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 18.

[8] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 87.

[9] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 96.

[10] Manfred Lütz: LebensLust, Pattloch, S. 88.