Roger Liebi – Der Ausländer in Gottes Heilsplan, Teil 1/2

Audioabschrift – Bibelstudientag Rickenbach 2003

 

 

Das Thema heute Morgen lautet: Der Ausländer in Gottes Heilsplan. Wir wollen den Ausländer versuchen zu sehen mit den Augen Gottes und dabei beginnen wir mit dem großen Thema: Der Ausländer in der Thora, im Gesetz Mose. Da werden wir verschiedene Unterthemen behandeln. Und dann unter einem zweiten großen Punkt kommt das Thema: Mission im Alten und im Neuen Testament. Und dann haben wir noch einen dritten Hauptpunkt: Der Ausländer im Neuen Testament.

Wir beginnen also mit dem ersten Punkt und zwar mit der Grundsatzlehre, die wir in der Thora zum Thema Ausländer finden können. Das erste Buch der Bibel beginnt ja mit dem Menschen, der in dem paradiesischen Eden in der Gemeinschaft mit Gott zu Hause war. Das steht in 1. Mose 1 und 2. Dann kommt der große Bruch. Durch den Sündenfall entstand der totale Bruch. Der Mensch wurde aus seiner Heimat vertrieben (1. Mose 3, 24) und so wurde er zum Ausländer. In diesem Sinn sind alle Menschen Ausländer. In Epheser 4, 18 werden die Heidenvölker allgemein beschrieben und mit dem Ausdruck «entfremdet dem Leben Gottes» bezeichnet. Der Mensch ist seit dem Sündenfall ein Ausländer in Bezug auf Gott. Ich möchte auch noch 1. Mose 3, 23-24 lesen: „Und der HERR Gott schickte ihn aus dem Garten Eden hinaus, um den Erdboden zu bebauen, davon er genommen war; und er trieb den Menschen aus und ließ lagern gegen Osten vom Garten Eden die Cherubim und die Flamme des kreisenden Schwertes, um den Weg zum Baume des Lebens zu bewahren.“ Der Mensch entfremdet und er kann nicht zurück, von sich aus. Wenn wir das 1. Buch Mose weiter unter die Lupe nehmen, dann sehen wir, wie bereits bemerkt, wie es mit dem Menschen beginnt, der im paradiesischen Eden in der Gemeinschaft mit Gott zu Hause war, aber mit Israel im Ausland endet, Israel in Ägypten. 1. Mose 50, 26: „Und Joseph starb, 110 Jahre alt; und sie balsamierten ihn ein, und man legte ihn in eine Lade in Ägypten.“ So beginnt also das erste Bibelbuch mit dem Menschen, der das Leben von Gott eingehaucht bekommen hat, in der Weite des Gartens von Eden, in der Gemeinschaft mit Gott und es endet mit einer Leiche, in der Enge eines Sarges, im Ausland. Das ist doch eindrücklich. Der Wendepunkt dazu war der Sündenfall, Rebellion gegen Gott, Bruch mit Gott.

Aber wenn wir in der Bibel nun ein bisschen weiter gehen, dann kommen wir zum 2. Buch Mose. Dieses Buch beginnt mit Israel im Ausland, in Ägypten, und es endet mit einem erlösten, nach Hause zurückgekehrten Volk in der Gemeinschaft mit Gott. Das letzte Kapitel von 2. Mose beschreibt die vollendete Stiftshütte, die Schechinah, das Zeichen der Gegenwart Gottes, diese geheimnisvolle Wolken- und Feuersäule. Ich lese 2. Mose 40, 34: „Und die Wolke bedeckte das Zelt der Zusammenkunft, und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung.“ Also wir haben hier ein zurückgekehrtes Volk, wörtlich: nach Hause, zum Hause Gottes zurückgekehrtes Volk, in der Gemeinschaft mit Gott. Der Wendepunkt im 2. Buch Mose ist das Kapitel 12, die Erlösung durch das Blut des Lammes. Das ist gewissermaßen das Gegenstück zu 1. Mose 3, das den Menschen in die Entfremdung gebracht hat. Aus diesen Beobachtungen schließen wir: Israel weiß von Ägypten her, was es heißt, ein Fremdling, ein Ausländer zu sein. An diese Tatsache schließt die Bibel eine Menge an grundsätzlichen Belehrungen über die Rechte der Ausländer an. Wir schlagen 2. Mose 22, 21 auf und da beginnen wir mit unserer Betrachtung der Rechte des Ausländers in Israel: „Und den Fremdling sollst du nicht bedrängen und ihn nicht bedrücken, denn Fremdlinge seid ihr im Lande Ägypten gewesen.“ Also ein erstes Recht, der Fremde darf nicht bedrängt oder unterdrückt werden. Und das Ganze wird begründet, verständlich gemacht, mit: Ihr seid ja selbst auch Fremdlinge gewesen in Ägypten. Ihr wisst, was das bedeutet.

