Veranstaltungsort: TAK - Treff am Kreuz - OKB, Offener Kanal Berlin - Alex
Sprache: deutsch
Kategorie: Interview
Datum: 2009
ID: 25828
Webseite: https://www.sermon-online.com/contents/25828
Diktatur Europa? - Was darf man in Europa noch sagen
Herzlich willkommen, liebe Zuschauer, zu unserer Sendung Tag Treff am Kreuz, Überschrift heute Diktatur Europa?
Wir informieren Sie unter dieser Überschrift auf der Grundlage eines Buches von Autor Doktor Lothar Gassmann. Doktor Gassmann ist heute zu Gast hier in unserem Studio im Offenen Kanal in Berlin. Er ist 50 Jahre alt, verheiratet, 2 Kinder und Doktor der Theologie. Er wird interviewt von Daniel Weber. Daniel Weber ist Betriebswirt, ebenfalls verheiratet, hat eine Tochter, ist 28 Jahre Jung und ich übergebe jetzt gleich das Wort an Daniel Weber.
DW
(Daniel Weber)
Vielen dank, Dieter Schimmelpfennig. Auch von hier noch ein herzlich Willkommen
an Sie, liebe Zuschauer und auch an unseren Studiogast Doktor Lothar Gassmann.
Herr Doktor Gassmann, Sie sind Autor des eben beschriebenen Buches Diktatur
Europa? mit einem Fragezeichen versehen. Was darf man in Europa noch sagen?
Vielen Dank erst einmal, dass sie heute bei uns sind.
LG
(Dr. Gassmann)
Ja gern geschehen. Dankeschön.
DW
Jeder kennt mit Sicherheit die Bilder von jubelnden Menschen, die über den EU Beitritt
ihres Landes feiern und die ausgelassen am Jubeln sind. Dann solch ein Titel:
Diktatur Europa. Herr Doktor Gassmann, sind Sie gegen Europa?
LG
Ja, vielen Dank, Herr Weber. Man muss unterscheiden zwischen Europa als
Kontinent, in dem wir gerne leben, wo wir uns freuen, dass wir auch so
herrliche Landschaften und Städte haben, wie etwa auch Berlin. Und der Europäischen
Union als einer Form, um verschiedene europäische Staaten
zusammenzubringen. In einer zentralen Weise allerdings und ich hab ja diesen
herausfordernden Titel Diktatur Europa gewählt, weil es tatsächlich Anzeichen
gibt, dass nun leider diese Union, wie sie jetzt entstanden ist als
politisches System, tatsächlich sich zu einer Diktatur im schlimmsten Falle
entwickeln könnte. Ich habe also nichts gegen Europäische Union als einen
Staatenverbund von freundschaftlich miteinander verbundenen Staaten. Aber was ich
ablehne, was ich kritisiere, das ist eine Mammut-Institution, die immer mehr
Kompetenzen an sich zieht, wo alles zentralisiert wird. In Brüssel, wo immer
mehr Macht auf immer weniger Menschen konzentriert wird und wo das Volk keine
Möglichkeit hat darüber zu entscheiden, was eigentlich geschieht. Wir haben
bisher in Deutschland nicht die Möglichkeit gehabt eine Volksabstimmung zu
machen über den Beitritt zur Europäischen Union. In anderen Ländern, in denen
es möglich war, wurde meistens dagegen gestimmt, zuletzt in Irland, aber vorher
auch schon in Frankreich und den Niederlanden, aber das wäre wünschenswert.
DW
Sie hatten schon einige Punkte angesprochen, Herr Doktor Gassmann, was sind
ihre Vorbehalte gegen Europa oder warum kritisieren sie die EU ganz konkret?
LG
Es gäbe viele Dinge zu nennen. Aus Zeitgründen kann ich jetzt heute nur einiges
kurz erwähnen. Also das Erste ist zunächst einmal, dass die Bevölkerung wie
gesagt nicht befragt wurde in den meisten europäischen Ländern. Das Andere
ist die Zentralisierung, dass immer mehr Macht in immer weniger Händen
zusammengelegt wird, sprich also Brüssel - Eurokratie wie es auch genannt wird.
Ein Anderes ist, dass die Bevölkerung den einzelnen Ländern, auch die
nationalen Parlamente, immer weniger Einflussmöglichkeiten haben auf die EU
Politik, wie sie in Brüssel vor allem verabschiedet wird. Ein Anderes ist, was
auch verschiedene Juristen inzwischen kritisieren, dass nach meinem Eindruck,
und ich werde es auch aufgrund der Verfassung - heißt ja jetzt EU Reformvertrag
– belegen, die EU sich immer mehr eine Art Totalermächtigung einräumt, auf dem
Gesetzesweg eine Ermächtigung über fast alle Bereiche der Politik. Dann, was
für uns Deutsche besonders interessant und alarmierend ist, dass das deutsche
Grundgesetz immer mehr verdrängt wird durch eine Art Europarecht, sprich
Europäischer Gerichtshof und auch das Bundesverfassungsgericht immer weniger zu
sagen hat. Ein weiterer Punkt, was vielleicht für manche überraschend ist, dass
gleichzeitig eine massive Militarisierung in Europa betrieben wird. Ich werde
das auch noch belegen im Lauf der Sendung durch verschiedene Zitate aus dem EU Reformvertrag.
Ein weiterer Punkt, was besonders uns als Christen betreffen könnte, auch
schlimm betreffen könnte, ist diese sogenannte Nichtdiskriminierungsklausel.
Wir sind zwar auch gegen Diskriminierung im Sinne von Verächtlichmachung
anderer Weltanschauungen oder Lebensformen, aber wenn man nicht mehr, ich sag's
mal so Sünde Sünde nennen darf oder Irrlehre Irrlehre nennen darf - ich bin ja
Sekten und Weltanschauungsbeauftragter und muss mich eben kritisch auch mit
Zeitströmung auseinandersetzen auf der Grundlage der Heiligen Schrift - wenn
man das nicht mehr tun darf, dann ist die Frage, wo bleibt dann die
Meinungsfreiheit? Auch die Predigtfreiheit, wenn alles dann unter den Begriff
Diskriminierung fallen könnte, sobald ich etwas kritisch sage zu bestimmten
Strömungen.
DW
Vor nicht allzu langer Zeit hat ein kleines europäisches Land mit seinem Nein,
beziehungsweise in dem Fall mit einem No, sehr für Aufregung gesorgt.
Sie sprachen es auch eben kurz an. Begrüßen Sie diese Entscheidung der Iren
gegen diesen EU Reformvertrag?
LG
Ja, auf jeden Fall. Es war das einzige Land von 27 EU Ländern, das überhaupt
noch abstimmen durfte und es war ein großer Schock für die EU Spitzenpolitiker,
dass die Bevölkerung mehrheitlich mit Nein gestimmt hat, wie vorher schon
Frankreich und Niederlande. Und es wäre jetzt dringend zu wünschen, dass alle
Länder in Europa eine Volksabstimmung bekommen dürften, abzustimmen, ob wir
diesem EU Superstaat beitreten wollen oder nicht.
DW
In der Süddeutschen Zeitung erschien vor einiger Zeit ein Artikel mit der
Überschrift Das letzte Gefecht. Können sie unseren Zuschauern kurz
erklären, was mit dieser finalen Überschrift gemeint war.
LG
Es ist eine ganz dramatische Situation entstanden, was den meisten
wahrscheinlich gar nicht bewusst ist, weil es auch - ich möchte mal behaupten -
bewusst hinter den Kulissen gehalten wird. Die Bevölkerung bekommt gar nicht
mit, was eigentlich auf höchsten politischen Ebenen zurzeit läuft. Und Das Letzte
Gefecht bezieht sich darauf, dass zurzeit ungefähr 12 Klagen vorliegen beim
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die jetzige EU Verfassung - nennt
sich ja etwas anders EU Reformvertrag, aber im Grunde ist es die Verfassung in
neu aufgewärmter Form. Zwölf Klagen und eine besonders interessante Klage ist
von dem Bundestagsabgeordneten Doktor Peter Gauweiler von der CSU
eingereicht worden. Auch von Professor Karl Albrecht Schachtschneider, sehr
umfassende Klageschrift mit über 300 Seiten, wo er darstellt, dass wir durch
diese jetzige Europäische Union, wenn sich nichts mehr ändert eine
Entdemokratisierung erleben, also dass immer weniger Demokratie in Europa ist
statt mehr Demokratie, dass eine Art, ja Diktatur einer führenden Klasse
sozusagen eintritt und dass die Bevölkerung praktisch nichts mehr zu sagen hat.
