Deidre und Martin Bobgan Psychotherapie oder biblische Seelsorge Christliche Literatur-Verbreitung e.V Postfach 110135 • 4800 Bielefeld 11 © der amerikanischen Ausgabe Moody Press, Chicago, Illinois Originaltitel: How to Counsel from Scripture © der deutschen Ausgabe 1991 by CLV • Christliche Literatur-Verbreitung Postfach 110135- 4800 Bielefeld 11 Übersetzung: Christiane Eichler, Köln Umschlag: Dieter Otten, Bergneustadt Satz: CLV / C S E • Computer-Satzservice Enns, Bielefeld Druck und Bindung: Druckhaus Gummersbach ISBN 3-89397-211-0 Inhalt Vorwort .......................................... 7 Einführung ....................................... 9 Teil 1: Grundlagen und Methoden der Veränderung .......................... 13 KAPITEL 1 Die Heilung der Seele ........................... 15 KAPITEL 2 Wo Veränderung möglich ist ...................... 26 KAPITEL 3 Menschenbilder .................................. 33 KAPITEL 4 Das biblische Menschenbild ...................... 41 KAPITEL 5 Veränderungsmethoden ............................ 53 KAPITEL 6 Die biblische Veränderungsmethode ............... 59 Teil 2: Betreuter, Berater und das Beratungsgespräch ................ 79 KAPITEL 7 Der Betreute und Veränderung .................... 81 KAPITEL 8 Der Seelsorger und Veränderung .................. 99 KAPITEL 9 Den geeigneten Seelsorger finden ............... 112 KAPITEL 10 Das Gespräch als Mittel zur Veränderung ........ 116 Teil 3: Veränderung durch die Liebe Gottes . . 135 KAPITEL 11 Liebe empfangen und weitergeben ................. 137 KAPITEL 12 Der Kampf um die Liebe .......................... 148 KAPITEL 13 Vergebung empfangen und gewähren ................ 156 KAPITEL 14 Innerliche und äußerliche Heilung ............... 171 KAPITEL 15 Handeln, um sich zu verändern ................... 188 Teil 4: Seelsorge in der Gemeinde ............... 197 KAPITEL 16 Warnungen ....................................... 199 KAPITEL 17 Planung eines Seelsorgedienstes in der Gemeinde . 208 Teil 5: Anhänge ................................. 235 KAPITEL 18 Zusammenfassung ................................. 237 KAPITEL 19 Nachwort ........................................ 245 KAPITEL 20 Literaturangaben ................................ 250 Vorwort Die christliche Kirche am Ende des 20. Jahrhunderts steht in der Gefahr, sich von der Psychotherapie zu sehr beeindrucken zu lassen. Diese Verfahren, die von nichtchristlichcn Männern wie Freud erdacht worden sind, haben nicht nur die weltliche Gesellschaft unserer Tage betrogen, sondern auch viele in der Gemeinde Christi. Es wird immer deutlicher, wie nötig wir christliche Führer brauchen, die ihre Mitchristen auf diese Gefahr aufmerksam machen und vor ihr warnen. Die Gemeinde darf nicht länger schweigen, wenn ihre Leiter Männer und Frauen zu denen schicken, die Psychotherapie und psychologische Methoden zur Heilung verwenden, anstatt sie zu Christus zu bringen, um sich von ihm heilen zu lassen. Dieses Buch soll wie sein Vorgänger Der psychologische und der geistliche Weg eine Fanfare sein, die Gottes Volk aufruft, sich von den humanistischen Methoden, den menschlichen Geist zu heilen, zurück zu dem großen Arzt selbst zu wenden. Es ist ein Warnruf, unsere Hoffnung nicht auf menschliche Wege zu setzen, sondern auf das wunderbare Leben und die Liebe Gottes. Es ist kein Zufall, daß diese Warnung von besorgten Laien kommt. Sie wird zu einem wichtigen Zeitpunkt der Kirchengeschichte veröffentlicht, denn mehr und mehr Kanzeln werden durch Wölfe im Schafspelz eingenommen, die vorgeben, Gottes Wort zu verkündigen, doch in Wirklichkeit die Wege der Welt predigen. Die Botschaft dieses Buches wird sicherlich unangenehm sein -wie es schon immer bei den Propheten der Offenbarungen Gottes der Fall war. Aber sie kann für die, die sich danach richten, zur Kraftquelle werden. Die Ratschläge, die hier gegeben werden, sind klar und vernünftig, und durch die Leitung des Heiligen Geistes auch von Weisheit geprägt. Dieses Buch sollte für alle Hirten, Lehrer und Mitarbeiter in den Gemeinden, die Seelsorge betreiben oder betreiben wollen, zur Pflichtlektüre gemacht werden. W. P. K. Die Bobgans haben es mal wieder geschafft! Leicht verständlich und mit stichhaltigen Argumenten haben sie gezeigt, daß sich wirkliche christliche Seelsorge an der Schrift orientieren muß. Wenn Sie dieses Buch lesen, werden Sie sicherlich sehr viel lernen und ermutigt werden. Wir sollten Gott dankbar sein, daß es solche Menschen wie die beiden gibt. Jay Adams Psychologische Formen der Seelsorge sind heute die größte Versuchung in der Christenheit. Die Bobgans haben diesen Betrug nicht nur entlarvt, sondern auch die Gemeinde zu ihrer biblischen Verantwortung zurückgerufen: „Einer trage des anderen Lasten, so werdet ihr das Gesetz des Christus erfüllen.“ Ich empfehle dieses Buch jedem Christen, der Verantwortung in der Gemeinde trägt und möchte alle Gemeindeglieder ermutigen, es zu lesen und seiner Botschaft zu folgen. Dave Hunt Einführung In unserem Buch Der psychologische und der geistliche Weg stellten wir den Nutzen der psychologischen Beratung (Psychotherapie) in Frage und wollten zur Rückkehr zur biblischen Beratung (Seelsorge) ermutigen. Wir haben eindeutige Beweise vorgestellt, die zeigen, daß Psychotherapie im besten Falle fragwürdig ist, im schlimmsten Falle schädlich, zumindest jedoch eine geistliche Fälschung. Wenn wir alle Forschungen betrachten, denen es immer noch nicht gelungen ist, die Überlegenheit der psychotherapeutischen Beratung zu beweisen, ist unsere größte Sorge, daß die Heilung des Bewußtseins (der psychologische Weg) immer stärker die Heilung der Seele (den geistlichen Wege) verdrängt. So stehen wir heute vor der Situation, daß wir in unseren Gemeinden den Menschen kaum noch geistliche Hilfen geben können. Das größte Hindernis für eine biblische Beratung ist heute die psychologische Beratungspraxis mit allem, was sie vermeintlich zu bieten hat. Der Hauptgrund, warum Kirchen und Gemeinden ihren Dienst an Menschen mit seelischen und Verhaltensproblemen nicht mehr wahrnehmen, ist die Angst - die Angst, daß Menschen, die keine psychologische Ausbildung haben, mit diesen Problemen nicht umgehen können, und die Angst, daß die Kirche kritisiert wird, weil sie versucht, Hilfen zu geben. Weil diese Angst so tief verwurzelt ist, sind wir gezwungen, nicht nur den geistlichen Weg aufzuzeigen, sondern ihn dem psychologischen Weg der Beratung entgegenzusetzen. Wir wollen damit nicht jede Form der Psychologie verdammen. Wir prüfen nur kritisch den Teil der Psychologie, der behauptet, er könne Menschen in ihren seelischen und Verhaltensproblemen helfen. Ebenso wie Jeremia darüber klagte, daß Israel andere Götter um Hilfe bat, sorgen wir uns darum, daß Gottes Volk heute Hilfe von einem psychologischen Beratungssystem erwartet, das aus leeren, auf menschlicher Weisheit gegründeten Theorien besteht. Denn zweifach Böses hat mein Volk begangen: mich, die Quelle lebendigen Wassers, haben sie verlassen, um sich Zisternen auszuhauen, rissige Zisternen, die das Wasser nicht halten (Jer 2,13). Wir haben dieses Buch für Christen geschrieben, die mehr über die geistliche Beratung wissen möchten. Zur biblischen Seelsorge ge- hören Veränderung, Entscheidungsmöglichkeiten und Liebe. Gott möchte uns in das Bild Christi verwandeln. Wenn wir uns nicht mehr verändern, dann ist das ein Zeichen geistlichen Stillstandes. Dagegen ist die Verwandlung in das Bild Christi ein Zeichen geistlichen Lebens. Die Lebenserfahrung eines Menschen veranlaßt ihn, sich in verschiedene Richtungen zu verändern. Doch Veränderung, die aus dem Gespräch in der biblischen Seelsorge erwächst, muß an der Bibel orientiert sein. Wichtig ist dabei, daß Gott an dem einzelnen Menschen handelt und daß dieser Mensch auf Gottes Handeln eingeht. Damit Veränderung stattfinden kann, muß der Mensch die Möglichkeit zur Wahl zwischen verschiedenen Alternativen haben. Und eine biblisch motivierte Entscheidung ist notwendig, damit die Veränderung in die richtige Richtung läuft. Wir wollen in diesem Buch eine Übersicht über die Bedingungen geben, unter welchen sich menschliche Entscheidungen abspielen, und einige Wege aufzeigen, wie man Menschen zu den richtigen Entscheidungen führen kann. Wenn wir über das biblische Menschenbild und eine Methode zur Veränderung diskutieren, dann konzentrieren wir uns auf eine Kraft, die von der Schrift immer wieder angeboten wird: Die Liebe Gottes. Sie ermöglicht uns, die Sünde mit ihren Folgen zu überwinden, in einer geordneten Beziehung zu Gott zu leben und so in das Bild Christi umgewandelt zu werden. Seine Liebe weckt Vertrauen, die zum Gehorsam gegenüber seinem Wort führt. Gottes Liebe beinhaltet sowohl Barmherzigkeit als auch Wahrhaftigkeit, sowohl Gnade als auch Gerechtigkeit. Damit Beratung zu wirklich geistlicher Beratung wird, muß die Liebe ihr Kennzeichen, ihr Mittel und ihr Ziel sein, denn „Gott ist Liebe“. Weil die Liebe eine so wichtige Rolle bei der Veränderung des Menschen spielt, werden wir einige ihrer Aspekte besprechen, die die Basis für sinnvolle Seelsorge aufzeigen. Wenn Sie unsere Ausführungen über die Rahmenbedingungen der biblischen Seelsorge, über das biblische Menschenbild und eine Methode zur Veränderung sowie unsere Ausarbeitung der Seelsorgeprinzipien der Bibel lesen, dann werden Sie vielleicht feststellen, daß es einen solchen Seelsorgedienst bereits in Ihrer Gemeinde gibt. A.ber wenn wir in der Seelsorge uns nicht um ein geistliches Verständnis des Menschen bemühen (biblisches Menschenbild) und um geistliche Lösungen (biblische Methoden), dann tun wir den Menschen, die zu uns gekommen sind, im besten Falle großes Un- recht an, im schlimmsten Falle werden wir jedoch großes Unheil an-richten. Lebensprobleme müssen als geistliche Probleme mit geistlichen Lösungen behandelt werden. Wir wollen keinesfalls den Eindruck erwecken, daß man biblische Seelsorge auf ein paar leicht anwendbare Formeln reduzieren kann. Wer Seelsorge mit Formeln betreiben will, wird unausweichlich scheitern. Sollte er jedoch trotz seiner Formeln Erfolg haben, dann ist dieser Erfolg keinesfalls auf Formeln zurückzuführen. Formelhafter Seelsorge fehlt es an dem, was die wirklich biblische Seelsorge ausmacht - denn diese ist ein kreativer geistlicher Prozeß, an dem ein Mensch, der Hilfe benötigt, und ein anderer, der sich als Kanal für Gottes Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit zur Verfügung stellt, beteiligt sind. Der Rahmen, den wir hier zeigen wollen, enthält nur einen Bruchteil des Reichtums der Heiligen Schrift, er ist nicht vollständig und kann es auch niemals sein. Jeder Mensch, der in die Seelsorge kommt, ist einzigartig, und Gott wird einen einzigartigen Weg für diesen Menschen geplant haben. Die Schrift und der Heilige Geist bieten ungezählte Möglichkeiten, wie wir in Liebe jedem einzelnen Menschen die Wahrheit in seine Situation hinein sagen und ihm helfen können, sie darin anzuwenden. Der biblisch orientierte Seelsorger reagiert nicht nur sensibel auf den Betreuten, sondern auch auf den Heiligen Geist, während er biblische Prinzipien mit dem Betreuten erarbeitet. Wenn wir einfach ein biblisches Prinzip anwenden wollen, ohne darauf zu achten, ob der Betreute überhaupt offen dafür ist oder wieweit Gott an diesem Menschen schon gearbeitet hat, dann können sogar die biblisch fundiertesten Prinzipien zu einer Katastrophe führen. Es ist möglich, mit der Bibel zu arbeiten und doch auf dem falschen Weg zu sein; es ist möglich, daß man Gottes Wort zitiert und doch sein Werk behindert. Deshalb ist biblische Seelsorge eine geistliche Aktivität, die das Wort Gottes und das Werk des Heiligen Geistes gemeinsam anwendet. Sie wird durch einen Menschen vermittelt, der zur Seelsorge von Gott berufen ist und von einem Menschen empfangen, der Lebensprobleme hat. Es gibt einige Menschen, die in die Seelsorge kommen, die an mehr als normalen Lebensproblemen leiden und die über die Hilfe des Seelsorgers hinaus medizinische Behandlung benötigen. Die Forschung hat gezeigt, daß einige der härtesten Fälle auf biologische Ursachen zurückzuführen sind, die medizinisch zu behandeln sind (siehe Kap. 16 „Warnungen“). Doch obwohl wir jedem Seelsorger dringend empfehlen, Menschen mit organisch feststellbaren Krankheiten an einen Arzt zu überweisen, behaupten wir dennoch, daß für die Menschen, die keine organischen Himanomalien haben oder deren Hormon- und andere ähnliche biochemische Steuerungssysteme in Ordnung sind, der Nutzen des Beratungsmodells, das wir vorstellen möchten, wesentlich größer ist als der jeder anderen Beratungsform, die wir kennen. Vor einiger Zeit beschrieb uns eine Frau, was geschah, als sie und ihr Mann sich von der biblischen Seelsorge abwandten. Nach eineinhalb Jahren in der Praxis eines Psychotherapeuten wurde ihre Ehe geschieden. Doch dann kehrten beide zum Herrn zurück, um von Ihm Leitung und Hilfe zu erfahren. Als sie nach seinem Willen für ihr Leben fragten und wieder die Beziehung zu ihm suchten, konnten sie auch ihre Beziehung zueinander wieder aufnehmen. Die Frau schloß ihren Bericht mit dem Satz: „Wissen Sie, Christus ist wirklich die Antwort auf alle Lebensprobleme.“ Ihre Worte und alles, was dahinter steht, ist die Grundlage für dieses Buch und unseren Seelsorgedienst. Wir beten, daß Sie durch das Lesen dieses Buches ermutigt werden, selbst die Quelle lebendigen Wassers aufzusuchen, um anderen davon weitergeben zu können. Das Wort Gottes und das Werk des Heiligen Geistes geben die Kraft, all unsere Lebensprobleme zu überwinden. Die biblische Seelsorge muß in der Gemeinde wiederbelebt werden, damit nicht noch mehr Christen in der Welt statt bei Gott Hilfe für ihre Probleme suchen. Gemeindeleiter und Gemeindeglieder, denen Gott diesen Ruf ans Herz gelegt hat, sind in der Lage, diesen Dienst zu beginnen - nicht nächsten Monat, nicht nächstes Jahr, sondern sofort. Die Gabe der Seelsorge ist uns gegeben, damit die Gemeinde erbaut und Gott verherrlicht werde. „Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dienet damit einander als gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes. Wenn jemand redet, so rede er es als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht in alle Ewigkeit. Amen“ (1. Petr 4,10.11). Teil 1 Grundlagen und Methoden der Veränderung KAPITEL 1 Die Heilung der Seele Vom Anbeginn ihres Bestehens besaß die christliche Kirche eine Methode des Dienstes, um Menschen mit seelischen und Verhaltensproblemen zu helfen. Durch das, was wir als „Seelsorge“ kennen, wurden den Menschen Ratschläge für viele Gebiete ihres Lebens gegeben: für ihr Gefühlsleben, ihre Gedanken, Wertvorstellungen, Beziehungen, Einstellungen und Verhaltensweisen. John T. McNeill beschreibt in seinem Buch Geschichte der Seelsorge diesen Dienst als „die unterstützende und heilende Behandlung von Menschen in den Belangen, die über die rein biologischen Bedürfnisse hinausgehen“1). Bis ins 20. Jahrhundert hinein boten die evangelischen wie die katholischen Kirchen den Menschen diesen individuellen Dienst an, wenn sie in Not geraten waren. Deshalb ist geistliche, biblische Lebensberatung keinesfalls eine neue Idee. Wir möchten einzig und allein das Wiederaufleben eines der ältesten Dienste der Gemeinde fördern, des Dienstes der Liebe. Gott heilt Menschen, die seelisch verletzt wurden und vergibt denen, die gesündigt haben und bereuen. Der Seelsorgedienst betont die Beziehung des Menschen zu Gott. Diese Beziehung hilft zur Erneuerung und Veränderung der Verstandes-, Gefühls- und Verhaltensebene. Gott hat die Christen vorbereitet und angewiesen, einander zu helfen und sich gegenseitig im Wachstum zu ermutigen. Aber die weltlichen Systeme haben den Seelsorgedienst unterminiert und Christen diese in solch einer Weise zu kopieren versucht, daß sich heutzutage die Christen unfähig fühlen, zu helfen. Sogar begabte Christen, die Hirtendienst ausüben, haben das Gefühl, nicht qualifiziert genug für diesen Dienst zu sein, weil die Welt ein System von Anforderungen, Diplomen und Abschlüssen aufgestellt hat, um festzuhalten, wer die Fähigkeiten zur Lebensberatung hat. Diese Entmutigung besteht, obwohl dieser Dienst eine Berufung Gottes und eine Gnadengabe ist. Die persönliche Fürsorge und Beratung wurde durch Systeme von außen blockiert, die bis heute nicht den Beweis erbracht haben, effektiver als der Seelsorgedienst zu sein. So glauben heute sehr vie- le Christen, daß nur sehr oberflächliche Probleme in der Gemeinde gelöst werden können und daß die komplizierteren Fälle über ihr Vermögen gehen. Wenn die Probleme ein gewisses Maß übersteigen, wenn Menschen tiefen Schmerz und Unglück erleben, wenn sie an Punkte kommen, wo einfache Antworten nicht mehr ausreichen, dann hat die Kirche Angst, sich zu engagieren. Verantwortliche Leiter in der Gemeinde glauben, nicht in der Lage dazu oder zu belastet mit anderen Verpflichtungen zu sein, um in schwierigen Situationen zu helfen. Die Folge ist, daß Christen an andere Stellen verwiesen werden. Doch auch heute gehen noch immer viele Christen zuerst zu ihrem Seelsorger, ehe sie woanders Hilfe suchen. Die „Joint Commission on Mental Illness and Health“ hat in Amerika durch Studien herausgefunden, daß fast die Hälfte aller Menschen, die Hilfe suchen, sich zuerst an einen Geistlichen wenden.2* Aber anstatt in ihrer Gemeinde Hilfe zu finden, werden solche Menschen meist in die Praxis eines Psychologen überwiesen oder sogar übergangen. Durch die heutige Forschung und durch den inszenierten Mythos der Umwitterung mit Geheimnissen auf seiten von Psychotherapeuten und psychologischen Beratungsstellen wurde die Kirche um die Erfüllung ihres Auftrages gebracht, Christen, die dringend Rat und Veränderung brauchen, anzuleiten und ihnen zu helfen. Wem kann die Kirche dienen? Für wen ist die biblische Seelsorge innerhalb der Gemeinde bestimmt? Forschungen des Psychiaters E. Füller Torrey haben ergeben, daß 5 % der Menschen, die zu einem Psychiater kommen, Menschen mit organischen Nervenkrankheiten sind, daß aber 75 % solche sind, die mit Lebensproblemen Hilfe suchen und bei den restlichen 20 % „muß eine genauere Untersuchung gemacht werden, um bestimmen zu können, in welche der beiden Kategorien sie gehören“3*. Torrey ist also der Ansicht, daß die meisten Menschen (mindestens 75 %), die zu einem Psychiater kommen, eher Anleitung zur Lebensbewältigung benötigen als eine psychiatrische Behandlung.4* George Albee, der ehemalige Präsident der American Psycho-logical Association, sagt: „Es ist eine ungeschminkte Tatsache, daß die meisten emotionalen Lebensprobleme keine Krankheiten sind.“5* Die Autoren von Das Psychoestablishment halten fest: Es ist eindeutig, daß von den etwa 10 Millionen Menschen, die nach Schätzungen des National Institute of Mental Health und anderen amerikanischen Behörden psychiatrische Behandlung benötigen, nur eine kleine Minderheit an Problemen leidet, die man allgemein als „Geisteskrankheiten“ klassifizieren würde.6* Deshalb suchen die meisten Menschen Hilfe wegen Problemen, über die die Bibel bestens Bescheid weiß: wie man lebt, wie man Beziehungen zu anderen knüpft und aufrecht erhält, wie man den Sinn des Lebens findet, wie man Gott kennenlernen kann, und wie man so wird, wie Gott es für den Menschen geplant hat. Wer ist zu diesem Dienst geeignet? Wenn die meisten Patienten der Psychotherapeuten eigentlich lernen müssen, wie man lebt, wer ist dann besser ausgerüstet, um sie anzuleiten und zu lehren, als ein Mann oder eine Frau, der oder die mit Gott lebt? (Und weiter: wie kann jemand überhaupt einem Christen beibringen, wie er leben soll, wenn er selbst nicht zum Leib Christi gehört?) Dennoch wollen natürlich die meisten Psychologen und Psychiater nur ungern solche Patienten verlieren, weil sie oft am liebsten mit denen arbeiten, die am ehesten von biblischer Seelsorge profitieren würden. Torrey berichtet dazu: Eine andere Eigenart der Psychologen als „Ärzte“ ist, daß sie die wirklich kranken Patienten gerne meiden. Statt dessen verbringen sie die meiste Zeit mit solchen Patienten, die überhaupt nicht krank sind. Das ist wahrlich eine seltsame Methode, seinen Heilberuf zu praktizieren.7* Viele Psychiater behandeln sogar fast ausschließlich Menschen, die Lebensprobleme haben.8* Der Psychiater Jerome Frank bekennt: „Wenn Menschen mit allgemeinen Lebensproblemen aus unseren Praxen ausgeschlossen würden, dann hätten wir kaum noch etwas zu tun.“9* Der Psychologe gibt oft nur Rat aus seinem „gesunden Menschenverstand“ heraus, der durch seinen Titel und seine Ausbildung gerechtfertigt und verbrämt werden. So gab etwa ein kalifornischer Psychologe einer Patientin zu dem Problem, wie sie ihren Freund am besten in das Haus ihrer Eltern einführen solle, den Rat: „Verhindere von Anfang an eine Situation, von der du von vornherein weißt, daß sie deinem Vorhaben ungünstig sein kann. Wenn du einen Bas-ketballer nach Hause bringst, der zwei Meter zwanzig groß ist und schwarz, und du weißt, daß deine Eltern Rassisten sind, dann brauchst du es gar nicht erst versuchen.“10' Ich glaube, es gibt nur wenige Leute, die sich nicht dasselbe denken könnten. Warum läßt man also jemanden fünf bis zehn Jahre studieren und verschwendet soviel Geld, nur damit er solche Ratschläge erteilen kann? Der Arzt Thomas Szasz spricht davon, daß „ganz normale Verhaltensweisen von ganz normalen Leuten zu außergewöhnlichen und beängstigenden Symptomen seelischer Krankheiten gemacht werden“111. Und William Kilpatrick beschreibt in seinem Buch Die psychologische Verführung: „Wirkliche menschliche Probleme werden trivialisiert, wenn man sie zu Krankheiten macht. Damit berauben wir unser alltägliches Leben jeder Würde und jeden Sinnes.“121 Paul Vitz sagt dazu: Was sagt man nun dem älteren Arbeiter, der seinen Job verloren hat, dessen Fähigkeiten heute niemand mehr braucht? Oder was sagt man der Frau, die so verzweifelt und einsam in ihrem alternden Körper lebt und die eine lange Reihe gescheiterter Beziehungen hinter sich hat? Soll man solchen Leuten sagen, sie müßten unabhängiger werden? Sagt man: „Verwirkliche dich selbst durch kreative Beschäftigungen?“ Das wäre für diese Menschen nicht nur irrelevant, sondern eine Beleidigung.131 Kilpatrick beschreibt die modernen psychologischen Hilfen treffend: Wenn Sie nach neuen Welten zur Erforschung suchen, dann sollten Sie tunlichst über die Psychologie hinausgehen. Sie gibt einem die Illusion der Tiefe, aber Spiegel, die einander gegenüberhängen tun das auch, und ich glaube, daß die Psychologie leider einem Spiegelkabinett auf einem Jahrmarkt nicht unähnlich ist. Man sieht die verschiedensten Seiten und Spiegelungen seiner selbst, aber man kommt darüber nicht hinaus. Auch ein Spiegelsaal ist nur ein einfacher Raum, den man früher oder später wieder verläßt. Man wird bald Ausschau nach einer Tür halten.141 Er sagt weiter: „Das Problem mit der Psychologie ist nicht, daß sie unsere Vorstellungen und unsere Passionen beflügelt, sondern daß sie sie letztendlich zerstört.“15» Wie seltsam, daß man ausgerechnet die Psychologen zu Experten für richtige Lebensführung ernannt hat. Die hohe Scheidungs-, Selbstmord- und Verzweiflungsrate unter den Psychologen zeigt die Zerstörung, die ihr persönliches Leben und ihre Praxis heimsucht, und doch suchen die Menschen deren Weisheit, wenn sie wissen wollen, wie sie glücklich und erfolgreich leben können.16» Die Gemeinde kann weitaus eher für sich beanspruchen, dafür verantwortlich zu sein, Menschen zu lehren, wie sie leben können. „Seine göttliche Kraft hat uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch seine eigene Herrlichkeit und Tugend“ (2. Petr 1,3). Die Gemeinde hat die Schrift und die Gläubigen, die denen in Liebe, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit helfen können, die Lebensprobleme zu lösen haben. Die Gemeindeleiter sollten die Mitglieder ihrer Herde nicht wegschicken, um an anderer Stelle Rat zu erhalten, auch sollten sie nicht versuchen, die psychologischen Berater zu kopieren. Paulus wollte nie den Wegen der Menschen folgen, deshalb sagte er von seiner Predigt, sie „bestand nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit euer Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft beruhe“ (1. Kor 2,4.5). Gemeindeleiter müssen nicht meinen, daß es ihre Aufgabe wäre, die Last der persönlichen Seelsorge alleine zu tragen. Es ist wichtiger, daß sie die Glieder ihrer Gemeinde anweisen, einander zu helfen, die Lasten des anderen zu tragen und in Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Seelsorge zu üben. Die Forschungen, die wir in unserem Buch Der psychologische und der geistliche Weg vorgestellt haben, und unsere Erfahrungen, die wir gemacht haben, als wir einen Seelsorgedienst in unserer Gemeinde aufgebaut und geleitet haben, haben uns zu folgender Schlußfolgerung gebracht: Christen, deren Probleme durch psychologische Beratung behandelt werden können, sind besser beraten, wenn sie biblische Seelsorge in Anspruch nehmen. Die Forschungen des Psychiaters Torrey haben ergeben: Geistliche Beratung ist ebenso geeignet und effektiv, um Menschen mit Lebensproblemen zu helfen, und sie ist sogar ehrli- eher... als die meisten anderen Methoden. Menschen, die in der gleichen geistlichen Welt leben wie die Familie Bobgan, werden diesen Ansatz als den effektivsten erleben.17) Doch anstatt biblische Seelsorge anzubieten, haben die Kirchen die psychologische Beratung unterstützt, wahrscheinlich, ohne sich darüber klar zu sein, daß zwischen beidem ein großer Unterschied besteht. Warum ist biblische Seelsorge besser als die psychologische Beratungspraxis? Wir haben vier Hauptgründe, warum wir weder psychotherapeutische Beratung noch eine Verbindung von biblischer und psychotherapeutischer Beratung empfehlen: Ersten wegen der Bibel und der kirchlichen Tradition; zweitens wegen der Erfahrungen derer, die einen rein biblischen Ansatz verfolgen; drittens wegen psychologischer Forschungen und viertens, weil der psychologische Ansatz immer wieder mit dem biblischen Ansatz in Konflikt gerät. Bibel und Tradition Die Bibel ermahnt uns: „Einer trage des anderen Lasten, und so werdet ihr das Gesetz des Christus erfüllen“ (Gal 6,2). Viele andere Verse der Bibel ermutigen die Christen, einander zu ermahnen und bei Problemen zu helfen. Die Bibel lehrt auch das richtige Denken und wie man mit den Gefühlen und dem menschlichen Willen umgeht. Als Ergebnis dieser Lehren entstand in der frühen Kirche der Seelsorgedienst, der bis ins 20. Jahrhundert hinein bestanden hat. Doch heute hat die psychotherapeutische Beratungspraxis die Oberhand gewonnen. Szasz stellt heraus, daß „mit dem Niedergang der Religion und dem Aufstieg der Wissenschaft die Heilung (sündiger) Seelen, die immer ein wesentlicher Bestandteil des Christentums war, zur Heilung des (kranken) Bewußtseins umgeformt wurde“18). Die Worte sündig und krank verwendet er selbst in diesem Zusammenhang. Diese beiden Worte kennzeichnen den dramatischen Wechsel von der Heilung der Seele (Seelsorge) zur Heilung des Bewußtseins (Psychotherapie). Sobald wir die Sünde zur Krankheit erklären, verwandeln wir ein biblisches in ein psychologisches Problem. Das Ergebnis ist, daß Lebensprobleme der liebevoll helfenden Hand eines Mitchristen vorenthalten werden, um in das Sprechzimmer eines Therapeuten getragen zu werden. An einer anderen Stelle hebt Szasz hervor, daß „die Art menschlicher Beziehung, die wir heute mit .Psychotherapie* beschreiben, eigentlich in den Bereich der Religion gehört. Daß wir sie irrtümlich als .therapeutisch* bezeichnen, ist ein großes Risiko für unser geistliches Wohlergehen.“19) Er sagt an anderer Stelle: „Psychotherapie ist der moderne, wissenschaftlich klingende Name für das, was früher einmal als Seelsorge bezeichnet wurde.“20* Aber die „Seelsorge“ der Psychotherapie ist alles andere als biblisch. Obwohl die Kirchen sich von biblischer Beratung fast abgewendet haben, weil die psychotherapeutische Beratungspraxis angeblich so „wissenschaftlich“ ist, ist die psychotherapeutische Beratungspraxis doch nicht wissenschaftlicher als die biblische. Karl Popper, einer der einflußreichsten Denker unserer Tage und einer der größten Wissenschaftsphilosophen, glaubt, daß psychotherapeutische Theorien, wie sie von Freud und anderen formuliert wurden, „mehr mit primitiven Mythen gemeinsam haben als mit Wissenschaft, obwohl sie immer so wissenschaftlich auftreten. Man könnte sie eher mit Astrologie vergleichen als mit der Astronomie.“21) Deshalb kann der Ersatz der geistlichen Beratung durch die psychotherapeutische durch nichts gerechtfertigt werden. Biblische Seelsorge Obwohl die psychologische Beratung heute in- und außerhalb der Kirchen die vorherrschende Methode ist, um Lebensprobleme zu lösen, gibt es überall in Amerika und Europa den biblischen Seelsorgedienst. Ein herausragendes Beispiel hierfür ist in den USA „The Christian Counseling and Education Foundation“ (Christliche Stiftung für Seelsorge und Erziehung), die von Jay Adams gegründet worden ist. Diese Seelsorgedienste behandeln die gleichen Lebensprobleme mit Erfolg, die auch in der psychologischen Beratungspraxis behandeln werden. Die Existenz dieser Dienste beantwortet noch nicht die Frage, welche Methode die bessere ist, aber sie zeigt, daß es einige Seelsorger und Pastoren gibt, die mit Erfolg die Bibel statt irgendeines psychotherapeutischen Systems verwenden. Forschungen über die psychotherapeutische Beratungspraxis Den dritten Grund gegen die Psychotherapien findet man in der ein- schlägigen Forschungsliteratur. Morris Parloff, der Leiter der „Abteilung Psychologische Behandlung - Forschungsstelle“ beim National Institute of Mental Health berichtet, nachdem er eine große Menge Forschungsliteratur durchgesehen hat, von der „frustrierenden Entdeckung, daß alle Formen der Psychotherapie gleich erfolgreich sind“22'. Forscher der Wesleyan University kamen zu dem noch erstaunlicheren Ergebnis: Es gibt keine Beweise dafür, daß der Nutzen der Psychotherapie größer sein könnte als der Erfolg durch „sogar die scheinbar harmlosesten nichtpsychologischen Behandlungsmethoden“23'. Schon bevor es so etwas wie psychologische Behandlung gab, existierte eine Heilungsmethode, die man in der Literatur als „ethische“ oder „moralische“ Behandlung bezeichnet.24' Die ethische Behandlungsmethode wurde in Einrichtungen verwendet, in denen Menschen mit seelischen Problemen behandelt wurden. Sie konnte die gleichen Erfolgsziffern aufweisen wie sie die heutige Psychotherapie für sich beansprucht. Hans Eysenck berichtet, daß er die Aufzeichnungen seines Krankenhauses durchging und herausgefunden hat, daß die Erfolgsziffern schon im 17. Jahrhundert dieselben waren, die heutige professionelle Behandlungsmethoden versprechen.25' Wenn die ethische Behandlungsmethode von damals ebenso erfolgreich wie die heutige psychologische Beratung ist, warum sollte die biblische Beratung nicht mindestens die gleichen Resultate liefern können? Es besteht die erstaunliche Tatsache, daß bisher niemand die biblische mit der psychologischen Methode verglichen hat, und es deshalb keinen Nachweis darüber gibt, daß die psychologische Beratungspraxis tatsächlich auch nur einen Deut besser als biblische Seelsorge ist. Und doch sind in den Kirchen viele davon überzeugt, daß die Psychotherapie dem biblischen Wissen voraus ist. Der Konflikt mit dem psychotherapeutischen Ansatz Das Christentum läßt sich sehr einfach neutralisieren, wenn man das Wort Gottes durch Psychotherapien und psychologische Theorien ersetzt. Statt das christliche Gewissen und den christlichen Charakter zu bilden, formt die Psychotherapie eine Reihe von Ersatzgebilden von humanistischem Wohlwollen bis hin zum Egozentrismus. Wenn man Gemeindemitglieder in die psychologische Beratungspraxis schickt, dann riskiert man es, sie einer anderen Philosophie und einem anderen Wertesystem auszuliefern. Wenn Menschen ihre Lebensprobleme mit Menschenweisheit lösen wollen, dann tendieren sie leicht dazu, sich mehr auf sich selbst zu verlassen, statt Gott näher zu kommen. Wenn man dem psychologischen Weg glaubt, verehrt man leicht Menschen statt Gott. Ein Psychotherapeut bekennt: Die Psychologie ist heute zu einem Ersatz für die alten Glaubenssysteme geworden. Die verschiedenen Therapiekonzepte bieten die Vision eines guten Lebens und wie man es führen kann, und die, deren Eltern Trost durch die Worte der Bibel erfuhren und an den Altären Christi und Jahwes anbeteten, beten nun am Altar von Freud, Jung, Rogers, Ellis, Erhard und einer großen Anzahl ähnlicher Autoritäten, und werden dort getröstet.26) Wenn man nun biblische Beratung mit Beratungsformen kombinieren will, die eine Ersatzlösung für das Christentum bieten wollen, dann ist das reichlich widersprüchlich. Der psychologische wie der biblische Weg beschäftigen sich mit den Gedanken und dem Verhalten. Dennoch macht der psychologische Weg das Christentum zu einem auf ein Minimum reduzierten Bereich, der dann gar nichts damit zu tun hat, daß Menschen wirklich geholfen werden könnte, ihre Gedanken und ihr Verhalten zu ändern. Psychologen behaupten, das Wissen und die Erfahrung zu haben, um Menschen zu helfen, ihre Denk- und Verhaltensprobleme zu lösen, und reduzieren damit die Zuständigkeit der Religion auf das Gebiet des Geistes - „irgendwo jenseits der Realität des alltäglichen Lebens“. Jacob Needleman hat diesen Wechsel von der Seelsorge zur Psychotherapie auch bemerkt: Die moderne Psychiatrie entstand aus dem Bestreben des Menschen, sich selbst zu verändern und dabei nicht die Hilfe eines imaginären Gottes zu benötigen. Vor über einem halben Jahrhundert wurde die menschliche Seele größtenteils durch Freuds Erkenntnisse und die Bemühungen seiner Anhänger den unsicheren Händen der organisierten Religion entzogen und in die reale Welt als Objekt für naturwissenschaftliche Studien versetzt.27) Martin Gross sagt in seinem Buch Die psychologische Gesellschaft: Als die Gebildeten ihren Glauben an die etablierten Religionen verloren, brauchten sie einen Ersatzglauben, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ebenso anerkannt sein würde wie das Christentum in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts. Psychologie und Psychiatrie haben heute diese spezielle Aufgabe übernommen.28) Kilpatrick warnt in seinem Buch Die psychologische Verführung: Echtes Christentum läßt sich mit Psychologie nicht gut vermischen. Wenn man das versucht, endet man häufig mit einem verwässerten Christentum, statt einer christlichen Psychologie. Aber der Prozeß ist sehr schleichend und wird deshalb kaum bemerkt. Auch ich selbst war mir nicht bewußt, daß ich zwei ganz unterschiedliche Auffassungen vermengen wollte. Und andere, deren Aufgabe es gewesen wäre, mich zu warnen, standen unter dem gleichen Bann. Das war kein Frontalangriff auf das Christentum - ich bin mir sicher, daß ich dem widerstanden hätte. Diesmal war es nicht der Wolf vor der Tür: der Wolf war schon im Pferch, allerdings im Schafspelz. Und er wurde von den Schäfern gestreichelt und verpäppelt, so daß man hätte meinen können, er sei ihr Lieblingsschaf.29) In unserem Jahrhundert hat die Kirche geistig-emotionale Nöte und Lebensprobleme an berufsmäßige Berater delegiert, die sich auf die „Bewußtseinswissenschaften“ spezialisiert haben. Weil man die Seele vom geistlichen Bereich getrennt hat, kommt man zu dem irrigen Schluß, daß die Bibel auf Probleme des Denkens und Verhaltens keine angemessene Antwort hat. Der psychotherapeutische wie der geistliche Ansatz bieten nichtwissenschaftliche Lösungen für seelische und Verhaltensprobleme. Der geistliche Weg eröffnet die biblischen Lösungen, der psychotherapeutische dagegen bietet rein menschliche Lösungen. Psychologische Beratung ist ein Beruf. Dabei wird die Behauptung aufgestellt, daß sie wissenschaftlich begründet sei. Die geistliche Beratung besteht im natürlichen Überfließen der Liebe, die im Leib Christi praktiziert wird. Wer den psychologischen Weg geht, muß sich Theorien aneignen und menschliche Techniken erlernen. Der geistliche Weg hingegen kann von jedem Glied am Leibe Christi praktiziert werden. Biblische Seelsorge basiert nicht auf menschlichen Theorien und Techniken, sondern auf Bibelkenntnis, auf der Anwendung von Gottes Wort durch den Heiligen Geist im eigenen Leben und auf der Liebe zu anderen, so daß ihnen zur Heilung und zum Leben geholfen wird. Die Bibel ist voll von Aussagen über den Zustand des Menschen und mit Lehren, die zu emotionaler Stabilität und Lebenskraft führen. Wir können in diesem Buch die unermeßlichen und unerschöpflichen Reichtümer des Wortes Gottes nur streifen. Wenn man die Schrift kontinuierlich studiert und dabei um die besondere Leitung des Heiligen Geistes bittet, so wird man finden, was man braucht, um anderen Menschen zu einem richtigen Lebensweg zu verhelfen. Christen haben den ganzen Ratschluß Gottes zu ihrer Verfügung, wenn sie selbst sich auf den Herrn verlassen, sein Wort lesen und ihm gehorchen, und wenn der Heilige Geist, der der wahre Tröster ist, in ihnen wohnt und ihnen Kraft gibt. Gott ließ die Menschen in dieser feindlichen Welt mit Satans Schlichen nicht allein. Er gab uns seinen eingeborenen Sohn, sein geschriebenes Wort, seinen Heiligen Geist und Mitgläubige, damit wir als seine Kinder ihn so erkennen können, daß wir ihn lieben, ihm vertrauen und seinem Plan für unser Leben erfüllen können. Biblische Seelsorge hält sich an die Prinzipien und Vorbilder der Bibel, und zwar besonders an die beiden höchsten Gebote, nämlich Gott und den Nächsten zu lieben. Wenn man das tut, so hat man einen gottgefälligeren und weniger widersprüchlichen Weg gefunden, um Christen zu helfen, als alle Psychotherapien der Welt bieten könnten. Dabei werden nicht nur einzelne Probleme gelöst, sondern der Mensch wird in die Nähe Gottes gebracht, er erhält geistliche Kraft und Stabilität und wird Jesus schließlich immer ähnlicher. KAPITEL 2 Wo Veränderung möglich ist Eine Gemeinde setzt sich aus Menschen zusammen, die unterschiedlich weit im Glauben und der christlichen Erfahrung gewachsen sind. Obwohl viele oberflächlich gesehen glücklich zu sein scheinen, leiden doch einige unter sehr schwierigen Lebensproblemen. Einige bewegen sich am Rande einer Scheidung oder versuchen sich von der geistigen und emotionalen Verwüstung zu erholen, die zerbrochene Beziehungen hinterlassen haben. Andere haben mehr persönliche Probleme wie Angst, Depressionen, Furcht und Zorn. Seit es die Kirche gibt, hat sie Menschen mit solchen Problemen geholfen. Jesus war schon vor zweitausend Jahren die Antwort, er ist es durch die Jahrhunderte geblieben und er ist es auch heute noch für alle, die an verwirrten Gedanken und Gefühlen oder gestörten persönlichen Beziehungen leiden. Jesus hat die Antworten und auch die Kraft, ein zerbrochenes Leben zu heilen. Er ist auch heute noch der eine, der die Prophezeiung von Jesaja 61 erfüllt, indem er den Elenden frohe Botschaft bringt, indem er die verbindet, die gebrochenen Herzens sind und eine Freilassung für die Gefangenen und eine Öffnung des Kerkers der Gebundenen ausruft. Jesus hat seinen Nachfolgern versprochen, mitten in ihren Problemen bei ihnen zu sein, sie durch solche Schwierigkeiten hindurchzuführen und sie durch ihre Geduld im Schmelztiegel der Schmerzen und des Kummers zu stärken und zu formen. Der Herr sagt in Jesaja 43,1-3: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Wenn du durch’s Wasser gehst, ich bin bei dir, und durch Ströme, sie werden dich nicht überfluten. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt werden, und die Flamme wird dich nicht verbrennen. Denn ich bin der Herr, dein Gott, ich der Heilige Israels, dein Retter. Jesus schenkt uns Heilung durch seine erziehende und autrechter-haltende Liebe. Er fühlt mit den Nöten der Menschen und versteht unsere Lebensprobleme. Er sehnt sich danach, seine Liebe und Kraft jedem Menschen zu vermitteln, denn er sagt: Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen; denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht (Matth 11,28-30). Durch seine Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit lehrt Jesus die Gläubigen, in Jochgemeinschaft mit ihm durchs Leben zu gehen. Sie lernen zu leben wie er, und sie lernen, wie sie sich den Problemen durch die Hilfe des Heiligen Geistes stellen und sie lösen können. Durch die Gemeinschaft der Liebe befähigt er sie, seinem Leben und seinem vollkommenen Willen gemäß zu leben. Ebenso wie Jesus seine Jünger liebte und sie lehrte, wie sie leben sollten, als er noch auf Erden war, sendet er auch heute seinen Heiligen Geist, damit er die Arbeit des Herrn Jesus im Leben eines jeden Gläubigen fortführt, um geistliches Wachstum und Veränderung zu erreichen. Wenn ein Christ Problemen gegenübersteht, dann ist Jesus bei ihm durch den Heiligen Geist. Außerdem hat Jesus seinen Jüngern sein geschriebenes Wort gegeben: Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig zugerüstet (2. Tim 3,16.17). Jesus gab uns außerdem ein greifbares, sichtbares Zeichen, um seine Heilung und Stärkung jedem Menschen direkt weiterzureichen. Er gab uns die Gemeinde, die sein Leib ist, mit Augen, Ohren, Händen und einem Herzen, das von ihm erfüllt sein soll. Er machte die Gemeinde zu einem Kanal, durch den er die Menschen sichtbar anrühren kann, die sich mit der Last schwerer Probleme herumschlagen müssen. Er hat seinen Leib auch dazu berufen, Menschen beizustehen, die mit ihren Gedanken, ihren Gefühlen und ihrem Verhalten zu kämpfen haben, und die in ihrem Leben ein Chaos angerichtet haben. Jesus schuf die Gemeinde zur Weitergabe seiner Liebe. Er rief die Gläubigen auf, einander zu lieben - und das bedeutet, sich umeinander zu kümmern, einer des anderen Last zu tragen und einander im Glauben aufzuerbauen. Jesus hat innerhalb der Gemeinde einzelne berufen und begabt „zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi“ (Eph 4,12). Wenn die Gemeinde, der Leib Christi, in der richtigen Weise funktioniert, dann wird die Wahrheit so weitergegeben, daß jeder Gläubige dadurch erbaut wird. Laßt uns aber die Wahrheit bekennen in Liebe und in allem hinwachsen zu ihm, der das Haupt ist, Christus. Aus ihm wird der ganze Leib gut zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk des Dienstes, entsprechend der Wirksamkeit nach dem Maß jedes einzelnen Teils; und so wirkt er das Wachstum des Leibes zu seiner Selbstauferbauung in Liebe (Eph 4,15.16). Im Leib Christi sollen alle dienen, und allen soll gedient werden. So kann jemand etwa einmal selbst Seelsorger sein, ein ermutigender und hilfreicher Freund, während er ein anderesmal selbst der Betreute ist. Wir arbeiten mit Gott selbst zusammen, wenn wir seine Liebe weitergeben. Die Gemeinde ist eine Gemeinschaft der Heiligen, die unterwegs ist, um Jesus ähnlicher zu werden. Wenn jemand aus dem Geist durch den Glauben an Jesus wiedergeboren ist, dann fängt für ihn ein neues Leben an. Obwohl die anfängliche Umwandlung in einem einzigen Augenblick stattfindet, wird der Christ immer weiter verändert, wenn er sein Leben immer mehr Gott ausliefert. Jesus will, daß „wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Vollmaß des Wuchses der Fülle Christi“ (Eph 4,19). Weil die Gemeinde die Liebe Gottes verkörpert, soll sie der Ort sein, wo Veränderung und Wachstum möglich sind. Die Gemeinde bietet auf allen drei Ebenen ihres Dienstes Gelegenheiten zur Veränderung des Einzelnen: In der großen Gruppe, in der Kleingruppe und im persönlichen Dienst aneinander. Der Dienst in der großen Gruppe besteht größtenteils aus der gemeinsamen Anbetung, dem Predigen des Wortes Gottes, im Evangelisieren, in der praktischen Anweisung zum Leben und in der Erbauung der gesamten Gemeinde. Der Dienst in der kleinen Gruppe findet mehr auf der persönlichen Ebene statt. Er dient voi allem dazu, die einzelnen Glieder im Leben anzuleiten und einander im Glauben aufzuerbauen. Der persönliche Dienst untereinander umfaßt jeden Dienst, wo einzelne Gläubige ihre Anliegen einander mitteilen und sich umeinander kümmern. Dazu gehört natürlich auch die Seelsorge. Diese drei Ebenen der Arbeit sind nicht getrennt, sondern greifen ineinander. Sie sind voneinander abhängig und unterstützen sich gegenseitig. Jede biblische Seelsorge besteht aus allen drei Formen des Dienstes. Eine Gemeinde, die wirklich Leib Christi ist, bietet die Möglichkeit zum Wachstum auf allen drei Ebenen und hilft dem einzelnen, seine Beziehung zu Gott zu vertiefen. Der Dienst in großen Gruppen Die gemeinsame Anbetung und das Predigen des Wortes Gottes sind die wichtigsten Aktivitäten in der Gemeinde. Durch diesen weitgefächerten Dienst erreicht man sehr viele Menschen. Wenn Lehre und Predigt biblisch fundiert und von Liebe geprägt sind und die Gläubigen auf das Vermittelte achten, dann wachsen sehr viele in der Gemeinde geistlich und können den Problemen ihres Lebens auf dem Hintergrund der Liebe Gottes begegnen, die Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit beinhaltet. Die Predigt und die Lehre bieten viele Gelegenheiten, um aus dem Wort Gottes Rat zu erhalten. Jeder Prediger oder Gruppenleiter sollte seine Lektionen so aus dem Wort auswählen, daß sie sich auf den Alltag beziehen. Große Teile der Schrift können das Leben der Zuhörer verändern, wenn sie nur in der richtigen Weise vermittelt werden. Wenn ein Prediger die Liebe Gottes und sein Wort anwendet, dann werden sich viele Menschen verändern. Der Dienst in kleinen Gruppen Auch wenn das Wort in einer Gemeinde treu verkündigt und gelehrt wird, ist eine persönliche Form des Dienstes innerhalb der Gemeinde notwendig, damit Gottes Liebe an Menschen in ihrer besonderen Situation weitergegeben werden kann und ihnen geholfen wird. Ein großer Teil dieses persönlichen Dienstes kann in kleineren Kreisen innerhalb der Gemeinde getan werden. Im Mittelpunkt solcher Kreise müssen die Liebe Gottes, das Lehren des Wortes Gottes, die Gemeinschaft gegenseitiger Hilfe und Fürsorge, das Bewußtsein, daß der andere eine Person ist, die von Christus geformt wird, und das Gebet stehen. Wenn man sich in solch einem kleineren Kreis bei den Gemeindegliedern zu Hause trifft, dann kann man einander wesentlich besser kennenlemen. Man kann viel besser miteinander beten und bekommt ein tieferes Verständnis füreinander als in der großen Gruppe. Besonders in größeren Gemeinden hat man erkannt, wie wichtig diese kleineren Kreise sind, um die Liebe dauernd praktisch weitergeben zu können. Denn wenn ein Glied des Leibes Christi in schwierige Versuchungen und Anfechtungen gerät oder wenn jemand schwierige Entscheidungen zu treffen hat, dann ist demjenigen besser gedient, wenn er die regelmäßige, auch während der Woche bestehende Einbindung in einen solchen kleinen Kreis erfährt. Weil sich solche Gruppen eher an den Vorbildern der Schrift als an humanistischen Vorbildern orientieren, können sie Jesu Gebot erfüllen, einander zu „lieben, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt“. Für jeden, der einen solchen Kreis anleiten will, wäre es besser, darüber in der Bibel nachzuforschen und seinen Herrn um Rat zu fragen, anstatt Techniken zu erlernen, die die ganze Angelegenheit in eine sterile Methode verwandeln würden, ln einem kleinen Kreis kann deutlich werden, wie am Leib Christi die einzelnen Glieder nach ihren Bedürfnissen versorgt werden. Deshalb sollte er sich an Jesu Charakter und an seinem Wort ausrichten. Wenn man in einer Gruppe füreinander betet, so fördert das die gegenseitige Fürsorge und Hilfe. Man wird viel aufmerksamer für die Probleme der anderen. Die Gläubigen beginnen, einander zu lieben, den anderen höher zu achten als sich selbst, sich gegenseitig unterzuordnen und sich miteinander zu freuen, wenn man zusammenkommt, um gemeinsam zu wachsen und verändert zu werden. Weil die Teilnahme an kleinen Gruppen eine Ergänzung zu den Zusammenkünften der Gemeinde darstellt, sollte jede Gemeinde darauf achten, daß solche Kreise entstehen. Deshalb ermutigen wir Gemeindeleiter, ehe wir sie für die Einrichtung eines persönlichen Seelsorgedienstes gewinnen, zuerst diesen Dienst in Kleingruppen zu organisieren, weil wir wissen, daß es für jede Gemeinde wichtig ist, diese Form der Gemeinschaft zu haben, bei der die Gläubigen engeren Kontakt haben und sich besser umeinander kümmern können. Die beste und effektivste Form der Seelsorge findet in solchen kleinen Gruppen statt, die Christus zum Mittelpunkt haben. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß 95 % der vorhandenen oder der noch entstehenden Lebensprobleme, die die Mitglieder einer Gemeinde betreffen, schon durch den Dienst im Zusammenfinden als Gemein- de oder im kleineren Kreis gelöst werden können. Eine Gemeinschaft, die Gott liebt und den Nächsten wie sich selbst schätzt, ist das beste Gegenmittel bei Versuchungen, Anfechtungen und Schwierigkeiten. Leonard Syme, Professor für Epidemologie an der Berkley-Uni-versität von Kalifornien, hat herausgefunden, wie wichtig soziale Bindungen im Zusammenhang mit der Sterblichkeits- und Krankheitsrate sind. Er weist etwa darauf hin, daß Japan eine der gesündesten Nationen der Welt ist, und verweist dabei auf die engen sozialen, kulturellen und traditionellen Bindungen in diesem Land als die Ursache dafür. Er ist der Auffassung, daß die Volksgesundheit um so besser und die Sterberate um so niedriger ist, je enger die sozialen Bindungen sind. Dagegen zeigt er auf, daß die Gesundheit und die Sterberate desto ungünstiger werden, je isolierter der einzelne lebt.30) Soziale Bindungen sind eine gute Vorbeugung gegen körperliche und seelische Leiden. Darüber hinaus können soziale Bindungen nicht nur präventiv helfen, sondern haben auch große heilende Wirkung. Menschliche Liebe war schon immer Balsam für Leib und Seele. Aber noch größer ist die Liebe Gottes, wie sie sich in der Gemeinschaft der Gläubigen ausdrückt. Der Dienst am Einzelnen Der Dienst am einzelnen Menschen, der sich in Freundschaften und gegenseitiger Fürsorge ausdrückt, findet sich in jeder Gemeinde. Diese unorganisierten Beziehungen geben dem einzelnen Gelegenheit, die Liebe Gottes weiterzugeben und dem anderen in den Anfechtungen des Lebens beizustehen. Selbst wenn eine Gemeinde einen Seelsorgedienst mit Seminaren und ähnlicher Fortbildung anbietet, bleibt die Tatsache bestehen, daß alle menschlichen Beziehungen ein seelsorgerliches Element haben. Wir alle geben anderen Trost und empfangen ihn selbst. Außerdem sind alle Gläubigen dazu berufen, Kanäle für Gottes Wahrheit und Liebe zu sein. Ein Hauptanliegen dieses Buches ist es deshalb, zum Aufbau und zur Weiterführung solcher unorganisierter Beziehungen innerhalb der Gemeinde aufzufordern. Deshalb sollte eine Gemeinde alle Beziehungen der Gläubigen untereinander fördern, soweit sie die Gläubigen stärken. Neben dem regelmäßigen Gottesdienstbesuch und dem Eingebundensein in kleinere Kreise ist es für den einzelnen wichtig, daß er tragende persönliche Beziehungen in der Gemeinde vorfindet, durch die ihm bei Problemen geholfen werden kann. Doch gibt es immer einige Glieder am Leib Christi, die noch keine besondere Beziehung zu einem anderen Gläubigen haben, und die manchmal sogar gar keinen haben, der sich um sie kümmern könnte. Diese brauchen geistliche, biblische Seelsorge, die ihnen die helfende Beziehung vermittelt, die der jeweilige Hilfesuchende noch nicht entwickelt hat. Die Fürsorge, die durch solch eine Seelsorge geschieht, verbindet ebensosehr wie die anderen biblischen persönlichen Beziehungen, das Wort Gottes und das Werk des Heiligen Geistes. Ein großer Fehler wurde im allgemeinen in der Seelsorge darin gemacht, daß man die Seelsorgebeziehung mystifiziert hat. Doch in Wahrheit ist sie nur eine etwas stärker institutionalisierte Form einer normalen persönlichen Beziehung, die entsteht, weil der Betreute in seiner eigenen Umgebung niemanden hat, an den er sich wenden kann. Diejenigen, die anderen in normalen persönlichen Beziehungen wirkungsvoll helfen können, sind normalerweise auch im speziellen persönlichen Seelsorgedienst erfolgreich. Die Prinzipien, die wir in diesem Buch vorstellen wollen, sind auf allen Ebenen der biblischen Seelsorge gültig, ob die Seelsorge nun von der Kanzel aus, in der kleinen Gruppe oder in einer persönlichen Seelsorgebeziehung stattfindet. Alle diese Dienste sind wichtig für das Wachstum und die Veränderung der Gläubigen, und Seelsorge ist ein Teil aller Dienste in der Gemeinde. Wenn Menschen tiefere Erfahrungen mit Gott machen, dann sind sie besser in der Lage, mit den Problemen und Herausforderungen ihres Lebens fertig zu werden. Biblische Seelsorge ist keine Sondermaßnahme, die dem Gebäude der Gemeinde nachträglich angebaut wird, sondern ein Mittel, das Gott erwählt hat, um zu heilen und seine Kinder wachsen zu lassen. Gottes schöpferische Formung eines jeden Gläubigen ist komplizierter und verwickelter, als sich der Mensch vorstellen kann. Dennoch benutzt Gott zusammen mit seinen Mitteln menschliche Gefäße und menschliche Mittel für seinen schöpferischen Prozeß, den Gläubigen in das Bild Christi zu verwandeln. Wenn in einer Gemeinde von der Kanzel aus, in der kleinen Gruppe und in persönlichen Beziehungen Rat und Hilfe geboten wird, dann wissen die Menschen, wohin sie sich wenden müssen, wenn sie vor schwierigen Situationen und Veränderungen in ihrem Leben stehen. KAPITEL 3 Menschenbilder Das Gespräch ist der wichtigste Bestandteil der Seelsorge. Worte werden ausgetauscht, Probleme und Gefühle beschrieben, Verständnis gesucht, Rat und Vorschläge werden erteilt und manchmal auch angenommen. Elliot Evans beklagte sich vor einer Konferenz von Englischlehrern in Amerika über die langsame Degenerierung der Sprache und betonte dabei, daß „der Gebrauch der Sprache ein moralisches Handeln darstellt“3ll Jesus sagte: „Nicht was in den Mund eingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Mund ausgeht, das verunreinigt den Menschen“ (Matth 15,11). Ebenso wie ein großes Schiff ein kleines Ruder hat, womit es gesteuert wird, so ist es in der Seelsorge: Das Gespräch hat weitreichende Konsequenzen. Obwohl die konkrete Veränderung vom Betreuten abhängt, wird die Richtung dieser Veränderung durch das Gespräch bestimmt. Hinter dieser wichtigen Eigenschaft des Gesprächs steht immer das Menschenbild, das der jeweilige Berater hat, und eine Methode, die er anwendet. Jeder Berater hat ein solches Menschenbild und eine solche Methode. Das Menschenbild erklärt, warum ein Mensch auf die eine oder andere Weise handelt, die Methode gibt uns Hinweise, wie eine Veränderung zustande kommen kann. In den nächsten beiden Kapiteln beschäftigen wir uns mit den Grundlagen (dem Menschenbild), in den Kapiteln 5 und 6 mit den Handlungen (der Methodologie) der Veränderung. Die Antwort auf die Fragen, warum der Mensch sich in einer bestimmten Weise verhält und wie man ihn verändern kann, können wir schon in der Schrift finden. Das psychologische Menschenbild Jeder Beratungs- bzw. Seelsorgeansatz basiert auf einem Menschenbild. Dazu gehört die Beschreibung des Menschen sowie eine Erklärung seines Verhaltens. Psychologische Menschenbilder können sehr ausführlich in der Beschreibung der grundsätzlichen Natur des Menschen, der Entwicklungsstadien, von normalem und anormalem Verhalten sein. Bis ins kleinste gehen die Analysen und Kategorisierungen. Einige dieser Modelle, so wie Freuds psychoanalytisches Modell, wurden aufgrund der Beobachtung einer begrenzten Zahl unnormaler Individuen entwickelt. Nur wenige dieser Theorien sind entwickelt worden, indem man einen relativ normalen Teil der Bevölkerung untersucht hat. Obwohl die Verhaltensbeobachtung objektiv sein mag, sind Erklärungen für diese Verhaltensweisen jedoch meist sehr subjektiv. Deshalb ist jedes Modell, das von Menschen entwickelt wurde, eine subjektive Interpretation menschlichen Verhaltens. Weil es jedoch in einer wissenschaftlich klingenden Ausdrucksweise vorgetragen wird, erscheint ein psychologisches Menschenbild in der Regel objektiver und genauer, als es wirklich ist. In einem Artikel mit dem Titel „Theorie als Selbstporträt und das Ideal der Objektivität“ zeigt Linda Riebel deutlich auf, daß „die Theorien über die Natur des Menschen immer die Persönlichkeit des Theoretikers widerspiegeln, je nachdem wie er sie externalisiert und auf die Menschheit als ganzes projiziert“. Sie sagt weiter: „Die Theorie der menschlichen Natur ist immer ein Selbstporträt des Theoretikers ... und betont die Bedürfnisse des Theoretikers.“ Ihr Hauptargument lautet, daß die Theorie in der Psychotherapie „nicht in der Lage ist, die Persönlichkeit zu transzendieren, die an der Theoriebildung beteiligt ist“32>. Der Psychologe Charles Tart wirft der Psychologie vor, „kulturspezifisch“ zu sein.33) Der psychologische Ansatz bietet verschiedene Menschenbilder und verschiedene Methoden zu seinem Verständnis an. Es gibt vier Hauptmodelle in der Psychotherapie. Die ersten beiden, die psychoanalytische und die behaviouristische Schule, sind in einer technokratischen Gesellschaft entstanden, die versuchte, das Modell ihres Menschen auf das Modell einer Maschine zu reduzieren, um ihn verstehen zu können. Diese beiden psychologischen Modelle bieten also ein mechanistisches Menschenbild, in dem der Mensch entweder durch seine frühen psychosexuellen Entwicklungsstufen determiniert ist (psychoanalytische Schule) oder aber durch seine Umwelt geprägt wird (behaviouristische Schule). In beiden Schulen ist der Mensch ein geschlossenes System. Die beiden anderen Modelle, das humanistische und das existentielle, entfernten sich von einem reinen Determinismus. Nach dem humanistischen Modell ist der einzelne Mensch zwar nicht für das verantwortlich, was er ist, aber er hat den freien Willen, mit Hilfe dessen er sich ändern kann. Das Ich steht im Mittelpunkt des Inter- esses. Hier wird der Mensch zur Gottheit erhoben, weil das Ich alle Antworten auf Lebensprobleme hat, ohne Gott zu benötigen. Nachdem die Psychologie den Menschen zunächst als Maschine beschrieben hat, hat sie in letzter Zeit ein viertes Menschenbild entwickelt, das sich existentiell oder transpersonal nennt. Während die klassische Psychotherapie eine Alternative zur Religion bieten wollte und sogar die Religiosität des Menschen kritisiert hat, gibt die transpersonale Psychologie nicht nur zu, daß der Mensch geistliche Bedürfnisse hat, sondern benutzt auch Formen der geistlichen Erfahrung, um psychologische Hilfestellung zu leisten. Das Modell bietet Mittel zur Abhilfe bei Lebensproblemen an, die aus den östlichen Religionen entlehnt sind und bezieht auch okkulte Phänomene in die Therapie ein. Es mutet seltsam an, wenn heutzutage die Psychotherapie, die doch einst als Gegner der Religion aufgetreten ist, sich wo es um die Lösung von Lebensproblemen geht, wieder dem geistlichen Bereich zuwendet. Aber statt den Menschen die Gute Nachricht von Jesus Christus zu vermitteln, bietet diese religiöse Form der Psychotherapie eine Reihe falscher religiöser, mystischer Praktiken, um damit die Sorgen und Anfechtungen des Lebens zu vertreiben. Statt zu dem einen wahren und lebendigen Gott aufzuschauen, laufen viele den Mythen der Menschen nach und verehren die von Menschen gemachten Idole in psychotherapeutischen Sitzungen. In jeder dieser vier Grundtheorien gibt es verschiedene Untermodelle, die voneinander abweichen. Einige dieser Theorien hören sich sogar biblisch an. Es gibt zum Beispiel Formen der Psychotherapie, die die Liebe betonen. Carl Rogers, der bekannteste humanistische Psychologe, behauptet, daß die wichtigste Entdeckung seines Lebens in der psychologischen Beratung die Liebe gewesen sei. Aber seine Form der Liebe schließt Gott aus, der doch die Quelle aller wahren Liebe ist. Deshalb ist es besser, sich auf das Wort Gottes und das Werk des Heiligen Geistes zu verlassen, als auf die Meinungen von Menschen, auch wenn zwischen manchen psychologischen Ansätzen und dem biblischen Ansatz gewisse Parallelen zu bemerken sind. Psychologische Theorien verzerren das Evangelium, und einige sind Lichtjahre von der Wahrheit entfernt. Zum Beispiel beschrieb Freud die Seele des Menschen mit den Begriffen Es, Ich und Überleit. Diese ähneln sehr stark der Einteilung der Bibel in Leib, Seele und Geist. Solche Beschreibungen können jedoch die Bibel nicht ergänzen, sondern überwuchern sie mit verzerrten, unbiblischen Erklärungen für die Persönlichkeit des Menschen. Wie oft mixen sich Therapeuten ein eigenes Modell zusammen, das den Willen von Glasser postuliert, das Unterbewußte von Freud, einen Leib nach Skinner annimmt und auch die Janov’schen Urschreie integriert. Und wenn ein Therapeut sich dann sein Theoriegebäude zusammengebastelt hat, dann kann es Vorkommen, daß er es von Zeit zu Zeit wieder umwirft, um ein neues zu entwickeln. Nichtsdestoweniger bestimmt das Menschenbild eines Therapeuten den gesamten Therapievorgang. Wertesysteme Innerhalb des Rahmens eines Menschenbildes gibt es eine Weltanschauung mit einer Reihe von Wertvorstellungen. Die Lebensauffassung und das Wertesystem eines Menschen beeinflußt sein ganzes Leben und sein Verhalten. Daher ist es für einen hilfesuchenden Menschen sehr wichtig, daß Therapeut und Klient das gleiche Menschenbild und das gleiche Wertesystem haben. Also sollte der Betreute zumindest wissen, welche Lebensauffassung und welche Werte sein Therapeut vertritt, damit er entscheiden kann, ob er sich dem Therapeuten anvertrauen kann. Manchmal ist es möglich, daß der Betreute das Weltbild und die Werte des Therapeuten übernehmen möchte, auch wenn er sie bisher nicht für richtig gehalten hat. In solch einem Fall kommt es zu keinem Konflikt. Wenn es auf diesem Gebiet jedoch Widersprüche oder Verwirrung gibt, dann sollte der Betreute sich schnellstens nach einem anderen Therapeuten oder Seelsorger umsehen. Die Lebensauffassung, das Menschenbild und die Welt des Therapeuten sind der Hintergrund, auf dem er arbeitet. Viele Schriftsteller und Forscher geben zu, daß keine Therapie ohne ein Wertesystem auskommt. Der Psychologe Allan Bergin hat bei seinen Forschungen folgende Sätze aufgestellt: Werte sind unvermeidlicher Bestandteil jeder Psychotherapie.34' Hinter jeder Therapie steht eine Ideologie. Die Therapiemethoden geben das Wertesystem des Therapeuten an den Klienten weiter. Ein wertfreier Ansatz ist unmöglich.35) Bergin bekennt auch, daß mancher Therapeut oder Psychologe annimmt, daß sein Handeln „fachmännisch ist, ohne daß er erkennt, daß er unter der Maske des Profis und der Wissenschaft nur sein eigenes persönliches Wertesystem verkauft“36). An anderer Stelle sagt er: „Es ist nicht gut für einen Therapeuten, wenn er seine Vorurteile hinter einer Oberfläche wissenschaftlicher Terminologie versteckt.