2. Mose 23, 9: „Und den Fremdling sollst du nicht bedrücken; ihr selbst wisset ja, wie es dem Fremdling zu Mute ist, denn Fremdlinge seid ihr im Lande Ägypten gewesen.“ Hier wird sogar noch auf das seelische Empfinden des Ausländers hingewiesen. Ihr wisst ja, wie es einem Ausländer zumute ist und das soll euch dazu führen, Ausländern gegenüber richtig zu handeln. 3. Mose 19, 33: „Und wenn ein Fremdling bei dir weilt in eurem Lande, so sollt ihr ihn nicht bedrücken.“ 5. Mose 24, 14: „Du sollst nicht bedrücken den dürftigen und armen Mietling von deinen Brüdern oder von deinen Fremdlingen, die in deinem Lande, in deinen Toren sind.“ Also erstes Recht: Der Fremde darf nicht bedrängt und unterdrückt werden.

Zweitens: Der Fremde soll sich von seiner Arbeit erholen können. 2. Mose 23, 12: „Sechs Tage sollst du deine Arbeiten tun; aber am siebten Tage sollst du ruhen, damit dein Ochse und dein Esel raste und der Sohn deiner Magd und der Fremdling sich erhole.“ Entsprechend ist 5. Mose 5, 14. Weiter soll dem Fremdling im Weinberg eine Nachlese ermöglicht werden. 3. Mose 19, 10: „Und in deinem Weinberge sollst du nicht nachlesen, und die abgefallenen Beeren deines Weinberges sollst du nicht auflesen: für den Armen und für den Fremdling sollst du sie lassen. Ich bin der HERR, euer Gott.“ Da sehen wir, Gott hat in Israel eine Sozialversicherung eingerichtet. Das soll gerade eben auch für den Fremdling eine Sicherheit sein für die Ernährung. Desgleichen auch 5. Mose 24, 21. Dann soll der Fremde wie der Eingeborene sein, 3. Mose 19, 34: „Wie ein Eingeborener unter euch soll euch der Fremdling sein, der bei euch weilt, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn Fremdlinge seid ihr gewesen im Lande Ägypten. Ich bin der HERR, euer Gott.“ Also der Fremdling soll nicht ein Mensch zweiter Klasse sein. Man soll ihn lieben, wie sich selbst und es wird wieder der Vergleich gezogen: Ihr wisst ja, was es heißt, ein Fremdling zu sein.

Dann gehen wir weiter, 3. Mose 19, 34 (5. Mose 10, 19). Das haben wir ja schon gelesen. Man soll den Fremden lieben wie sich selbst. 3. Mose 23, 22 enthält wieder ein Element der Sozialversicherung: „Und wenn ihr die Ernte eures Landes erntet, sollst du den Rand deines Feldes nicht gänzlich abernten, und sollst keine Nachlese deiner Ernte halten; für den Armen und für den Fremdling sollst du sie lassen. Ich bin Jehova, euer Gott.“ Diese Anweisung steht grad in Zusammenhang mit dem Pfingstfest, mit dem Fest der Wochen, welches den Beginn der Weizenernte markierte. Also hier geht es darum, dass der Fremdling die Möglichkeit haben sollte, auch beim Getreide seine Nahrung zu sichern. Eine Illustration dazu gibt uns das Buch Ruth. Ruth als Ausländerin kommt von Moab nach Israel und konnte sich so vom Feld des Boas ernähren, indem sie dort eben Getreide auflas, sowohl bei der Gerstenernte (ab der Zeit des Passahs), als auch in der Weizenernte. Beides findet man im Buch Ruth.