Es gibt zwar noch Wahlen zum Europäischen Parlament, die sind aber nicht
repräsentativ, da zum Beispiel kleine Länder wie Malta viel mehr Abgeordnete
stellen in der Relation im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungszahl als etwa
Deutschland. Und auch außer diesen Wahlen einmalig in ein paar Jahren hat die
Bevölkerung praktisch keine Einflussmöglichkeit. Ich wünsch mir immer, dass es
so sein könnte, auch in Deutschland, ich darf es vielleicht mal so sagen wie in
der Schweiz, dass man auch über konkrete Entscheidungen, die in der Politik
anstehen, auch das Volk befragen würde. Wann wird das endlich eingeführt in
Deutschland, dass wir als einzelne Bürgerinnen und Bürger mehr Mitspracherecht
bekommen in unserem Land, in unserer Politik?
DW
Ein Punkt, zu dem wir später noch kommen werden. Sie zitierten oder sprachen
schon an, Professor Schachtschneider. Wir hatten im Vorfeld dieser Sendung die
Möglichkeit, ein Telefoninterview mit Professor Schachtschneider zu führen und
ihn nach seiner, meine ich mutigen Klage zu befragen.
Moderator
Es geht um den Vertrag über eine Verfassung für Europa, kurz genannt auch
bekannt als Lissabonner EU Vertrag. Sie haben diesbezüglich die
Verfassungsklage des Bundestagsabgeordneten Dr. Gauweiler von der CSU
formuliert, worum geht es darin?
Professor
Schachtschneider
Es
geht darum, dass die Voraussetzungen, unter denen Deutschland verpflichtet ist
an der Europäischen Union mitzuwirken, um ein vereintes Europa herzustellen, die
im Grundgesetz geregelt sind. Nämlich, dass diese Union demokratisch,
rechtsstaatlich, sozialstaatlich sein muss, dass sie pluralistisch sein muss
und dass sie den Grundrechtsschutz, so wie nach dem Grundgesetz gewährleisten
muss - im Übrigen dem Subsidiaritätsprinzip
folgen muss. Dass all diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden durch die
europäische Integration, ganz im Gegenteil, die Europäische Union, die jetzt
mit dem Vertrag von Lissabon weiterentwickelt wird, ist weder demokratisch noch
rechtsstaatlich noch sozial. Sie schützt die Grundrechte nicht wirklich, das Subsidiaritätsprinzip
spielt gar keine Rolle und die Länder in Deutschland, die werden zu regionalen
Selbstverwaltungskörperschaften degradiert. Und wenn man - das ist mir das
Allerwichtigste - die Demokratie verteidigen will, also ein freiheitliches
Gemeinwesen in Freiheit- Gleichheit – Brüderlichkeit, da muss man eben diesen
Vertrag angreifen, denn er birgt die Gefahr eben diktatorischer Verhältnisse. Die
Generalermächtigungen sind so weitgehend – etwa die Kompetenzkompetenzen.
Der Europäische Rat ist sogar befugt, das gesamte Vertragswerk außer die
Regelung für die Verteidigung und Sicherheitspolitik durch Beschluss zu ändern,
ohne dass die nationalen Parlamente dem zustimmen müssten. Das ist für
jemanden, der ein europäisches Europa will und Mitgliedstaaten, die der
Aufklärung folgend in Frieden zusammenleben wollen gänzlich untragbar.
DW
Professor Schachtschneider zu den, wenn man es hört, doch gefährlichem
Vertragswerk. Es wurden Begriffe genannt, Kompetenzkompetenz, vielleicht
können Sie das kurz erläutern und warum kritisieren sie ganz konkret diesen EU Verfassungsvertrag
oder worin sehen Sie Gefährdungsbereiche oder was ist Ihrer Meinung nach ganz
konkret auch falsch in diesem Vertrag?
LG
Also als ich den Verfassungsvertrag gelesen habe - er hat ja zwei Teile, den
Vertrag und den Vertrag über die Arbeitsweise der Union - war ich sehr
überrascht und auch schockiert über viele Dinge. Ich werde einiges versuchen in
Kürze darzustellen und vielleicht erkläre ich zunächst den schwierigen
juristischen Begriff Kompetenzkompetenz - klingt ja sehr seltsam. Das
heißt, Prof. Schachtschneider und auch ich und andere werfen der Europäischen
Union vor und werden das auch begründen, dass sie immer mehr Kompetenzen an
sich zieht. Das heißt, sie hat sich selber durch gewisse Formulierungen in dem
Verfassungsvertrag die Befugnis eingeräumt, sich selber immer mehr
Zuständigkeiten selber zuzuschieben. Ja, sie verstehen? So, wie wenn ich mir
eine Ermächtigung einräume, dass ich immer mehr Macht, immer mehr Einfluss an
mich ziehen kann. Ich werde es noch belegen, aber ich möchte jetzt einmal der
Reihenfolge nach Vorgehen, mit der Präambel anfangen, also mit dem Vorspruch
und auch die Frage, warum das uns als Christen, als Christen - wir haben ja
hier Treff am Kreuz - besonders stutzig macht, besonders traurig macht. Was da
fehlt, etwa im Unterschied zum deutschen Grundgesetz. Das deutsche Grundgesetz
fängt ja an In Verantwortung vor Gott und den Menschen sind die
Verfassungsväter übereingekommen, dieses Gesetz zu verabschieden - ich habe es
jetzt frei formuliert. Nun, wenn wir aber lesen, ich habe hier die Zitate dabei
aus dem EU Verfassungsvertrag, heißt die Präambel: „Schöpfend aus dem
kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas.“ Schöpfend aus dem
kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas. Jetzt fragt man sich
als Christ, wo kommt hier Gott vor? Im deutschen Grundgesetz, auch in verschiedenen
Landesverfassungen kommt Gott vor - die Väter waren oft auch noch bewusste
Christen - aber jetzt kein Gottesbezug. Selbst der Papst und andere
haben dagegen protestiert, wie wir wissen, haben aber bisher da nichts
erreichen können und natürlich auch evangelische Christen. Also das fehlt im
Unterschied zum deutschen Grundgesetz völlig! Stattdessen heißt es kulturell,
religiös und humanistisch - jetzt nichts gegen den Humanismus, aber es ist der
Glaube an den guten Menschen, der sich selber aus dem Sumpf zieht, der sich
selber erlöst. Aber wir können nicht ohne Gott uns erlösen, das ist uns als
Christen ganz wichtig zu erkennen und auch zu betonen und zu verkündigen. Und
religiös ist ein so allgemeiner Begriff, religiöses Erbe, da fällt nun alles
darunter. An sich der Christliche Glaube nicht, weil wir als Christen ja
glauben, dass der biblisch-christliche Glaube durch Gottes Offenbarung
geschenkt ist und kein Selbsterlösungsversuch des Menschen. Insofern, wenn wir
es mal so streng theologisch - ich bin ja Theologe - definieren, kommt
christlicher Glaube überhaupt nicht vor in der europäischen Verfassung. Und das
kann man, denke ich, nur verstehen, wenn man weiß - die Handschrift Valéry
Giscard D`Estaing - atheistische Verfasser sind sehr stark einflussreich
hier gewesen und das macht uns sehr traurig. Wenn ich weiter noch zitieren
darf, Artikel 2, die Werte der Europäischen Union, da lesen wir, ich darf zitieren:
„Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.“ Zitat Ende.