“37) Hans Strupp schreibt: „Es gibt keinen Zweifel, daß die moralischen und ethischen Werte der Psychotherapeuten immer mit im Spiel sind.“38) Perry London glaubt, daß man keinesfalls auf Werte verzichten kann. „Jeder Aspekt der Psychotherapie impliziert eine ethische Lehre.“39) Weiter schreibt er: „Ethische Erwägungen können in großem Umfang beeinflussen, wie der Therapeut die Bedürfnisse des Klienten bestimmt, wie er sich in der therapeutischen Sitzung verhält, wie er ,Behandlung* und ,Heilung* und sogar Realität* definiert.“40' Morse und Watson schließen daraus: „Deshalb werden Werte und moralische Urteile immer eine Rolle in der Therapie spielen, ganz gleich, wie sehr der Therapeut versucht, sie im Hintergrund zu halten.“4') Rogers behauptet von seiner nichtdirektiven Therapie, daß er den Klienten in keiner Weise beeinflußt. Weil sich der Betreute so ausdrückt, wie er es wünscht, glauben viele, daß die nichtdirektive Therapie wertfrei sei. Doch Jay Haley sagt dazu: ln Wirklichkeit ist der Begriff „nichtdirektive Therapie“ eine Fehlbezeichnung. Wenn man behaupten will, daß die Kommunikation zwischen zwei Menschen „nichtgesteuert“ sei, dann behauptet man Unmögliches.42' Auch ohne daß es der Therapeut will, wird er in gewisser Weise auf die Äußerungen des Klienten eingehen und dadurch seine Gedanken, Worte und Handlungen beeinflussen.43' Zwei voneinander unabhängige Studien, die in einem Abstand von 10 Jahren erstellt wurden, zeigten, daß Rogers selbst ein sehr direktiver Therapeut war.44' Seine Reaktion auf Patienten belohnte oder bestrafte gewisse Äußerungen des Patienten, und damit verstärkte oder dämpfte er sie. Wenn es selbst Carl Rogers nicht gelingt, seinen Klienten nicht zu steuern, dann ist es sicherlich unwahrscheinlich, daß es irgendeinen anderen Psychotherapeuten oder Berater gibt, der nicht in irgendei- ner Weise auf seinen Patienten einwirkt. Deshalb wird das Wertesystem in jeder Therapie seine Wirkung haben und Einfluß auf den Patienten nehmen. Einige Verhaltenstherapeuten beanspruchen für sich, eine wertfreie Psychotherapie anbieten zu können. Sie behaupten, das Verhalten durch gewisse manipulatorische Mittel zu verändern, die von den Werten des Therapeuten getrennt werden können. (Wenn es jedoch keine Werte gibt, dann bleibt fraglich, warum überhaupt ein Grund zur Veränderung vorliegen soll.) Strupp beschreibt einen Fall, bei dem das Ziel des Klienten war, von der Pädophilie (sexuelle Vorliebe für Knaben) zur Homosexualität zu kommen. Er bemerkte, daß der Therapeut willens war, mit ihm auf dieses Ziel hinzuarbeiten, und schloß daraus, daß das Wertesystem des Therapeuten Homosexualität nicht verurteilte, sonst hätte sein Therapieangebot gegen sein Wertesystem verstoßen. Strupp beendet seinen Bericht mit der Bemerkung, daß „der Therapeut eine große ethische Kraft ist und daß eine wertfreie Therapie Fiktion bleiben muß“45*. Allan Bergin empfiehlt deshalb, daß jeder Therapeut öffentlich bekanntgibt, welchem ethischen System er sich verpflichtet fühlt. Er sagt, daß es eine geeignete Maßnahme wäre, wenn der Therapeut dem Patienten eine Broschüre überreicht, die seine Wertvorstellung darlegt. Er ist ebenso der Meinung, daß ein Therapeut seine Wertvorstellungen an kritischen Punkten der Therapie darlegen sollte.46' Zum Beispiel sollte der Therapeut, wenn die Sprache auf außerehelichen Geschlechtsverkehr kommt, sagen, was er davon hält. Das wird jedoch in der Psychotherapie, wenn überhaupt, nur sehr selten gemacht. Wir stimmen in diesem Punkt mit Bergin überein und glauben sogar, daß es ein Gesetz geben müßte, das jeden Psychotherapeuten verpflichtet, dem Klienten eine Aufstellung seines Wertesystems an die Hand zu geben, bevor er überhaupt mit der Therapie beginnt. Eine solche Festlegung würde sicher das Geschäft der Therapeuten belasten, weil es sehr oft Differenzen in den Wertesystemen von Therapeut und Klient gibt. Eine Studie über die religiösen Überzeugungen bei Psychiatern, Psychologen und verwandten Disziplinen in den USA hat ergeben, daß nur wenige Prozent überhaupt irgendeine religiöse Überzeugung hat, und ein noch geringerer Teil einer religiösen Gemeinschaft angehören. In der Gesamtbevölkerung der USA ist das Verhältnis genau umgekehrt. Nur ein kleiner Anteil gehört keiner Religionsge- meinschaft an.471 Deshalb ist es sehr häufig der Fall, daß in der Psychotherapie die Wertesysteme von Therapeut und Klient auseinanderklaffen. Ein Therapeut wird mit seiner Therapie um so eher Erfolg haben und der Patient wird die besseren Chancen zur Veränderung haben, wenn beide die gleichen Wertesysteme haben. Stellen Sie sich einmal vor, ein Mann, dessen Ideal eine freizügige Ehe ist, der keinen Respekt vor Familie und Familienleben hat, der glaubt, daß Gott tot ist, kommt zu einem christlichen Therapeuten. Sicherlich wäre das für den Therapeuten eine wunderbare evangelistische Gelegenheit, aber alles würde sich um die beiden verschiedenen Wertesysteme drehen, nicht aber um den Betreuten selbst. Oder man stelle sich statt dessen einen Christen vor, der zu einem weltlichen Therapeuten geht, der in etwa die ethische Ausrichtung hat wie der erste Mann, den wir uns vorgestellt haben. Der unterschwellige wie der direkte Einfluß eines solchen Therapeuten würde die religiösen Werte des Christen mindestens unterminieren, wenn nicht sogar ganz zerstören. Die Forschung hat erwiesen, daß solche Unvereinbarkeiten nur zu oft Vorkommen.48* Die Werte der Psychotherapie haben heute die des Christentums ersetzt. Torrey beschreibt den Übergang von der einen Beeinflussung zur anderen: Sobald der religiöse Einfluß aufgehört hatte, suchte man nach neuen absoluten Werten. Die Psychiatrie hat ihre eigenen Werte mit dem Weihwasser der Medizin geheiligt und bietet sie nun als den wahren Glauben an „die geistige Gesundheit“ an. Sie ist eine falsche Prophetin.49* Andererseits verzweifeln heute viele Menschen an den Versprechungen der Psychotherapie. Henry Fairly sagt in seinem Buch „Die sieben Todsünden von heute“ dazu: Seit langer Zeit bin ich der Meinung, daß sich die psychologischen Erklärungen für unser abwegiges Verhalten und die soziologischen Erklärungen für die Schlechtigkeit unserer Gesellschaft in einer Sackgasse befinden.50* Die Werte, die ein biblischer Seelsorger hat, sind bisher noch nicht in eine Sackgasse geraten. Die Bibel erklärt sowohl unser abwegiges Verhalten als auch den Zustand unserer Gesellschaft. Der geistliche Berater muß dem Betreuten erklären, daß die Bibel die Quelle seiner Werte und der Wahrheit ist, und daß er sich in allen Situationen auf das Wort Gottes als Wegweiser verlassen wird. Das Wort Gottes sollte der größte und der kleinste gemeinsame Nenner sein, wenn Christen Seelsorge benötigen und wenn Christen seel-sorgerlich tätig sind. Es gibt in der biblischen Seelsorge keine verborgenen Hintergründe, wie das so oft in der weltlichen Therapie der Fall ist. KAPITEL 4 Das biblische Menschenbild Die Bibel beschreibt den Zustand des Menschen und gibt Erklärungen für sein Verhalten. Das biblische Menschenbild basiert auf der Voraussetzung, daß Gott den Menschen dazu geschaffen hat, in einer Beziehung zu ihm zu leben und etwas von seinem Charakter widerzuspiegeln. Gott gab das leibliche wie das geistliche Leben, damit zwischen Schöpfer und Geschöpf eine tiefe Verbindung möglich würde. Aber durch Unglauben, Eigenwille und Stolz fiel der Mensch aus dieser Beziehung in einen sündhaften Zustand, aus dem ihn nur Jesus Christus erlösen kann. Vom biblischen Standpunkt aus gesehen liegen die Lebensprobleme nicht nur im Bereich der Seele, sondern auch im Bereich des Geistlichen. Nach Gottes Plan soll das Leben des Menschen auf der liebevollen Beziehung zu Gott basieren. Biblische Lösungen für Lebensprobleme liegen auf der Ebene dieser geistlichen Beziehung. Verwirrung entsteht immer dann, wenn seelische und Verhaltensprobleme eher aus der psychologischen oder aus einer Mischung von biblischer und psychologischer Sichtweise behandelt werden. Wenn man versucht, die biblische Wahrheit von der Sündhaftigkeit des Menschen mit Theorien zu verbinden, die behaupten, daß der Mensch an sich gut ist (Rogers), daß „der Mensch beginnt an der Stelle, wo er sagt: .Ich bin nicht in Ordnung, du bist in Ordnung“1 (Harris) oder daß „menschliche Liebe und Anerkennung durch Menschen zu den wichtigsten Bedürfnissen des Menschen“ gehören (Glasser), oder irgendeiner anderen von Menschen erdachten Theorie, dann darf man sich nicht wundern, wenn man nur Verwirrung stiftet. Die Bibel sagt uns ganz deutlich, daß der Mensch so lange in seinem gefallenen Zustand bleibt, bis er durch Jesus Christus befähigt worden ist, durch den Heiligen Geist in einer Beziehung zu Gott dem Vater zu leben. Wenn man dagegen ein Menschenbild entwickelt, das Erklärungen wie Primärangst, Transzendenzbedürfnis oder kosmische Einsamkeit bietet, dann umgeht man die Frage nach der Sünde. Dadurch gleitet dem Menschen das einzige Mittel aus den Händen, das ihn hätte wiederherstellen können: Tod und Auferstehung Jesu Christi. Der Zustand des Menschen hängt nicht vom Geburtsvorgang ab (Otto Rank), noch von frühen psychosexuellen Stadien (Freud) noch vom „primären Leidenskontingent“ (Arthur Janov). Auch ist er nicht von den vielen anderen hundert Spekulationen und Meinungen von Menschen über Menschen abhängig. Die Lebensprobleme des Menschen sind im wesentlichen geistlicher Natur, weil sie auf die eine oder andere Weise immer die gefallene oder erlöste Natur des Menschen betreffen. Und diesen Problemen kann man nur auf der geistlichen Ebene begegnen. Das biblische Menschenbild basiert im wesentlichen auf drei Hauptereignissen: Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung. Gott erschuf den Menschen nach seinem Bilde, mit einem freien Willen (Wahlmöglichkeit und Verantwortung), und in einer Liebesbeziehung zu Gott selbst. Aber der Mensch trennte sich durch seine Sünde von Gott. Aus seiner großen Liebe heraus und weil er seinen ursprünglichen Plan für den Menschen nicht aufgeben wollte, hat Gott eine Möglichkeit gefunden, um die Beziehung des Menschen zu ihm wiederherzustellen. Durch Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung hindurch ist Gottes Liebe wohl das Wichtigste für die gesamte Menschheit. Die Schöpfung Gott schuf den Menschen als ein geistliches Wesen mit individueller Einzigartigkeit und mit einem freien Willen. Er schuf Individuen nach seinem Bild, damit sie in einer Liebesbeziehung zu ihm leben könnten. Zu diesem Konzept „nach seinem Bilde“ gehören Gottes moralischer Charakter, sein Wille und seine Befähigung. „Nach seinem Bilde“ schenkt dem Einzelnen seinen menschlichen Geist, den Willen und die Gefühle zusammen mit einer Fülle von Begabungen, Freiheit und die Möglichkeit, nach Gottes Plan zu leben. In den Menschen ist ein grundlegendes Bedürfnis hineingelegt: Will der Mensch Gott widerspiegeln, indem er ihm gehorcht, muß er in einer Beziehung zu ihm leben. Der Mensch ist nicht dazu geschaffen worden, unabhängig von Gott zu leben, sondern dafür, in einer aktiven, kooperativen und gehorsamen Abhängigkeit von Gott zu leben, der die Quelle des Lebens, der Liebe, der Wahrheit, der Kraft und der Persönlichkeit ist. Weil Adam und Eva an Gottes Plänen für sie beteiligt waren -nämlich Kinder zu zeugen und über die Erde zu herrschen - mußten sie zueinander und zu Gott eine Beziehung der Liebe, des Vertrauens und mit einem einheitlichen Ziel haben. Gott gab Adam und Eva eine ganz praktische Wahlmöglichkeit, ihm zu gehorchen und dadurch in einer Beziehung mit einem einheitlichen Ziel mit ihm zu leben. Und Gott, der Herr, gebot dem Menschen und sprach: von jedem Baum des Gartens darfst du essen; aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon ißt, mußt du sterben!“ (1. Mo 2,16.17) Der Baum bedeutete ein Leben nach eigener Wahl und mit eigenen Werten und Zielen, statt eines Lebens, das nach Gottes Willen ausgerichtet ist. Zum Gebot Gottes gehört ein freier Wille und moralische Verantwortung. Hier hatte der Mensch eine Gelegenheit, Gottes Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit in seinem Wesen widerzuspiegeln. Solange Adam und Eva in einer abhängigen Beziehung von Gott lebten und sein Ebenbild widerspiegelten, waren sie gewillt, sich auf den Gehorsam gegen Gott zu beschränken. Trennung Solange ein Mensch Gottes Wort nicht glaubt und seiner Liebe nicht vertraut, sündigt er und trennt sich damit von der Quelle des Lebens und der Liebe. Die fortschreitende Tendenz der Sünde wird im Bericht über die erste Versuchung sehr deutlich gezeigt (1. Mo 3). Das Wort Gottes wird angegriffen und die Liebe Gottes verächtlich gemacht. Satans verführerischen Worten im Garten folgt die Versuchung, als er Gottes Wort in Frage stellt und ihm widerspricht. Satans Worte rütteln an der Grundlage der Liebesbeziehung zwischen Gott und seinen Kindern. Sie zielen auf die Zerstörung des Glaubens, indem sie sein Wort in Frage stellen; sie zielen auf die Zerstörung der Hoffnung auf Gott, indem die Hoffnung auf das eigene Ich gelenkt wird; und sie zielen auf die Zerstörung der Liebe zu Gott, indem sie Gottes Liebe durch die Selbstliebe ersetzen. Die gleichen Verführungen, die es im Garten Eden gab, halten auch heute noch den Menschen davon ab, eine Beziehung zu Gott zu entwickeln. Sie halten auch die Kinder Gottes davon ab, ihr neues Leben in der Beziehung zu Gott zu verwirklichen. Das ist Satans Ziel: Den Menschen von Gott zu trennen, damit er, Satan, die Führung übernehmen kann. Weil der Mensch dazu geschaffen wur- de, in der Beziehung zu Gott zu leben, leben Menschen ohne diese Beziehung in einer sehr verwirrten Situation - in der Sünde - bis sie mit Gott wieder versöhnt werden und lernen, nach seinem Willen zu leben. Deshalb wird es immer das Ziel eines biblisch orientierten Seelsorgers sein, seinen Gesprächspartner durch Glaube, Liebe und Hoffnung in eine engere Beziehung zu Gott zu bringen. Der untergrabene Glaube Die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Wortes Gottes stehen schon bei Satans erster Frage auf dem Spiel: „Hat Gott wirklich gesagt...?“ ln dieser schicksalsträchtigen Unterhaltung wurde das Wort Gottes durch verschiedene Techniken hinterfragt, die sich jeder Seelsorger und jeder Hilfesuchende bewußt machen sollte, nämlich Infragestellung, Veränderung, Ausschmückung, Verdrehung, Auslassungen und schließlich Ignorierung des Wortes Gottes, Widerspruch dagegen und Verunglimpfung. Obwohl Eva noch in Erwägung zieht, daß Gott so nicht gesprochen hat, hat sich doch ihr Vertrauen in die Wahrheit schon genug gelockert, daß Satan einen direkten Widerspruch anbringen kann: „Keineswegs werdet ihr sterben!“ und dann hinterfragt Satan hinterhältig Gott und sein Wort, er macht ihn und sein Wort schlecht: „Sondern Gott weiß, daß an dem Tag, da ihr davon eßt, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses“ (1. Mo 3,5). Diese Aussage ist voll von Verdächtigungen und Verdrehungen. Eva ist nun bereit, der Lüge zu glauben, die Wahrheit zu vergessen und dem Wort Satans zu folgen. Sobald sie Gottes Wort beiseite gesetzt hat, ist sie in der Lage, es zu ignorieren, die verbotene Frucht zu betrachten und für sich selbst zu entscheiden, ob sie gut oder böse ist. Wenn man nicht glaubt, daß alle Gebote Gottes ihren Ursprung nur in seiner Liebe haben, dann lebt man in der Verblendung durch eigene Ideen und Vorstellungen. Wenn man nicht an die Weisheit der Gebote Gottes glaubt und daran, daß Ungehorsam Folgen hat, begibt man sich in den Schatten der Täuschung und lebt ein Leben der Lüge. Der Glaube wird vom Zweifel überwuchert und die Wahrheit abgelehnt. Nur wenn man Gottes Liebe vertraut, die sich in sei nem Wort, durch seinen Sohn und durch den Heiligen Geist ausdrückt, kann man den Fallen der Sünde entgehen. Sobald jemand Gottes Wort und damit sein eigentliches Wesen nicht mehr ernst nimmt, hat er sich schon aus dem Schutzraum der Beziehung zu ihm gelöst. Indem Satan den Glauben an Gott und sein Wort untergräbt, macht er den Menschen empfänglich für weitere Versuchungen. Ein Christ muß deshalb „von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes ausgeht“, leben (Matth 4,4). Obwohl die erste Versuchung Evas von unserer heutigen Alltagswelt weit entfernt zu sein scheint, stellt doch gerade diese Versuchung, Gottes Wort und seine Integrität anzuzweifeln, ein großes potentielles Problem dar, das nicht nur die Ursache für viel Lebensprobleme ist, sondern auch viele Menschen davon abhält, diese Probleme zu lösen. Gott hat uns in der Heiligen Schrift sein Wort gegeben. Werden wir ihm glauben, oder wollen wir es anzweifeln, oder - noch schlimmer - wollen wir daran Vorbeigehen und es ignorieren? Das ist keine ganz leichte Frage. Viele Gemeindeglieder antworten auf diese Frage, daß sie der Bibel glauben, doch ihr Leben zeigt von diesem Glauben nicht viel. Andere geben bereitwillig zu. daß sie nur glauben, was sie auch erfahren haben. Die Bibel spricht von der Sündhaftigkeit des Menschen und vom Opfer Jesu Christi. Glauben wir wirklich, daß wir Sünder sind? Glauben wir wirklich, daß „all unsere Gerechtigkeiten wie ein beflecktes Kleid“ sind? (Jes 64,5) Glauben wir wirklich, daß „alle gesündigt haben und nicht die Herrlichkeit Gottes erlangen?“ (Röm 3,23) Oder sind wir etwa mit einem Rest eigener Gerechtigkeit zu Jesus gekommen? Rechnen wir uns noch selbst irgendein Verdienst an? Hat Jesus wirklich den vollkommenen Preis für unsere Sünden bezahlt? Reicht sein Blut etwa nicht aus, um alle vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Sünden zu bedecken? Diese Fragen scheinen einfach zu sein, sind aber von fundamentaler Bedeutung. Immer wieder finden wir Menschen, die eine ganze Reihe biblischer Lehren nicht glauben oder aber sie in ihrem Leben nicht zur Anwendung bringen können. In Wirklichkeit kämpfen mehr oder weniger alle Gläubigen diesen Kampf, doch oft wird er gerade dann zum Gefahrenpunkt, wenn sich ein Mensch größeren Schwierigkeiten gegenübersieht. Gerade in einer solchen Situation ist unser Glaube herausgefordert, und wir werden auf die Probe gestellt, ob wir wirklich glauben, was Gott uns gesagt hat. In der Seelsorge muß diese Spannung zwischen Glauben und Unglauben untersucht, erforscht, und, wenn möglich, gelöst werden. Man muß Satans Taktik erklären und sich dagegen wappnen. Einige Formen des Widerspruchs sind sehr subtil, können jedoch vom Seelsorger erkannt werden, wenn er selbst im Wort Gottes bleibt. Solche Behauptungen wie: „Gott vergibt mir nicht“ oder: „Wie oft erwartet Gott von mir, daß ich meinem Ehegatten vergebe?“ oder: „Ich glaube, daß ich eigentlich ganz in Ordnung bin“ enthalten alle unterschwellige, doch wahrnehmbare Widersprüche zu Gottes Wort. Die irregeleitete Hoffnung Die Hoffnung ist der Aspekt des Glaubens, der sich auf die Zukunft richtet. Gott gab Adam und Eva die Hoffnung für eine dauernde Beziehung, für ihre Familie und für ihr Lebensziel. Ihre Hoffnung lag in der Beziehung zu Gott. Satan gab ihnen durch seine Lüge: „Ihr werdet sein wie Gott“ eine betrügerische Hoffnung. Während Gott den Menschen dazu gemacht hat, auf ihn zu hoffen, vertraut die falsche Hoffnung auf sich selbst, bestreitet die Konsequenz der Sünde und führt schließlich in die Verzweiflung. Drei Aspekte falscher Hoffnung spielen in der Seelsorge häufig eine Rolle: Der eine hat mit der Unsterblichkeit zu tun, der zweite damit, daß man vor den Konsequenzen seines Verhaltens fliehen will, und der dritte mit der Selbstherrschaft. Das Gefühl unsterblich zu sein, ist heute in unserer Kultur fast instinktiv geworden. Der Tod wird versteckt und in abgelegene Ecken unseres Lebens verbannt, so daß die Menschen nicht mehr ständig damit konfrontiert werden. Obwohl die Zeitungen voller Todesnachrichten sind, nehmen die Menschen das Problem ihres eigenen Todes nicht wahr oder werden damit nicht fertig. In der letzten Zeit sind durch die Reinkarnationslehre und sogenannte Sterbeerfahrungen falsche Hoffnungen aufgekommen, die Tod und Gericht an sich bestreiten. In unserer jugend- und vergnügungsorientierten Gesellschaft haben wir uns auf das Leben und seinen Genuß konzentriert, und Tod und Selbstaufgabe ignoriert. Jeder Mensch, der die Herrschaft des Todes über alles Leben und die feine Linie erkennt, die den Lebenden vom Tod trennt, hat ohne Zweifel größeren Respekt vor seiner Familie, seinen Freunden, der Gemeinde, der Arbeit und insbesondere seiner Beziehung zu Gott. Viele Menschen sündigen heu te drauflos, als gäbe es keine Zukunft. Wenn Menschen über ihre Sorgen sprechen, dann ist es gut, wenn man ihr Verhältnis zu Tod und Leben etwas näher untersucht. Satan behauptet, daß man den Folgen des Ungehorsams gegenüber Gott entgehen kann. Diese falsche Hoffnung verhindert das Nachdenken über die Konsequenzen des Handelns. Nachdem Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, kam Gott in den Garten und fragte Adam. Adam beschuldigt sofort „die Frau“, Eva schob die Schuld gleich auf „die Schlange“. Diesen Vorgang, der mit Unglauben beginnt, zur Unverantwortlichkeit führt und der uns die Schuld auf andere schieben läßt, kann man auch heute noch beobachten. Die falsche Hoffnung der Selbstherrschaft oder Autonomie ist das Kennzeichen eines säkularen Humanismus, der den Menschen als obersten Richter über Gut und Böse setzt, was ganz offensichtlich eine Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse ist. Der Humanismus erhebt den menschlichen Verstand und die Gefühle an die Stelle, die Gott eigentlich einnehmen sollte und sagt, daß die Hoffnung für die Menschheit der Mensch selbst sei. Die Autonomie des Menschen führt in die Selbstverherrlichung, aber sie führt auch zur Selbstverurteilung und zu menschlichen religiösen Anstrengungen. Die falsche Hoffnung auf sich selbst kann auf zeitweilige Höhenflüge führen, sie endet jedoch immer in Verzweiflung, wie die gottlosen Formen des Existentialismus beweisen. Die Zerstörung der Liebe Der Mensch verletzte die Liebe Gottes und zerbrach seine Beziehung zu ihm, als er Satans Versprechungen „Ihr werdet sein wie Gott“ glaubte. Diese Versuchung war der zentrale Schlag im Sündenfall, und die Überwindung dieser Versuchung ist für die Wiederherstellung und das Wachstum des Menschen von außerordentlicher Bedeutung. Unsere Lebensprobleme müssen auf diesem Hintergrund und im Spannungsfeld zwischen der Liebe Gottes und der Selbstliebe und zwischen Gottes Herrschaft und der Herrschaft des Ich gesehen werden. Als Satan Gottes Wort verdrehte, bestritt er gleichzeitig Gottes Liebe. Im Grunde sagte er zu Eva: „Gott weiß, daß dir die wunderbarsten Dinge passieren werden, sobald du von der Frucht des Baumes ißt.“ Darin war die Anklage versteckt, daß Gott ihr etwas vorenthalten würde, weil er sie nicht wirklich lieben würde. Das reichte Eva, um sich auf sich selbst zu verlassen, um das vermeint- lieh Gute zu erlangen. Sobald sie sich von Gottes Liebe abwenden ließ, wandte sie sich der Selbstliebe und dem eigenen Ich zu. Wenn Gott ihr nicht geben würde, was sie selbst als gut für sich erachtete, dann würde sie es sich eben nehmen. Sobald Eva Gottes Liebe anzweifelte, machte sie sich selbst zu Gott und entschied, was gut und böse ist. „Und die Frau sah, daß der Baum gut zur Speise und daß er eine Lust für die Augen und daß der Baum begehrenswert war, Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Mann bei ihr, und er aß“ (1. Mo 3,6). (Hervorhebungen des Autors). Wenn die menschliche Vernunft und das menschliche Verlangen Gottes Wort und Gottes Liebe ersetzt, dann fällt der Mensch schnell in Sünde und zieht auch noch andere mit hinein. Sünde ist gleichzeitig die Ursache und die Konsequenz der Trennung von Gott. Die Sünde ist im wesentlichen ein Problem der Liebe. Johannes warnte: Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt liebt, ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht vom Vater, sondern ist von der Welt (1. Joh 2,15.16). Wenn die Liebe zu Gott durch persönliche Probleme vermindert wird, dann ersetzt die Lust die Liebe und man setzt sich selbst einem weiten Bereich falscher Gedanken, Motivationen, Gefühlen, Haltungen und Handlungen aus. Ein jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust fortgezogen und gelockt wird. Danach, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod (Jak 1,14.15). Adam und Eva folgten einer Lüge statt der Wahrheit, vertauschten die Liebe gegen selbstsüchtiges Verlangen und vertrauten auf den Lügner statt auf Gott. Ihr unabhängiges, sündiges Ich entstand als Frucht des Wissens um Gut und Böse, ihre Beziehung wurde beeinträchtigt und diente nur noch ihrer Selbstsucht. Ihr Ziei war es nun geworden, selbst Gott zu sein, und ihr Wille geriet unter den Einfluß des Bösen. Die Bibel zeigt die Verletzlichkeit und Kämpfe der Menschen. Die Verletzlichkeit zeigt sich in der Adamsnatur (gefallener Mensch) oder im Fleisch des erlösten Menschen. Diese können in verschiedenen Formen auftauchen, wie etwa Stolz, Eigenwille und Auflehnung, die alle Ausdruck der Selbstliebe sind. Mit diesen Verletzlichkeiten hängen Kämpfe zusammen: Stolz gegen Demut. Eigenwille gegen Gehorsam und Rebellion gegen Unterwerfung. Diese Kämpfe zwischen der Selbstliebe und der Gottesliebe sind bedeutungsvoll im Kampf zwischen Fleisch und Geist, in der Schlacht zwischen dem eigenen Willen und der Unterwerfung unter Gottes Willen. Die Hauptspannung im menschlichen Leben liegt zwischen dem Glauben an Gott und dem Glauben an die Lüge, zwischen Hoffnung auf Gott und Hoffnung auf das Ich, zwischen einem Leben in der Beziehung zu Gott und einem Leben, in dem man sich selbst mehr liebt als Gott und andere Menschen. Gott erschuf jeden einzelnen Menschen dazu, unter seiner liebenden Herrschaft zu leben. Aber der natürliche Mensch lebt unter der Selbstherrschaft, die von Satan beeinflußt wird (Eph 2,1-3). Weil wir die sündige Natur Adams geerbt haben, ist unser eigenes Ich nicht in der Lage, ohne Verwirrung und Selbstbezogenheit zu herrschen. Wer sich Gott nicht unterwirft, endet in der Abhängigkeit von eigenen Gefühlen, Fehlschlüssen und Reaktionen. Er wird vom Druck durch Menschen seiner Umgebung bestimmt. Er versucht, die eigenen Bedürfnisse und Sehnsüchte durch eigene Anstrengung und / oder Manipulation der Umwelt und anderer Leute zu befriedigen. Und er wird versuchen, sich durch Selbstverteidigung, Selbstrechtfertigung und durch die Beschuldigung anderer zu schützen. Auch wenn solche Menschen an eine höhere Macht glauben und sogar versuchen, ein Leben nach hochstehenden ethischen Prinzipien zu führen, sind sie von Gott, ihrem Schöpfer, getrennt, bis sie im Glauben neues Leben durch Jesus Christus empfangen haben und ihr Leben nach ihm ausrichten, der durch Glauben in ihnen wohnt. Ehe sie nicht die richtige Beziehung zu Gott gefunden haben, haben sie ein falsches Gottes- und Selbstbild. In einer solchen Situation entwickeln sich leicht Lebensprobleme, die sich in Ablehnung, Auflehnung, Groll, Bitterkeit, mangelnder Vergebungsbereitschaft, Depressionen, Ängsten, Ziellosigkeit und einem verzerrten Bild von Gott, sich selbst und der Umwelt äußern. Alle diese Probleme haben ihre Ursache in der Sündhaftigkeit des Menschen, die sich darin äußert, daß das Ich nicht an Gott ausgeliefert wird. Die meisten psychologischen Theorien sind sich darin einig, daß der Mensch im Kern gut ist und daß die Gesellschaft das eigentliche Problem darstellt. Die Bibel offenbart dagegen den verlorenen und sündigen Zustand der Menschheit. Solange ein Mensch vom Wesen und den Eigenschaften Gottes getrennt ist, ist er in seiner Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt. Denn die Gesinnung des Fleisches ist Tod, die Gesinnung des Geistes aber Leben und Frieden; weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, sie kann das auch nicht. Die aber, die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen (Röm 8,6-8). Ohne Gott versagt der Mensch in seiner ethischen Verantwortung. Die Wiederherstellung Gott hat in seiner großen Liebe für eine Errettung aus der Trennung gesorgt. Kurz nachdem sich Adam und Eva von Gott getrennt hatten, versprach er ihnen einen Retter, der die Sünder (diejenigen, die von Gott getrennt sind) wieder mit Gott versöhnen würde, so daß eine Beziehung wieder möglich würde. Im gesamten Alten Testament finden wir Wege offenbart, durch die Gott den Menschen in die Lage versetzte, in einer Beziehung zu ihm und in ethischer Verantwortlichkeit zu leben. Doch alle diese Wege waren nur eine vorläufige Lösung und eine Vorschattung Jesu Christi (Hebr 10,1.10). Durch sein Leben, seinen Tod und seine Auferstehung zeigte Jesus die Liebe Gottes, bezahlte die Strafe für unsere Sünden und gab dem Menschen die Möglichkeit, wieder in Verbindung zu Gott zu treten. Alle biblische Seelsorge basiert auf der Rettung des Menschen durch das Kreuz Christi. Jeder, der an den Namen Jesu glaubt und sich von seinen Sünden bekehrt, wird ein Kind Gottes (Joh 1,12). Als Kind Gottes ist der Gläubige in der Lage, Gott näher zu kommen und seine Gnade und Liebe zu erfahren. Bei der geistlichen Wiedergeburt (Joh 3,3.6.7) empfangen die Gläubigen den Heiligen Geist, der in ihnen wohnt, sie führt und sie befähigt, Gottes Willen zu gehorchen (Röm 8,9; Ga! 4,4-6). In der Bibel offenbart Gott ihnen, was sie benötigen, um nach seinem Plan leben zu können. Durch diese wiederhergestellte Beziehung erhalten sie die Möglichkeit, so zu leben, wie Gott es für sie vorgesehen hatte, als er sie erschuf. Die Wörter Schöpfung und Trennung beschreiben den Zustand des Menschen. Die Wiederherstellung dagegen hat es mit einer Beziehung, einem neuen Leben und fortdauernder Veränderung zu tun. Diese Themen werden wir in Kapitel 6 weiter behandeln. Der biblische Lebensmaßstab Die Bibel bietet uns die einzig wahre Beschreibung des Menschen und wirksame Prinzipien zu seiner Veränderung. Wenn jemand die Menschheit verstehen lernen möchte, dann kann er Psychologie oder Soziologie studieren, er kann die große Literatur lesen, um das Herz des Menschen zu erforschen und er kann die menschliche Natur selbst beobachten. Aber die einzige nützliche Information ist die, die sich an der Bibel messen läßt. Die Bibel ist der Maßstab, nicht pragmatische Überlegungen. Neben einem objektiven Menschenbild und einer echten Offenbarung Gottes zeigt uns die Bibel an einem lebendigen Beispiel, wie man ein geistig und gefühlsmäßig gesundes Leben führen kann. Man kann den biblischen Lebensmaßstab nicht finden, indem man sich am sogenannten Durchschnittsbürger orientiert. Der biblische Lebensmaßstab besteht auch nicht darin, daß es nur darum geht, bestimmte Dinge nicht zu tun. Das Vorbild geistig-gefühlsmäßiger Reife ist Jesus Christus selbst. Er ist der einzige, der nicht durch die Sünde verunreinigt war. Er ist der einzige, der den biblischen Lebensmaßstab und das biblische Lebensziel vollkommen gelebt hat: nämlich Gott widerzuspiegeln und in einer engen Beziehung zu ihm zu leben. Jesus ist der einzige, der die Eigenschaften des Vaters durch seine Gedanken und seine Taten in Einklang mit Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit wiedergegeben hat. Jesus hat nicht nur gezeigt, wie man leben soll, er hat auch den Charakter Gottes offenbart. Außerdem hat er die Voraussetzung dafür geschaffen, daß die Menschheit aus dem gefallenen Zustand in den neuen Zustand gelangen kann, indem man den Plänen und Absichten Gottes entsprechend lebt. Jesus ist der Maßstab, aber gleichzeitig auch der Weg. Weiter beantwortet uns die Bibel auch die wichtigste Lebensfrage. Die Bibel berichtet nicht nur von der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Menschen, sondern gibt dem Leben einen Sinn. Als man eine Umfrage unter Studenten machte, antworteten 90 % auf die Frage: „Was ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Frage, vor der heute junge Menschen stehen?“ daß es die Sinnfrage ist.5') Wenn ein Mensch keine Aufgabe und das Leben für ihn keinen Sinn hat, warum sollte er dann Verantwortung übernehmen, sich ändern oder warum sollte er überhaupt leben? Der Seelsorger kann auf diesem wichtigen Gebiet Gewißheit weitergeben, denn er hat Antworten, die die Welt nicht geben kann, Antworten auf das verzweifelte Verlangen des Menschen, etwas über den Ursprung, das Ziel und die Bestimmung des Menschen zu erfahren. Die Ausgangsbasis des Seelsorgers ist der Gott der Bibel und sein Wort, das die Prinzipien, die praktischen Anweisungen und die Kraft gibt, nach den göttlichen Absichten für unser Leben zu leben. Ein Psychotherapeut hält sich meist an die Vergangenheit, kann aber nichts zur Herkunft, zum Ziel und zur Bestimmung des Menschen sagen. Das biblische Modell ist vollständig, weil es eine genaue Beschreibung des Menschen liefert, eine wahre Offenbarung, warum er sich so verhält, wie er sich verhält, und einen vollkommenen Lebensmaßstab liefert. Außerdem zeigt die Bibel den Menschen aus der Perspektive Gottes und in Beziehung zu ihm. Die Bibel zeigt, wie Gottes Liebe in der Schöpfung, in der sündhaften Trennung des Menschen von Gott und in Gottes Maßnahmen zur Wiederherstellung des Menschen wirksam wurde. Die wichtigsten Faktoren biblischer Seelsorge sind die Richtung der Beratung und die Wahrhaftigkeit im Gespräch. Obwohl Veränderung nicht unbedingt davon abhängt, ob ein Berater Psychotherapie oder biblische Beratung bietet, muß das Menschenbild einschließlich des Wertesystems schriftgemäß sein, damit die Veränderung in die richtige Richtung erfolgt. Was hat Veränderung für einen Sinn, was hat sogar Heilung für einen Sinn, wenn beide nicht mit einem biblisch wünschenswerten Ziel übereinstimmen? Weil das biblische Ziel eines jeden Gläubigen ist, in das Bild Christi verwandelt zu werden (Röm 8,29), muß alle biblische Seelsorge in diese Richtung gehen. Der biblische Seelsorger arbeitet wie Paulus an dem Ziel, daß Christus in den Gläubigen „Gestalt gewinnt“ (Gal 4,19). KAPITEL 5 Veränderungsmethoden Jeder Therapeut oder Seelsorger hat eine Methode, um Veränderung zu bewirken. Das Handbuch für Psychotherapie wirbt damit, daß es „ein Führer von A bis Z zu mehr als 250 verschiedenen heute gebräuchlichen Therapien“ sei.521 Alle diese Methoden müssen erst noch beweisen, welche von ihnen die besseren sind. Zwischen den einzelnen Ansätzen gibt es viel Widersprüchliches und Verwirrendes. Es scheint so zu sein, daß jede Methode, die Hilfe verspricht, in den Händen eines geschickten Therapeuten einige Resultate hervorbringt. Schlüssel zur Veränderung Die verschiedenen Methoden enthalten zahlreiche Techniken, um den Klienten zu motivieren und Veränderungen hervorzurufen. Doch sind die wichtigsten Faktoren zur Veränderung, wie wir in späteren Kapiteln noch besprechen werden, die Menschen selbst, die an dem Vorgang beteiligt sind: der Berater und der Betreute. Wenn der Betreute nicht bereit ist, sich zu verändern, ist es gleichgültig, welche Technik angewendet wird; er wird sich nicht verändern. Wenn aber der Betreute Veränderung wirklich will und der Berater entsprechende menschliche Qualitäten aufweist, dann wird es Veränderung geben, ganz gleich, welche Methode verwendet wird. Wenn man Klienten untersucht, die alle etwa gleich stark zur Veränderung motiviert sind, dann sind die Ergebnisse der verschiedenen Beratungsmethoden in etwa die gleichen, gleichgültig, welche Methode angewendet wurde. Aus diesem Grund ist die These aufgestellt worden, daß „alle Therapien gleich gut sind“53). Nachdem Mary Smith mit ihren Kollegen eine große Anzahl von Forschungsarbeiten gesichtet hatte, kam sie zu dem Schluß: „Die verschiedenen Arten der Psychotherapie (verbale Methoden, Verhaltensmethoden, psychodynamische oder klientenzentrierte Methoden, systematische Desensibilisierung) erzeugen keine unterschiedlichen Arten von Nutzen noch ist der Grad des Nutzens unterschiedlich.“54) So wichtig deshalb die Methode für die Richtung der Verände- rung ist, so unwichtig ist sie dafür, ob überhaupt Veränderung stattfindet. Das hängt eher vom Betreuten als von der Methode ab. Sogar das Handbuch für Psychotherapie und Verhaltensänderung weist daraufhin, daß der Betreute der wichtigste Faktor ist, danach kommt der Berater, „und die verschiedenen Techniken stehen an Einfluß weit abgeschlagen auf dem dritten Platz“55). Methoden christlicher Psychotherapeuten Um zu bestimmen, welche psychologischen Methodensysteme von christlichen Psychotherapeuten angewendet werden, führten wir eine Studie mit der Christian Association for Psychological Studies (Christliche Vereinigung für Psychologische Studien, CAPS) durch, einer amerikanischen christlichen Vereinigung, zu der viele Psychotherapeuten gehören. Wir benutzten in unserer Untersuchung einen einfachen Fragebogen, in dem wir die Psychotherapeuten aufforderten, die Reihenfolge der psychotherapeutischen Ansätze anzugeben, die ihre Praxis am meisten beeinflußt hätten. Wir listeten nur 10 Ansätze auf, doch ließen wir freien Raum, so daß der Befragte selbst Ansätze eintragen konnte, bevor er die Bewertung vornahm. Die Auswertung ergab, daß Rogers mit seiner klientenzentrierten Therapie an der Spitze stand, zusammen mit Glasser (Realitätstherapie), gefolgt von Freud (Psychoanalyse) und der rational-emotiven Therapie von Ellis. Auf dem letzten Platz rangierte die einzige angegebene biblische Methode, die nouthetische Beratung von Jay Adams. Ein besonders interessantes Resultat war, daß die Psychotherapeuten ebensoviele vorgegebene Ansätze wie auch selbst hinzugefügte Ansätze bewerteten. Das bedeutet, daß die meisten bei der Auswahl ihrer Therapiekonzepte eklektisch* vorgingen. In unserer Auswertung faßten wir unsere Ergebnisse folgendermaßen zusammen: Wenn diese Untersuchung einen repräsentativen Querschnitt bietet, dann ist es gerechtfertigt zu sagen, daß es den christlichen therapeutischen Ansatz nicht gibt. Es gibt eine große Anzahl von Ansätzen, die die Praxis der CAPS-Mitglieder beeinflußt. Unse- * Eklektiker: jemand, der weder ein eigenes pilosophisches System aufstellt noch einanderes übernimmt, sondern aus verschiedenen Systemen das ihm Passende auswählt re Untersuchung scheint zu zeigen, daß zwar einige psychotherapeutische Ansätze mehr Einfluß haben als andere, daß jedoch der christliche Psychotherapeut im allgemeinen gleichzeitig unabhängig und eklektisch in seinem Beratungsansatz handelt.56* Jeder Christ, der als Psychotherapeut praktiziert, hat also seine eigene Mischung von Ansätzen. Das überrascht keineswegs. Parloff hat beobachtet, daß „die meisten Psychotherapeuten entweder absichtlich oder unbewußt eklektisch Vorgehen“57*. Doch warum sollte die Kirche ihre Glieder an die vielen verschiedenen Methoden verweisen, wenn doch keine einzige von ihnen bisher bewiesen hat, daß sie besser ist als die Anweisungen der Bibel? Da es so viele verschiedene Arten der Psychotherapie gibt, und da jede Form der Therapie, die jemand wählt, zu funktionieren scheint, können wir festhalten, daß biblische Methoden mindestens ebenso effektiv sein müssen wie jede andere Form der Psychotherapie. Deshalb sehen wir keinen Grund dafür, daß wir die Methoden der säkularen Psychotherapie mit denen der Bibel kombinieren müßten. Und wann immer sich Ähnlichkeiten ergeben, gibt es keinen Grund, den weltlichen Therapeuten als „Entdecker“ einer Wahrheit hervorzuheben, die schon lange, bevor er geboren wurde, in der Schrift enthalten war. Transzendentale Meditation In Kapitel 3 erwähnten wir die vier verschiedenen psychologischen Modelle (das psychoanalytische, das behaviouristische, das humanistische und das existentialistische), aus denen die vier therapeutischen Ansätze schöpfen. Wir hielten außerdem fest, daß der vierte, der existentielle oder transpersonale Ansatz, der in sich selbst religiös und geistlich ausgerichtet ist, eher östliche als christliche Religionsformen verarbeitet hat und damit das Vertrauen der Menschen auf neue Götter lenkt. Daniel Goleman zeigt in seinem Referat „Die Aufnahme der östlichen Psychologie im Westen“, daß die meisten östlichen Religionen „einen Kern von esoterischer Psychologie beinhalten“. Goleman spricht vom östlichen Pfad der Transformation und schließt: „Kurz gesagt, sind sich alle östlichen Psychologieformen einig, daß das Hauptmittel zur Veränderung des Menschen die Meditation ist.“58* Der bekannteste östliche meditative Ansatz, um geistige und physische Veränderung zu bewirken, ist die Transzendentale Meditation (TM). TM ist eine einfache meditative Technik, die weltweit knapp zwei Millionen Anhänger hat. Man kann diese Technik in kürzester Zeit erlernen und praktiziert sie zweimal täglich für etwa 15-20 Minuten. Anhänger dieser Therapie zitieren Forschungsergebnisse, um ihren Anspruch zu untermauern, daß TM die Psyche und das Verhalten des Anwenders positiv beeinflußt und daß sich sogar sein körperlicher Zustand verändert. Obwohl viele weltliche und kirchliche Autoritäten die Behauptungen von TM und transpersonalen Therapien akzeptieren, erkennen nur wenige in den Gemeinden, daß die Seelsorge schon immer ein wirksames Mittel zur Hilfe war und heute noch ist. Die Einrichtung psychologischer Lehrstühle und Praktiken in den Gemeinden und christlichen Ausbildungsstätten wird meist lautstark begrüßt, während der Ruf nach einer Wiedereinrichtung des Seelsorgedienstes meist ungehört verhallt. Die Kirche hat heute viel Ehrfurcht vor dem psychologischen Weg, lehnt den biblischen jedoch ab. Der Seelsorgedienst ist notwendig! Sicherlich ist es für eine psychologisierte Kirche in einer psycholo-gisierten Gesellschaft schwierig, zum Seelsorgedienst zurückzukehren - doch eine solche Rückkehr ist unbedingt notwendig. Der Pastor einer großen Gemeinde bekannte: „Eine Frau kommt zu mir in die Beratung. Ich kann sie nach mindestens einem halben Dutzend verschiedener Therapien beraten, aber die eigentliche Frage ist doch: Wie kann ich ihr helfen, geistlich zu wachsen? Für solche Aufgaben sind wir nicht ausgebildet worden.“59) Es gibt eine Antwort auf die Probleme, die dieser Pastor beschreibt. Theorie und Praxis der psychoanalytischen, behaviouristischen, humanistischen und existentia-listischen Ansätze haben nicht nur keinen nachweisbaren Nutzen, sondern sie sind schlechthin überflüssig. Der wirksamste Weg, um mit den Verletzungen der Menschen umzugehen, ist der biblische. Wenn ein Betreuter Veränderung will, dann wird eine Liebe, die gleichzeitig von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit geprägt ist, die Probleme überwinden, und dem Betreuten zur Veränderung helfen. Die Effizienz nichtpsychologischer Theorien Viele Menschen haben sich schon gefragt, ob es überhaupt möglich ist, bei seelischen und Verhaltensproblemen zu helfen, ohne auf psychologische Theorien und Methoden zurückzugreifen oder irgendwelche psychologischen Spielereien und Mittelchen zu verwenden. Die Forschung zeigt, daß das ohne weiteres möglich ist. Drei Forscher fanden in einer amerikanischen Untersuchung für die Joint Commission on Mental Illness and Health heraus, daß „von den Personen, die aktiv Hilfe für ihre persönlichen Probleme suchten, die meisten Menschen ansprachen, die keine professionellen Psychologen oder Psychiater waren, und daß sie weitaus häufiger zufrieden mit der Hilfe waren, die sie erfahren haben, als diejenigen Menschen, die Psychologen oder Psychiater aufgesucht haben“60). Außerdem können Menschen oft alle möglichen verschiedenen Lebensprobleme selbst oder mit Hilfe ihrer Familie oder ihrer Freunde lösen. In einem Bericht über den Erfolg von Therapieprogrammen gegen Nikotinsucht und Übergewicht sagte Professor Stanley Schächter von der Columbia Universität: „Die Erfolgsraten bei Selbstbehandlung gegen Nikotinsucht sind weitaus höher als die Literatur angibt, die über die verschiedenen Therapieprogramme berichtet, die sich diesem Problem gewidmet haben.“ Beim Vergleich solcher, die aus eigenen Antrieb das Rauchen aufgeben mit anderen, die das durch eine Therapie schaffen, sagt Schächter: „Diejenigen, die selbst versucht haben, von der Nikotinsucht frei zu werden, waren zwei- bis dreimal erfolgreicher als diejenigen, die einen geschulten Psychologen in Anspruch nahmen.“6') Stanton Peele, ein führender Suchtforscher, sagt: „Von denen, die versuchen, in einer Therapie abzunehmen, das Rauchen aufzugeben, von einer Droge oder vom Alkohol loszukommen, haben nur 5 % Erfolg.“62' Peele glaubt, daß „Therapien sich manchmal unabsichtlich selbst behindern“63). Peele faßt seine Beobachtungen zusammen: „Das ist die Ironie und die Hoffnung: Selbstbehandlung kann helfen, doch wenn man sich auf jemanden anders verläßt, der einen heilen soll, so hilft das meist nicht.“64) Wir glauben, daß wir mit einiger Berechtigung daraus schließen können, daß bei Lebensproblemen die Selbsthilfe immer noch am wirksamsten ist. Die zweitbeste Hilfe erfährt man in einer nichtin-stitutionalisierten Gruppe und die am wenigsten effektive Therapie ist die Einzeltherapie. Das ist einer der Gründe, aus dem wir in unserer persönlichen biblischen Beratung den Betreuten empfehlen, daß sie regelmäßig den Gottesdienst unserer Gemeinde besuchen und sich in der liebevollen Umgebung eines Hauskreises einbringen. Wenn man die Motivation zur Veränderung des Betreuten und die Ermutigung zur Veränderung in einer liebevollen Umgebung betrachtet, so fallen alle Ausbildung, Trainigsprogramme, Techniken und Zertifikate dagegen nicht mehr ins Gewicht. Dieser Gedanke ist wahrscheinlich am schwersten zu verstehen, weil von der psychotherapeutischen Propaganda immer wieder Horrorgeschichten über Menschen in Umlauf gebracht werden, die von wohlmeinenden, doch ahnungslosen Laien malträtiert worden sind. Unserer Meinung nach gibt es viel mehr Horrorgeschichten von Psychotherapeuten zu erzählen als solche von Laienberatern. Man könnte über Fehlbehandlung und kostspielige Fehler von Psychotherapeuten seit dem Beginn der professionellen Psychotherapie eine Geschichte des Schreckens schreiben.65* Der Psychiater Thomas Szasz warnt, daß „wahrscheinlich die meisten sogenannten psychologischen Therapien dem sogenannten Patienten eher schaden... und daß alle diese Eingriffe und Methoden solange als schädlich angesehen werden sollten, ehe nicht das Gegenteil bewiesen worden ist“66*. Es gibt in der Psychotherapie wie in der biblischen Beratung Veränderung, weil der Betreute dazu motiviert ist und weil es menschlich ausgezeichnete Therapeuten wie Seelsorger gibt. Wenn man die verschiedenen Ansätze vergleicht, so kann man nicht feststellen, daß ein System dem anderen überlegen wäre. Weshalb sollte man dann nicht die biblische Beratung nutzten, die mit der Schrift in Übereinstimmung steht, anstatt psychotherapeutische Systeme, die auf Menschenweisheit basieren und nur allzuoft mit dem Wort Gottes in Konflikt stehen? KAPITEL 6 Die biblische Veränderungsmethode Die biblische Veränderungsmethode ist ein geistlicher Prozeß, der dem Handeln Gottes und dem Glauben des Einzelnen entsprechend wirksam wird. Gott hat alle Voraussetzungen geschaffen, damit geistliche Veränderung geschieht. Sie ist möglich durch seinen Sohn, seinen Heiligen Geist und sein Wort. Obwohl Gott die Veränderung herbeiführt, ist es wichtig, daß der Mensch im Glauben antwortet. Das bezieht sich nicht nur auf die anfängliche Errettung und das neue Leben, sondern auch auf die fortschreitende Heiligung. Damit Beratung geistlich ist, muß eine solche Veränderung durch den Glauben geschehen, daß man Gott liebt und ihm gehorcht. Biblische Seelsorge beteiligt immer mindestens drei Personen: Gott, den Betreuten und einen oder mehrere Christen, die mit Hilfe von Gottes Liebe, Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit dem anderen dienen wollen. Weil die wichtigsten Veränderungen durch die Liebe Gottes und die Antwort des Einzelnen darauf hervorgerufen werden, ist es die wichtigste Aufgabe des Beraters, die Liebe Gottes aufzuzeigen und den Betreuten zu ermutigen, sich durch Glauben an diese Liebe, die aus Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit besteht, Gott zu nähern. Die Grundlage, auf der man die Bedürfnisse des Betreuten herausfinden kann, ist ein gründliches Verständnis des biblischen Menschenbildes. Es gibt die Richtung der Veränderung an, während die Methode uns Einsicht in das Werk Gottes an einem Menschen bietet. Das Grundprinzip biblischer Seelsorge ist folgendes: Wenn jemand sich Gott nähert, indem er durch die Liebe Gottes gezogen wird - diese Liebe beinhaltet gleichzeitig Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit und drückt sich in seinem Wort und durch den Heiligen Geist aus - dann werden sein Denken, seine Emotionen und sein Verhalten verändert. Fünf Annahmen liegen diesem Grundprinzip zugrunde. 1. Die anfängliche Veränderung findet durch den Glauben statt, wenn jemand Kind Gottes wird. Er wird dann zu einem neuen Menschen, in dem der Heilige Geist wohnt (Röm 8,9-15). 2. Sobald jemand neues Leben empfangen hat, ist es seine Aufgabe, im Geist zu wandeln. Das geschieht entsprechend den Prinzipien seiner neuen Natur und nicht mehr nach den alten Wegen des Ichs (Gal 5,22-25). 3. Deshalb ist der geistliche Bereich der Ursprung für alle Bewältigung von Lebenssituationen. Diese Bewältigung geschieht in der engen Verbindung mit Gott (2. Petr 1,1—4). 4. Weil der Christ ein geistliches Wesen hat, kann nur die Bibel ihn exakt beschreiben (Menschenbild Ps 94,8-11; Hebr 4, 12.13) und ihm zeigen, wie er zu leben hat (Methode zur Veränderung Apg 20,32; 1. Thess 2,13). 5. Eine zentrale biblische Lehre dieses geistlichen Ansatzes ist der Kampf zwischen der Liebe zu Gott und seiner Herrschaft (Leben im Geist) einerseits und der Eigenliebe und der Herrschaft des Ichs (Leben im Fleisch) andererseits (Röm 7,14.25). Unabhängig von den aktuellen Problemen werden Menschen zum Guten verändert, wenn sie durch Gottes Liebe näher zu ihm hingezogen werden. Weil der Mensch eine Ganzheit bildet, beeinträchtigen seelische Probleme auch die geistliche Dimension des Menschen. Es ist deshalb unbiblisch, Lebensprobleme so zu behandeln, als hätten sie mit dem geistlichen Leben nichts zu tun. Wenn ein Problem biblisch behandelt wird, dann ist der Betreute besser in der Lage, sich mit den geistigen, gefühls- und verhaltensmäßigen Aspekten des Problems auseinanderzusetzen. Wenn jemand Gott näherkommt, dann setzt er sich der Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit der Liebe Gottes aus. Wenn er Gott sucht, dann hilft Gott seinem Geist, so daß er Lösungen für seine Probleme finden kann. In einem Zeitalter der Technologie und ausgefeilter Theorien kann es leicht geschehen, daß man die einfache biblische Tatsache übersieht, daß die Lebensprobleme eines Menschen dann auf einzigartige Weise verändert werden, wenn man den Menschen ermutigt, Gott zu suchen. Gottes Liebe berührt den Geist des Menschen, und eine normale Folge eines tieferen geistlichen Lebens ist eine Verbesserung des seelischen Gleichgewichtes und des Verhaltens. Das gemeinsame Element von psychologischer und biblischer Beratung ist die Liebe. Die Liebe ist die durchdringende Kraft, die den Boden des Willens aufbricht und das menschliche Herz ermutigt, so daß sich Veränderung einstellt. Die Veränderung geschieht durch die Liebe, nicht durch psychologische Techniken und psychotherapeutische Ausbildung. Die Hauptthese in Paul Haimos’ Buch Der Glaube des Beraters ist, daß „alle Formen der Psychotherapie auf der Liebe basieren und nicht auf einem System wissenschaftlicher Fakten und Prinzipien, sondern auf einem alles durchdringenden Glauben an die heilende Kraft der Liebe“67). Sogar die menschliche Liebe, auf die sich Haimos bezieht, hat verändernde Kraft. Aber menschliche Liebe kann nie das geistliche Leben eines Menschen verändern, das kann nur Gottes Liebe tun. Gottes Liebe ist unendlich viel größer als menschliche Liebe je sein kann. Gottes Liebe ist die machtvolle, konsequente, verläßliche Kraft, die, wenn sie empfangen wird, den einzelnen verändert und ihn in die Lage versetzt, ein Leben des Glaubens zu führen, auf Gott zu hoffen und Gott und andere entsprechend dem höchsten Gebot zu lieben (5. Mo 6,5; 3. Mo 19,18; Matth 22,36-40). Menschen wurden schon immer und werden auch heute noch von jedem menschlichen Problem befreit, das durch Gesprächstherapie behandelt werden kann, weil sie Gottes Liebe erfahren und weitergeben. Welches Verstandes-, Verhaltens- oder Gefühlsproblem auch immer zu einer Gesprächstherapie führen mag, es wird durch die Liebe verändert. Alles, von einfachen Ängsten angefangen bis hin zu schweren Formen des Alkoholismus, von Depressionen bis zu Eheproblemen, kann am besten durch Gottes Liebe behandelt werden. Es ist diese Liebe Gottes, die sowohl Jesus als auch die Patriarchen und Propheten der Bibel trug. Eben diese Liebe hat die Lebensprobleme gelöst, wird sie lösen und löst sie auch heute. Probleme bieten den aufgebrochenen Ackergrund, in den geistliche Saat des Lebens und der Liebe gesät werden kann. Ein biblischer Seelsorger sieht die Lebensprobleme als Mittel, einen Menschen näher zu Gott zu bringen. Der Hauptfaktor bei jedem, der sich verändert, ist seine Suche nach einer engeren Beziehung zu Gott. Deshalb muß diese Suche auch der Hauptfaktor in der Seelsorge sein. Berater und Betreuter müssen die Wahrheit erfahren, daß das größte Hindernis für Wachstum die Trennung von Gott ist und daß die Nähe Gottes und eine Liebesbeziehung zu ihm der größte Antrieb für das Wachstum ist. Wenn wir uns Problemen gegenübersehen, dann steht nicht das Problem als solches im Mittelpunkt, auch wenn darüber geredet wird, sondern der Betreute und seine Beziehung zu Gott. Wenn sich ein Mensch Lebensproblemen gegenübersieht, entste- hen gewisse Spannungen und Tendenzen. Diese sind vor dem Hintergrund von Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung zu sehen. Weil die biblischen Ereignisse Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung wahr sind, bilden sie ein Prisma, durch das wir alle Lebensprobleme und die Liebe Gottes betrachten können. Ständige Anwendung der Facetten des Prismas bringt die Veränderung der Person und eine Lösung ihrer Probleme. Der Ansatz erfordert, daß der Berater die Bibel gut kennt und fähig ist, zu erkennen, wie diese drei wichtigen historischen Vorgänge jeden Menschen in seinen Umständen beeinflussen. Der Berater und der Betreute müssen die folgenden Aspekte von Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung bedenken: Schöpfung: 1. Geistliche Natur 2. Einzigartigkeit 3. Freier Wille und Verantwortlichkeit Trennung: 1. Der untergrabene Glaube 2. Die irregeführte Hoffnung 3. Die zerstörte Liebe Wiederherstellung: 1. Tod und Auferstehung Jesu Christi (neues Leben) 2. Der Heilige Geist 3. Das Wort Gottes Schöpfung Gott schuf den Menschen erstens als geistliches Wesen, das in Beziehung zu ihm, Gott, lebt, zweitens als einzigartiges Individuum mit der Aufgabe, Gottes Wesen widerzuspiegeln und drittens als Persönlichkeit mit freiem Willen und Verantwortlichkeit. Diese drei Aspekte der Schöpfung sind an jeder Lebenssituation beteiligt, und haben damit Anteil an jedem Problem und dessen Lösung. Die geistliche Natur Weil die Natur des Menschen geistlich ist und weil die Menschen geschaffen wurden, in einer persönlichen Beziehung zu Gott zu leben, müssen Probleme als geistliche Probleme gesehen werden. Die Lösung von Problemen muß deshalb in der Beziehung zu Gott gefunden werden. Darum ist das Suchen der Nähe Gottes die Basis biblischer Seelsorge. Einzigartigkeit Keine zwei Menschen sind gleich, und deshalb wird Gott auf jeden einzelnen ganz individuell eingehen. Die Einzigartigkeit des Betreuten und des Beraters und die verschiedenartigen Führungen Gottes im Leben eines jeden Menschen resultieren jedesmal in einer einzigartigen Situation, wenn zwei oder mehr Personen am Seelsorgeprozeß beteiligt sind. Es kann dabei geschehen, daß zwei verschiedene Seelsorger vom Geist dazu geführt werden, dem gleichen Menschen verschiedenartigen Rat zu erteilen und doch das gleiche Ergebnis erzielen. Wenn man nachliest, wie Jesus sich mit jedem einzelnen Menschen beschäftigte, dann lernt man, Gott zu vertrauen, daß er einen leitet. Man erkennt, wie Gott seine Wahrheit in Kraft und Liebe an die Menschen weitergibt. Nicht alle Menschen nahmen die Worte Jesu an, und viele verließen ihn, als sie mehr Wahrheit zu hören bekamen als ihnen angenehm war. Aber wer seine Worte annahm und ihm glaubte, wurde aus Dunkelheit und Verwirrung befreit. Der freie Wille und die Verantwortlichkeit Gott gab dem Menschen den freien Willen. Deshalb macht Gott den Menschen für seine Gedanken, Worte und Taten verantwortlich. Seit dem Garten Eden wollten die Menschen der Verantwortung für ihr Tun entgehen. Wann immer ein Mensch seine Taten rechtfertigt, entschuldigt oder rationalisiert, versucht er, der persönlichen Verantwortung zu entkommen. Wenn jemand behauptet, nicht anders handeln zu können oder wenn er jemanden anderen beschuldigt, dann ist es nötig, daß er seine Verantwortung erkennt und die Quelle für die Fähigkeit, richtig zu handeln, kennenlernt. Neben der Tatsache, daß der Mensch für seine Taten, Worte und Handlungen verantwortlich ist, hat Gott jedem die Entscheidung zur Veränderung gelassen. Auch wenn es eigentlich Gott ist, der den Menschen verändert, so tut er es nur mit Hilfe und Einverständnis dieses Menschen. Auch wenn Gott ihn durch seine Liebe zieht, und obwohl der Seelsorger ihn ermutigt, sich Gott zu nähern, ist der Betreute der einzige, der sich entscheiden kann, sich Gott zu nähern. Gott hat einen Weg bereitet, damit Menschen ihm näherkommen können, und zwar durch seinen Sohn Jesus Christus. Jesus hat gesagt: Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen; denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht (Matth 11,28-30). Die Entscheidung zu kommen, zu nehmen, zu lernen und sich zu nähern ist die Aufgabe des Betreuten. Deshalb ist die persönliche Verantwortlichkeit ein wichtiger Aspekt einer biblischen Seelsorgemethode. Trennung Wie wir in Kapitel 4 besprochen haben, versprach Satan Eva; „Ihr werdet wie Gott sein.“ Christus hat den Menschen durch sein Kreuz von den Konsequenzen dieses Falles erlöst, aber die Versuchung dieses einfachen Versprechens bleibt und muß bei den Überlegungen in der Seelsorge immer eine große Rolle spielen. Die erste Trennung von Gott geschah durch Unglauben, irregeführte Hoffnung und zerstörte Liebe. Immer wieder leiden Menschen darunter, daß sie nicht an Gott glauben, daß sie mehr auf sich selbst vertrauen und auf Umstände als auf Gott, und daß sie sich selbst mehr lieben als Gott und den Nächsten. Auch wenn ein Mensch schon Christ geworden ist und neues Leben durch Christus hat, kann er noch in die alten Denk- und Verhaltensmuster zurückfallen. Er kann noch immer falsche Bedürfnisse und Motive für sein Handeln haben, die nicht von Gott sind. Deshalb muß jede Seelsorge den Glauben des Betreuten untersuchen und in Richtung auf Gottes Wahrheit fördern. Die Begründung der Hoffnungen des Betreuten müssen überdacht werden, weil falsche Hoffnung immer in die Verzweiflung führt. Schließlich sollte jedes Seelsorgegespräch die Liebe Gottes betonen und Liebe zu Gott wek-ken. Wiederherstellung Gott hat alles Notwendige zur Verfügung gestellt, um Menschen wieder in die Gemeinschaft mit ihm zu bringen; den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Durch das Kreuz rettet Jesus Menschen aus ihrem sündigen Zustand, den ihnen die Trennung eingebracht hat, und er ermöglicht ihnen ein neues Leben durch seine Auferstehung (Rom 6,4). So hat er den Weg zur Vergebung der Sünde freigemacht, und er hat Menschen ein neues Leben gegeben, das durch den heiligen Geist gekennzeichnet ist, so daß diese Christen nun an Gottes Wort glauben können, wieder auf ihn hoffen und von ganzem Herzen lieben können. Die biblische Seelsorge arbeitet auf diesem Gebiet des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Weil Gottes Geist in ihnen wohnt und sie das Wort Gottes haben, haben der Seelsorger und der Betreute alles, was sie zum Wachstum, zur Veränderung und der Lösung von Problemen benötigen, zu ihrer Verfügung. Wiederherstellung durch den Tod und die Auferstehung Christi Das Kreuz Christi kann in der Seelsorge gar nicht genug betont werden, weil Jesus durch seinen Tod den Preis für die Sünde bezahlt hat, die den Menschen von Gott trennt. Deshalb muß man über Golgatha gehen, wenn man sich Gott nähern will. Das Kreuz ist Gottes Mittel, durch das wir Vergebung, ein neues Leben und die Möglichkeit zum Gespräch mit ihm erhalten. /. Vergebung. Die Sünde trennt von Gott und verhindert, daß der Mensch sich ihm nähern kann. Jesus hat die einzige Lösung für dieses Problem am Kreuz erreicht. Die Vergebung Gottes reinigt den Menschen von der Ungerechtigkeit und stellt die gestörte Beziehung wieder her. Wenn jemand lernt, seine Sünde durch Lesen und Hören des Wortes Gottes zu erkennen, wenn er auf Jesus schaut, der ohne Sünde gelebt hat, und wenn er seine eigenen Handlungen im Spiegel des Wortes Gottes betrachtet, dann wird er diese Sünde zugeben, sie bekennen, und sich von ihr abwenden. Dann kann er erneut auf Jesus blicken, der seine Gerechtigkeit durch den Heiligen Geist in ihm auslebt. Die Vergebung öffnet uns den Weg in die Gegenwart Gottes, so daß der Gläubige sich ihm nähern kann. Bei Gott findet er Weisheit und Befähigung, die er nötig hat, um sein Problem zu überwinden. Wenn der Gläubige sich Lebensproblemen gegenübersieht, dann muß er immer mit der Realität der Sünde rechnen, die die Ursache aller dieser Probleme ist. Einige Probleme mögen nicht unbedingt auf den Ungehorsam der eigenen Person gegenüber Gott zurückzu- führen sein, aber alle Probleme haben ihre Ursache darin, daß wir in einer sündigen Welt leben. Die Probleme entstehen dadurch, daß man selbst und andere an einem sündigen. Wenn die Sünde geleugnet, übersehen oder bestritten wird, dann wird sie als ständiger Dorn im Fleisch bleiben und Lebensprobleme verschlimmern. Viele Menschen fürchten sich davor, ihrer eigenen Sünde in die Augen zu schauen, weil sie nicht wirklich die Wirksamkeit des Kreuzes Christi verstanden haben. Der Christ soll im Glauben an das vergossene Blut unseres Herrn Jesus Christus leben, damit er seine Sünde erkennen, bekennen und bereuen kann und gereinigt wird. Obwohl manche Probleme nicht durch persönliche Sünde, sondern durch die Sünde anderer verursacht werden können, gehen doch die meisten Probleme auf eigene Sünden zurück. Auch Probleme, die so aussehen, als hätten sie gar keinen geistlichen Bezug, haben immer eine geistliche Ursache. Als Israel von seinen Feinden besiegt wurde, konnte es behaupten, daß die Probleme von den Umständen herrührten und von außen an es herangetragen wurden. Dennoch war die Sünde die eigentliche Ursache, denn Israel hatte sich vom Glauben an Gott abgewendet. Ungehorsam gegen Gott wird oft zu Problemen führen, die scheinbar keine Beziehung zu irgendeiner konkreten Sünde haben. Andererseits bringt der Gehorsam gegen Gott in einer sündigen Welt seine eigenen Probleme mit sich, weil man nicht mit dem Strom der Welt schwimmt. Wenn wir in einer Beziehung zu Gott leben, werden wir durch diese Probleme wachsen und Hilfe finden, wenn wir sie nötig haben. Ob man selbst gesündigt hat oder ob andere Menschen gegen einen gesündigt haben, Jesus ist immer die Antwort auf unsere Lebensprobleme. Ein Gutteil weltlicher Beratung arbeitet auf der Grundlage, Menschen zu helfen, ein weniger empfindliches Gewissen zu entwickeln, so daß sich der Betreffende nicht mehr schuldig fühlt. Biblische Seelsorge wird dagegen Ehrlichkeit und Sensibilität gegenüber der Sünde fördern, damit Umkehr und Wiederherstellung geschehen können. Biblische Seelsorge befreit den Menschen von seiner Schuld und der daraus resultierenden Verdammnis, indem ein verläßlicher Maßstab der Gerechtigkeit durch die Vergebung Gottes und durch Umkehr und Wiederherstellung aufgezeigt wird (1. Joh 1,9). Man wird Schuld und Selbstverurteilung nicht dadurch los, daß man die Sünde abstreitet, daß man sich selbst vergibt oder den Maßstab einfach dem eigenen Verhalten anpaßt. Keine Form der Beratung oder Seelsorge, die nicht das erlösende Werk Jesu und die Vergebung durch sein Blut mit einbezieht, kann den Menschen in eine Beziehung zu Gott bringen. Nur dadurch wird er in die Lage versetzt, Gottes Plan für sein Leben zu erfüllen: Ihn widerzuspiegeln und in einer Beziehung des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung mit ihm zu leben. 