Im Reich Gottes gelten andere Regeln
Matthäus 20, 20-28
Jürg Birnstiel
13.02.1994

Einleitung

 

Text lesen: Mt.20,20-28

I. Die falschen Erwartungen und Forderungen (20-23)

II. Die angemessene Gesinnung (24-27)

III. Das beste Vorbild (28)

 

I.                   Die falschen Erwartungen und Forderungen (20-23)

è       Jesus erzählte seinen Jüngern zum dritten Mal, dass sein Ende nahe bevorsteht. Unmißverständlicher könnte er sich kaum ausdrücken, denn er sagt:

...sie werden ihn (den Menschensohn) den Heiden überantworten, damit sie ihn verspotten und geisseln und kreuzigen; und am dritten Tage wird er auferstehen. Mt.20,19.

è       Dies passte irgendwie nicht in die Vorstellung seiner Jünger. Sie konnten nicht begreifen, dass Jesus hingerichtet werden sollte - er, der so viele Wunder tat, dem selbst die Elemente gehorchen mussten. Einfach nicht denkbar. Bis zum Schluss meinten die Jünger, Jesus würde in Jerusalem den Thron Davids besteigen. So sagten die Emmausjünger noch drei Tage nach dem Tod Jesu, zu Jesus:

Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist. Lk.24,21.

è       Ihre Idee, dass Jesus ein Reich aufrichten wird haben sie natürlich auch nicht aus der Luft gegriffen. Schon bei der Ankündigung der Geburt Jesu sagt der Engel:

Der wird gross sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben. / und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. Lk.1,32-33.

è       Ja, die Jünger und Nachfolger Jesu erwarteten, dass Jesus das Reich Gottes sichtbar aufrichten wird. Dies wird auch deutlich durch die Äusserung des Lukas, wenn er schreibt:

Als sie nun zuhörten, (bei Zachäus im Haus), sagte Jesus ein weiteres Gleichnis; denn er war nahe bei Jerusalem, und sie meinten, das Reich Gottes werde sogleich offenbar werden. Lk.19,11.

è       Mit anderen Worten: Die Jünger überhörten die Leidensankündigungen Jesu und waren von der Idee gefangen, Jesus richte sein Reich sogleich auf, wenn er in Jerusalem eintrifft.

è       Mit diesen bevorstehenden Aussichten kommt nun die Mutter mit Ihren Söhnen, den  Jüngern Jakobus und Johannes, welche Söhne des Zebedäus waren mit einer Bitte vor Jesus.

è       Menschlich gesehen meinten sie vielleicht gewisse Privilegien zu haben. Man vermutet nämlich, dass Salome, sie hiess nämlich die Mutter, eine Schwester der Mutter Jesu war (Mk.15,40; Mt.27,56; Joh.19,25). Somit wären Jakobus und Johannes Cousin zu Jesus.

è       Salome wirft sich vor Jesus und bittet ihn um folgendes:

Lass diese meine beiden Söhne sitzen in deinem Reich einen zur Rechten und den andern zu deiner Linken. 21.

è       Sie wollte also erreichen, dass ihre beiden Söhne eine bevorzugte Stellung bekamen. Denn es war üblich, dass wenn drei Leute beisammen waren, der Bedeutendste in der Mitte sass, der zweite zur Rechten und dritte zur Linken. Und Jesus sagte ihnen ja, sie werden auf Thronen sitzen:

Und ich will euch das Reich zueignen, wie mir’s mein Vater zugeeignet hat, / dass ihr essen und trinken sollt an meinem Tisch in meinem Reich und sitzen auf Thronen und richten die zwölf Stämme Israels. Lk.22,29-30.

è       Ihre beiden Söhnen sollen nun vor allen anderen eine Ehrenstellung einnehmen. Jesus weiss dass sie überhaupt nicht verstehen, was auf sie zukommen wird. Darum sagt er:

Ihr wisst nicht, was ihr bittet.

Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?

è       Sie antworten ihm:

Ja, das können wir.

è       Vermutlich meinten sie, sie müssten um diese Stellung zu erreichen noch einige Kämpfe in Jerusalem durchzustehen, die schwierig sein werden, aber das wollten sie auf sich nehmen, sie waren ja keine Schwächlinge.

è       Und Jesus antwortet ihnen:

Meinen Kelch werdet ihr zwar trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken zu geben, steht mir nicht zu. Das wird denen zuteil, für die es bestimmt ist von meinem Vater. 23.

è       Den Kelch werden sie trinken, aber dieser Kelch ist nicht ein Kampf, der zu bestreiten ist, um das Königreich in Jerusalem in Besitz zu nehmen. Nein, dieser Kelch ist ein Kelch der Demütigung und des Leidens.