Nun, das klingt zunächst ja gut und positiv, aber aus christlicher Sicht muss man fragen, was ist hier mit Pluralismus, mit Toleranz gemeint? Ist damit gemeint, dass alle Erkenntnisse gleichberechtigt nebeneinander stehen, dass die Wahrheitsfrage nicht mehr gestellt werden darf. Wenn wir die Bibel lesen, da sagt Jesus Christus in Johannes 14, Vers 6 <Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater, außer durch mich.> Wir sind als Christen natürlich auch tolerant gegenüber Andersgläubigen, keine Frage, indem wir sie lieben und nicht bekämpfen und so weiter, auch nicht diskriminieren übrigens. Aber die Frage ist: darf man noch die Wahrheit in Jesus Christus verkündigen, als den Weg zum Vater? Und es heißt ja dann auch, und das zitiere ich aus der Bibel so, <Keiner kommt zu Gott, dem Vater, außer durch mich> sagt Jesus Christus. Das ist ein Punkt und dann wird hier tatsächlich geredet von der Gleichheit von Frauen und Männern. Ich hab es ein paar mal lesen müssen. Wenn da jetzt Gleichberechtigung stünde ja alles klar, aber hier steht Gleichheit . Sind jetzt Männer und Frauen gleich, gibt es keine Unterschiede mehr? Geschlechtsumwandlung, all diese Fragen schwingen da ja schon mit und ich sehe dahinter die sogenannte Gender-Ideologie, die jetzt sehr aktuell ist, dass man sagt, der Mensch wird nicht als Mann oder Frau geboren, sondern dazu gemacht und jeder kann sich sein Geschlecht jetzt auch selber aussuchen. Da müssen und dürfen wir als Christen doch die Frage stellen, wie ist es denn, wenn es in der Bibel heißt, <Gott schuf den Menschen als Mann und Frau - so schuf er sie.> Und es ist ein Segen darauf. Es ist etwas Wunderbares, wenn wir auch diese Unterschiede stehen lassen, ja, aber heute wird ja vieles gemacht, bis hin, dass man Mischwesen auch aus Mensch und Tier züchten will – Chimären -, dass man schwarze Löcher erzeugt jetzt in Genf. Also der Mensch überschreitet diese gottgegebenen Grenzen und will sich selber zu einer Art Gott aufspielen und das, was Gott ihm gegeben hat, beiseite schieben. Und das sehe ich leider auch und sehen auch andere Christen in diesem Artikel 2, dass man hier sich über diese Schöpfungsordnung, diese gute Schöpfungsordnung Gottes hinwegsetzt und das nun als verbindlich, als Grundwert sogar in die EU Verfassung geschrieben hat.
DW
Man sieht in diesem ganzen Zusammenhang, dass man sehr im Detail auf
Formulierungen achten muss. Es geht ja hier um Feinheiten, auch juristische
Feinheiten. Es gehört mittlerweile ja zur, will ich sagen, politischen Etikette
und zum guten Ton gegen Diskriminierung jedweder Art aufzustehen und diese zu
bekämpfen. Nun nimmt sich auch die EU formal dieser Antidiskriminierung an. Ist
der Kampf gegen Diskriminierung im Allgemeinen nicht eher ein gutes Ziel, was
befürwortet werden sollte?
LG
Zunächst grundsätzlich natürlich ja, es ist uns auch verwehrt als Christen vom Neuen
Testament her, dass wir Andersdenkende, Andersglaubende beschimpfen oder
verächtlich machen, das ist völlig klar. Insofern berechtigt. Aber das Problem
ist, dass diese sogenannten Antidiskriminierungsgesetze oder auch jetzt
allgemeine Gleichbehandlungsgesetze so ausgelegt werden können, dass man
letztendlich gar nichts mehr sagen kann; nichts mehr Kritisches über Sekten,
nichts mehr Kritisches über Religionen, nichts mehr Kritisches über bestimmte
Lebensformen, etwa auch sexueller Art, wo wir natürlich von der Bibel her klare
Aussagen haben. Die Frage ist, was kann man, was darf man in diesem neuen
Europa überhaupt noch sagen? Da geht es wirklich massiv um die Predigtfreiheit.
Es gab in Schweden einen Fall, wo ein Pastor gewisse sexuelle Orientierungen
als Sünde bezeichnet hatte und er wurde bis in die oberste Instanz angeklagt,
hat dann zwar gewonnen - es ist gedeckt durch die Religions- und
Meinungsfreiheit. Aber wie sieht es aus, wie weit ist diese Freiheit noch
gewährleistet? Da machen sich viele Christen große Sorgen - steht jetzt hier
Religionsfreiheit gegen die Antidiskriminierung, ja - also die Frage ist
dadurch, wie weit man diesen Diskriminierungsparagraphen auslebt, wie weit die
Freiheit der Christen noch Sünde Sünde zu nennen, Irrlehre Irrlehre zu nennen noch klar
bleibt und klar verkündigt werden darf. Da wird es sicherlich noch mancherlei,
auch juristische Prozesse geben und Verwicklungen. Aber die Frage ist, ob man
das wirklich durch Gesetz so festschreiben soll und festschreiben darf.
DW
Also der Versuch der Antidiskriminierung kann, wie sie sagen, zur
Diskriminierung führen?
LG
Von Christen auch. Ja, das ist die Kehrseite. Wie weit haben wir als Christen
dann noch die Freiheit, unsere Meinung zu sagen? Denn wir wollen ja die
Menschen nicht verächtlich machen, sondern ihnen helfen und ihnen Jesus als den
Weg aufzeigen. Auch die Frage, wie weit ist Mission überhaupt noch möglich - in
einem guten Sinne. Das ist ja nicht, wie es manchmal dargestellt wird, mit
Keulenschlag und so, sondern in aller Liebe zu Jesus einladen, der gestorben
ist, um uns von Sünde, Tod und Teufel zu erlösen, um uns ewiges, erfülltes
Leben zu schenken. Ist eine froh machende Botschaft und als ich persönlich zu
Jesus gefunden habe, war für mich das der glücklichste Tag meines Lebens und
ich habe es nie bereut in all den Jahrzehnten.
DW
Schön das zu hören von ihnen als erfahrenem Theologen. Ein weiterer Punkt, Sie
sprechen in Ihrem Buch auch von Veränderungen im Bereich des Militärs der
jeweiligen Länder und sie kritisieren auch ganz konkret die militärischen
Veränderungen, die durch die EU angestrebt werden oder die zu erwarten sind.
Können Sie uns da nähere Informationen dazu geben?
LG
Das hat mich selber auch sehr überrascht, als ich den EU Reformvertrag von
Lissabon gelesen habe und ich habe die Paragraphen auch hier, wir wollen sie
vielleicht auch den Zuschauern zeigen, weil es so unglaublich ist für viele. Diese
Toleranz, die hier einerseits verkündet wird und gleichzeitig militärische
Aufrüstung ja. Und zwar ist es vor allem zu lesen im Artikel 42, Absatz 3 des
EU Reformvertrages - ich lese einmal vor, da heißt es:
„Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.“ und dann heißt es weiter, „Die Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung ermittelt den operativen Bedarf und fördert Maßnahmen zur Bedarfsdeckung, trägt zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors bei und führt diese Maßnahmen gegebenenfalls durch. Beteiligt sich an der Festlegung einer europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung und unterstützt den Rat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten.“ Soweit Artikel 42, Absatz 3. Und in Artikel 43 Absatz, 1 ist auch die Rede von Kampfeinsätzen im Rahmen der Krisenbewältigung, so ähnlich wie es die USA machen mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung wird also einmarschiert in andere Länder und die EU soll im Rahmen der UNO auch für solche Kampfeinsätze bereit sein. In einem Anhang in einem Protokoll wird sogar ein Datum genannt - bis zum Jahr 2010 sollen die Waffenkontingente, die Rüstungskontingente so aufgerüstet sein dass die EU kampfbereit parat steht wenn die UNO zum Einsatz ruft.
DW
Konkret zusammengefasst kann man hier von aktiv betriebener Aufrüstung
sprechen.
LG
Ja, obwohl ja - ich sag es mal zur Verschleierung - in Artikel 43 auch das Wort
Abrüstungsmaßnahmen vorkommt, aber gleichzeitig im Artikel vorher militärische
Fähigkeiten verbessern. Man widerspricht sich hier selber und ich kann das nur
als Augenwischerei bezeichnen. Letztendlich geht es natürlich um Stärkung des
Militärs und das ist übrigens auch ein Kennzeichen von Diktaturen, dass sie die
Aufrüstung massiv betreiben mit dem Argument größerer Sicherheit natürlich
auch. Es ist klar, dass alles auch gut verkauft werden kann. Es muss begründet werden,
ja.