2. Neues Leben. Durch die Identifikation mit dem Kreuz sterben die Gläubigen der Sünde und leben Gott. „Oder wißt ihr nicht, daß wir, so viele auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind?“ (Röm 6,3) Die alte Lebensweise wird durch das Kreuz für tot erklärt, so daß der Gläubige in einem neuen Leben durch die Auferstehung leben kann. Jesus hat durch sein Kreuz die Macht der Sünde gebrochen und eröffnete den Weg des neuen Lebens durch seine Auferstehung. Denn wenn wir verwachsen sind mit der Gleichheit seines Todes, so werden wir es auch mit der seiner Auferstehung sein, da wir dies erkennen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen. So auch ihr, haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus (Röm 6,5.6.11). Durch die Auferstehung leben die Gläubigen im Glauben durch Jesus. Sie haben neues Leben erhalten, so daß sie im Geist entsprechend Römer 8 leben können. Das Kreuz löscht das alte Ich aus, und die Auferstehung bringt das neue Leben. Der Tod und die Auferstehung Jesu Christi sind nicht einfach theologische Begriffe, die man rein intellektuell begreifen kann. Der Tod und die Auferstehung sind die Basis eines christlichen Lebenswandels. Viele Gläubige verstehen die Realität des neuen Lebens nicht und versuchen vergeblich, ein christliches Leben aus eigener Kraft zu führen. Deshalb muß ein Seelsorger immer wieder auf das Kreuz und die Auferstehung hinweisen, weil durch das Kreuz das Alte abgetan wird und der Betreute wieder in die Lage versetzt wird, entsprechend dem neuen Leben zu leben. 3. Gemeinschaft mit Gott. Weil Gott der ursprüngliche Seelsorger ist, ist das Gebet ein sehr wichtiger Schritt, um Gott näher zu kom- men. Jesus hat uns den Weg zum Thron Gottes erkauft und sitzt zur Rechten des Vaters und bittet für uns. Er ist unser Hoherpriester, der unsere Menschlichkeit selbst erlebt hat und „in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde“ (Hebr 4,15). So werden wir ermutigt, „mit Freimut hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Hebr 4,16). Das Gebet ist das Vorrecht, mit Gott zu sprechen, ihn zu hören und von ihm gehört zu werden. Das Gebet ist in erster Linie eine Beziehung im Gespräch. Es bedeutet, mit Gott einer Meinung zu sein, und anzuerkennen, daß sein Wille gut ist, und daß alles, was er tut, richtig ist. Wahres Gebet ist ein Ausdruck von Glaube, Hoffnung und Liebe zu Gott. Wiederherstellung und der Heilige Geist Nach der Auferstehung und Himmelfahrt sandte Jesus seinen Geist, damit er in den Gläubigen wohne und sie dadurch stärken, trösten, festhalten, führen und unterstützen sollte (Joh 16,7-14). Die Gegenwart des Heiligen Geistes ist die innere Quelle der Kraft Gottes. Auch bedeutet sie ständige Gegenwart Gottes. Jesus wußte, daß die Christen Gott nicht wirklich lieben und ihm nicht in der rechten Weise nachfolgen könnten, wenn er nicht selbst in ihnen leben würde. Gott liebt uns so sehr, daß er uns den Heiligen Geist gegeben hat, damit er uns verändert, indem wir uns Gott hingeben. Deshalb ist es für eine biblische Seelsorgemethode wichtig, daß die Gegenwart und Anteilnahme des Heiligen Geistes an diesem Prozeß gefördert wird. Wiederherstellung durch das Wort Gottes Die Bibel ist die Gebrauchsanweisung für unser Leben und ist Gottes inspiriertes Wort an die Menschheit. Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig zugerüstet (2. Tim 3,16.17). Gottes Wort ist voller Wissen, Weisheit und Führung. Die Bibel zeigt uns, wie Gott sich um die Menschen kümmert. Weiter wirkt Gottes Wort voller Kraft an Menschen. Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Schei- düng von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens (Hebr 4,12). Ray Stedman sagt vom Wort Gottes: Es ist vollständig, nichts ist ausgelassen worden. Es ist umfassend, es bewirkt alles, was wir benötigen. Es gibt keinen Teil deines Lebens, kein Problem, dem du jemals im Leben begegnen wirst, keine Frage, die dich je bedrückt, zu dem das Wort Gottes keine Antwort wüßte, die es nicht erhellen könnte und zu dem es nicht etwas zu sagen hätte.68* Jay Adams sagt: „Die Bibel behandelt die selben Themen wie psychologische Beratung.“ Er kämpft dafür, daß die Bibel wieder „die Basis für die christliche Beratung wird, weil sie der Natur der Beratung entspricht (Veränderung des Lebens durch Veränderung der Werte, Normen, Vorstellungen, Beziehungen, Haltungen und des Verhaltens)“69*. Die Bibel ist der einzige unveränderliche Prüfstein, nach dem Denken, Fühlen und Verhalten ausgerichtet werden können. Das Wort Gottes ist voller Führung und Anweisungen für unser Leben. Deshalb ist biblische Seelsorge weitaus mehr vom Wort Gottes als von Menschenweisheit abhängig. Das herausragendste Beispiel für Vertrauen auf das Wort Gottes in Versuchung ist der Gebrauch des Wortes durch Jesus in der Wüste, wo er denselben grundlegenden Versuchungen ausgesetzt wurde, denen Adam und Eva im Garten Eden unterlegen sind (Matth 4,1-17). Weil Jesus auf Gottes Liebe vertraute und seinem Wort Glauben schenkte, war er in der Lage, der Versuchung zu widerstehen. Durch all seine Versuchungen wollte Satan Jesus dazu bringen, daß er etwas aus eigenem Antrieb tat, anstatt nur auf Gott zu hören und ihm zu vertrauen. Er versuchte ihn, die „Nummer eins“ sein zu wollen, statt den Vater zu lieben, sich ihm unterzuordnen und ihm zu gehorchen. Seine Falle ist das Argument: „Kümmere dich selbst um dich, tu dir etwas Gutes.“ Darin verbirgt sich die Implikation, daß niemand sonst es tun wird. Wir leben inmitten einer Gesellschaft, die nach genau diesen satanischen Grundsätzen handelt. Christen befinden sich deshalb mitten in einem geistlichen Kampf, ob sie es wissen oder nicht. Als Jesus versucht wurde, benutzte er das Wort Gottes im Glauben und in der Beziehung zum Vater, der ihn liebte. Er war gleichzeitig Vorbild und zeigt uns den Weg. Satan möchte, daß Christen, die Probleme haben, nur nicht auf Gottes Wort und auf Jesus blicken. Er wickelt die Gläubigen ein, indem er sie dazu bringt, sich auf Probleme und einige Dutzend verschiedener Hilfsmittelchen zu konzentrieren. Damit bringt er die Gläubigen davon ab, von Gottes Hilfe in Jesus Christus Gebrauch zu machen. Der Schreiber des Hebräerbriefes ermutigte die Christen, ihre Augen auf Jesus zu richten, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete und das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes (Hebr 12,2). Wenn es Satan einmal gelingt, den Gläubigen durch seinen Betrug von Jesus wegzuziehen, dann bietet er alle möglichen Prachtstraßen der sogenannten geistig-gefühlsmäßigen Heilung an, die alle im Ich, in weltlichem Humanismus und Götzendienst enden. Satan wird weiterhin versuchen, uns einzureden, daß Gott nicht wirklich meinte, was er sagte, daß wir unser Vertrauen auf weltliche Mittel setzen können und daß Gott uns nicht in Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit liebt. Die Gläubigen müssen immer wieder zum Wort Gottes zurückkehren und ihren Blick auf Jesus richten, den vollkommenen Ausdruck der Liebe Gottes. Weil Gott uns liebt, hat er uns ein Mittel in die Hand gegeben, damit wir der Versuchung widerstehen und die Sünde überwinden können. Neben dem Beispiel, das Jesus uns gegeben hat, haben wir noch die zusätzlichen Anweisungen aus anderen Teilen des Wortes Gottes. Unterwerft euch nun Gott! Widersteht aber dem Teufel, und er wird von euch fliehen (Jak 4,7.8). Sich Gott zu unterwerfen heißt, seiner Liebe und seinem Wort zu glauben. Es heißt, ihm alles zu glauben, so daß man ihm gehorcht und ihm dankt. Wenn man sich wirklich Gott unterworfen hat, dann hat man die Fähigkeit und auch die Kraft, Satan zu widerstehen. Deshalb wird ein biblisch geprägter Berater dem Betreuten immer helfen, in Unterwerfung unter Gottes Liebe, sein Wort und seine Vollmacht zu leben. Das Vertrauen und der praktische Gehorsam werden einem Menschen helfen, Weisheit zu entwickeln, um jeder Herausforderung gewachsen zu sein. Die Bibel enthält sowohl die Grundsätze als auch Beispiele, die sich mit dem Verhalten und dem Verstand des Menschen auseinandersetzen. Die Bibel ist umfassend, kann aber keine vollständige Aufzählung aller möglichen Fälle geben. Sie ist umfassend, weil sie uns alles sagt, was wir über die Psyche und das Verhalten des Menschen wissen müssen, doch sie sagt uns nicht ausführlich, wie wir uns in jeder einzelnen Situation verhalten sollen. Weil die Bibel umfassend ist, ist es notwendig, sie so gut wie nur möglich zu kennen. Weil sie nicht vollständig jeden Fall aufzählt, müssen wir eine Beziehung zu Gott unterhalten, damit wir die persönliche Anwendung auf uns oder andere erkennen können. Die Leitung des Geistes ist die Brücke über den Graben zwischen den allgemeinen Prinzipien der Schrift und der besonderen Anwendung auf einen Menschen. Zusätzlich zu ihrem umfassenden Charakter beschäftigt sich die Schrift mit den tiefsten und wichtigsten Ebenen des menschlichen Lebens. Die geistlichen Aspekte des menschlichen Lebens sind nicht nur eine positive Zugabe, sondern die einflußreichsten Tatsachen in bezug auf unser Denken und Verhalten. Die liebevolle Beziehung Gottes zum Menschen wird uns in der Schrift gezeigt, und in dieser Liebesbeziehung können Lebensprobleme gelöst werden. Die Bedürfnisse des Betreuten Der Berater und der Betreute müssen die Aspekte der Schöpfung, der Trennung und der Wiederherstellung in ihren Gesprächen untersuchen. Die folgenden Fragen sind nur Beispiele, die einen gewissen Anhaltspunkt geben können. Der Berater sollte diese Bereiche in bezug auf den Betreuten, seine Situation, seine besonderen Bedürfnisse und die Anwendung betrachten. Schöpfung 1. Die geistliche Natur des Betreuten. Ist er sich eher der Umstände und der psychologischen Aspekte des Problems bewußt als seiner geistlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten? Tendiert er eher zum Leben im Geist oder zum Leben im Fleisch? Fühlt sich der Betreute geistlich arm? 2. Einzigartigkeit der Person. Versucht der Berater oder Seelsorger, den Betreuten in der gleichen Weise zu beraten wie jemanden mit einem ähnlichen Problem? Versucht der Betreute, eine andere Person zu kopieren? Ist er deprimiert, weil ihm dies nicht gelingt? Kann er sich so annehmen, wie er von Gott geschaffen ist? Ist er Gott dankbar, daß er ihn so geschaffen hat? 3. Freier Wille und Verantwortung. Übernimmt der Betreute die Verantwortung für seine Gedanken, Worte und Taten oder sucht er Ausflüchte, rechtfertigt sich selbst bzw. schiebt die Schuld auf andere? Fühlt er sich in seinen Umständen gefangen? Ist er sich bewußt, daß er ständig gewisse Entscheidungen trifft? Welche neuen Entscheidungen gibt es für ihn zu treffen? Trennung 1. Glaube (Vertrauen gegen Mißtrauen). Was denkt der Betreute über Gott in Verbindung zu seinen Umständen? Glaubt er, daß Gott treu zu ihm steht, um ihm durch seine Probleme hindurchzuhelfen (1. Kor 10,13)? Glaubt er, daß Gott durch diese Umstände etwas Gutes erreichen will (Rom 8,28.29)? Glaubt er wirklich, daß Gott ihn liebt? Welche seiner Überzeugungen sollten gefördert werden? 2. Hoffnung (Wahre Hoffnung gegen falsche Hoffnung und Verzweiflung). Worauf setzt der Betreute seine Hoffnung für die Zukunft? Auf sich selbst, auf andere Menschen oder auf Gott? Versucht der Betreute, den Konsequenzen seines Handelns auszuweichen oder vertraut er auf Gottes Werk in seinem Leben? Wie sieht er Tod und Leben? Wenn der Betreute verzweifelt ist, welche Hoffnung kann Gott ihm bieten? 3. Liebe (Gottes Liebe gegen Selbstliebe). Versteht der Betreute wirklich die Grundlage der Liebe Gottes? Versteht er den Beweis der Liebe Gottes am Kreuz? Erwidert er Gottes Liebe? Liebt er Gott und andere Menschen? Ist er nur mit sich selbst beschäftigt? Hat er Schwierigkeiten im Geben und Empfangen? Gibt es einen Konflikt zwischen Demut und Stolz, Gehorsam und Eigenwille bzw. Unterwerfung und Rebellion? Wiederherstellung 1. Tod und Auferstehung Christi (neues Leben). Hat der Betreute wirklich neues Leben durch den Glauben an Jesus Christus? Trägt er Sünde mit sich herum? Gibt es Aspekte der Persönlichkeit, die zum Kreuz gebracht und für tot erklärt werden müssen? Gibt es andere Menschen, denen der Betreute vergeben muß? Lebt er gemäß seines neuen Lebens in Christus oder gemäß seiner alten Natur? Zieht er schon auf einigen Lebensgebieten den alten Menschen aus und den neuen an? Lebt er in Verbindung mit Gott, indem er ihn in Dankbarkeit, Gehorsam und Gebet Liebe erweist? 2. Heiliger Geist. Setzt sich der Betreute in seinem Leben dem Einfluß des Heiligen Geistes aus? Weiß er die Quelle, die ihm ein christliches Leben erst ermöglicht? Oder ignoriert oder betrübt er den Heiligen Geist? Vertraut er darauf, daß ihn der Heilige Geist leiten wird und ihn befähigt, Gottes Willen zu tun? Erwartet er vom Geist Hilfe, um das Wort Gottes zu verstehen und beten zu können? 3. Gottes Wort. Fördert der Betreute sein neues Leben regelmäßig durch das Lesen des Wortes Gottes? Was denkt er über die Bibel und Gottes Anweisungen? Stimmt seine Meinung mit dem Wort Gottes überein, oder gibt es Gebiete, auf denen Diskrepanzen zwischen bei-dem bestehen? Weiß er, was Gott über seine Situation gesagt hat? Reagiert er auf das Wort Gottes auf Gebieten, wo er sich verändern muß? Wendet er das Wort Gottes in alltäglichen Situationen an? Wieviel tut er (Gehorsam) im Vergleich zu seinem Wissen? Dies sind nur einige Fragen. Wenn man die Bereiche Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung durchgeht, kann der Berater feststellen, ob der Betreute lebt, als ob er von Gott getrennt ist oder ob er in der Beziehung zu Gott lebt. Jedenfalls ist es immer die Aufgabe des Beraters, den Betreuten zu lehren und zu ermutigen, Gott näher zu kommen durch die Mittel, die Gott zur Wiederherstellung vorgesehen hat. Die Beziehung zu Gott ermöglicht es dem Betreuten, so zu leben, wie Gott es für ihn geplant hat und deshalb den Herausforderungen des Lebens auf gottgemäße Weise zu begegnen. Gelegenheit zu geistlichem Wachstum Lebensprobleme bieten Gelegenheiten zum geistlichen Wachstum. Wenn man genügend Geld, eine gute Ehe, eine befriedigende Arbeit und keine Probleme hat, dann ist es ziemlich unwahrscheinlich, daß man geistlich wächst. Jeder Gläubige muß wissen und verstehen, daß Probleme den Anreiz bieten, Gott näher zu kommen und im Geist zu wandeln (Jak 1,2-5). In unserer Überflußgesellschaft, die nur nach Vergnügen jagt, werden Schmerz und Sorgen nach Möglichkeit verbannt. Christen müssen wissen, daß jedes Lebensproblem die Möglichkeit zu Wachstum oder zum Zurückgehen mit sich bringt. Weil die Probleme das Fleisch betreffen, hat man die Wahl, entweder Gott zu suchen oder die Wege des Fleisches zu gehen. Psychologische Erleichterung durch psychologische Mittel bringt nur eine Scheinlösung, die am geistlichen Wachstum vorbeiführt. Jedes Problem sollte einen Christen dazu bringen, Gott zu suchen nicht nur, damit das Problem gelöst wird, sondern auch, damit Gottes Wille an ihm arbeiten kann, um ihn durch die Schwierigkeiten zu verändern. Paulus wußte, wozu seine Schwierigkeiten gut waren: Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch den wir mittels des Glaubens auch Zugang erhalten haben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch in den Trübsalen, da wir wissen, daß die Trübsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung, die Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist (Röm 5,1-5). Lebensprobleme können den Glauben und die Liebe wirklich stärken, wenn sich ein Christ durch seine Probleme näher zu Gott hinziehen läßt. Weil eine biblische Seelsorgemethode den Betreuten Gott näherbringt, werden Leiden, Verzweiflung und Schmerzen von Gottes Perspektive aus beleuchtet, statt von der beschränkten menschlichen. Jesus litt, weil er liebte. Er starb nicht nur für die Sünden der Menschen, er erfuhr die Tiefen des Schmerzes dadurch, daß er mit unserer Sünde eins gemacht wurde. Die Leiden der Menschen lagen auf ihm in den Stunden der Dunkelheit und der Trennung vom Vater, als Jesus dort an dem schrecklichen Folterinstrument hing. Die Liebe leidet wegen der Häßlichkeit der Sünde. Biblische Seelsorge muß das Leid aus einer biblischen Perspektive und im Zusammenhang mit Gottes Liebe sehen. Viele Christen wollen die Kraft der Auferstehung Christi erkennen, aber nur wenige die „Gemeinschaft seiner Leiden“ (Phil 10,3). Doch obwohl das Leiden nicht gesucht wird, muß es doch ertragen werden. Es gibt viele Ermahnungen der Schrift zur Langmut, zum gegenseitigen Ertragen, zum Erdulden der Probleme eines Christen in einer Welt, die ihn haßt oder ignoriert. Deshalb beinhaltet Seelsorge unausweichlich Leiden, und der biblische Seelsorger wird denjenigen, der leidet, ermahnen, sich Gott durch die Liebe zu nähern. Weil Gott uns liebt, hat er uns eine lebendige Hoffnung auf ein zukünftiges Leben mit ihm gegeben, ein Auferstehungsleben, durch welches wir wie Jesus werden und immer bei ihm sein werden. Biblische Seelsorge bietet deshalb immer eine Hoffnung an, die über die gegenwärtigen Schwierigkeiten hinausgeht. Diese Hoffnung gibt dem Leidenden den Mut, sich der Gegenwart zu stellen. Sie erfüllt ihn mit Liebe zu Gott im Angesicht der Anfechtung. Wenn man in der Liebe Gottes Seelsorge betreibt, dann konzentriert man sich auf eine hoffnungsvolle Zukunft statt auf einen Determinismus, der die Vergangenheit absolut setzt und zur Verzweiflung führt, wie es in der Psychotherapie oft geschieht. Die Fülle der Liebe Wer die Liebe Gottes in der Seelsorge an andere weitergeben will, wird sich nie auf eine schablonenhafte Methode einlassen, da wir weder die Tiefen der Liebe ergründen noch ihre Höhen erreichen können. Dennoch hat Gott seinem Volk die Möglichkeit und die Fähigkeit gegeben, ihm zu glauben, auf ihn zu hoffen, ihn zu lieben und ihm zu folgen. Er hat seiner Gemeinde alles gegeben, was die Gläubigen brauchen, um einander dienen zu können: das Wort und den Geist. Auch hat Gott alles Notwendige zur Verfügung gestellt, damit der Mensch sich ihm nähern kann. Wenn der Einzelne sich entscheidet, an Gott zu glauben, dann nähert er sich ihm und wächst dadurch im Glauben. Wenn er auf das Kreuz Christi seine Hoffnung setzt und in die Auferstehung, dann wird er Gott immer näher kommen und in der Hoffnung wachsen. Wenn er mitten in seinen Problemen die Liebe Gottes erfährt, dann wird sein Geist erfrischt, er wird in noch engerer Gemeinschaft mit Gott leben und seine Liebe zu Gott wird wachsen. Jeder Schritt, den jemand auf eine engere Gemeinschaft mit Gott hin macht, vergrößert seine Möglichkeiten, Lebensprobleme mit der Hilfe Gottes und Seiner Weisheit zu überwinden. Wenn das geistliche Leben eines Menschen beeinflußt wird, dann beeinflußt man die machtvollste Möglichkeit zur Veränderung. Die Methode der biblischen Seelsorge ist identisch mit der Aufforderung der Bibel, einander zu ermahnen, ein christliches Leben zu führen. Seelsorge ist deshalb eine persönliche Art der Lehre, Predigt und der gegenseitigen Liebe. Seelsorge ist genauso „töricht“ wie die Predigt, denn sie hängt ganz von der Kraft Gottes und der Leitung des Heiligen Geistes ab, statt sich auf die schlauen Techniken von Menschen zu verlassen. Ein Freund von uns schreibt in einem Brief: Das Ziel der christlichen Seelsorge ist es, eine Begegnung zwischen dem Betreuten und dem Herrn zu vermitteln, in der der gnädige Wille Gottes für diesen Menschen deutlich wird.70) Weil die Methode der biblischen Seelsorge auf der Beziehung zu Gott basiert und nicht auf Formeln oder Techniken, gibt es Menschen, die schon dafür vorbereitet sind, Seelsorger zu werden. Der Heilige Geist hat an solchen zukünftigen Seelsorgern gearbeitet und hat sie durch seine Gegenwart und durch sein Wort verändert. Wenn solche Menschen zur Seelsorge berufen und begabt sind, dann können sie den Betreuten den Weg führen, den der Herr sie selbst geführt hat. Anstatt uns Formeln an die Hand zu geben, gibt uns der Herr Menschen, die den Weg gefunden haben, Gott durch seine Liebe näher zu kommen (2. Kor 1,4.6). Der beste Führer ist jemand, der die Wege Gottes selbst gegangen ist, nicht einer, der nur die Landkarte studiert hat. Deshalb betonen wir, daß es einen Seelsorgedienst schon geben kann, auch wenn dieses Buch noch nicht gelesen worden ist, weil die Mittel der biblischen Seelsorge bereits zur Verfügung stehen. Wir haben entdeckt, als wir Seelsorger auszuwählen hatten, daß diejenigen, die Erfahrungen im Leben mit Gott haben, die mit Hilfe des Heiligen Geistes durch diese Erfahrungen gewachsen sind und denen die Gabe der Seelsorge gegeben ist, auch über biblische Methoden der Seelsorge Bescheid wissen. Auch wenn ein Seelsorger keine Antworten für ganz spezielle Probleme hat und sogar wenn die Schrift über dieses Problem nichts aussagt, kann er sich darauf verlassen, daß der Dienst des Wortes dem Betreuten helfen kann. Das Ziel Das Grundproblem des Menschen (Menschenbild) ist seine gefallene Natur oder das Fleisch (Trennung von Gott). Der Weg von der geistlichen Krankheit zur geistlichen Gesundung (Veränderungsmethode) ist mit Gottes Liebe gepflastert. Alles, von Ängsten bis hin zu Xenophobien kann durch Gottes Liebe verändert werden. Wenn sich ein Christ durch die Kraft Seiner Liebe Gott nähert und ihm in Glaube, Hoffnung und Liebe antwortet, wird ihm geholfen, seine Probleme zu lösen. Dadurch wird er in das Bild Christi verwandelt. Ebenso wie weltliche Psychotherapie beinhaltet die geistliche Beratung das Zuhören und Lernen, das Verstehen von Denken und Verhalten und die Aufdeckung und Anwendung von Veränderungsmöglichkeiten. Aber biblische Beratung ist noch viel mehr. Sie versucht, dem Betreuten zu einem schriftgemäßen Achten auf sich selbst und zum Verständnis seiner eigenen Person und Gottes Plänen mit sich selbst zu kommen. Biblische Beratung leitet einen Menschen immer an, Gott besser kennenzulernen und durch den Tod und die Auferstehung Christi zu wachsen. Die Gemeinde muß lernen, Gottes Liebe denen entgegenzubringen. die mit Lebensproblemen zu kämpfen haben, ohne sich auf psychologische Modelle und Theorien zu verlassen. Wenn ein biblischer Berater die Liebe Gottes weitergibt, dann verläßt er sich als erstes auf seine Bibel. Kein anderes Buch enthält einen solchen Reichtum, eine solche Tiefe und Kraft und kein anderes Buch ist so korrekt und treffend wie das Wort Gottes. Die Bibel enthüllt eine Wahrheit, die über die einfache Erfahrung weit hinausgeht, sie ist ein Licht in einer dunklen Welt. Wir können den Weg aus der Dunkelheit nicht finden, wenn wir uns weiterhin nur mit Dunkelheit beschäftigen. Wir benötigen das Licht des Wortes Gottes und das Leben seines Sohnes, das lebendige Wort. Teil 2 Betreuter, Berater und das Beratungsgespräch KAPITEL 7 Der Betreute und Veränderung Wenn jemand noch wenig Erfahrung in der Seelsorge hat, dann scheint sie manchmal geheimnisvoll zu sein. Zwei Menschen kommen zusammen. Der eine hat ein Problem, der andere hat möglicherweise die Lösung dafür. Sie reden und reden - vielleicht wochenlang, oft monatelang - und dann verändert sich der Betreute hoffentlich und die beiden gehen wieder auseinander. Das Geschehen in der Seelsorge und die Art, wie und warum sich Menschen verändern, enthalten drei Faktoren: Den Betreuten, den Seelsorger und das Beratungsgespräch. Von diesen dreien ist der Betreute der wichtigste Faktor. Biblische Seelsorge basiert auf einer liebevollen Beziehung, die von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit geprägt wird. Die wichtigste Beziehung, die wir betrachten müssen, ist die zwischen Gott und dem Betreuten. Gottes souveräner Wille und seine Gnade sind weitaus wichtiger als der menschliche Berater oder Seelsorger und das Beratungsgespräch. Deshalb muß in einem Beratungsgespräch Gott die wichtigste Position einnehmen, denn er hat den Betreuten erschaffen, den Weg von der Trennung in die Wiederherstellung geöffnet, und er ist der einzige, der den Betreuten in das Bild Christi verwandeln kann. Gott ist der eigentliche Berater, und seine Gegenwart muß in dem Gespräch erkennbar werden. Vertraue auf den Herrn mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand! Auf all deinen Wegen erkenne nur ihn, dann ebnet er selbst dein Pfade! (Spr 3,5.6) Berater und Betreuter müssen sich beide in der Seelsorge auf Gott konzentrieren, weniger aufeinander, auf das Problem oder auf das Gespräch. Nach dem Herrn ist die zweitwichtigste Person der Betreute. Das wird leider oft übersehen. Er ist derjenige, den Gott in seiner Gnade in das Bild Christi umformen will. In der Vergangenheit sind die Leute oft mit dem Gedanken an die Seelsorge herangegangen, daß der Seelsorger und die Seelsorge an sich die beiden wichtigsten Elemente zur Veränderung seien. In der psychologischen Beratung ist der Therapeut als derjenige angesehen worden, der die Veränderung durch seine Methoden und Techniken herbeiführt. Aber es kommt vielmehr auf die Bedürfnisse des Betreuten, seine Motivation und seinen Willen zur Veränderung an. Sogar in der psychologischen Forschung wird heute mehr und mehr eingesehen, daß die Motivation des Betreuten zur Veränderung und das Maß, in dem er sich für sein Verhalten verantwortlich macht, viel wichtiger sind als der Berater oder die Beratung an sich. Das Handbuch der Psychotherapie und der Verhaltensänderung sagt, daß das, was der Betreute in die Therapie einbringt, die besten Auswirkungen auf das Ergebnis hat.71* Über weltliche Beratung sagt Thomas Szasz: Wenn es eine Veränderung bei dem „Patienten“ gibt, dann ist es, wenn man die Hintergründe betrachtet, letztlich der „Patient“ selbst, der diese Veränderung herbeiführt. Deshalb ist es falsch, wenn man sagt, der Psychotherapeut behandelt oder therapiert. Es wäre wesentlich korrekter, wenn man sagen würde, daß der „Patient“ sich selbst behandelt.72* Deshalb ist der Betreute und das, was er in die Therapie einbringt, von überragender Wichtigkeit. Biblische Seelsorge geht noch einen Schritt weiter, weil der Schöpfer immer persönlich an der Seelsorge beteiligt ist. Der Betreute ist immer noch der wichtigste menschliche Faktor bei der Veränderung, aber es ist seine Antwort auf Gottes Hilfe, die zu seiner Veränderung beiträgt. In der psychologischen Beratungspraxis findet Veränderung dann statt, wenn der Betreute sich verändern will und die Verantwortung für die Veränderung übernimmt. Auch in der biblischen Beratung sind das Verlangen des Betreuten nach Veränderung, seine Motivation und sein Wille zur Verantwortung sehr wichtig, aber seine Beziehung zu Gott ist noch wesentlich wichtiger als alles, was er in die Seelsorge mitbringt. Während in der psychologischen Beratung die Veränderung durch menschliche Bemühung erfolgt, wird in der biblischen Seelsorge die Veränderung hauptsächlich durch Gott bewirkt, wenn der Betreute die Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes annimmt und sich zu Vertrauen und Gehorsam entschließt. Die Identität des Betreuten in Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung Biblische Seelsorge muß geistlich in dem Sinne sein, daß das Werk Gottes an dem Betreuten nicht beeinträchtigt wird. Jeder Betreute ist mit einer geistlichen Natur erschaffen worden, er ist einzigartig und hat einen freien Willen, der sich in Liebe Gott zuwenden kann, seinen Charakter widerspiegeln kann und ihm in Gehorsam antworten kann. Obwohl alle diese Eigenschaften durch die Sünde beeinträchtigt worden sind, hat Gott einen Ausweg durch den Tod und die Auferstehung Christi eröffnet, so daß ein Mensch sich entscheiden kann, dem Plan Gottes für sein Leben zu folgen. Gott hat dem Betreuten neues Leben gegeben, damit er eine liebevolle Beziehung zu Gott aufbauen kann. Er hat den Heiligen Geist gegeben, damit der Betreute in der Lage ist, in seiner individuellen Einzigartigkeit Gott widerzuspiegeln. Außerdem hat Gott sein Wort gegeben, um darin seinen Willen und seinen Plan für unser Leben zu offenbaren. Es ist wichtig, bei der Betrachtung der Identität des Betreuten auf verschiedene Aspekte der Schöpfung, Trennung und Wiederherstellung zu achten. Die Entscheidungen eines Menschen in bezug auf sein Denken, Fühlen und Handeln werden in großem Ausmaß davon beeinflußt, wer er ist, und durch die Meinung, die er von sich selbst hat. Wenn jemand sich selbst mit psychologischen Begriffen beschreibt, wenn es ihm als sozialem Wesen nur darum geht, seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, dann vergißt er seine geistliche Natur und das Wunder des neuen Lebens in Jesus Christus. Wenn jemand versucht, seiner Lebenssituation auf eigene Faust zu begegnen, wird er unweigerlich versagen, auch wenn er für seine Handlungen verantwortlich gemacht wird. Wenn er andererseits durch Gottes Vorsehung der Wiederherstellung mit Gott verbunden wird, dann hat er neues Leben, den Heiligen Geist und die Bibel, die ihn ermutigen und führen und ihm helfen, die Verantwortung für seine Gedanken, Gefühle und Handlungen zu übernehmen. Identität: Die geistliche Natur Gott hat den Betreuten mit einer geistlichen Natur ausgestattet, die es ihm ermöglicht, eine Beziehung zu Gott aufzubauen. Jeder Mensch kann seine eigene Identität mit Hilfe seiner geistlichen Natur in dieser Liebesbeziehung finden. Aufgrund der Trennung ist das Gefühl jedes Menschen für seine Identität nicht so, wie Gott es ursprünglich geschaffen hat. Statt zu entdecken, wer er ist, indem er auf Gottes Liebe in einer Beziehung zu ihm eingeht und ihn so widerspiegelt, schaut jeder auf sich selbst, auf andere Menschen und auf die Welt. Durch die Jahrhunderte hindurch hat jeder Mensch seine Identität, sein Selbstkonzept darauf aufgebaut, wie er sich selbst sieht und wie andere auf ihn reagieren, statt auf Gottes Urteil über ihn zu achten und darauf, wie Gott ihn sieht. Der Mensch wird auf sich selbst schauen und sich mit anderen um sich herum vergleichen. Danach wird er beurteilen, welche Eigenschaften er an sich mag, welche nicht und welche er gerne hätte. Das können Züge seiner Persönlichkeit sein, physische Eigenschaften, geistige Fähigkeiten und Talente. Er wird bestimmen, wer er selbst ist, indem er mit anderen Menschen kommuniziert, seine eigene Rolle spielt oder durch die Aktivitäten, denen er nachgeht. Während ein Mensch sich vom Baby zum Kind, danach zum Heranwachsenden und schließlich zum Erwachsenen entwickelt, kann er entweder eine Persönlichkeit mit sehr unterschiedlichem Maß an Selbstvertrauen entwickeln. Menschen mit wenig Selbstvertrauen fühlen sich oft verunsichert, und leiden manchmal in verschiedener Weise an verletzten Gefühlen. Ein Mensch mit starkem Selbstvertrauen fühlt sich meist sicher und wertvoll und hat eine positive Lebenseinstellung. Menschen mit einem starken Selbstvertrauen werden in der Gesellschaft geschätzt und belohnt. Sie sind im allgemeinen die Führungspersönlichkeiten, und arbeiten oft in Verkaufstätigkeiten oder an Arbeitsplätzen mit regem Kundenverkehr. Menschen mit wenig Selbstvertrauen findet man meist nicht in leitenden Positionen, und sie werden meist mehr bemitleidet als gelobt. Aus der menschlichen Perspektive ist ein Mensch mit einem hohen Maß an Selbstvertrauen einem mit niedrigem Selbstvertrauen vorzuziehen. Doch vom geistlichen Standpunkt hat keine der fleischlichen Persönlichkeiten für Gott einen größeren Wert als die andere. Weder der Mensch mit viel noch der mit wenig Selbstvertrauen hat einen Vorteil. Beide Charaktere sind Ausformungen der autonomen Persönlichkeit, die ihr Selbstvertrauen oder mangelndes Selbstvertrauen aus sich selbst ableitet. Beide haben jedoch einen großen Vorteil, sobald sie Gott erlauben, diese persönlichen Eigenschaften zu nehmen und sie durch sei- ne Liebe zu verändern. In beiden Fällen können die Persönlichkeitsmerkmale durch die Liebe Gottes so verändert werden, daß das Ergebnis eine zuversichtliche geistliche Identität ist. Wenn ein Mensch den Herrn Jesus im Glauben annimmt, wird er zu einer neuen Schöpfung. „Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2. Kor 5,17). Er ist nicht länger ein unabhängiger, autonomer Sünder, der versucht, seine eigene Identität aufzubauen und nur seine Bedürfnisse zu befriedigen. Er ist mit dem Schöpfer in einer lebenswichtigen Abhängigkeit verbunden, denn Gott hat seine Wohnung in den Tiefen seines Wesens aufgeschlagen, so daß der Mensch sich nicht länger selbst gehört. Er gehört Gott, und die Quelle seines neuen Lebens ist Gott selbst. Paulus hat diesen Gedanken so ausgedrückt: Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben, und zwar im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat (Gal 2,20). Nicht ich, sondern Christus! In seiner wunderbaren Liebe kam Jesus, um in den Gläubigen zu wohnen. Das Geheimnis des Gläubigen ist in der Tat „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kol 1,27). Die Identität des Gläubigen ist nicht vom Ich abhängig, sondern von dem neuen Ich. Sie ist abhängig vom Leben des im Menschen wohnenden Christus. Deshalb wählt dieser neue Mensch in uns Gottes Willen statt des eigenen. Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach. Denn wenn jemand sein Leben erretten will, der wird es verlieren; wenn aber jemand sein Leben verliert um meinetwillen, wird er es finden (Matth 16,24.25). Wenn sich ein Gläubiger dem Heiligen Geist mehr und mehr ausliefert, dann wird er dem Herrn Jesus immer ähnlicher. Seine Identifikation mit dem Herrn wird immer mehr zum Kern seiner eigenen Identität. Wenn der Gläubige das neue Leben anzieht, wird er von Jesus abhängig. Diese Abhängigkeit hat jedoch nichts mit Passivität zu tun, sie bedeutet nicht, sich in den Sessel zu setzen und Gott alles erledi- gen zu lassen. Sie ist vielmehr eine aktive Abhängigkeit, die uns von Jesus vorgelebt wurde. Er sagte: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke“ (Joh 5,17). Jesu Leben als Mensch war gleichzeitig aktiv und effektiv, weil die Quelle seines Handelns und Redens dem Herzen und Willen des Vaters entsprach. Weil ein Christ in jeder Lebenslage auf den Herrn angewiesen ist, muß es sein Ziel sein, bewußt und dauernd in Jesus zu leben, er muß in ihm bleiben, wie Jesus selbst gesagt hat: Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibt denn in mir. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun (Joh 15,4.5). Ein biblisch orientierter Seelsorger wird den Betreuten ermutigen, in Jesus zu bleiben, über den Charakter Jesu nachzudenken und ihn widerzuspiegeln. Das heißt nicht nur, daß man denkt: „Jesus ist gut, deshalb sollte ich auch gut sein“, sondern eher „Jesus lebt in mir, und er ist gut. Deshalb, wenn ich Christus widerspiegeln soll, dann werde ich gut sein, und zwar nicht aus meinem eigenen menschlichen Bemühen, sondern durch den Glauben an sein Leben in mir.“ So vollziehen sich Veränderungen, indem man Jesus gestattet, sich in einem menschlichen Gefäß auszudrücken. Die Kraft eines christlichen Lebens liegt nie im Ich, sondern in Ihm; es kann nicht durch den eigenen Willen erreicht werden, sondern durch seinen Willen. Jede Charaktereigenschaft Jesu kann auch im Leben des Gläubigen verwirklicht werden. Jesus ist die vollkommene Liebe, er ist heilig, er sitzt zur Rechten Gottes des Vaters und bittet für uns. Epheser 2,6 sagt uns, daß die Gläubigen mit ihm in der Himmelswelt sind, deshalb können sie auch für andere bitten. Ebenso, wie Jesus vergeben kann, kann auch der Gläubige vergeben, denn Jesus wohnt in ihm. Ein Gläubiger kann Jesu Demut sehen und widerspiegeln, wenn er sein Leben an ihn ausliefert. Wenn er sieht, wie Jesus dem Vater gehorcht, kann er ebenso gehorsam sein, weil Jesus in ihm lebt. Ehe ein Betreuter nicht wirklich verstanden hat, was es bedeutet, daß Jesus in ihm lebt und wer er in Christus ist, muß ihm diese Tatsache besonders nahegebracht werden. Beschreibungen der neuen Identität kann man überall im Neuen Testament finden. Paulus beschreibt das neue Leben in Römer 6 bis 8. Im Epheserbrief kann man vieles über die Identität des Gläubigen lesen: er ist auserwählt, angenommen in dem Geliebten, erlöst, erneuert im Geist, er zieht den alten Menschen aus und den neuen an. Damit jemand ein Leben nach Jesu Willen führen kann, muß er wissen, daß Jesus in ihm wohnt, daß er da ist, zu lieben, zu führen, zu befähigen und alles zur Verfügung zu stellen, was zu einem Leben nach Gottes Willen notwendig ist. Wenn ein Gläubiger diese Wahrheit begreift, daß Jesus in ihm lebt und daß er in Christus geborgen ist, dann lebt er eine neue Identität, die seine alte Persönlichkeit verändert. Identität: Einzigartigkeit Gott hat jeden Menschen als einzigartiges Gefäß für seinen Heiligen Geist geschaffen. Er gab jedem Menschen bestimmte Eigenschaften, verschiedene körperliche Merkmale und unterschiedliche Fähigkeiten. Wenn man ablehnt, was Gott in einem geschaffen hat oder wenn man die Eigenschaften, die noch unvollkommen sind, ablehnt, dann fühlen wir uns leer, werden neidisch und undankbar, bemitleiden uns selbst und werden dabei sehr unglücklich. Unsere Fähigkeiten und Eigenschaften müssen Gott ausgeliefert werden, damit er sie füllen und nutzen kann. Wann immer Menschen versuchen, sich selbst zu verändern, werden sie versuchen, die Eigenschaften zu verändern, die Gott ihnen gegeben hat. Jeder Betreute muß ermutigt werden, mit Jesus zusammenzuarbeiten und Gott zu erlauben, ihn nach seinem Plan zu verändern. Statt Eigenschaften durch andere ersetzen zu wollen, wird ein biblisch orientierter Seelsorger dem Betreuten helfen, die Züge und Talente seiner Persönlichkeit von Jesus ausfüllen zu lassen und sie von innen zu verändern. Im ganzen Neuen Testament werden die Gläubigen ermahnt, den alten Menschen abzulegen und den neuen anzuziehen. Obwohl wir durch die Wiedergeburt ein neues Leben mit einer neuen Identität erhalten haben, können wir uns noch immer entscheiden, ob wir nach den neuen oder lieber nach den alten Wegen leben möchten. Paulus ermahnt die Christen: Wandelt nicht mehr, wie auch die Nationen wandeln, in Nichtigkeit ihres Sinnes; sie sind verfinstert am Verstand, fremd dem Leben Gottes wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verstockung ihrer Herzen... Ihr aber habt den Christus nicht so kennengelernt, wenn ihr ihm wirklich gehört und durch ihn gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in Jesus ist: daß ihr, was den früheren Lebenswandel angeht, den alten Menschen abgelegt habt, der sich durch die betrügerischen Begierden zugrunde richtet, dagegen erneuert werdet in dem Geist eurer Gesinnung und den neuen Menschen angezogen habt, der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit (Eph. 4,17.18.20-24 Hervorhebung vom Autor). Diese Ermahnung ist eine dauernde Entscheidungsmöglichkeit für den Gläubigen, und sie wird sein Wachstum beeinflussen. Dieses An- und Ausziehen hat mit der Intensität der Beziehung zu tun, jedoch auch mit einer äußerlichen Aktivität. Paulus ermahnt: Belügt einander nicht, da ihr den alten Menschen mit seinen Handlungen ausgezogen und den neuen angezogen habt, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat (Kol 3,9.10). Innere Veränderung wird vom Heiligen Geist bewirkt, und die äußerliche Veränderung entspricht der inneren Wirklichkeit. Ehe ein Gläubiger nicht weiß, wer er in Christus ist, wird er versuchen, das christliche Leben mit den Mitteln zu leben, die er auch schon angewendet hat, ehe er Jesus kennenlernte. Es ist möglich, daß ein Mensch die Sicht dafür verliert, daß Jesus immer da ist, um ihn zu befähigen, Gottes Willen zu tun. Jede Form der Seelsorge, die nicht betont, daß der Gläubige in Jesus ist und Jesus in dem Gläubigen, wird die Glaubensgrundlage der Christen verleugnen. Wenn ein Gläubiger an die Liebe Gottes glaubt und sie erfährt, wird er durch den Heiligen Geist dazu befähigt, Gott zu vertrauen und ihm zu gehorchen. Aber der Wille des Betreuten ist eine starke Kraft. Sie kann ihn dazu führen, daß er sich der Veränderung ausliefert oder aber sie zurückweist. Gottes Liebe macht es dem Menschen möglich, Vertrauen und Gehorsam zu wählen, aber Gott erzwingt den Gehorsam nicht. Er hat dem Betreuten die Wahl gelassen. Deshalb ist jeder Betreute dafür verantwortlich, daß er mit Gott zusammenarbeitet. Das ist keine unabhängige Form der Verantwortung, sondern eher die Verantwortung, in Abhängigkeit vom Herrn zu handeln, ihm zu vertrauen und zu gehorchen. Derjenige wird am meisten von geistlicher Seelsorge profitieren, der gewillt ist, seine Probleme im Lichte der Schrift zu betrachten und biblische Lösungen für sie zu finden, der die Entscheidung trifft, sich durch die Liebe Gottes verändern zu lassen, und der willig ist, im Rahmen von Gottes Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit für sein Denken und Handeln verantwortlich zu sein. Die allgemeine Verantwortung des Betreuten, seinen Anteil an der Veränderung zu erkennen, hat im Seelsorgeprozeß mindestens die drei im folgenden ausgeführten Aspekte: 1. Positive Veränderung findet statt, wenn der Betreute gewillt ist, seine Probleme im Licht der Schrift zu betrachten und nach biblischen Lösungen dafür zu suchen. Ein Betreuter, der von biblischer Seelsorge profitieren will, muß bereit sein, die geistliche Basis seiner Lebensprobleme zu sehen. Er muß gewillt sein, unter die Oberfläche des Problems zu sehen und herauszufinden, welche seiner Charaktereigenschaften der Herr gerne verändern will. Außerdem muß er bereit sein, geistliche Lösungen zu suchen, die die Gnade und Wahrheit Gottes beinhalten. Zu solchen Lösungen gehört aber auch die Bereitschaft, alte Wege des Denkens, Fühlens und Verhaltens zu verlassen und die neuen Wege der Bibel, wie Gott sie offenbart hat, zu gehen. Die Bibel beschäftigt sich mit allen wesentlichen Aspekten des Lebens, sie ist eine Anleitung für ein gerechtes Leben und zeigt uns die Ursachen, die einem falschen Leben zugrunde liegen. Probleme, die oberflächlich mit dem Denken und dem Verhalten zu tun haben, gehören in Wirklichkeit in den geistlichen Bereich. Wenn ein Mensch Gott nicht vertraut, hat er ein geistliches Problem, das sein Denken und Verhalten stark beeinflussen wird. Wenn Angst, Stolz, Verlangen, Egoismus, Unversöhnlichkeit, Auflehnung, Nachtragen oder Bitterkeit als Wurzel von äußeren Problemen vorhanden sind, dann muß der Betreute bereit sein, sein Probleme geistlich zu sehen, als Probleme, für die eine geistliche Lösung gesucht werden muß. Er kann eine vertiefte Beziehung zum Herrn erfahren, wenn er Gott in die Lösung der Probleme einbezieht. Aber wenn er sein Problem rein psychologisch sieht, dann kann er nur durch eigene Anstrengung versuchen, eine Lösung herbeizuführen. Geistliche Veränderung wird dadurch jedoch verzögert oder sogar verhindert. 2. Positive Veränderung findet statt, wenn der Betreute sich entscheidet, sich durch die Liebe Gottes verändern zu lassen. In den meisten Fällen weiß der Betreute, was zu tun ist, tut es jedoch nicht. Wenn der Betreute sich von seinen eigenen Wegen der Selbstliebe ab- und sich Gottes Wegen zuwendet (durch seine Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit), dann ist er nicht nur in der Lage zu wissen, was richtig ist, sondern es auch zu tun. Je stärker das Verlangen nach Veränderung ist, desto weniger Hilfe ist nötig. Wenn man das Verlangen eines Menschen nach Veränderung verstärkt, wird man sein Bedürfnis für Seelsorge verringern. Alles Auswendiglernen von Bibelstellen und alle Ermutigung in biblischer Richtung wird nichts ausrichten können, ehe der Betreute nicht zur Veränderung bereit ist. Die Menschen reagieren sehr verschieden auf Veränderung. Einige werden behaupten, daß sie sich nicht verändern wollen, aber letztlich wünschen sie die Veränderung doch. Sie wollen, daß eine Kraft von außen entweder sie oder ihre Umstände verändert. Andere sind ganz offensichtlich zur Veränderung nicht bereit, und manche weigern sich sogar zu erkennen, daß sie an dieser Stelle Widerstand leisten. Weil mit der Veränderung ein Risiko verbunden ist, wollen sie sie auf jeden Fall vermeiden. Psychologische Berater haben das Paradox mancher Menschen erkannt, die in die Praxis kommen, um sich zu verändern, und dann alles daran setzen, um der Veränderung zu widerstehen. Man fragt sich, warum solche Menschen überhaupt eine Beratung aufsuchen, wenn sie sich doch nicht ändern wollen. Ein Psychologe antwortet auf diese Frage: Sie kommen in die Beratung, damit „sie die Bewegungen der Veränderung mitmachen und dennoch behaupten können, daß sie nie die Absicht hatten, sich zu verändern.“73) Dann gibt es noch die, die sich zur Seelsorge oder Beratung gedrängt fühlen. Sie sind nicht freiwillig gekommen. Solche Menschen werden alles tun, um zu beweisen, daß Seelsorge nicht das richtige Mittel für sie ist. Was immer der Grund sein mag, sich gegen die Veränderung zu sträuben, man kann dem nicht helfen, der nicht will, daß man ihm hilft. Niemand kann einem anderen Menschen Veränderung aufzwingen. John Gedo sagt von psychologischer Beratung, daß „es ein ungerechtfertigter Anspruch auf autonome Menschen ist, von ihnen zu verlangen, daß sie sich bessern sollen“74). Das gleiche gilt für biblische Seelsorge. Erzwungene Seelsorge ist ein Selbstbetrug, ebenso wie ein erzwungenes Bekenntnis. Es ist am besten, in einem solchen Fall erst abzuwarten, bis der Betreute zur Mitarbeit bereit und entsprechend motiviert ist. Liebe ist die beste Motivation für Veränderung. Wenn jemand etwas von der Liebe, Geduld, Zartheit und Freundlichkeit Gottes begreift, erkennt und erfährt, dann hat er die emotionale Sicherheit und Stabilität, um neue Gedanken und Handlungen wählen zu können. Manche Christen können Gottes Liebe auf andere Menschen anwenden, doch für sich selbst können sie nicht daran glauben. Sie schauen oft in die falsche Richtung: Statt auf Gott zu sehen, schauen sie auf sich selbst. Wenn aber ein Mensch sich selbst betrachtet, dann ist es oft so, daß er nicht mehr einsehen kann, wie es möglich ist, daß Gott ihn liebt. Doch gerade das ist das Wunder der Größe der Liebe Gottes. Ein anderer Grund dafür, daß sie nicht offen dafür sind, an Gottes Liebe zu glauben, kann sein, daß sie von anderen Menschen nie viel Liebe erfahren haben. Das ist der Grund, warum Jesus so betonte, wie wichtig es ist, daß die Christen einander so lieben, wie er sie geliebt hat. Einige Menschen haben Angst, an Gottes Liebe zu glauben, weil sie Angst haben, sie könnte nicht von Dauer sein. Sie müssen mehr von Gott hören und in der Gemeinde eine dauernde Betreuung erfahren. Ein Betreuter, der an Gottes Liebe glaubt und auf diese Liebe mit Vertrauen und Gehorsam reagiert, wird in einem Seelsorgegespräch schnell Rat annehmen und wird von diesem Rat nach dem Worte Gottes sehr profitieren. Ein Mensch, der in der Liebe Gottes gegründet ist und der in einer ständigen Beziehung zu ihm lebt, braucht manchmal nur einen kleinen Hinweis auf die Richtung, die er einzuschlagen hat. Er wird willig sein, Schmerzen für einen anderen Menschen zu ertragen, er wird bereit sein zu Vergebung, Geduld und Nachsicht und dazu, in den schwierigsten Umständen noch liebevoll zu bleiben. Dennoch werden auch die, die in einer engen Beziehung zu Gott leben, in schweren Anfechtungen den Rat eines biblischen Seelsorgers benötigen. Solche Menschen werden Gefäße der Segnung für andere und verherrlichen Gott, wenn sie die Liebe Gottes auch in Versuchungen annehmen und auf sie mitten in ihren Anfechtungen antworten. 3. Positive Veränderung findet statt, wenn ein Betreuter gewillt ist, für sein Denken, Fühlen und Handeln im Rahmen der Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes verantwortlich zu sein. Viele Menschen weigern sich, für ihr Denken, ihre Gefühle und ihre Handlungen Verantwortung zu übernehmen. Entweder behaupten sie, sie könnten nichts dafür, daß sie in einer gewissen Weise denken, fühlen und handeln, oder aber sie machen die Umstände oder andere Menschen für ihr Verhalten verantwortlich. Einige dieser Menschen weigern sich, die Verantwortung zu übernehmen, weil die Folgen für sie katastrophal wären. Sie können die persönliche Verantwortung nicht übernehmen, weil sie im gleichen Augenblick unter schrecklichen Gefühlen der Selbstverurteilung, der Entmutigung und der Niederlage zu leiden hätten. Deshalb muß der Betreute ermutigt werden, die Verantwortung für seine Lüste. Haltungen, Gedanken, Worte und Taten auf dem Hintergrund der Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes zu übernehmen. Anderenfalls wird sich keine positive Veränderung ergeben. In bezug auf das Akzeptieren der persönlichen Verantwortung für die eigenen Entscheidungen ist die Beziehung des biblisch orientierten Beraters zum Betreuten anderer Natur als die eines professionellen Beraters zu seinem Klienten. In der professionellen Beratung wird die Verantwortung oft auf den Therapeuten abgewälzt, der sie auch übernimmt. Er ist aufgefordert, seinen „Zauberstab“ zu schwingen und aus seiner Wühlkiste der Techniken die Heilung für seinen „Patienten“ hervorzuzaubem. Denn dafür wird er ja schließlich bezahlt! Weil Psychotherapeuten für ihr Hilfe bezahlt werden, werden sie gezwungen, die Verantwortung für die Veränderung zu übernehmen. An der Bibel orientierte Berater haben dieses Problem nicht. Sie haben zwar eine hohe Verantwortung, jedoch nicht dafür, daß sich der Betreute verändert. Ihre Verantwortung liegt im Ermutigen, Zuhören, Lehren, Ermahnen, Überführen und darin, Gott zu offenbaren. Das alles muß immer in der Liebe Gottes geschehen, die sich in Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit ausdrückt. Der Seelsorger hilft einem anderen Menschen, seine Last zu tragen, so daß der Betreute befähigt wird, seine eigene Last im Herrn zu tragen (Gal 6,5) - denn wie kann ein Seelsorgegespräch hilfreich sein, wenn der Betreute nicht die Entscheidung getroffen hat, mit Gott zusammenzuarbeiten? Der Betreute muß nicht nur die Verantwortung für alles übernehmen, was er bereits tut, sondern auch dafür, daß er gewisse Formen seines Denkens, Fühlens und Handelns verändern muß. Nur wer wirklich etwas anderes tut, wird Veränderung erfahren. Diese neue Handlung kann viele Formen annehmen. Für den einen mag es bedeuten, daß er sich entscheidet, verschiedene Wahrheiten über Gott vor Augen zu behalten, für einen anderen bedeutet es, daß er sich entscheidet, zu einem bestimmten Menschen freundlich zu sein. Was immer auch die Entscheidung ist, der Betreute übernimmt jedesmal die Verantwortung, mit dem Herrn durch Gehorsam zu- sammenzuarbeiten, er wächst dadurch und verändert sich. Sehr häufig geben wir einem Betreuten ganz konkret an, was er zu tun hat. Wer auf diesen Rat hört und ihn befolgt, wird Verbesserung erfahren. Wer jedoch sagt, daß er versucht habe, dem Rat zu folgen, aber nicht die Zeit dazu gefunden habe oder aber nicht die Motivation habe aufbringen können, den Plan durchzuführen, bleibt meist genau an dem Punkt, wo er ist. Auch die, die den Rat nur durch Selbstanstrengung folgen, ohne Gott in ihr Handeln einzubeziehen, erleben meist nur eine oberflächliche Veränderung. Die Anwendung der Prinzipien Entscheidung, Verantwortung und Veränderung Sehr oft ist der Hauptgrund, aus dem Menschen in die Seelsorge kommen, daß sie wollen, daß sich jemand anders verändert. Das wird man besonders oft in der Eheseelsorge erleben. Jeder Partner hofft, daß der andere hört, was er oder sie braucht, statt an seine eigene persönliche Verantwortung für die Situation zu denken. Doch wenn man die Aufmerksamkeit davon abziehen kann, was der andere tun soll, oder auch von den negativen Umständen, dann kann der Betreute beginnen, auf den Herrn zu sehen und von ihm zu erwarten, daß er bei den nötigen persönlichen Veränderungen hilft. Deshalb wenden wir die Prinzipien Entscheidung, Verantwortung und Veränderung an, indem wir dem Betreuten die folgende Frage stellen: „Bist du bereit, dich zu verändern, auch wenn der andere (etwa der Ehepartner, der Vorgesetzte oder der Freund) sich nicht verändert und auch die Umstände so bleiben, wie sie sind?“ Diese Frage zwingt den Betreuten, sich aus dem Schutzwall der Schuldzuweisungen an andere herauszubegeben. Er muß dann die Verantwortung für sein Leben übernehmen, auch wenn andere ihm Unrecht getan haben. Wenn man einen anderen Menschen beschuldigt, dann lädt man die Verantwortung für eigene Probleme auf jemand anderen ab und versucht so, sich vor der Verantwortung zu drücken. Doch statt von diesem Abschieben der Verantwortung etwas zu haben, bringt sich der Betreffende um die Gelegenheit zu lernen und zu wachsen. Er läßt sich etwa in die Falle locken, seine Eltern für seine Lage verantwortlich zu machen, statt die Verantwortung für seine gegenwärtigen Entscheidungen über sein Denken und Handeln wie ein Erwachsener zu übernehmen. Er bleibt kindisch, während er doch die Entscheidung treffen könnte, seinen Eltern in der Gnade und Kraft Christi zu vergeben. Schuldzuweisung an andere hat ihren Ursprung im Garten Eden und ist über alle Generationen weitergegeben worden. Als Kains Opfer Gott nicht gefiel, gab Kain in seinem Herzen Abel die Schuld, statt die Verantwortung für die Wahl seines Opfers selbst zu übernehmen. Die Israeliten beschuldigten Mose und Gott für die Unannehmlichkeiten der vierzig Jahre in der Wüste, statt die Verantwortung dafür zu übernehmen, daß sie Gott nicht gehorcht hatten und nicht in das verheißene Land gezogen waren. Josef hätte alle seine Zeit dafür verschwenden können, seine Brüder für seine Schwierigkeiten verantwortlich zu machen und wäre sicher zu einem bitteren, feindseligen alten Mann geworden. Doch stattdessen vertraute er auf Gott, übernahm die Verantwortung für seine eigenen Taten und vergab seinen Brüdern. David hätte Bath-seba beschuldigen können, ihn verführt zu haben, aber er übernahm die Verantwortung für seine Sünde und erlangte so Vergebung und Gnade von Gott. Ein Mensch kann nicht leicht verantwortliche Entscheidungen treffen, solange er noch andere für seine Probleme verantwortlich macht. Auch kann er keine Vergebung und Reinigung erfahren, wenn er andere beschuldigt, anstatt zu bekennen, umzukehren oder sich - wenn er es noch nicht getan hat - zu bekehren und sich zur Veränderung durch Gottes Gnade zu entscheiden. Es mag sein, daß man lange Zeit braucht, ehe man einen Menschen so weit ermutigt hat, daß er vom Schuldabschieben zum verantwortlichen Handeln gelangt. Eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit von der Schuldzuweisung an andere zu Verantwortlichkeit hinzulenken, ist die Frage. „Was kannst du deiner Meinung nach tun, um deine Situation (oder Beziehung) zu verändern?“ Denn können der Seelsorger und der Betreute gemeinsam darangehen, nach Veränderungsmöglichkeiten auf dem Hintergrund von Gottes Liebe und seinem Wort zu suchen. Der Einzelne muß untersuchen, wie Gott in seinem Leben arbeiten kann, so daß er seine Gedanken, Haltungen und Handlungen verändern kann oder daß er anders reagieren kann. In jedem Beratungsfall werden wir uns darauf konzentrieren, was Gott vom Betreuten erwartet und wie Gott ihm dabei helfen will. Ein sehr wichtiges Muster der Schuldzuweisung ist die Rolle des „Verletzten Opfers“, eines Menschen, der sich durch andere verletzt und hilflos gemacht sieht. Er sucht Menschen, die ihm helfen, sich besser zu fühlen und ihn aus den Umständen zu befreien, in denen er sich hilflos fühlt. Auch wenn er nach liebevoller Umsorgung sucht, kann das „Verletzte Opfer“ Liebe nicht leicht annehmen, weil es immer fürchtet, daß derjenige, der ihm Liebe entgegenbringt, ihn auch verletzen wird. Deshalb hat ein Mensch, der die Rolle des „Verletzten Opfers“ übernimmt, oft ein falsches Bild von Gott: In einem Augenblick ist Gott Erretter und im nächsten der, der Menschen verletzt. Die Familie, Freunde, der Seelsorger und Gott werden abwechselnd als helfende Freunde oder als verletzende Feinde gesehen. Das „Verletzte Opfer“ sieht Gott und andere als Helfer, solange sie tun, was ihm gefällt, und er sich in ihrer Anwesenheit „gut“ fühlt. Er sieht sich aber sofort als solche, die ihn nur verletzen wollen, sobald sie anders handeln, als er es sich vorstellt und sobald er sich in ihrer Anwesenheit nicht mehr wohl fühlt. Dieses Gedankenmuster hat drei Grundsätze: Ich bin verletzt, bitte hilf mir! Ich bin verletzt, bitte verletze mich nicht! Ich bin verletzt, du hast mich verletzt! Die Verletzung wird oft in Zusammenhang damit gebracht, daß der Wille des Verletzten nicht erfüllt wird. Außerdem muß die Verletzung unterhalten werden, um Beziehungen zu entwickeln und zu unterhalten. Obwohl das „Verletzte Opfer“ sich besser fühlen möchte, fürchtet es, die Hilfe anderer zu verlieren und kann dann eventuell das Gefühl der Verletzung verstärken, um eine Beziehung noch enger zu machen. Wenn ein Betreuter auf hilfreiche Wahrheit und Vorschläge zur Veränderung so reagiert, daß er denkt und sich verhält, als wäre er wieder verletzt worden, dann baut er damit seine Rolle als „Verletztes Opfer“ aus und wird auf den Ratgeber so reagieren, daß der als der Verletzende dasteht und nicht mehr als Helfer. Sehr oft sieht ein Mensch, der sich in verletzte Gefühle und Selbstmitleid verstrickt hat, Gottes Liebe nicht mehr und fürchtet, daß Gott ihn eher verletzen und ihm nicht helfen wird. Er kann Gottes Liebe nicht erkennen, weil er sich selbst eher als Opfer denn als Sünder sieht. Außerdem ist ein Opfer nicht für seine Gedanken, Gefühle, Worte und Taten verantwortlich. Das „Verletzte Opfer“ kann aufrichtig glauben, daß es für seine Handlungen nicht verantwortlich ist. Es ist auch möglich, daß derjenige denkt, er sei gut, weil er sein Bestes tut, obwohl er so verletzt und ängstlich ist. Und die wohl traurigste Facette der Rolle des Opfers ist, daß es die Liebe Gottes nie wirklich erkennen kann, wenn dieser Mensch sich selbst nicht als Sünder erkennt. Solch ein Mensch wird nicht sehen können, daß Gott sich selbst als Opferlamm für die Sünde zur Schlachtung hingegeben hat. Jesus kam, um Sünder zu erlösen, nicht Opfer. Ehe ein Mensch sich seiner Sünde nicht stellt und seine Trennung von Gott zugibt, kann er nicht die Vergebung und Wiederherstellung empfangen, die Gott in Jesus Christus zur Verfügung stellt. Deshalb wird er in seinen Sünden bleiben und nie wirklich Gottes Liebe erkennen können, wenn er immer nur die Schuld auf andere Menschen oder auf Umstände abwälzt oder wenn er sich mehr als Opfer denn als Sünder sieht. Ein solcher Mensch wird sich immer mehr in Selbsttäuschung verstricken, die ihm schweren Schaden zufügen wird, auch wenn er immer andere Menschen beschuldigt und die Rolle des Opfers spielt. Jesus hat den Christen die Gelegenheit und die Befähigung gegeben, Sieger statt Opfer zu sein, wie die Umstände auch immer sein mögen. Wer gewohnheitsmäßig die Rolle des Opfers spielt, kann sich aus dieser Rolle befreien, indem er sich entscheidet, sich anderen gegenüber in Zukunft anders zu verhalten. Wenn Christen solche Prinzipien wie in Römer 12,14-21, Epheser 4,22-24.31.32 und in 1. Petrus 2,20-24 befolgen, dann können sie auf Unrecht in der gleichen Weise wie unser Herr Jesus reagieren. Der Herr arbeitet daran, jeden Gläubigen in das Bild Christi zu verwandeln. Jeder Mensch braucht diese Veränderung, und Gott erlaubt es, daß Menschen und Umstände in das Leben eines Gläubigen kommen, damit er diese Veränderung in Gang setzen kann. Wenn jemand immer nach Hilfe zur Veränderung von außen Ausschau hält, dann verliert er die Möglichkeit zum Wachstum und macht deshalb keinen positiven Gebrauch von seinen Problemen. Wenn ein Mensch immer darauf wartet, daß sich andere oder seine Umgebung verändern, dann wird er sicherlich sein ganzes Leben darauf vergeblich warten. Wenn jedoch ein Gläubiger zu Jesus aufschaut und dann sich selbst auf dem Hintergrund der Liebe Gottes betrachtet, dann wird er ermutigt, Jesus ähnlicher zu werden. Es ist möglich, daß der Betreute versucht, die Verantwortung für die Veränderung auf den Ratgeber zu schieben. Der Seelsorger muß darauf achten, daß er einen solchen Versuch unterbindet. Die Schrift ist in bezug auf die persönliche Verantwortung eindeutig, das gilt auch für die Seelsorge. In Galater 6,1-9 sehen wir die Rolle des Seelsorgers: er soll dem anderen helfen, seine Last in Zeiten der Schwachheit, der Schwierigkeiten oder der Anfechtung zu tragen. Aber auch wenn der Seelsorger den Betreuten begleitet, um die Last tragen zu helfen, liegt die eigentliche Verantwortung noch immer beim Betreuten selbst. Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk, und dann wird er nur im Blick auf sich selbst Ruhm haben und nicht im Blick auf den anderen, denn jeder wird seine eigene Bürde tragen ... Irrt euch nicht, Gott läßt sich nicht verspotten! Denn was ein Mensch sät, das wird er auch ernten. Denn wer auf sein Fleisch sät, wird vom Fleisch Verderben ernten, wer aber auf den Geist sät, wird vom Geist ewiges Leben ernten (Gal. 6,4.5.7.8). Es ist immer eine große Versuchung für den Berater, mehr Verantwortung für den Betreuten zu übernehmen als er sollte. Einige Menschen übernehmen lieber nicht die Verantwortung für ihre Handlungen. Sie kommen zum Seelsorger in der Hoffnung, daß der Seelsorger sie verändern soll. Doch der Seelsorger kann nicht das Prinzip des freien Willens verletzen, den Gott jedem Menschen gegeben hat. Nur der Betreute kann sich entscheiden, sich zu verändern, und nur der Betreute kann die Entscheidung treffen, Gott zu glauben. Der Seelsorger muß sich immer vor Augen halten, daß jedes Problem im Leben eines Menschen eine Gelegenheit zur Entscheidung ist. Jede Situation ist eine neue Möglichkeit, Gott zu vertrauen und ihm zu gehorchen. Jede Entscheidungsmöglichkeit kann einem Menschen mehr geistig- gefühlsmäßige Stabilität schenken oder eine geistige und gefühlsmäßige Katastrophe. Wenn ein Christ auf Gott vertraut, dann wird sein Geist erneuert, er gehorcht Gott, findet seine Identität in ihm und freut sich daran, daß er die Verantwortung für sein Leben wieder selbst übernommen hat. Der Wille des Betreuten ist ein machtvolles Werkzeug für die Veränderung. Wenn ein Christ sich entscheidet, sich Gott zu unterwerfen und durch die Macht des Heiligen Geistes in ihm zu leben, dann wird der Herr Veränderung hervorbringen. Der Seelsorger muß den Willen des Betreuten, mit dem Herrn zusammenzuarbeiten und den geistlichen Prinzipien der Schrift zu folgen, abschätzen. Wenn es Mißverständnisse gibt oder Wissen fehlt, muß der Seelsorger auf- klären und lehren. Wenn der Wille schwach ist, muß der Seelsorger ermutigen. Wo es einen Mangel an Vertrauen gibt, muß der Seelsorger in Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Liebe üben. Wenn der Wille da ist, Gott zu vertrauen und ihm zu gehorchen, dann braucht der Seelsorger nur noch die Richtung anzugeben. Wenn der Betreute seinen Willen mit dem Gottes verbindet, dann werden Veränderungen folgen. Wenn ein Betreuter die geistliche Natur eines Problems durch das Seelsorgegespräch und seine Annäherung an Gott erkannt hat, dann ist er bereit, mit Gott zusammenzuarbeiten, wenn dieser die Veränderung wirken will. Je besser der Betreute Gott kennenlernt, desto mehr werden seine Augen geöffnet, zu erkennen, was Gott für sein Leben geplant hat. Wenn er an die Macht Gottes glaubt, die auch ihm zur Verfügung steht, dann erhält er die Sicherheit, die Motivation und die Fähigkeit zur Veränderung. Eine Begegnung mit dem lebendigen Herrn Jesus, und zwar nicht nur zum Zeitpunkt der Bekehrung, sondern wiederholt und durch das ganze Leben hindurch ist das Mittel zu geistlicher Veränderung und geistlichem Wachstum, das alle anderen Lebensbereiche beeinflußt. KAPITEL 8 Der Seelsorger und Veränderung Gott ruft alle Christen auf und bereitet sie dazu vor, Gefäße seiner Liebe und seiner Hilfe zu sein. Einige hat er in besonderer Weise berufen und befähigt, den Menschen zu helfen, die sich Lebensproblemen gegenübergestellt sehen. Er lehrt sie durch sein Wort und sein Handeln, so daß sie wiederum andere lehren und ermutigen können, Gott zu erkennen und ihm nachzufolgen. Ein biblisch orientierter Berater kann jeder Christ sein. Weil ein Berater ganz auf Gott geworfen ist, sollte er mit Paulus sagen: Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott: nicht daß wir von uns aus tüchtig wären, etwas zu erdenken als aus uns selbst, sondern unsere Tüchtigkeit ist von Gott, der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des neuen Bundes, nicht des Buchstabens, sondern des Geistes. Denn der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig (2. Kor 3,4-6). Die Seelsorge und der Charakter des Seelsorgers werden in der Praxis wie in der Schrift in engem Zusammenhang gesehen. Was ein Seelsorger tut, kann nicht davon getrennt werden, wie er es tut, und wer er selbst ist. Sogar in der weltlichen, psychologischen Beratung haben die Forscher entdeckt, daß die persönlichen Eigenschaften des Beraters wesentlich wichtiger als andere Faktoren wie Techniken und Ausbildung sind. In der biblischen Seelsorge ist Christus die Botschaft, und der Seelsorger von der Tatsache „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“ abhängig. Der Psychiater Frank Minirth sagt: „Das lebendige Wort Gottes ist wesentlich wichtiger, um Menschen zu helfen, als es die Psychologie je sein wird.“ Er sagt, daß ein christlicher Leiter oder Pastor, der das Wort Gottes schätzt und in dessen Leben die biblische Botschaft sich auswirkt, wahrscheinlich „fünfundneunzig Prozent der Menschen helfen kann, die zu ihm kommen“. Er fügt hinzu, daß solche Berater wissen sollten, „daß ihre ,Erfolgsrate* proportional wesentlich höher als die aller anderen berufsmäßigen Berater ist“75*. Der biblisch orientierte Seelsorger ist dafür verantwortlich, sei- nen eigenen Wandel mit dem Herrn gesund zu erhalten, so daß er gemäß des Lebens des Herrn Jesus Christus, der in ihm wohnt, denken, reden, handeln und lieben kann, statt gemäß seiner alten fleischlichen Natur. Auf der anderen Seite muß er ein lebendiges Beispiel für die Vollmacht eines christlichen Lebens sein und der Ermahnung des Paulus an Timotheus folgen, „ein Vorbild der Gläubigen“ zu sein (1. Tim. 4,12). Andererseits darf er sich nie zu dem Denken verführen lassen, daß er jenseits der Versuchung lebe oder daß er in irgendeiner Weise dem Betreuten überlegen sei. Wichtig ist ein Geist der Demut und der Abhängigkeit vom Herrn, weil die Versuchung groß ist zu denken, daß der Berater wegen seiner Fähigkeiten und seinen menschlichen Werten in der Lage ist, anderen Menschen zu helfen. Weil ein biblisch orientierter Seelsorger den Herrn in der Seelsorge vertritt, muß er ständig nach Galater 2,20 leben: Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt im Fleisch lebe, lebe ich im Glauben und zwar im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat. Ein geistlicher Berater erfüllt das Gesetz Christi, das im Kern ein Gesetz der Liebe ist, indem er anderen Menschen hilft, ihre Lasten zu tragen und im Herrn zu wachsen. Solche zwischenmenschlichen Fähigkeiten gehen über menschliche Wärme und Sympathie hinaus und bieten eine Atmosphäre, in der der Heilige Geist am Betreuten arbeiten kann. Diese Eigenschaften werden einem Betreuten nicht nur helfen, zu wachsen und sich zu verändern, sie werden ihm auch helfen, den Charakter Gottes in einem menschlichen Gefäß zu erkennen. Der Seelsorger und Glaube, Hoffnung, Liebe Das wichtigste für einen Seelsorger ist der feste Glaube daran, daß Gott für alles ausreicht. Nur so kann er Menschen helfen, vollständig zu werden, auf Gott zu sehen, um von ihm Leitung und Kraft zu bekommen, im Glauben zu wachsen und im Geist zu wandeln. Ohne Glauben an Gottes Wort und an seine verändernde Kraft sowie daran, daß Gott für jeden Menschen einen Plan hat, wird der Seelsorger scheitern und anfangen, menschliche Ratschläge zu erteilen. Ohne die Hoffnung auf Veränderung und Wachstum wird er zaghaft und müde in seiner Aufgabe werden. Und ohne die Liebe Gottes wird er sich zu einem Kritiker statt einem Seelsorger entwickeln. Genauso wie „der Gerechte aus Glauben“ lebt, so muß der Seelsorger im Glauben beraten. Ebenso wie dem Seelsorger eine lebendige Hoffnung geschenkt worden ist, so soll er die Hoffnung anderen Menschen in der Seelsorge weitergeben. Der Seelsorger muß in seinem Herzen glauben, daß Gott unter allen Umständen treu und wahrhaftig ist, und daß für ihn nichts unmöglich ist. Der geistliche Ratgeber muß sich auf die Wahrheit von Römer 8,28.29 verlassen und sie lehren: Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind. Denn die er vorher erkannt hat, die hat er auch vorherbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Wenn ein Seelsorger den Herrn immer vor Augen hat und nicht vergißt, daß Gott alle Umstände zuläßt (auch die schwierigen), damit ein Mensch in der Gnade wachsen kann und Jesus ähnlicher wird, dann wird er dem Betreuten Hoffnung und Mut geben können, die Schwierigkeiten durchzustehen, denen er sich gegenübergestellt sieht. Der Seelsorger erkennt, daß Probleme entweder Hindernisse oder Förderer des Wachstums in Jesus sein können, je nachdem, wie der Betroffene auf seine Probleme und den Herrn reagiert. Der Seelsorger muß über die Umstände hinaus nach Möglichkeiten zu Wachstum und Veränderung Ausschau halten, auch wenn er sich im Mitleid mit dem Betreuten identifiziert. Auf diese Weise wird er dem Betreuten helfen, aus negativen Umständen einen Gewinn zu ziehen, von Schmerzen und Unannehmlichkeiten zu profitieren, mitten in der Verwirrung den Glauben zu üben und Christi Sieg mitten in den unmöglichsten Situationen zu erleben. Alles im Leben eines Christen wird von Gott benutzt, um die neue Kreatur in uns zur vollen Reife zu bringen. Der biblische Seelsorger möchte an diesem Ziel mitarbeiten. Er muß sich fragen: Wie kann Gott dieses Problem im Leben dieses Christen kreativ benutzen, so daß nicht nur das Problem gelöst wird, sondern dieser Mensch Jesus durch diesen Prozeß auch ähnlicher wird? „Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe“ (1. Kor 13,13). Es geht in der christ- liehen Beratung vor allem um die Liebe. Jesus hat seinen Jüngern geboten, einander zu lieben, wie er sie geliebt hat. Wenn ein biblisch orientierter Berater den Betreuten nicht liebt, dann wird er nicht in der Lage sein, ein Kanal für Gottes Liebe für diesen Menschen zu werden. Das Wort des Paulus an die Kolosser paßt sehr gut auf den Seelsorger: Zieht nun an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut. Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer Klage gegen den anderen hat; wie auch der Christus euch vergeben hat, so auch ihr. Zu diesem allen aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist. Und der Friede des Christus regiere in euren Herzen, zu dem ihr auch berufen worden seid in einem Leib; und seid dankbar. Das Wort des Christus wohne reichlich in euch; in aller Weisheit lehrt und ermahnt euch gegenseitig, mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern singt Gott in eurem Herzen in Gnade. Und alles, was ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, und sagt Gott, dem Vater, Dank durch ihn (Kol 3,12-17). Die Liebe drückt sich im Ausdruck der Augen, im Interesse am Betreuten und durch sanfte Berührung aus. Doch die Weitergabe der Liebe kann nicht gelernt oder anerzogen werden. Wahre Liebe bricht immer dann durch, wenn der Seelsorger Gott von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und aller seiner Kraft liebt und seinen Nächsten wie sich selbst. Gottes Liebe erreicht das Herz eines Betreuten, wenn sie durch den Sprecher hindurchfließen kann. Auch wenn sich der Seelsorger von Natur aus um den Betreuten kümmert und eine natürliche Beziehung besteht, sollte doch die Liebe, die er dem Betreuten vermitteln will, mehr aus seiner Liebesbeziehung zu Gott gespeist werden, als durch irgendwelche liebenswürdigen Eigenschaften des Betreuten. Das wird den Seelsorger vor Enttäuschung bewahren, wenn kaum Fortschritte zu sehen sind, oder davor, selbst persönlich verletzt zu werden, wenn der Betreute sich kritisch äußert oder Ärger gegen den Seelsorger zu erkennen gibt. Als Jesus Petrus den Auftrag gab, seine Schafe zu weiden, legte er den Schwerpunkt auf die Liebe des Petrus zu ihm selbst, Jesus. Er fragte Petrus; „Simon, Sohn Jonas’, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer!“ (Joh 21,15) Die Frage wurde noch zweimal mit der Ermahnung wiederholt, die Herde zu weiden. Um ein Schäfer sein zu können, mußte Petrus Jesus mehr lieben als jeden anderen und sogar mehr als sein eigenes Leben. Das gilt auch für biblisch orientierte Seelsorger. Jesus sagte: „Dies ist mein Gebot, daß ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe“ (Joh 15,12). Seine Liebe setzt sich ausgewogen aus Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit zusammen. Wenn ein Seelsorger im Zusammenhang biblischer Liebe lebt, dann wird er sensibel für die Bedürfnisse des Betreuten sein. Er wird Liebe weitergeben, indem er zur Verfügung steht, zuhört, sich mit dem Betreuten identifiziert, zu verstehen versucht und die Wahrheit lehrt, die für den Betreuten wichtig ist. Ganz gleich, in welchem Zustand sich der Betreute im Moment befinden mag, der Seelsorger wird ihn mit Respekt und Achtung behandeln, denn Paulus schrieb: Tut nichts aus Eigennutz oder eitler Ruhmsucht, sondern daß in der Demut einer den anderen höher achtet als sich selbst, ein jeder sehe nicht auf das seine, sondern ein jeder auch auf das des anderen (Phil 2,3.4). Die biblische Liebe nimmt sich Zeit, nimmt Anteil und gibt sich selbst. Jesus sagte: „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte läßt sein Leben für die Schafe“ (Joh 10,11). Weil biblische Seelsorge nicht durch die professionelle Forderung beeinträchtigt ist, sich nicht mit dem Betreuten persönlich einzulassen und auch nicht durch äußere Bande der Bezahlung oder Terminkalender gebunden ist, kann ein biblischer Seelsorger nur wenige Menschen betreuen. Deshalb muß der Dienst der Seelsorge unter den Gliedern der Gemeinde aufgeteilt werden. Die Mängel der berufsmäßig ausgeübten Liebe Obwohl es möglich ist, daß ein Psychotherapeut einige seiner Patienten liebt und sich um sie kümmert, kann es sein, daß er andere wiederum verachtet. Der Therapeut kann auf die zerstörte Persönlichkeit des Klienten so reagieren, daß er unbewußt Ablehnung spüren läßt. Außerdem muß der Psychotherapeut auch bei den Patienten, für die er eine natürliche Sympathie empfindet, seine Zeit wegen seines Terminkalenders und wegen des Honorars beschrän- ken. Eine solche begrenzte Beziehung kann kaum die Art von Liebe und Geborgenheit vermitteln, die Menschen brauchen, die unter starkem Leidensdruck stehen. Man fragt sich, welch eine Liebe und Aufmerksamkeit dem Klienten von einem Berufsstand entgegengebracht werden kann, von denen die Hälfte laut einer großangelegten Studie „mit ihrem Beruf so unzufrieden sind, daß sie ihn nicht wieder ergreifen würden, könnten sie ihr Leben noch einmal von vorn beginnen“76). Außerdem ist es leider oft so, daß die Liebe in der weltlichen psychologischen Beratung in sexuelle Ausbeutung ausartet. Eine Studie über Psychotherapeuten ergab, daß „mehr als einer von zehn zugab, daß er erotische Kontakte außer der sexuellen Vereinigung mit Patienten unterhält“, und „mehr als einer von zwanzig gaben zu, daß es bei diesen Kontakten auch zur sexuellen Vereinigung gekommen ist. 80 % dieser Therapeuten gaben zu, daß sie mit mehr als einem Patienten sexuelle Beziehungen hätten.“ Diese Zahlen müssen relativ niedrig sein, denn sicherlich werden einige der Therapeuten solche Verbindungen nicht zugegeben haben. Ein ehemaliger Psychologieprofessor, der auf diesem Gebiet Studien angefertigt hat, sagt über diese Zahlen: „Ich schätze, daß die wirklichen Zahlen etwa doppelt so hoch liegen.“77) Es ist bekannt, daß „die große Mehrzahl der amoralischen Therapeuten Männer waren, die weibliche Klienten verführten (96 %)“78>. Die Los Angeles Times berichtet, daß „die Psychologische Gesellschaft der USA unfähig ist, ihre Mitglieder zu disziplinieren“79*. Neben diesen Beispielen zeigen die vielen Bücher von Szasz, Torrey, Laing, Robitscher und anderen, daß es in der Psychotherapie noch viele andere Arten des Mißbrauchs gibt. Das Bedürfnis des Therapeuten nach einem möglichst hohen Einkommen führt ihn dazu, möglichst viel Termine mit seinen Klienten zu vereinbaren. Je mehr Sitzungen vereinbart werden, desto größer ist sein Einkommen. Viele Therapeuten arbeiten nicht nur acht Stunden von montags bis freitags, sondern haben auch noch abends und samstags Sitzungen. Dieser Zwang zu vermehrten Sitzungen um des Geldes willen ist einer der größten Nachteile der Psychotherapie. Wir sagten an anderer Stelle: „In der Praxis bedeutet das, daß zu jeder vollen Stunde ein Patient in die Praxis kommen und fünfzig Minuten später wieder gehen muß. Dieser Plan wird vierzigmal in der Woche durchgespielt, manchmal auch öfter, damit der Psychotherapeut das erwünschte Einkommen erzielt. Deshalb ist die Psychotherapie ein Geschäft geworden, das sich mehr um Zeit und Geld dreht, statt um Menschen und Zuwendung.“80 Solch ein System ist sicherlich für den Therapeuten vom Einkommen her attraktiv, aber schädigend für den Klienten. Sobald sich eine therapeutische Beziehung gebildet hat, ist es für den Therapeuten von höchstem Interesse (Einkommen), diese Beziehung weiterzuführen. Ebensooft wird es für den Patienten zum echten Bedürfnis, immer wieder zum Therapeuten zu gehen (weil sich eine Abhängigkeitsbeziehung gebildet hat). Wenn sich jemand dem Therapeuten geöffnet hat, dann wird es eine Bindung geben, die nur schwer wieder zu lösen ist. Uns ist von Menschen erzählt worden, daß es nicht nur schwer war, die Beziehung zum Therapeuten abzubrechen, sondern daß sie regelrechten Trennungsschmerz erfuhren, als die Beziehung dann schließlich gelöst war. Außerdem plädiert die Forschung nicht für Langzeittherapien. Zwei Psychologen, die beim psychologischen Gesundheitsprogramm der Harvard Universität mitgearbeitet haben, berichten im „American Journal of Psychiatry“, daß nach ihrer Erfahrung „nur 1-2 % der Patienten eine Langzeittherapie benötigen“81). Das Handbuch der Psychotherapie und Verhaltensänderung berichtet: „Langzeittherapien sind von der Forschung her nur schwer zu rechtfertigen, wenn sie mit kürzeren Behandlungsansätzen verglichen werden.“82* Zwei Autoren überspitzen diese Erkenntnis, indem sie sagen: „Es gibt so gut wie keinen Beweis, daß ein Jahr Psychoanalyse besser für die Seele ist als eine Woche Körpermassage.“83) Dennoch tendieren Psychotherapeuten dazu, ihre Patienten solange zu behandeln, wie sie ihr Honorar zahlen. Zusätzlich zu den verschiedenen Mißbräuchen in der Psychotherapie ist die psychotherapeutische Beziehung eine sehr eingeschränkte und sehr stark formalisierte Beziehung. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein professioneller Berater mehr als fünfzig Minuten in der Woche Interesse für den Klienten aufbringt, ist gleich null. Eine Therapeutin berichtete uns einmal davon, daß eine Klientin angerufen habe und sie zum Essen eingeladen habe. Die Therapeutin sagte freundlich, aber fest: „Danke, ich kann diese Einladung nicht annehmen. Ich bin Ihre Therapeutin und nicht ihre Freundin.“ Sogar, wenn ein Therapeut eine Freundschaft mit einem Patienten beginnen wollte, würde ihn die vierzig-und-mehr- Patientenwoche mit ihrer Arbeitslast kaum dazu Zeit finden lassen. Biblische Seelsorge sollte niemals in einer solchen Tretmühle von Verabredungen geschehen, weil sie eine gemeinsame Verantwortung des Leibes Christi darstellt. Weil sich biblische Seelsorge nach den Bedürfnissen ausrichtet, und weil die Glieder der Gemeinde auch zu anderen Gelegenheiten als zur Seelsorge und Beratung Zusammenkommen, kann der Einfluß der persönlichen Eigenschaften des geistlich orientierten Seelsorgers die Fünfzigminutengrenze sprengen. Wenn es möglich ist, einem Betreuten durch Gespräche zu helfen, dann ist dem Betreuten sicherlich innerhalb der Gemeinde besser gedient als bei einem Psychologen. Der Kontrast zwischen psychologischer und biblischer Beratung ist, vorsichtig ausgedrückt, sehr groß. Der Psychologe hat einmal in der Woche fünfzig Minuten für seine Klienten Zeit - mehr nicht. Die Ursache dafür ist, daß er durch seine finanziellen Bedürfnisse und seinen wohlgefüllten Terminkalender gezwungen ist, noch vierzig bis fünfzig anderen Menschen pro Woche zuzuhören. Die Gemeinde der Gläubigen dagegen kann jede Woche - wenn nötig, einem Betreuten sehr viel mehr Zeit widmen. Sie ist eben nicht gezwungen, durch diesen Dienst ihr Auskommen zu sichern. Das gibt ihr auch die Möglichkeit, viele Menschen ausreichend zu betreuen. Die Gemeinde kann in ihrem Seelsorgedienst die Möglichkeiten zur Problemlösung dadurch vermehren, daß die Zahl der vorhandenen Seelsorger erhöht wird. Sie verfügt über die Ressourcen, auch komplizierte Probleme zu lösen. Ein Psychotherapeut kann sich weder die Zeit nehmen noch es sich leisten, den Menschen so zu dienen, wie das in der Gemeinde Jesu geschehen kann. In den meisten Fällen ist ein Gesprächstherapeut weniger gut ausgerüstet, um die vielfältigen und über das unmittelbare Gespräch hinausgehenden Bedürfnisse eines Betreuten zu erfüllen, als die Gemeinde. Ein Seelsorgedienst in der Gemeinde kann viel mehr für Menschen ausrichten, die an Lebensproblemen leiden, als die Psychotherapie. Die zwischenmenschlichen Qualitäten, die notwendig sind, um effektive Beratung durchführen zu können, sind genau die, die durch geistliches Wachstum hervorgerufen werden. Außerdem kann Gott den Seelsorgern eine besondere Liebe zu den Menschen schenken. Jesus ruft uns auf, einander zu lieben, wie er uns liebt. Der geistliche Berater hat selbst erkannt, daß Christus die Antwort auf seine eigenen Probleme ist, und daß geistliche Prinzipien wirksam sind, um persönliches geistliches Wachstum hervorzurufen. Psychologische Ausbildung Einer der Hauptgründe, aus dem sich Christen weigern, im Seelsorgedienst aktiv zu werden, ist ihre vermeintlich fehlende psychologische Ausbildung. Diese Angst ist unbegründet, wenn man die aktuellen Forschungsergebnisse berücksichtigt. Truax und Mitchell halten fest: Es gibt keinen Beweis, daß das traditionelle Studienprogramm einen positiven Einfluß hat, um Therapeuten hervorzubringen, die effektiver helfen können als nichtprofessionelle Therapeuten.84* Nachdem Morris Parloff viel psychotherapeutische Forschungsliteratur durchgearbeitet hatte, gab er zu, daß es keinen überzeugenden Beweis gibt, daß diese Art der Therapie nur von ausgebildeten Leuten vorgenommen werden kann, die spezielle Trainingsprogramme absolviert haben und ihre Fähigkeiten durch Erfahrung geschult haben.85* Laut Jerome Frank haben „1978 über sechseinhalb Millionen US-Bürger psychologische Spezialisten aufgesucht“. Daran anschließend enthüllt Frank die schockierende Tatsache, daß es der Forschung bisher nicht gelungen ist, zu zeigen, daß ausgebildete Psychologen bessere Ergebnisse erzielen als Nichtpsychologen.86* Eine Studie über ausgebildete und nicht ausgebildete Therapeuten von Hans Strupp an der Vanderbilt Universität verglich den psychischen Fortschritt zweier Gruppen männlicher Studenten. Zwei Gruppen von „Therapeuten“ wurden gebildet, um die zwei Studentengruppen zu „behandeln“. Die Studentengruppen wurden so weit wie möglich von der psychischen Problemlage einander angeglichen. Die erste Gruppe der Therapeuten bestand aus fünf Psychiatern und Psychologen. Die fünf berufsmäßigen Therapeuten der Studie wurden aufgrund ihres Rufes in der Professorenschaft und in der akademischen Fachwelt ausgewählt. Sie mußten ausgiebige klinische Erfahrung nachweisen können. Die Durchschnittserfahrung in psychologischer bzw. psychiatrischer Praxis betrug 23 Jahre. Die zweite Gruppe „Therapeuten“ bestand aus sieben Universitätsprofessoren, die auf verschiedensten Gebieten lehrten, aber keine therapeutische Ausbildung besaßen. Jeder dieser nicht ausgebildeten „Therapeuten“ benutzte seine eigene persönliche Art, sich um die Studenten zu kümmern, die Berufstherapeuten therapierten jeweils ihrer favorisierten Methode entsprechend. Der Zustand der Studenten, die zu den normalen Professoren gingen, verbesserte sich genauso wie der der Studenten, die von hochspezialisierten, erfahrenen Therapeuten behandelt wurden.87) Psychotherapeut Dr. Bernie Zilbergeld plädiert in seinem Buch „Die Therapierung Amerikas: Mythen psychologischer Veränderung“ für den Gedanken, „daß die meisten Probleme, mit denen Menschen konfrontiert werden, besser gelöst werden könnten, wenn sie mit Freunden, Ehegatten, Verwandten oder sonst jemandem besprochen würden. Der, dem man sich anvertraut, sollte in den Angelegenheiten erfolgreich sein, wo man selbst Defizite hat.“ Nachdem er eingehend die Forschungsliteratur studiert hatte, sagte Zilbergeld: Wenn ich persönlich Beziehungsprobleme hätte und sie mit meinem Partner nicht lösen könnte, würde ich auf keinen Fall zu einem Psychiater gehen. Ich würde mich umsehen nach einer Beziehung, die ich bewundere. Ich würde mich nicht darum kümmern, wer derjenige wäre, ob Lehrer, Zimmermann oder Psychologe. Dahin würde ich gehen. Ich brauche jemanden, der durch sein Leben beweist, daß ihm das gelingt, woran ich im Moment scheitere.88) Geistliche Ausbildung Ein biblisch orientierter Seelsorger braucht keine pschotherapeuti sehe Ausbildung zu haben, weil er im wesentlichen im geistlichen Bereich arbeitet, das Wort Gottes lehrt und anwendet und vom Heiligen Geist abhängig ist. Statt das Vertrauen in die biblische Seelsorge zu stärken, tendiert psychologische Ausbildung dazu, die Ausbildung zu unterminieren, die der Herr selbst durch Jahre des Bibellesens, des Predigthörens, der biblischen Lehre und der täglichen Anwendung des Wortes Gottes im persönlichen Leben dem Seelsorger gegeben hat. Der biblisch orientierte Seelsorger darf sein Vertrauen nicht auf Theorien und Techniken setzen, sondern muß sich auf die Gegenwart des Heiligen Geistes in ihm selbst und sein lebensspendendes Wort verlassen. Die wichtigste Ausbildung eines biblischen Seelsorgers besteht darin zu lernen, wie man so in einer Verbindung zu Gott lebt, daß man Gottes Charakter widerspiegelt und Gottes vollkommenen Willen in den täglichen Herausforderungen des Lebens erprobt. Wenn der Gläubige das Wort Gottes studiert, versteht und im Gehorsam gegen Gott anwendet, dann lernt er, wie er nach Gottes Plan leben kann. Wenn er entsprechend Gottes Vorstellungen, wie sie in der Schrift und durch die Kraft des Heiligen Geistes offenbart werden, zu leben lernt, wird er in der Lage sein, andere den Weg zu führen, den er selbst gegangen ist. Solange ein Seelsorger persönlich den Weg der Liebe zu Gott kennt, der ihm durch die Bibel und die Erfahrung im geistlichen Wandel offenbart wurde, kann er andere führen, wenn ihn der Herr zu dieser Aufgabe berufen hat. In fast jeder Gemeinde gibt es reife Gläubige, die durch den Herrn vorbereitet und geschult worden sind, und die nun bereit sind, diesen Dienst zu tun, wenn sie Gelegenheit erhalten und ermutigt werden. In seiner Gemeinde kann man sehr leicht die Menschen herausfinden, die die Schrift kennen, die auf das Reden des Heiligen Geistes in ihrem Leben reagiert haben und die begabt sind, in dieser Weise den Menschen zu dienen. Die Ausbildung biblischer Seelsorger besteht nicht aus einer gewissen Anzahl von Schul- oder Studienjahren oder einer gewissen Anzahl von Kursen. Die Ausbildung besteht eher im gelebten Leben, wenn man in der Gemeinde die Liebe und Weisheit weitergibt, die man von oben empfängt. Vorbereitung beinhaltet ein biblisches Grundwissen, Gehorsam gegen die Wahrheit Gottes, Gelegenheit, im Dienst Erfahrung zu sammeln und Abhängigkeit vom Heiligen Geist. Ein Seelsorgedienst ist normalerweise für einen Neuling im Glauben nicht geeignet, sondern eher für die bestimmt, die schon einige Jahre auf dem Glaubensweg gehen. Der Seelsorger muß das Wort nicht nur theoretisch kennen, sondern auch als lebendige Wahrheit seines Lebens. Er muß sowohl die Prinzipien als auch die Kraft des Wortes Gottes kennengelernt haben. Durch die Kenntnis und Anwendung des Wortes Gottes, durch das Bleiben in Christus und durch die Liebe zu den Mitchristen wird ein geistlicher Seelsorger von Gott ausgebildet, anderen Gläubigen zu dienen. Ihm sollte die Möglichkeit gegeben werden, auf in- formeller Basis einige Erfahrung in der Seelsorge zu machen. Alle Gläubigen haben Gelegenheiten, einander in der Gnade zu dienen, wenn der Herr führt. Alle sind aufgerufen, einander zu ermahnen und zu ermutigen. Wenn ein Mensch lernt, sich in solchen Situationen auf den Geist zu verlassen und anderen die Weisheit und Liebe des Herrn weiterzugeben, sollte er öfter Gelegenheit zum Dienst erhalten. Wir hatten in Kapitel 6 gesehen, daß das wichtigste Prinzip biblischer Seelsorge ist, den Betreuten durch Gottes Liebe näher zu Gott zu bringen. Diese Liebe beinhaltet Gottes Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit und drückt sich in seinem Wort und durch den Heiligen Geist aus. Dadurch kann sich ein Mensch in seinen Gedanken, Gefühlen und Handlungen verändern. Dem entspricht das Prinzip, daß, wenn sich ein Seelsorger Gott nähert, dem Herrn durch den Tod des Fleisches und der Erneuerung des Sinnes ein Reservoir zur Verfügung gestellt wird, das er benutzen kann, um anderen Menschen in Not damit zu dienen. Was immer Gott für eine Veränderung am Seelsorger bewirkt oder bewirkt hat, sie kann an den Betreuten weitergegeben werden, auch wenn es zwischen dem Gebiet, auf dem der Seelsorger gerade wächst und dem Problem des Betreuten keine Verbindung gibt. Es spielt auch keine Rolle, welcher Lebensbereich des Beraters gerade verändert wird oder wurde. Gott kann sein Werk an dem Seelsorger benutzen, um dem Betreuten zu helfen. Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überragende Größe der Kraft Gottes zugehöre und nicht uns ... allezeit das Sterben Jesu am Leib umhertragend, damit auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde. Denn ständig werden wir, die Lebenden, dem Tod überliefert um Jesu willen, damit auch das Leben an unserem sterblichen Fleisch offenbar werde. Folglich wirkt der Tod in uns, das Lehen aber in euch (2. Kor 4,7.10-12, Hervorhebung vom Autor). Wenn sich der Seelsorger Gott und seiner verändernden Kraft ausliefert, dann wird er ein Gefäß für Gottes Werk an anderen Menschen. Wir haben gesehen, daß Gott oft die Bereiche des Lebens des Seelsorgers benutzt, an denen er soeben wächst. Das Gebetsleben, das Bibelstudium und das geistliche Wachstum des Seelsorgers sind die Faktoren, die der Herr am meisten im Leben des Betreuten benutzen kann. Die beste Ausbildung zum Seelsorger ist, in der Beziehung zu Gott zu wachsen, so daß Gott seine Liebe und sein Leben durch uns weitergeben kann. Der biblische Seelsorger hat einen festen Maßstab im Wort Gottes und bleibt geistlich sensibel, wenn er eng mit Gott in Glauben, Liebe und Hoffnung wandelt. Wenn er im Geist wandelt (in den Wegen Gottes) und nicht im Fleisch (in den Wegen der Menschen), dann ist er in der Lage, Seelsorge in den Wegen Gottes zu üben. KAPITEL 9 Den geeigneten Seelsorger finden In der psychologischen Beratungspraxis ist der Berater derjenige, der das Geheimnis für Veränderung in der Hand hat. Normalerweise hat er eine überlegene Stellung gegenüber dem Betreuten. In der biblischen Seelsorge haben Berater und Betreuter gemeinsam das Amt des allgemeinen Priestertums inne. Paulus schrieb: „Die Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber erbaut“ (1. Kor 8,1). In der biblischen Seelsorge geht es darum, daß der Seelsorger dem Betreuten die Liebe Gottes vermittelt. Betreuter und Berater sind Geschwister in der Familie Gottes. Sie sind Partner in dem Veränderungsprozeß, den der Herr in Gang setzen will. Der Berater ist dem Betreuten nicht grundsätzlich überlegen. Beide sind nur Empfänger der Hilfe Gottes. Beide bewegen sich auf dasselbe Ziel zu: Das Leben Christi widerzuspiegeln und ihr Leben in der Verbindung zu Gott zu führen. Die Unterschiede der einzelnen Seelsorger Bestimmte Seelsorger sind für gewisse Probleme und Menschen geeigneter als für andere. Deshalb sollten wir unter Gebet überlegen, welcher Seelsorger in unserer Gemeinde am besten dem dienen kann, der um Seelsorge gebeten hat. Nach einiger Zeit der Erfahrung lernen Seelsorger, für welche Menschen und für welche Probleme sie geeignet sind. Es hält sich die falsche Auffassung, daß ein Seelsorger oder Berater eine große Anzahl sehr verschiedener Menschen und ihre Probleme behandeln kann, ungeachtet der Vorlieben und Abneigungen, der Fähigkeiten und der Belastungen des Beraters. Es gibt für diese Ansicht keinerlei wissenschaftlichen Beweis. Strupp erklärte, daß seine eigene Forschung die Ansicht nicht bestätigen konnte, daß Therapeuten verschiedene Probleme unterschiedlich behandeln und recht flexibel auf den Betreuten reagieren. Statt dessen fand er heraus, daß Therapeuten sehr wenig flexibel sind.89* Es kommt vor, daß ein einzelner Therapeut in einer Vierzigstundenwoche so unterschiedliche Probleme wie Angst, mangelndes Selbstbewußtsein, Phobien, Eheprobleme, Drogenmißbrauch, Alko- holismus, sexuelle Störungen und Depressionen zu behandeln hat. Aber es ist sehr fraglich, ob ein einzelner Berater mit so vielen verschiedenen Problemen überhaupt fertig werden kann. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der berufsmäßige Berater sich selbst zwingt, für jeden alles zu sein, weil er ein großes Einkommen erzielen will oder weil er die Folgen der Ablehnung eines Patienten fürchtet. Oder noch schlimmer, es kann sein, daß er der Auffassung ist, daß er wirklich allen Menschen und bei allen Problemen helfen kann. Weil ein biblisch orientierter Seelsorger nicht für Geld arbeitet, muß er nicht aus finanziellen Gründen allen Menschen helfen oder sich mit allen Problemarten beschäftigen. Außerdem hat ein solcher Seelsorger nicht die gesamte Last der Seelsorge zu tragen, weil er seinen Dienst mit anderen teilt. Es bereitet ihm keine Schwierigkeiten, jemanden an einen anderen Seelsorger zu verweisen, weil er mehr auf den Herrn vertraut als auf seine eigenen Fähigkeiten. Deshalb können in einer Gemeinde Betreute an die verwiesen werden, die sich am besten mit dem betreffenden Problem auskennen und Hilfe geben können. Überlegungen, die die Suche nach dem geeigneten Seelsorger leiten sollten Verschiedene Überlegungen müssen angestellt werden, ehe man einen Betreuten mit einem bestimmten Seelsorger zusammenbringt. Solche Überlegungen schließen das Alter, den Hintergrund, die Kultur, die Interessen, die Bildung, und den Beruf von Seelsorger und Betreutem und die verschiedenen Problemarten ein. In bezug auf das Alter sollte der Seelsorger in der Regel mindestens das gleiche Alter wie der Betreute haben. Das darf jedoch keine starre Regel sein. Man muß weiter in Betracht ziehen, wie lange jemand schon Christ ist, und wieweit er in dieser Zeit schon gewachsen ist. Auch die Bildung muß nicht unbedingt gleich sein, doch kommt es oft vor, daß Akademiker von Nichtakademikern keinen Rat annehmen können. Andererseits kann es sein, daß ein weniger gebildeter Mensch von den akademischen Graden des Seelsorgers verängstigt werden kann. Eine weitere ungünstige Konstellation entsteht, wenn Berater und Betreuter einen zu ähnlichen Charakter haben. Dann fehlt häufig der nötige Ausgleich. Wenn es in einer Gemeinde viele Laienseelsorger gibt, ist es einfacher, den geeigneten Berater für einen Betreuten zu finden. Wir sind der Meinung, daß es immer am günstigsten ist, wenn Frauen an Frauen und Männer an Männern Seelsorge üben. Eheseelsorge wird am besten von einem Ehepaar geleistet. Es gibt wenig Forschungen zum Thema der gleichgeschlechtlichen Beratungsbeziehung, und man kann noch keine endgültigen Schlüsse ziehen.90* Eine Studie scheint nahezulegen, daß gleichgeschlechtliche Beratung im allgemeinen der männlich- weiblichen Beratungsbeziehung überlegen ist.9') Eine andere Studie zweier Forscher ergab, daß es das Ergebnis einer Therapie entscheidend beeinflussen kann, ob der Therapeut ein Mann oder eine Frau ist. Weiter heißt es, daß es positive Auswirkungen hat, wenn Frauen Frauen beraten.92* Ein Grund für die Bevorzugung gleichgeschlechtlicher Seelsorgebeziehungen ist die Tatsache, daß es einer Frau leichter fällt sich mit einer weiblichen Betreuten zu identifizieren. Ein großer Teil der psychotherapeutischen Theorien und Methoden sind von Männern entwickelt worden, obwohl etwa zwei Drittel der Betreuten weiblich sind. Mangelndes Verständnis der Männer hat zu Theorien geführt, die masochistische und andere Tendenzen, die üblicherweise Frauen zugeschrieben werden, überbetonen.93* Viele der heutigen weiblichen Forscher klagen die männlichen Psychotherapeuten an, die gesellschaftlichen Vorurteile über Frauen zu zementieren, indem sie sie in ihre Theorien einbauen. Daraus resultiere dann eine wesentlich schlechtere Therapie.94* Eine Frau kann wesentlich leichter die Probleme verstehen, die das Frausein mit sich bringt, als ein Mann das kann. Dasselbe gilt entsprechend natürlich auch für Männer. Außerdem ist es für eine Frau möglich, einer anderen Frau direkten körperlichen Trost zu spenden, wenn sich das als hilfreich erweisen sollte. Weil wir die Bibel als Anweisung für geistliche Seelsorge benutzen, folgen wir den unten zitierten Prinzipien der Schrift: ... ebenso die alten Frauen ... damit sie die jungen Frauen unterweisen, ihre Männer zu lieben, ihre Kinder zu lieben, besonnen, keusch, mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, gütig zu sein, den eigenen Männern sich unterzuordnen, damit das Wort Gottes nicht verlästert werde (Tit 2,3-5). Ich erlaube aber einer Frau nicht, zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern ich will, daß sie sich in der Stille halten (1. Tim 2,12). Weiter zeigen die Beispiele der Schrift, daß in der Regel Männer andere Männer angewiesen haben. Zusätzlich zur Seelsorge am eigenen Geschlecht ermutigen wir Paare, andere Paare in Ehefragen zu betreuen. Im ersten Buch Mose und im Epheserbrief wird die Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau als „ein Fleisch“ beschrieben. Die Ehegatten bilden in der Ehe eine neue Einheit, in der die weiblichen und männlichen Elemente sich ausgleichen. So sind in der Seelsorge zwischen Paaren beide Elemente in der „Ein- Fleisch“-Beziehung vertreten. Es ist zum Beispiel oft der Fall, daß der eine Partner strenger denkt als der andere. Wenn nur ein einziger Seelsorger dieses Paar berät, dann ist er wahrscheinlich besser in der Lage, sich mit dem zu identifizieren, der seinem eigenen Temperament entspricht und wird ihn wahrscheinlich in Auseinandersetzungen mehr unterstützen als den anderen Partner. Eine Frau kann in der Eheseelsorge den weiblichen Standpunkt erklären, ebenso wie ein Mann am besten den männlichen Standpunkt erklären kann. Wenn das geschieht, dann wird vieles klarer und verständlicher, wenn etwa zwei Betreute einander nur schwer annehmen können. KAPITEL 10 Das Gespräch als Mittel zur Veränderung Das Gespräch in der biblischen Seelsorge muß seine Wurzeln in der Schrift und im Geist Gottes haben. Damit der Seelsorger jedem so dienen kann, wie es der Herr von ihm verlangt, muß er (1) regelmäßig Bibelstudium betreiben, (2) um die Leitung des Heiligen Geistes bitten und (3) dem Betreuten die Wege des Herrn so erklären, wie er sie durch die Schrift und den Geist erkannt hat. Jesus hat verheißen: Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und Leben (Joh 6,63). Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe (Joh 14,26). Wenn ein Seelsorger das Wort Gottes unter der Leitung des Heiligen Geistes studiert und in sich aufnimmt, wird er sich einen Schatz des Lebens und der Wahrheit sammeln, aus dem er in der Seelsorge schöpfen kann. Wenn er die Führung des Heiligen Geistes sucht, dann wird der Geist die Wahrheit des Wortes groß machen, die der Seelsorger durch Bibelstudium und Gehorsam gelernt hat. Er wird die Barmherzigkeit und die Weisheit haben, diese Wahrheiten dem Betreuten näherzubringen, wenn er den Weg des Herrn sucht. Das Bibelstudium Das Bibelstudium ist für einen biblischen Seelsorger lebenswichtig. Je besser er das Wort kennt und es in seinem Leben anwendet, desto besser ist er darauf vorbereitet, anderen zu helfen, den Weg des Herrn zu gehen. Aus dem Schatz des gelebten Wortes Gottes und durch die Befähigung durch den Heiligen Geist wird der Seelsorger die Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes an einem anderen, der sich in persönlichen Nöten befindet, weitergeben können. Außerdem wird er den Betreuten anleiten können, selbst Bibelstudium zu betreiben. Biblische Seelsorge beginnt immer mit dem Wort Gottes. Das heißt nicht, daß man schnelle und einfache Antworten aus der Bibel zur Hand hat, sondern die Anwendung von durchlebten, ausgesuchten Bibelstellen für die jeweilige Situation. Der biblisch orientierte Seelsorger muß regelmäßig die Bibel studieren und den Betreuten ermahnen und ermutigen, dasselbe zu tun. Wir können nicht genug betonen, wie wichtig die Beschäftigung mit dem Wort ist, wenn man anderen in ihren Lebensproblemen helfen will. Wir möchten alle, die anderen helfen wollen, ermutigen, diese Quelle voller Vertrauen aufzusuchen. Kein anderes Mittel hat solche Macht, Menschen zu verändern. Weil die Bibel wichtiger als jedes andere Hilfsmittel ist, versuchen wir hier nicht, für einzelne Probleme Lösungen zu geben. Ein bestimmtes System kann etwas Licht auf eine bestimmte Sache werfen und weiterhelfen. Aber jedes System kann verhindern, daß man sich direkt an den Herrn und sein Wort um Hilfe wendet. Wenn eine Beratungsmethode zu genau vorgegeben wird, dann wird der Seelsorger versucht sein, diese Methode zu benutzen, anstatt sich ausführlich mit dem Wort Gottes zu beschäftigen und in der Sache des Betreuten das Antlitz des Herrn zu suchen. Bücher, die einen biblischen Ansatz zur Seelsorge bieten, können so lange hilfreich sein, wie sie nicht den direkten Gebrauch der Bibel ersetzen. Statt dessen sollten sie den Nutzen der Bibel heraussteilen und den Seelsorger dazu ermutigen, die Bibel zu verwenden, statt sich auf menschliche Systeme zu verlassen. Bücher, die Beispiele geben, wie die Bibel in der Seelsorge angewendet werden kann, zeigen die Wirksamkeit des Wortes. Aber ein Seelsorger sollte nie versuchen, solche Beispiele nachzuahmen, weil jeder Seelsorger und jeder Betreute einzigartig sind. Stattdessen sollten Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit spontan an den Betreuten weitergegeben werden. Der Seelsorger muß sich direkt an das Wort und den Herrn wenden, der das Wort erklären und seine Anwendung verdeutlichen wird. Gebet um die Führung des Heiligen Geistes Der Herr hat sein Wort und seinen Heiligen Geist gegeben, um den Seelsorger und den Betreuten zu befähigen, ihn kennenzulemen und ihm zu gehorchen. In der ganzen Schrift ermahnt der Herr sein Volk, seine Weisheit zu suchen und seinen Willen im Gebet zu erkennen. Denn die Beschäftigung mit dem Wort und das Gebet gehen Hand in Hand, wenn wir den Geist des Herrn erkennen wollen. Mein Sohn, wenn du meine Reden annimmst und meine Gebote bei dir verwahrst, indem du der Weisheit dein Ohr leihst, dein Herz dem Verständnis zuwendest, ja, wenn du den Verstand anrufst, zum Verständnis erhebst deine Stimme, wenn du es suchst wie Silber und wie Schätzen ihm nachspürst, dann wirst du verstehen die Furcht des Herrn und die Erkenntnis Gottes gewinnen. Denn der Herr gibt Weisheit, aus seinem Mund kommen Erkenntnis und Verständnis (Spr 2,1-6). Der Herr erfüllt seinen gnädigen Willen oft durch das Gebet seiner Kinder. Durch das Gebet können Seelsorger und Betreuter in die Gegenwart Gottes gelangen, „damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Hebr 4,16). Der Seelsorger sollte den Betreuten ermuntern, den Herrn während der Woche wie auch während des Seelsorgegespräches zu suchen. Der Seelsorger sollte einige Zeit vor dem Seelsorgetermin beginnen, für den Betreuten zu beten, damit er für den Betreuten eintreten kann, aber auch, um für sich selbst Reinigung beim Herrn zu erbitten, so daß er ein reiner Kanal für die Segnungen, die Weisheit, Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Gnade Gottes sein kann. Viel vom Geschehen in der Seelsorge hängt vom Gebet ab. Jesus gab uns den Weg des Gebets, des Suchens und des ausdauernden Anklopfens und ein offenes Ohr für ihn, damit wir Hilfe für die Probleme anderer wie auch für unsere eigenen Probleme finden. Treue im Gebet ist das Kennzeichen eines Seelsorgers, der Veränderung und Wachstum von Gott erwartet und der ständig sensibel für das Wirken des Heiligen Geistes im Leben des Betreuten bleibt. In der biblischen Seelsorge muß das Seelsorgegespräch auf der Gemeinschaft und Kommunikation mit Gott beruhen. Einige Probleme scheinen sich nicht lösen zu lassen, obwohl ausführlicher Rat gegeben wurde. Nur der Herr kann die Wurzel eines Problems aufzeigen oder den Weg aus dem Problem. Solche Gebetszeiten sind Besprechungen mit dem „Obersten Seelsorger“. Der Seelsorger zeigt nicht nur das Problem auf und bittet Gott um Hilfe, sondern er sucht auch herauszufinden, wie er mit Gott Zusammenwirken kann, um Heilung, Wiederherstellung, Versöhnung und Erneuerung zu bewirken. Ein Vorbild für jeden Seelsorger ist das Gebetsleben des Paulus, der für die erste Gemeinde betete. Einige dieser Gebete sind aufgezeichnet worden und haben große Kraft, weil sie durch Gott inspiriert sind. Man kann sie zum Beispiel in Epheser 1,17-19 und 3,16-19 finden, in Philipper 1,9-11, in Kolosser 1,9-12 und in 2. Thessalonicher 1,11-12. Außerdem gibt es viele hilfreiche Bücher zum Thema Gebet, aber auch hier muß die Bibel die Hauptquelle für das Reden und Handeln des Seelsorgers bleiben. Geistliche Seelsorge ist geistliche Kriegführung! Ein biblisch orientierter Seelsorger kann nicht mit fleischlichen oder menschengemachten Waffen gewinnen, denn er dient mitten in einer geistlichen Schlacht zwischen dem Herrn der Herrlichkeit und den Mächten der Finsternis. Denn unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Gewalten, gegen die Mächte, gegen die Weltbeherrscher dieser Finsternis, gegen die Geister der Bosheit in der Himmelswelt (Eph. 6,12). Der Seelsorger muß seine Waffenrüstung erhalten und anziehen, sich darin üben, seinen Schild zu gebrauchen und ein Experte im Schwertkampf mit dem Wort Gottes werden. Seine größte und wichtigste Aktivität besteht im Gespräch mit Gott: im Lesen des Wortes und im Gebet. Den Weg des Herrn anderen näherbringen Wenn man den Weg des Herrn, wie man ihn aus der Schrift und durch den Geist erkannt hat, anderen nahebringen will, dann gehört dazu neben der Art, wie man etwas sagt, auch der Inhalt. Das Gespräch in der biblischen Seelsorge erfordert ein ausgewogenes Verhältnis von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit sowie zwischen Hören und Reden. Weil es Gott gefällt, Menschen durch die Liebe in engeren Kontakt mit sich zu bringen, müssen biblische Ratschläge in Liebe erteilt werden. Doch da die Liebe Gottes auch Wahrhaftigkeit beinhaltet, sollte biblische Seelsorge auch diesen Charakterzug Gottes widerspiegeln. Gnade und Wahrheit sollen dich nicht verlassen. Binde sie um deinen Hals, schreibe sie auf deines Herzens Tafel! Und finde Gunst und feine Klugheit in den Augen Gottes und der Menschen! (Spr 3,3-4) Die Bibel lehrt nicht einfach eine Methode, nach der man nur die Gefühle des Betreuten beachtet, auch keine einfache Sentimentalität oder autokratische Härte. Die Bibel lehrt in zahllosen Beispielen und Anweisungen, daß der Mensch eine Kombination aus Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit nötig hat. Jede Seelsorge, die diese beiden Elemente nicht enthält, ist unbiblisch. Die Schrift ist fest und unabänderlich in ihren Prinzipien. Dennoch ist der Seelsorgeprozeß nicht starr. Jesus ist nie zwei Menschen auf die gleiche Weise begegnet. Jedem Menschen begegnete er auf einzigartige Weise, doch setzte er nie den Maßstab richtigen Handelns herunter. Damit offenbarte er die Ausgewogenheit von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit. In seiner Weisheit gab er Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit so an den Einzelnen weiter, daß sie ihre größte Wirksamkeit entfalten konnten. Als der reiche Jüngling zu Jesus kam, sagte Jesus ihm in Barmherzigkeit die Wahrheit, daß er sein Gut verteilen müsse, wenn er Gott nachfolgen wolle. Ohne diesen Maßstab zu verändern, hatte er für Nikodemus eine andere Botschaft: daß er von neuem geboren werden müsse. Hätte man diese beiden Botschaften vertauscht, hätte man keine Ausgewogenheit von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit erkennen können, weil die geistliche Sensibilität für die persönlichen Bedürfnisse des Betreffenden gefehlt hätte. Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit an andere Menschen weitergehen Ein biblisch orientierter Seelsorger sollte ein Gefäß für Gottes Barmherzigkeit und ein Lehrer der Wahrheit Gottes sein. Geistliche Seelsorge ist ein kreativer Prozeß. Gott arbeitet in seiner Gnade niemals schneller an einem Menschen, als dieser es im Augenblick vertragen kann. Der Herr ist liebevoll und hat Mitleid, und ein geistlicher Berater wird versuchen, den Herrn in seiner liebevollen Fürsorge für den einzelnen nachzuahmen. In der sicheren Umgebung dei Barmherzigkeit und Fürsorge und mit dem festen Grund der Wahrheit des Wortes kann ein Betreuter darangehen, zu lernen, sich zu verändern und zu wachsen. Wenn ein Seelsorger in der Liebe Gottes berät, dann wird er Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit in der richtigen Weise verbinden. Wenn ein Seelsorger die Barmherzigkeit sehr betont, dann muß er achtgeben, daß er auch die Wahrheit lehrt und ermahnt, um einen Ausgleich zu schaffen. Wenn er dagegen die Wahrheit sehr betont, dann muß er darauf achten, die Gnade in seinem Dienst verstärkt einzubeziehen. Wenn ein Seelsorger im Leben des Betreuten Stellen entdeckt, an denen der Herr arbeitet, dann muß er wissen, in welchem Verhältnis er die Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit in der Seelsorge anwenden soll. Ehe Jesus Lazarus auferweckte, lehrte er Martha, weinte mit Maria und half Martha zu einem größeren Vertrauen. Wenn ein Seelsorger bemüht ist, in der richtigen Weise Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit, Geduld und Ermahnung, Zuhören und Lehren zusammenzubringen, dann muß er ständig vom Heiligen Geist abhängig bleiben, um von ihm Weisheit zu erhalten. Die Barmherzigkeit ist in der Seelsorge überaus wichtig. Wenn jedoch Barmherzigkeit im fleischlichen Sinne geübt wird, dann wird sie zur Sentimentalität. Wenn die Barmherzigkeit nicht durch die Wahrheit ausgeglichen wird, dann kann das dazu führen, daß der Seelsorger zwar die Last des anderen auf sich nimmt, aber er nicht in der Lage ist, dem Leidenden den Weg aus seiner Situation zu weisen. Wenn ein Seelsorger das Leiden des Betreuten in unbiblischer Barmherzigkeit internalisiert, dann übernimmt der Seelsorger die Verletzungen des Betreuten und wird dadurch bitter und ärgerlich gegen den Betreuten gestimmt. Sobald ein Seelsorger die sündigen Gefühle des Betreuten übernimmt (etwa Ärger, Bitterkeit oder Feindschaft), wird er zum Problem für den Betreuten statt zur Hilfe. Solche Gefühle hindern das Werk des Heiligen Geistes. Dagegen sollte ein Seelsorger immer versuchen, die Haltung der Freundlichkeit, Barmherzigkeit und Fürsorge durch den Glauben an die Treue Gottes beizubehalten. Jeder Mensch braucht die Wahrhaftigkeit, um von Bindungen an alte Gedanken, Gefühle und Handlungen befreit zu werden. Deshalb wird ein Seelsorger in Barmherzigkeit die Wahrheit lehren und kann dabei einen Betreuten sehr stark drängen, dieser Wahrheit zu gehorchen. Paulus gab Gottes Wahrheit immer wieder durch Ermahnungen weiter, die mit sorgfältiger Lehre und mit Mitgefühl verbunden waren. Er schrieb: Übrigens nun, Brüder, bitten und ermahnen wir euch in dem Herrn Jesus, da ihr ja von uns Weisung empfangen habt, wie ihr wandeln und Gott gefallen sollt - wie ihr auch wandelt - daß ihr darin noch reichlicher zunehmt. Denn ihr wißt, welche Weisungen wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus (1. Thess 4,1.2). Dann fuhr er mit einer ganz bestimmten Ermahnung fort: Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligung, daß ihr euch von der Unzucht fernhaltet, daß jeder von euch sein eigenes Gefäß in Heiligkeit und Ehrbarkeit zu gewinnen wisse, nicht in Leidenschaft der Lust wie die Nationen, die Gott nicht kennen (1. Thess 4,3-5). Paulus hatte nie Angst, jemanden zu verärgern, wenn er sah, daß ein direktes Wort der Ermahnung angebracht war. Doch heißt das natürlich nicht, daß der Seelsorger unsensibel Vorgehen sollte. Es ist viel Schaden durch Ermahnungen angerichtet worden, die nicht Lehre und Barmherzigkeit gleichzeitig enthielten. Der Betreute könnte abgeschreckt werden und seiner Wege gehen, ehe er den Weg des Herrn ausprobiert hat. Ermahnung ohne Barmherzigkeit, die noch dazu in fleischlicher Weise erteilt wird, führt zu dogmatischer Verhärtung. Ermahnung ohne den Ausgleich durch die Barmherzigkeit kann zu einer kritischen Haltung dem Betreuten gegenüber führen, die eine effektive Seelsorge verhindert. Ein Seelsorger, der dem Betreuten gegenüber eine dogmatische, kritische Haltung einnimmt, und dabei mit biblischen Ermahnungen nur so um sich wirft, wird den Sünder nur noch mehr in Schwierigkeiten bringen und eventuell sogar seine Verhärtung verschulden. Wenn die Ermahnung jedoch aus Barmherzigkeit und sorgfältiger Belehrung besteht, dann wird der Betreute ermutigt, die richtigen Entscheidungen zu fällen. Seine Entscheidungs- und Verantwortungsfähigkeit wird wachsen, und seine Abhängigkeit vom Herrn wird sich verstärken. Jede Zeit hat mit diesen beiden Extremen der Gesetzlichkeit und der Lauheit zu kämpfen. Frühere Zeiten zeichneten sich eher durch Gesetzlichkeit aus, heute tendieren wir eher zur Lauheit. Wir brauchen heute eine Verbindung von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit, die auf dem Worte Gottes basiert. Durch Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit kann der Seelsorger eine Umgebung schaffen, in der Veränderung stattfinden kann und in der er die Richtung der Veränderung bestimmen kann. Viele Wahrheiten der Schrift sind nicht furchteinflößend, sondern richten auf, weil sie die Barmherzigkeit Gottes dem Gläubigen gegenüber beschreibt. Aber wenn die Wahrheit, die der Seelsorger erkannt hat, zur Veränderung im Denken, Fühlen oder Handeln auffordert, dann muß der Seelsorger sehr umsichtig sein, um zur rechten Zeit das rechte Maß an Korrektur anbringen zu können. Ein Weg, das richtige Verhältnis von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit zu erkennen, ist, die Wahrheit in Beziehung zu der Anstrengung zu setzen, die zur Veränderung nötig ist. Wenn man dem Betreuten weniger Wahrheit bietet, als er in Wirklichkeit braucht, dann kann alles umsonst sein. Wenn man ihm jedoch mehr Wahrheit bietet, als er verarbeiten und der er gehorchen kann, kann das dazu führen, daß er entmutigt und verwirrt wird. Der Seelsorger muß in dieser Angelegenheit sehr sensibel auf die Führung des Heiligen Geistes reagieren, denn nur der Heilige Geist weiß, wieviel Wahrheit ein bestimmter Mensch zu einer bestimmten Zeit nötig hat und ertragen kann, um zum Glauben, zur Verantwortlichkeit und zur Liebe zu Gott ermuntert zu werden. Ein Betreuter mag direkte Anweisungen empfangen und schon motiviert sein, sich zu verändern. Doch ein anderer braucht einen längeren Weg, ehe er genügend motiviert ist, sich zu verändern. Manchmal gibt es Menschen, die so sehr der dauernden Kritik anderer ausgesetzt waren, daß sie Ermahnung nur in dem Sinne vertragen können, daß ihr schon vorhandenes positives Verhalten durch Lob verstärkt wird. Wenn der Seelsorger positive Ermutigung ausdrückt, dann wird der Betreute oft motiviert, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. Für manche Menschen zählt nur das Versagen und ihr negatives Verhalten, so daß ihr ganzer Weg überschattet wird, obwohl sie sich in vielen Dingen so verhalten, wie Gott es wünscht. Manchmal ist Ermutigung eher am Platz als Korrektur, oder die Korrektur sollte zumindest mit ihr gekoppelt sein. Wenn ein Mensch versteht, was er richtig macht, dann wird er ermutigt, weiter in die richtige Richtung zu gehen und wird offen für weitere Unterweisung. Der Seelsorger kann einen Menschen dann dazu bringen, weiter einen Weg zu gehen oder ein Denkmuster weiter einzuüben. Er kann auf verschiedene richtige Handlungen oder Situationen hinwei-sen, die sich aus den neuen Verhaltens- und Denkweisen ergeben haben, um damit den Betreuten zu ermutigen, weiter Gottes Wege zu gehen. Ermutigung kann manchmal eher allgemein sein, manchmal sich aber auch auf ganz spezifische Dinge beziehen. Der Seelsorger sollte immer bemüht sein, den Betreuten dazu zu veranlassen, Gottes Willen zu erkennen und seinem Weg zu folgen. Die spezifische Ermutigung bleibt für solche Fälle reserviert, wenn der Betreute zögert, wichtige Schritte in Angriff zu nehmen. Der Seelsorgeprozeß beginn am Fuß des Kreuzes Christi. Der geistliche Berater, der seine eigene Fleischesnatur versteht und sieht, daß er vom Herrn alles erwarten muß, wird Barmherzigkeit und Mitleid mit dem Betreuten haben und wird nicht über ihn richten. Auch wenn ein geistlicher Berater keine Sünde gutheißen kann, wird es sein Verlangen sein, diesen Menschen an den Ort der Vergebung, Heilung, Ermutigung und des Glaubens zu bringen, weil er sieht, wie die Gefühle des Betreuten verletzt worden sind und welche unerfüllten Bedürfnisse er hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn errettet werde (Joh 3,17). Meine Brüder, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirrt und jemand ihn zurückführt, so wißt, daß der, welcher einen Sünder von der Verirrung seines Weges zurückführt, dessen Seele vom Tode erretten und eine Menge Sünde bedecken wird (Jak 5,19.20). Ein biblischer Seelsorger sieht hinter der Sünde die Verletzung und das Fleisch, das seine Bedürfnisse erfüllt haben will. Er sieht, daß der Mensch, der ihm gegenübersteht, Barmherzigkeit braucht, aber er weiß auch, daß Heilung und Veränderung nur durch Umkehr und Vergebung erreicht werden kann, die von Unterweisung und Ermutigung begleitet wird. Ein wunderbares Beispiel, wie Jesus Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit auf einen Menschen anwendet, ohne Sünde gutzuheißen, finden wir in Johannes 8,1-11. Als die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Frau zu Jesus brachten, die beim Ehebruch ertappt worden war, verlangten sie ein Urteil von ihm, um ihn in Verlegenheit zu bringen. Aber Jesus zeigte ihnen die Liebe Gottes, die Leben ver ändern kann. Er gab jedem die Gelegenheit, sein eigenes Leben im Lichte Gottes zu betrachten, als er sagte: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe zuerst den Stein auf sie.“ Als Jesus dann weiter auf die Erde schrieb, „gingen sie einer nach dem anderen hinaus, angefangen von den Ältesten; und er wurde allein gelassen mit der Frau, die in der Mitte stand“. Jesus gab jedem die Gelegenheit, sein eigenes Leben zu überprüfen, damit er in seinem Gewissen überführt würde. Sicherlich schlug während dieser Zeit auch das Gewissen der Frau. Sie wußte genau, daß sie schuldig war und bekannte sicherlich ihre Sünde in ihrem Herzen, denn Jesus sagte zu ihr: „So verurteile auch ich dich nicht. Gehe hin und sündige nicht mehr!“ Jesus gab an diese Frau gleichzeitig Barmherzigkeit und Wahrheit weiter, denn obwohl er sie nicht verdammte, ermahnte er sie, ihr Verhalten zu ändern. So konnte sie unter der Vergebung weiterleben und sich zu einem veränderten Leben entschließen. Ohne von der Wahrheit des göttlichen Maßstabes der Gerechtigkeit abzuweichen, vergab Jesus der Frau, kümmerte sich um sie und gab ihr durch seinen Zuspruch neue Kraft. Er verdammte sie nicht, doch hieß er ihr Verhalten damit nicht gut. Er liebte und sorgte sich genug um sie, um ihr das Maß an Wahrheit zuzumuten, die sie in einer Atmosphäre der Liebe annehmen konnte. Ein Seelsorger muß alle Ratschlüsse Gottes beachten. Wenn er dem Betreuten nur die Worte sagt, die leicht annehmbar sind, dann kann es sein, daß der Betreute schwach bleibt und geistlich stagniert. Der Seelsorger muß sich immer daran erinnern, daß es ohne Sündenerkenntnis kein Evangelium von Gottes rettender Gnade gibt. Gottes Wort kehrt nicht zurück, ohne etwas bewirkt zu haben. Sogar Jesus mußte erkennen, daß viele seine Worte verachteten. Doch schließlich folgte der Sieg. Paulus schrieb: Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart! denn wir sind ein Wohlgeruch Christi für Gott unter denen, die errettet werden, und unter denen, die verloren gehen; den einen ein Geruch vom Tod zum Tode, den anderen aber ein Geruch vom Leben zum Leben. Und wer ist dazu tüchtig? (1. Kor 1,14-16) Sieg in der Seelsorge erreichen wir durch Treue zu Gott und seinem Wort. Wir erreichen ihn nicht, wenn wir schnelle Ergebnisse sehen wollen. Nur solch ein Seelsorger ist treu, der „vor Christus in Gott“ redet (2. Kor 2,17). Der Trost der Barmherzigkeit. Manchmal, wenn ein Mensch einen Verlust erlitten hat oder wenn er durch schwierige Anfechtungen geht, dann ist es nicht notwendigerweise die Aufgabe des Seelsorgers, zu unterweisen, sondern stattdessen zu trösten und besonders den Trost des Herrn zu bringen. Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott alles Trostes, der uns tröstet in all unserer Drangsal, damit wir die trösten können, die in allerlei Drangsal sind, durch den Trost, mit dem wir selbst von Gott getröstet werden (2. Kor 1,3.4). Gottes Trost erleichtert den Kummer und bringt Kraft und Hoffnung. Oftmals ist der Seelsorger, der einen ähnlichen Verlust oder ähnliche Versuchungen erlebt hat, besser in der Lage zu trösten als einer, der diese Erfahrungen noch nicht gemacht hat. Dennoch hat fast jeder Christ schon genug Verlust und Probleme der einen oder anderen Art erlebt, um den Trost Gottes entdeckt zu haben. Solcher Trost führt zu Frieden, Heilung und erneuerter Kraft. Doch sollte ein Seelsorger es vermeiden, mit einem Menschen zu trauern, der entschlossen ist, lieber im Kummer zu verharren, als sich Gott zu nähern, um von ihm Leben und Trost zu empfangen. Gott benutzt seinen Trost, um Wachstum, Veränderung und neues Leben in einem Menschen zu bewirken, und nicht, um ihm nur zu helfen, sich besser zu fühlen. Wenn einem Christen große Veränderungen seines Lebens bevorstehen oder auch schwierige Korrekturen, dann ist es oft so, daß er einen Mitgläubigen braucht, der mit ihm durch diese Veränderungen geht. Solche Veränderungen beinhalten etwa den Tod eines geliebten Menschen, Scheidung, den Verlust der Gesundheit oder des Arbeitsplatzes und bestimmte Arten von Familienproblemen. In solchen Situationen hilft der Seelsorger hauptsächlich durch Zuhören, Identifizierung mit dem Leidenden und durch emotionale und insbesondere geistliche Unterstützung. Außerdem bietet der Seelsorger einfühlsam Hoffnung und Ermutigung für die Zukunft an. Er versucht, die Augen des anderen wieder auf Jesus und die ewigen Verheißungen der Bibel zu lenken. Das kann nur im Glauben und mit viel Sanftmut geschehen. Es ist, als ob man eine Wunde mit Salbe bestreicht. Wenn ein Seelsorger versucht, Hoffnung und Glaube zu wecken, ohne sich in Liebe und Mitleid mit dem Leidenden zu identifizieren, kann es sein, daß er die Wunde wieder aufreißt, daß er Essig statt Öl in die Wunde gießt. In Zeiten des Verlustes, der Enttäuschung und tiefen Kummers muß der Seelsorger besonders geduldig mit dem Leidenden umgehen, der eventuell Haß auf Gott äußert. Durch Liebe, Geduld und Ermutigung kann ein Seelsorger einen solchen Menschen zu einer gerechteren Beurteilung Gottes führen. Gleichzeitig wird dieser Mensch ein tieferes Verständnis für Gottes Charakter und seinen Trost gewinnen. Statt den Leidenden für seine Anklagen gegen Gott zu verurteilen, wird ein weiser Seelsorger im stillen für den verletzten Menschen beten, ihn von ganzem Herzen lieben und ihn vorsichtig zurück auf den Weg des Herrn führen. In Barmherzigkeit uni der Wahrheit willen zuhören. Ein biblisch orientierter Seelsorger hört zu, um zu lieben, zu lernen und zu führen. Er hört in Barmherzigkeit zu, damit er sich mit dem Betreuten identifizieren kann, damit er versteht, was er durchmacht und um die Liebe und Fürsorge Gottes deutlich zu machen. Solches Zuhören ist mehr, als nur voller Mitgefühl eine Geschichte anzuhören. Es hat nichts damit zu tun, daß der Betreute „etwas loswerden“ soll, damit er auf irgendeine Weise dadurch erleichtert ist, sondern damit der Betreute in einer Umgebung der Liebe Gottes lernfähig wird. Wenn sich der Seelsorger mit dem Leidenden identifiziert, dann nimmt er den Menschen so an, wie er ist, und erkennt, daß Gott diesen Menschen liebt, ganz gleich, wie sein gegenwärtiger Zustand sein mag. Gott liebt jeden Menschen trotz der Sünden, die er begangen hat, aber er liebt ihn auch zu sehr, als daß er ihn in diesem Zustand lassen wollte. Gott kam, um Sünder zu retten und zu heiligen, nicht um sie einfach anzunehmen und dann für immer im Unglück weiterleben zu lassen. Aufmerksames Zuhören bezieht Herz, Geist, Augen und Körper genau so ein wie die Ohren. Dieses Zuhören ist eine Haltung, die aus einem liebenden Herzen entspringt und in der täglichen Praxis geübt werden kann. Nur durch Zuhören kann ein Seelsorger Respekt, Fürsorge und Liebe zeigen. Wenn er auf die Worte des Betreuten hört, dann überdenkt er gleichzeitig Gottes große Liebe und Fürsorge für den, der redet. Manchmal ist die Reaktion des Seelsorgers seine deutlichste Aussage. Sehr oft beobachtet ein Betreuter den Gesichtsausdruck des Seelsorgers, um abzuschätzen, ob er sicher ist, wenn er weiterredet. Manchmal kann es sein, daß ein Betreuter eine ganze Zeit die Reaktionen des Seelsorger beobachtet, ehe er sich entscheidet, über sein eigentliches Problem zu reden. Wenn zum Beispiel jemand eine kraße Sünde bekennt, würde eine selbstgerechte schockierte Reaktion oder auch krankhafte Neugierde das Seelsorgegespräch ernsthaft gefährden. Andererseits wird eine anteilnehmende Reaktion, die mit Geduld und Demut gepaart ist (stille Kraft ohne Hinweis auf eigene Überlegenheit) eine Atmosphäre der Sicherheit schaffen, die zu geistlichen Veränderungen ermutigt. Der Seelsorger sollte verschiedene Tatsachen im Auge behalten, wenn ein Betreuter grobe Sünden bekennt: Was jetzt im Moment gesagt wird, ist von äußerster Wichtigkeit für diesen Menschen. Gott hat ihn lieb und wird ihn den Weg aus dieser Zerstörung leiten. Ein solches Bekenntnis ist für Gott nichts Ungewöhnliches, doch er trauert über diesen Sünder und möchte ihm seine Gnade, Barmherzigkeit und Vergebung zukommen lassen. Auch will er ihn in die Wahrheit führen, damit der Sünder verändert wird. Solch ein Bekenntnis ist oft die Vorbereitung zur Umkehr von der Sünde zum Herrn hin und auf seinen Weg. Der Betreute ist zum Seelsorger gekommen, um Hilfe zu erfahren und braucht jemanden, der ohne Furcht zuhören kann und der ihm Gottes Weg aus seinen Problemen zeigt. Die gefühlsmäßige Reaktion in Barmherzigkeit auf das Gehörte bereitet den Boden für die Wahrheit vor und einsichtiges, aufmerksames Zuhören hilft dem Seelsorger zu bestimmen, welche Aspekte der Wahrheit es für den Betreuten zu entdecken oder zu betonen gilt. Die Bibel spricht vom Wert des Zuhörens um der Wahrheit willen: Wer Antwort gibt, bevor er zuhört, dem ist es Narrheit und Schande (Spr 18,13). Durch verständiges Zuhören kann der Seelsorger wichtige Informationen erhalten und eine objektive Sicht der Dinge gewinnen. Aktives intelligentes Zuhören versetzt einen Seelsorger in die Lage, die wichtigen Informationen zu sammeln und Klarheit in verwirrenden Situationen zu erhalten. Dennoch ist der Prozeß des Zuhörens in der Seelsorge oft ein Versteckspiel, weil Schuld, Bitterkeit und mangelnde Vergebungsbereitschaft unter den Problemen verborgen sein können. Verletzte Gefühle verstecken sich oft unter Jähzorn. Hinter Ängsten kann sich Feindschaft verbergen. Neben ungewolltem Selbstbetrug kann der Betrug auch absichtlich geschehen und können wichtige Informationen dem Seelsorger vorenthalten werden. In einer Studie über Klienten in psychotherapeutischer Behandlung wurde entdeckt, daß etwa „40 % der Patienten Zugaben, daß sie ihren Therapeuten wichtige Informationen vorenthielten“95*. Bei einem Tagessymposium an der Columbia Universität „wurde die psychoanalytische Beziehung als Paradebeispiel besprochen, das zeigt, wie sehr menschliche Kommunikation auf Lügen beruht“96*. Obwohl jede Seelsorgebeziehung von Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit geprägt sein sollte, sind es viele leider nicht. Neben der Vorenthaltung wichtiger Informationen und der direkten Lüge erzählten die Menschen meist nur das, was sie selbst für wahr halten und wie sie die Situation sehen. Ihr Standpunkt kann natürlich immer nur begrenzt und subjektiv sein. Ein Seelsorger kann sich deshalb nicht immer darauf verlassen, daß er vom Betreuten genaue Informationen erhält. Sprüche 18,17 sagt: Im Recht scheint, wer in einer Streitsache als erster auftritt, bis sein Nächster kommt und ihn ausforscht. Ein Seelsorger muß immer vorsichtig sein, wenn er Erklärungen oder Beschreibungen von Situationen hört. Unterscheidendes Zuhören erfordert sorgfältiges Achtgeben und erhellende Fragen. Das Herz des Verständigen erwirbt Erkenntnis, und das Ohr der Weisen sucht Erkenntnis (Spr 18,15). Fragen des Typs was, wie, wann, wo und wieweit sind in der Regel hilfreicher als Warum-Fragen. Wenn man Warum-Fragen stellt, dann ist Diskretion das oberste Gebot. Auch wenn sie manchmal wertvolle Informationen bringen können, führen Warum-Fragen häufig nur zu Selbstrechtfertigung und Erklärungsversuchen, statt neue Wege des Denkens und Handelns zu eröffnen. Man kann oft mehr Klarheit gewinnen, wenn man sieht, wie ein Mensch gehandelt hat oder was er ursprünglich beabsichtigt hat. Nathan fragte David nicht, warum er Ehebruch begangen hatte und warum er Uria, den Hethiter, ermordete. Stattdessen konfrontierte er ihn direkt mit seinen Taten. Wenn man dagegen Saul betrachtet, als Samuel ihn fragt, was das Blöken der Schafe zu bedeuten hat, sieht man, daß Saul daraufhin nur versuchte, sich selbst zu rechtfertigen und sein Verhalten zu erklären. Wenn der Seelsorger Verständnisfragen stellt oder wiederholt, was der Betreute gesagt hat, so hilft dies dem Seelsorger sehr zu sehen, ob er wirklich versteht, was der andere sagt, oder ob er nur denkt, er verstünde ihn. Wenn ein Betreuter seine Gefühle oder seine innere Reaktion auf eine bestimmte Situation schildern will, so ist er auf seinen alltäglichen Wortschatz angewiesen. Um das Problem noch zu verschärfen, haben viele Worte unterschiedliche emotionale Assoziationen und diffizile Bedeutungsunterschiede. Die Versuchung ist für den Seelsorger groß, zu handeln, als habe er alles verstanden, wenn sein Verständnis in Wahrheit noch gar nicht ausreicht. Ein guter Zuhörer wird überprüfen, ob er versteht, was gemeint ist bzw. was gesagt wird. Der Seelsorger ist auch vom Herrn abhängig, der das rechte Verstehen schenkt, denn Worte können nie ganz ausdrücken, was ein Mensch gerade erlebt. Einige Menschen drücken sich so poetisch aus, daß der Seelsorger regelrecht zur Interpretation des Gesagten gezwungen wird, und andere sprechen in so nichtssagenden Begriffen, daß vieles ungesagt bleibt. Fragen, die klares Denken und Wahrnehmen fördern, können sehr hilfreich sein, Denkweisen darzulegen und nach der Wahrheit zu suchen. Manchmal kann ein Seelsorger dem Betreuten helfen, indem er etwa die Frage stellt: „Meinst du damit, daß...?“ Das hilft dem Betreuten zu erkennen, welche Kommentare oder Andeutungen er ausgelassen hat. Solche Fragen machen den Betreuten auch verantwortlicher für sein Reden. Sehr oft lassen sich Leute achtlos zu verletzenden Äußerungen hinreißen. Indem der Seelsorger durch seine Fragen Akzente setzt, kann er ein gewisses Maß an Wiederholungen und Durcheinander Vorbeugen. Das Gespräch kann sich in Richtung auf Wiederherstellung, Veränderung oder neue Handlungen konzentrieren, statt sich im Kreis zu drehen und nur Banalitäten zu wiederholen. Fragen, die der Klärung dienen, sind für Ratgeber wie den Betreuten sehr nützlich. Beide werden dadurch gezwungen, sich auf das Wichtige zu konzentrieren, beide brauchen Weisheit und die Gabe der Unterscheidung. Wenn der Seelsorger versucht, beim Zuhören objektiv zu bleiben und Fragen stellt, dann ist es oft möglich, daß der Betreute die Natur seines Problems viel klarer sieht, und vielleicht sogar selbst Antworten entdeckt. Außerdem ist ein Betreuter offener für das, was der Seelsorger zu sagen hat, wenn der Seelsorger gut zugehört hat und versucht hat, alles zu verstehen. Veränderung durch Lehren und Lernen So wichtig das Zuhören in der Seelsorge ist, es ist normalerweise nicht ausreichend. Zur Veränderung sind oft sorgfältige Unterweisung und Anleitung durch die praktische Anwendung biblischer Prinzipien nötig. Geistliche Beratung ist fast wie biblischer Privatunterricht. Statt biblische Prinzipien einer Gruppe zu vermitteln, schneidet der Seelsorger die Unterweisung auf die Bedürfnisse eines Einzelnen zu. Biblische Beratung beinhaltet den ganzen Ratschluß Gottes, weil nur Gott weiß, was im Moment und in der Zukunft vonnöten ist. Eine gute Schriftkenntnis und die aktive Gegenwart des Heiligen Geistes sind für jedes Seelsorgegespräch notwendig. Nicht nur die Auswahl der Lehre, sondern auch die Art des Lehrens ist auf den einzelnen Menschen zugeschnitten. In das gesamte Seelsorgegespräch sollten verschiedene biblische Lehren eingeflochten werden. Weil alle Gläubigen immer besser lernen sollen, wie sie nach Gottes Plan leben können, sollten praktische Vorschläge, wie und wohin Veränderung zielt, aus biblischen Prinzipien entwickelt werden, die sich aus der Situation ergeben. Auch kann ein Seelsorger, der ähnlichen Herausforderungen in seinem Glaubensleben begegnet ist, nicht nur den Weg zum Ziel weisen, sondern auch auf Fallen und Kurven des Weges aufmerksam machen. Andernfalls wird der Betreute denken, daß außer ihm noch niemand auf dem Weg gestrauchelt ist. Weil der Heilige Geist am besten durch die Bibel spricht, wird sich der geistliche Berater auf die Bibel als sein Standardlehrbuch verlassen. Paulus rät Timotheus im Blick auf biblische Seelsorge: Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten, sondern gegen alle milde sein, lehrfähig, duldsam, und die Widersacher in Sanftmut zurechtweisen, ob ihnen Gott nicht etwa Buße gebe zur Erkenntnis der Wahrheit und sie wieder aus dem Fallstrick des Teufels heraus nüchtern werden, da sie von ihm für seinen Willen gefangen worden sind (2. Tim 2,24-26). Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus, der Lebende und Tote richten wird, und bei seiner Erscheinung und seinem Reich: predige das Wort, stehe bereit zu gelegener und ungelegener Zeit; überführe, strafe, ermahne mit aller Langmut und Lehre (2. Tim 4,1.2). Man beachte hier die Art der Unterweisung und ihren Ursprung. Die Lehre basiert auf dem Wort Gottes, sie beinhaltet Korrektur und Ermutigung und wird in Freundlichkeit und Geduld mit viel Sorgfalt weitergegeben. Korrektur kann nur da effektiv geschehen, wo man viel Liebe und Respekt vor dem einzelnen hat. Wenn wir zurechtweisen, dann ist es nötig, sorgfältig zu unterweisen, wie Veränderung geschehen kann oder wie man sich anders verhalten kann. Wann immer der Herr Fehler aufweist, zeigt er gleichzeitig den richtigen Weg. Statt Selbstverurteilung wächst dann Hoffnung und Hilfe zur Veränderung. Oftmals kann Zurechtweisung in der Form geschehen, daß man einen alternativen Plan für das Verhalten und Handeln vorlegt. Wenn jemand sieht, daß es echte Entscheidungsmöglichkeiten gibt, und daß einige dieser Möglichkeiten mit Gottes Willen für ihn übereinstimmen, dann wird er solche Korrektur nicht als Kritik, sondern als neue Hoffnung sehen können. Jeder Christ befindet sich in einem Prozeß der Neuschöpfung. In einem solchen Prozeß ist man verwundbar, doch ist dieser Prozeß auch sehr wertvoll. Deshalb sollte jeder Seelsorger sich nach Gottes Weisheit ausstrecken, wenn er herausfinden will, welche Handlungen des Betreuten verstärkt und welche Fehler korrigiert werden sollten. Die offensichtlichen Fehler sind manchmal nicht die ersten, die der Herr verändern will. Bei manchen Betreuten müssen gewisse Fehler zunächst sogar übersehen werden, bis derjenige von Gottes Güte und Gnade überzeugt ist. Der Herr trug die Israeliten auf Adlersflügeln, ehe er ihnen das Gesetz gab. Jesus starb für unsere Sünden, als wir noch Sünder waren. Die Barmherzigkeit steht oft vor den Prinzipien und Anweisungen. Wenn ein Betreuter lernwillig ist, dann wird er immer offener, Möglichkeiten der Veränderung des Wachstums zu sehen. Er wird beginnen, auf den Herrn zu achten und damit auf seine eigenen Handlungen und Worte. Er wird sie an der Schrift messen, um zu sehen, ob er gemäß dem Leben Jesu in sich handelt und denkt oder auf fleischlichen Wegen geht. In der Sicherheit der Liebe Gottes und in der Sicherheit, die ein Seelsorger gibt, der den Sünder nicht verdammt, wird ein Betreuter frei, um auf seine Handlungen ohne Furcht zu achten, so daß er jedes Gebiet seines Lebens dem Herrn zur Veränderung ausliefern kann. Die Pharisäer waren zu stolz zu lernen. Sie meinten, Experten zu sein, und waren für Korrektur oder Veränderung nicht mehr offen. Sie verteidigten ihre eigene Gerech- tigkeit sogar bis zu dem Punkt, daß sie Jesus verfolgten und ihn schließlich kreuzigten. Einige des Volkes dagegen waren zu ängstlich, die Wahrheit zu hören, weil sie das Urteil Gottes fürchteten. Furcht und Stolz können gleichermaßen das Lernen verhindern. Beide haben ihren Ursprung im Fleisch. Schließlich muß der Betreute biblische Prinzipien durch praktische Anwendung lernen. Wenn man nicht handelt, werden die Tatsachen und Einsichten, die man erkannt und gewonnen hat, nichts ausrichten. Jesus sagte, daß die weise sind, die hören und den Willen Gottes tun. Jakobus ermahnt die Gläubigen, daß sie nach dem Gehörten handeln sollen. Deshalb muß ein Seelsorger den Betreuten ermutigen, das Gelernte in die Tat umzusetzen. Wenn ein Betreuter lernt, auf Jesus zu sehen und sein Joch auf sich zu nehmen, dann kann er sich dem inneren Werk ausliefern, das Jesus in ihm vollbringen will. Jesus hat den Hauptanteil an der Veränderung, während der Gläubige mit ihm zusammenarbeitet und Frucht bringt, indem er das nach außen hin zum Ausdruck bringt, was Jesus in ihm verändert hat. Teil 3 Veränderung durch die Liebe Gottes KAPITEL 11 Liebe empfangen und weitergeben Gottes Liebe ist die beste Motivation für Veränderung und Wachstum. Das Ziel biblischer Seelsorge ist der Empfang der Liebe Gottes und die Beachtung des „höchsten Gebotes“ in Matthäus 22,36. Die beiden dort genannten Gebote können alle Lebensprobleme verändern, die durch Gesprächstherapie überhaupt zu behandeln sind. Die Liebe Gottes empfangen In der Seelsorge muß die Reihenfolge beachtet werden, in der die Liebe weitergegeben wird. Gott hat uns zuerst geliebt. Die Liebe Gottes geht immer der Ermahnung zur Liebe zu Gott voraus. Wenn wir von einem anderen Menschen verlangen, Gott zu lieben, ohne an die Liebe Gottes zu uns zu glauben oder sie zu empfangen, dann wird dieser Mensch in fleischliche Verhaltensweisen verfallen und Gott zu lieben versuchen, damit Gott diese Liebe erwidert. Deshalb sollte in der Beratung die Betonung auf der Liebe Gottes liegen. Seine Liebe, die er uns auf die verschiedensten Weisen zeigt, und die sich am stärksten im Opfer Christi ausdrückt, durchdringt die Dunkelheit des Unglaubens. Glaube an Gott ist das Gegenteil der ungläubigen Reaktion, die im Garten Eden ihren Ursprung hat und Menschen von Gott trennt. Gottes Liebe, die auf Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit basiert, zeigt uns den Weg zurück in eine Beziehung zu ihm. Obwohl Gott uns durch und durch kennt, liebt er uns. Seine Liebe ist weder sentimental noch veränderlich, sondern verläßlich und treu. Wenn jemand sich von Gott und anderen Menschen lieben läßt und auf diese Liebe mit Glauben und Gegenliebe reagiert, wird er eher ein geistliches und kein fleischliches Leben führen. Glaube an Gott und seine Liebe sind äußerst wichtig für das christliche Leben. So selbstverständlich sich das anhört, viele Christen erleben diese dauerhafte unveränderliche Liebe Gottes nur selten. Sie versuchen, gute Christen zu sein, und werden durch ihr eigenes Verhalten entmutigt, und erkennen dabei nicht, daß sie Gottes Liebe nur besser kennenlernen müssen. Kurz gesagt, sie müssen Gott besser kennenlernen und seinem Wort mehr Glauben schenken. Wenn ein Seelsorger über die Liebe Gottes spricht, dann sollte er die Eigenschaften Gottes betonen, die für den Betreuten gerade die wichtigsten sind. Weil die Liebe Gottes jede seiner Eigenschaften unterstützt, verstärkt und modifiziert, wird jedes Lehren über die Liebe Gottes auch Lehre über Gottes Souveränität, Kraft, Wahrheit, Heiligkeit, Treue, Weisheit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Gnade, Vergebung, Geduld und Freundlichkeit beinhalten. Der Betreute muß im Glauben lernen, Gottes Liebe zu begreifen und zu erfahren. Viele Menschen leiden an einem völlig verzerrten Gottesbild und können deshalb seine Barmherzigkeit nicht erfahren. Einige versuchen, sich Gottes Liebe zu verdienen. Andere schauen auf sich selbst und sehen, daß sie Gottes Liebe gar nicht verdient haben. Sie erkennen nicht, daß sie durch Gnade und nicht durch Verdienst geliebt werden, weil Jesus am Kreuz für sie gestorben ist, und nicht, weil sie ihre eigene Gerechtigkeit vorzuweisen haben. Wieder andere haben Gott oder anderen Menschen so lange die Schuld für alles zugeschoben, daß sie verlangen, daß Gott seine Liebe in ihren Umständen und durch ihre Gefühle beweist. Sie haben sich zu Richtern über Gott gemacht. Obwohl sie seine Macht fürchten, glauben sie doch nicht, daß er vertrauenswürdig ist. Solche Menschen leben in den Fesseln des Unglaubens und haben sich selbst zum Gott erhoben. Eine andere Gruppe von Menschen setzt Liebe damit gleich, daß sie immer ihren Willen durchsetzen können, was eine weitere Form der Selbstvergötzung ist. Sie können nicht einsehen, daß Gottes Liebe nie seinem Willen zuwiderhandelt, welcher immer gut und vollkommen ist (wie auch immer die Umstände aussehen mögen). Niemand kann die Liebe Gottes wirklich verstehen, wenn er nur auf sich selbst und seine Umstände sieht. Der beste Weg, Gottes Liebe zu erkennen und an sie zu glauben, ist die Betrachtung des Kreuzes Christi. Denn Gott ist, als wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben. Denn kaum wird jemand für einen Gerechten sterben; denn für den Gütigen möchte vielleicht jemand auch zu sterben wagen. Gott aber erweist seine Liebe gegen uns darin, daß Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist (Röm 5,6-8). Gottes Liebe zu uns ist so groß, daß er es auf sich nahm, den vollen Preis für die Sünden der Menschen zu bezahlen, damit er seine Liebe und sein Leben der Menschheit vermitteln könnte. Liebe ist die wichtigste Wahrheit im Leben eines Christen, doch ist das Wort Liebe sehr häufig verzerrt und verwässert worden. Deshalb muß der Christ die Liebe immer im Zusammenhang der Bibel und der Offenbarung dieser Liebe in Jesus Christus betrachten. Biblische Liebe hat nichts mit Sentimentalität zu tun. Sie ist zart und kraftvoll zugleich. Sie kann nie von der Wahrheit und der Gerechtigkeit absehen. Die vollständigste Beschreibung der Liebe finden wir in 1. Korinther 13: Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig; sie neidet nicht; die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht niemals; seien es aber Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden. Nun aber bleibt Glauben, Hoffnung Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe (1. Kor 13,4-8.13). Diese Beschreibung trifft nur auf Jesus zu, dennoch hat der Seelsorger eben diese Liebe durch die Anwesenheit des Heiligen Geistes in ihm zur Verfügung. Aus dieser Liebe muß der Seelsorger ständig leben. Jede Form der Seelsorge muß dieser Beschreibung der Liebe entsprechen, soweit dies eben möglich ist, denn diese Liebe gibt dem Betreuten Leben. Wenn der Betreute diese Liebe durch den Herrn und auch durch den Seelsorger empfängt, dann verändert sich sein Leben, er wächst in seinem Gefühlsleben und in seinem geistlichen Leben, so daß er dem Herrn ähnlicher wird und den Herausforderungen des Lebens begegnen kann. Weil die Liebe Gottes ein so wichtiger Aspekt im Leben eines Christen ist, sollte der Seelsorger viel Zeit damit zubringen, im Gebet für den Betreuten zu erbitten, daß er die Liebe Gottes erkennt, an sie glaubt und sie empfängt. Er kann mit Paulus beten: Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, von dem jede Vaterschaft in den Himmeln und auf Erden benannt wird: Er gebe euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen; daß der Christus durch den Glauben in eurem Herzen wohne und ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid, damit ihr imstande seid, mit allen Heiligen völlig zu erfassen, was die Breite und Länge und Höhe und Tiefe ist, und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, damit ihr erfüllt werdet zur ganzen Fülle Gottes (Eph 3,14-19). Paulus wußte, daß der Heilige Geist in einem Menschen Großes bewirken kann, wenn er diese Liebe empfängt. So beendet er dann sein Gebet mit den Worten: Dem aber, der über alle hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr, als wir erbitten oder erdenken, gemäß der Kraft, die in uns wirkt, ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde und in Christus Jesus auf alle Geschlechter hin in alle Ewigkeit! Amen! (Eph 3,20-21) Gottes Liebe wurde am Kreuz Christi über die Menschheit ausgegossen, so daß der Mensch die Möglichkeit hatte, die Gemeinschaft mit Gott wiederzuerlangen, für die Gott ihn erschaffen hat. Jesus starb, damit Gott in das Leben des Menschen eingreifen und diesem Menschen die Eigenschaften verleihen kann, die für Gott charakteristisch sind: Heiligkeit, Gerechtigkeit, Wahrheit, Glaube, moralische Verantwortung, Liebe, Vergebung und Barmherzigkeit. Obwohl Gottes Überlegenheit und Macht nicht wanken, regiert er sein Reich und seinen Machtbereich durch das Leben seiner Kinder, die sich entschieden haben, ihn aufzunehmen. Verständnis der Eigenschaften Gottes ist nur der Anfang einer tieferen Beziehung zu Gott. Damit beginnt die Erfahrung seiner Liebe und seines Lebens, damit wird man zu einem Gefäß für seine Eigenschaften und wird immer mehr in sein Bildnis verwandelt. Nur die Liebe Gottes konnte die Auswirkungen des Sündenfalls in ihr Gegenteil verkehren und Menschen befähigen, an ihn zu glauben, gemäß seinem Willen im Glauben zu handeln und Gott im Gehorsam zu lieben. Das höchste Gebot Weil die Liebesbeziehung zu Gott das Wesen des Christentums ausmacht, ist Liebe zu Gott die wichtigste Antwort auf die Liebe Gottes. Liebe zu Gott ist die Kraft, die Menschen motiviert, nach seinem Willen zu leben. Deshalb ist das „höchste Gebot“ die Mitte biblischer Seelsorge. Das erste ist: „Höre Israel: Der Herr, unser Gott, ist allein Herr; und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner ganzen Kraft.“ Das zweite ist dies: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Größer als diese ist kein anderes Gebot (Mark 12,29-31). Zusammen mit Johannes 3,16 ist dieses „größte Gebot“ das Herz des Christentums. Es definiert die Liebesbeziehung, aus der überfließendes Leben strömt. Liebe zu Gott Das „höchste Gebot“ basiert in allererster Linie auf der Liebe Gottes zum Menschen. Der Apostel Johannes schrieb: „Hierin ist die Liebe: nicht daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden“ (1. Joh 4,10). Das Gebot der Gottesliebe fordert die Reaktion des Gläubigen auf Gottes Liebe: Nämlich nun seinerseits Gott zu lieben. Die grundlegendste Entscheidung des Christen zur Veränderung besteht darin, auf Gottes Liebe aktiv zu reagieren, indem er seiner Liebe glaubt und Gott mit jeder Faser seines Seins wiederliebt, d. h. auch mit seinen Gedanken, Gefühlen und Handlungen. Der Mensch wurde für die Liebesbeziehung zu Gott und zum Weitergeben dieser Liebe geschaffen. Ehe man diese Beziehung zu Gott nicht hat, lebt man in Unfrieden mit sich selbst. Liebe zu Gott ist mehr als ein Gefühl. Sie betrifft den ganzen Menschen, den Geist, den Willen, das Herz und alle Kraft und muß deshalb ständig ausgelebt werden. Wenn der Seelsorger beschreibt, wie man Gott lieben kann, dann sollte er zunächst betonen, wie wichtig es ist, Gott zu glauben und ihm zu vertrauen. Der Schreiber des Hebräerbriefes sagte: „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, ihm wohlzugefallen; denn wer Gott naht, muß glauben, daß er ist und denen, die ihn suchen, ein Belohner sein wird“ (Hebr 11,6). Liebe zu Gott äußert sich in willigem Gehorsam. Gottes Liebe ist die Quelle des Lebens und die göttliche Kraft, die einen Gläubigen befähigt, sein Leben nach Gottes Plan zu führen - in Weisheit, in der Unter- Ordnung unter Gott, in Demut, in Kraft, im Glauben, in Hoffnung und in der Liebe. Zu dieser Reaktion auf Gottes Liebe gehört die Hingabe des eigenen Ich. Jesus gab sein Leben für jeden Gläubigen, weil er liebte. Deshalb gibt sich ein Gläubiger als Antwort auf diese Liebe Gott hin. Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist. Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, daß ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: Das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene (Röm 12,1.2). Solches Geben und Empfangen bewirkt Veränderung. Wenn sich der Gläubige dem Heiligen Geist ausliefert, wird er Jesus immer ähnlicher. Jesus drückt das so aus: Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach. Denn wenn jemand sein Leben erretten will, wird er es verlieren; wenn aber jemand sein Leben verliert um meinetwillen, wird er es finden (Matth 16,24.25). Liebe zu Gott kann sich auch darin ausdrücken, daß wir ihm die Ehre geben und ihn allein anbeten. Wenn wir ihn als Gott verehren, dann setzen wir unser Vertrauen mehr auf ihn als auf irgendeine andere Person, auf Dinge oder auf eine Weltanschauung. Anbetung Gottes kann auch niedere Beweggründe wegnehmen oder ihnen ihren richtigen Platz anweisen. Wenn ein Mensch Gott verehrt, dann setzt das voraus, daß Gott ein guter Gott ist und daß er völlig gerecht, heilig und freundlich ist. Gott wird auf diese Weise die Ehre für alles Gute, Vollkommene und Schöne gegeben. Eine andere Form der praktischen Liebe zu Gott ist der Dank. Der Dank ehrt Gott als Ursprung alles Guten. Ein Betreuter sollte sich eine Liste anlegen, auf die er alles schreibt, wofür er dankbar sein kann. Eine solche Haltung der Dankbarkeit bringt eine göttliche Perspektive in unsere schwierigen, negativen Umstände. Christen, die nahe beim Herrn leben, sind inmitten von Kummer und Sorgen voll überfließender Dankbarkeit, nicht für die Ursache ihres Kum- mers, sondern für die kostbare Gegenwart Gottes und für alles Gute, das er in ihrem Leben getan hat. Eine grundlegende Art der Liebe zu Gott ist das Bleiben in ihm, die Abhängigkeit von ihm als der Quelle des Lebens und aller guten Taten, und die Entscheidung, nie unabhängig von Gott zu handeln. Wenn man die Gegenwart Gottes im Gläubigen ignoriert, tut man ihm unrecht; wer jedoch in der Gemeinschaft mit Christus in ihm lebt, erweist ihm seine Liebe. Solche Abhängigkeit vom Herrn beinhaltet die Demut, sagen zu können: „Ohne ihn kann ich nichts tun, aber mit ihm kann ich seinen Willen erfüllen.“ Der Gläubige, der diese Haltung hat, gibt Gott alle Ehre und Herrlichkeit, statt sich selbst irgend etwas anzurechnen. Wenn der Seelsorger über diese Gebiete der Liebe zu Gott spricht, kann er die Auswahl auf die gegenwärtigen Bedürfnisse des Betreuten zuschneiden. Auch, wenn einige Menschen unabhängig leben, weil sie eine sehr starke Persönlichkeit haben, handeln andere so, weil sie die Prinzipien eines Lebenswandels im Geist in einer Abhängigkeitsbeziehung zum Vater nicht verstanden haben. Außerdem ist der Lernprozeß, der zu einem Leben in der Abhängigkeit vom Herrn führt, ein Prozeß, der sich mit der fortschreitenden Erfahrung entwickelt. Die wichtigste Möglichkeit für manche Menschen, Gott zu lieben, besteht darin, seiner Liebe auch dann zu glauben, wenn ihre Gefühle ihnen etwas ganz anderes sagen. Die Gefühle spiegeln nicht immer die ständige Liebe Gottes wider. Deshalb sollte ein Seelsorger darauf hinweisen, daß man sich an Gottes Liebe erinnern sollte und auf die Liebe Gottes unabhängig von den eigenen Gefühlen reagieren sollte. Diese Antwort wird die Fähigkeit des Menschen stärken, Gottes Liebe zu empfangen und ihn wiederzulieben. Oftmals hilft eine deutliche Darlegung, wie Gottes Wort auf die Probleme des Betreuten eingeht und wie Gott uns voller Fürsorge liebt und uns hilft. Ein weiterer Weg, den Betreuten in der Liebe Gottes zu befestigen, ist, die Aufforderung, anderen Menschen über die Treue, Freundlichkeit und Liebe Gottes zu berichten und zu bezeugen, wie er sie in seinem eigenen Leben erfahren hat. Ein Seelsorger kann sogar direkt fragen: „Wie hat Gott dir in der vergangenen Woche gezeigt, daß er dich liebt?“ Zum Schluß möchte ich noch Vertrauen und Gehorsam gegen Gott nennen, die Zeichen einer lebendigen Liebe zu ihm sind. Gehor- sam gegen das Wort Gottes ist überaus wichtig. Dennoch gibt es viele Christen, die versuchen, dem Wort Gottes zu gehorchen, um sich damit die Liebe Gottes und anderer Menschen zu verdienen. Wahrer Gehorsam ist jedoch eine Auswirkung der Liebesbeziehung zu Gott. Jesus sagte: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt, wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren“ (Joh 14,21). Obwohl Gott uns zuerst geliebt hat, hält der Gehorsam des Christen den Strom der Liebe aufrecht. Gott hört nie auf zu lieben, aber Gehorsam ermöglicht es dem Menschen, ständig Gottes Liebe zu empfangen. Deshalb ist Gehorsam ein Akt der Liebe, der sich direkt auf Gott richtet. Der Seelsorger sollte den Gehorsam auf der Basis der Liebe Gottes und dem Grundsatz ermutigen, daß Gottes Gebote für den Menschen gut sind. Jedes Gesetz Gottes ist gut. Sein Gesetz ist gerecht. Deshalb schloß Jesus das „höchste Gebot“ der Liebe zu Gott und das „zweite“ der Nächstenliebe mit den Worten: „An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“ (Matth 22,40). Alle Güte und Gerechtigkeit hat ihren Ursprung in der Liebe Gottes und breitet sich durch die Liebe zu Gott und anderen aus. Liebe ist deshalb die Motivation zum Gehorsam gegenüber Gott und gleichzeitig ist Gehorsam gegen Gott ein Akt der Liebe. Nächstenliebe Die einfachste Art, Gottes Liebe sichtbar zu machen, ist die Nächstenliebe. Der Apostel Johannes hielt fest, daß man nicht behaupten kann, Gott zu lieben, wenn man seine Mitmenschen nicht liebt. Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. Wenn jemand sagt: ich liebe Gott, und haßt seinen Bruder, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er gesehen hat, kann nicht Gott lieben, den er nicht gesehen hat. Und dieses Gebot haben wir von ihm, daß, wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll (1. Joh 4,19-21). Jesus stellte das Gebot der Nächstenliebe diiekt neben das Gebot der Gottesliebe. Liebe zu Gott befähigt Christen, einander auch in schwierigen Umständen noch zu lieben. Diese Liebe kommt nicht aus einer menschlichen, sondern aus einer göttlichen Quelle. Gott selbst wohnt nämlich durch den Heiligen Geist im Menschen und liebt den Gläubigen. Johannes schreibt: Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. Hierin ist die Liebe Gottes vollendet worden (1. Joh 4,16.17). Paulus hatte auch viel über die Liebe unter Christen zu sagen: Zieht nun an als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut. Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn einer Klage gegen den anderen hat; wie auch der Christus euch vergeben hat, so auch ihr. Zu diesem allen aber zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist (Kol 3,12-14). Man beachte, daß Paulus die Gläubigen zuerst an ihre Stellung in Beziehung zu Gott erinnerte, nämlich, daß sie „Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte“ sind, ehe er beschrieb, wie sie einander lieben könnten. In der Gemeinde können Menschen neue Wege der Liebe lernen, wie Jesus befohlen hat: „Liebt einander, wie ich euch geliebt habe“ (Joh 15,12). Jesu Liebe war nie passiv. Er lehrte und heilte viel, und er nahm das Gericht für unsere Sünde auf sich, als er am Kreuz starb. Auch Jakobus betonte die tätige Liebe, als er die Gläubigen aufrief, ihrem Glauben gemäß zu leben und mit der Tat zu lieben: Wenn aber ein Bruder oder eine Schwester dürftig gekleidet ist und der täglichen Nahrung entbehrt, aber jemand unter euch spricht zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch! ihr gebt ihnen aber nicht das für den Leib Notwendige, was nützt es? (Jak 2,15.16) Nächstenliebe heißt nicht unbedingt, liebevolle Gefühle für jemanden zu produzieren. Als Jesus die Geschichte des Samariters als Beispiel für Nächstenliebe erzählte, erwähnte er die Sorge des Samariters um das Wohlergehen des geschlagenen und beraubten Mannes und seine praktische Hilfe. Der Samariter stellte das Wohlergehen des anderen über sein eigenes und ging von seinem Weg ab, um sich darum zu kümmern, daß dem Mann aus seiner Not geholfen wurde. Und doch erwähnte Jesus keine liebevollen Gefühle, die der Samariter vielleicht hatte. Auch in der „Goldenen Regel“ lehrte Jesus den Grundsatz, den Nächsten wie sich selbst zu lieben: Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch! (Matth 7,12) Jesus lehrte die Menschen nicht nur, weil sie sozial verantwortlich leben sollten, er betonte auch, daß das Nebenprodukt des Gehorsams das Glück ist. Eine faszinierende Studie über die „Goldene Regel“ schrieb Bernhard Rimland, der Direktor des Institutes für kindliche Verhaltensforschung. Er fand heraus, daß „die glücklichsten die Menschen sind, die anderen helfen“. Jeder Teilnehmer der Studie wurde gebeten, eine Liste der zehn Menschen aufzustellen, die er am besten kennt und sie zu beurteilen, ob sie glücklich seien oder nicht. Dann sollte die Liste noch einmal durchgegangen werden. Jeder sollte dann in die Kategorie „selbstsüchtig“ oder „nicht selbstsüchtig“ eingeordnet werden. Dabei sollte folgende Definition von selbstsüchtig gebraucht werden: Eine dauernde Tendenz, die zur Verfügung stehende Zeit und Mittel für die eigenen Interessen und zum eigenen Nutzen einzusetzen - mangelnde Bereitschaft, sich selbst für andere einzusetzen.97) Als Rimland die Ergebnisse durchsah, fand er heraus, daß alle Menschen, die als „glücklich“ bezeichnet wurden, auch als „nicht selbstsüchtig“ eingestuft wurden. Er schrieb, daß die, „deren wichtigste Beschäftigung es war, sich selbst glücklich zu machen, weitaus seltener wirklich glücklich sind, als die, deren Bestreben es ist, andere glücklich zu machen“. (Hervorhebung Rimland). Rimland schloß: „Behandle andere Menschen so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“98) Wenn ein Mensch beschließt, Gott im Glauben und im Gehorsam zu lieben und andere durch ein aktives, auf den anderen gerichtetes Leben zu lieben, dann wird er nicht nur die Lösung vieler Beziehungsprobleme finden, sondern auch mehr Früchte des Geistes hervorbringen. Wenn er seine Handlungen vor dem Hintergrund des Gebotes der Gottes- und Menschenliebe beurteilt, wird er ebenso-viele Gelegenheiten zum Wachstum finden, als wenn er Jesus im Kontext seiner Liebe gehorsam ist. Die Schrift zeigt uns die wesentlichen Tatsachen, damit wir ein gottesfürchtiges Leben voll Vertrauen und Gehorsam gegenüber der Liebe Gottes führen können. Deshalb sind die Handlungsanweisungen der Schrift und in der Seelsorge dieselben: Der Mensch ist aufgerufen, in einer Beziehung zu dem Gott der Liebe zu leben, und das „höchste Gebot“ in die Tat umzusetzen (Matth 22,38). Der Mittelpunkt jeder Seelsorge muß diese grundlegende Beziehung der Liebe sein. Jedes Problem kann dadurch gelöst werden, daß man Gottes Liebe noch besser erkennt und dieser Liebe antwortet. Wenn zwei Gläubige Zusammenkommen, um Gottes Lösungen für ihr Problem zu suchen, dann werden sie alle Gedanken, Gefühle und Handlungen im Zusammenhang von Gottes Liebe und seinem Wort beurteilen. Sie werden diese drei Bereiche auf dem Hintergrund der Schöpfung beleuchten. Das bedeutet, daß man sich Gedanken über die geistliche Natur des Menschen, die Einzigartigkeit eines jeden Menschen und den freien Willen macht. Sie werden diese drei Bereiche so durchleuchten, daß deutlich wird, wo der Betreute noch nach alten Handlungsschemata handelt, als ob er noch immer von Gott getrennt wäre, und deshalb aus Unglaube, irregeleiteter Hoffnung und Eigenliebe handelt. Und sie werden diese drei Bereiche aus der Sicht der neuen Schöpfung (Wiederherstellung) betrachten - vom neuen Leben durch den Tod und die Auferstehung Jesu, vom Heiligen Geist in uns und vom Wort Gottes aus beleuchten. Aber über und in allem werden sie Gedanken, Gefühle und Handlungen von der Beziehung zu Gott her sehen: von der Liebe Gottes zum Menschen und vom „höchsten und wichtigsten Gebot“ aus. KAPITEL 12 Der Kampf um die Liebe Der ursprüngliche Kampf, der im Garten Eden begann und heute noch fortdauert, sobald ein Mensch Christ wird, ist der Kampf um die Liebe. Gott schuf den Menschen, damit er in einer liebevollen Beziehung zu ihm leben sollte, aber als Adam und Eva sich entschieden, unabhängig von Gott zu handeln, bewegten sie sich aus dem Bereich dieser Liebesbeziehung heraus und machten sich selbst zu Gott. In diesem Zustand, getrennt von Gott, entwickelte der Mensch ein autonomes Ich, das versucht, seine Bedürfnisse selbst zu befriedigen, ohne das Leben Gottes in Anspruch zu nehmen. Es ist dasselbe Ich, das immer wieder mit unzähligen unterschwelligen Tricks versucht, sich selbst mehr zu lieben als den Nächsten. Der Liebeskonflikt im Menschen Jesus verstand diesen Kampf sehr gut, wie er bewies, als er die Frage beantwortete, welches Gebot das höchste sei: Das erste ist: „Höre Israel: Der Herr, unser Gott, ist allein Herr; und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner ganzen Kraft“ (Mark 12,29.30). Liebe zu Gott ist das Wichtigste für den Menschen, denn was ein Mensch liebt, ist sein Gott. Man beachte, wie Jesus die beiden Aussagen: „Der Herr, unser Gott ist allein Herr“ und „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben“, verknüpft. Was der Mensch am meisten liebt, hat auch die größte Bedeutung in seinem Leben. Aber wenn der Mensch sich selbst am meisten liebt, dann erhält das eigene Ich den Platz, den eigentlich Gott einnehmen sollte. In dem Moment, in dem man den eigenen Willen über den Gottes stellt, liebt man sich selbst mehr als Gott. Wann immer ein Mensch seine eigenen Wünsche über Gottes Gebote stellt, handelt er, als sei er selbst Gott, statt sich dem einen und wahren Gott zu unterwerfen. Jedes Problem, das einem Menschen begegnet, beinhaltet für ihn eine Entscheidungsmöglichkeit: Sich selbst zu lieben oder Gott zu lieben. Gott stellt uns ganz bewußt vor diese Entscheidung. Wir können aus der Beziehung zu ihm heraus handeln oder aber unseren eigenen Weg gehen. Gottes Liebe ist für uns da, damit wir befähigt werden, uns dem Problem zu stellen und der Versuchung zu widerstehen. Wir haben die Wahl, uns selbst zu lieben und unseren eigenen Willen durch unsere eigene Anstrengung zu erreichen, oder aber Gott zu lieben und seinen Willen zu tun, nachdem er uns dazu befähigt hat. Neben dem angeborenen Kampf zwischen der Selbstliebe und der Liebe zu Gott regt uns unsere Umwelt ständig an, nur uns selbst zu lieben. Durch den starken Einfluß der säkularen humanistischen Psychologie sind viele Menschen der Überzeugung, daß die Ursache ihrer Probleme mangelnde Selbstliebe ist. Sie glauben, daß sie lernen müssen, sich selbst mehr zu lieben, damit sie ihre Probleme bewältigen können. Obwohl Jesus seine Jünger gelehrt hat, Gott und den Nächsten durch Gedanken, Gefühle und Handlungen im Einverständnis mit Gottes Willen zu lieben, treten heute viele für die Lehre der Selbstliebe, Selbstannahme und des Selbstwertgefühls ein. Sie glauben, daß die Probleme ihres Lebens Resultat eines zu geringen Selbstwertgefühles sind. Das Gegenmittel ist ihrer Meinung nach, so zu handeln und zu denken, daß man sich selbst gut fühlt. Aber der Blickpunkt der Bibel ist immer auf den anderen gerichtet und nicht auf das Ich. Es ist weitaus korrekter zu sagen, daß eine der Hauptursachen für Depressionen und andere Gefühls- und Verhaltensprobleme die Beschäftigung mit sich selbst ist und nicht ein Mangel an Selbstliebe. Trotz der Tatsache, daß die Schrift auf den Nächsten hin orientiert ist, fachen viele christliche Bücher die Flammen des Egoismus nur weiter an. (Dieses Thema ist gegenwärtig in den Gemeinden hochaktuell. Obwohl der Kult der Selbstanbetung im Garten Eden begonnen hat, hatten wir erst in den letzten dreißig Jahren überhaupt Zeit und Geld, um uns so auf uns selbst zu fixieren.) Und als Folge dieses Egoismus haben wir heute ein Evangelium der Selbstsucht, das mit der Schrift abgesegnet wird und uns mit Selbstbestätigung überschüttet. John Piper sagt zu dieser Entwicklung traurig: „Heute ist das erste Gebot: ,Du sollst dich selbst lieben.1“ Er beklagt sich zurecht, daß heute „die größte Sünde nicht mehr darin besteht, daß wir Gott die Ehre nicht geben wollen oder ihm nicht danken wollen, sondern heute ist die größte Sünde, wenn wir nicht genug Selbstliebe aufbringen“."> David Myers hat in seinem Buch Das aufgeblasene Ich gezeigt, wie die Forschung das Streben, sich selbst zu dienen, im Menschen entdeckt hat. Immer wieder haben Experimente gezeigt, daß Menschen dazu tendieren, gutes Verhalten sich selbst zuzuschreiben und schlechtes Verhalten den Umständen. Damit können sie die Anerkennung für gutes Verhalten einstreichen und die Verantwortung für Fehl verhalten abschieben.100) In Experimenten, die von den Probanden verlangten, gemeinsam mit einem Partner ein Ziel zu erreichen, rechneten sich die meisten die Erfolge selbst an, während sie den Partner für Versagen verantwortlich machten. Das gleiche Verhaltensmuster zeigte sich auch, als den Teams falsche Ergebnisse über Erfolg oder Mißerfolg gegeben wurden.101) Die Ergebnisse der Experimente stimmen mit der Erfahrung des Spruchdichters überein: Alle Wege eines Mannes sind lauter in seinen Augen, aber der die Geister prüft, ist der Herr (Spr 16,2). Obwohl viele meinen, daß der Mensch ein stärkeres Selbstvertrauen braucht, wurde Myers durch seine Forschung zu dem Schluß geführt, daß „Prediger, die Ich-stärkende Predigten vor Menschen halten, die ihrer Meinung nach nicht genug Selbstwertgefühl haben, über ein Problem predigen, das nur in den seltensten Fällen wirklich existiert“102». Diese Beschäftigung mit sich selbst hat historische Folgen. Edward Stainbrook, ein in den USA bekannter Verhaltensforschungsexperte, glaubt, daß „die Beschäftigung mit sich selbst Amerikas Zukunft gefährdet“ und daß die vielen Depressionen in unserer westlichen Gesellschaft durch eben diese Selbstbeschäftigung verursacht sind.103» Der Psychiater Heinz Kohut sagt, daß Narzißmus „die schlimmste Krankheit unserer Zeit“ ist.104» Paulus sagte, daß ein Kennzeichen der letzten Tage die Selbstliebe sein würde (2.Tim 3,2). Unglücklicherweise zielt die psychologische Beratung meistens darauf ab, das Ich zu stärken statt das Ich zu verleugnen. Sie hat Selbstliebe statt Selbstaufopferung zum Ziel. Der biblische orientierte Seelsorger muß die gefallene Natur des Menschen vom Garten Eden an und den Drang des Fleisches eines Christen mit in seine Überlegungen einbeziehen. Selbstliebe ist eine ansprechende Botschaft, insbesondere für den fleischlichen Christen. Die Selbstverleugnung ist dem Fleisch dagegen ein Greuel. Deshalb sind bestimmte Motive, Ziele und Haltungen eines Menschen oft das Ergebnis der gefallenen Natur bzw. des Fleisches. Der Kommentator einer neuen Studie über einen Erhebungszeitraum von zwanzig Jahren über die Amerikaner sagt: Es scheint mir, daß „die neue Jagd nach Selbstverwirklichung und Selbsterfüllung“ in Amerikas psychischem Leben tief verankert ist - es sei denn, es käme ein Krieg, eine Hungersnot oder eine allumfassende ökonomische Krise.105* Dieses Konzept der Selbstliebe ist sicher eines der Gebiete, auf dem die Schrift heute am meisten mißverstanden und falsch ausgelegt wird. Wenn man den Menschen Selbstannahme, Selbstwertgefühl und Selbstliebe predigt, so wird man die niederen Beweggründe des Fleisches fördern und in Selbstanbetung enden. Jemand hat sehr weise gesagt: „Es ist nicht wichtig, wer wir sind, sondern wem wir gehören.“ Ich bin von Christus angenommen, er hält mich für wertvoll, ich bin in den Augen Christi wertgeachtet. Aber wenn das „wer“ vom „wessen“ getrennt wird, dann leben wir nicht mehr im Geist, sondern im Egoismus. Selbstliebe ist kein Ziel der Heiligen Schrift Selbstliebe ist in der Bibel kein erstrebenswertes positives Ziel. Jesus sagte, daß das Kennzeichen eines Jüngers die Selbstverleugnung ist (Mark 8,34). Paul Vitz beschreibt die Gefahr der Selbstliebe und des Stolzes: Die unerbittliche und ausschließliche Suche nach dem Selbst und seine Verherrlichung ist das genaue Gegenteil der christlichen Aufforderung, sich selbst zu verlieren. Jesus führte oder predigte kein Leben, das man nach heutigen Maßstäben als „selbstverwirklicht“ bezeichnen könnte. Für den Christen ist das Ich ein Problem und kein Paradies. Wenn man dieses Problem verstehen will, muß man sich der Sünde bewußt werden, und zwar besonders der Sünde des Stolzes. Will man diesen Zustand verändern, dann muß man solche „nichtselbstverwirklichenden“ Zustände wie Buße und Umkehr, Demut, Gehorsam und Vertrauen in Gott erreichen.106) Selbstliebe ist keine christliche Tugend, sondern ein potentielles Laster. Paulus schrieb von sich, daß er der „erste Sünder“ und der geringste aller Heiligen sei (1. Tim 1,15; Eph 3,8). Das ist geistlicher Realitätssinn und heilige Demut, die wir alle erreichen müssen. Wenn man einen Betreuten den bequemen Weg der Selbstliebe führt, dann führt man ihn in Unwissenheit zum Garten Eden zurück und bestreitet damit die Notwendigkeit des Kreuzes Christi. Liebe zu Gott entsteht nicht durch Selbstliebe, wie viele Leute behaupten, die sich von der humanistischen Psychologie beeinflussen lassen. Stattdessen ist Liebe zu Gott die Antwort auf seine Liebe zu uns. Johannes erklärt in seinem ersten Brief: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat“ (1. Joh 4,19). Liebe zu Gott und anderen Menschen entsteht nicht einfach durch Selbstliebe. Liebe zu Gott und dem Nächsten kommt von Gott selbst. Wer Gott nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe. Hierin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden, daß Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben möchten. Hierin ist die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt hat und seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden. Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, sind auch wir schuldig, einander zu lieben (1. Joh 4,8-11). Die biblische Reihenfolge lautet: 1. Gott liebt den Menschen. 2. Wenn der Mensch Gottes Liebe empfängt, liebt er Gott wie er von Gott geliebt ist. 3. Der Mensch wird dadurch fähig, andere Menschen zu lieben. Selbstlose Liebe kommt von Gott. Er ist die Quelle dieser Form der Liebe, die wir alle brauchen. Der säkulare Humanismus hat das „größte Gebot“ wirkungsvoll verdreht. Deshalb folgen heute viele Menschen in den Gemeinden dem Ruf „Liebe dich selbst!“ Sogar Christen predigen die Botschaft der Selbstliebe in dem Irrglauben, daß nur, wenn jemand sich selbst lieben kann, er auch andere und Gott lieben kann. Im Widerspruch zur Bibel hat man die neue Reihenfolge so aufgestellt: 1. Liebe dich selbst, damit du 2. andere lieben kannst und 3. Gott lieben kannst. Die Bibel lehrt, daß die Selbstliebe schon längst viel zu stark ist. Als Jesus sagte, daß man den Nächsten wie sich selbst lieben solle, da meinte er: „... wie du dich schon jetzt selbst liebst.“ Er kam überhaupt nicht auf die Idee, daß es Menschen geben könne, die sich selbst nicht lieben. „Wie dich selbst“ ist eine Gegebenheit, jedoch nicht ein drittes Gebot. Sogar Menschen, die sich selbst hassen, tun das, weil sie sich selbst lieben. Menschen begehen Selbstmord, weil sie sich so sehr lieben, daß sie sich den Schmerz des Lebens, die Frustration der Verantwortlichkeit oder die Enttäuschung darüber, daß sie ihren eigenen Ansprüchen nicht genügen können, ersparen wollen. Deshalb kann die Antwort nicht Selbstliebe lauten, sondern Liebe Gottes zum Menschen und die Reaktion des Menschen darauf. Liebe zwischen Personen (zwischen Gott und Mensch und zwischen Menschen) ist ein wesentliches Element der individuellen Ganzheit und der sozialen Eingebundenheit. Das Streben nach Selbstliebe zeigt uns, daß wir in den letzten Tagen leben, denn Paulus schrieb: Dies aber wisse, daß in den letzten Tagen schwere Zeiten eintre-ten werden: denn die Menschen werden selbstsüchtig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, lieblos, unversöhnlich, Verleumder, unenthaltsam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, unbesonnen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen (2. Tim 3,1-5). Paulus sagt hier, daß die Selbstliebe eher Sünde hervorbringt als Liebe zu Gott und den Menschen. Wenn wir dem Ergebnis humanistischer Lehren der Selbstliebe folgen, dann werden wir damit enden, daß wir die persönlichen Neigungen über Treue zu Gott setzen. Die Antwort für Menschen in Not kann nicht lauten „Liebe dich selbst“. Biblische Seelsorge versucht, Liebe zu wecken, wo zu wenig Liebe war, und sie versucht, die Liebe in die richtige Richtung zu lenken, wo sie sich auf Falsches gerichtet hat. Die Tendenz des natürlichen Menschen ist die Selbstliebe. Aber die Schrift will immer dazu ermuntern, Gott mehr als alle anderen und als alles andere zu lieben. Die Bibel ruft den Mensch auf, andere so zu lieben, wie er sich selbst schon liebt. Einen Christen anzuleiten, Gott und andere Menschen auf Kosten der Selbstliebe zu lieben, ist heutzutage in unserer Gesellschaft keine sehr populäre Botschaft. Wir werden heute stattdes-sen dauernd aufgefordert, auf Selbstwertgefühl und Selbstliebe hinzuarbeiten. Aber das Paradox der Schrift ist, daß wir in Wirklichkeit mehr Liebe, Freude, Frieden und andere Früchte des Geistes hervorbringen, wenn wir Gott und andere lieben. Die biblische Alternative zur Selbstliebe Die Alternative zur Selbstliebe ist nicht Selbsthaß, sondern eine Liebesbeziehung zu Gott und anderen Menschen. Der ständige Kampf, der zwischen Geist und Fleisch besteht, ist ein Kampf, ob man sich selbst oder andere Menschen und Gott liebt. Es gibt viele Anzeichen der Selbstliebe. Hier ist eine kurze Liste: Die eigene Bequemlichkeit und das eigene Wohlergehen über das von anderen Menschen stellen Dem Ich mehr Glauben schenken als Gott Dauernde Beschäftigung mit sich selbst Übertrieben auf eigene Gefühle und Überzeugungen achten Selbstverurteilung (weil das Ich im Mittelpunkt steht) Kritik anderen gegenüber Abschieben der Schuld auf andere Mangelndes Vertrauen, daß Gott das tut, was für uns am besten ist Persönliches Machtstreben Ehrgeiz Selbstrechtfertigung Denken, man sei besser als andere Übermäßig sich selbst beschützen wollen Zu sehr von der Meinung anderer abhängig sein Übermäßiger Perfektionismus Sicherlich ist diese Liste begrenzt, aber sie beschreibt die Grundtendenz von uns allen, weil wir alle dazu neigen, uns selbst mehr als andere zu lieben. Die Aufmerksamkeit gilt dem Ich und die Motivation für Handlungen ist persönlicher Gewinn. Verschiedene Sünden stehen in Verbindung mit den verschiedenen Formen der Selbstliebe. Wenn man die Zehn Gebote durchgeht, dann kann man sehen, daß sie darauf hinzielen, Gott durch Gehorsam zu ehren und dem Nachbarn durch bestimmte Handlungen Liebe zu erweisen. Die Sünden, die seelische Kraft verschlingen, insbesondere mangelnde Vergebungsbereitschaft und Bitterkeit, haben ihre Ursache darin, daß man das Ich mehr liebt als Gott. Eifersucht und Neid gehören ebenfalls in diese Kategorie. Auch die Lustsünden entstehen aus einer Liebe, die nur auf sich selbst zielt. Biblische Seelsorge konzentriert sich auf die Liebe als Mittel zur Veränderung und versucht, die Liebe des Betreuten auf Gott und andere zu richten. Die Antwort auf unser Bedürfnis nach Liebe ist nicht, uns selbst mehr zu lieben, sondern Gott zu lieben und auf diese Liebe zu reagieren. Liebe ist dazu bestimmt, von außen geleitet zu werden, nicht von innen. Ein Weg, Gott zu lieben, besteht darin, einander zu lieben, deshalb wird das zweithöchste Gebot im höchsten eingeschlossen: Liebe Gott, liebe deinen Nächsten. Der Apostel Johannes gibt das Gebot des Herrn wieder, wenn er sagt: Niemand hat Gott jemals gesehen. Wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet. Und dieses Gebot haben wir von ihm, daß, wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll (1. Joh 4,12.21). Wir sollen Liebe geben und empfangen. Wer Liebe braucht, der muß sie von Gott und Menschen empfangen, aber er selbst muß auch Gott und andere lieben. KAPITEL 13 Vergebung empfangen und gewähren Vergebung schenkt Freiheit von Schuld und ermöglicht es dem Menschen, in der richtigen Beziehung zu Gott und Menschen zu leben. Sie ist das Mittel, um eine Verbindung wiederherzustellen, die durch die Sünde getrübt worden ist. Vergebung ist deshalb bei vielen Prozeßen in der Seelsorge äußerst wichtig. Das Empfangen von Vergebung durch Bekenntnis und Umkehr und auch, anderen Menschen Vergebung zu gewähren, sind wichtige Seelsorgeprozeße. Vergebung empfangen durch Bekenntnis und Buße Gott hat seinen Sohn auf die Erde gesandt, um die Auswirkungen der Sünde aufzuheben. Jesus lebte, starb und erstand von den Toten auf, um die Liebesbeziehung zwischen Gott und den Menschen wiederherzustellen. Wenn ein Christ sündigt, dann handelt er, als ob er nicht in Gnade, Hoffnung und Liebe mit dem Vater verbunden wäre. Aber Jesus zeigt den Weg zurück in die Gemeinschaft mit Gott. Durch Bekenntnis, Buße und Vergebung ist der Gläubige wieder in der Lage, Gott in Glaube, Hoffnung und Liebe zu vertrauen. Weil Gott Sünde vergibt und Gläubige wiederherstellt, wenn sie bekennen und Buße tun, braucht man sich nicht mehr vor der Realität der Sünde zu fürchten. Der Mensch hat es nicht mehr nötig, Versagen zu beschönigen oder abzustreiten. Auf dem Hintergrund der Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes kann ein Mensch dazu gebracht werden, sich selbst so zu sehen, wie er ist: als ein Mensch, der von Gott geliebt wird, und der Vergebung und Veränderung nötig hat. Neben einzelnen Handlungen, die nicht den Maßstäben Gottes entsprechen, besteht Sünde aus der Haltung der Unabhängigkeit von Gott, aus Unglauben, falscher Hoffnung oder Verzweiflung, und aus Selbstliebe. Sündige Handlungen entstehen erst aus solchen inneren Haltungen. Vergebung ist für alle Menschen auf der Basis von Jesu Tod und Auferstehung möglich. Um Vergebung zu erfahren, muß man Sünden erkennen und zugeben (Bekenntnis), sich vom Weg der Sünde abwenden und Gottes Weg zuwenden (Buße), und glauben, daß Gott treu ist, zu vergeben und zu reinigen. Eine biblische Methode, um geistig-gefühlsmäßige Gesundheit und Heilung zu erreichen, ist Abwendung von der Sünde durch Bekenntnis und Buße. Diese Methode wurde im Alten wie im Neuen Testament vorgelebt. Sie ist in der Geschichte der christlichen Kirche immer wieder ein Mittel zur Wiederherstellung und Befreiung gewesen. Wenn wir dem Panoramablick der Bibel folgen, dann sehen wir ein System von Opfern, die zur Zeit der Genesis begannen, und die bis zum Kreuz Christi führen. Diese Opfer wurden für Israel als ganzes Volk und für den einzelnen Israeliten dargebracht. In jedem Fall war die Methode die gleiche. Die Opfer brachten den Menschen von der Sünde zur Vergebung. Das Opfer zeigte, daß man die Sünde zugab und war ein Ausdruck der Buße. Psalm 32 ist ein sehr schönes Beispiel für den Weg von der Sünde zur Vergebung. Die Verse 3 und 4 und der Anfang von Vers 10 beschreiben den Zustand eines Menschen, der unter der Last unverge-bener Sünde leidet. Als ich schwieg, zerfielen meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Denn Tag und Nacht lastete auf mir deine Hand, verwandelt wurde mein Saft in Sommergluten. Viele Schmerzen hat der Gottlose. Man beachte, wie die Seele voller Schmerz aufschreit: „Gestöhn den ganzen Tag“, „Tag und Nacht lastete auf mir deine Hand“ und „viele Schmerzen“. Man beachte auch die physischen Auswirkungen: „Meine Gebeine zerfielen“ und „verwandelt wurde mein Saft in Sommergluten“. Seelische Belastung beeinflußt auch den Körper, wenn Sünde zwar er-, aber nicht bekannt wird. Das heißt nicht, daß jede Sünde zu körperlichen Krankheiten führen muß oder daß jede Krankheit ihre Ursache in einer Sünde hat, aber der Zustand eines Menschen, der unter der Last von unvergebener Sünde lebt, kann schließlich zu seelischen und physischen Problemen führen. Weil Gottes Vergebung so groß ist, braucht der Mensch jedoch nicht in Sünde und Schuld zu verharren. Vers 7 zeigt, daß Gott ein barmherziger Gott ist, weil er es ist, der uns von Sünde befreit: Du bist ein Bergungsort für mich; vor Bedrängnis behütest du mich; du umgibst mich mit Rettungsjubel. Gott ist wirklich unser Zufluchtsort, denn er beschützt und befreit. In Vers 5 folgt der Psalmist dem Weg von der Sünde zur Vergebung: So tat ich dir kund meine Sünde und deckte meine Schuld nicht zu. Ich sagte: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen; und du, du hast vergeben die Schuld meine Sünde. Der Mensch, der Buße tut und bekennt, wird in Vers 1 und 2 als einer beschrieben, „dem Übertretung vergeben, dem Sünde zugedeckt ist“. David ruft aus: „Glücklich der Mensch, dem der Herr die Schuld nicht zurechnet und in dessen Geist kein Trug ist!“ Seine Worte beschreiben denjenigen, der Vergebung empfangen hat, wie auch die Verse 10 und 11: Wer aber auf den Herrn vertraut, den umgibt er mit Gnade. Freut euch an dem Herrn und frohlockt, ihr Gerechten, und jubelt, alle ihr von Herzen Aufrichtigen! Nach der Vergebung wird der Mensch „gerecht“ und „von Herzen aufrichtig“ genannt. Er ist von aller Sünde vollkommen gereinigt und ist aus den Tiefen der Verzweiflung zu den Höhen der Freude gelangt. Nach der Vergebung empfinden wir nicht nur Freude, sondern auch Vertrauen, daß Gott lehrt und führt: Ich will dich unterweisen und dich lehren den Weg, den du gehen sollst; ich will dir raten, meine Augen über dir offenhalten (Vers 8). Gott will vergeben, wiederherstellen und die Menschen von der Sünde wegführen. Bevor man Vergebung erlangt, ist die seelische Last so schwer, daß sie den gesamten Körper des Leidenden in Mitleidenschaft zieht. Nach der Vergebung ist diese Last genommen. Der Weg von der Sünde zur Vergebung durch Bekenntnis und Buße ist der biblische Weg, der die belastete Seele befreit. Dieser Weg ist das Gegenmittel, das die Gemeinde durch die Jahrhunderte hindurch denen angeboten hat, die unter der Sünde leiden. Biblische Seelsorge zeigt Gottes Lösung für Sünde und Schuld durch Bekenntnis, Buße und Vergebung. Ein weiteres Beispiel für den Weg von der Sünde zur Vergebung ist das Gleichnis vom verlorenen Sohn in Lukas 15. Nachdem der verlorene Sohn sein Geld in Ausschweifung verpraßt hat, beginnt er zu hungern. Da erkennt er seine Sünde, tut Buße und bekennt. Er kommt zu seinem Vater und sagt: „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen“ (V. 18.19). Statt zu verdammen oder zu verurteilen, vergibt ihm der Vater und setzt ihn wieder in seine Stellung ein. Obwohl der Sohn es nicht verdient hat, gibt ihm der Vater das beste Kleid, einen Ring an seine Hand und Schuhe für seine Füße. Das ist vollständige Vergebung und Wiederherstellung. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn zeigt auch, wie tief ein Mensch fallen kann, ehe er seine Sünde erkennt, sie bereut und bekennt. Und das Gleichnis zeigt auch, wie sehr Gott daran gelegen ist, daß ein Mensch zu ihm zurückfindet. Während der Sünder noch weit weg auf seiner Reise zurück zum Vater ist, eilt ihm der himmlische Vater mit offenen Armen entgegen und schenkt ihm seine Liebe und Vergebung. Diese Vergebung ist für jeden da, der bekennt und Buße tut. Wenn ein Mensch sündigt, so stellt er sich selbst unter das Gesetz und begibt sich damit in seine Fesseln. Er versucht, alles besser zu machen, doch er wird weiter versagen, bis er von Gott Vergebung durch Buße und Glauben erfährt. Dann ist er in der Lage, die Barmherzigkeit Gottes zu empfangen, um gerecht zu leben. Wenn er Vergebung und Reinigung erfahren hat, dann ist er in der Lage, sich aus sündigen Verhaltensmustern zu lösen und im Geist zu wandeln -zumindest, bis er erneut sündigt. Aber man fällt nur dann, wenn man zurück in fleischliche und gesetzliche Verhaltensweisen fällt - in eigenes Bemühen. Aber auch dann ist der Weg wieder offen, durch Bekenntnis, Buße und Vergebung und erneutes Wandeln im Geist in der Gnade und Kraft Gottes zu leben. Einige Christen sind ihre Sünden von Herzen leid, sie bekennen und tun Buße, doch wandeln sie nicht im Geist der Abhängigkeit von Gott. Erkenntnis der Sünde durch die Überführung durch den Heiligen Geist ist letztlich ein positiver Prozeß. Wenn ein Mensch zuläßt, daß er von seiner Selbstverurteilung übermannt wird, dann hält er sich selbst von der Korrektur des Fehlers ab. Wenn er aber Korrektur willig annimmt und im Glauben dafür dankt, dann kann er die Wege seines Handelns verändern und es wird ihm möglich, frei zu leben. Wenn die Instrumente im Cockpit eines Flugzeuges anzeigen, daß der Pilot die verkehrte Richtung eingeschlagen hat und der Pilot anfängt, die Genauigkeit seiner Instrumente zu bezweifeln, seinen Fehler zu entschuldigen, sich selbst zu rechtfertigen oder seinen Fehler zu ignorieren, um sich nicht so schuldig zu fühlen, dann wird er ganz gewiß in Schwierigkeiten geraten. Aber wenn er den Fehler bemerkt (bekennt) und den Fehler durch Umkehr berichtigt (Buße), dann wird er sich bald wieder auf dem richtigen Kurs befinden. Gott zählt nicht, wie oft wir sündigen. Er ist viel mehr daran interessiert, daß sein Kind den richtigen Kurs findet. Er hat uns sein Wort gegeben, um uns zu zeigen, ob wir auf dem richtigen Kurs sind. Er hat uns den Heiligen Geist gegeben, um uns auf Fehler aufmerksam zu machen. Außerdem hat er Mitchristen berufen, damit sie uns zur Seite stehen. Der biblisch orientierte Seelsorger steht uns zur Seite, um Gott als Werkzeug zu dienen, einem Menschen zu der Entscheidung zu verhelfen, wieder auf Gottes Kurs zurückzukehren. Selbstverurteilung Wenn ein Mensch seine Sünde Gott nicht bekennt, sie nicht bereut und nicht an Gottes Vergebung glaubt, dann wird er ein Opfer der Selbstverurteilung. Die Selbstverurteilung ist eine gefährliche Folge des Stolzes, denn sie hat ihre Ursache darin, daß das Ich die Rolle Gottes übernimmt. Wenn das Ich Gottes Rolle übernimmt, dann verurteilt, bestraft, belohnt oder entschuldigt es sein Verhalten - je nachdem, ob es ein strenger Gott ist (mit hohen Erwartungen - ein Perfektionist) oder ein nachsichtiger Gott (der dazu neigt, das Ich zu entschuldigen und zu verwöhnen). Wenn jemand sich selbst verurteilt, dann tut er das, weil er enttäuscht ist, weil er nicht so gehandelt hat, wie er oder andere meinen, daß er handeln solle. Gott will jedoch auf jedem Lebensgebiet Gott sein, insbesondere auf dem Gebiet von Gericht und Gnade. Er hat den Maßstab für richtiges Verhalten, und er gewährt Vergebung. Christen sollen nach seinem Maßstab leben (und nicht nach ihrem eigenen oder dem der Welt), und sie sollen sich von ihm beurteilen lassen. Sie können sich selbst nur in seinem Licht und in Übereinstimmung mit ihm beurteilen, sonst laufen sie Gefahr, falsch zu urteilen. Wenn sie sich in Gottes Licht beurteilen, statt sich von sich selbst oder von Satan verdammen zu lassen, dann dürfen Christen in Demut die Vergebung und Reinigung durch Gott annehmen. Viele Christen sind in der Selbstverurteilung gefangen. Selbstverurteilung wird zu ihrer Denkgewohnheit. Sie denken und reagieren auf ihr Ich so, wie sie vielleicht gewohnt waren, von anderen zu denken: voller Kritik. Jesus warnte: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“ (Matth 7,11). Wenn man andere ständig kritisiert, so ist das nicht nur schlecht für die Beziehungen zu anderen Menschen, sondern verwandelt sich oftmals auch in Selbstverurteilung. Es ist Gottes Aufgabe zu (ver)urteilen, nicht die des Menschen. Wir können anhand der Schrift erkennen, was gut und böse ist, um unser eigenes Verhalten zu ändern oder jemanden anderen zum Herrn zu bringen, doch dürfen wir nie ein Urteil sprechen. Wenn ein Mensch sich entschließt, täglich nach 1. Johannes 1,9 zu handeln und sich vor Gott zu demütigen, das Böse vor dem Herrn zuzugeben und Vergebung und Reinigung zu empfangen, dann ist er frei. Wenn man diese Angelegenheiten immer gleich erledigt, dann können sie sich nicht zu einem hohen Berg ansammeln. Wenn sich jemand entscheidet, barmherzig von anderen zu denken, dann verlieren Schuld und Selbstverurteilung, die aus Kritiksucht entstanden sind, ihre Macht. Der Stolz sagt oft: „Ich kann mir selbst nicht vergeben.