è       Es geht bei diesem Kelch darum, die Demütigungen, Verleumdungen und den Hass einzustecken und auszuhalten. Behandelt zu werden wie Verbrecher ohne ein Verbrechen begangen zu haben - leiden um den Namen Jesu willen.

è       Auch wenn Jakobus und Johannes eine andere Vorstellung des Kelches hatten, wenn sie meinten in wenigen Tagen die Throne in Jerusalem zu besteigen. So habe sie doch Wort gehalten, auch wenn ihre Erwartung enttäuscht wurde. Wie Jesus sagte, tranken sie beide den Kelch.

è       Ca. 44 n.Chr. wurde Jakobus als erster Apostel hingerichtet, wir lesen das in der Apostelgeschichte:

Um diese Zeit legte der König Herodes (Agrippa) Hand an einige von der Gemeinde, sie zu misshandeln. / Er tötete aber Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert. Apg.12,1-2.

è       Und Johannes, der die anderen Apostel überlebte hatte auch viel zu leiden um des Reiches Gottes und des Evangeliums willen. Er wurde, wie wir aus der Offenbarung wissen, auf die Insel Patmos verbannt.

Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heisst, um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses von Jesus, Offb.1,9.

1.                  Anwendung

è       Wir sehen, wie die Jünger von einer falschen Sicht des Planes Gottes gefangen waren. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, dass ihr Herr einen solchen erniedrigenden Weg gehen musste.

è       So kann es auch bei uns sein. Es gibt viele Fragen, die offen sind über die Pläne Gottes. Wir studieren die Schrift und streiten uns oft über den genauen Weg.

è       Wir warten mit Recht auf die Wiederkunft Jesu. Jesus kommt wieder und er wird sein Reich aufrichten, darüber sind wir uns hoffentlich einig.

è       Unter welchen Umständen dies geschehen wird, da gehen die Meinungen oft auseinander.

è       Es ist mir wirklich ein Anliegen in der Bibel zu forschen, um zu erkenne wie Gott handeln wird.

è       Aber uns kann dasselbe passieren, was den Jüngern hier passiert ist: Es kommt anders als sie sich das vorgestellt hatten.

è       Genauso werden wir vielleicht überrascht sein, weil wir in falschen Vorstellungen gefangen sind und es dann anders kommt als wir dachten.

è       Als es soweit war, erkannten die Jünger wie die Äusserungen Jesu zu verstehen sind und sie schickten sich in die neue Situation.

è       Eines hat sich für sie nicht verändert: Jesus blieb ihr König, der den Thron Davids besteigen wird, auch wenn es bis dahin länger dauert als sie angenommen hatten.

è       Forschen wir im Wort Gottes wie es kommen wird, einiges ist ja ganz deutlich. Vermeiden wir aber über Dinge zu streiten, die vielleicht doch ganz anders kommen können. Vielmehr zählt unsere rechte Gesinnung, auf die Jesus nun eingeht.

II.                Die angemessene Gesinnung (24-27)

è       Die anderen Jünger entrüsteten sich über die beiden. Nun ruft sie Jesus zu sich und sagt:

Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. / So soll es nicht sein unter euch; 25 + 26a.

è       Jesus klagt mit keinem Wort darüber, dass die Völker so beherrscht und vergewaltigt werden, er klagt niemanden an, erklärt auch nicht, wie es dazu gekommen ist.

è       Er sagt einfach: Ihr wisst, dass es so ist. Und ebenso einfach fährt er fort: So ist es bei euch nicht. Die Gemeinde hat also weder über die politische Not Klagereden zu halten oder Anklage in die Welt hinauszuschleudern, noch eine revolutionäre oder reaktionäre Theologie des Staates zu entwickeln. Sie hat einfach selbst anders zu sein.[1]

è       Inmitten der Völker ist die Gemeinde Jesu ein Volk, bei dem die Ordnung umgekehrt ist. Es gibt auch da eine Ordnung der Grösse und des Standes.

è       Nur wie man diesen Stand erreicht ist völlig verschieden zu den Gepflogenheiten dieser Welt. , denn

wer unter euch gross sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht.

è       Diese Ordnung läuft unserer menschlichen Natur komplet entgegen. Wir wollen uns behaupten. Wir wollen bedient und beachtet werden. Vorne auf Thronen sitzen.

è       Aber das gehört nicht zur Gemeinde Jesu. Wer sich in der Gemeinde Jesu, im Reich Gottes, bewähren will, der muss hier umdenken, wie dies die Jünger mussten.

è       Der muss lernen zu dienen. Jesus sagt es später den Jüngern nochmals:

Der grösste unter euch soll euer Diener sein. / Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht. Mt.23,11-12.

è       Im Reich Gottes gelten eben andere Regeln, das zeigt sich auch dort wo Pilatus Jesus verhörte. Jesus sagt ihm:

Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, dass ich den Juden nicht überantwortet würde; nun aber ist mein Reich nicht von dieser Welt. Joh.18,36.

