Sieg
über’s Ego
Kolosser 3, 5-11
Jürg Birnstiel
02.04.2000
Gliederung
I. Tod und trotzdem töten?
II. Alte Verhaltensweisen müssen verschwinden
(5-8)
1. Anwendung
2. Wie kann ich töten?
III. Neue Verhaltensnormen einüben (8-11)
1. Anwendung
2. Evangelisation
3. Auslegung (Vers 11)
Einleitung
Stanley Jones
schreibt: Ein Christ besitzt auf den Quadratzentimeter mehr Freude als einer,
der kein Christ ist, auf einen Quadratkilometer. Es gibt zwei Ursachen, dass
man nicht ein glücklicher und strahlender Christ ist. Die eine ist, dass man
bei der ganzen christlichen Sache nur mit halbem Herzen dabei ist. Wir sind nur
versuchsweise Christen. Eine Notiz an einem Heizkörper in einem Hotel besagte.
Bitte drehen Sie den Heizkörper entweder voll an oder voll ab. Halb aufgedreht,
leckt er und macht Geräusche.' Im Leben vieler Christen quiekt und klappert es,
sie können Glück und Freude nicht lange bewahren - sie lecken. Warum? Weil sie
nur halb aufgedreht haben. Viele Christen haben gerade genug Religion, um einen
Konflikt heraufzubeschwören, aber nicht genug, um Frieden zu stiften. Ein
halbes Christentum ist ein Problem statt einer Macht. Bsp. 292.
Text lesen: Kol.3,5-11
ð Nun werden wir aufgefordert, die Glieder, die auf Erden sind abzutöten und alles abzulegen.
ð Glieder beschreibt nicht unseren Körper. Es ist nicht die Aufforderung zu einem asketischen Leben, das sich von allen Genüssen fernhält und den Körper durch Peinigung verachtet.
ð Mit Glieder wird unsere innere Beschaffenheit beschrieben. Es geht um unsere Gedanken, Ziele und Einstellungen. Wie Jesus selbst sagt:
Alles, was der Mensch von aussen in sich aufnimmt, kann ihn nicht unrein machen, / weil es nicht in sein Herz, sondern nur in den Magen gelangt und dann vom Körper wieder ausgeschieden wird... / ... was aus dem Menschen herauskommt, das macht in unrein! / Denn aus ihm selbst, aus seinem Herzen, kommen die bösen Gedanken, und mit ihnen Unzucht, Diebstahl und Mord; / Ehebruch, Habsucht und Niedertracht; Betrug, Ausschweifung und Neid; Verleumdung, Überheblichkeit und Unvernunft. Mk.7,18-22.
ð Es handelt sich also um unsere Gesinnung. Aber haben wir nicht
ständig festgestellt, dass wir mit Christus gestorben und auferstanden sind?
Haben wir nicht immer davon gesprochen, dass dies ein einmaliger Akt ist, mit
dem wir das Ewige Leben erhielten?
ð Richtig! Das haben wir alles gesagt und festgehalten.
ð Aber warum müssen wir nun die Glieder töten, sind sie jetzt nicht schon tot in der Taufe?
ð Richtig, wir sind schon tot und wir sind mit Christus auferstanden.
ð Das möchte ich nun an einem einfachen Beispiel deutlich machen:
ð Wenn ein Muni entdeckt, wie viel Kraft er besitzt, dann muss man in töten. Der Muni kann ein leben lang nie merken wieviel Kraft er in Wirklichkeit besitzt.
ð Paulus sagt hier: Ihr seid wirklich schon tot. Jetzt legt aber alles, was zum alten Leben gehört konkret ab.
ð Der Christ wird aufgefordert zu tun, was schon geschehen ist, anzunehmen, was durch Gott an ihm getan ist, um nun im Gehorsam das in der Taufe ihm zugeeignete neue Leben zu ergreifen.
ð Doch wurden wir durch die Bekehrung nicht unseres Verstandes
enteignet.
Wir wurden nicht zu Marionetten gemacht, die von Gott an Fäden gezogen
gesteuert werden.
ð Der von Gott erneuerte Mensch muss sich nicht von seinen Trieben bestimmten lassen. Dies beschreibt Paulus folgendermassen:
Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben müssen; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben. Rö.8,13.
ð Durch den Geist ist es uns möglich die Taten des Fleisches zu töten. Und wenn wir Kinder Gottes sind, lebt ja der Geist Gottes in uns.
ð So muss diese Aufforderung verstanden werden. Würde Paulus dies an Menschen schreiben, die nicht wiedergeboren wären, so wäre dies komplett unsinnig. Das wäre so, wie wenn er einen Elefanten zum fliegen auffordern würde.
ð Alles was Gott beleidigt und uns letztlich schadet, soll der Vergangenheit angehören.
ð Es ist Unzucht, Unreinheit, schändliche Leidenschaft, böse Begierde und Habsucht, die Paulus als erstes nennt.