DW
Sie sagen in Ihrem Buch, die EU habe sich eine Art Ermächtigungsgesetz gegeben,
durch das immer mehr Kompetenzen gesammelt werden können. Können Sie uns das
erläutern? Was kann das bedeuten?
LG
Das
ist einer der entscheidenden Punkte. Einer der entscheidenden Kritikpunkte.
Deshalb muss ich da ein bisschen weiter ausholen, weil es so unglaublich ist,
dass man es wirklich belegen muss aus dem Verfassungsvertrag selber. Zunächst
einmal wird in Artikel 47 festgestellt, die Union besitzt Rechtspersönlichkeit,
sie wird also als ein eigener Staat erklärt obwohl das Bundesverfassungsgericht
beim Maastricht-Prozess in den 90er Jahren gesagt hat, dass die Staaten doch
letztendlich selbständig bleiben sollen, dass man nicht über die Wirtschaftsgemeinschaft
hinausgehen solle, dass die Staaten Herren der Verträge bleiben sollen. Nein,
jetzt will man die EU zu einem eigenen Staatensystem ausbauen und Ich bin
natürlich gespannt wie das Verfassungsgericht bezüglich der Klagen entscheidet.
Also eine Rechtspersönlichkeit, ein eigener Staat soll die EU als gesamtes,
großes Gebilde werden. Dann Artikel 48, Absatz 2. Da heißt es, und das sollte
man vielleicht auch den Zuschauern einmal zeigen: „Die Regierung jedes
Mitgliedstaats, das Europäische Parlament oder die Kommission kann dem Rat
Entwürfe zur Änderung der Verträge vorlegen. Diese Entwürfe können unter
anderem eine Ausdehnung oder Verringerung der der Union in den Verträgen
übertragenen Zuständigkeiten.“ Das heißt, ich ergänze hier eine -
Ermächtigung zum Ziel haben. „Diese Entwürfe werden vom Rat, dem
Europäischen Rat übermittelt und den nationalen Parlamenten zur Kenntnis
gebracht.“ Zitat Ende. Also die dürfen zur Kenntnis nehmen, was die Spitze,
also der Rat mit der Kommission aushandelt. Und das Entscheidende war also eine
Ausdehnung der Zuständigkeiten. Es steht zwar auch Verringerung da, ja, aber
wer verringert schon seine Kompetenzen freiwillig selber, sondern der Begriff
ist Ausdehnung der Zuständigkeiten, das heißt der Kompetenzen, der
Machtbefugnisse, man räumt sich also mit diesem Ermächtigungsparagraphen, wie ihn
etwa Prof. Schachtschneider auch bezeichnet hat, eine Kompetenzerweiterung ein.
Auch in der Flexibilitätsklausel, Artikel 352 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Union und ich muss das gleich noch begründen, indem ich jetzt
diesen Vertrag über die Arbeitsweise auch noch etwas zitiere. Und zwar geht es
um die Zuständigkeiten der Union. Die Union unterscheidet hier zwischen
ausschließlichen Zuständigkeiten, wo nur sie das sagen hat, und teilweisen
Zuständigkeiten. Und zwar ist das in Artikel 2 und 3 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Union. Die ausschließliche Zuständigkeit, wo die nationalen
Parlamente nichts mehr zu sagen haben, beziehen sich auf die Bereiche - ich
zitiere, „Zollunion, Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts
erforderlichen Wettbewerbsregeln, Währungspolitik für die Mitgliedstaaten,
deren Währung der Euro ist, Erhaltung der biologischen Meeresschätze und
gemeinsame Handelspolitik.“ Hier also absolut jetzt schon ausschließliche
Zuständigkeit. Aber wie ist es denn mit der teilweisen Zuständigkeit? Da heißt
es in Artikel 2, Absatz 2, - und das wird jetzt auch eingeblendet. Da heißt es
im zweiten Abschnitt hier, „Übertragen die Verträge der Union für einen
bestimmten Bereich eine mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit, so
können die Union und die Mitgliedstaaten in diesem Bereich gesetzgeberisch
tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen.“ Soweit so gut, aber
jetzt heißt es - das ist der entscheidende Satz, der letzte Satz - „Die
Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und so weit die Union
ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat.“ - nicht ausgeübt hat. Als nur
insofern nehmen die Mitgliedstaaten die Zuständigkeit wahr, wenn die Union
nichts getan hat. Wenn aber die Union auch im Bereich der geteilten
Zuständigkeit schon handelt oder handeln will, dann haben die Mitgliedstaaten
auch da nichts oder nicht mehr viel zu sagen, sage ich mal vorsichtig. Und vor
allem diese geteilte Zuständigkeit bezieht sich auf alle weiteren Gebiete der
Politik,. der Wirtschaft, des Geldwesens, des Bankwesens usw. und vor allem
auch wörtlich so in Artikel. 4, auf den Raum der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts. Das heißt die Union beansprucht auch den Vorrang bei der geteilten
Zuständigkeit im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Und das
ist entscheidend - wer die Justiz hat hat die Völker. Wer die Justiz hat, die
Rechtsprechung hat die Macht und hat dann die absolute Kompetenzkompetenz, wie
das Professor Schachtschneider und andere formuliert haben. Und als ein Beleg
dazu noch, dann wollen wir denke ich Professor Schachtschneider auch noch mal
dazu hören. Es heißt in der Erklärung zu Artikel zu 16, Absatz 9 des Vertrages,
Punkt 17 in einem Gutachten des juristischen Dienstes des Rates von 22. Juni
2007: „Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Vorrang des EG oder
jetzt EU Rechts einer der Grundpfeiler des Gemeinschaftsrechts.“ Das heißt
auch das Bundesverfassungsgericht, wenn der Europäische Gerichtshof Recht
sprechen wird hat dann auch letztendlich nicht mehr Vorrang - es ist zwar noch
existent vielleicht, aber Vorrang hat der Europäische Gerichtshof in der
Rechtsprechung. Ja, vielleicht können wir dazu noch mal. Professor Schachtschneider
im Original hören?
DW
Man sieht also, dass hier nichts dem Zufall überlassen bleibt. Eine sehr
detaillierte Planung hinter diesen ganzen Vertragswerken steckt und sie hatten
es mehrfach angesprochen, den Verlust fast aller Kompetenzen, der sich hier
abzeichnet. Auch hierzu haben wir im Vorfeld mit Professor Schachtschneider
gesprochen und werden ihn jetzt auch noch einmal selbst dazu hören.
Professor
Schachtschneider
Was ganz bedauerlich ist, ist, dass der Grundrechtsschutz in der Hand des
Europäischen Gerichtshofs in schlechten Händen ist. In einem halben Jahrhundert
hat der Europäische Gerichtshof von den mehr als hunderttausend Rechtsakten der
Union noch nicht einen einzigen für grundrechtswidrig erklärt. Erfolgt immer apologetisch
der Politik der Kommission und damit auch des Rates, also den guten
Grundrechtsschutz, den wir hatten durch das Bundesverfassungsgericht, der ist
für 80% der Politik und insbesondere für den gesamten Bereich der Wirtschaft
verloren gegangen.
Moderator
Herr Professor, Sie formulierten „den wir hatten“ - bedeutet das, wir werden
ihn dann nicht mehr haben? Wir haben ihn schon jetzt nicht mehr?
Professor
Schachtschneider
Wir
haben ihn jetzt schon weitestgehend eingebüßt und es wird noch verstärkt werden
durch die europäische Grundrechtecharta. Der schlechteste Menschenrechtstext,
den ich kenne. Hier sind die Grundrechte sehr nivelliert und sehr unter dem
Vorbehalt der europäischen Rechtsakte gestellt. Gerade die sozialen Grundrechte
haben da immer nur Status von Absichtserklärungen und nicht etwa von
verbindlichen Rechten. Es sind also ganz wesentliche Rechte da verloren
gegangen, wie das Recht der freien Lehre beispielsweise. Auch die
Eigentumsgewährleistung ist da ganz anders formuliert als nach dem Grundgesetz.