Dann kommt ein wichtiger Grundsatz, 3. Mose 24, 22: „Einerlei Recht sollt ihr haben; wie der Fremdling, so soll der Eingeborene sein, denn ich bin der HERR, euer Gott.“ Vergleiche auch 4. Mose 15, 16. Der Fremde ist also vor dem Gesetz genau gleich zu behandeln wie der eingeborene Israelit. Es gibt da keine Doppelmoral, für Eingeborene so und für Ausländer so. In 3. Mose 25, 23 wird das Selbstbild vermittelt, das die Israeliten haben sollten: „Und das Land soll nicht für immer verkauft werden, denn mein ist das Land; denn Fremdlinge und Beisassen seid ihr bei mir.“ Die Israeliten werden also selber als Fremde in dem Land der Verheißung gesehen. Gott gehört das Land und sie sollen sich quasi bewusst sein, dass es nicht ihr Eigentum ist unabhängig von Gott. Sondern es ist Gottes Eigentum und sie dürfen es aus seiner Hand genießen. 4. Mose 15, 14 zeigt, wie auch Fremde dem HERRN Opfer bringen konnten. Sie hatten also auch eine Möglichkeit, am Gottesdienst Israels teilzunehmen. Dann Nach 4. Mose 15, 26 kann der Fremde auch Vergebung von Gott erlangen, so wie Israel: „Und es wird der ganzen Gemeinde der Kinder Israel vergeben werden und dem Fremdling, der in ihrer Mitte weilt; denn von dem ganzen Volke ist es geschehen aus Versehen.“ Also die Opfer konnten nicht nur Vergebung für Israel bewirken, sondern auch für die Fremdlinge unter ihnen.

In 4. Mose 35, 15 finden wir eine Schutzanordnung im Zusammenhang mit Haftpflicht. Auch der Fremdling darf bei einem unabsichtlichen Totschlag in eine der sechs Zufluchtsstädte fliehen: „Den Kindern Israel und dem Fremdling und dem Beisassen in ihrer Mitte sollen diese sechs Städte zur Zuflucht sein, dass dahin fliehe ein jeder, der einen Menschen aus Versehen erschlagen hat.“ Auf Mord stand die Todesstrafe und bei einem Unfall stand nun der Totschläger in Gefahr, als Mörder behandelt zu werden. Und deshalb hat Gott im Gesetz Mose sechs Zufluchtsstädte im Land Israel bestimmt und zwar so verteilt, dass man möglichst von allen Gebieten aus sehr schnell eine davon erreichen konnte. Und so konnte sich also der Totschläger in eine dieser Städte flüchten. Die Aufgabe der Bewohner dieser Stadt war es dann, diesen Totschläger vor Rache zu schützen, bis die ganze Sache vor Gericht gekommen war und so weiter. Also auch dieser Fremde hat diese Sicherheit im Fall eines schweren Vorkommnisses in Verbindung mit Haftpflicht.

5. Mose 1, 16-17. Merken Sie? Wir gehen da nicht nach Themen geordnet durch, sondern nach Bibelstellen geordnet. Also wir haben schon gesehen, der Fremde hat die gleichen Rechte vor dem Gesetz. Aber hier wird nun betont: „Und ich gebot euren Richtern in selbiger Zeit und sprach: Höret die Streitsachen zwischen euren Brüdern und richtet in Gerechtigkeit zwischen einem Manne und seinem Bruder und dem Fremdling bei ihm. Ihr sollt nicht die Person ansehen im Gericht; den Kleinen wie den Großen sollt ihr hören; ihr sollt euch vor niemand fürchten, denn das Gericht ist Gottes. Die Sache aber, die zu schwierig für euch ist, sollt ihr vor mich bringen, dass ich sie höre.“ Auch der Fremdling musste also genau angehört werden vor Gericht. Darauf hatte er ein Recht. In 5. Mose 10, 18 heißt es über Gott: „Der Recht schafft der Waise und der Witwe, und den Fremdling liebt, so dass er ihm Brot und Kleider gibt. Und ihr sollt den Fremdling lieben; denn ihr seid Fremdlinge gewesen im Lande Ägypten.“ Gott liebt den Fremdling und gibt ihm Brot und Kleidung. Dazu noch eine Stelle, Psalm 146, 9: „Der HERR bewahrt die Fremdlinge, die Waise und die Witwe hält er aufrecht; aber er krümmt den Weg der Gesetzlosen.“ Dann wird in 5. Mose 14, 21 erklärt, dass der Fremde, im Gegensatz zu einem Israeliten, Aas essen darf. Das heißt also, gewisse Rechtsbestimmungen der Thora waren nur für Israeliten, nicht aber für die Fremdlinge unter ihnen verbindlich. Das zeigt also, dass es schon einen Unterschied machte, ob man Israelit war oder Ausländer. Man war als Ausländer also zu weniger verpflichtet.