“ Doch sich selbst zu vergeben, ist nicht die Antwort. An keiner Stelle befiehlt uns die Schrift, uns selbst zu vergeben. Wenn wir uns selbst vergeben, dann versuchen wir wieder, Gottes Rolle zu spielen. Wir haben dann keine Gewähr dafür, daß uns wirklich vergeben ist. Dagegen, wenn uns Gott vergeben hat, dann ist die Sache erledigt, unterschrieben, versiegelt, garantiert und vergessen. Wenn wir Gottes Vergebung empfangen und aus seiner Barmherzigkeit wieder handeln können, so ist das ein Akt der Demut, des Glaubens und der Dankbarkeit. Wenn wir Gottes Vergebung nicht empfangen und nicht daran glauben, dann handeln wir im Stolz. Judas starb voller Reue und Stolz. Petrus lebte auf der Basis der Liebe und Vergebung Gottes. Petrus wurde von einem stolzen zu einem demütigen Menschen, als er die Vergebung Jesu empfing und an sie glaubte. Mit dem Munde bekennen Weil der Weg zu Gott zurück nur über Bekenntnis und Vergebung durch Gott führt, wird in der biblischen Seelsorge diesen Themen sehr viel Raum gegeben werden müssen. Vergebung bringt wieder Treue und Wahrhaftigkeit in die Beziehung zwischen Gott und dem Gläubigen und reinigt dessen Seele von Schuld. Bekenntnis und Vergebung waren von jeher die wichtigsten Aktivitäten des Seelsorgedienstes. Ein Mensch, der von der Schuld niedergedrückt wurde, konnte hier die Schuld bekennen, Vergebung empfangen, Buße tun oder zum richtigen Denken und Handeln zurückkehren. Jakobus betonte, wie wichtig es ist, einander die Sünden zu bekennen, als er schrieb: „Bekennt nun einander die Vergehungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet; viel vermag eines Gerechten Gebet in seiner Wirkung“ (Jak 5,16). Schon in der ersten Zeit der Kirche gab es das Bekenntnis der Sünde. Ein großer Vorteil dieser Praxis ist es, daß es sehr viel wirklicher scheint, wenn man Gott in der Gegenwart eines anderen Menschen die Sünde bekennt, weil Sünde und Vergebung nun nicht heimlich geschehen, sondern gewissermaßen öffentlich. Das mündliche Bekenntnis vor einem anderen Menschen hilft besonders solchen Menschen, die an Gottes Vergebung nur schwer glauben und sie empfangen können. Wenn ein Mensch in Gott lebt, dann kann er einem Bekenntnis zuhören und ihn auf 1. Johannes 1,9 hinweisen. Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit (1. Joh 1,9). Auch wenn Luther die erzwungene Beichte ablehnte, so schrieb er: Aber dennoch will ich mir die heimliche Beichte von niemandem nehmen lassen und wollte sie um aller Welt Schätze nicht hingeben, denn ich weiß, welchen Trost und Stärke sie mir gegeben hat.'07» Das mündliche Bekenntnis stärkt den, der zweifelt, daß ihm vergeben werden kann und gibt ihm die Möglichkeit, sein Bekenntnis und seine Buße mit dem Gebet eines anderen Gläubigen zu besiegeln. Der, der gesündigt hat, ist mit seinem Kampf dann nicht mehr allein, sondern hat einen menschlichen Beistand, der seinen Fall mit ihm gemeinsam mit Jesus vor Gott bringt. Bekenntnis, Vergebung, Buße und Beratung gehen Hand in Hand. Ein Ziel in der seelsorgerlichen Beratung ist es, Bekenntnis und Buße zu bewirken, damit der Betreute in das Bild Christi verwandelt werden kann. Jakobus schrieb: Meine Brüder, wenn jemand unter euch von der Wahrheit abirrt und jemand ihn zurückführt, so wißt, daß der, welcher einen Sünder von der Verirrung seines Weges zurückführt, dessen Seele vom Tode erretten und eine Menge von Sünden bedecken wird (Jak 5,19.20). Solche Hilfe erwächst aber nicht aus Kritik, sondern aus liebevollem Zuhören und sanfter Leitung zu Bekenntnis, Vergebung und Umkehr. Ein Seelsorger muß aufmerksam zuhören, damit er erkennt, was vor Gott bekannt werden muß. Dann kann er den Betreuten fragen, ob er das Bekenntnis in seiner Gegenwart ablegen will. Er sollte den Betreuten in seinem Bemühen nach einem Neuanfang nicht alleinlassen. Buße und Reue bestehen nicht nur darin, die Sünde zu bedauern, sondern auch darin, die Liebesbeziehung zu Gott aufzunehmen und in Glaube, Hoffnung und Liebe auf diese Liebe zu reagieren. Der Seelsorger sollte mit dem Betreuten neue Denkweisen und Verhaltensweisen erforschen, mit denen der Betreute auf die neue Beziehung zu Gott reagieren kann. Die Vergebung ist keine Wäsche im Schnellverfahren, die die Fehler des Betreuten vertuscht. Vergebung wäscht Sünde wirklich hinweg und wird nur dann gewährt, wenn der Mensch ehrlich in seinem Bekenntnis und seiner Umkehr ist und Gottes Urteil über die Sünde zustimmt. Vergebung wird zwar von Gott kostenlos gewährt, hat ihn jedoch sehr viel gekostet. Jesus, der Sohn Gottes, mußte sterben, damit er die Vergebung der Sünden für uns erwirken konnte. Manche Menschen nehmen die Vergebung Gottes leichthin an, kehren aber nicht zu einem Leben in der Erwiderung seiner Liebe in Glauben, Verantwortung und Unterwerfung um. Andere wiederum sagen, ihnen sei nicht vergeben, solange sie die Vergebung nicht fühlen. Vergebung ist ein Geschenk, das man dankbar im Glauben und mit dem neuen Entschluß, in der Beziehung zu Gott zu leben, annimmt. Wenn ein Mensch Buße tut, dann reagiert er auf die Liebesbeziehung zu Gott in Glaube, Liebe und Hoffnung. Selbstverurteilung führt den Menschen dazu, in seiner Sünde zu verharren; Vergebung dagegen befreit den Menschen zum Wandel im Geist. Wenn man Gottes Vergebung erfährt, vertieft sich die Liebesbeziehung zu Gott. Als der Pharisäer sich darüber beklagte, daß die Frau Jesu Füße mit ihren Tränen wusch, lehrte Jesus, daß die Vergebung einen Menschen befähigt, tiefer zu lieben. Er sagte: „Deswegen sage ich dir: Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig“ (Luk 7,47). Wenn ein Mensch wirklich bereut und Vergebung empfängt, dann wird er von Dankbarkeit und Liebe gegen den erfüllt, der ihm diese Liebe geschenkt hat. Gottes Vergebung entspringt aus seinem weiten, liebevollen Herzen. Barmherzig und gnädig ist der Herr, langsam zum Zorn und groß an Gnade. Er wird nicht immer rechten, nicht ewig zürnen. Er ha! uns nicht getan nach unseren Vergehen, nach unseren Sünden uns nicht vergolten. Denn so hoch die Himmel über der Erde sind, so übermächtig ist seine Gnade über denen, die ihn fürchten. So fern der Osten ist vom Westen, hat er von uns entfernt unsere Vergehen (Ps 103,8-12). Anderen vergeben Weil Gottes Vergebungsbereitschaft so groß ist, ist die Reaktion eines Christen, dem seine Sünden vergeben sind, daß er nun anderen ebenso vergibt, wie ihm vergeben worden ist. Jesus lehrte seine Jünger, einander zu vergeben. Das tat er nicht nur einmal, sondern oft. Paulus sagte: „Wie euch der Christus vergeben hat, so auch ihr“ (Kol 3,13). Ebenso wie die Sünde von Gott trennt, trennt sie auch Menschen voneinander. Deshalb ist Bekenntnis und gegenseitige Vergebung der Weg der Liebe, auf dem Christen gemeinsam gehen sollten. Vergebung ist ein Vorgang, der einschließt, daß wir den Nächsten wie uns selbst lieben, und im Besonderen, daß Christen einander lieben, wie Jesus sie liebt. Wenn ein Mensch wirklich die Vergebung Jesu und ihre Kosten am Kreuz verstanden und diese Vergebung von Jesus empfangen hat, dann wird er fähig sein, anderen zu vergeben. Wenn er die Bedeutung des Kreuzes jedoch nicht versteht, oder wenn er denkt, daß er nicht viel Vergebung von Gott braucht, dann ist er oft nicht willig, anderen zu vergeben. Wenn wir jemand anderem vergeben, dann nehmen wir die Kosten der Sünde, die gegen uns getan wurde, auf uns. Sehr oft werden die Kosten verschiedene unangenehme Gefühle, Verletzungen und Enttäuschungen sein. Deshalb muß Vergebung mehr als ein Gefühl sein. Vergebung bedeutet, daß man sich entschließt und verspricht, die Sünde dem Sünder nicht länger vorzuhalten. Vergebung ist eine aktive Reaktion der Liebe eines Menschen, in dem Gott wohnt und der möchte, daß Jesu Leben sich durch ihn ausdrücken kann. Vergebung nimmt den Schmerz der seelischen Verletzung an und gibt das Recht auf Vergeltung, Bitterkeit oder Groll auf. Wenn ein Mensch dabei bleibt, etwas gegen einen anderen zu haben, dann hat er nicht vergeben. Vergebung beginnt im Inneren des Menschen, wenn er beschließt, anderen zu vergeben, sogar ehe diese anderen ihn um Vergebung bitten. Eine vergebungsbereite Haltung ermöglicht es demjenigen, der verletzt worden ist, dem anderen Vergebung zuzusprechen, wenn der andere bekennt und bereut. Eine vergebungsbereite Haltung verhindert Bitterkeit und Groll, aber es hält den Betroffenen nicht davon ab, die Situation in Ordnung zu bringen, indem er den anderen in Liebe auf seinen Fehler aufmerksam macht. Mangelnde Vergebungsbereitschaft fordert ihr Opfer, indem sie Beziehungen verschlechtert und manchmal sogar gesundheitliche Probleme nach sich zieht. Durch mangelnde Vergebungsbereitschaft werden derjenige, der Vergebung verweigert und derjenige, dem nicht vergeben wird, in Unfreiheit gehalten. Oft sind die Wurzeln mangelnder Vergebungsbereitschaft tief verborgen und halten einen Menschen gefangen, indem ihm bestimmte Verhaltens- und Denkmuster aufgezwungen werden, die ihn selbst und andere verletzen. Mangelnde Vergebungsbereitschaft läßt einen Menschen oft einsam und bitter werden. Weil Ungerechtigkeit und unvergebene Sünde eine Grenze ziehen, durch die weder Anteilnahme noch Mitleid dringt, wird das Gefühl für die andere Person dadurch ersetzt, daß man sich selbst rechtfertigt und in Schutz nimmt. Paare, die über mangelnde Gesprächsbereitschaft klagen, können von mangelnder Vergebungsbereitschaft betroffen sein. Groll und Bitterkeit sind oft nur sehr schwer zu behandeln, weil sie den Charakter desjenigen, der nicht zur Vergebung bereit ist, formen und ihn bestimmen. Aber mit Gottes Hilfe ist es möglich, solche Verhaltensmuster zu überwinden. Neben der Vereinsamung hat mangelnde Vergebungsbereitschaft auch die Trennung von Gott zur Folge. Wenn ein Mensch die Liebe und Vergebung Gottes nicht erfahren kann, dann ist es möglich, daß er sich weigert, einem anderen Menschen zu vergeben. Oft steht ein nachtragendes Herz zwischen einem Menschen und der Liebe Gottes. Bitterkeit verhärtet das Herz gegenüber der Liebe Gottes wie auch gegen die Liebe der Mitmenschen. Wenn ein Mensch sich weigert zu vergeben, dann kann er das, was Gott uns so reichlich anbietet, nicht mehr annehmen. Die Entscheidung zur Vergebung setzt das Werk des Heiligen Geistes im Leben eines Menschen wieder in Gang. Wenn ein Mensch sich zur Vergebung entscheidet, dann handelt er gemäß den Eigenschaften Gottes. Er tut genau das, was auch der Herr tut: er vergibt. Die Entscheidung zur Vergebung befreit den Vergebenden von weiterer Bitterkeit und weiterem Groll. Sie befreit ihn zu einer lebendigen und liebevollen Beziehung zu Gott und den Menschen. Außerdem befreit die Vergebung auch den, der gesündigt hat, nämlich zu gutem Handeln. Vergebung bedeutet auch, sein Vertrauen auf Gott zu setzen, daß er die Sache mit dem Sünder abmacht und sich auch um die Folgen des Vorfalles kümmert. Vergebung befreit den Vergebenden und den, der Vergebung empfängt, von einer Beziehung, die durch Schuldzuweisung, Bitterkeit, Groll und Vergeltung geprägt ist. Die Entscheidung zur Vergebung setzt den Strom der Liebe Gottes durch den Vergebenden frei. So wunderbar die Auswirkungen der Vergebung sind, haben die Gläubigen doch einige Hindernisse auf dem Weg zur Vergebung zu überwinden. Ein häufiges Hindernis ist, daß man die Kränkung oder Beleidigung nicht zugibt, indem man nicht wagt zu sagen, daß einem Unrecht geschehen ist, oder indem man sofort in Zorn ausbricht. Auch gibt es die menschliche Neigung, andere zu beschuldigen, um sich selbst zu rechtfertigen. Oftmals muß im Prozeß der Vergebung einer zugeben, was er selbst Schlechtes getan hat. Es kann sein, daß er zu bekennen und anderen zu vergeben hat. Dennoch darf das Bekenntnis nie solche Anschuldigungen enthalten wie etwa: „Vergib mir, daß ich über deine Gedankenlosigkeit so ärgerlich geworden bin.“ Einige Menschen fürchten, daß sie durch ihre Vergebung dem anderen einfach die Möglichkeit geben, wieder so zu handeln. Vergebung ist jedoch nie passiv, sondern eine Entscheidung, die uns befreit, die Situation zu verändern oder das Problem zu lösen, das den Anstoß zur aller Verärgerung war. Schließlich kann mangelnde Vergebung auch von verletzten Gefühlen kommen, auf die man sich fixiert. Man beschäftigt sich dann mehr mit dem Unrecht, statt sich zu entscheiden, den anderen wie sich selbst zu lieben. Der Seelsorger muß die Prinzipien und die Ursache der Vergebung erklären, so daß der Betreute nicht nur einzelne Vorkommnisse vergeben kann, sondern auch im wiederholten Falle noch zur Vergebung fähig ist (Luk 17,3.4). Wenn ein Mensch nicht in der Lage ist, angesichts von Ungerechtigkeit, Gewalt, Ablehnung, Ärger und verletzten Gefühlen die Vergebung in vollem Maße zu gewähren, ist es nötig, daß der Strom der göttlichen Vergebung denjenigen, der verletzt worden ist, durchströmt. So wie Jesus jedem Menschen vergeben hat, lebt er nun in dem Gläubigen, um zu vergeben. Vergebung ist eine gemeinsame Handlung: Jesus befähigt den Gläubigen zur Vergebung, wenn er sich zur Vergebung entscheidet. Andererseits ist mangelnde Vergebungsbereitschaft Sünde und trennt von Gott. Die Welt ist kein Ort, an dem Gerechtigkeit herrscht, aber es gibt einen gerechten Gott, der liebt und vergibt. Viele Schmerzen und Leiden entspringen aus Ungerechtigkeiten, die Menschen einander zufügen. Wenn ein Mensch Gott für dieses Unrecht verantwortlich macht, dann versteht er die Liebe und Vergebung Gottes nicht. Deshalb kann es sein, daß ein Seelsorger einige Zeit dafür aufwenden muß, den Betreuten über den Charakter Gottes aufzuklären, damit der Betreute willig wird, zu vergeben und sich vergeben zu lassen. Wenn sich jemand wirklich entschließt zu vergeben, dann wird diese Handlung durch den Willen des Menschen ausgeführt und durch den Heiligen Geist ermöglicht. Dennoch kann der Seelsorger dem Betreuten folgende Schritte zur Vergebung erklären: 1. Sprich mit Gott über die Situation, bekenne deine Sünden und bitte Gott, dir Heilung, Vergebung und Vergebungsbereitschaft zu schenken. 2. Denke über die wunderbare Vergebung Gottes nach. Denke daran, wieviel sie Gott am Kreuz Christi gekostet hat. 3. Entscheide dich für die Vergebung und nimm dir vor, dem anderen nichts nachzutragen. 4. Wenn du selbst auch gegen den anderen gesündigt hast, dann gehe zu ihm und bekenne deine eigene Sünde und bitte um Vergebung, ohne dem anderen Schuld zuzuschieben oder sogar von ihm zu erwarten, daß er sich bei dir entschuldigt. 5. Behalte deine vergebungsbereite Haltung bei und widerstehe der Versuchung, alte Wunden zu pflegen. 6. Wenn mangelnde Vergebungsbereitschaft oder Bitternis wieder aufkommen wollen, weil irgendwelche Umstände dich an die Sünde des anderen erinnern oder wenn der andere dasselbe nochmal tut, dann halte die Vergebungsbereitschaft durch deinen Willen aufrecht, auch wenn die Gefühle nicht mit diesem Entschluß übereinstimmen. Wenn ein Betreuter immer noch wegen des Vorfalles verletzt ist, oder wenn er immer noch dem anderen sein Vergehen nachträgt, obwohl er sich zur Vergebung entschlossen hat, dann kann der Seelsorger als Hilfe folgende Fragen stellen: 1. Fühlst du dich immer noch verletzt? Wenn das der Fall ist, dann denke daran, daß manche Wunden nicht so schnell heilen, wie man sich entschließen kann, dem Verursacher zu vergeben. Verletzte Gefühle sind nicht immer ein Anzeichen für mangelnde Vergebungsbereitschaft. 2. Entscheidest du dich, durch deine Handlungen vom andern keine Entschädigung in Form von Vergeltung zu fordern oder dem Verlangen danach, daß der andere für seine Taten leidet, abzusagen? 3. Betest du, daß Gott vergeben und den anderen segnen möge? Nachdem der Seelsorger diese Fragen gestellt hat, kann der Seelsorger den Betreuten auffordem, sich nicht mehr mit dem Vorfall zu beschäftigen und ihn auch nicht im Gespräch mit anderen zur Sprache zu bringen. Wenn man sich entschließt zu vergessen, indem man mit Absicht nicht an das Geschehene denkt oder darüber spricht, dann wird man schließlich wirklich vergessen und die verletzten Gefühle werden verschwinden. Ebensowichtig wie die Anweisung, wie man anderen vergeben kann, ist es, dem Betreuten beim Bekenntnis und beim Bitten um Vergebung dem anderen gegenüber zu helfen. Sehr oft haben wir den Fall, daß jemand verletzt worden ist, aber selbst den anderen auch verletzt hat. Das verkehrte Verhalten zuzugeben und um Vergebung zu bitten, kann dann sehr viel demütigender sein, als dem anderen zu vergeben. Dennoch öffnet in vielen Fällen das Zugeständnis der eigenen Schuld den Weg für den anderen, seine Schuld zuzugeben, so daß man sich gegenseitig vergeben kann und die Beziehung wieder in Ordnung gebracht wird. Wenn man um Vergebung bittet, dann ist es angeraten, ausdrücklich zuzugeben, daß man den anderen verletzt hat und dann zu fragen: „Vergibst du mir?“ Es reicht nicht aus, nur zu sagen: „Es tut mir leid“, weil das weder ein Bekenntnis noch eine Bitte um Vergebung enthält. Wenn man mit Bitterkeit und Groll zu tun hat, die sich aus vergangener mangelnder Vergebungsbereitschaft ergeben haben, dann bringt die Entscheidung, in der Gegenwart zu vergeben, Befreiung und Heilung. Dennoch versuchen viele Menschen, sich von ihren verkehrten Gefühlen zu befreien, indem sie in die Vergangenheit zurückkehren und versuchen, sich an vergangenes Unrecht zu erinnern. Statt in die Vergangenheit einzutauchen und sich alles wieder in Erinnerung zu rufen, alte Geschichten aufzuwärmen und alte Wunden wieder aufzureißen, ist es sehr viel hilfreicher, sich zu entscheiden, in der Gegenwart zu vergeben. Wenn ein Betreuter sich an vergangenes Unrecht erinnert, dann kann er sich entscheiden, dem, der ihm Unrecht getan hat, zu vergeben. Aber wenn er sich an vergangenes Unrecht nicht erinnert, dann sollte er sich auch nicht weiter darum kümmern, denn die Entscheidung, bestehendes Unrecht zu vergeben, wird helfen, einen Menschen aus den Fesseln der Bitterkeit und des Grolls zu befreien, die vielleicht schon sehr internalisiert worden sind. Wenn ein Mensch neu auf diese Dinge reagiert, indem er auf der Basis der Vergebung Gottes anderen vergibt, dann werden neue Entscheidungen die alten Verhaltensmuster durchbrechen. Jedesmal, wenn einem Menschen etwas Negatives widerfährt, kann er seine seelische Verletzung hegen und pflegen oder aber sich zur Vergebung entscheiden. Manchmal denkt ein Mensch gar nicht daran zu vergeben, weil derjenige, der ihn verletzt hat, gar keine Ahnung hat, daß er etwas falsch gemacht hat. Aber wann immer auch nur die geringsten Verletzungen auftauchen, ist es befreiend und reinigend, wenn man vergibt. Anderenfalls werden die Verwundungen immer mehr, bis sich eine solche Menge Groll und Ärger aufgestaut hat, daß ein einziges kleines Mißverständnis das Faß zum überlaufen bringt. Man kann das in etwa damit vergleichen, ob man immer gleich alles wegräumt, was man benutzt hat oder ob man das Haus immer unordentlicher werden läßt, bis das absolute Chaos herrscht. Verinnerlichter oder auch ausgedrückter Ärger können zu einer Haltung der Feindschaft werden, und schließlich in Schuld durch bittere Gedanken oder zu Zornesausbrüchen führen. Solch ein Verhalten unterdrückten oder auch ausgedrückten Ärgers kann durch die Entscheidung zur Vergebung verändert werden. Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit. Seid aber zueinander gütig, mitleidig und vergebt einander, so wie Gott in Christus euch vergeben hat (Eph 4,31.32). Ein biblisch orientierter Seelsorger sollte sehr darauf achten, ob bei einem Menschen eine Anhäufung verletzter Gefühle vorliegt. Er muß die möglichen Formen der Selbstverteidigung durchschauen können, mit denen der Betreute reagieren könnte. Er muß ihn vorsichtig, aber bestimmt zu neuen Verhaltensmustern führen. Wenn sich ein Mensch zur Vergebung entscheidet, dann wird er feststellen, daß um so weniger Unglück angerichtet wird, je eher er vergibt. Wenn jemand drei Stunden wartet, ehe er dem anderen von Herzen vergeben kann, dann läßt er es zu, daß drei Stunden für die Saat der Bitterkeit und des Grolls zur Verfügung stehen, daß sie sich festsetzen können. Außerdem verschwendet er drei Stunden seelischer Kraft für Ärger und Selbstmitleid, die er anders viel besser hätte verwenden könne. Diese Zeit kann drei Minuten dauern, drei Sekunden oder aber man kann der Gefangenschaft der Bitterkeit für Jahre verfallen. Derjenige, der verletzt worden ist, hat die Wahl. Vergebung kann sehr viel kosten, weil man das Recht auf „Rache“ aufgibt. Doch ist Vergebung die Kosten wert, weil die Liebe Gottes uns Heilung und erneuerte Beziehungen schenkt. Wenn jemand sich entscheidet, zu vergeben, dann ist er befreit, Gottes Eigenschaften widerzuspiegeln. Er lernt Gottes ständige und aufopfernde Vergebung verstehen. Im ständigen Bemühen, anderen zu vergeben, wird er Christus ähnlicher. Wenn er anderen vergibt, wie Gott ihm vergibt, dann merkt er, wie Gott an ihm arbeitet und wird dadurch gestärkt. Indem er sich entscheidet, zu vergeben und sich vom Herrn die Fähigkeit zur Vergebung zu erbitten, ist er fähig, sich aus den Fesseln der mangelnden Vergebungsbereitschaft, der Bitterkeit, des Grolls und der Niedergeschlagenheit zu befreien. Weil Jesus den Preis der Sünde für uns am Kreuz bezahlt hat, konnte er die Vergebung allen Menschen zugänglich machen. Nach dem Bekenntnis reinigt die Vergebung den Menschen von Schuld, befreit ihn zu gerechtem Denken und Handeln, öffnet den Kanal der Liebe und bereinigt alle Beziehungen. Wann immer Menschen verletzt worden sind, wenn das Gespräch aufgehört hat, wenn Selbstrechtfertigung und Schuldzuweisung oder Ärger im Mittelpunkt stehen, muß der biblisch orientierte Seelsorger dem Betreuten helfen, Vergebung zu empfangen und zu gewähren. KAPITEL 14 Innerliche und äußerliche Heilung Biblische Seelsorge hat es mit dem Inneren wie dem Äußeren eines Menschen zu tun: mit Gedanken und Gefühlen ebenso wie mit Worten und Handlungen. Wenn ein Christ ein konsequentes Leben führen will, dann müssen seine Gedanken, Gefühle, Worte und Handlungen mit dem Heiligen Geist, der in ihm wohnt, Zusammenarbeiten. Deshalb wird es das Ziel eines Seelsorgers sein, dem Betreuten in seinem äußerlichen wie in seinem inneren Leben zu helfen. Ein großer Teil des alttestamentlichen Gesetzes beschäftigt sich mit äußerlichen Verhaltensweisen. Doch auch in den Zehn Geboten wird der innere wie der äußere Mensch angesprochen. Zum Beispiel sagte Gott nicht nur, daß der Mensch Ihn allein anbeten solle (innere Handlung), sondern er fügte hinzu, daß es keine Bildnisse (Götzenbilder) geben solle (äußere Handlung). Die Psalmen sind voll von Gedanken, Gefühlen und Entscheidungen (innere Handlungen), die zu äußeren Handlungen führen. In meinem Herzen habe ich dein Wort verwahrt, damit ich nicht gegen dich sündige (Ps 119,11). Man beachte zum Beispiel auch die Verbindung von innerer Haltung und Verhalten, von Wissen und Verständnis auf der einen und von Singen und Sprechen auf der anderen Seite, wie es uns in Psalm 100 gezeigt ist: Jauchzt dem Herrn, alle Welt! Dient dem Herrn mit Freuden! Kommt vor sein Angesicht mit Jubel! Erkennt, daß der Herr Gott ist! Er hat uns gemacht, und nicht wir selbst - sein Volk und die Herde seiner Weide. Zieht ein in seine Tore mit Dank, in seine Vorhöfe mit Lobgesang! Preist ihn, dankt seinem Namen! Denn gut ist der Herr, seine Gnade ist ewig und seine Treue von Geschlecht zu Geschlecht. Auch Jesus betonte die Verbindung von inneren Gedanken, Einsichten und Wünschen und äußerlichen Taten und Worten. Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund. Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz Gutes hervor, und der böse Mensch bringt aus dem bösen Schatz Böses hervor (Matth 12,34.35). Besonders in der Bergpredigt zeigte Jesus die inneren Gedanken auf, die sich hinter äußeren bösen Taten verbergen. In der psychologisch orientierten Welt gibt es eine Streitfrage zwischen Beratern, die sich mit dem Verhalten beschäftigen, und denen, die sich mit den Gedanken beschäftigen. Soweit die Bibel betroffen ist, sagt sie, daß beides wichtig ist. In Sprüche 16,13 heißt es: „Befiehl dem Herrn deine Werke, und deine Gedanken werden zustande kommen.“ Man muß den Menschen ermutigen, die richtigen Gedanken und die richtigen Handlungen zu wählen. In Römer 10 sehen wir die Verbindung von Glauben (Denken) und Handeln (Bekenntnis): Wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennen und in deinem Herzen glauben wirst, daß Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, wirst du errettet werden. Denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, und mit dem Mund wird bekannt zum Heil (Röm 10,9.10). Hier wird die innere Entscheidung zum Glauben mit der äußeren Handlung des Bekenntnisses verbunden. Man kann sehen, daß der Gedanke ebenso wie die Tat gefordert ist, wenn Jakobus sagt: „Glaube ohne Werke ist tot“ (Jak 2,17). Glaube (eine innere Entscheidung) ist ohne äußere Handlung (die Werke) tot. Wenn man sich entscheidet zu denken und zu handeln, dann wird der ganze Mensch davon betroffen sein. Die Handlungen eines Menschen werden immer seine Gedanken beeinflussen. Ebenso werden die Handlungen durch die Gedanken beeinflußt. Sündige Gedanken können schließlich zu sündigem Verhalten führen. Ein Mensch, der Ehebruch begeht, hat sich vorher sicherlich mit ehebrecherischen Gedanken beschäftigt. Andererseits können die Gedanken oft dem Verhalten entsprechen. Viele Menschen verdrehen sogar die Schrift, um ihr Verhalten rechtfertigen zu können. So gibt es etwa Gemeinden, die Homosexualität dulden (in Amerika gibt es sogar eigene Homosexuellenkirchen). Die Menschen dort glauben, daß die Bibel Homosexualität duldet. Die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Stolz des Lebens sprechen den äußeren Menschen an. Satan will die Menschen verwirren oder sie versuchen, indem er sie glauben läßt, daß die Sünden, die die Lust oder den Stolz ansprechen, nicht nur alltägliche Tatsachen, sondern Notwendigkeiten des Lebens sind. Wer diese Lüge glaubt, sieht die wirkliche Realität nicht, die im Inneren des Menschen existiert. Das äußere Gesetz mag nur den äußerlichen Menschen ansprechen und den innerlichen unberührt lassen. Andererseits gibt es das Gesetz des Geistes, welches das Gesetz der Liebe ist, dem inneren Menschen neues Leben, so daß er von innen heraus verändert werden kann. Jedes Lebensproblem hat seine geistlichen Ursachen. Wenn wir die Probleme der Lust und des Stolzes unabhängig vom inneren Menschen behandeln, dann stärken wir nur den äußeren Menschen. Aber wenn der Geist eines Menschen durch die Liebe Gottes berührt wird, dann verändert sich jeder Aspekt seines Wesens. In der geistlichen Beratung werden innere und äußere Werke immer zusammen gesehen. Das innere Werk hat mit dem Glauben an Gott, einem erneuerten Verlangen, Gott und andere zu lieben und mit der Erneuerung des geistigen und geistlichen Lebens zu tun. Es verbindet das Werk des Heiligen Geistes mit der Reaktion des Menschen in Glaube, Hoffnung und Liebe - es betrifft das Denken und das Fühlen. Die äußere Erneuerung besteht in neuen Verhaltensmustern, die mit biblischen Prinzipien übereinstimmen. Verändertes Denken Veränderung von außen wie von innen geschieht immer dann, wenn ein Christ sich entscheidet, sich Gott hinzugeben, damit dieser ihn durch die Erneuerung des Sinnes verändern kann. Das daraus resultierende Verhalten zeigt, „was der Wille Gottes ist, das Gute, das Wohlgefällige und das Vollkommene“ (Röm 12,2). Jesus versprach, daß er die Menschen durch die Offenbarung der Wahrheit aus ihren Ketten befreien würde. „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaft meine Jünger; und ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,31.32). Wenn ein Mensch gemäß den Wahrheiten Gottes, die uns in der Bibel offenbart sind, denkt, dann wird er Freiheit finden, um seine Gefühle und Taten mit der Wahrheit Gottes in Übereinstimmung zu bringen. Bleiben am Wort Gottes heißt mehr, als nur irgend etwas für wahr halten, es geht dabei um Denken, Fühlen und Handeln, das im Einklang mit dem Glauben an Gottes Wort steht. Jesus sagte, daß Menschen seine Jünger werden, wenn sie in seinem Wort bleiben. Er lehrt sie nach und nach die Wahrheit, die sie frei macht. Verkehrtes Denken verwirrt die Gefühle und läßt falsches Handeln entstehen, doch wenn die Gefühle, Gedanken und Handlungen eines Menschen auf der Bibel beruhen, dann empfängt er Weisheit, Friede, Gerechtigkeit, und die wunderbaren Früchte des Geistes. Paulus schrieb: „Der Gerechte wird aus Glauben leben“ (Gal 3,11). Die Glaubenskraft eines Menschen wird sein Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen. Leider basieren die einflußreichsten Glaubensformen im 20. Jahrhundert auf der säkularen humanistischen Psychologie statt auf biblischer Wahrheit. Gottes Wahrheit und richtiges Denken Falsches Denken führt einen Menschen oft in tieferes Unglück und in komplizierte Konflikte. Deshalb ist eines der Hauptanliegen biblischer Seelsorge die Wahrheit selbst. Neben dem Lehren der Wahrheit Gottes ist es wichtig, daß der Seelsorger aufmerksam auf Fehler oder Verzerrungen im Denken und Reden des Betreuten achtet. Er wird versuchen, dem Betreuten zu helfen, sein falsches Denken zu erkennen und zu überlegen, wie Jesus in seiner Situation gedacht hätte. Eine Form des falschen Denkens, die den Menschen schwächt, ist die ausschließliche Konzentration auf das Problem. Der Mensch wird dabei so problemorientiert, daß er eine naheliegende Lösung vielleicht übersieht. Paulus sagt im Philipperbrief über das Denken: Übrigens, Brüder, alles, was wahr, alles, was ehrbar, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was liebenswert, alles, was wohllautend ist, wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob gibt, das erwägt! (Phil 4,8) Paulus spricht hier nicht vom Positiven Denken. Er ermutigt die Gläubigen, ihre Aufmerksamkeit auf das Richtige oder auf das, was in einer Situation richtig und wahr sein kann, zu lenken. Statt darüber zu brüten, was nicht erreicht werden kann, ist es oft hilfreich, über das nachzudenken, was getan werden kann, und wenn es noch so armselig erscheint. Das Problem an sich ist manchmal zu groß, um es in einem Schritt anzugehen, aber oft kann eine kleine Veränderung in die richtige Richtung der Anfang für dauerhafte Veränderung sein. So kann zum Beispiel ein Vater oder eine Mutter nichts gegen die Eheprobleme eines erwachsenen Kindes direkt tun, aber er oder sie kann weiterlieben, beten und ohne Verurteilung, Druck und Einmischung ermutigen. Wenn dagegen die Eltern sich wegen der Situation weiter sorgen und ständig darüber brüten, dann kann es sein, daß sie die Situation nur verschlimmern und außerdem wertvolle seelische Energie verschwenden. Die alte Frage, ob ein Glas halb leer oder halb voll ist, enthüllt manchmal die Lebenssicht eines Menschen. Paulus betont, daß man über die Fülle nachdenken sollte, doch viele Menschen sehen das Leben als ein halbleeres Glas. Sie sehen nur das Fehlende, nicht jedoch die vielen Dinge, die sie haben. Ein Betreuter, der in solchem Denken gefangen ist, muß in eine engere Verbindung zu Gott gebracht werden, indem er Gottes Liebe empfängt und ihm für alles von ihm Empfangene dankt. Wenn ein solcher Mensch die Liebe Gottes annimmt und seine Gedanken mehr und mehr um Jesus kreisen, dann wird sein Gedankenleben verändert. Wenn der Betreute im Gespräch von der Liebe Gottes überzeugt wird, dann wird er die Hälfte des Glases sehen, die gefüllt ist und Dankbarkeit empfinden. Ein dankbares Herz bringt Freude und Zufriedenheit. Dankbarkeit und Lob entstehen, wenn man sieht, wer Gott ist, und was er uns alles geschenkt hat, nicht jedoch, wenn man auf die Umstände sieht. Dennoch ist es nicht immer genug, einem Menschen zu sagen, er solle dankbarer sein. In einigen Fällen begründet der Betreute dann seine mangelnde Dankbarkeit mit dem halbleeren Glas. Wenn ein Seelsorger zur Dankbarkeit ermutigen will, dann muß er taktvoll vorgehen und versuchen zu helfen, daß der Betreute sein Denken auf das Richtige lenkt, ohne daß der Seelsorger zu sehr kritisiert. Ein Seelsorger darf nie die leere Hälfte des Glases vergessen oder sogar so tun, als ob sie nicht existiere. Es kann sein, daß er einige Zeit damit zubringen sollte, das leere Glas zu betrachten, um sich mit dem Betreuten besser identifizieren zu können - aber dann sollte er ihn dazu führen, daß er den vollen Teil auch sehen lernt und sich darauf konzentriert. Es ist ein echter Segen, wenn man erlebt, daß ein Mensch in der Seelsorge sein halbleeres Glas mitbringt, dann aber sehen lernt, daß es halb voll ist und es dann von Gott mit einem „guten, gedrückten und gerüttelten und überlaufenden Maß“ gefüllt wird (Luk 6,38). Menschen mit verzerrtem Denken werden durch die Liebe Gottes verändert, wenn sie durch Schwierigkeiten zu gehen haben. Während sich ihr Gedankenleben verändert, verändert sich auch ihr Verhalten. Es gibt zahllose Zeugnisse dieser verändernden Kraft der Liebe Gottes vom Pfingsttag an bis in die Gegenwart. Und bis der Herr wiederkommt, ist die Liebe Gottes die stärkste Kraft, um Lebensproblemen zu begegnen. Richtiges Denken befreit einen Betreuten aus der Fessel des inneren Selbstbetrugs und grober Verallgemeinerungen. Selbstbetrug hat seinen Ursprung in Satan, dem Vater der Lüge. Sobald er eine Angelegenheit in seine Nebel der Verlogenheit hüllen oder eine Wahrheit verdrehen kann, hat er eine Festung im Geist eines Menschen erobert. Genau so erging es Eva. Viele Menschen tragen in ihrem Geist Lügen mit sich herum, von denen sie glauben, es seien Tatsachen. Ein Großteil dieser Lügen beschäftigt sich mit dem Ich und haben ihren Ursprung darin, daß man verkehrte Annahmen über das Ich und über Gott übernommen und geglaubt hat. Viele dieser Lügen treten in Form von Verallgemeinerungen auf, die eventuell in einem Seelsorgegespräch erschüttert werden müssen. Sehr oft bilden negative Verallgemeinerungen Schutzmauern, die den Menschen davon abhalten, sich mit den wirklichen Problemen zu beschäftigen. Weil die Bibel für den geistlichen Berater ein Buch der Wahrheit ist, muß alles, was in einem Seelsorgegespräch gesagt wird, von der Bibel gerechtfertigt werden. So kann zum Beispiel die entlarvende Aussage: „Gott liebt mich nicht so wie andere Menschen“ im Lichte des Wortes Gottes betrachtet werden. Es mag so scheinen, daß Gott nicht zu jedem Menschen gleich gut ist, aber seine Güte erstreckt sich auf alle Menschen, ob gut oder schlecht (Matth 5,45). Solch falsches Denken hat seine Ursache in der mangelnden Kenntnis Gottes und gibt dem Seelsorger den Schlüssel zum weiteren Handeln: Hier muß er viel Zeit darauf verwenden, den Betreuten über den Charakter Gottes aufzuklären. Wenn ein Betreuter sagt: „Alle sind gegen mich“, dann kann man das in Beziehung zu Jesu Leben setzen. Man kann nämlich zu einem tieferen Verständnis Jesu Christi gelangen, wenn man ähnliches zu erleiden hat wie er. Der Seelsorger muß gegen falsches Denken nicht nur mit der Bibel kontern, sondern dem Betreuten helfen, die Realität zu erkennen, indem er Fragen stellt und Alternativen aus der Sichtweise der Bibel gibt. Es gibt zahlreiche Gelegenheiten, Ehrlichkeit und Realität in ein Seelsorgegespräch einzubringen, nicht, damit man darüber diskutieren oder gar streiten kann, sondern um neues Verständnis zu gewinnen. Deshalb ist es wichtig, daß der Seelsorger sich die Wahrheiten Gottes immer vor Augen hält, so daß er sorgfältig zuhören und dem Betreuten helfen kann, seine eigenen Gedanken und Überzeugungen auf ihre Wahrheit zu untersuchen. Falsche Vorstellungen sind Festungen des Bösen im Geist und im Willen. Der Geist ist ein Schlachtfeld, auf dem weltliche und fleischliche Gedanken gemeinsam mit dem Teufel gegen die Wahrheit Gottes kämpfen. Menschen können sehr leicht betrogen werden. Deshalb ist es für sie wichtig, der Führung des Geistes zu folgen, damit sie solche Falschheiten bekämpfen können. Der Betreute und der Seelsorger können vor dem Hintergrund der Barmherzigkeit und der Wahrhaftigkeit Gottes gemeinsam über Gedanken und Vorstellungen nachdenken. Paulus erklärt: Denn obwohl wir im Fleisch wandeln, kämpfen wir nicht fleischlich, sondern mächtig für Gott zur Zerstörung von Festungen; so zerstören wir Vernünfteleien und jede Höhe, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und nehmen jeden Gedanken gefangen unter den Gehorsam Christi (2. Kor 10,3-5). Zu den falschen Vorstellungen gehören Ängste, Zweifel und andere Gedanken, die nicht durch die Bibel gerechtfertigt werden. Falsches Denken untergräbt den Wandel des Menschen mit dem Herrn und versucht, das Wissen über Gott zu verdrängen. Deshalb müssen der Seelsorger wie der Betreute „jeden Gedanken unter den Gehorsam Christi“ gefangennehmen und jede Vorstellung mit der Wahrheit der Bibel vergleichen. Wenn das Denken verwirrt ist oder bestimmte Gedanken den Geist in Gefangenschaft nehmen, dann tut es dem Betreuten gut, das Wort Gottes zu hören, zu lesen und darüber nachzudenken. Manchmal bringt schon das Lesen einiger Kapitel der Bibel ein Gefühl des Friedens und der Sicherheit. Veränderte Gefühle In der biblischen Seelsorge ermutigt der Seelsorger den Betreuten zu glauben, was Gott gesagt hat, auch wenn seine eigenen Gefühle ihm etwas anderes sagen. Weil Gefühle tief sitzen und weil sie dem Herzen des Menschen sehr nahe stehen, scheinen sie schwer zu verändern zu sein. Aber der Herr kann sie erneuern, indem er den Geist des Betreuten erneuert (Röm 12,1.2 und Eph 4,23). Die Gedankenwelt des Betreuten ist bisher durch seine natürliche Umgebung geformt worden, die durch Satan beeinflußt wird. Umstände und vergangene Erfahrungen haben eine große Rolle in der Entwicklung von Gefühlsmustern gespielt, und sehr oft wird der Mensch von diesen Gefühlen beherrscht. Weil die Wahrnehmung durch seelische Verletzungen verzerrt worden ist, sind die Gefühle oft ein sehr unzuverlässiges Anzeichen für die Wahrheit. Deshalb ist es möglich, daß die Gefühle uns genau das Gegenteil der Wahrheit sagen. Gefühle können von „unterschwellig“ bis „sündhaft“ rangieren. Wenn die Gefühle und Wünsche mit dem Heiligen Geist in Einklang stehen, dann sind sie gut, schön und sogar heilig. Wenn sie aber im Fleisch ihren Ursprung haben, dann konzentrieren sie sich auf das Ich und betrüben den Heiligen Geist. Der Seelsorger muß sicher gehen, daß der Betreute die Existenz von Wünschen und Gefühlen nicht verdrängt. Aber er wird dem Betreuten helfen, diese Gefühle und Wünsche dem Herrn zu bringen. Ebenso wie ein Mensch sein Denken verändern kann, wenn er sich auf Christus ausrichtet und Gottes Wort glaubt, kann ein Betreuter auch seine Emotionen verändern, indem er sich auf Christus ausrichtet und Gottes Wort glaubt. Wenn ein Betreuter sich entscheidet, Gott mehr zu vertrauen als seinen eigenen Gefühlen zu gehorchen und gleichzeitig Gottes Wort mehr Glauben schenkt als seiner beschränkten Erfahrung, dann erlaubt er Gott, das Werk der Erneuerung seines Geistes zu vollbringen. Die Emotionen können aufschreien, wenn ein Mensch sie der Wahrheit des Wortes Gottes unterwirft, doch werden solche Gefühle schließlich verändert werden. Wenn ein Mensch Gott glaubt und ihm gehorcht, dann kann er Gott voller Vertrauen bitten, daß er ihm die Gefühle schenkt, die zum Gehorsam gehören. Wenn die Gedanken aus der Fessel der Verdrehung gelöst werden und der Mensch sich entscheidet, Gott zu gehorchen, dann werden auch die Gefühle nach und nach dem Wort Gottes entsprechen. In der biblischen Seelsorge ist die Liebe Gottes die größte Kraft zur Veränderung der Gefühle. Diese Liebe wird in dem betreffenden Menschen durch den Heiligen Geist geoffenbart. Auch wenn viele verschiedene Gefühle in der Seelsorge ans Licht kommen, wollen wir nur einige der wichtigsten besprechen, die das Leben eines Menschen negativ beeinflussen. Der Satz: „Die Liebe treibt die Furcht aus“ (1. Joh 4,18), heilt persönliche Verletzungen, kann falschen Ärger nehmen und Ablehnung in Annahme verwandeln. Alle Gefühle können durch die Liebe Gottes verändert werden, wenn man an sie glaubt, sie annimmt und man diese Liebe erwidert. Angst Dieses Gefühl erlebt wohl jeder in seinem Leben. Einige Ängste wie die Angst vor dem Feuer sind gesund und halten uns von gefährlichem Verhalten ab. Aber oft ist Angst zerstörerisch und verhindert rationale Reaktionen auf Lebenssituationen und Probleme. Gottes Wort sagt: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furchtsamkeit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Tim 1,7). Wenn Angst die Reaktion auf eine vorhandene Gefahr ist, dann ist sie gut und natürlich, wenn jedoch Angst in übermäßiger Weise mit der Vergangenheit oder Zukunft in Zusammenhang steht, dann werden gegenwärtige Situationen falsch eingeschätzt und verhindern verantwortliches Verhalten. Solche Furcht muß in Zucht genommen werden, weil sie aus dem Fleisch kommt. Fleischliche Furcht kann überwunden werden, wenn man Gott näher kommt und sich seiner Liebe und Fürsorge und seiner bewahrenden Macht erinnert. Der Psalmist wußte um den Unterschied zwischen seinen eigenen Gefühlen und der Wahrheit Gottes, als er erklärte: Mag auch mein Leib und mein Flerz vergehen - meines Herzens Fels und mein Teil ist Gott auf ewig (Ps 73,26). David schrieb: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines Lebens Zuflucht, vor wem sollte ich erschrecken? (Ps 27,1) Damit man Angstgefühle überwinden kann, kann man solche und viele andere Schriftworte lesen. Weil uns diese Bibelworte als Vorsorge gegen fleischliche Gedanken und Gefühle gegeben worden sind, kann dadurch die Angst überwunden werden. Wenn man den Glauben durch Entscheidungen über Gefühle übt, dann kann man den Sieg, den Christus bereits errungen hat, in Anspruch nehmen. Wenn ein Mensch Gott mehr glaubt als seiner Umgebung und seinen alten Wegen, dann kann er Angst viel leichter überwinden. Wenn man Vertrauen nährt und aufrechterhält, dann wird die geistliche Reaktion die normale und natürliche. Wenn man beginnt, auf immer mehr Lebensgebieten im Glauben zu leben, dann lernt man durch die Erfahrung, daß Gott da ist, damit er uns leiten, führen, befähigen, vergeben, heilen und wiederherstellen kann. Man braucht sich nun nicht länger auf sich selbst oder auf andere Menschen zu verlassen. Dadurch wird es immer einfacher, sich zu entscheiden, sich Gottes Herrschaft zu unterwerfen, und Probleme auf Gottes Art anzugehen. Zorn und Verletzungen Sehr oft hat man in der Seelsorge mit Zorn und verletzten Gefühlen zu tun. Sie sind die normalen Reaktionen auf Situationen, in welchen ein Gläubiger meint, daß ihm oder anderen in seiner Umgebung Unrecht zugefügt worden ist. Aber diese Gefühle können mehr als einfache Reaktionen werden, wenn ihnen die Herrschaft überlassen wird. Gefühle sind mit dem Denken verbunden. So ärgern wir uns viel eher oder fühlen uns verletzt, wenn wir vermuten, daß uns jemand absichtlich verletzen will und es nicht aus Versehen geschieht. Wie wir über einen Menschen oder eine Situation denken, bestimmt die Reaktion und ihre Heftigkeit. Zorn und verletzte Gefühle sind eng miteinander verbunden. Einige Menschen werden sofort ärgerlich, ohne die Verletzung als solche zu bemerken, andere bleiben bei den verletzten Gefühlen und im Selbstmitleid stehen. Beide Reaktionen können zu Anknüpfungspunkten des Bösen in der Gefühlswelt werden, wenn ihnen erlaubt wird zu regieren und sie durch Entschuldigungen und Gründe unterstützt werden, warum man sich verletzt oder ärgerlich fühlt. Wenn man diesen Gefühlen Raum gibt, oder auch nur über sie spricht, dann können sie immer stärker werden, es sei denn, daß das Denken sich von dem betreffenden Vorfall loslöst und offen für Vergebung und mögliche Lösungen wird. Wenn man die Wahrheit Gottes kennt und nach ihr handelt, so ermöglicht das dem Menschen, Zornausbrüche oder Nachtragen zu überwinden. Solches Nachtragen, aber auch die offene Äußerung von Ärger führt zu Zorn, Bitterkeit und Depressionen. Verändertes Denken ist eine große Hilfe für Menschen, die Probleme mit dem Zorn haben. Vor einiger Zeit waren in der Psychotherapie Methoden populär, die die Menschen ermutigen, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Die Teilnehmer einer solchen Therapie werden angewiesen, ihren Ärger, ihre Wut und ihren Haß verbal und physisch auszudrücken. Bei einigen Therapieformen wurden menschliche Gummipuppen verwendet, die ein Patient benutzen konnte, um den Ärger und Haß, den er einer bestimmten Person gegenüber fühlte, an dieser Puppe auszulassen. Obwohl viele Psychotherapeuten ihr Patienten wieder und wieder ermutigt haben, ihren Ärger „loszuwerden“, indem sie ihn nach außen zeigen, zeigt die Forschung, daß diese Methode den Ärger nicht vermindert, sondern eher noch verstärkt.108) Andererseits scheint es ein geeignetes Mittel zu sein, um Ärger zu reduzieren, wenn man sich in die Situation der anderen Person versetzt. Mit anderen Worten: Das Denken beeinflußt die Gefühle. Gefühle sind nie unabhängig. Wenn sie erhalten werden sollen, müssen sie unterstützt, ausgedrückt und ermutigt werden, indem man die Gedanken hegt, die das Gefühl verstärken. Zu Beginn ist Zorn oder Verletzung eine innere Reaktion. Aber wenn sie sich durch Vergeltungshandlungen ausdrücken, dann ist oft Sünde mit im Spiel. Wenn man Zorn und verletzte Gefühle untersucht, dann ist es notwendig, daß der Seelsorger dem Betreuten hilft, die Grenze zwischen dem Gefühl an sich und der äußeren Reaktion zu sehen. Die Bibel sagt: „Zürnet, und sündigt dabei nicht! Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan, samt aller Bosheit“ (Eph 4,26.31). Vertrauen auf den allmächtigen und gerechten Gott stärkt einen Menschen, so daß er nicht mehr ärgerlich reagieren muß. Sprüche 14,29 bietet uns viel Weisheit, wenn es um Ärger geht: „Der Langmütige ist reich an Verständnis, aber der Jähzornige trägt Narrheit davon.“ Auch wenn die Dinge falsch gelaufen sind, ermahnt Psalm 37,8: „Laß ab vom Zorn und laß den Grimm! Entrüste dich nicht! Es führt nur zum Bösen.“ Jesus drückte seinen Zorn über die bösen Taten derer aus, die das Haus Gottes als Marktplatz mißbrauchten (Joh 2,13-17). Sein Ärger führte ihn aber zu einer gerechten Handlung, so wenig das den Wechslern auch gefallen mochte. Zorn über Unrecht, wenn er in gottgewollte Taten umgesetzt wird, kann Gutes bringen. Aberdas ist nur sehr selten der Fall, weil Zorn meist nicht zu gottgemäßem Handeln führt. Manche Menschen haben sich so sehr angewöhnt, beim geringsten Anlaß zu explodieren, daß es bei ihnen einige Zeit dauern kann, ehe sie neue Handlungsweisen entwickeln können. Sie verfolgen ein Verhaltensmuster, das ihnen in der Kindheit Erfolg gesichert hat. Als sie älter wurden, bekamen sie ihren Willen, wenn sie mit Zornausbrüchen oder anderen Gefühlsausbrüchen wie Schmollen reagierten, und dieses Verhalten setzen sie nun in einer etwas „erwachseneren“ Form fort. Ein Betreuter kann es jedoch lernen, den Anfang des Zornausbruches als ein dringendes Signal zu verstehen, sich an den Herrn um Leitung zu wenden. Wenn man eine Situation aus Gottes Perspektive sehen lernt, dann kann das Menschen, die früher in ihrem Zorn manches zerstört haben, dazu führen, daß sie ihre Energie dazu einsetzen, das Problem auf Gottes Weise zu lösen. Jeder neue Anlaß zum Zorn bietet eine neue Gelegenheit, sich für einen besseren Handlungsweg zu entscheiden, so daß man das Problem mit der Weisheit und der Kraft Gottes lösen kann, statt einen neuen Wutausbruch zuzulassen. Chronische Wutausbrüche können mit Bitterkeit über die eigenen Umstände Zusammenhängen, aber auch mit Haßgefühlen gegen Gott und mangelnder Vergebungsbereitschaft anderen Menschen gegenüber. Chronischer Zorn kann auch daher rühren, daß man seinen eigenen Willen immer durchsetzen möchte, das aber nicht immer gelingt. Die Gewohnheit, sich über alles Mögliche zu ärgern, kann jeden Gedanken, alle Gefühle und Handlungen beeinflussen. Die nötige Veränderung wird man nur erfahren, wenn man an die Güte Gottes glaubt, wenn man sich entscheidet, den eigenen Willen zurückzustellen und anderen Menschen zu vergeben. Ablehnung Das Gefühl, abgelehnt zu werden, wird oft von Einsamkeit, Selbstmitleid, Depression, Auflehnung oder sogar Selbstmordgedanken begleitet. Jeder Mensch erfährt in seinem Leben in der einen oder anderen Form Ablehnung. Doch Menschen, die in ihrem Leben sehr viel Ablehnung erfahren haben, sind sehr stark versucht, Verhaltenmuster zu entwickeln, die zu weiteren negativen Gefühlen führen. Oft ist es so, daß sie sich auch dann abgelehnt fühlen, wenn das überhaupt nicht der Fall ist. Die verschiedenen Verhaltensmuster auf erfahrene Ablehnung können dazu führen, Annahme und Beifall durch Schauspielerei zu erlangen. Die gegenteilige Reaktion ist der Rückzug, um weiterer Ablehnung zu entgehen, oder auch einfach Verhärtung. Die äußeren Anzeichen dieser Reaktionen können sehr verschieden sein. Manche Menschen, die viel Ablehnung erfahren haben, flüchten sich in Phantasiewelten und Träume. Andere wiederum bemitleiden sich selbst und beneiden ständig andere. Wieder andere spielen sich als Richter über alles und jeden auf. Eine weitere Gruppe reagiert übersensibel auf Äußerungen oder Reaktionen anderer und interpretiert Korrektur als Ablehnung. Das Gefühl, abgelehnt zu werden, kann zu äußerer Rebellion und Haß oder aber zu Bitterkeit und Selbstmitleid führen. Gottes Trost für Menschen, die sich abgelehnt fühlen, ist seine göttliche Liebe. Nur die göttliche Liebe kann die Wunden heilen, die Ablehnung durch andere Menschen verursacht hat. Die Frau am Brunnen war in mehreren Ehen abgelehnt worden und wurde in ihrer Stadt verachtet. Sie wurde durch die Liebe Gottes wiederhergestellt. Joseph wurde von seinen Brüdern abgelehnt, doch die Liebe Gottes hielt ihn. David wurde von König Saul und seiner Frau Michal abgelehnt, aber er stützte sich auf Gottes Liebe. Mose wurde durch das Volk Israel oft abgelehnt, doch er kannte Gott. Wenn ein Mensch um die Liebe Gottes weiß, dann hat Ablehnung durch andere Menschen keinen solchen zerstörerischen Effekt auf den Betreffenden. Besonders für Christen ist es wichtig, mit Ablehnung umgehen zu lernen, weil die Bibel lehrt, daß Gläubige abgelehnt werden. Am meisten von allen ist unser Herr Jesus abgelehnt worden. Von seiner einzigartigen Empfängnis bis zu seinem Tod am Kreuz erlitt er Ablehnung. Wenn man sein Leben verfolgt, dann sieht man die zornige Ablehnung der Schriftgelehrten und Pharisäer, man sieht, daß er von seiner eigenen Familie nicht verstanden wurde, man spürt die leise Ablehnung der Menge, die enttäuscht war und seine Botschaft nicht mehr hören wollte, man erkennt die hinterlistige Ablehnung durch Judas, man sieht, wie alle seine Jünger ihn verlassen und er schließlich von Petrus verleugnet wird. Dann am Kreuz hatte er nicht nur Schmerzen zu ertragen, sondern auch die Ablehnung durch den Spott und den Zorn der Menschen. Kein Mensch ist bisher so abgelehnt worden wie Jesus. Weil Jesus unser Vorbild ist, ist es wichtig, daß ein Seelsorger mit dem Betreuten darüber spricht, wie Jesus abgelehnt wurde, warum er abgelehnt wurde und wie Jesus darauf reagierte. Jesus erlitt alles, damit er uns die Erlösung erkaufen könnte, weil Gott jeden einzelnen Menschen so liebt. Seine Reaktion auf Ablehnung konnte nur Liebe sein. Er wurde wegen seiner Liebe abgelehnt und reagierte mit noch mehr Liebe, er wurde abgelehnt, damit der Menschheit vergeben werden konnte, und er reagierte darauf mit dem Gebet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Luk 23,34). Jesus konnte mit Vergebung reagieren, weil er die Liebe des Vaters kannte, auch wenn diese Liebe in den dunklen Stunden am Kreuz nicht spürbar war. Auf derselben Basis kann ein Christ ebenso mit Vergebung reagieren: Er weiß um die Liebe des Vaters, auch wenn er in seinen Gefühlen diese Liebe im Moment nicht spürt. Die Liebe des Vaters zu Jesus wird auf den Gläubigen ausgedehnt. Als Jesus in der Nacht, als er verraten wurde, betete, sagte er: Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben, damit sie alle eins seien, wie Du, Vater, in mir und ich in dir, daß auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, daß du mich gesandt hast. Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, daß sie eins seien, wie wir eins sind - ich in ihnen und du in mir-, daß sie in eins vollendet seien, damit die Welt erkenne, daß du mich gesandt und sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast (Joh 17,20-23). Genau die Liebe, die es Jesus ermöglichte, zu vergeben, wird dem Gläubigen geschenkt, wenn er der Ablehnung von Menschen gegenübersteht. Die Antwort auf Ablehnung sollte sein, intensiver mit Jesus zu leben - seine Liebe, sein Leben und seine Wahrheit sollten im Gläubigen mehr zur Geltung kommen - weniger das Ich, das verletzt und abgelehnt wird. Wenn ein Christ abgelehnt wird, kann er fleischlich oder geistlich darauf reagieren. Wenn er die Liebe Gottes kennt, und sich entscheidet, im Geist zu leben, dann wird seine Reaktion eine Frucht des Heiligen Geistes sein. Alle Anfechtungen, auch die Ablehnung, erproben, welche Frucht ein Baum bringt. Verbindung mit Jesus ersetzt die Ablehnung, so daß Liebe die Einsamkeit ersetzt und Vergebung das negative Verhaltensmuster. Veränderung des Verhaltens Wenn Gott das Denken und die Gefühle verändert, dann verändert er auch das äußerliche Verhalten. Wenn ein Mensch in seinem Geist erneuert wird und in Gottes Liebe lebt, dann werden seine Handlungen mit dem Wort Gottes übereinstimmen. Aber es gibt Situationen, wo verändertes Verhalten die Gefühle und das Denken beeinflußt. C. S. Lewis schrieb dazu: Verschwende deine Zeit nie damit, darüber nachzudenken, ob du deinen Nächsten „liebst“, handle stattdessen lieber so, als ob du ihn liebst. Sobald wir das tun, entdecken wir ein großes Geheimnis. Wenn wir uns so verhalten, als ob wir jemanden lieben, dann werden wir schließlich dahin kommen, daß wir ihn wirklich lieben.,09> Wenn man sich entscheidet, nach dem Wort Gottes zu handeln, dann hat das zur Folge, daß man auch in den Gedanken und Gefühlen verändert wird, solange die Motivation darin besteht, daß man Gott gehorchen will und man nicht seinen eigenen Willen manipulieren will. Wenn zum Beispiel jemand viele Klatschgeschichten gehört hat, aber aus gehorsamer Liebe zum Herrn diese Geschichten nicht weitererzählt, dann wird er über seine Gefühle und sein Denken siegen. Obwohl uns richtiges Verhalten nicht errettet, sollte die Entscheidung, nach Gottes Wort zu handeln und zu reden, das Ergebnis einer Entscheidung für Christus sein. Gott hat uns durch die Gnade gerettet, nicht wegen unserer guten Werke, aber gute Werke folgen aus der Errettung: „Denn wir sind sein Gebilde, in Christus Jesus geschaffen zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen“ (Eph 2,10). Die Bibel ist voll von Verhaltensanweisungen, die sowohl unser Tun als auch unser Reden betreffen. Die Beherrschung der Zunge wird in den Sprüchen, im Epheserbrief und im Jakobusbrief besonders betont. Wie man sich im Gehorsam gegen Gott und in der Achtung gegen andere verhält, wird in der gesamten Bibel angesprochen. Deshalb ermutigen wir hier den Seelsorger und den Betreuten, direkt zur Bibel zu gehen, um sich dort Verhaltensanweisungen zu holen, statt hier die notwendigen Verhaltensweisen aufzulisten. Die Prinzipien für biblisches Verhalten sind im allgemeinen besser bekannt, als sie befolgt werden. Gottes Liebe wird einen Menschen befähigen, dem zu gehorchen, was er schon an Wahrheiten kennt, und Gottes Wahrheit wird die Verhaltensweisen zeigen, die mit dem Heiligen Geist in uns übereinstimmen. In der Seelsorge liegt die Betonung auf der Liebesbeziehung zu Gott, die es einem Menschen ermöglicht, seinen Willen zu tun. Gleichzeitig ist es jedoch möglich, Gehorsam zu erreichen, wenn man das Denken entsprechend dem Wort Gottes verändert, die Gefühle erfährt, die uns die Liebe Gottes schenkt, und das Richtige zu tun, auch wenn Denken und Fühlen nicht damit übereinstimmen. Wenn dann der Betreute lernt, nach Gottes Plan zu leben, dann wird er entdecken, wie sich seine Gedanken, Gefühle und Taten immer mehr am Wort Gottes und an der Führung des Heiligen Geistes ausrichten. Nachdem Jesus Gottes Prinzipien für das praktische Leben in der Bergpredigt gelehrt hatte, sagte er: Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute; und der Platzregen fiel hernieder, und die Ströme kamen, und die Winde wehten und stürmten gegen jenes Haus; und es fiel nicht, denn es war auf den Felsen gegründet (Matth 7,24.25). Biblische Seelsorge hat das Ziel, Menschen zu helfen, ihr Leben auf den Felsen der Wahrheit Gottes zu bauen. Entscheidung zur Veränderung Das Christentum kann nicht vom Denken, Fühlen und Verhalten getrennt werden, und Veränderung ist ein lebenslanger Prozeß im Leben des Christen. Das christliche Leben besteht aus Entscheidungen und Veränderungen: vom Alten zum Neuen, von der Sünde zur Heiligung, vom Irrtum zur Wahrheit, vom Tod zum Leben, vom Ich zum Herrn. Solche Veränderung ist eine Hauptfunktion des Leibes Christi, bis jeder Mensch in Jesu Ebenbild verwandelt ist. Die einzelnen Menschen haben jeder sein Maß an Entscheidungsmöglichkeiten, die ein vergleichbares Maß an Verantwortung mit sich bringen. Man entscheidet sich, in einer gewissen Weise zu denken, zu fühlen und zu handeln. Wenn man Menschen dem psychologischen Beratungsbetrieb überläßt, dann bringt man sie zu einem der Bibel konkurrierenden Denk-, Gefühls- und Verhaltenssystem. Es gibt kein besseres System als das, welches uns in der Schrift offenbart ist. Biblische Entscheidungen erheben den Geist über das Fleisch und ersetzen alte Gewohnheiten durch neue. Neue Gewohnheiten, die auf biblischen Prinzipien beruhen, werden dann den Gläubigen in seinem Wandel mit dem Herrn befestigen. KAPITEL 15 Handeln, um sich zu verändern Es ist sicherlich nicht genug, einmal in der Woche in einem Seelsorgegespräch über Gottes Wege zu sprechen, davon zu hören und sie zu entdecken. Sprechen und Hören über Wege zur Veränderung ohne konkrete Maßnahmen ist Zeitverschwendung. Jakobus warnt uns davor: Seid aber Täter des Wortes und nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen. Denn wenn jemand ein Hörer des Wortes ist und nicht ein Täter, der gleicht einem Mann, der sein natürliches Angesicht in einem Spiegel betrachtet. Denn er hat sich selbst betrachtet und ist weggegangen, und er hat sogleich vergessen, wie er beschaffen war. Wer aber in das vollkommene Gesetz der Freiheit hineingeschaut hat und dabei geblieben ist, indem er nicht ein vergeßlicher Hörer, sondern ein Täter des Werkes ist, der wird in seinem Tun glückselig sein (Jak 1,22-25). Veränderung hat zur Bedingung, daß man etwas anders macht. Deshalb ist es wichtig, daß sich Seelsorger und Betreuter auf konkrete Schritte einigen, die während der Woche auszuführen sind. Der Zweck dieser Aktivitäten ist immer, den Menschen näher zu Gott zu bringen. Zu diesen Aktivitäten kann zum Beispiel gehören, daß man einen bestimmten Abschnitt des Wortes Gottes liest und darüber nachdenkt und Wege findet, diesen Schriftabschnitt im Leben anzuwenden; Gebet in Übereinstimmung mit der Schrift; und / oder aber etwas ganz Praktisches tun, wie etwa einem Menschen vergeben, oder eine neue Gewohnheit entwickeln. Der Betreute ist nicht der einzige, der etwas zu tun hat, auch der Seelsorger sollte die Bibelabschnitte lesen und auf sein Leben anwenden und außerdem für den Menschen, den er betreut, beten. So werden sich beide Partner einig, eine Veränderung zu beginnen. Sich in der Gemeinde einsetzen Wir ermutigen die Menschen, die bei uns Rat suchen, immer wieder, an den Aktivitäten der Gemeinde teilzunehmen. Fast immer, wenn ein Paar oder ein einzelner um Seelsorge bittet, raten wir zur Teilnahme an gemeinsamen Gebeten und an Hauskreisen, und zur Intensivierung der persönlichen Kontakte, um mehr Gelegenheit zu finden, zu wachsen, sich zu verändern und über Lebensprobleme zu siegen. Egal, ob die Gemeinde groß oder klein ist, normalerweise ist es wichtig, daß der Gottesdienst durch Beziehungen innerhalb eines kleineren Kreises ergänzt wird. Manchmal können kleine Sonntagsschulklassen für die persönlichen Beziehungen sorgen, die für das Wachstum eines Christen notwendig sind.