Das Recht auf Arbeit kommt nicht vor, im Gegensatz zu fast allen
Menschenrechtstexten und vieles mehr. Die älteren Menschen haben zwar auch
Rechte, aber werden extra nicht mehr erwähnt - die politischen Rechte. Die
haben nur noch das Recht zu teilzunehmen am sozialen und kulturellen Leben,
aber nicht mehr am politischen Leben. Da steht nicht drin. Die
Grundrechtecharta ermöglicht die Todesstrafe im Kriegsfall, bei drohender
Kriegsgefahr. Das ist völlig untragbar, erlaubt es zu töten, um einen Aufruhr
oder Aufstand niederzuschlagen und manches andere mehr, was einfach den Schritt
zum Gericht um den letzten Rest von Recht zu retten, notwendig macht.
DW
Wenn
man diesen Kommentar hört, muss man feststellen, es geht da um sehr
fundamentale Bereiche und Einschnitte in unser demokratisches System, die hier
zur Frage gestellt werden. Es bleibt abzuwarten, ob diese Tendenzen umgesetzt
werden. Herr Doktor Gassmann, ein weiterer Bereich, Sie selbst sind erfahrener Theologe.
Welche Rolle nehmen die großen Volkskirchen ein? Bezüglich dieser Verträge
werden den Kirchen denn auch Rechte eingeräumt?
LG
In gewissem Raum schon. Es wird etwa in Artikel 17 des EU Verfassungsvertrags
gesagt, die Union achtet den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen
oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften
genießen. Allerdings fällt auf, das es ein sehr schwacher Begriff ist –
„achtet“, ja. Ich achte jemand, wenn ich ihn nicht verachte, wenn ich ihn so
stehen lasse, aber es steht nicht da, dass sie massiv unterstützt werden,
während bei anderen Bereichen der Politik heißt es, dass die Union sogar Dinge
bekennt, die nicht in ihr Wertesystem passen. Die Kirchen werden nur geachtet,
während z.B. Diskriminierungen bekämpft werden. So heißt es wörtlich in Artikel
10 des EU Arbeitsvertrags. Und da sehe ich also zweierlei Maß. Die Kirchen
werden sag ich mal etwa nur geachtet, man will auch einen Dialog mit Ihnen
führen. Sie überzeugen. Das sehe ich eher als eine Randposition. Während bei
diesen Dingen, die sage ich mal gerade in den Kirchen und auch außerhalb
diskutiert werden, da will man aktiv kämpfen, dass diese Dinge auch ausgeführt
und ausgelebt werden können. Aber die Kirchen? Achten finde ich einen viel zu
schwachen Begriff, das müsste man auf jeden Fall ändern und man sollte die
Kirchen fördern und auch die Vereinigungen und sie nicht nur achten, während
bei den anderen Dingen ja massive Unterstützung zugesagt ist aber in Kirchen.
Na was ist schon achten? Das ist viel zu schwach.
DW
Wird also auch hier mit einem ungleichen Maß gemessen.
LG
Ungleiches Maß, ja zweierlei Maß, so würde ich das nennen.
DW
Professor Schachtschneider hat es schon angesprochen in seiner Einspielung, dass
es einen europäischen Haftbefehl geben sollte, ein Begriff, der vielleicht
mehrfach schon in den Medien aufgetaucht ist. Können Sie uns etwas dazu sagen?
Welche Bedeutung hat ein europäischer Haftbefehl für einen Bewohner der
Bundesrepublik Deutschland?
LG
Stellen sie sich mal ganz konkret den Fall vor, es klingelt an ihrer Tür, die
Polizei steht da und sagt, sie sind verhaftet, sie kommen jetzt mit zur
Untersuchungshaft. Dann sag ich warum, ich hab da nichts verbrochen? Doch sie
haben einen Leserbrief geschrieben über irgend eine Religion, kritischen
Leserbrief und ja, da sag ich, aber ist doch in Deutschland unter
Meinungsfreiheit geschützt! Dann heißt es aber nein, in Schweden - ich nenne jetzt
mal Schweden, es könnte auch ein anderes Land sein - ist das schon als strafbar
eingestuft. Da gibt es ja schon sehr harte Antidiskriminierungsgesetze, also
wird man dann nach Schweden ausgeliefert, das heißt europäischer Haftbefehl. Gleichzeitig
kann mein Vermögen eingezogen werden, das findet sich in Artikel 67, Absatz 3
und Artikel 75 des EU Arbeitsvertrags diese Dinge, wer es nachlesen möchte. Es
sind Dinge, die so unglaublich sind und die Straftatbestände, die dann genannt
werden, sind dann auch sehr schwammige Begriffe, die beliebig füllbar sind.
Beispiel Terrorismus, Umweltkriminalität, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und
da kann alles drunter gefasst werden. Natürlich sind wir auch gegen diese
Dinge, Terrorismus, Fremdenfeindlichkeit, Umweltkriminalität und Rassismus,
aber da kann auch manches darunter gefasst werden, zum Beispiel wenn ich jetzt
schon eine kritische Äußerung mache über irgendeine Religion oder eine
Lebensweise von Menschen, wo ich sag, das nennt die Bibel Sünde, oder das
stimmt nicht überein mit der biblischen Aussage, dann kann schon gesagt werden,
das fällt unter Rassismus, obwohl ich überhaupt alles andere als ein Rassist
bin ja. Ich liebe Menschen jeder Hautfarbe, ist gar keine Frage. Aber wenn ich
zum Beispiel sage, Jesus ist der einzige Weg, mache ich mich dann schon
strafbar? Können Christen das nicht mehr sagen unser Glaubensüberzeugung? Und
ja, das sind also Dinge, die sehr umstritten jetzt schon sind. Denn dieser
europäische Haftbefehl ruht keineswegs mehr in der Schublade. Er ist seit dem
Jahr 2005 in Kraft in Europa, aber in Deutschland lief auch im Jahr 2005 ein
Verfahren vor dem noch einflussreichen Bundesverfassungsgericht,
wo dann gesagt werde, gemäß Grundgesetz Artikel 16, Absatz 2: „Kein Deutscher
darf an das Ausland ausgeliefert werden.“ Das schützt uns noch uns Deutsche,
dass wir unsere Meinung noch frei äußern können, ohne jetzt in irgendeinem EU
Land einen Haftbefehl ausgestellt zu bekommen. Ja, aber man muss sich
vorstellen, man kann dann sogar nacheinander in verschiedenen EU Ländern für
das gleiche sogenannte Vergehen angeklagt werden und es genügt,
sogar die bloße Beschuldigung. Es sind also unglaubliche Dinge. Und vor allem
auch dieser Punkt hat mich dazu bewogen diesen etwas – zugegeben - drastischen
Begriff Diktatur zu verwenden.
DW
Wenn man das Ganze sieht und so wahrnimmt. Wir hatten es angesprochen, es geht
um grundlegende Einschnitte in unserer Demokratie. Wie begründen Sie, dass das
Ganze so verdeckt, so geheimnisvoll über die Bühne geht? Warum liest, hört oder
sieht man so wenig über diese Punkte?
LG
Ja, also mir ist auch aufgefallen, dass diese EU Papiere in einer Zeit
verabschiedet wurden, wo etwa die Fußballeuropameisterschaft lief, die Leute
waren alle beschäftigt, den deutschen und anderen Mannschaften zuzujubeln und
kaum einer hat mitbekommen, was gerade auch in diesen Wochen so hinter den
Kulissen gelaufen ist. Ja, ich frage mich auch, warum so geheimnisvoll? Das ist
auch irgendwie doch typisch für nicht-demokratisches Verhalten, wenn man von
der Öffentlichkeit es fernhalten will, keine Volksabstimmung ermöglicht, keine
Transparenz. Ich hab mich gefreut, in Berlin diese neuen Bauten am Potsdamer
Platz, dass das so schön transparent alles gebaut ist. Ich würde mir wünschen,
dass auch der Inhalt der Politik wieder transparenter, das heißt durchscheinender,
durchschaubarer, öffentlicher, offener würde, dass auch die Bevölkerung weiß,
was läuft und dass wir auch protestieren können, wo es notwendig ist.