ð Das römische Reich zeichnete sich damals gerade durch diese Bezeichnungen aus. Vielleicht ist einigen der Spruch "Brot und Spiele" bekannt. Das Volk der Ober- und Unterschichten war völlig verkommen. Der Sittenzerfall befand sich im vollen Gange. Nur zwei Beispiele:
ð Inzest:
Ihr setzt eure Kinder aus, damit sie von irgendeinem des Wegs kommenden mitleidigen Fremden aufgehoben werden, oder entlasst sie aus eurer Gewalt, damit sie von besseren Eltern adoptiert werden. Unvermeidlich muss früher oder später die Erinnerung an das ihnen fremd gewordene Geschlecht ihrer Herkunft schwinden, und sobald der Irrtum einmal Wurzel geschlagen hat, wird er künftig zum Fortpflanzer des Inzests - das Geschlecht breitet sich unvermerkt aus mitsamt dem Verbrechen. Dann ist weiter an jedwedem Orte - daheim, in der Fremde, über See - die Wollust eure Begleiterin, deren immer wiederkehrendes Aufflammen leicht irgendwo, ohne dass ihr es erfahrt - schon bei ganz flüchtigem Geschlechtsverkehr -, Kinder in die Welt setzten kann, so dass das auf solche Weise gepflanzte Geschlecht durch den Verkehr der Menschen miteinander auf seinen eigenen Ursprung trifft und ihn doch, blind gegen den Inzest, die Verwandten nicht erkennt.[1]
ð Spiele:
[52 n.Chr.] Um die gleiche Zeit wurde durch den Berg zwischen dem Fuciner See und dem Liris ein Kanal gegraben, und damit dieses herrliche Werk von einer grösseren Menschenmenge bestaunt würde, setzte man auf dem See einen Schiffskampf in Szene, wie ihn einst Augustus auf dem jenseits des Tiber angelegten Teich veranstaltet hatte...Claudius rüstete Drei- und Vierruderer aus und besetzte sie mit neunzehntausend Bewaffneten...Die Ufer, Hügel und Anhöhen füllte, wie im Theater, eine zahllose Menschenmenge, die teils aus den nächstgelegenen Landstädten, teils aus Rom selbst Schaulust oder auch Ergebenheit gegenüber dem Princepts herbeigelockt hatte. Er selbst, in einem hervorstechenden Feldherrnmantel, und nicht weit weg von ihm Agrippina, in einer golddurchwirkten Chlamys, führten den Vorsitz. Obgleich es sich um Sträflinge handelte, wurde mit dem Mut tapferer Männer gekämpft. Nachdem viel Blut geflossen, schenkte man den Übriggebliebenen das Leben.[2]
ð Wir sehen auch hier, dass die Kolosser nicht viel anderen Problemen gegenüberstanden als wir.
ð Abtreibungen, Inzest, Sittenzerfall usw. spielt sich vor unseren Augen ab.
ð Es ist nicht immer leicht sich davon fernzuhalten. Wir haben genügend heimliche Verführer, die uns ständig mit anderen Botschaften bombardieren, wie Werbung, Filme, Literatur usw.
ð Besonders hebt Paulus die Habgier hervor. Er stellt sie mit dem Götzendienst gleich.
Ein Jude kommt
zum Rabbi. "Rebbe, es ist entsetzlich. Gehst du zu einem Armen - er ist
freundlich, er hilft dir, wenn er kann. Gehst du zu einem Reichen - er sieht
dich nicht einmal. Was ist das nur mit dem Geld?'
Da sagt der
Rabbi.- Tritt ans Fenster! Was siehst du?'
"Ich
sehe eine Frau mit einem Kind an der Hand. Ich sehe einen Wagen. Ich sehe...'
,Gut',
sagt der Rabbi, und jetzt stell dich hier vor den Spiegel! Was siehst du?'
,Nu,
Rebbe, was werd'ich sehn? Nebbich, mich selber.' Darauf der Rabbi. Siehst du,
so ist es. Das Fenster ist aus Glas gemacht, und der Spiegel ist aus Glas
gemacht. Kaum legst du ein bißchen Silber hin- ter die Oberfläche - schon
siehst du nur noch dich selber!' Bsp. 962.
Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Mt.6,24.
ð Der Besitz soll eben das tun, was Gottes Sache ist: uns sichern und erhalten und mit Glück beschenken.
ð Ferner gibt es auch Christen, die in Süchte hineingeraten können.
ð Jede Form von Sucht ist Habgier. Man konzentriert sich auf einen speziellen Punkt.
a) Stellung (wer bin ich als Christ?)
b) Kraftpotential (Gott gab mir die Kraft zu widerstehen.)
c) Aufrichtigkeit (Der Sache ins Auge sehen – bekennen)
d) Neuorientierung (ordnen/fernhalten)
sondern ziehet an den Herrn Jesus Christus und sorgt für den Leib nicht so, dass ihr den Begierden verfallt. Rö.13,14.
So seid nun Gott untertänig; widersteht dem Teufel, so flieht er von euch. Jak.4,7.
ð evtl. einen Seelsorger beiziehen.