* Doch bieten normalerweise Hauskreise eine persönlichere Atmosphäre, die einen besseren Hintergrund für Veränderungen bietet. Dazu empfehlen wir, daß jeder, der in die Seelsorge kommt, mindesten einen anderen Menschen findet, mit dem er sich austauschen kann. Diese Einbindung auf allen drei Ebenen des Gemeindelebens ist von großem Wert. Wir durften voller Freude erleben, daß Gott gerade die richtigen Menschen um einen Leidenden versammelt. Auf diese Weise wird der Dienst so aufgeteilt, daß dem Herrn die Ehre gegeben wird. Der eine pflanzt, der andere begießt, doch Gott bringt Wachstum. „Denn Gottes Mitarbeiter sind wir; Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr“ (1. Kor 3,9). Obwohl ein Einzelner oder ein Paar, die Probleme durchmachen, in dem meisten Fällen diese tiefgehenden Probleme nicht in der Kleingruppe oder in der Einzelbeziehung oder in der Beziehung zwischen Ehepaaren zur Sprache bringen, werden diese Zeiten die Gelegenheit bieten, daß Liebe zwischen den Menschen ausgetauscht wird und Veränderung und Unterstützung geschehen können. Alle Liebe, die auf den drei Ebenen des Gemeindelebens gegeben und empfangen wird, ermutigt den Einzelnen, näher mit Gott zu leben, wie es für jeden Christen nötig ist. Alle Veränderungen gehen auf die Liebe zurück. Wenn der Betreute immer wieder Liebe empfängt und sie weitergibt, dann wird sein Leben dadurch verändert. Der Seelsorger und andere Menschen bieten eine Umgebung, in der Veränderung geschehen kann (Liebe); die Seelsorgegespräche geben die Veränderungsrichtung an (biblische Prinzipien); das Empfangen und die Reaktion auf das alles ist dann Aufgabe des Betreuten. * Anmerkung des Übersetzers: In den USA gibt es Sonntagsschule nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene und sie findet nach dem Gottesdienst statt. Das Wort Gottes lesen und darüber nachdenken Die tägliche Beschäftigung mit dem Wort ist außerordentlich wichtig. Ein Seelsorger kann verschiedene Schriftstellen zum Studium auf verschiedene Weise anbieten: durch vorbereitete Bibelstudien, durch Fragen, die sich während des Seelsorgegespräches ergeben, durch Angabe von Versen, die einen oder mehrere Charakterzüge Gottes beleuchten, durch Vorschläge zu Bibelstudienmethoden, durch die Aufforderung, Bibelstellen auswendig zu lernen und durch die Anwendung des Wortes Gottes auf die ganz individuelle Situation des Betreuten. Die Bibelstellen, die auswendig gelernt werden, sollten sich in der Hauptsache mit der Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes auseinandersetzen, und die Anwendungen im Leben des Betreuten sollten sich auf die Weitergabe der empfangenden Liebe beziehen. Bibelcassetten sind besonders für solche Menschen eine Hilfe, die am besten durch Zuhören lernen. Einige Menschen haben sehr viel daraus gelernt, ihre eigene Stimme zu hören, die Bibelstellen laut vorliest (das kann auch vom Band sein). Als weiteres Hilfsmittel ist die regelmäßige Teilnahme am Gemeindeleben zu nennen, wo man die Gelegenheit hat, sich weiter vom Wort zu nähren und praktische Anwendungen des Wortes zu hören. Gott verändert Menschen von innen heraus, aber man kann dabei mit Gott Zusammenarbeiten, indem man Bibelstellen mit Herz und Verstand in sich aufnimmt. Das Wort Gottes ist wahr und voller Leben. Es bringt die Kraft der unsichtbaren Welt im Leben eines Menschen zur Wirkung. Wenn Berater und Betreuter das Wort Gottes in sich aufnehmen, dann ernähren sie sich mit übernatürlicher Kraft und Weisheit. Es gibt auch das übernatürliche Wirken des Wortes, das Menschen heilt, das tief verborgene Gedanken und Motivationen eines Menschen aufdeckt und den Gläubigen in das Bild Christi verwandelt, wenn er auf Gottes Liebe reagiert und gehorcht. Kein Wunder, daß der Psalmist das Wort Gottes so preist! Deine Vorschriften will ich bedenken und beachten deine Pfade. An deinen Satzungen habe ich meine Lust, dein Wort vergesse ich nicht. Wie süß sind meinem Gaumen deine Worte, mehr als Honig meinem Mund! Aus deinen Vorschriften empfange ich Einsicht. Darum hasse ich jeden Lügenpfad! Eine Leuchte für meinen Fuß ist dein Wort, ein Licht für meine Pfad (Ps 119,15.16.103-105). Seelsorger und Betreuter müssen nicht nur das Wort lesen, sondern auch darüber nachdenken und es verdauen. Wenn man über das Wort nachdenkt und Verse auswendig lernt, die sich besonders mit den Bedürfnissen des Betreuten beschäftigen, dann gibt man dem Heiligen Geist die Möglichkeit, praktische persönliche Anwendungen dieses Wortes zu offenbaren. So kann es zum Beispiel sehr fruchtbar sein, wenn man über Johannes 15 nachdenkt und praktische Anwendungen des Bleibens in Christus sucht. Das Verständnis dieser Verse entsteht meist durch die praktische Anwendung. Was heißt es, in Christus zu bleiben, wenn die Kinder aufsässig oder krank sind? Was heißt es, in Christus zu bleiben, wenn unsere Pläne durchkreuzt werden? Was heißt das, wenn dich jemand gerade eben mit einer spitzen Bemerkung verletzt hat? Wo hört das Bleiben in Christus auf, wo beginnt es? Wenn ein Betreuter sich beklagt, daß er die Bibel nicht verstehe, dann wird ein weiser Seelsorger einige Hinweise geben, sich aber in der Hauptsache darauf beschränken, die Richtung zu weisen, in der der Betreute die Antwort finden kann. Verständnis des Wortes Gottes heißt nicht nur mit dem Verstand verstehen, sondern praktische Ausübung. Denn ein Mensch versteht die Gebote Gottes erst dann, wenn er ihnen gehorcht. Es kann zum Beispiel sein, daß man meint, die Bedeutung der Liebe zu kennen, bis man über 1. Korinther 13 nachdenkt. Wenn man dann die Erkenntnisse aus diesem Text in die Wirklichkeit umzusetzen versucht, wird man die Liebe Gottes viel tiefer verstehen lernen. Wenn ein Mensch die Bibel liest, ohne zu tun, was sie sagt (insbesondere die Anweisungen für das praktische Leben), dann wird er das Wort bald wieder vergessen haben. Aber wenn er sich nach dem richtet, was sie sagt, dann wird er die Worte behalten und durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in ihm wohnt, verändert werden. Wenn man dem Wort gehorcht, dann spielen Geist, Seele und Leib auf ideale Weise zusammen, so daß man selbst in Anfechtungen noch Frieden hat. Wenn man das Wort annimmt und befolgt und im Geist wandelt, dann wird man Früchte des Geistes hervorbringen. Der Seelsorger kann Schriftstellen zum Studium vorschlagen, die bestimmte Eigenschaften Gottes betonen. Wenn zum Beispiel ein Betreuter Ermutigung im Glauben braucht, dann kann es sehr hilfreich sein, die biblischen Aufzeichnungen über Gottes Treue zu lesen und über Gottes Verheißungen über seine Treue nachzudenken. Gott befahl seinem Volk, sich seiner Treue zu erinnern und den Kindern seine Vertrauenswürdigkeit nahezubringen. Die Bibel ist auch die wichtigste Waffe im geistlichen Kampf, insbesondere auf dem Gebiet der Gedanken und Wünsche. Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Richter der Gedanken und Gesinnungen des Herzens (Hebr4,12). Der Seelsorger muß nicht nur wissen, wie er mit dem Wort Gottes wirksam kämpfen kann, er muß den Betreuten auch lehren, wie er dieses Schwert des Geistes anwenden soll, um Ängste, Versuchungen, falsches Denken und Lügen des Erzfeindes der Seele überwinden zu können. Nur die Wahrheit Gottes kann die Lüge bloßstellen und besiegen und biblische Veränderungen im Leben eines Menschen bewirken. Ein Seelsorger sollte das Wort Gottes nicht nur anwenden, um vom Betreuten Wahrheit, Weisheit, Verständnis und Heiligung im Seelsorgegespräch zu fordern, sondern er sollte den Betreuten auch lehren, wie er selbst Antworten auf sein Problem im Wort finden kann. Wenn ein Betreuter lernt, die Bibel zu studieren, dann wird er „Sich Gott bewährt zur Verfügung stellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit in gerader Richtung schneidet“ (2. Tim 2,15). Der Betreute wird dann lernen, wie er selbst Wahrheiten der Bibel durch die Offenbarung und die Anwendung, die der Geist schenkt, finden kann. Dann hängt er nicht mehr vom Seelsorger ab, um Wahrheit und Einsicht zu gewinnen. Weil Seelsorger und Betreuter beide vom Herrn abhängig sind, wenn sie das Wort verstehen und anwenden wollen, müssen sie beide darum bitten, daß es ihnen verständlich gemacht wird, wenn sie es lesen. Wenn ein Betreuter nicht in der Lage ist, sich auf einen längeren Text auf einmal zu konzentrieren, weil er zu Beginn der Seelsorge zu sehr von seinem Problem in Anspruch genommen wird, dann ist es günstig, wenn der Seelsorger einfach einige Verse auf Kärtchen schreibt und den Betreuten bittet, sie jeden Tag zu lesen und zu überdenken. Wenn die Seelsorge dann weiter fortschreitet, dann kann der Umfang des Textes und auch die Schwierigkeit gesteigert werden, je nachdem, wie der Herr leitet. Obwohl es sehr viele gute Bücher gibt, sollten sie nie die Bibel ersetzen. Man kann jedoch einige wenige empfehlen, die biblische Prinzipien auf bestimmte Probleme anwenden oder die neue Wege des Denkens und Handelns vorschlagen, die nützlich für den Betreuten sind. Der Seelsorger sollte jedoch das Buch auf jeden Fall gelesen haben, ehe er es einem Betreuten empfiehlt. Es ist gut, wenn er eine Liste mit Büchern hat, die für bestimmte Betreute nützlich sein könnten. Wenn der Seelsorger ein Buch lange nicht gelesen hat, dann sollte er es noch einmal durchsehen, so daß er mit dem Betreuten darüber gewinnbringende Gespräche führen kann. Auch sollte er beachten, daß nicht alle Menschen gleich viel lesen können, da es Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Fähigkeiten und unterschiedlichem Bildungsstand gibt. Wenn ein Bibeltext vereinbart wurde, dann sollte sich der Seelsorger die Zeit nehmen, das nächste Mal einige Abschnitte zu diskutieren und zu fragen, ob der Betreute sie verstanden und in der Woche angewendet hat. Das ermöglicht dem Betreuten, etwas Positives zu berichten und hilft dem Seelsorger zu entscheiden, welche weiteren Schriftstellen er für die nächste Woche dem Betreuten mitgeben sollte. Außerdem ermuntert es den Betreuten, das Wort zu lesen, darüber nachzudenken und es während der Woche anzuwenden, wenn im nächsten Seelsorgegespräch darüber gesprochen wird. Geistliches Tagebuch Für einige Menschen ist es hilfreich, wenn sie ein Tagebuch führen, das sich mit ihrem geistlichen Leben beschäftigt. Es ist wichtig, daß das Geschriebene positiv und aufbauend ist, und man sich nicht nur beklagt. So sollte man etwa aufschreiben, wie sich Gottes Treue am Tag erwiesen hat. Oder man könnte aufschreiben, wie es sich ausgewirkt hat, ein biblisches Prinzip anzuwenden. Man kann ebenso festhalten, was Gott getan hat und was man gelernt hat. Manchmal schreiben Betreute von selbst auf, was während der Woche geschehen ist, um sich im Seelsorgegespräch besser daran erinnern zu können. Die Angewohnheit, niederzuschreiben, wie sich Gott im per- sönlichen täglichen Leben gezeigt hat, enthüllt oft die Güte Gottes, die andernfalls vergessen, nicht wahrgenommen oder als selbstverständlich hingenommen würde. Wenn ein Mensch seinen Geist darauf richtet, Beweise der Liebe Gottes in seinem Leben zu sehen und darüber auch Buch führt, dann entwickelt er ein sichtbares Zeichen der dauernden Liebe Gottes. Wenn dann später schwierige Zeiten auf ihn zukommen, dann kann er sich an die Aufzeichnungen über die Liebe Gottes erinnern. Das Tagebuch ist eine wertvolle Hilfe, um die Gedanken auf Gott zu lenken. Andere Maßnahmen Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind sicherlich so verschieden wie die Menschen, die Seelsorge in Anspruch nehmen. Wenn ein Seelsorger sich des Betreuten mit Sorgfalt annimmt und Gott sorgfältig zuhört, dann wird er entdecken, welche Veränderungen des Handelns für den Betreuten in der nächsten Woche hilfreich sind. Der Auftrag sollte das Problem mit einer speziellen Anwendung der Schrift angehen. Der Auftrag kann so etwas Einfaches wie Lächeln sein, kann aber auch ernste Gebiete des Bekennens und der Buße berühren. Es kann etwas Praktisches sein wie etwa den Fußboden putzen, oder aber etwas Künstlerisches wie das Schreiben eines Lobgedichtes. Die meisten dieser Aktivitäten sollten aus Denken und Handeln bestehen, damit sich eine neue Gewohnheit bilden kann oder eine schlechte überwunden wird. Außerdem ist es wichtig, daß der Auftrag dem Betreuten in jeder Hinsicht entspricht. Formen des künstlerischen Ausdrucks und die Teilnahme daran kann den Glauben einiger Menschen stärken. Musik erreicht das Herz der meisten Menschen in der einen oder anderen Weise. Ein sensibler Seelsorger wird versuchen, herauszufinden, ob und welche Musik dem Betreuten eine Hilfe werden könnte. Es gibt viele Lieder, die die Wahrhaftigkeit und Barmherzigkeit Gottes verkündigen. Der eine kann davon profitieren, daß er eine Aufnahme eines solchen Liedes anhört, für den anderen ist es besser, das Lied während der Woche auswendig zu lernen und zu singen. Ein sehr nützlicher Auftrag ist für viele Menschen, daß sie jeden Tag einem Menschen etwas Gutes tun sollen. Das kann schon eine Karte oder eine Blume für einen Nachbarn sein, die die Liebe Gottes ausdriickt. Wenn ein Betreuter anderen Liebe schenkt und Liebe von Gott empfängt, dann ist er in den göttlichen Strom der Liebe eingebunden. Manchmal kann der Seelsorger eine Aktivität vorschlagen, aber es ist besser, wenn der Betreute sich selbst überlegt, wie er seine Liebe den Menschen um ihn herum ausdrücken kann. Sport ist unverzichtbar für Menschen, die sehr viel sitzen. Allerdings sollte man den Betreuten warnen, nicht zu schnell größere Anstrengungen zu unternehmen. Schon ein täglicher Spaziergang, den man jeden Tag ein wenig ausdehnt, kann ungeahnten Nutzen bringen. Das sichtbarste Ergebnis ist sicherlich der Sport selbst, doch kann ein Spaziergang auch dazu geeignet sein, dem Betreuten die Möglichkeit zu geben, über die Schöpfung Gottes oder sein Wort nachzudenken oder auch zu beten. Auch hat Bewegung an frischer Luft oft positive Auswirkungen auf die Gefühlswelt. Wenn ein Betreuter im Herrn wächst, dann kann die Aufgabe auch darin bestehen, daß er eine bestimmte Gabe des Dienstes anwendet. Jedem Menschen hat der Herr eine oder mehrere Dienstgaben gegeben. Auch wenn ein solcher Dienst damit beginnt, daß man etwas für jemanden anderen tut (etwas Praktisches), so kann es sein, daß der Betreute nach und nach immer mehr Gelegenheiten entdeckt, wie er für andere zum Segen werden kann. Er wird außerdem entdecken, welche weiteren Gaben er haben könnte. In den Schlußphasen der Seelsorge kann eine Untersuchung und Diskussion von Schrifttexten, die sich mit Gaben beschäftigen, und die Betrachtung der verschiedenen Dienste, die der Betreute gerne tut, sehr anregend und fruchtbar sein. Über die vergangene Woche sprechen Wenn man dem Betreuten einen Auftrag gegeben hat, dann sollte die Diskussion über diese Aufgabe im nächsten Gespräch nicht nur beinhalten, wie es dem Betreuten gelungen ist, gewisse Aufgaben zu erfüllen, sondern auch, wo er versagt hat. Ein Christ kann aus seinem Versagen ebensoviel lernen wie aus seinen Erfolgen, wenn er vom Herrn lernen will. Wenn zum Beispiel jemand versprochen hat, jeden Tag mindestens einmal zu lächeln, es ihm aber nur einmal gelungen ist, dann sollte er für das eine Mal gelobt werden und vergleichen, wie die Menschen an diesem Tag auf ihn reagiert haben, und wie sie sonst auf ihn reagieren. Der Seelsorger muß auch her- ausfinden, welche Aktivitäten die hilfreichsten für einen Menschen sind und feststellen, ob es nicht angezeigt wäre, das nächste Mal kleinere Schritte anzugeben. Sehr oft werden die Veränderungen durch vereinbarte Aufträge der Mittelpunkt des Seelsorgegespräches. Doch sollte der Seelsorger den Betreuten außerdem fragen, was er durch seine Teilnahme an den Gemeindeveranstaltungen gelernt hat, in den Gottesdiensten, Bibelgruppen und verschiedenen persönlichen Beziehungen. Immer sollte der Herr die Mitte dieser Aktivitäten sein. Auch bei der Besprechung der letzten Woche sollte der Herr im Mittelpunkt stehen. Das Ziel aller Aktivitäten und der Teilnahme am Gemeindeleben ist es, die Liebe des Herrn in die Tat umzusetzen und jede Woche wirkliche Veränderungen zu erreichen, so daß der Betreute täglich mehr in das Bild Christi verwandelt wird. Teil 4 Seelsorge in der Gemeinde KAPITEL 16 Warnungen Man sollte in bezug auf biblische Seelsorge vielerlei Warnungen aussprechen, doch wir beschränken uns in diesem Kapitel auf drei, die für jene hilfreich sein werden, die einen Seelsorgedienst beginnen möchten: Irrlehre; ein falsches Verständnis von sogenannter christlicher Heilung; und die möglichen biologischen Ursachen von seelischen und Verhaltensproblemen. Irrlehren Es gibt viele sogenannte christliche Praktiken, die als Wahrheit verkauft werden und bei den Menschen angewendet werden, die unter Lebensproblemen zu leiden haben. Viele, die diese Praktiken anwenden, sind ehrliche, jedoch naive Menschen, die anderen wirklich durch irgendeine Wahrheit helfen möchten, die sie in einem Buch gelesen oder in einem Seminar oder von einer Cassette gehört haben. Wir haben uns entschieden, nur eine der vielen Irrlehren zu behandeln, eine, mit der wir gut bekannt sind. Sie basiert auf einer eigentlich gesunden biblischen Lehre, die jedoch verallgemeinert und ohne Unterscheidung angewendet wird. Jeder Christ weiß von den dämonischen Wesen, die in der Bibel erwähnt werden. Die Bibel lehrt, daß Menschen von Dämonen besessen sein können und daß Dämonen in dieser Welt das grausame Werk ihres Meisters ausführen. Ein Forscher berichtet von einem bisexuellen Mann, der durch die Befreiung von Dämonen vollständig von seinem Problem befreit wurde.110) Man könnte noch viele weitere Beispiele für solche Befreiungen anführen, um zu beweisen, daß Dämonen existieren.* Es ist jedoch nicht unsere Absicht, hier eine Dämonologie aufzustellen, sondern vor einer ver- * Anmerkung des Verlages: Um Verwirrung vorzubeugen: Es wird in der Bibel nicht ein einziger Fall erwähnt, wo bei einem wiedergeborenen Christen Dämonenaustreibung vorgenommen wird. Folgerichtig ist auch in den Lehrbriefen diese Praxis nicht angeführt. Empfehlenswert: „Dämonische Verstrickungen - Biblische Befreiung", Schwen-geler Verlag, Berneck 1987 zerrten Dämonologie zu warnen. Diese Verzerrung reduziert alle menschlichen Probleme auf dämonische Einflüsse und alle Lösungen solcher Probleme auf sogenannte Austreibungen. Es ist leicht, jene Menschen zu erkennen, die eine solche verzerrte Dämonologie vertreten, denn sie führen jedes menschliche Problem und jede Krankheit auf Dämonen zurück. Wenn jemand ängstlich ist, dann nennen sie das den Dämon der Angst; ist jemand depressiv, so ist er vom Dämon der Depression beherrscht (oder auch vom Geist der Depression); wenn jemand Asthma hat, dann ist dafür der Dämon oder Geist des Asthmas verantwortlich. Die Krankheit ist danach immer ein Dämon, Heilung ist immer Austreibung. Jeder biblisch orientierte Seelsorger sollte wissen, daß es Dämonen gibt und in biblischer Nüchternheit mit ihnen umzugehen verstehen. Wir brauchen hier insbesondere die Gabe der Geisterunterscheidung. Wenn dies nicht ein Gebiet ist, auf dem der Seelsorger begabt ist, dann sollte er im Zweifel immer andere reife Christen um Rat fragen. Zusätzlich zu einem biblischen Verständnis und dem Gebrauch der Gabe der Geisterunterscheidung sollte ein Seelsorger nicht auf diesem Gebiet gegen den Rat der geistlichen Führer der Gemeinde und gegen die Lehren des Wortes Gottes verstoßen (dies gilt ganz allgemein für das Gebiet der Seelsorge). Geistliche Berater stehen nicht außerhalb des Leibes Christi. Eine Warnung zum Schluß betrifft die falsche Anwendung der Dämonenaustreibung und ihre Folgen. Wir haben leider oft mit den Ergebnissen einer solchen irregeleiteten Praxis zu tun, weil solche geschädigten Menschen uns um Hilfe gebeten haben. Diesen Menschen wurde von den Vertretern der Austreibung gesagt, daß sie von Dämonen besessen seien, und daß diese ausgetrieben werden müßten. Aber nach mehrmaligen „Austreibungen“, die von den üblichen „Beweisen“ für die erfolgreiche Austreibung begleitet waren, ergab sich keine Veränderung. Dadurch wurden diese Menschen noch verzweifelter als sie ohnehin schon waren. In einem Fall kam eine junge Frau zu uns, die immer wieder depressiv wurde. Ihr wurde geraten, einen religiösen Heiler aufzusuchen, der dafür bekannt war, daß er Dämonen enthüllen konnte (er konnte sie angeblich sehen). Nach einigen wiederholten Austreibungen und „Siegen“ war sie so depressiv wie vorher. Sie schloß daraus, daß sie von Dämonen verpestet sei und von innen zerstört werden sollte. Nachdem sie deswegen einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte, wur- de sie in eine Klinik eingewiesen, wo festgestellt wurde, daß sie eine körperliche Krankheit hat, die die Depressionen verursachte. Gerade diese verzerrte Form der Dämonologie kann in einem Seelsorgedienst schweren Schaden anrichten. Deshalb sollte sich jeder Seelsorger über dieses Problem informiert haben. Obwohl es andere schädliche Lehren gibt, die Unheil anrichten können, haben wir erfahren, daß gerade eine überzogene Dämonenlehre einen Seelsorgedienst am schwersten schädigen kann, weil verzweifelte Menschen, die sich intensiv um Befreiung bemühen, fast jeden Strohhalm ergreifen, der sich ihnen bietet. Religiöse Heilung Das wohl am schwierigsten zu behandelnde Thema ist die Vermischung von Psychologie mit geistlichen Aspekten, die als religiöse Heilung bezeichnet wird. Es gibt viele derartige Kombinationen, die von harmlos bis zu tödlich und katastrophal reichen. Viele Bücher, Seminare, Workshops und Redner haben die Wahrheit der Schrift verdreht, indem sie sie mit den verschiedenen psychologischen Systemen kombiniert haben. Im letzten Abschnitt haben wir uns mit einer durchaus biblischen Lehre beschäftigt, nämlich dem Einfluß von Dämonen, der zu extrem gesehen wird. In diesem Abschnitt werden wir uns mit einer gesunden biblischen Lehre auseinandersetzen, die psychologisiert worden ist. In den meisten Varianten einer „inneren Heilung“, die wir kennen, werden mit dieser Lehre solche psychologischen Praktiken wie Urschreitherapie, Rebirthing, „Wiederauferstehung“ mit wiederholtem Durchleben der Vergangenheit (bis hin zum sogenannten pränatalen Trauma) und Visualisierung kombiniert. Die Angebote der Heiler, die innere Heilung versprechen, reichen von Sprüngen in die Vergangenheit und ins Unbewußte, über das Heraufbeschwören falscher Bilder bis hin zur Dramatisierung verschiedenster Phantasien. Aber ein eingebildetes Gedächtnis, das durch eine Phantasie ersetzt wird, bringt nur einen eingebildete Heilung. Der Mensch braucht als innere Heilung eine Heilung der Seele, aber es ist für ihn nicht nötig, falsche Bilder zu erdenken, um damit reale Lebenserfahrungen oder die reale Vergangenheit zu ersetzen. Jesus sagte: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Joh 8,32). Wenn man sich mit der Wahrheit seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzt, dann beginnt die wahre innere Heilung. Alle religiösen Ansätze, die bei der Heilung der Erinnerung und der Gefühle oder der Veränderung von Verhalten und Gewohnheiten ansetzen, müssen sorgfältig im Licht der Schrift untersucht werden. „Die Bibel und Rebirthing“ oder „die Bibel und Urschreitherapie“ oder „die Bibel und irgendeine andere psychologische Spielerei“, solche „Bibel und ...“- Gebilde sollten von Christen gemieden werden. Es gibt viele, die als biblische Berater begannen und mit einem Konglomerat aus Wahrheit (Bibel) und Irrtum (psychologische Systeme) endeten. Der Apostel Johannes warnt: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viel falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen“ (1. Joh 4,1). Ein biblischer Seelsorgedienst kann durch die Vermischung von geistlichen und psychologischen Wahrheiten stark geschädigt werden. Mögliche biologische Ursachen von Lebensproblemen Einige Menschen, die in die Seelsorge kommen, leiden unter mehr als normalen Lebensproblemen. Einige haben organische Krankheiten, die die normalen Funktionen des Gehirns und damit auch das Denken, Fühlen und Verhalten des betroffenen Menschen beeinträchtigen. Diese Menschen geben auch professionellen Beratern Rätsel auf, und sie werden oft durch Gesprächstherapie behandelt, auch wenn sie gar nicht hilft. Außerdem sind sich die berufsmäßigen Berater nicht einig, wie man solche Menschen behandeln sollte: mit Medikamenten, Psychotherapie, Elektroschocks oder einer Kombination dieser Methoden. Oftmals entgeht die physische Krankheit der Aufmerksamkeit des Therapeuten. Daraus folgt dann, daß diese Menschen endlosen Therapien unterworfen werden, die keinen oder kaum Erfolg zeigen. Das ist zahlreichen Menschen widerfahren.11') Die biologischen Ursachen einer seelischen Krankheit können falsche Ernährung, Unfähigkeit zur Synthese bestimmter Körpersubstanzen, mangelnde Bewegung, Allergien und weitere komplizierte organische Ursachen haben. In dem Buch „Der psychologische und der geistliche Weg“ besprechen wir eine Reihe organischer Krankheiten (wie Autismus, Parkinson’sche Krankheit und verschiedene Formen der Psychose), die ursprünglich als Geisteskrankheiten angesehen wurden. Wayne Sage hat festgestellt: Manche Psychiater stellten früher die Theorie auf, daß autistische Kinder sich in sich selbst zurückziehen, weil sie Eltern haben, die kalt und lieblos sind. Sie interpretieren ihr bizarres Verhalten als Symbol einer daraus folgenden Geisteskrankheit. Psychotherapien waren bei dieser Krankheit jedoch wirkungslos, statt dessen wurden bei den Eltern zahllose unnötige Schuldgefühle hervorgerufen.112) Viele organische Krankheiten wurden nicht nur, sondern werden noch immer durch Psychotherapien behandelt, die keinen oder nur wenig Erfolg haben. Die Menschen, die in solch eine Behandlung geraten, müssen durch diese Fehlbehandlung sehr viel Leid ertragen. Der Psychiater Walter Reich sagt: Die Psychiatrie, die in diesem Jahrhundert in Amerika praktiziert worden ist, wird heute als „unpraktisch, fehlerhaft und störend“ angesehen. Die etablierte Praxis wird heute immer mehr zu Gunsten eines neuen, organisch orientierten Ansatzes aufgegeben. Dieser neue Ansatz basiert auf Untersuchungen des Gehirns, der Neurochemie, der Pharmakologie und auf Medikamenten und gewinnt immer mehr Anhänger.1131 Er fährt fort: „Es hat sich gezeigt, daß die neueren, organisch begründeten Therapien wesentlich bessere Behandlungserfolge erzielen als rein psychotherapeutische Methoden.“1141 Durch Forschung und Experiment ist gezeigt worden, daß die meisten schweren geistigen Krankheiten organische Ursachen haben müssen.1151 E. Füller Torrey sagt dazu: „Die Beweise der Forschung werden immer massiver, daß Schizophrenie in Wahrheit eine Gehirnkrankheit ist, die sich durch abnormale Gehirnfunktionen und -Strukturen zeigt. Psychiater, die heute anders denken, waren sicherlich auf einem längeren Indientrip oder lesen nur Rea-der’s Digest.“1161 Michael Thatcher erklärt: „Bei der Schizophrenie geraten die Dopamine außer Kontrolle und bombardieren den Verstand mit einer Flut unzusammenhängender Gefühle und Gedanken. Das Resultat ist so ähnlich wie das simultane Fernsehen von vier Programmen.“1171 Die Psychiater Paul Wender und Donald Klein sagen: Wenn die psychiatrischen Koryphäen dem Rätsel der Geisteskrankheiten gegenüberstanden, glaubten sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, daß die Freudsche Theorie die Antwort liefern würde. Doch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat die Forschung immer mehr Beweise gebracht, daß geistige Krankheiten im wesentlichen biologische Fehlfunktionen sind und daß ein großer Teil der psychodynamischen Theorien irrelevant oder sogar irreführend sind.118* Wender und Klein erklären weiter: Der Widerstand der Öffentlichkeit gegen die medikamentöse Behandlung psychischer Krankheiten kommt aus verschiedenen Richtungen. Die Ober- und Mittelschicht leidet unter kulturellem Rückstand. Sie sind mit der Psychoanalyse gewissermaßen aufgewachsen und durch die Versprechen der Gestalttherapie, der Transaktionsanalyse, der Urschreitherapie und anderer Therapien in ihrem Verhalten bestärkt worden, so daß sie noch immer glauben, daß psychotherapeutische Behandlung immer besser sei als eine medikamentöse.119* Wenn ein biblisch orientierter Seelsorger mit einem Menschen zu arbeiten beginnt, dann ist es wichtig, daß er herausfindet, ob die Probleme größtenteils auf falsches Denken und Handeln zurückzuführen sind oder ob es biologische Ursachen geben könnte, die bei der Entstehung der Probleme im Vordergrund stehen. Weil organische Krankheiten Gefühlsprobleme verstärken oder sogar herbeiführen können, sollte ein geistlicher Berater die allgemeine körperliche Verfassung des Betreuten begutachten. Wenn der Betreffende etwa seit mehr als einem Jahr nicht mehr in medizinischer Behandlung war, dann ist es für ihn ratsam, sich einer allgemeinen Gesundheitsuntersuchung zu unterziehen. Außerdem ist es ratsam, sich nach irgendwelchen Auffälligkeiten in der Ernährung des Betreuten zu erkundigen. Wenn er viel Zucker und raffinierte Kohlenhydrate zu sich nimmt oder viel Koffein und Alkohol konsumiert, dann kann eine Beziehung zu seinem Verhalten bestehen. Es gibt viele Menschen, die nervös und reizbar reagieren, wenn sie zu viel Zucker essen, andere bekommen sogar Depressionen davon.120* Auch wenn ein Seelsorger keine Kenntnisse über Medikamente und ihre Anwendung hat, sollte er sich erkundigen, ob der Betreute irgendwelche Medikamente nimmt. Man sollte versuchen, sich über diese Medikamente Informationen zu beschaffen. So gibt es etwa in Deutschland die Rote Liste, die die Medikamente mit ihren Indikationen und bekannten Nebenwirkungen auflistet. Der Seelsorger darf jedoch nie in die Medikation des Arztes ein-greifen. Auch sollte er die Medikamenteneinnahme nie moralisch beurteilen, um im Betreuten keine unnötigen Schuldgefühle zu erzeugen. Manche Menschen meinen, minderwertig oder Versager zu sein, weil sie regelmäßig ein Medikament wie Thyrosin oder Insulin nehmen müssen. Doch sind solche Mittel für diese Menschen zur Aufrechterhaltung des chemischen und hormonellen Gleichgewichts ihres Körpers notwendig. Andere nehmen Medikamente ein, die das Gefühlsleben stabilisieren, ohne dämpfende Nebenwirkungen zu haben, wie etwa Lithium. Andere dagegen sind von Tranquilizern abhängig, die die Gefühle dämpfen, ohne irgendwelche Lösungen zu bringen. Es wäre eine Dummheit, einem Menschen zu raten, kein Insulin oder Lithium mehr zu nehmen. Wenn jedoch ein Betreuter befriedigendere Mittel der Problembewältigung entwickelt als die Beruhigung durch Tranquilizer, dann sollte man ihn ermutigen, in Abstimmung mit dem verschreibenden Arzt zu versuchen, ihren Konsum auf das unerläßliche Maß herunterzuschrauben. In jedem Fall sollten alle Medikamente nur unter der Aufsicht eines Arztes eingenommen werden. Werden unkontrolliert irgendwelche Medikamente konsumiert, dann sollte man in jedem Falle raten, einen Arzt hinzuzuziehen. Es ist wichtig, sich der Möglichkeit biologischer Ursachen für bestimmte Probleme bewußt zu sein. Wenn man nur den geringsten Verdacht auf organische Ursachen eines Problems hat, sollte man den Betreuten an einen Mediziner verweisen. Dennoch sollte man nicht vergessen zu sagen, daß heute das Pendel in die entgegengesetzte Richtung geschwungen ist, so daß heute viel öfter Medikamente bei seelischen Krankheiten verschrieben werden als früher. Oftmals verschreibt ein Arzt sofort ein Beruhigungsmittel. Den Menschen, die in Scheidung leben, die den Verlust eines geliebten Menschen zu beklagen haben, die arbeitslos geworden sind oder durch andere Umstände aus dem seelischen Gleichgewicht geworfen wurden, werden heute viel zu schnell Medikamente verschrieben, um sie von den Nöten solcher Vorfälle zu befreien. Reich berichtet, daß in den USA in den letzten zwanzig Jahren der Ver- brauch von Antidepressiva, Antipsychotika und schwächeren Tranquilizern stark gestiegen ist.12') Wir möchten hier ausdrücklich klarstellen, daß wir die Verwendung von Medikamenten bei seelischen Krankheiten weder verteidigen noch verurteilen wollen. Unser Ziel ist es, ein Bewußtsein für die Möglichkeit der organischen Bedingtheit seelischer Störungen zu wecken. Außerdem wollen wir zeigen, daß das Bild der Psychoanalyse in der letzten Zeit sehr gelitten hat, weil sie unglücklicherweise bei organischen Krankheiten herangezogen worden ist und deshalb natürlich auch wenig oder keinen Erfolg gehabt hat. Stattdessen hat sie nur Unsummen an Geld verschlungen. Außerdem wollen wir den Mythos zerstören, daß Psychotherapie ein geeignetes Mittel zur Behandlung schwerer Geisteskrankheiten sei. Auch Bewegung und Schlaf beeinflussen die seelische Verfassung des Menschen. Sportarten, die das Herz-Kreislaufsystem fördern, helfen dem Körper, das Gehirn mit ausreichend Blut und Sauerstoff zu versorgen. Wenn man z.B. nicht in ausreichendem Maße schlafen bzw. träumen kann, so kann das zu ernsthaften seelischen Störungen führen. Eine Methode, einen Menschen seelisch zu zerstören, ist, ihn kontinuierlich zu hindern, genügend zu schlafen bzw. zu träumen. Einige Forscher glauben, daß das Gehirn sein biochemisches Gleichgewicht durch Träume während der Nacht wiedergewinnt. Und wir alle wissen aus eigener Erfahrung, wieviel schlechter unsere seelische und geistige Verfassung ist, wenn wir längere Zeit zu wenig geschlafen haben. Sinnvolle Ernährungsgewohnheiten und natürliche Heilmittel sollten gefördert werden. Dazu zählen jedoch nur solche Heilmittel, die nicht ideologisch befrachtet sind (wie zum Beispiel homöopathische Mittel). Ein biblisch orientierter Seelsorger sollte über die Grundlagen der Ernährungslehre Bescheid wissen. In Deutschland gibt es solche Informationen von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zu diesen grundlegenden Erkenntnissen zählt etwa der Verzicht auf zuviel Fett und leere Kalorien, gesunde Zubereitungsmethoden und insgesamt Ausgeglichenheit der Ernährung. Allerdings müssen wir auch hier betonen, daß es nicht die Aufgabe des Seelsorgers ist, Vitamintabletten, Mineralien oder Kräuter zu verschreiben, weil dies in das Gebiet der Heilkunst gehört. Jedoch kann der Seelsorger allgemeine Hinweise geben und eine Therapie durch Ermutigung unterstützen. Außerdem ist die seelische Verfassung, in der wir essen, weitaus wichtiger als das, was wir essen. Die Beratung von Menschen mit primär organisch bedingten Problemen kann ein Stolperstein nicht nur für den Psychotherapeuten, sondern auch für die Gemeinde sein. Der psychologische Berater tendiert dazu, alle Probleme psychologisch zu sehen, während der geistliche Berater alle Probleme auf geistliche Ursachen zurückführen will. Doch für manche Menschen ist weder der psychologische noch der geistliche Weg die Antwort auf sein Problem. Doch kann derjenige, der nach der Heiligen Schrift berät, dem Menschen der seelische Probleme hat, die durch organische Faktoren mitverursacht sind, sicherlich wesentlich mehr Leitung und Weisheit bieten als ein psychologischer Berater: Der geistliche Berater hat als Hilfen für seine Beratung das Gebet, die Unterstützung des Leibes Christi und vor allem Gott, der sich für die Heilung des Betreuten interessiert. KAPITEL 17 Planung eines Seelsorgedienstes in der Gemeinde Jede Gemeinde, die einen Seelsorgedienst aufbauen möchte, sollte das anhand biblischer Leitlinien und innerhalb der schon existierenden Gemeindestruktur tun. Dieses Kapitel will nur vorschlagen, wie ein Seelsorgedienst eingerichtet und aufrecht erhalten werden kann. Sicherlich sind einige der Vorschläge nicht in jeder Gemeinde durchführbar, aber der Rahmen, den wir hier bieten, kann einen Ansatzpunkt für eigene Planungen bieten. Biblische Seelsorgedienste sollten immer in die örtliche Gemeinde eingebunden und der jeweiligen Gemeindeleitung verantwortlich sein. Jeder Seelsorger sollte dem Herrn, seinen Gemeindeleitern und der gesamten Gemeinde unterstehen. Es sollte für diesen Dienst kein Entgelt geben, weil man in der Seelsorge sehr stark vom Heiligen Geist abhängig ist und weil Seelsorge eine Aufgabe des Leibes Christi und ein Ausdruck der Liebe Gottes ist. Der Idealfall wäre es, wenn die Seelsorge eine natürliche Aufgabe der Gemeinde ist. Im 2. Buch Mose schlug Jethro Mose einen ähnlichen Plan vor. Jeden Tag versammelten sich die Menschen um Moses Zelt, um Rat und Hilfe zu suchen. Jethro sah, daß diese Aufgabe für einen einzelnen Menschen viel zu groß war, und schlug vor, daß Mose diese Verantwortung mit anderen teilen solle. Mose ernannte Oberste von größeren Gruppen und lehrte sie die Wege Gottes, so daß sie denen raten konnten, die Gottes Willen für eine bestimmte Situation erkennen wollten oder Gottes Lösung für ihre Probleme finden wollten. Es gibt in einer Gemeinde meist wesentlich mehr Bedarf für Seelsorger als ein einzelner Mensch bewältigen kann. Kevin Springer schreibt in einer Zeitschrift, daß er mit Besorgnis sieht, daß „viele Gemeindeleiter viel Zeit mit nur wenigen ihrer Gemeindeglieder verbringen, während die begabteren reiferen Mitglieder vernachlässigt werden - eben jene Mitglieder, die geeignet wären, selbst anderen zu dienen“122). Ein weiser Christ wird andere zum Dienst anleiten, den er mit ihnen teilt, so daß der gesamte Leib Christi zusammenarbeitet und so die Einheit und Heiligkeit ausdrückt, die der Herr für die Gemeinde vorgesehen hat. Es ist außerordentlich hilfreich, wenn leitende Christen in der Ortsgemeinde einen Menschen an einen biblischen Berater verweisen können, so daß dieser Mensch nicht in die Hände selbsternannter sogenannter „Berater“ fällt, oder sich außerhalb der Gemeinde nach Ratgebern umsehen muß, die nach irgendwelchen Philosophien oder Lehren beraten, die nicht mit den Lehren der Bibel übereinstimmen. Nirgendwo in der Schrift werden wir angewiesen, einen Menschen an die Welt zu verweisen, um von dort Hilfe für seine Lebensprobleme zu erwarten. Jesus berief seine Jünger zum Dienst und sandte uns den Heiligen Geist, damit er die Bedürfnisse der Menschen erfüllen könnte. Der Aufbau eines Seelsorgedienstes Die grundlegenden Elemente für die Veränderung sind in einer Gemeinde schon vorhanden, wenn dort der Geist der Liebe herrscht und gesunde biblische Lehre verkündigt wird. Biblische Seelsorge ist eine persönliche Form der Weitergabe von Gottes Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit in der Gemeinde. Deshalb darf biblische Beratung kein Fremdkörper in der Gemeinde sein. Und doch fühlen sich viele Christen für einen solchen Dienst vollkommen unzureichend ausgerüstet, weil sie denken, daß biblische Seelsorge irgendwelche psychologischen Elemente übernehmen müsse. Biblische Seelsorge beinhaltet die Gemeinschaft der Liebe innerhalb des Leibes Christi (die Umgebung, in der Veränderung geschehen kann) und die Predigt und Lehre des Wortes (Richtungsgebung für Veränderung). Diese beiden Faktoren sind weitaus wichtiger als Techniken und Theorien der psychologischen Beratungspraxis. Wenn eine Gemeinde für gezielte Seelsorge sorgen will, dann ist es ratsam, festzustellen, was innerhalb der Gruppe bereits geschieht. In der biblischen Seelsorge wird die Sorge um die Gemeinde persönlich, damit die besonderen Bedürfnisse des Einzelnen erfüllt werden können. So wird in der Seelsorge die Umgebung und die Anleitung zur Veränderung an eine einzelne Person und nicht an eine Gruppe angepaßt, so daß Gottes Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit weitergegeben werden können. Auch das einzelne Gemeindeglied kann hier vielleicht mehr in der Seelsorge geben als es sich vielleicht vorstellt. Weil Gemeindeglieder in eine Umgebung der gegenseitigen Fürsorge eingebettet sind und persönlich die Wahrheiten der Schrift auf ihr eigenes Leben angewendet haben, haben sie auch die Auswirkungen der liebevollen Gemeinschaft und der Leitung durch das Wort Gottes für die Veränderung ihres Lebens erfahren. Viele haben schon die Umgebung der Barmherzigkeit und der Anleitung in ihren persönlichen Kontakten mit anderen Christen geschaffen. So sind viele schon ausgerüstet, in der Eigenschaft als geistliche Berater zu arbeiten. Außer in einer neuentstandenen Gemeinde, die vorwiegend aus Menschen bestehen kann, die noch nicht lange im Glauben leben, gibt es in jeder Gemeinschaft solche, die zur Seelsorge schon ausgerüstet sind. Diese Menschen haben die Bibel studiert und in ihrem eigenen Leben angewendet. Sie haben die Gnadengabe der Seelsorge und halten dabei das Verhältnis von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit ein. Alle Gemeinden, mit denen wir Kontakt hatten in bezug auf einen Seelsorgedienst, hatten Gläubige, die gewillt und in der Lage waren, diesen Dienst zu tun, sobald ihnen die Gelegenheit gegeben wurde. Der Beginn gezielter Seelsorge besteht oft nur in der Auswahl der Seelsorger und ihrem Unterricht in den Grundprinzipien, die sie in ihrem Dienst, in der Organisation und Ankündigung dieses Dienstes und in dem Vertrauen auf Gottes Führung anwenden sollen. Zusätzlich zur Ausbildung, die die Seelsorger schon vom Herrn erhalten haben, lernen Seelsorger und zukünftige Seelsorger weiter, wenn sie die Schrift nach Gottes Wegen eines Dienstes an Menschen fragen, wenn sie Bücher lesen, um aus der Erfahrung anderer, die biblische Seelsorge betreiben, zu lernen, und durch ihre eigenen Erfahrungen im Seelsorgedienst. Der beste Weg, etwas zu lernen, ist, es zu praktizieren. Leitlinien sind natürlich notwendig, doch der einzige Weg, etwas wirklich zu lernen, ist anzufangen, eine Atmosphäre der Barmherzigkeit durch Zuhören, Fürsorge und Gebet zu schaffen. Wenn der Heilige Geist dann die Weisheit gibt, dann wird sich die richtige Lehre daran anschließen. Die Abhängigkeit vom Heiligen Geist kann nicht oft genug betont werden, weil die beste Atmosphäre für ein Seelsorgegespräch durch die Gegenwart Gottes geschaffen wird und die Richtungsweisung für die Veränderung durch die praktische Anwendung des Wortes Gottes durch den Heiligen Geist gegeben wird. Die größte Sorge der meisten Gemeinden beim Beginn eines gezielten Seelsorgedienstes ist ein Trainingsprogramm für die Mit- arbeiter. Viele fühlen sich der Aufgabe, andere in biblischer Seelsorge zu unterweisen, nicht gewachsen, obwohl sie in anderem Zusammenhang längst die biblischen Prinzipien gelehrt haben, die auch für den biblischen Seelsorgedienst grundlegend sind. Weil ein biblisch orientierter Berater seinen Dienst in Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit tut, um eine Umgebung und eine Richtung für die Veränderung zu bieten, sollte die Unterweisung genau auf diesen beiden Gebieten geschehen. Die Grundlagen über die Herstellung einer Umgebung der Barmherzigkeit werden jedem sicherlich vertraut sein. Wer in seinem gewöhnlichen Dienst in der Gemeinde immer wieder über Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue und Sanftmut gelehrt hat, die sich als Frucht des Heiligen Geistes entwickeln, wird sicherlich schon viel Material haben, auf das er zurückgreifen kann. Weil die Predigt, die Lehre in kleinen Gruppen und die individuelle Seelsorge Unterweisung in christlicher Lebensführung und andere grundlegende Lehren beinhalten, ist es interessant, einige Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. Gemeinsam sollten der Predigt, der Lehre und der Seelsorge sein: (1) sie basieren auf den Lehren der Heiligen Schrift, (2) sie haben Gott zum Mittelpunkt, seine Eigenschaften, sein Wort und seinen Willen, (3) sie leiten Menschen an, wie man als Christ lebt, (4) sie motivieren Menschen, sich für den Willen Gottes zu entscheiden, (5) sie ermahnen, erklären , ermutigen und lieben, (6) sie sind vom Heiligen Geist abhängig, (7) sie behandeln Probleme, die die Zuhörer betreffen, (8) sie unterstützen Heilung, Veränderung und geistliches Wachstum. Es gibt jedoch auch Gebiete, auf denen sich die persönliche Seelsorge von der Predigt und der Lehre in Kleingruppen abhebt. In der Seelsorge wird von beiden Teilnehmern durch Zuhören und Sprechen gelernt. Der Seelsorger und der Betreute lernen einander und den Herrn besser kennen. Die Lehre basiert auf den individuellen Bedürfnissen, die durch Zuhören und Gebet ermittelt worden sind, während Predigt und Unterweisung sich an den Bedürfnissen orientieren, die durch Kenntnis der Gemeinde und Gebet deutlich geworden sind. Manchmal besteht die Seelsorge nur darin, daß dem Betreuten eine Beziehung angeboten wird, in der er sich entscheiden kann, die Weisung des Herrn anzunehmen. Wahrscheinlich können die Unterschiede folgendermaßen zusammengefaßt werden: Seelsorge ist persönlicher, geschieht durch das Gespräch, berührt persönliche Bedürfnisse und gibt dem oder den Betreuten die Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Gottes weiter, indem Zeit für diese Menschen aufgebracht wird. Man kann dieselben Wahrheiten sowohl von der Kanzel, in der Bibelstunde als auch während der Seelsorge lehren. Deshalb kann eine Gemeinde sehr viel tun, um Christen in biblischer Seelsorge auszubilden. Aber die Seelsorge an sich ist eine andere Gabe als das Predigen bzw. Lehren. Sehr oft hat ein Christ zwar die Gabe der Predigt und kann deshalb über Seelsorge sehr viel sagen, ohne selbst die Gabe der Seelsorge zu besitzen. Andererseits gibt es auch Menschen, die im persönlichen Gespräch ihre Gabe haben, die mit großem Verständnis und voller Geduld zuhören können, die also in der Seelsorge sehr begabt sind, die aber eine größere Zuhörerschaft mit ihren Beiträgen sicher in den Schlaf wiegen würden. Die Quelle für Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit ist dieselbe, aber die Gabe, die Berufung und die Art, die Wahrheiten weiterzugeben, sind unterschiedlich. Die Einrichtung eines Seelsorgedienstes 7. Ausbildung der Seelsorger. Weil die Bibel das wichtigste Buch für die biblische Seelsorge ist, sind die laufenden Bibelstunden und Predigten die Grundlage für die Unterweisung im seelsorgerlichen Dienst. Die Bibelstunden und Predigten, in denen die praktische Anwendung des Wortes Gottes auf das persönliche Leben gezeigt wird, sind für Seelsorger meist am wertvollsten. Wenn eine Gemeinde sich entscheidet, eine spezielle Schulung anzubieten, dann nur mit Materialien, die mit der Schrift übereinstimmen. Sehr oft wendet sich eine Gemeinde an professionelle Psychologen, damit diese ihre Seelsorger ausbilden, doch wir raten von dieser Praxis ab. Wenn Gemeindeleiter und Seelsorger anfangen, eine psychologische Ausbildung zu machen, dann enden sie oft bei einer Methode, die alles andere als biblisch ist. 2. Die Auswahl der Seelsorger. Die folgende Liste mit Eigenschaften, die ein biblisch orientierter Seelsorger haben sollte, kann helfen, geeignete Menschen zu finden. a. Ein Gläubiger, der den Herrn Jesus Christus als seinen Retter kennt und der unter seiner Herrschaft lebt, indem er seine Lehren und Gebote befolgt. b. Ein reifer Gläubiger, der den Herrn schon längere Zeit kennt und sich in dieser Zeit auf den Heiligen Geist verlassen hat. Jemand, der dem Herrn Jesus gestattet hat, in ihm Gestalt anzunehmen. c. Ein Gläubiger, der seine Bibel gut kennt, der weiß, wie man die Bibel in seinem persönlichen Leben anwendet und der aufgrund der Bibel Rat erteilen kann. Wenn ein Seelsorger die Bibel nicht kennt, wird er weltlich begründeten Rat erteilen, der nur auf Menschenweisheit beruht. d. Ein Gläubiger, der gesund in der Lehre ist. e. Ein Gläubiger, der sich belehren läßt und sich anderen unterordnen kann. f. Ein Gläubiger, der dem Herrn Jesus treu ist. g. Ein Gläubiger, der Konsequenz, Verläßlichkeit und Verantwortung in anderen Gemeindeaufgaben gezeigt hat. h. Ein Gläubiger, der Anvertrautes für sich behalten kann. i. Ein Gläubiger, der zuhören, lieben und lehren kann. Einer, der gelernt hat und begabt ist, Ermahnung, Lehre und Barmherzigkeit nach Römer 12 in einem ausgewogenen Verhältnis weiterzugeben. j. Ein Gläubiger, der von anderen respektiert, um Rat und Freundschaft gebeten wird. k. Ein Gläubiger, der seine schriftgemäße Rolle in seiner Familie einnimmt und sein eigenes Haus in Ordnung hält. Wenn ein Seelsorger selbst zu viele Probleme hat, dann ist er nicht mehr in der Lage, in ausreichendem Maße in der Seelsorge die Last von anderen auf sich zu nehmen. l. Ein Gläubiger, der die Früchte des Geistes zeigt, in besonderer Weise Liebe, Geduld, Freundlichkeit und Demut. m. Ein Gläubiger, der andere nicht verschreckt, manipuliert oder beherrscht. n. Ein Gläubiger, der die nicht abhängig macht, die ihn um Rat gebeten haben, sondern auf ihre Selbständigkeit abzielt. 3. Wer berät wen? Wir schlagen vor, daß Männer Männer betreuen, Frauen Frauen und daß Paare anderen Paaren helfen. Außerdem sollte das Alter von Seelsorger und Betreutem beachtet werden. Der Seelsorger sollte die notwendige Reife besitzen, gleichaltrig oder älter als der Betreute sein, auch wenn das nicht immer notwendig ist. Auch ist es wichtig, daß der Seelsorger eigene Kinder hat, wenn er Menschen berät, die Erziehungsprobleme haben, und zwar nicht nur wegen der Erfahrung, die die Kindererziehung bringt, sondern auch wegen der Demut, die aus solchen Erfahrungen erwächst. Wegen der Altersanforderungen können gerade ältere Menschen in einem gemeindlichen Seelsorgedienst eine große Hilfe sein. Andererseits wird ein Teenager, der mit Pubertätsproblemen zu kämpfen hat, meist besser durch einen jungen Erwachsenen beraten, der die Reife hat, dem Betreuten die Richtung zu weisen. Auch der kulturelle Hintergrund sollte Beachtung finden. Es ist sehr leicht, zu meinen, daß wir alle den gleichen kulturellen Hintergrund haben, weil wir alle im gleichen Land leben. Aber bestimmte Wertvorstellungen finden sich in einigen Bevölkerungsgruppen wesentlich stärker als in anderen. Ein Mensch, der hochgebildet ist, wird sicherlich nicht so leicht einen Rat von jemandem annehmen, der eine wesentlich geringere Ausbildung genossen hat, auch wenn dieser sehr viel zu sagen hat. Dennoch sollte man hier keine starren Regeln aufstellen, weil die Menschen, die mit dem anderen nicht über intellektuelle Dinge reden, es meist besser verstehen, Wahrheiten auf das persönlich Leben anzuwenden statt eine Lehre auf sicherer Distanz von Herz, Füßen und Händen zu halten. So ist es oft der Fall, daß andere Faktoren eine wichtigere Rolle spielen können als der kulturelle Hintergrund, damit die Seelsorge in die richtige Bahn kommt. Dennoch sollte der unterschiedliche Hintergrund der Menschen nicht vergessen werden. 4. Die Last der Seelsorge. Weil die biblische Seelsorge ein Dienst ist, an dem viele teilhaben, sollte jeder Seelsorger nur eine begrenzte Zahl von Menschen betreuen. Professionelle Berater müssen ihren Terminkalender mit Sitzungen füllen, damit sie ein gutes Einkommen erzielen. Deshalb ist es eine der Grundregeln professioneller Berater, keine persönlichen Kontakte mit ihren Klienten zu führen. Das ist verständlich, oder können Sie sich vorstellen, wie sehr ein professioneller Berater seelisch belastet würde, wenn er mit vierzig verschiedenen Patienten so eng verbunden wäre, daß er über sie nachdächte, für sie betet und die Verantwortung für sie auch außerhalb der Sitzungszeit übernähme? Römer 12,10-15 sagt dem biblischen Berater etwas anderes: Laß dich mit den Menschen ein! In der Bruderliebe seid herzlich zueinander, in Ehrerbietung einer dem andern vorangehend; im Fleiß nicht säumig, brennend im Geist; dem Herrn dienend; in der Hoffnung freut euch; in Trübsal harrt aus; im Gebet haltet an; an den Bedürfnissen der Heiligen nehmt teil; nach Gastfreundschaft trachtet. Segnet, die euch verfolgen; segnet und fluchet nicht. Freut euch mit den sich Freuenden, weint mit den Weinenden. Im Leib Christi sind wir berufen, einander zu lieben, und sehr oft braucht Liebe Zeit, besonders dann, wenn der Mensch, den man liebt, durch schwierige Lebensprobleme belastet ist. Wenn ein biblischer Seelsorger eine zu große Last trägt, kann er nicht so gut für den Einzelnen zur Verfügung stehen, als wenn er nur eine begrenzte Zahl an Menschen zu betreuen hat. Wenn ein Seelsorger einen Menschen betreut, der von Selbstmordgedanken gequält wird, dann sollte er gleichzeitig nur wenige oder gar keine anderen Menschen betreuen. Andererseits, wenn ein Seelsorger Menschen betreut, die an ihren Problemen wachsen und nicht viel Zeit beanspruchen, dann kann er mehr Menschen betreuen. Ein Seelsorger sollte immer die Zeit haben, dem Herrn regelmäßig im Wort und im Gebet zu begegnen. Er braucht die Gemeinschaft mit dem Herrn und die Nahrung des Wortes, damit er nicht durch die Probleme anderer Menschen ausgesogen wird. Nur wenn ein biblisch orientierter Seelsorger vom Herrn Wasser des Lebens empfängt, kann er anderen, die dürsten, davon weitergeben. Ein biblischer Seelsorger muß auch die Zeit haben, mit anderen Gemeinschaft zu haben. Einige Gemeindemitarbeiter leiden ebenso wie Menschen helfender und heilender Berufe daran, daß sie ausgebrannt sind, weil sie nur geben und ihre Zeit nicht mehr dazu ein-setzen können, vom Herrn zu empfangen. 5. Seelsorger und Freundschaften. Viele Menschen enthüllen ihre Seele viel lieber einem völlig fremden Menschen, mit dem sie sonst keinen sozialen Kontakt haben. Sie fürchten die Bloßstellung vor Menschen, mit denen sie aus den verschiedensten Gründen immer wieder Zusammenkommen. Es kann sein, daß sie meinen, daß der Seelsorger, der ihre Geheimnisse kennt, seine Beziehung zu ihnen nur anhand dieser Geheimnisse aufbaut. Auch kann es sein, daß sie sich in der Gegenwart des Menschen, der ihre innersten Geheimnisse kennt, in bestimmten Situationen bloßgestellt fühlen. Andererseits teilen viele Menschen ihre tiefsten Gefühle nur ihren engsten Freunden mit und fürchten nicht, daß ihre Freunde sie wegen dieser Bekenntnisse anders behandeln. Der Unterschied ist für sie die Liebe, die sich in einer engen Beziehung ausdrückt, und durch Barmherzigkeit, Vergebung, Verständnis, Freundlichkeit und Schutz geprägt ist. Wenn die Seelsorgebeziehung unpersönlicher ist oder wenn der Seelsorger eine höhere Stellung als der Betreute hat, dann kann es sein, daß der Betreute den sozialen Kontakt eher meidet als wünscht. Aber wenn sich zwischen dem Seelsorger und dem Betreuten eine wirkliche Freundschaft entwickelt hat, dann sollte der Betreute sich auch bei geselligen Gelegenheiten wohlfühlen können, bei denen der Seelsorger anwesend ist. Menschen, die eine verantwortliche Stellung in einer Gemeinde haben, zögern oft, geistliche Nöte und Versagen anderen Menschen in derselben Gemeinde mitzuteilen. Und doch ermahnt uns Jakobus gerade dazu: „Bekennt nun einander die Vergehungen, und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Viel vermag das Gebet des Gerechten“ (Jak 5,16). Ein Seelsorger, der die Unzulänglichkeiten seines eigenen Fleisches kennt, wird einem andern gegenüber weder kritisch noch selbstgerecht sein. Er wird stattdessen dem anderen als Bruder und Freund beistehen, wenn er Lebensprobleme hat. Die Sprüche sprechen von der Beziehung zwischen Freundschaft und Seelsorge: Ein Freund liebt zu jeder Zeit, und als Bruder für die Not wird er geboren (Spr 17,17). Treu sind die Schläge dessen, der liebt, aber überreichlich sind die Küsse der Hasser (Kap. 27,6). Öl und Räucherwerk erfreuen das Herz, und die Süße eines Freundes kommt aus dem Rat der Seele (V. 9). Eisen wird durch Eisen geschärft, und ein Mann schärft das Angesicht seines Nächsten (V. 17). Biblische Seelsorge und christliche Freundschaft sind einander sehr ähnlich. Beide sollten der Ermahnung Jesu gerecht werden, einander so zu lieben, wie er uns geliebt hat. Beide rufen die Gläubigen auf, einander die Lasten zu tragen und sich gegenseitig im Glauben aufzuerbauen. Zum Gespräch in der Seelsorge wie in einer Freundschaft gehören Zuhören in Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit, vernünftiges und verständiges Reden, die Ehrlichkeit, dem anderen das in Barmherzigkeit und Gnade zu sagen, was das Beste für ihn ist, und zu Wachstum zur geistlichen Reife zu ermutigen. Alles, was eine Freundschaft ruinieren kann, kann auch eine Seelsorgebeziehung zerstören: Hochmut, Selbstgerechtigkeit, Allwissenheit, Unversöhnlichkeit, Besitzstreben, den Chef spielen wollen, falsche autoritäre Haltung, Enttäuschung über den anderen, Weitergabe von Geheimnissen und mangelnde Annahme des andern. Ein wahrer Freund oder Seelsorger wird das Beste aus einem Menschen herausholen, indem er Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit walten läßt. 6. Das Beichtgeheimnis wahren. Es muß auch Richtlinien über das Beichtgeheimnis geben. Ein Seelsorger sollte das Beichtgeheimnis sorgfältig wahren. Manchmal ist es jedoch nötig, eine Angelegenheit mit einem Dritten zu besprechen, damit der Betreute die größtmögliche Hilfe erfahren kann. Jedoch sollte vorher der Betreute gefragt werden, ob man ein Problem mit einem Dritten besprechen darf. Es gibt in der Schrift zahlreiche Ermahnungen, keine Geheimnisse weiterzuerzählen. 7. Der Ort der Seelsorge. Der Ort der Seelsorge sollte gut bedacht werden. In den meisten Fällen biblischer Seelsorge ist es wichtig, daß man ungestört ist. Deshalb sind für die Seelsorge eigens eingerichtete Räume im Gemeindehaus ideal. Das Gemeindehaus ist ein Gebäude, das allen offensteht, und es ist der Ort, wo man sich trifft, um gemeinsam Dinge mit Gott zu bereden. Hier treffen sich die Christen zur Anbetung, zum Gebet und zum Hören des Wortes Gottes. Deshalb ist es der folgerichtig gewählte Ort für gezielt getätigte Seelsorge. 8. Organisation von Anfragen zur Seelsorge und Terminen. Die äußere, insbesondere zeitliche Organisation der Seelsorge kann auf viele verschiedene Arten geschehen. Am besten ist es, wenn eine Person den ersten Kontakt zwischen Betreuten und Seelsorgern organisiert. Es sollte geklärt werden, daß keine professionelle psychologische Beratung stattfindet. Wenn der Betreute nach diesen Erklärungen noch an Seelsorge interessiert ist, müssen die notwendigen Informationen erfragt werden, etwa Name, Telefonnummer, Erreichbarkeit, die Art der gewünschten Seelsorge (Einzelseelsorge, Partnerschafts- oder Familienseelsorge), eine allgemeine Beschreibung des Problems, des Alters und, wenn nötig, entsprechende Informationen über die Familienangehörigen. Von da an sollten alle Verabredungen durch den Betreuten und den Seelsorger getroffen werden. Wenn ein Raum im Gemeindehaus benutzt wird, dann sollte der Seelsorger sich vor der Verabredung erkundigen, ob der Raum frei ist. 9. Aufzeichnungen über den Seelsorgedienst. Wenn Aufzeichnungen gemacht werden sollen, können diese etwa die Informationen des ersten Anrufes enthalten, das Datum der Anfrage und den Namen des Seelsorgers. Der Seelsorger sollte den nächsten Termin notieren, kurze Notizen dazu machen und vor allem Aufgaben fest-halten, die dem Betreuten mitgegeben wurden. Solche Aufzeichnungen sollten unter Verschluß stehen und nie zu vertrauliche Inhalte haben. 10. Überprüfung der Seelsorgeaktivitäten. Wenn ein biblisch orientierter Seelsorger in Barmherzigkeit und Wahrheit dient, dann wird er eine ganze Reihe von Aufgaben haben. Es ist hilfreich, regelmäßig eine Liste wie die folgende durchzugehen, damit man sicher geht, daß alle Aktivitäten in einem ausgewogenen Verhältnis getan werden. Eine solche Überprüfung erinnert den Seelsorger an Aufgaben, die er bei einzelnen Betreuten vergessen haben mag. Biblische Seelsorge umfaßt folgende Punkte: a. Sich immer vor Augen halten, daß das Ziel der Seelsorge nicht nur die Lösung anstehender Probleme, sondern auch und in erster Linie geistliches Wachstum ist (Kol 1,28). b. Darauf achten, im persönlichen Leben weiterzulernen und im Glauben zu wachsen. c. In der Seelsorge gemeinsam mit Gott an dem kreativen Prozeß der Veränderung des Betreuten durch die Veränderung des Geistes arbeiten (Röm 12,1.2). d. Zuhören, um Liebe und Fürsorge deutlich werden zu lassen und den Menschen und das Wesen seines Problems zu verstehen. e. Lehren. Dazu gehört sowohl Korrektur und Einübung als auch die Weitergabe von Gottes Willen (2. Tim 3,16-4,4). f. Den Betreuten lieben und als Mensch, an dem der Herr sehr interessiert ist, annehmen. g. Auferbauen. Dazu gehört, daß der Mensch im Herrn auferbaut wird, man seinen Glauben und sein Vertrauen auf Gott ermuntert und ihm die Größe Gottes vor Augen zu stellen (Eph 4,12.16.29). h. Beraten, anweisen, einen Plan, eine Vorgehensweise oder ein bestimmtes Verhalten, das sich an der Bibel orientiert, Vorschlägen. i. Vorschlägen, wie die Schrift auf die Umstände anzuwenden ist (2. Tim 3,16.17). j. Geduld üben, denn Probleme, die sich über Jahre hinweg entwickelt und erhalten haben, können zur Lösung manchmal viel Zeit benötigen (Eph 4,1.2). k. Auf Gott vertrauen, daß die Heilung und Veränderung von ihm kommt. l. Den Betreuten ermutigen, mit Gott an seiner Heilung zusammenzuarbeiten. m. Objektiv bleiben, ohne die Barmherzigkeit dem anderen gegenüber aufzugeben. n. Feststellen, auf welchem Gebiet Gott zur Zeit den Betreuten verändern will. o. In Schmerzen den Betreuten trösten, ihn stärken, Hoffnung und Trost geben, um die Trauer oder die Probleme dieses Menschen zu überwinden. Dabei jedoch darauf achten, sich nicht zu sehr mit dem Betreuten zu identifizieren und denjenigen, der unter seiner Last stöhnt, nicht zu bemitleiden (2. Kor 1,4). p. Geistliche Ziele für den Betreuten erkennen, und ihm helfen, sich auf diese Ziele hinzubewegen, ohne ihm eine Gesetzlichkeit aufzuerlegen. q. Bleiben in der Demut. r. Ständig und anhaltend beten. s. An Gottes Verheißungen und seine Treue glauben, damit Versuchung oder Entmutigung überwunden werden können. t. Gott das Lob und die Ehre für die Veränderung des Betreuten geben. Wenn ein Seelsorger schriftgemäß dient, dann wird er noch andere Aktivitäten finden, die er dieser Liste anfügen wird. / /. Selbstbeurteilung. Obwohl der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Seelsorgers Gott, sein Wort und seine Wege, mit denen er Gnade und Barmherzigkeit walten läßt, ist, und obwohl auf die Worte und Bedürfnisse des Betreuten geachtet werden muß, sollte ein Seelsorger immer wieder seine eigene Haltung und seine Handlungen während des Seelsorgegespräches überprüfen. Ein Weg, zu verhindern, daß der Seelsorger nachlässig oder einseitig wird, ist es, mit Gott über die folgenden Fragen zu reden: a. Betrifft mich das Problem des Betreuten zu sehr oder sehe ich hinter dem Problem Gottes Möglichkeiten und Alternativen? b. Gebe ich anderen die Schuld, oder bringe ich Klarheit und Vergebung in das Gespräch ein? c. Dulde ich Sünde oder erlaube ich dem Heiligen Geist, mir nötige Veränderungen zu zeigen? d. Gebe ich den Trost Gottes weiter oder habe ich rein menschliches Mitleid? e. Fürchte ich, was der Betreute tun könnte (etwa Selbstmord begehen), oder ist meine Vorsicht mit Vertrauen auf Gott gepaart? f. Folge ich der Leitung des Wortes Gottes und des Heiligen Geistes oder werde ich durch Gefühle, Schmeicheleien oder Schuldzuweisungen beeinflußt? g. Rede oder schweige ich zu viel? h. Bringe ich den Betreuten in Abhängigkeit von mir oder von Gott? i. Bin ich parteiisch oder bleibe ich objektiv, wenn es um Konflikte zwischen mehreren Personen geht? j. Verlasse ich mich auf meine eigenen Ideen und Erfahrungen, oder finde ich die Antworten in Gottes Wort? k. Diene ich in Demut oder fühle ich mich dem Betreuten ein wenig überlegen? l. Bemerke ich, daß ich eine zu kritische Haltung gegenüber dem Betreuten entwickele? m. Wieviel Verantwortung übernehme ich vor, während und nach einem Seelsorgegespräch? n. Werde ich entmutigt oder entwickele ich Geduld? o. Gebe ich mir die Schuld, wenn nur wenig Vorwärtskommen erkennbar ist, oder gratuliere ich mir selbst, wenn Erfolge sichtbar werden? p. Werde ich dogmatisch oder anmaßend, oder bleibe ich freundlich und sanft? q. Bete ich ständig für den Betreuten um Weisheit Gottes? r. Mache ich nur vage Vorschläge ohne konkrete Anwendungsmöglichkeit im Alltag? s. Liebe ich den Betreuten so, wie Jesus ihn liebt? 