DW
Also die gleiche Transparenz in den Gebäuden wie an den Gebäuden.
LG
Ja, das würde ich gerade auch den Berlinern wünschen, aber auch allen Menschen
in unserem Land.
DW
Es wurde bereits sehr - will ich sagen scharf – formuliert: die EU als ein
neuer Archipel Gulag. Erklären Sie uns bitte diesen Vergleich, der in dieser
Schärfe auch gezogen wurde.
LG
Ein Archipel Gulag. Der jetzt verstorbene Nobelpreisträger Alexander Solschenizyn
hatte dieses Buch geschrieben und diesen Begriff gebraucht für die Zwangslager
in der Sowjetunion. Ich will jetzt nicht behaupten, dass das jetzt so
dramatisch und so schnell alles kommen könnte, aber wir müssen warnen,
rechtzeitig, solange wir noch unter demokratischen Verhältnissen leben. Dass
wir nicht in diktatorische Verhältnisse hinüberrutschen ja. Es kann mich
manchmal schneller gehen, als man denkt, vor allem, wenn wir diese Ermächtigungsgesetze
ja vorhin gehört haben und auch die Flexibilitätsklausel.
DW
Jeder Bundesbürger hat mit Sicherheit schon davon gehört und es mitbekommen: es
wurden Strafzahlungen für Mitglieder der Europäischen Union fällig in Millionen-,
ja in schwindelerregender Millionenhöhe. Sie kritisieren in ihrem Buch Diese Strafen,
Sanktionen und auch Androhungen von Zwangsgeldern Begründen Sie uns das.
LG
Ja, das wissen wir auch, dass Deutschland schon mehrfach mit Sanktionen bedroht
und belegt wurde, weil sie nicht genau - ich bin jetzt kein Ökonom aber - diese
wirtschaftlichen Anforderungen, die die Union setzt, an die Staaten erfüllen
konnte. Dann werden Zwangsgelder verhängt, Geldbußen etwa in Artikel 126 und
132 wird ausdrücklich formuliert, dass also Länder, die nicht diesen
Zahlungsvorstellungen und Währungsentwicklungsvorstellungen nachkommen, mit
Geldbußen und Zwangsgeldern belegt werden können. Und das wird zentral
verordnet von Brüssel. Deshalb sprechen viele eben von dieser Eurokratie. Auch
mit dem Euro. Zumal ja auch die Europäische Zentralbank immer mehr Befugnisse
bekommt, also nicht nur der Europäische Gerichtshof, sondern auch die
Zentralbank bekommt immer mehr Einfluss, nicht nur die Währung festzulegen, den
Euro, sondern eben auch diese Sanktionen, diese Bußen an die verschiedenen
Mitgliedstaaten der EU zu verhängen.
Auch ein drastischer Schritt, wo auch viele sagen, so geht das nicht weiter. Ja, wir wollen auch unsere eigene wirtschaftliche Freiheit haben; und übrigens ist das auch ein Problem, was Professor Schachtschneider zurecht kritisiert bezüglich des Sozialstaats, dass dieser hemmungslose Kapitalismus mit der absoluten Niederlassungsfreiheit, Kapitalverkehrsfreiheit in verschiedene Länder hin und her nicht mehr einen Schutz der eigenen Bevölkerung gewährleistet. Das heißt es kann jetzt jede Firma in irgendeinem Land ihr Kapital hinschaffen. Es gibt keine Begrenzungen, dieser Neoliberalismus von dem man auch spricht was andererseits eine Verarmung von der eigenen Bevölkerung zur Folge haben kann, die im eigenen Land keine Arbeit mehr findet also Stichwort Globalisierung, Billiglohnländer, Verschiebung des Kapitals. Ich möchte es nur erwähnen, ich bin jetzt Theologe, kein Ökonom, aber mir ist es doch auch wichtig geworden weil es ja auch Unrecht ist, was da mitschwingt in diesen Gesetzen.
DW
Kommen wir zurück zu den ureigenen Aufgaben von Politik. Die Aufgabe ist es ja,
ein Volk zu vertreten. Sie sprachen es in ihren einführenden Worten schon an,
dass sie ein Verfechter der Regelung sind, wie wir sie aus der Schweiz können.
Sie treten also für eine Volksabstimmung in Deutschland ein. Warum?
LG
Ich möchte das noch mal unterstreichen. Und ich möchte sagen, wo es um solche
entscheidenden Dinge geht. Es geht ja um nichts Geringeres als um die Selbstauflösung
der Bundesrepublik Deutschland hinein in einen europäischen Zentralstaat. Es
geht um nichts Geringeres als um die Verdrängung des Grundgesetzes durch
europäische Gesetze, wo es also um so entscheidende Weichenstellungen geht für
uns Deutsche und für alle anderen Völker genauso in Europa, da ist es wirklich
notwendig, dass das Volk entscheidet. Es geht nämlich um die Selbstauflösung
der Bundesrepublik, wer soll da entscheiden? Sollen das einige Politiker über
unseren Köpfen entscheiden, wenn uns hier praktisch der Boden unter den Füßen
weggezogen wird, wenn unser Land als solches auch gar nicht mehr wirklich etwas
zu sagen hat? Zu Recht wird also in immer mehr Ländern geklagt dagegen, gegen
diesen Verfassungsvertrag - auch in Österreich, auch in Tschechien laufen
Klagen und in Irland wird man wahrscheinlich die Iren zwingen ein zweites Mal
abzustimmen, was auch nicht demokratisch ist. Soll man dann so lange abstimmen,
bis sie zustimmen? Nein, es müssen gleiche Voraussetzungen sein. Es muss die Pro-
Seite die Contra-Seite gleichermaßen die Möglichkeit erhalten in den Medien, in
den Massenmedien zur Sprache zu kommen, nur dann ist es eine gerechte
Abstimmung und Entscheidung, wenn die Menschen informiert sind, was wirklich
steht in der Verfassung oder im
Verfassungsvertrag. Es ist ja im Grunde (dasselbe) - das Kind hat ja nur einen
anderen Namen bekommen. Aber, dass wir hier wirklich darauf drängen und das
kann nur vom Volke ausgehen - „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus!“ heißt es
noch im Grundgesetz, dass wir auch in diesem Punkt sagen, wir wollen jetzt eine
Volksabstimmung über diese Frage. Würde ich mich ganz dafür stark machen.
DW
Denken Sie, die politische Führung in Deutschland fürchtet eine solche
Abstimmung vom Ergebnis her?
LG
Es ist eindeutig zu erkennen, eindeutig zu erkennen. Es gab mal eine informelle
Umfrage einer großen Tageszeitung über den EU Vertrag und da haben etwa 200.000
Leser angerufen und die haben mit 95% sich dagegen ausgesprochen, ja. Sogar 95%.
DW
Ist sehr, sehr deutlich -95%!
LG
Und das hat man natürlich auch zur Kenntnis genommen in Berlin und
wahrscheinlich weiß man deshalb, wie die Abstimmung ausgehen würde, wenn die
Wahrheit ans Licht kommt. Und deshalb bin ich auch dankbar für diese
Möglichkeit, das auch hier in diesem Rahmen zu sagen, wo man sich offen äußern
kann.
Und es gibt aber auch rühmliche Ausnahmen und zwar unser früherer
Bundespräsident oder sogar Bundesverfassungsgerichtspräsident in einer Person.
Er war zunächst einige Jahre Präsident des Bundesverfassungsgerichts und dann
einige Jahre Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Roman Herzog. Er
hat einen sehr bemerkenswerten Artikel geschrieben unter der Überschrift - ich
habe es glaube ich schon erwähnt - Die Europäische Union gefährdet die
parlamentarische Demokratie in Deutschland. Das war also in der Welt im
Januar 2007 zu lesen, in der Welt am Sonntag. Er hat gesagt, ich zitiere: „Eine
intransparente, komplexe und verflochtene Mammutinstitution ist entstanden, die
immer weitere Regelungsbereiche und Kompetenzen an sich zieht.“, ich sag
mal, wie eine Krake sozusagen immer mehr Macht an sich zieht und das ist
ungesund. Zu viel Macht hat immer noch geschadet den Menschen, die diese Macht
bekommen, die Macht sollte verteilt werden, so dass viele mitentscheiden
können. Und das nicht alles zentralistisch entschieden wird. Jeder Staat sollte
auch noch seine Souveränität behalten, so dass die Macht verteilt ist in
freundschaftlicher Nachbarschaft ja, ein Europa befreundeter Völker mit von mir
aus auch wirtschaftlicher Zusammenarbeit, aber ohne diese zentralistischen,
diktatorischen Maßnahmen. Das hat Roman Herzog sehr deutlich auf den Punkt
gebracht.