ð Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte, sollen wir
ablegen. Man kann dies in zwei Gruppen gliedern.
a) Das Verhalten betreffend - Zorn, Grimm, Bosheit.
b) Das Sprechen betreffend - Lästerung, schandbare Worte.
ð Mit einer besonderen Betonung werden wir aufgefordert einander nicht anzulügen.
ð Je nach Temperament, wird uns das eine oder andere schwerer fallen abzulegen. Dies entbindet uns jedoch nicht von dieser Aufforderung.
ð Wenn ich von Natur aus ein energischer Mensch bin, so wird es mir schwerer fallen nicht schnell zornig zu werden.
ð Wenn ich eher grüblerisch veranlagt bin, so werde ich mehr Schwierigkeiten haben, den Grimm abzulegen.
ð Aber unser Temperament entbindet mich nicht von dieser Verantwortung.
ð Lästerungen und schandbare Worte sind schnell über die Lippen gegangen. Es ist ein typisch menschlicher Zug, dass wir über die anderen stets besser Bescheid wissen als über uns selbst.
"Ich habe einen Computer erfunden,
welcher schon richtig menschliche Züge trägt", prahlt ein Wissenschaftler
vor einem Kollegen. "Meinen Sie damit, dass er denken kann?"
"Das nicht. Aber wenn er einen Fehler macht, kann er die Schuld einem
andern Computer zuschreiben."
ð Tatsächlich ein typisch menschlicher Zug. Hüten wir uns davor.
ð Wir sprechen oft über Mutmassungen, als ob es die Wahrheit wäre. Wir wissen immer genau weshalb der andere eine bestimmte Entscheidung getroffen und welche Motive in leiteten. Vorsicht!
ð Schliesslich sollen wir uns auch nicht anlügen. Wir können in einen frommen Zwang kommen, der uns nicht mehr ermöglicht wahr zu sein. Wir leben was wir sein sollten und nicht was wir sind. So gibt es auch eine fromme Lebenslüge. Wir sollen aber voreinander wahr sein.
ð Vielleicht wäre es nachahmenswert, wie es die Christen im ersten Jahrhundert praktizierten:
Sie versicherten aber, ihre ganze Schuld oder ihr Irrtum habe in folgendem bestanden: Gewöhnlich seien sie an einem bestimmten Tag vor Sonnenaufgang zusammengekommen und hätten Christus als ihrem Gott einen Wechselgesang gesungen. Durch einen feierlichen Eid hätten sie sich nicht etwa zu irgendeinem Verbrechen verpflichtet, sondern dazu, keinen Diebstahl, keinen Raub und keinen Ehebruch zu begehen, kein gegebenes Wort zu brechen, kein zur Verwahrung anvertrautes Gut abzuleugnen.[3]
ð Paulus greift nochmals das Prinzip der Taufe auf:
denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Werken ausgezogen / und den neuen angezogen, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat. 9,b-10.
ð Paulus sagt: Weil ihr in der Taufe den alten Menschen abgelegt habt, so führt dies jetzt auch konsequent aus.
ð Wenn Du natürlich den alten Menschen noch gar nicht ausgezogen hast, dann gilt dies natürlich nicht für Dich. Du musst erst den alten Menschen ausziehen und den neuen anziehen, sonst verfällst Du einer heillosen Gesetzlichkeit.
Als sie aber das hörten, ging's ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den andern Aposteln: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun? / Petrus sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des heiligen Geistes. Apg.2,37-38.
Wo diese Erneuerung geschehen ist, das zählt es nicht mehr, ob jemand zu den Griechen gehört oder zu den Juden, ob jemand beschnitten ist oder unbeschnitten, ob jemand zu einem unzivilisierten Volk gehört oder gar zu einem Stamm von Wilden, ob jemand im Sklavenstand ist oder frei. Was einzig noch zählt, ist Christus, der in allen lebt und der alles wirkt. 11.
ð Es gibt keine Unterschiede mehr. Weder nationale und standesmässige, noch von welcher Religion jemand herkommt. Jeder Klassendünkel muss vorbei sein.
ð Durch Christus wird eine neue Gesellschaft geschaffen.
Schluss
ð Zusammenfassung
ð Unser alter Mensch hat tatsächlich ausgedient. Man könnte diesen Text mit anderen Worten des Paulus zusammenfassen:
So müsst ihr von euch selbst denken: Ihr seid tot für die Sünde, aber weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid, lebt ihr für Gott / Lasst also nicht zu, dass euer sterblicher Leib von der Sünde beherrscht wird. Gehorcht nicht seinen Begierden! / Stellt eure Glieder und alle eure Fähigkeiten nicht länger in den Dienst der Sünde, die sie als Waffen gegen das Gute benutzt. Stellt euch vielmehr in den Dienst Gottes als Menschen, die gewissermassen schon von den toten auferstanden sind, damit Gott eure Glieder und Fähigkeiten als Waffen im Kampf für das Gute gebrauchen kann. Rö. 6,11-13.
Amen