12. Dauer und Häufigkeit der Seelsorge. Die Dauer und die zeitlichen Abstände der einzelnen Seelsorgegespräche werden von Mensch zu Mensch verschieden sein. Der Seelsorger wird daran interessiert sein, den Betreuten oft und lange genug zu treffen, um zu sehen, ob sich Veränderungen, Wachstum oder die Lösung von Problemen ergeben haben. Doch sollte eine Seelsorgebeziehung nicht zu lange als eine Form der Abhängigkeit fortgeführt werden. Auch sollte der Seelsorger nicht darauf drängen, sich länger zu treffen, als der Betreute es möchte. Es ist möglich, daß in einer Gemeinde der Wunsch besteht, Seelsorge zeitlich zu begrenzen. Dennoch sollten gerade solche Richtlinien flexibel gehandhabt werden. Der normale Zeitablauf ist so, daß man sich zunächst wöchentlich trifft, es sei denn, das spezielle Problem erfordert, öfter zusammenzukommen. Eine Woche ist ein überschaubarer Zeitraum, in der der Betreute das praktizieren kann, was in der Seelsorge besprochen worden ist. Wenn es so aussieht, als ob der Betreute nun in der Lage ist, allein weiterzukommen, dann kann man die Zwischenräume für einige Zeit auf zwei und später auf drei Wochen ausdehnen. Es kann auch sein, daß ein Betreuter nur ab und zu mit seinem Seelsorger sprechen möchte, um neue Probleme oder neue Verhaltensweisen zu besprechen. Weil biblisch orientierte Seelsorge auch immer Freundschaft beinhaltet, gibt es sicherlich viele Gelegenheiten, wo man sich in der Gemeinde sieht und kurz miteinander sprechen kann. 13. Wann Seelsorge beendet werden sollte. Persönliche Seelsorge bietet die Beziehung, in der zugehört und gelehrt wird, wenn ein Gläubiger in einer bestimmten Periode des Glaubenslebens besondere Hilfe benötigt, insbesondere bei für ihn unlösbaren Problemen. In der liebevollen und fürsorgenden Atmosphäre einer Gemeinde ist es nicht nötig, daß man einen Menschen so lange seelsorgerlich betreut, bis alle seine Probleme gelöst sind oder er eine bestimmte „höhere Stufe“ im Glaubensleben erreicht hat. Das gilt besonders dann, wenn der Betreute in einer Kleingruppe eingebunden ist. Bei manchen Menschen ist es nötig, die Seelsorge über mehrere Monate auszudehnen, bei anderen zeigt sich, daß nur einige Treffen nötig sind. Die Möglichkeiten zum Wachstum werden durch das Beenden der speziellen Seelsorge nicht weniger, weil es auch noch andere Dienste in der Gemeinde gibt, die der Unterweisung und der Auferbauung dienen. Das beste und positivste Ende für eine Seelsorgebeziehung ist es, wenn Ziele zumindest teilweise erreicht worden sind oder wenn der Betreute eine engere Beziehung zu Gott in Vertrauen und Gehorsam gewonnen hat. Andere gute Zeitpunkte, eine Seelsorgebeziehung zu beenden, wären gegeben, wenn ein Mensch sich in die richtige Richtung gewandt hat oder sein Wachstum durch andere Gemeindeaktivitäten gesichert ist. Andererseits gibt es auch den Fall, daß eine Seelsorgebeziehung beendet werden muß, weil sich der Betreute entschieden hat, eine andere als die gewiesene Richtung einzuschlagen. Auch gibt es Fälle, in denen der Seelsorger merkt, daß überhaupt keine Fortschritte gemacht werden oder der Betreute sich weigert, den gegebenen Ratschlägen zu folgen. In diesem Fall sollte der Seelsorger die Situation mit einem erfahrenen Christen absprechen. Sie könnten etwa zusammen darüber beten, ob der Betreute nicht besser einen anderen Seelsorger erhalten sollte, ob die Seelsorge für eine Weile ausgesetzt oder in einer Kleingruppe fortgesetzt werden sollte. Und es gibt auch Fälle, in denen Gemeindezucht notwendig wird und Matthäus 18 befolgt werden muß. Ein Seelsorger kann die Freundlichkeit und Barmherzigkeit Gottes zum Ausdruck bringen, er kann neue Wege aufzeigen und ermutigen. Aber die Entscheidung, dem Herrn dann auch zu folgen, liegt allein beim Betreuten. Wenn sich der Wille gegen das Vertrauen zu Gott entscheidet oder aber eine direkte oder indirekte Warnung im Raum steht, daß der Seelsorger die Wahrheit nicht aussprechen soll, dann ist es in jedem Falle an der Zeit, die Seelsorge zu beenden. Eine solche Entscheidung kann natürlich nicht übereilt geschehen, nachdem es nur wenige Seelsorgegespräche gegeben hat, weil man immer einige Zeit braucht, damit sich eine vertrauensvolle Beziehung entwickeln kann. Auch muß der Seelsorger versuchen herauszufinden, ob der Widerstand nicht durch Furcht verursacht ist. In einem solchen Falle wäre es gut, wenn man über die Gnade Gottes und seine Barmherzigkeit spricht, statt die Beziehung abzubrechen. Wenn die Seelsorge abgebrochen wird, dann sollte der Seelsorger weiter barmherzig und liebevoll mit dem Betreuten umgehen und immer die Tür für zukünftige Gelegenheiten offenhalten. Der Seelsorger kann das tun, indem er erklärt, daß biblische Seelsorge ein einziges Ziel hat, und das ist Jesus nachfolgen und ihm gehorchen. Damit hängt zusammen, daß man alte Wege verläßt und neue Wege geht. Dazu gehört auch, Denken und Handeln zum Besten für die Person in Gottes Augen zu verändern. Seelsorge bedingt Veränderung, sie besteht nicht nur aus Reden und Hören. Wenn der Betreute nach etwas anderem Ausschau hält, dann kann es sein, daß er die Beziehung so nicht fortsetzen möchte. Auch wenn es notwendig wird, die Seelsorgebeziehung zu beenden, ehe sich Veränderungen ergeben oder Probleme gelöst haben, sollte der Seelsorger dem Betreuten nicht das Gefühl geben, daß er versagt hat, sondern, daß er noch nicht bereit für die Seelsorge ist. Der Seelsorger sollte den Betreuten ermutigen, mit der Anbetung, Gemeinschaft und dem Hören des Wortes Gottes in der Gemeinde fortzufahren. Menschen, die durch Seelsorge nicht verändert wurden, sollten nicht aufgegeben werden. Sie sollten als Menschen angenommen werden, und sie sollten ermutigt werden, die Möglichkeit anderer Gruppen und Dienste der Gemeinde zu nutzen. Am wichtigsten ist es jedoch, daß der biblisch orientierte Seelsorger weiter für den Betreuten betet und sich um ihn kümmert, auch wenn die Seelsorge nicht mehr in Anspruch genommen wird. 14. Überweisung innerhalb der Gemeinde. Manchmal passen Seelsorger und Betreuter nicht zusammen. Es gibt einige Faktoren, die eine Seelsorgebeziehung erschweren können. Manchmal passen zwei Menschen einfach charakterlich nicht zusammen. Das heißt weder, daß dem Betreuten Seelsorge nicht hilft noch daß der Seelsorger nicht für die Seelsorge geeignet ist. Es zeigt vielmehr, daß eine bessere Auswahl des Seelsorgers getroffen werden muß. Einige Betreute haben mehr Erfolg, wenn sie einen Seelsorger haben, der sehr barmherzig ist, aber wenig ermahnt, bei anderen ist es gerade umgekehrt, sie brauchen mehr Ermahnung als Trost. Doch können die Ursachen für die Schwierigkeiten auch mit der Erziehung, dem sozialen Hintergrund, der Bildung oder sogar mit kulturellen Unterschieden zu tun haben (insbesondere bei Ausländern, aber auch bei Aus- und Übersiedlern). Wenn einer der Seelsorgepartner denkt, es wäre besser, daß ein anderer Seelsorger gefunden wird, dann sollte keiner dem anderen das Gefühl des Versagens geben. Seelsorge hat viel mit Freundschaft zu tun. Bestimmte Menschen ziehen einander an und werden enge Freunde. Andere können sich um Mitchristen kümmern, aber nicht dieselbe enge Beziehung zu dem von ihnen Betreuten finden. Weil Seelsorge in vielem einer Freundschaft ähnelt, ist es wichtig, daß die Persönlichkeiten zueinander passen und auch eine gewisse Sympathie besteht. Es gibt auch den Fall, bei dem eine gute Beziehung zwischen Seelsorger und Betreutem vorliegt, der Seelsorger es jedoch für angebracht hält, daß ein anderer in der Gemeinde dem Betreuten weiterhilft, weil der mit einem bestimmten Problem besser zurechtkommt. Wenn ein Seelsorger die verschiedenen Bedürfnisse des Betreuten erkennt, kann er andere Mitglieder der Gemeinde hinzuziehen, die durch ihre Erfahrung oder durch ihre speziellen Gaben besonders für diesen Dienst geeignet sind. Außerdem wird jeder Seelsorger die Freundschaften in der Gemeinde unterstützen, insbesondere die Einbindung in Kleingruppen. 15. Überweisung außerhalb der Gemeinde. In fast jedem christlichen Seelsorgebuch, das in den letzten 25 Jahren erschienen ist, wird empfohlen, Menschen, die Lebensprobleme haben, ab einem gewissen Schwierigkeitsgrad an einen Psychotherapeuten zu überweisen. Wie wir schon oben gezeigt haben, lassen sich durch neuere Forschung solche Überweisungen nicht rechtferigen. Menschen, die an ganz normalen Lebensproblemen leiden, sind meist mit nichtprofessioneller Hilfe zufriedener als mit Psychotherapie durch einen Spezialisten. Bisher ist noch nicht bewiesen worden, daß die Ergebnisse eines berufsmäßigen psychologischen Beraters besser sind als die von nicht ausgebildeten Menschen. Die Seelsorger unserer Gemeinde beschäftigen sich mit den verschiedensten Lebensproblemen. Die Beratung geschieht aus biblischer Sicht und basiert auf biblischen Veränderungsmethoden. In der ganzen Zeit, in der wir in diesem Dienst verantwortlich mitgearbeitet haben, ist keiner an einen Psychotherapeuten irgendwelcher Art, sei er weltlich oder christlich, überwiesen worden. Wir denken, daß die biblische Seelsorge dann zu bevorzugen ist, wenn es sich um Probleme handelt, die mit Hilfe der Gesprächstherapie behandelt werden können. Dennoch, wie wir schon in Kapitel 16 gesagt haben, gibt es Menschen, für die eine einfache Gesprächstherapie nicht ausreicht. Sie haben organische Krankheiten, die ihre Gefühle beeinflussen und sie manchmal sogar an normalem Denken hindern. Oftmals leiden sie unter großen Gefühlsschwankungen, tiefen Depressionen, Hal- luzinationen, unkontrollierbarem Verhalten, und deshalb brauchen sie medizinische Hilfe. Geistliche Beratung kann hier unterstützend wirken, aber die medizinische Hilfe kann nicht durch Seelsorge ersetzt werden. Die meisten Berater und Seelsorger verweisen solche Betreute an ausgebildete Psychologen oder Psychiater, die irgendeine Form der psychologischen Hilfe anbieten, auch wenn die Menschen viel eher medikamentöse Hilfe benötigen würden. Es ist richtig, daß Psychiater, da sie approbierte Ärzte sind, auch Medikamente verschreiben dürfen, wenn es notwendig sein sollte, doch nur allzuoft w'erden sie Psychotherapien anwenden, um den Patienten zu behandeln und ihm höchstens zusätzlich medikamentöse Therapie anbieten. Deshalb verweisen wir in unserer Gemeinde Menschen mit seelischen Problemen, die auf einer organischen Ursache beruhen, nicht an Psychologen oder Psychiater. Stattdessen verweisen wir sie an normale Ärzte. Die Therapie des Arztes wird dann durch geistliche Beratung unterstützt. 16. Selbstmord. Selbstmorddrohungen erschrecken den Seelsorger meist sehr, weil die Möglichkeit besteht, daß der Betreute diese Drohung wahrmacht. Eine Selbstmorddrohung darf niemals leichtgenommen oder abgetan werden, auch wenn solche Drohungen dazu dienen können, den Seelsorger zu manipulieren, ohne den Wunsch, sie auszuführen. Die meisten Menschen, die an Selbstmord denken, haben die Hoffnung auf Befreiung oder Veränderung verloren oder drücken auf diese Weise ihr Bedürfnis nach Fürsorge aus. Wenn ein Mensch zum Selbstmord neigt, dann sollte mehr als einer in der Gemeinde davon wissen und mehrere in die Seelsorge einbezogen werden. Außerdem sollte ein Mensch, der Selbstmordgedanken hegt, in ärztliche Behandlung geschickt werden, weil es möglich ist, daß solche Gedanken auch organische Ursachen haben können, und zwar nicht, damit er dort psychologisch, sondern medizinisch versorgt wird. Wenn irgendeine Form der Gesprächstherapie diesem Menschen helfen kann, dann hat die Gemeinde mehr zu bieten als jeder psychologische Berater. Außerdem kann es in der Gemeinde eine Art Gebetskette geben, deren Mitglieder für den Menschen zur Verfügung stehen, die angerufen werden können und für diesen Menschen beten. Die Gemeinde hat mehr Zeit, sie steht eher zur Verfügung, hat mehr Hilfe und Liebe für einen Menschen zu bieten, der Selbstmordgedanken hegt, als ein Therapeut, der in der Woche für diesen Menschen nur 50 Minuten Zeit hat. Die Kirche ist ein Leib, der aus genügend Menschen besteht, so daß rund um die Uhr jemand für diesen Menschen da sein kann. Es kann sein, daß der eine Seelsorger für einige Stunden nicht zu erreichen ist, doch wenn die Verantwortung in der Gemeinde gemeinsam getragen wird, dann ist hier eine starke unterstützende Gemeinschaft der Liebe vorhanden. Außerdem können, während einige diesem Menschen direkt dienen, andere für sie und diesen Menschen beten. 17. Was ist mit christlichen Psychotherapeuten? Viel Vertrauen ist den christlichen Psychotherapeuten entgegengebracht worden. Der Grund für dieses Vertrauen besteht darin, daß sie eine psychologische Ausbildung mit einem christlichen Weltbild verbinden wollen. Oberflächlich gesehen scheint diese Verbindung ideal zu sein, dennoch ist immer die Gefahr gegeben, daß diese Art der Verbindung und der Grad der Verbindung nicht mehr schriftgemäß sind. Ein Seelsorger kennt nie genau die Mixtur aus christlichen und psychologischen Überzeugungen, nach denen ein christlicher Psychotherapeut berät. Oftmals ist es sogar so, daß außer gewissen moralischen Anschauungen keine christlichen Inhalte die Therapie prägen. Es gibt in einer Stadt einen christlichen Psychologen, an den die Seelsorger meist ihre Betreuten überweisen, der den biblischen Weg gar nicht mit der Psychologie verbindet, sondern sich sogar weigert, mit dem Betreffenden zu beten, wenn er selbst es wünscht. Er berät ganz einfach streng nach psychologischen Theorien. Ungeachtet dessen, wie freundlich und wohlmeinend ein christlicher Psychotherapeut sein mag, er kann sehr wohl so stark von den Theorien und Methoden der Psychologie beeinflußt sein, daß die biblischen Wahrheiten, die für einen Wandel im Geist notwendig sind, verdrängt werden können. Es ist sehr leicht möglich, daß seine Beratung nicht von der Bibel abhängig ist, sondern von seiner Ausbildung und den erlernten Techniken. Dabei ist es oft der Fall, daß solche Techniken eher das Fleisch und nicht den Geist fördern. Jesus und Freud (Psychoanalyse), Jesus und Janov (Urschreitherapie) oder Jesus und Berne und Harris (Transaktionsanalyse) ergeben nicht das biblische Bild. Auch die Freudsche Therapie ist kein Ersatz für biblische Seelsorge, weil sie dazu anregt, die Vergangenheit zu durchsuchen und wiederzuerleben, um zu einem neuen Selbstverständnis zu gelangen. Eine solche Beratung konzentriert sich mehr auf das Ich als auf Jesus, der allein einen Weg aus der bedrückenden Situation hat. Obwohl also die Therapie sich mehr auf das Ich als auf Jesus konzentriert, kann es sein, daß der Betreute noch viel weniger Fehler bei der Therapie entdecken wird, als wenn er einem weltlichen Psychologen gegenübersäße, weil der Berater sich christlicher Psychologe nennt. Das hat seine Ursache darin, daß es eine Tendenz gibt, die psychologischen Theorien eher zu akzeptieren, wenn ein christlicher Psychologe sie äußert, als ob ein Mensch, der sich als christlicher Psychologe bezeichnet, immer christlich handelt und redet. So fördert das doppelte Vertrauen, das jemand genießt, der gleichzeitig Christ (er kennt Gottes Wege) und Psychologe (er versteht die Menschen und kann ihnen helfen) ist, die Leichtgläubigkeit des Betreuten gegenüber allem, was der Berater sagt, ob es nun biblisch ist oder nicht. Außerdem, ob die professionelle Psychotherapie nun von einem christlichen oder nichtchristlichen Berater angewendet wird, sie basiert immer noch auf dem aufreibenden Terminplan einer Beratungssitzung nach der anderen mit bis zu fünfzig Sitzungen pro Woche. Ein solches System kann niemals sehr förderlich für den Behandelten sein, ob es nun von einem Christen oder Nichtchristen angewendet wird. Es gibt ohne Zweifel viele christliche Therapeuten, die einiges von dem verworfen haben, was sie an weltlichen Theorien und Therapien gelernt haben. Doch wir persönlich haben gesehen, daß man sich selbst betrügen und denken kann, daß man den psychologischen Weg schon längst verlassen hat, wenn man noch immer nach Menschenweise in den Bahnen denkt, die uns diese Systeme vorgeben. Damit ein Therapeut von der psychologischen Ausbildung dazu kommt, den Menschen mit dem Wort Gottes zu dienen, muß er sehr viel Zeit damit verbringen, das Wort Gottes zu studieren und zu beten. Er muß im Wort bewandert sein und vom Heiligen Geist geleitet, wenn er bestimmen will, welche Forschungsergebnisse, einschließlich der Psychologie, richtig sind. Schließlich wird er sich zwar nicht gegen feststehende Forschungsergebnisse wenden, muß sich aber bewußt entscheiden, nicht mehr psychologisch zu denken und zu beraten, wenn er über die psychologischen Theorien und Methoden hinausgelangen will. 18. Hilft biblische Seelsorge allen Menschen? Wenn man die Ergebnisse der biblischen Seelsorge messen will, dann wird man mindestens genauso subjektiv urteilen wie bei dem Versuch, psychologische Beratungserfolge zu messen. Dennoch, wenn wir uns die intensivste Form der Jüngerschaft ansehen (und eine Beziehung in der Seelsorge ist dem sehr ähnlich) finden wir keine 100%ige Erfolgsrate. Obwohl Jesus seine zwölf Jünger in Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit lehrte und sie in die tieferen Dimensionen des geistlichen Lebens einführte, und sie sogar mit Vollmacht über Dämonen und Krankheiten ausstattete, gab es doch einen, der sich nicht veränderte. Judas wuchs nicht und profitierte nicht von der Liebe, die ihm entgegengebracht wurde, noch von der Wahrheit, die er gelehrt wurde. Er lehnte die Lehren nicht nur ab, sondern wandte sich sogar gegen den, der für seine Sünden sterben wollte. Schließlich beging Judas sogar Selbstmord - nachdem er drei Jahre mit Jesus gelebt hatte. Kann man sagen, daß der Dienst Jesu unvollkommen gewesen sei, weil Judas sich durch ihn nicht veränderte? Kann man sagen, daß ein etwaiges Versagen des Herrn in der Seelsorge die Ursache für den Selbstmord des Judas sei? Es gibt sicherlich Menschen in der Gemeinde, die Hilfe möchten, aber die nicht wirklich ein hingegebenes Leben als Christen führen wollen. Diese Menschen wollen Hilfe ohne das volle Vertrauen auf Gott. Sie wollen, daß Gott etwas ändert, ohne sie zu verändern. Sie wollen die Wege des Fleisches nicht verlassen. Auch wenn ihr Fleisch sie peinigt, verteidigen sie es mit allen inneren Waffen, die ihnen zur Verfügung stehen. Als Jesus heilte und Sünden vergab, war die Menge für ihn. Sie verfolgte ihn regelrecht, um weiter materielle Segnungen von ihm zu erhalten, als er fünftausend Menschen gespeist hatte. Aber als er sagte, daß er das Brot des Himmels sei und daß Leben nur die haben würden, die sein Fleisch essen und sein Blut trinken würden - ihn annehmen und glauben und ein Leben abhängig von ihm führen - da trennten sie sich von ihm. Von da an gingen viele seiner Jünger zurück und gingen nicht mehr mit ihm. Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr etwa auch Weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollten wir gehen? Du hast Worte des Ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß du der Heilige Gottes bist (Joh 6,66-69). Obwohl viele Menschen eifrig Jesu Rat und Lehre annahmen, kam ein Zeitpunkt, als seinen Jüngern die Entscheidung freigestellt wurde, sich selbst zu verleugnen, ihr Kreuz auf sich zu nehmen und ihm zu folgen. Er wußte, daß nicht alle Menschen seine Liebe und sein Wort annehmen würden. Und er redete vieles in Gleichnissen zu ihnen und sprach: Siehe, der Sämann ging aus zu säen; und indem er säte, fiel einiges an den Weg, und die Vögel kamen und fraßen es auf. Anderes aber fiel auf das Steinige, wo es nicht viel Erde hatte; und sogleich ging es auf, weil es nicht tiefe Erde hatte. Als aber die Sonne aufging, wurde es verbrannt, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. Anderes aber fiel unter die Dornen; und die Dornen schossen auf und erstickten es. Anderes aber fiel auf die gute Erde und gab Frucht: das eine hundert-, das andere sechzig-, und das andere dreißigfach (Matth. 13,3-8). Als Jesus dieses Gleichnis erklärte, offenbarte er, daß, obwohl die Saat vom gleichen Sämann gesät wird, der Boden, auf den die Saat fiel, die Frucht bestimmte. Ebenso ist es in der Seelsorge, man kann den gleichen Samen (die Wahrheit) in der gleichen Weise säen (in Barmherzigkeit), aber die Reaktionen der Menschen werden verschieden sein. Der eine Boden ist sehr hart, aber der Dienst der Liebe kann diesen Boden lockern. Andere versuchen sich schnell voller Eifer in den neuen Wegen des Denkens und Handelns, verlassen die Seelsorge zu schnell und gehen der Gemeinde nach einiger Zeit verloren. Wieder andere sind ständig von Problemen verfolgt und können so kaum zur christlichen Reife gelangen. Aber natürlich gibt es auch die, die für einen Seelsorger eine große Freude sind, die die Saat aufnehmen und viel Frucht bringen. In der Seelsorge benötigt man viel Geduld, weil die Menschen sich im allgemeinen nicht über Nacht verändern, indem man sie ein wenig berät und ein Gebet mit ihnen spricht. Sehr oft muß der Seelsorger dagegen die Umgebung der Liebe schaffen, in der der harte Boden aufgebrochen, die Steine weggeschafft und die Dornen und Disteln ausgerissen werden können. Ein geistlicher Berater muß in der Barmherzigkeit, in der Geduld und im Gebet Ausdauer beweisen. Nicht alle Christen suchen geistliche Seelsorge. Weil die psychologische Beratung so viele Versprechungen macht, entscheiden sich manche Christen für den psychologischen Weg. Aber die Gemeinde sollte denen biblische Beratung anbieten, die mit Lebensproblemen zu kämpfen haben. Wenn die Gemeinde Menschen, die durch ihre Lebensprobleme geistlich wachsen möchten, an Psychologen verweist, dann bietet sie nicht die Mittel der Heilung, persönlicher Fürsorge und geistlichen Wachstums, die eine Gemeinde eigentlich bieten könnte. Wir informieren die Menschen über Seelsorge, aber sie sind frei, biblische oder psychologische Beratung zu wählen. Wenn sie psychologische Beratung wählen und jemanden nach Adressen von professionellen Berater fragen, dann ist die Antwort, daß die Gemeinde grundsätzlich niemanden überweist oder empfiehlt, weil sie selbst den Dienst der biblischen Seelsorge praktiziert und eine Empfehlung außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches liegt. Seelsorge ist nicht immer für Menschen geeignet, die existentielle Nöte oder Probleme durchzustehen haben. Nicht alle Menschen reagieren auf Seelsorge. Außerdem beweisen eine ganze Reihe von Studien, daß in der Regel sie Menschen auch ohne eine wie auch immer geartete Form von Beratung selbst helfen können. Dennoch sind die meisten Menschen heute gelehrt worden, daß jemand, der unter Problemen oder irgendwelcher Gefühlsbelastung leidet, Beratung braucht. Tatsache ist jedoch, daß viele mehr von der Fürsorge in einer Kleingruppe haben. Die meisten werden am besten lernen, wenn sie einen Freund haben, der zuhören kann. 19. Das Ausmaß des Dienstes. Obwohl eine Gemeinde sich entscheiden kann, bei allen Arten von Problemen zu beraten, auch solche Menschen, die Psychopharmaka unter der Anleitung eines Arztes nehmen, kann man sich auch entscheiden, nur solche Menschen zu beraten, deren Lebensprobleme nicht durch eine körperliche Krankheit mitbedingt sind. Es ist hilfreich, Leitlinien für bestimmte Spezialgebiete der Seelsorge und Beratung auszuarbeiten, so etwa für die finanzielle Beratung, Eheseelsorge und die Seelsorge an unverheirateten Paaren (Verliebte und Verlobte). Bestimmte Seelsorger sind auf einzelnen Gebieten besonders begabt. Es kann sein, daß sich einzelne Seelsorger nur darauf beschränken, Menschen mit finanziellen Problemen zu beraten. Andere dagegen werden sich der Eheseelsorge oder der Seelsorge Unverheirateter widmen. Es kann sein, daß ein- zelne Menschen vom Herrn das Anliegen bekommen haben, einer ganz bestimmten Gruppe von Menschen zu dienen, etwa Homosexuellen oder Menschen, die einen ungläubigen Ehepartner haben. Auch gibt es sicher einige, denen der Herr in ihrem eigenen Leben in schwierigen Situationen geholfen hat, etwa bei dem Tod eines Kindes, und die bereit sind, anderen zu helfen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Die Gemeindeleitung muß sich auch entscheiden, welchem Teil der Bevölkerung sie helfen will. Wir haben immer wieder gesehen, wie wichtig das ist, und fanden dabei heraus, daß es am besten ist, wenn man nur Menschen betreut, die der eigenen Gemeinde angehören. Das sind unsere Gründe: a. Alle, die lebendige Gemeinschaft innerhalb der Gemeinde haben, erfahren nicht nur in der Seelsorge Hilfe, sondern wachsen auch durch andere Formen des Dienstes in der Gemeinde. b. In einer Gemeinde kann ein Mensch das Wort Gottes, das •Gebet, die persönliche Unterstützung und dauernde Hilfe aus den verschiedenen Diensten der Gemeinde beziehen. c. Wenn ein Mensch ausschließlich in die Seelsorge kommt, dann kann er die Unterstützung und Ermutigung nicht erhalten, die er in anderen Diensten der Gemeinde finden könnte. d. Wenn ein Mensch in die Gemeinschaft der Gläubigen eingebunden ist, und Seelsorge in dieser Umgebung der Liebe und Fürsorge empfängt, dann ist er eher dazu bereit, selbst die Verantwortung für seine Veränderung und sein Wachstum zu übernehmen. e. Weil Seelsorge ein integrierter Bestandteil des Gemeindelebens ist, kann ein Mensch, der nur von außen einmal die Woche zur Seelsorge kommt, die Seelsorge nicht in ihrem größeren Zusammenhang empfangen. Ihm entgeht dabei wichtige Hilfe, die nur in den Gemeindezusammenhängen wirksam werden können. f. Wenn man den Dienst auf die Menschen beschränkt, die zur Gemeinde und ihrem Freundeskreis gehören, dann verhindert man unnötige Lehrstreitigkeiten. Das ist auch ein Grund, aus dem wir Menschen nie auffordern, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Wenn ein Mensch eine Botschaft in der Beratung hört und eine andere in der Gemeinde, dann kann es sein, daß er verwirrter als vorher ist. Solche Verwirrung kann sehr schlimme Folgen haben. Wir glauben, daß Seelsorge dann am effektivsten ist, wenn sie in die Gemeinde eingebunden ist. 20. Wie man den Seelsorgedienst bekannt macht. Wenn der Seelsorgedienst einmal eingerichtet ist, wird ein Mitarbeiter ihn der Gemeinde sicherlich beschreiben und vorstellen. Auch kann er einfach die Menschen, die sich an ihn wenden, auf diesen Dienst hinweisen. Andere Informationsmöglichkeiten sind der Gemeindebrief oder ähnliche Schriften. Auch die Kleingruppenleiter sollten über diesen Dienst informiert sein. Der Dienst in ihrer Gemeinde Die oben genannten Vorschläge sind nichts weiter als das: Vorschläge. Der Seelsorgedienst muß jeweils den Gegebenheiten der einzelnen Ortsgemeinde angepaßt werden, damit er von optimalem Nutzen für alle ist. Der Seelsorgedienst darf nie ein Anhängsel an das Gemeindeleben sein. Auch sollte Ihre Gemeinde nicht versuchen, den Seelsorgedienst irgendeiner Gemeinde zu kopieren. Der Dienst sollte voll und ganz in die Gemeinde hineinpassen und ihr entsprechen. Auch wenn er geistlicher Natur ist, sollte er doch die natürliche Antwort auf die Bedürfnisse der Gemeinde sein. Man muß diesen Dienst nicht Seelsorgedienst nennen, auch die Menschen, die daran teilhaben, müssen nicht Seelsorger und Betreuter genannt werden. Es ist völlig gleichgültig, welchen Namen diese Einrichtung hat. Manche Gemeinden nennen es den Hirten- oder Jüngerschaftsdienst. Der Herr wird sicherlich auch in dieser Hinsicht leiten, wenn die Gemeinde betet und seinen Willen in seinem Wort und durch seinen Heiligen Geist herauszufinden sucht. Obwohl menschliche Wesen sehr komplex sind, ist biblische Seelsorge nicht so schwer, wie es anfangs erscheinen mag. Das Wichtigste, was benötigt wird, ist der Herr selbst, sein Wort und seine Liebe, Menschen, die Veränderung wollen und die Verantwortung in einer vom Herrn abhängigen Beziehung übernehmen wollen, und einen Seelsorger, der im Wort gegründet ist und konsequent dem Herrn nachfolgt und die Liebe Gottes in einem Gleichgewicht von Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit weitergibt. Als Jesus Petrus fragte: „Liebst Du mich?“ verband er seine Fra- ge mit dem Auftrag: „Weide meine Schafe.“ Er sagte nie: „Schicke die Schafe auf eine andere Weide.“ Jesus sagte auch: Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluß haben. Ich bin der gute Hirte: der gute Hirte läßt sein Leben für die Schafe (Joh 10,10.11). Wir empfangen das Leben, das Jesus uns schenken will, durch sein Wort, durch den Heiligen Geist und durch den sichtbaren Leib, die Gemeinde. Die Gemeinde ist berufen, gesalbt und bevollmächtigt, Jesu Leben und seine Liebe all denen weiterzugeben, die mit ihren Nöten zu ihr kommen. Was der Herr durch seine Gemeinde, sein Wort und den Heiligen Geist zur Verfügung gestellt hat, reicht aus, um seelisch- geistliche Gesundheit zu bringen und zu erhalten. Statt Psychologen hinterherzulaufen, die ihren psychologischen Weg predigen, sollten wir zum biblischen geistlichen Weg zurückkehren und den Seelsorgedienst in der Gemeinde wieder einrichten. Jesus hat uns den Weg zur seelischen und geistlichen Heilung gezeigt. Glücklich der Mann, der nicht folgt dem Rat der Gottlosen, den Weg der Sünder nicht betritt und nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern seine Lust hat am Gesetz des Herrn und über seinem Gesetz sinnt Tag und Nacht! Der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit und dessen Laub nicht verwelkt; alles, was er tut, gelingt ihm (Ps 1,1-3). Teil 5 Anhänge KAPITEL 18 Zusammenfassung In unserem Buch Der psychologische und der geistliche Weg definierten wir psychologische Beratung als „beschränkte (zwischen zwei Menschen stattfindende), zeitlich begrenzte (50 Minuten), festgelegte (wöchentliche), bezahlte, routinemäßige (ein Termin nach dem anderen wird erledigt) Beziehung, die wenig Raum für Tiefe und Kreativität übrigläßt“123). Jede einzelne Eigenschaft dieser Beratungsbeziehung verdeutlicht den riesigen Unterschied zwischen psychologischer und geistlicher Beratung. 7. Beschränkt (zwischen zwei Menschen stattfindend): Psychologische Beratung stellt einen Therapeuten zur Verfügung, der einen Einzelnen oder ein Paar betreut, um ihnen zu helfen. Biblische Seelsorge ermutigt dazu, daß auch andere in der Gemeinschaft sich um den Betreuten kümmern, ihm ihre Freundschaft anbieten und ihm in besonderen Zeiten der Not weiterzuhelfen. Es gibt sehr oft den Fall, daß sich mehrere Menschen um einen Menschen in Not kümmern, für ihn beten und ihn stärken. In der biblischen Seelsorge kann man sich an mehr als einen Menschen wenden, wenn man in Not gerät. 2. Zeitlich begrenzt (50 Minuten): Der professionelle Berater muß möglichst viele Menschen in einen möglichst ungehinderten Zeitablauf einpassen, damit er besser zurechtkommt und ein angemessenes Einkommen erzielt. Die Zeitintervalle richten sich dabei nach den Bedürfnissen des Therapeuten und nicht nach dem Betreuten. Jemand berichtete mir, daß sein Therapeut ein Lämpchen hatte, das fünf Minuten vor Ablauf der fünfzig Minuten aufleuchtete. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß ein psychologischer Berater einem sehr belasteten Klienten mehr als die angesetzten 50 Minuten zur Verfügung stellt, weil sein Terminplan ihm einfach keine Zeit dazu läßt. Genauso wenig wahrscheinlich ist es, daß der Psychologe die Sitzung schon nach 15 Minuten abbricht, wenn das ausreicht, weil er dann nur für diese Zeit und nicht für 50 Minuten bezahlt wird. Der biblisch orientierte Seelsorger kann das Treffen so kurz oder lang gestalten, wie es die Umstände erfordern. 3. Festgelegt (wöchentlich): Psychologische Berater treffen sich nur selten mit ihren Klienten außerhalb der therapeutischen Sit- zungen. Bestimmte psychologische Ansätze warnen sogar vor solchen Kontakten. Die „Freundschaften“ zwischen Beratern und Betreuten sind auf die Zeit beschränkt, die zwischen der ganzen Stunde und dem Ende nach fünfzig Minuten liegen. Jedes weitere Treffen kostet den Betreuten mehr Geld und ist für den Berater meist gar nicht möglich, weil er entweder seine vorgeplante Woche umwerfen müßte oder aber seine Freizeit für solche zusätzlichen Sitzungen verwenden müßte. Der biblische Seelsorger ist viel besser verfügbar, weil er nicht noch 30 bis 50 anderen Menschen seine Aufmerksamkeit widmen muß. Menschen mit großen Problemen können jederzeit bei ihrem Seelsorger anrufen, falls das nötig sein sollte. 4. Bezahlt (entweder aus eigener Tasche oder durch die Krankenkassen): Viele sind zu der Schlußfolgerung gekommen, daß ein professioneller Berater nichts anderes ist als ein „bezahlter Freund“. Doch die Grausamkeit einer solchen Situation wird durch das Witzeln darüber nur vertuscht. Welcher Freund muß dafür bezahlt werden, die Freundschaft fortzusetzen? In der psychologischen Beratungspraxis wird die Beziehung nicht fortgesetzt, wenn die Rechnung nicht mehr bezahlt wird, bzw. die Krankenkasse für eine weitere Behandlung nicht mehr aufkommt. Eine bezahlte Beziehung wäre dann gerechtfertigt, wenn Psychotherapie eine Wissenschaft wäre und wenn ausgebildete Menschen wirklich bessere Erfolge erzielen würden als Menschen ohne eine solche Ausbildung. Aber Psychotherapie ist weder eine Wissenschaft, noch ist bewiesen, daß berufsmäßige Therapeuten besser sind als solche, die nicht psychologisch ausgebildet sind. Die Motivation des Verdienstes soll die Praxis der Psychotherapie aufrechterhalten, aber das geschieht ohne jede Berechtigung. Biblische Seelsorge ist immer ein Dienst, den man nicht mit Geld bezahlen kann. 5. Routinemäßig (ein Termin nach dem anderen wird erledigt): In der Praxis des Psychologen gehen dauernd Menschen ein und aus. Das hat seine Ursache darin, daß der Therapeut darauf angewiesen ist, möglichst viele verschiedene Klienten zu haben, um ein gutes Einkommen zu erzielen. Will er Geld verdienen, muß er auch Klienten haben, will er mehr verdienen, muß er mehr Klienten haben. Diese Rechnung ist sehr einfach. Der Betreute kann also abschätzen, wieviele andere Menschen schon vor ihm in der Praxis waren und wieviele ihm noch folgen werden. Das ständige Aus- und Eingehen von Patienten in der Praxis des Psychologen und die Klientenzahlen, die notwendig sind, um eine einträgliche Praxis zu haben, werden dazu führen, daß die gesamte Behandlung nur sehr mittelmäßig sein kann. Dieses ständige Nacheinander von Betreuten gibt es in der biblisch orientierten Seelsorge nicht, weil Seelsorge ein Dienst ist, den viele in der Gemeinde miteinander teilen. Außer den obengenannten Nachteilen der psychologischen Beratungspraxis und denen, die wir schon in früheren Kapiteln behandelt haben, gibt es noch zahlreiche andere. Wir wollen hier nur noch einige wenige erwähnen. /. Krankheit. Psychologische Berater tendieren dazu, den Betreuten als krank zu betrachten. Wenn sie mit seelischen und Verhaltensproblemen konfrontiert werden, dann sagen sie, daß diese Probleme ihre Ursache in einer Krankheit haben. Schon der Ausdruck „psychische Krankheit“ enthüllt diese Einstellung. Obwohl viel Therapeuten diesen Ausdruck heute nicht mehr verwenden, gibt es diese Tendenz, Lebensprobleme als Krankheiten zu betrachten, und Menschen, die solche Probleme haben, als Patienten zu sehen. Der biblische Seelsorger sieht Sünde nicht als Krankheit an. Stattdessen sieht er Lebensprobleme als Gelegenheiten zum Wachstum und sucht im geistlichen Bereich nach Lösungen und Hilfen. 2. Menschenweisheit: Sigmund Freud, Alfred Adler, Carl Jung, B. F. Skinner, Carl Rogers und viele andere haben versucht, mit ihrer eigenen Weisheit herauszufinden, warum sich Menschen in einer bestimmten Weise verhalten und Lösungen zur Veränderung angeboten. Über 250 Ansätze und 10000 Techniken der psychologischen Beratung zeigen die Verwirrung auf diesem Gebiet. Mit so vielen verschiedenen Mitteln für die gleichen Probleme fragt man sich, warum das Psycho-Reich noch nicht in sich zusammengebrochen ist, da es sich dauernd widerspricht. Der biblisch orientierte Seelsorger hat als Hauptgrundlage für sein Handeln und Reden die Bibel. Wenn sich wirkliche, dauerhafte und für die Ewigkeit bedeutsame Veränderungen ergeben sollen, dann müssen sie auf geistlicher Ebene erfolgen. Wenn man seine Seele, den Willen und die Gefühle und Handlungen nach der Weisheit der Menschen formt, dann wird man nur auf das Fleisch vertrauen. Wenn man jedoch seinen Geist, Willen, die Gefühle und Handlungen der Weisheit Gottes unterordnet, dann wird das zu einer vertieften Beziehung zum Schöpfer führen und dem Ziel näherbringen, in das Bild Christi verwandelt zu werden. Andere Bücher, wie etwa die Weltliteratur, sollten nicht gemieden werden. Aber wenn es um Wissen über den Menschen und eine Macht zu seiner Veränderung geht, dann müssen diese Schriften am Maßstab des Wortes Gottes gemessen werden. 3. Die Überlegenheitsbeziehung. Psychologische Beratung wurde oft als Überlegenheitsbeziehung beschrieben. Es ist dabei selbstverständlich, daß der Überlegene der Berater ist. Genauso selbstverständlich, doch weniger oft deutlich gesagt, ist die Tatsache, daß der Betreute in der unterlegenen Position ist. 4. Wissenschaft. Daß der Anspruch der Psychotherapie auf Wissenschaftlichkeit unberechtigt ist, ist lange Jahre verborgen geblieben, doch heute wird er von vielen Autoren wieder neu herausgestellt. Direkt oder indirekt, offen oder verschleiert, beschäftigt sich die Psychotherapie immer mit Wert- und Moralvorstellungen und gehört deshalb in den Bereich der religiösen Aktivitäten. Einige Psychotherapeuten sind mutig genug, das auch zuzugeben, doch andere verbergen diese Tatsache lieber. Der biblische Berater weiß, daß seine Beratung, die Seelsorge, mit Religion zu tun hat. Deshalb entnimmt er seine Theorien und Methoden der Bibel. Die Rolle von Glaube, Hoffnung und Liebe bei der Therapie werden in der biblischen Seelsorge zugegeben und sogar unterstützt. 5. Selbstliebe. Die Psychotherapie fördert die Selbstliebe auf die verschiedensten Weisen. Die meisten psychologischen Therapien benutzen humanistische Ansätze bei ihrer Lösung von Lebensproblemen. Auf die eine oder andere Weise macht jede Psychotherapie den Menschen zum großen „Ich bin“, statt Gott diesen Platz zuzugestehen. Wir haben betont, daß Satans Versuchung und der Fall des Menschen enthüllen, daß der Mensch für die Selbstvergottung sehr anfällig ist. Das Fleisch verlangt immer nach göttlicher Verehrung. Der biblische Seelsorger kennt diesen Zug nach unten, und setzt ihm das Ziehen des Geistes und des Wortes nach oben entgegen. Der psychologische oder der geistliche Weg? Wenn Beziehungen zerbrechen, wenn Familienprobleme entstehen, wenn Zorn, Angst oder andere zerstörerische Gefühle entstehen, dann ist die Antwort auf alle diese Probleme die Liebe Gottes und nicht menschliche Weisheit. Biblische, nicht psychologische Prin- zipien enthüllen den wahren Zustand des Menschen und seine echten Veränderungsbedürfnisse. Während weltliche Weisheit im Bereich der professionellen Beratung alles ist, ist Gottes Wunsch ein biblischer Ansatz für die gesamte Menschheit. Auch wenn es schwierig sein mag, in dieser Zeit der psychologischen Verbildung an den geistlichen Weg zu glauben, ist der Seelsorgedienst heute nötiger denn je. Die Gläubigen haben die wirksamsten Waffen und Mittel zur Veränderung zu ihrer Verfügung, die je Menschen kannten, doch die Gemeinde vernachlässigt sie heute weitgehend. Wenn man einen Menschen einfach in eine engere Beziehung zu Gott führt und ihm tiefere geistliche Erfahrungen vermittelt, dann hat das mehr verändernde Kraft als jede Psychotherapie. Man braucht kein psychologisches Wissen, um Menschen zu verändern, nur Kenntnis des Wortes Gottes, Erfahrungen im geistlichen Leben und eine Gabe, das Wort für sich selbst und andere anzuwenden. Biblische Seelsorge in einer Gemeinschaft von Gläubigen dient dem ganzen Menschen, nicht nur durch Gespräche, sondern auch durch Taten. Weil es viele Gemeindeglieder gibt, kann ein Seelsorgedienst solche praktischen Dinge wie Haushaltsplanberatung, Hilfe bei Umzügen, Lebensmittel für Bedürftige, Hilfe bei der Stellensuche, Beziehungen zu örtlichen Schulen und Bildungseinrichtungen, Fahrdienste, Babysitten, Empfehlung guter Kindergärten, Hausaufgabenhilfe für Kinder und viele, viele andere Dinge umfassen, je nachdem, was gebraucht wird. Psychotherapeuten haben natürlich nicht die Zeit, solche Bedürfnisse zu erfüllen, auch sind sie in den meisten Fällen überhaupt nicht in der Lage, so zu helfen. Psychotherapeuten können nie dem ganzen Menschen dienen. Zusätzlich zu den schon vorher genannten Beschränkungen ist ihre Hilfe ganz auf das Gespräch beschränkt. Die einzige Hilfe, die gegeben wird, besteht in Zuhören und Reden. Mit anderen Worten, ein Therapeut kann nie ein wirklicher Freund für den Betreuten sein, noch seine über die Gesprächstherapie hinausgehenden Bedürfnisse erfüllen. ln Kapitel 2 erwähnten wir die Forschungen von Leonard Syme, Professor der Epidemologie an der Berkley Universität von Kalifornien. Seine Forschungen zeigten, daß soziale Bindungen und Krankheits- und Todesraten miteinander in unmittelbarer Beziehung stehen. Soziale Bindungen sind wichtig und führen offen- sichtlich zu besserer Gesundheit und längerem Leben. Geistliche Bindungen sind noch wichtiger, weil sie die tiefste und bedeutungsvollste Ebene des menschlichen Lebens ansprechen. Die Menschen, die aus einem geistlichen Unterstützungssystem Nutzen schöpfen, sind diejenigen, die die Nöte des Lebens am besten überstehen und die guten Zeiten am besten auskosten können. Eine geistliche Unterstützung in einer Gruppe, zu der der Ehegatte (wenn man verheiratet ist), eine Familie, eine Gemeinde oder eine kleine christliche Gemeinschaft gehören können, und Freunde können eine liebevolle Umgebung bieten, die nötig ist, um mit entstehenden Problemen fertig zu werden. In Kapitel 5 stellten wir Forschungsergebnisse vor, daß Suchtverhalten wie Rauchen, Freßsucht, und Alkohol- und Drogenmißbrauch am besten durch den Betroffenen selbst gelöst werden, und daß der am wenigsten erfolgreiche Weg, mit diesen Problemen fertigzuwerden, psychologische Einzeltherapie ist. Die beste Hilfe bieten ungezwungene biblische Beratung, Gebet und persönliche Beziehungen. Die Gemeinde hat die Verantwortung, Gelegenheiten für solche Führung und Unterstützung zu schaffen. Die gesamte Gemeinde arbeitet zusammen, so daß Gläubige in engere Verbindung zu Gott und zu geistlicher Reife in Christus gebracht werden. Weil Wachstum nur innerhalb der Gemeinde Christi stattfindet und aus einer persönlichen Beziehung zu Gott entspringt, werden biblisch orientierte Berater die Teilnahme an Kleingruppen, die Bildung von Freundschaften in der Gemeinde und die persönliche Verantwortung in einer Beziehung zu Gott fördern. Auch wenn eine Gemeinde keinen Seelsorgedienst hat und auch keinen solchen einrichten will, ist das mindeste, was eine Gemeinde tun kann, eine Umgebung zu schaffen, in der Christen durch geistliche Bindungen untereinander ermutigt werden. Das mindeste, was eine Gemeinde tun kann, ist, kleine Gruppen einzurichten, die sich mit der Bibel, dem Gebet und praktischen Fragen des Christseins beschäftigen. Sehr oft ist die Heilung von Seelen die natürliche Folge dieser Kleingruppen in einer Gemeinde. Auch ohne einen Seelsorgedienst einzurichten, kann ein Verkündiger von Gottes Wort die Aufmerksamkeit der Gemeinde von den äußeren Formen zurück zur Liebe richten. Liebe hat unterstützende und verändernde Kraft, und die Gemeinden müssen eine Umgebung bieten, in der die persönlichen geistlichen Beziehungen maximiert werden. Alle Gemeinschaft und alle Beziehungen haben das Ziel, daß der Einzelne die Liebe Gottes erkennt, täglich von ihr verändert wird und diese Liebe Gott und anderen erwidert. Eine geistliche Gemeinschaft, die das „höchste Gebot“ erfüllt, ist das beste Gegenmittel gegen Lebensprobleme. Wir ermutigen diejenigen, die seelische Probleme haben, ihre Hilfe in ihrer Gemeinde zu suchen; wir drängen die, die einen Ruf Gottes und die Gabe der Seelsorge haben, einen solchen Dienst in ihren Gemeinden einzurichten. Der Seelsorgedienst hat seit der Gründung der Gemeinde immer existiert und hat Menschen geholfen, Frieden mit sich selbst, ihrer Familie, ihrem Nächsten und mit Gott zu finden. Der Dienst der biblischen Seelsorge muß so schnell wie möglich wiederhergestellt werden. Beratung, wie sie heute bekannt ist und praktiziert wird, muß endlich ein Ende haben, damit die wirkliche Hilfe beginnen kann. Die Hilfe muß auf jeden Fall biblisch sein, Hilfe, die auf dem Wort Gottes und dem Werk des Heiligen Geistes beruht. Wir brauchen die Hilfe, die es auch schon in der ersten Gemeinde gab, in der die Gläubigen wirklich die Lasten des anderen trugen und so das Gesetz Christi erfüllten. Wir müssen aufhören, professionelle psychologische Beratung nachahmen zu wollen, die beschränkt, zeitlich begrenzt, starr, bezahlt und routiniert ist und Überlegenheit und Unterlegenheit festschreibt, damit Geld von leidenden Menschen in die Taschen der Therapeuten fließt. Stattdessen müssen wir die fürsorgende Gemeinschaft wiederbeleben, die zu jeder Gemeinde gehören sollte, die den Namen Jesu trägt. Wir wollen die Hoffnung festhalten, die wir auch schon zum Schluß des Buches Der psychologische und der geistliche Weg äußerten: Wir glauben, daß der Herr beabsichtigt, den Seelsorgedienst in der Gemeinde wiederzubeleben. Er wird Gläubige dazu gebrauchen, die zur vollständigen Inspiration des Wortes Gottes stehen. Sie werden der Gemeinde durch die Salbung des Heiligen Geistes dienen und sich auf Gottes Prinzipien verlassen, wie er sie uns in seinem Wort gegeben hat. Sie werden als eine Priesterschaft Gottes arbeiten und Gottes Liebe, Barmherzigkeit, Gnade, Vertrauenswürdigkeit, Treue und Weisheit an die Menschen weitergeben, die unter seelischen Problemen und Verletzungen leiden. Sie werden ihre Zeit, ihre Liebe und ihre Gebet freiwillig für belastete Menschen zur Verfügung stellen, um ihre Last zu erleichtern. Sie werden die Ermahnung des Paulus befolgen: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt wird, so bringt ihr, die Geistlichen, einen solchen im Geist der Sanftmut zurecht. Und dabei gib auf dich selbst acht, daß nicht auch du versucht wirst! Einer trage des anderen Lasten, und so werdet ihr das Gesetz des Christus erfüllen“ (Gal 6,1.2)l24>. Die Quelle aller Seelsorge und Beratung ist der Herr selbst: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, aus dessen Liebe werden, wie die Schrift gesagt hat, Ströme lebendigen Wassers fließen (Joh 7,37). Gott hat der Gemeinde lebendiges Wasser gegeben, damit sie die Bedürfnisse der Gläubigen erfüllen kann, die die Sorgen und Nöte des Lebens zu erdulden haben. Gott fordert seine Leute auf, ihn zu suchen, und nicht Menschenweisheit: Auf, ihr Durstigen, alle, kommt zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt, kauft und eßt! Ja, kommt, kauft ohne Geld und ohne Kaufpreis Wein und Milch! Warum wiegt ihr Geld ab für das, was kein Brot ist, und euren Verdienst für das, was nicht sättigt? Hört doch auf mich, und eßt das Gute, und eure Seele labe sich am Fetten! Neigt euer Ohr und kommt zu mir! Hört, und eure Seele wird leben! Und ich will einen ewigen Bund mit euch schließen, getreu den unverbrüchlichen Gnadenerweisen an David ... Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr. Denn so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken (Jes 55,1-3.8.9). KAPITEL 19 Nachwort Über die Diskussion des Verhältnisses zwischen Bibel und Psychologie Die Vereinbarkeit des christlichen Glaubens mit der Psychologie ist heiß umstritten. Die Diskussion konzentriert sich dabei vor allem auf einen Teilbereich der Psychologie, die sogenannte Klinische Psychologie oder Psychotherapie. Um dem Leser bei seiner eigenen Urteilsfindung eine Hilfestellung zu geben, wird der Diskussionsstand hier zusammengefaßt und auf einige wichtige Veröffentlichungen hingewiesen. In Anlehnung an Carter/Narramore, Crabb und Ouweneel lassen sich bei dieser Auseinandersetzung in der evangelikalen Literatur fünf Grundpositionen unterscheiden. 1. Das reduktionistische Modell („Nichts-anderes-als“ - Ansatz) Vertreter dieses Ansatzes lesen die Bibel durch die Brille ihrer jeweiligen psychologischen Theorien und benutzen die Aussagen der Heiligen Schrift lediglich als Anschauungsmaterial ihrer eigenen psychologischen Erklärungsmuster. So ist für sie die Lebensgeschichte Josephs beispielsweise nichts anderes als eine Kompensation seines Minderwertigkeitsgefühls aufgrund seiner Geschwisterposition. Die Berichte über dämonisierte Menschen sind nach diesem Ansatz nichts anderes als Beschreibungen neurotischer und psychotischer Erscheinungen usw. In diesem Modell werden biblische Begriffe wie Sünde, Fleisch, Gewissen psychologisch (meist psychoanalytisch) umgedeutet. Das Christentum verliert dadurch seinen Inhalt und seine Kraft. 2. Das dualistische Modell („Getrennt, aber gleichwertig “) Nach dieser Auffassung ist die Bibel ein zuverlässiger Leitfaden, wenn es um Fragen des christlichen Glaubens und der christlichen Lebensführung geht. Bei psychischen Störungen jedoch gibt sie über die angemessene Behandlung genauso wenig Auskunft wie im Falle einer Lungenentzündung oder Karies. Der Umgang mit psychischen Problemen fällt in den Bereich der „wissenschaftlich gebildeten“ Psychotherapeuten. Es gibt also nach diesem Modell getrennte Bereiche, der geistliche für den Seelsorger und der psychische für den Psychotherapeuten. Die grundsätzlichen Probleme dieses Ansatzes sind leicht auszumachen: a) Es gibt keine neutrale, wertfreie Psychotherapie, sondern Konzepte, die auf ganz bestimmte Vorannahmen z.B. hinsichtlich des Menschenbildes und der moralischen Werte beruhen. Diese Vorannahmen sind im Falle der Psychotherapien größtenteils unbiblisch. b) Psychische Störungen bestehen oft aus oder haben ihren Ursprung in Problemen wie Schuld, Angst, Groll, unkontrollierten Trieben, falsch gesetzten Prioritäten und Selbstsucht. Selbst beim oberflächlichen Lesen der Bibel stellt sich schnell heraus, daß sie zu dieser Art von Problemen eine Menge zu sagen hat. c) Das Modell geht aus von einer Aufteilung des Menschen in einen seelischen und einen davon getrennten geistlichen Bereich. Von der Heiligen Schrift her läßt sich dieser Dualismus nicht nachvollziehen. 3. Das hiblizistische Modell (Nur die Bibel, keine Psychologie) Die Autoren dieses Modells gehen davon aus, daß die Bibel alle notwendigen Informationen liefert, um bei psychischen Problemen erfolgreich Hilfestellung leisten zu können. Die Existenzberechtigung einer (Klinischen) Psychologie als Wissenschaftsdisziplin wird geleugnet. Lediglich bei psychischen Störungen, die eine biologische Ursache haben, wird die Hilfe eines Arztes akzeptiert. Deidre und Martin Bobgan, die Autoren dieses Buches, sind Vertreter dieses Ansatzes. Verglichen mit den bisher genannten Modellen weist dieser Ansatz insofern in die richtige Richtung, als die Bibel darin für alle Bereiche des menschlichen Daseins bedingungslos als unfehlbares Wort Gottes ernst genommen wird. Auch hat er seine Verdienste darin, die Unvereinbarkeit zwischen dem Menschenbild, dem Weg der Lösung in psychischen Krisen, den ethischen Wertvorstellungen usw. der Bibel einerseits und der gebräuchlichen Psychotherapiekonzepte andererseits zu zeigen. Biblizistische Seelsorgemodelle - vor allem die Pionierarbeit von Jay Adams ist hier zu nennen - haben dazu beigetragen, die Psychotherapie zu „entmystifizieren“: Die psychotherapeutischen Konzepte geben sich einen wissenschaftlichen Anstrich, der auch viele Christen vor Ehrfurcht erstarren läßt. Tatsache ist jedoch, wie die biblizistischen Autoren zeigen, daß sie weitgehend auf Annahmen und Setzungen beruhen, die weniger Ergebnisse der Wissenschaft sind, sondern die Ideen, Vorlieben und Interpretationsmuster der jeweiligen Begründer widerspiegeln. Den biblizistischen Autoren ist es zu verdanken, das Vertrauen vieler Christen in Gottes Wort auch bei der Bewältigung schwerer psychischer Krisen gestärkt zu haben. In dieser Hinsicht leistet auch das vorliegende Buch einen wichtigen Beitrag. Die Frage ist jedoch, ob die Anwendung biblischer Prinzipien die (Klinische) Psychologie als Wissenschaftsdisziplin erübrigt. Gibt die Bibel tatsächlich Auskunft über alle für die Bewältigung psychischer Krisen hilfreichen Fakten? Damit soll nicht der Anwendung unbiblischer Therapiemodelle das Wort geredet werden. Vielmehr geht es darum, auf der Grundlage biblischer Prämissen, wie in anderen Wissenschaftszweigen auch, die Zusammenhänge zu erforschen bzw. vorhandene Ergebnisse auf ihre Brauchbarkeit für einen Christen zu prüfen. Die Aufteilung der Zuständigkeiten, wobei der Arzt für körperliche und der Seelsorger für psychische Störungen zuständig ist, beruht auf einem Leib-Seele-Dualismus, der sich wohl aus der griechischen Philosophie (Platonismus) ableiten läßt, jedoch weder durch die Bibel noch durch die psychosomatische Forschung bestätigt wird. 4. Das Integrations-Modell (Integration: Der Versuch, verschiedene, manchmal wesensfremde Teile zu einem Ganzen zusammenzufügen.) Die meisten christlichen Fachleute auf dem Gebiet der Psychotherapie versuchen, eine Synthese aus den biblischen Aussagen und ihrem psychologischen Fachwissen herzustellen. Sie machen in der Behandlung psychischer Störungen Anleihen bei den verschiedenen Psychotherapiekonzepten und übernehmen Methoden und Erklärungsmuster, die für sie nicht im Widerspruch zur biblischen Wahrheit stehen. Bekannte Vertreter dieses Ansatzes sind Carter/Nar-ramore, Crabb, Horie, Pfeifer, Dieterich und Wanner. Die Gefahr dieses Vorgehens liegt darin, die Bibel durch die Brille einer unchristlichen Theorie zu sehen und umzudeuten. Nur zu leicht bleiben die unbiblischen Werte und Veränderungskonzepte in ihrem Kern erhalten und werden lediglich mit einem christlichen Zuckerguß versehen. Als Beispiel dafür, wie auch in diesem Buch kritisiert, sei das Konzept der Selbstliebe erwähnt, das aus der Humanistischen Psychologie stammt und von vielen christlichen Psychologen vertreten wird. Das Problem dieses Modells liegt darin, daß es kein sorgfältig ausgearbeitetes Raster, kein Sieb gibt, um für einen Christen brauchbare Aussagen der Psychologie von unbrauchbaren, weil im Widerspruch zur Bibel stehenden, zu trennen. 5. Psychologie auf biblischer Grundlage Sowohl in bezug auf biblizistische als auch auf integrationistische Modelle gingen die wesentlichen Impulse von amerikanischen Autoren aus. Sie haben die Not gesehen, daß die Seelsorge mehr und mehr von Psychologen übernommen wurde, die quasi eine Ersatzreligion etablierten und auch viele Christen mangels christlicher Alternativen bei ihnen mit ihren Problemen Zuflucht suchten. Dem amerikanischen Hang zum Pragmatismus folgend, haben sie Seelsorgekonzepte entworfen, die wichtige Pionierfunktionen haben, jedoch von Einseitigkeiten und Widersprüchlichkeiten nicht frei sind. Vor allem mangelt es an einer sorgfältig ausgearbeiteten Fachphilosophie, die ihren Ausgangspunkt in der Heiligen Schrift hat und Punkt für Punkt in ihr verankert ist. Eine solche Fachphilosophie einschließlich eines christlichen Menschenbildes kann nicht das Ergebnis der Integration von Bibel und Psychologie sein, sondern muß am Anfang stehen. Sie muß die Kriterien liefern, an denen vorhandene Ergebnisse und Konzepte der Psychologie auf ihre Annehmbarkeit für Christen geprüft werden. Gleichzeitig würde sie die Basis darstellen für die empirische Forschung und Entwicklung anwendungsbezogener Konzepte. Den Versuch einer Grundlegung in dieser Hinsicht findet man bei Ouweneel. Die Psychologie im vorwissenschaftlichen Sinn hat eine lange Tradition in der Christenheit. Der Begriff „Psychologie“ geht wahrscheinlich zurück auf den Reformator Philipp Melanchthon. Das erste ausdrücklich als „Psychologie“ bezeichnete Buch stammt von dem calvinistisch geprägten Professor der Universität Marburg, Rudolf Goeckel (1547-1628). Es trug den Titel „Psychologia, hoc est, de perfectione hominis“ (Psychologie, das ist, über die Vervollkommnung des Menschen). Nachdem sich die Psychologie vor mehr als hundert Jahren als eigenständige akademische Disziplin etablierte, haben sich zahlreiche Richtungen auf unterschiedlicher weltanschaulicher Basis entwickelt (materialistisch, phänomenologisch, naturalistisch, idealistisch usw.) Eine Psychologie auf biblischer Basis ähnlich wie die in den letzten Jahrzehnten entstehende (kreationistische) Biologie auf biblischer Basis gibt es leider bislang nicht. Was es wohl gibt, sind viele Menschen, unter ihnen zahlreiche Christen, die unter seelischen Störungen leiden und Hilfe benötigen. Ihnen und ihren potentiellen Helfern macht das vorliegende Buch Mut, Hilfe von dem großen Arzt der Seelen, Jesus Christus, zu erwarten. Literatur: Adams, J.E., 1972, Befreiende Seelsorge. Theorie und Praxis einer biblischen Lebensberatung, Basel, Gießen. Carter, J.D., Narramore, B. 1979, The Integrations of Psycho-logy and Theology. An Introduction, Grand Rapids, USA. Crabb, L.J., 1984, Die Last des anderen. Biblische Seelsorge als Aufgabe der Gemeinde, Basel, Gießen. Dieterich, M., 1984, Psychologie contra Seelsorge? Neuhausen-Stuttgart. Horie, M., 1978, Resignieren oder Helfen? Ein Leitfaden für Seelsorger, Wuppertal. Ouweneel, W.J., 1984, Psychologie. Een christelijke kijk op het mentale leven, Amsterdam - Die deutsche Kurzfassung ist erschienen bei der Christlichen Verlagsgesellschaft in Dillenburg unter dem Titel Herz und Seele - Gibt es eine christliche Psychologie? Pfeifer, S., 1988, Die Schwachen tragen. Moderne Psychiatrie und biblische Seelsorge, Basel, Gießen. Wanner, W., 1982, Signale aus der Tiefe. Tiefenpsychologie und Glauben - Einführung und Auseinandersetzung, Basel, Gießen. KAPITEL 20 Literaturangaben 1) John T. McNeill, A History of the Cure of Souls, New York: Harper & Row, 1951, S.vii. 2) Joint Commission on Mental Illness and Health, Action for Mental health, New York: Science Editions, 1961, S. 103. 3) E. Füller Torrey, The Death of Psychiatry, Radnor, Pa.: Chilton, 1974, S. 195. 4) Ebd. Teil 2. 5) George Albee, letter to editor, APA Monitor 8, Nr. 2, Februar 1977, S. 2. 6) Franklin Chu, Sharland Trotter, The Madness Establishment, New York: Grossman, 1974, S. 206 7) Torrey, S. 58. 8) Ebd., Kap. 10. 9) Jerome Frank, „Mental Health in a Fragmented Society: The Shattered Cry-stal Ball“, American Journal of Orthopsychiatry 49, Nr. 3 (July 1979): S. 406. 10) Harold Bloomfield, in „Psyciatrist Says Holiday with Familiy Needn't Be Turkey“, Santa Barbara News Press, 23.11.1983, S. 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Heute werden Christen von einer neuen Weltanschauung angezogen, die subtiler und verführerischer vorgeht als alles, was die Welt bisher erlebt hat. Worin bestehen die Gefahren, wenn - das positive Denken und das Denken in Möglichkeiten - die Heilung durch Erinnerung - die Selbsthilfe-Philosophien - die holistische Medizin in wachsendem Ausmaß akzeptiert und praktiziert werden? Die Verführung der Christenheit wird nicht als ein Frontalangriff oder eine brutale Unterdrückung unserer Glaubensüberzeugungen auftreten. Sie wird vielmehr als eine neue, verheißungsvolle »Weltanschauung« daherkommen und uns ein glücklicheres, gesünderes, gebildeteres, ja sogar geistlich tiefgehenderes Leben versprechen. Dieses Buch bietet eine illusionslose Sicht der Zeit, in der wir leben. Es ist ein klarer Ruf an jeden Gläubigen, sich für das Original und gegen die Fälschung zu entscheiden. Nur dann können wir damit rechnen, daß wir vor der Verführung der Christenheit bewahrt bleiben. Rückkehr zum biblischen Christentum CLV-Paperback 304 Seiten, DM 15.80 Mit dem Bestseller „Die Verführung der Christenheit“ hat Dave Hunt viele Christen mit unleugbaren Tatsachen konfrontiert. Damit wurde eine Auseinandersetzung in vielen christlichen Kreisen ausgelöst, die einerseits dankbar als notwendige Reinigung der Kirche begrüßt und andererseits als gemeindespaltend verurteilt wurde. In diesem neuen Buch zeigt der Autor, wie man der Verführung widerstehen kann und untersucht gründlich die biblischen und historischen Grundlagen fundamentaler Lehren und Praktiken innerhalb der Christenheit. Mit großer Sachkenntnis zeigt er die schädlichen Folgen auf, die besonders aus der Vermischung von Psychologie und christlichem Glauben resultieren und zu einer Aushöhlung und Umdeutung des biblischen Glaubens geführt haben. Dieses herausfordernde Buch ist ein eindringlicher Ruf, den einzigen und wahren Schutz vor Verführung und Abfall zu erkennen: Die Rückkehr zu biblischen Grundsätzen und ein Leben des Gehorsams und der Hingabe an Jesus Christus. Martin u. Deidre Bobgan Psychotherapie oder biblische Seelsorge Das Ehepaar Bobgan geht davon aus, daß mindestens 75% der Menschen, die sich in eine psychotherapeutische Behandlung begeben, nicht wirklich krank sind, sondern sich dort Rat und Anweisungen zur Lebensbewältigung holen. Auch im Bereich der christlichen Gemeinden hat Psychotherapie eine biblische Seelsorge weitgehend ersetzt. In diesem Buch wird die Unvereinbarkeit des biblischen mit dem der Psychotherapie zugrundeliegenden gängigen Menschenbild gezeigt. Die Autoren entwickeln ein Seelsorgekonzept, das sich durch eine klare biblische Orientierung auszeichnet und erfolgreich in einer christlichen Gemeinde erprobt wurde. Dr. Martin Bobgan ist Vizepräsident für Erziehungswissenschaften an dem Santa Barbara College. Mit seiner Frau Deidre hat er eine Anzahl Bücher über Psychologie und Psychotherapie aus biblischer Sicht geschrieben, die in den USA veröffentlicht wurden. X '' V-, -v