1.                  Anwendung

è       In der Geschäftswelt werden alle Organisationsstrukturen so dargestellt, dass der Mächtigste immer zuoberst ist. Die anderen folgen ihm in hierarchischer Weise.

è       In der Gemeinde Jesu soll dies aber ganz anders sein. Diese Organigramme sollten umgedreht werden. Je bedeutender jemand ist desto weiter unten wird er angezeigt werden müssen.

è       Das Ziel wäre dem anderen zu dienen. Wie grundsätzlich verschieden ist es doch in der Gemeinde Jesu, wenn jeder das Ziel hat, dem Anderen zu dienen! D.h. doch um das Wohl des Anderen bekümmert zu sein.

è       Nicht ein Kämpfen um die eigene Stellung, das alle Anerkennung auf sich ziehen will, sondern ein gegenseitiges Unterstützen und Helfen.

è       Petrus verstand, was Jesus sie lehrte, denn er weist die Ältesten der Gemeinde an indem er schreibt:

Weidet (Älteste) die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist; achtet auf sie, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt; nicht um schändlichen Gewinnes willen, sondern von Herzensgrund; / nicht als Herren über die Gemeinde, sondern als Vorbilder der Herde. 1.Petr.5,2-3.

III.              Das beste Vorbild (28)

è       Das beste Vorbild für solches Verhalten und Leben ist Jesus selbst. Er dem alle Macht gegeben ist im Himmel und auf  Erden. Wenn jemand mit Recht sich bedienen lassen könnte, dann ist es Jesus und er sagt nun das fast unfassbare:

Der Menschensohn (Jesus) ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele. 28.

è       Mehr als das kann man nicht tun. Sein Leben zu lassen. Sich selbst aufzuopfern. Paulus beschreibt dies später in eindrücklicher Weise:

Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, / sondern entäusserte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Phil.2,6-7.

1.                  Evangelisation

è       Das tat Jesus aus Liebe zu uns Menschen, weil er unseren hoffnungslosen Zustand kennt und er will uns helfen.

è       Denn wir Menschen sind Sünder, da besteht kein Zweifel. Keiner von uns kann vor Gott bestehen. So fragt Jesus die Leute:

Was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? Mk.8,37.

è       Er kann nichts geben. Wie ein Mensch der im Sumpf steckt. Was kann er machen? Nichts, er kann sich nicht aus eigener Kraft aus dem Sumpf ziehen. Er kann lediglich um Hilfe schreien.

è       Auch kein anderer kann einen Menschen von der Sünde freimachen, wie ein Psalmwort deutlich macht:

Kann doch keiner einen andern auslösen oder für ihn an Gott ein Sühnegeld geben - denn es kostet zuviel, ihr Leben auszulösen; er muss davon abstehen ewiglich-, damit er immer weiterlebe und die Grube nicht sehe. Ps.49,8-10.

è       Deshalb hat sich Jesus selbst geopfert, er der keine Sünde hatte, diente einem jeden von uns, damit wir von unserer Sünde erlöst werden.

è       Hat Du Dir von Jesus schon dienen lassen. Oder meinst Du immer noch, Du könntest Dich selbst erlösen. Es gibt absolut keinen Weg zur Selbsterlösung. Nur einer kann Dich erlösen, wie Paulus sagt:

Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, / der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung, dass dies zu seiner Zeit gepredigt werde. 1.Tim.2,5-6.

è       Jesus hat sich für Dich gegeben. Willst Du Dein Leben nicht ihm anvertrauen. Oder kennst Du jemand, der Dir in solcher weise gedient hat?

è       Jesus möchte dir ewiges Leben schenken. Er möchte nicht, dass Du in der Ewigkeit verloren bist.

è       Einen grösseren Dienst könnte er Dir nicht erweisen, als dass er für Dich für Deine Schuld und Sünde am Kreuz gestorben ist. Du musst dir von ihm seinen Dienst gefallen lassen. Jesus lädt dich ein. Er ruft Dir:

Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Joh.6,35.

è       Komm doch zu Jesus. Lass Dir von Jesus dienen. Gerne helfe ich bei diesem Weg zu Jesus hin.

Schluss

è       Zusammenfassung

è       Im Reiche Gottes, in der Gemeinde Jesu gelten andere Regeln, wie man ans Ziel kommt. Nicht Ellbogen und Durchsetzungsvermögen, sondern Dienen und Selbstaufopferung.

è       Es ist und bleibt eine Tatsache, was wir bereits in den Sprüchen lesen:

Die Hoffart des Menschen wird ihn stürzen; aber der Demütige wird Ehre empfangen. Spr. 29,23.

Amen



[1]Wuppertaler Studienbibel, S. 274.