5. Mose 14, 28-29: „Am Ende von drei Jahren sollst du allen Zehnten deines Ertrages in jenem Jahre aussondern und ihn in deinen Toren niederlegen; und der Levit - denn er hat kein Teil noch Erbe mit dir - und der Fremdling und die Waise und die Witwe, die in deinen Toren sind, sollen kommen und essen und sich sättigen; auf dass Jehova, dein Gott, dich segne in allem Werke deiner Hand, das du tust.“ Also der Fremde darf zusammen mit den Leviten, Witwen und Waisen von der speziellen Sozialeinrichtung des Dreijahres-Zehnten profitieren. Nicht wahr, das Abgabesystem nach dem Gesetz ist kompliziert. Es gibt nicht einfach nur den Zehnten. Wenn man alle Abgaben zusammen rechnet nach dem Gesetz, die verschiedenen Zehnten und weiteren Abgaben, die gefordert waren, so bedeutete das für die ländliche Bevölkerung im Durchschnitt vielleicht 40 Prozent Abgabe. Das kommt dann schon eher in die Region unserer heutigen Steuerbelastung. Hier sieht man übrigens auch, wie manchmal so übertragen wird vom Alten aufs Neue Testament und dann wird gesagt: Christen geben den Zehnten. Das gab es im Alten Testament gar nicht, einfach den Zehnten, sondern es gab mehrere Zehnten und viele weitere Abgaben, so dass man schließlich eben etwa 40 Prozent vom Jahreseinkommen abgeben musste. Das Neue Testament spricht nicht über den Zehnten, sondern sagt im Blick auf Unterstützung der Mission und der Armen, 2. Korinther 9: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ Ohne eine spezielle, prozentuale Bestimmung zu geben. Es soll im Herzen durch Gottes Geist gewirkt werden.

Dann wird in 5. Mose 16, 11 in Verbindung mit dem Pfingstfest gesagt: „Und du sollst dich vor Jehova, deinem Gott, freuen, du und dein Sohn und deine Tochter, und dein Knecht und deine Magd, und der Levit, der in deinen Toren ist, und der Fremdling und die Waise und die Witwe, die in deiner Mitte sind, an dem Orte, den Jehova, dein Gott, erwählen wird, um seinen Namen daselbst wohnen zu lassen.“ Der Fremde darf sich beim Pfingstfest in Jerusalem mitfreuen. Das Gleiche in 5. Mose 16, 14 beim Laubhüttenfest in Jerusalem. Dann 5. Mose 23, 7: „Den Edomiter sollst du nicht verabscheuen, denn er ist dein Bruder. Den Ägypter sollst du nicht verabscheuen, denn du bist ein Fremdling in seinem Lande gewesen.“ Also die Israeliten dürfen Ägypter nicht verabscheuen. Man könnte ja einem Fremdling seine Sozialversicherung gewähren, man könnte ihn vor Gericht recht behandeln, ihn aber trotzdem verabscheuen. Dieses Problem kennen wir in unserer Gesellschaft. Aber hier wird speziell die Anordnung gegeben, dass sie ihn nicht verabscheuen dürfen. In 5. Mose 24, 19 finden wir nochmals eine Versicherungseinrichtung: „Wenn du deine Ernte auf deinem Felde hältst und eine Garbe auf dem Felde vergissest, so sollst du nicht umkehren, um sie zu holen: für den Fremdling, für die Waise und für die Witwe soll sie sein, auf dass Jehova, dein Gott, dich segne in allem Werke deiner Hände.“ Also vergessene Garben auf dem Feld sind unter anderem für die Fremden.