DW
Sie sprachen es an, dass Professor Schachtschneider den Klageweg einlegen
musste, um gegen diesen EU Reformvertrag als letzte Haltemöglichkeit
vorzugehen. Interessant wäre an dieser Stelle zu klären, wie hoch die
Erfolgschancen gesehen werden, von einer solchen Klage, ob dieses ins Rollen
gekommene Rad überhaupt noch aufgehalten werden kann, auch dazu haben wir Professor
Schachtschneider selbst interviewt.
Moderator
Denken Sie, dass Ihre Klage Erfolg haben wird beim Bundesverfassungsgericht?
Professor
Schachtschneider
Sie wird viel ändern. Ich habe kaum Zweifel daran, dass also die
Generalermächtigungen, die ich nannte, die also eine Diktatur ermöglichen, dass
die fallen werden, dass die das Gericht nicht akzeptieren wird, sondern das
vereinfachte Änderungsverfahren, das erlaubt, alles zu ändern durch europäischen
Beschluss habe auch die überaus weite Flexibilitätsklausel - ich sagte das, die
es erlaubt, also die zur Verwirklichung der Ziele neue Befugnisse zu schaffen.
Das ist ja schon im Maastricht-Urteil kritisiert worden beides. Und man geht
jetzt einfach darüber hinweg. Ich denke, das Bundesverfassungsgericht wird
durch Interpretation den Vertrag wesentlich verändern, aber ich nehme an,
obwohl es wirklich hart an der Grenze ist, das Gericht den Vertrag passieren
lässt in veränderter Form. Jetzt wäre natürlich Gelegenheit zu sagen, so nicht
schafft einen neuen Vertrag, weil ja immerhin die Iren dagegen gestimmt haben
und sowieso noch mal abgestimmt werden muss. Also der Vertrag würde ja nicht an
Deutschland scheitern alleine. Aber ich denke das Gericht ist so schonend wie
möglich gegenüber der Politik der Regierung, will sich so wenig wie möglich
einmischen, aber wenn das Gericht hier nicht das demokratische Prinzip
verteidigt, wie es im Maastricht-Urteil geschehen ist, dann wird es
mitverantwortlich für den Niedergang unserer freiheitlichen Kultur. Und ich
denke, diese geschichtliche Last will das Bundesverfassungsgericht nicht auf
sich nehmen. Also es wird ein spannendes Rennen, aber ich bin jetzt nicht so -
ich bin da realistisch, weil ich schon viele Prozesse geführt habe und weiß,
dass die Bundesverfassungsgericht im Zweifel immer zur Regierungspolitik neigt.
Moderator
Das
war unser Interview mit Herrn Professor Doktor Schachtschneider. Herzlichen
Dank für das Gespräch.
DW
Also wir sehen, es geht hier um eine sehr folgenschwere Entscheidung, die das
Bundesverfassungsgericht zu treffen haben wird. Was denken Sie, wir haben viel
über dieses zu erwartende Urteil gesprochen, wann werden Ergebnisse zu erwarten
sein?
LG
Ja, voraussichtlich noch dieses Jahr. Das kann sich natürlich auch noch
verzögern, aber es wird in Eile verhandelt werden müssen, weil ja auch
Europawahlen anstehen im Jahr 2009 und vorher will die Regierung und will auch
das Gericht, dass da Klarheit herrscht. Wir können nur hoffen und auch beten,
dass auch hier Gottes Wille geschieht. Ja und müssen abwarten. Also ich
persönlich hoffe, dass die EU Verfassung, dieser Verfassungsvertrag -
Lissabonner Vertrag - in dieser Form nicht durchkommt, wie er jetzt steht. Vor
allem - wie auch Professor Schachtschneider meint -, dass dieses
Ermächtigungsgesetz, wie er es ja nennt, nicht so bestehen bleiben kann, dass
sich diese EU Versammlung, vor allem auch die Kommission und die ganzen Gremien
sich so viel Macht selber einräumen können. Das kann es nicht sein, sondern da
muss eine Kontrollinstanz sein, müssen die nationalen Parlamente, muss auch die
Bevölkerung der Länder die Möglichkeit haben, hier Kontrollinstanz zu sein. Ich
muss in dem Zusammenhang vielleicht erwähnen, es ist ein Petitionsrecht
immerhin enthalten in EU Reformvertrag. Man braucht aber dafür 1.000.000
Unterschriften in den europäischen Ländern zusammen. Immerhin muss man sagen,
ja, das ist ein demokratisches Element, was erhalten wurde. Es gibt auch ein
Austrittsrecht der EU Staaten was jetzt neu ist.
DW
Wahrscheinlich immer rein in der Theorie.
LG
Ja, vielleicht hat man es auch im Blick auf Irland solche Abstimmungen
hineingenommen, haben schon manche vermutet, ja, dass die die nicht wollen,
dann austreten können, aber in der Praxis wird das schwierig sein, weil man
sich natürlich dann auch, wenn man schon mal drin war, Nachteile zuzieht.
Länder, die noch nicht drin waren, haben es vielleicht einfacher. Ich denke an
die Schweiz, ich denke an Norwegen, wo die Bevölkerung mehrheitlich immer
dagegen geblieben ist, trotz mehrerer Abstimmungen auch in der Schweiz und so
weiter. Und ich würde mir wünschen, dass auch dort die Menschen klar erkennen, was
sie zur Abstimmung vorgelegt bekommen, dass sie nicht einfach blind in eine
mögliche Diktatur hinein laufen.
DW
Vielen Dank für die Ausführung. Ein weiterer Punkt, der in diesem groben
Zusammenhang von Interesse ist: es geht um das Feindbild Fundamentalismus.
Ein Begriff, der häufig gebraucht wird in verschiedenen Zusammenhängen. Aktuell
ist die Veröffentlichung eines Schulbuches. Es sei an der Stelle hingewiesen, es
geht um ein Schulbuch, in dem es gegen christliche
Fundamentalisten geht. Ein junger Katholik hat dieses Buch
geschrieben, es hat den Untertitel, Informationen, Abgründe,
Arbeitsmaterialien. Was sagen Sie zu so einem Buch, zu so einem Titel? Passt
dies in die Linie der Antidiskriminierungsgesetz?
LG
Diskriminierung von Christen würde ich sagen. Was ist eigentlich
Fundamentalismus? Es ist ja heute ein sehr schwieriger Begriff geworden und
deshalb müssen wir mal historisch zurückgehen, wo der Begriff eigentlich
herkommt. Er stammt von der Schriftenreihe The Fundamentals, (das heißt Die
Grundlagen), die Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA erschienen ist. Wo
also verschiedene christliche Autoren, Hochschulprofessoren und so weiter den
christlichen Glauben verteidigt haben gegen die Auflösung der biblischen
Wahrheit. Sie haben also festgehalten an den 5 grundlegenden Punkten des
christlichen Glaubens, dass die Bibel irrtumslos ist, dass Jesus
Christus Gottes Sohn ist, von einer Jungfrau geboren, dass er
gekommen ist, um uns von Sünde, Tod und Teufel zu erlösen, also der Sühnetod
Jesu, dass er auferstanden ist von den Toten, all diese zentralen
Grundwahrheiten wurden betont gegen eine Auflösung von scheinliberaler
Seite nenne ich es mal. Und ich frag mich, was daran falsch sein soll. Also es
war an sich ne Sache, die auch die Reformatoren Martin Luther, Johannes Calvin
genauso hätten unterschreiben können, die also grundlegende kirchliche Lehre
sind. In allen Konfessionen denke ich im Prinzip sogar ja, dass Jesus Gottes
Sohn ist und von der Jungfrau geboren und am Kreuz für uns gestorben und
auferstanden. Natürlich wurde dann der Begriff schon einige Jahrzehnte später
ausgedehnt auf sämtliche Religionen - islamischer Fundamentalismus, hinduistischer
Fundamentalismus, jüdischer Fundamentalismus sogar im politischen Bereich. Man
hat von Grünen Fundis und Reallos gesprochen, auch bei der Partei der Grünen. Also
so ist dieser Begriff immer mehr verwässert und relativiert worden und jetzt
versteht man natürlich zur Zeit aufgrund der Entwicklung vor allem auch im
Islam, aber zur Zeit auch im Hinduismus, wo viele Kirchen niedergebrannt werden
von radikalen Hindus. Versteht man leider darunter etwas sehr Negatives, etwas Gewalttätiges,
dass man - ja - zu Waffen greift gegen Andersgläubige - und das lehnen wir als Christen natürlich
hundertprozentig ab, weil wir ja gemäß der Bergpredigt unseres
Herrn Jesus Christus handeln und glauben, wo der Herr Jesus selber sagt <Liebet
eure Feinde, segnet, die euch fluchen, betet für die, die euch beleidigen und
verfolgen.> Das ist unsere Haltung, wenn uns jemand angreift, wir sollen
ihm auch die andere Backe hinhalten und nur so können wir den Kreislauf der
Gewalt durchbrechen. Aber warum glaube ich das? Weil ich die Bibel ernst nehme,
wenn ich die Bibel nicht ernst nehmen würde, würde ich auch nicht danach leben.