In 5. Mose 24, 17 steht, dass das Recht des Fremden nicht gebeugt werden darf. Und wir lesen 5. Mose 27, 19: „Verflucht sei, wer das Recht des Fremdlings, der Waise und der Witwe beugt! Und das ganze Volk sage: Amen!“ Israel musste also zustimmen, dass im Fall von Unrecht vor Gericht gegenüber einem Ausländer, ein Fluch Gottes über sie käme. Mit dem Amen wurde das bestätigt. 5. Mose 24, 20 besagt, dass die Oliven-Nachlese unter anderem den Fremden ermöglicht werden muss. 5. Mose 26, 11 besagt, dass der Fremde sich beim Erntedank der Erstlingsfrüchte mitfreuen soll. Und in 5. Mose 28, 43 besagt, sollte Israel als Nation ungehorsam sein, dann würde der Fremde politisch über sie hinauswachsen: „Der Fremdling, der in deiner Mitte ist, wird höher und höher über dich emporkommen, und du, du wirst tiefer und tiefer hinabsinken. Er wird dir leihen, du aber wirst ihm nicht leihen; er wird zum Haupte, du aber wirst zum Schwanze werden.“ Also die Verhältnisse im Land sollen umgekehrt werden, der Fremdling soll schließlich bestimmend werden im Land, im Gegensatz zu den Eingeborenen.

Dann eine ganz wichtige Sache, nun nicht aus dem Gesetz, sondern im Blick auf die Zukunft, Hesekiel 47, 22. Da wird etwas gesagt über die Einbürgerung von Fremden. In diesem Kapitel geht es in der zweiten Hälfte um die neue Landverteilung Israels im 1000-jährigen Reich. Da wird Israel das Land Israel von heute zusammen mit großen Teilen von Libanon, Syrien und Jordanien zugesprochen, ein Großisrael für die Zukunft. Und nun lese ich ab Vers 21: „Und dieses Land sollt ihr unter euch verteilen nach den Stämmen Israels. Und es soll geschehen: euch und den Fremdlingen, die in eurer Mitte weilen, welche Kinder in eurer Mitte gezeugt haben, sollt ihr es als Erbteil verlosen; und sie sollen euch sein wie Eingeborene unter den Kindern Israel; mit euch sollen sie um ein Erbteil losen inmitten der Stämme Israels. Und es soll geschehen, in dem Stamme, bei welchem der Fremdling weilt, daselbst sollt ihr ihm sein Erbteil geben, spricht der Herr, Jehova.“ Auch die Fremdlinge, die also schon Nachkommen gezeugt hatten im Land Israel, sollen dann die gleiche Stellung bekommen, wie die Eingeborenen. Es wird also eine totale Einbürgerung stattfinden mit dem Recht auf Grundbesitz.

Ja, jetzt haben wir über die Rechte der Ausländer gesprochen, – und das hören ja alle Menschen sehr gerne und das wird manchmal den Schülern in der Schule so beigebracht, was sie alles für Rechte haben, aber von Pflichten haben sie keine Ahnung. – aber jetzt wollen wir uns auch die Pflichten der Ausländer in Israel anschauen. Der Fremde musste sich Gottes Ordnung in Israel unterwerfen. Er musste sich beschneiden lassen, 2. Mose 12, 19.43.48-49. Er war verpflichtet den Sabbat einzuhalten, 2. Mose 20, 10. Er musste am Bußtag fasten, am Jom Kippur, 3. Mose 16, 29. Er musste also auch Buße tun über seine persönliche Schuld. Er musste Opfer zum Tempel bringen, 3. Mose 17, 8-9. Es war ihm verboten Blut zu essen; der Blutgenuss war verboten nach 3. Mose 17, 12-13. Auch er musste sich rituell immer wieder reinigen in einem Ritualbad, 3. Mose 17, 15. Auch er durfte keine Gräuel begehen, 3. Mose 18, 26. Das kann Götzendienst bedeuten, Homosexualität oder sonstige Perversionen. Es galt für ihn die Todesstrafe im Fall von Gotteslästerung, 3. Mose 24, 16. Und ebenso galt die Todesstrafe bei vorsätzlicher Sünde, 4. Mose 15, 30. Das Gleiche galt natürlich auch für Israeliten. Und noch zuvor, es gab auch die Todesstrafe bei Kinderopferung, 3. Mose 20, 2. Das ist übrigens in Verbindung mit dem Problem der Abtreibung, eine ganz bedenkenswerte Regelung. Ich habe grad vor Kurzem im Internet einen Artikel eingesehen von der WHO und die schreiben: Die weltweite Abtreibungsrate beträgt 40 -50 Millionen jährlich. Das ist also keine hochstilisierte Zahl von Abtreibungsgegnern, sondern die WHO schreibt das offiziell. Und sie gehen davon aus, dass es weltweit 210 Millionen Schwangerschaften gibt pro Jahr. Das heißt also gegen ein Viertel aller Schwangerschaften in der ganzen Welt enden mit der Ermordung Kinder. Der Fremdling durfte auch nur einwandfreie Opfer bringen, 3. Mose 22, 18.

Weiter, das Gesetz der Reinigung durch die Asche der jungen roten Kuh war auch für ihn vorgeschrieben, 4. Mose 19, 10. Und ganz wichtig, das können wir aufschlagen, ist 5. Mose 29, 10-13: „Ihr stehet heute allesamt vor Jehova, eurem Gott: eure Häupter, eure Stämme, eure Ältesten und eure Vorsteher, alle Männer von Israel, eure Kinder, eure Weiber und dein Fremdling, der inmitten deiner Lager ist, von deinem Holzhauer bis zu deinem Wasserschöpfer, damit du in den Bund Jehovas, deines Gottes, eintretest und in seinen Eidschwur, den Jehova, dein Gott, heute mit dir macht; auf dass er dich heute als sein Volk bestätige, {oder einsetze} und er dein Gott sei, wie er zu dir geredet, und wie er deinen Vätern, Abraham, Isaak und Jakob, geschworen hat.“ Hier geht es um die Abschiedsrede von Mose am Ende der 40-jährigen Wüstenreise, vor dem Eintritt ins verheißene Land. Und hier wird gewissermaßen der Bund vom Sinai, den die Elterngeneration mit Gott geschlossen hatte, mit der zweiten Generation erneuert. Aber hier wird gleich gesagt, all die Fremdlinge, die unter Israel waren, mussten mit in diesen Bund mit Israel eintreten.

Weiter mussten sie zuhören beim Verlesen des Gesetzes, 5. Mose 31, 12. Ich lese ab Vers 9: „Und Mose schrieb dieses Gesetz nieder; und er gab es den Priestern, den Söhnen Levis, welche die Lade des Bundes Jehovas trugen, und allen Ältesten von Israel. Und Mose gebot ihnen und sprach: Am Ende von sieben Jahren, zur Zeit des Erlassjahres, am Feste der Laubhütten, wenn ganz Israel kommt, um vor Jehova, deinem Gott, zu erscheinen an dem Orte, den er erwählen wird, sollst du dieses Gesetz vor dem ganzen Israel lesen, vor ihren Ohren. Versammle das Volk, die Männer und die Weiber und die Kindlein, und deinen Fremdling, der in deinen Toren ist; auf dass sie hören, und auf dass sie lernen, und Jehova, euren Gott, fürchten und darauf achten, alle Worte dieses Gesetzes zu tun.“ Das galt also auch für den Fremdling; er musste auch in der Bibel unterrichtet werden. Er musste wissen, was Gott von den Menschen nach dem Gesetz verlangt. Das waren also die Pflichten des Ausländers in Israel. Es gab also keinen separaten Religionsunterricht.

Nun haben wir eine Ausländerin als wunderbares Beispiel in den späteren Schriften, die den wahren Gott suchte, Ruth. Sie bezeichnet sich als Fremde, ist nach Israel gekommen und Boas gegenüber sagt sie in Ruth 2, 10: „Da fiel sie auf ihr Angesicht und beugte sich zur Erde nieder und sprach zu ihm: Warum habe ich Gnade gefunden in deinen Augen, dass du mich beachtest, da ich doch eine Fremde bin?“ Also ein schönes Beispiel wie Boas sich gegenüber einer Ausländerin verhalten hat. Und ihr Wunsch im Blick auf Gott wird beschrieben in Ruth 1, 16. Ihre Schwiegermutter wollte sie in Moab zum Bleiben bewegen, aber Ruth wollte unbedingt nach Israel. Ruth 1, 16-17: „Aber Ruth sprach: Dringe nicht in mich, dich zu verlassen, hinter dir weg umzukehren; denn wohin du gehst, will ich gehen, und wo du weilst, will ich weilen; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott; wo du stirbst, will ich sterben, und daselbst will ich begraben werden. So soll mir Jehova tun und so hinzufügen, nur der Tod soll scheiden zwischen mir und dir!“