Also es ist gerade, wenn man die Bibel ernst nimmt und dann als Fundamentalist
verschrien wird genau das Gegenteil von dem, dass man Steine wirft oder Bomben
wirft. Insofern finde ich diese Begriffsausweitung und Verfälschung sehr
dramatisch. Sehr traurig. Und man weiß auch gar nicht mehr, ob man den Begriff
heute noch verwenden kann als Christ.
DW
Weil er sehr negativ besetzt ist.
LG
Ja, das ist umstritten, auch zwischen Christen. Ich will mich da jetzt auch
nicht festlegen, es hängt ja nicht von einem Begriff ab, sondern entscheidend
ist, dass wir Gottes Wort glauben, dass wir die Bibel ernst nehmen, auch in den
Dingen, die uns nicht so gefallen im Leben, dass Gott uns hier seine guten
Gebote auch gibt. Und auch in den Dingen, die Veränderung von uns verlangen, die
nicht so glatt runtergehen. Aber ich möchte doch sagen, dass wir eben
friedliebende Bürger sind dieses Staates, wenn wir die Bibel ernst nehmen, dass
wir auch der Obrigkeit, wie man es im Römer 13 liest, also den
Regierungen gehorchen. Es gibt allerdings eine Ausnahme, das möchte ich auch
sagen, Apostelgeschichte 5, Vers 29, lesen wir, <Man muss Gott
mehr gehorchen als den Menschen>, und zwar da, wo sie etwas von uns
verlangen, was gegen Gottes eindeutiges Wort und Gebot steht. Wenn z. B. jemand
sagen würde ihr müsst jetzt stehlen, würden wir das ablehnen. Genauso wenn man
sagt ihr müsst Ehe brechen würden wir dann auch ablehnen, weil Gottes Wort, die
10 Gebote etwas anderes sagen. Und das ist ja auch sehr aktuell, wenn man heute
gesellschaftliche Entwicklungen beobachtet, dass wir da als Christen nicht
alles mitmachen, dass wir nicht wie tote Fische mit dem Strom schwimmen,
sondern gegen den Strom. Nur der Fisch ist lebendig, der gegen den Strom
schwimmt - nur tote Fische schwimmen mit dem Strom. Und so wollen wir auch Licht
und Salz sein für diese Erde nicht Öl im Getriebe der Welt, sondern ein
Licht das leuchtet inmitten der Finsternis in einer immer dunkler werdenden,
immer aggressiver werdenden Welt wollen wir die Liebe Jesu hineintragen, dass
er gestorben ist, um uns von Sünde, Tod und Teufel zu erlösen.
DW
Diese zentrale Botschaft, Sie hatten es vorhin schon angedeutet, wurde auch Ihnen
in Ihrem Leben sehr wichtig und ist auch Grundlage, damit sie heute hier sind.
In dem Zusammenhang mit Antidiskriminierung, die häufig doch zu einer
Diskriminierung führen kann, wurde häufig ein Begriff erwähnt, der wie ein
Schreckgespenst im Raum steht - eine Christenverfolgung. Sehen Sie diese
Problematik auf uns Christen in Europa zukommen?
LG
Im schlimmsten Falle ja, im schlimmsten Falle, wenn die Gesetze nicht geändert
werden, wenn die Entwicklungen so weitergehen, könnte es passieren, wenn man
noch klar Gottes Wort verkündigt, dass man dafür angezeigt wird, wie es in
Schweden, wie es in England, wie es in Kanada, wie es in anderen Ländern schon
geschehen ist. Ich habe in meinem Buch ja auch Beispiele dafür genannt, die uns
hier schockiert haben. Und wir wollen hoffen und beten, dass das noch nicht
geschieht bei uns und dass bei uns die Meinungs- und Predigtfreiheit erhalten
bleibt. Wir sind ja auch ein gebranntes Kind in Deutschland, wir wissen die
Meinungsfreiheit sehr hoch zu schätzen, weil es ja schon mehrfach verboten war,
in verschiedenen Systemen sag ich es mal. In Deutschland war ja keine wirkliche
Meinungsfreiheit und ich hoffe ja, dass unsere Politiker Manns genug und Frau
genug sind, um diese Meinungs- und auch Glaubensfreiheit hochzuhalten
weiterhin, und dass wir nicht diesem Druck aus Brüssel und woanders her
nachgeben. Allerdings wenn ich sehe, dass zum Beispiel der Europarat eine
Resolution verfasst hat am 4. Oktober 2007 gegen die biblische Schöpfungslehre,
macht mich das sehr traurig. Wie kommt es, dass Politiker sich in weltanschauliche,
in glaubensmäßige Dinge hier einmischen und sagen, wer an die biblische
Schöpfung glaubt, ist ein Feind unserer Gesellschaft. Das wurde also wörtlich
am 4.10.2007 vom Europarat verabschiedet diese Resolution. Es ist noch kein
Gesetz, aber eine Vorstufe und das lässt uns auch aufhorchen. Um das Beispiel
auch noch zu erwähnen.
DW
Also es bleibt sehr spannungsgeladen, gerade in nächster Zeit. Wir erwarten das
Urteil aus Karlsruhe. Es ist gut, auch von der Hoffnung zu zehren, die Sie uns angeboten
und angedeutet haben. Vielen Dank für Ihre detaillierten Ausführungen auch zu
diesem Thema und wir sind gespannt auf die kommende Zeit. Ich gebe von hier
zurück an Dieter Schimmelpfennig und
bedanke mich nochmals bei ihnen für das Gespräch.
LG
Ich bedanke mich auch.
Dieter
Schimmelpfennig
Auch mir bleibt übrig zu danken, auch ihnen, liebe Fernsehzuschauer, hier die
Sendung Treff am Kreuz, die sie soeben sehen konnten. Vielen Dank, Doktor Lothar Gassmann und ich möchte noch
ergänzend sagen, dass Doktor Lothar Gassmann Sekten- und
Weltanschauungsbeauftragter der Arbeitsgemeinschaft für religiöse Fragen ist -
ARF. Und wir hoffen auch, uns in der nächsten Zeit vielleicht wiederzusehen
oder auch zu hören. Auch über das Radio können Sie den Treff am Kreuz
empfangen. Liebe, Hörerinnen und Hörer, könnte ich jetzt sagen, und zwar
vierzehntägig hier im offenen Kanal Berlin, Samstag um 13:00 Uhr gibt es unsere
Radiosendung Treff am Kreuz. Heute Fernsehen - dieses Thema nicht unwichtig,
sondern sehr wichtig. Dankbar bin ich auch für Daniel Weber, der uns heute hier
geholfen hat, Diplom Betriebswirt Daniel Weber und dir auch eine gute Heimreise
Daniel und auch Dr. Lothar Gassmann eine gute Heimreise.