Dann wird in Hesekiel 46, 9 von dem Fremden gesprochen, der sich Gott nicht unterstellen will. Dies ist nun der Gegensatz zu Ruth. Hesekiel 44, 9: „So spricht der Herr, Jehova: Kein Sohn der Fremde, unbeschnitten am Herzen und unbeschnitten am Fleische, von allen Söhnen der Fremde, welche inmitten der Kinder Israel sind, soll in mein Heiligtum kommen.“ Also im Blick auf jemanden von den Fremdlingen in Israel, der sich diesen Gesetzen nicht anschließen will, gibt es einen Ausschluss vom Gottesdienst. Dann finden wir in Psalm 144 das negative Bild des Ausländers, der Ausländer als Gefahr. In Psalm 144, 7 betet David: „Strecke deine Hände aus von der Höhe; reiße mich und errette mich aus großen Wassern, aus der Hand der Söhne der Fremde.“ Vers 11: „Reiße mich und errette mich aus der Hand der Söhne der Fremde, deren Mund Eitelkeit redet, und deren Rechte eine Rechte der Lüge ist.“ Also es gibt beides, es gibt den Ausländer, der Gott sucht, der sich Gott unterstellen will, der sich auch in Israel einfügen will, und den Ausländer, der eine Gefahr darstellt.

Ein nächster Punkt schließt eigentlich wieder daran an, was wir am Anfang hatten, die Fremdlingsschaft der Patriarchen und des Gesetzgebers Mose. Ja schon lange vor dem Aufenthalt Israels in Ägypten waren ja die Stammväter Abraham, Isaak und Jakob Fremde im Land Kanaan. Das wird in 2. Mose 6, 4 betont. Und Mose, bevor er Volksführer geworden war, lebte ja 40 Jahre als Hirte in der Wüste, in Midian. Und in 2. Mose 2, 22 und 18, 3 wird Mose beschrieben, wie er als Fremdling dort gelebt hatte. Also bereits die Patriarchen und Mose wussten, was es heißt, jahrzehntelang ein Leben als Fremdling zu führen. Und den Nachkommen dieser Stammväter hat Gott dann diese Gesetze gegeben im Blick auf das gerechte Verhalten gegenüber Fremdlingen. Nun wird uns natürlich deutlich, dass wir all diese Anordnungen nicht 1:1 auf die Schweiz übertragen können. Und zwar: Warum? Weil Israel unter dem Gesetz vom Sinai eine Theokratie war, eine Gottesherrschaft. Die Schweiz ist keine Gottesherrschaft. Die Schweiz hat christliche Wurzeln, aber sie war in dem Sinn nie ein von Gott regiertes Land und Volk. Das Gleiche gilt für Deutschland. Also würden wir sagen, das sollte man auch 1:1 auf unser Land übertragen, dann müssten wir zum Beispiel auch die ganze Wirtschaftsform ändern, denn die Wirtschaftsform Israels war ein Kapitalismus, der jeglicher Form bei uns weit überlegen ist, und war ein Sozialstaat, der jegliche andere Form des Sozialismus in den Schatten stellt.

Jeder Israelit hatte ja vom Gesetz her ein Recht auf Grund und Boden. Also Gott wollte das Privateigentum. Als die Kommunisten gesagt haben, Eigentum ist Diebstahl, dann ist das eine Lüge. Gott will den Privatbesitz und schützt ihn auch. Darum wird in den Zehn Geboten gesagt, dass man nicht stehlen soll. Gott schützt das Eigentum und Gott will das Eigentum. Aber es war so, dass, wenn jemand zum Beispiel durch Krankheit oder Schicksalsschläge verarmte, er sein Land an jemand anderen verkaufen konnte, aber alle 50 Jahre, im Erlassjahr, musste das verkaufte Land wieder an die ursprüngliche Familie zurück gegeben werden. Dadurch war es unmöglich, dass sich Großgrundbesitzer beliebig vergrößerten, während die Masse verarmte. Denn die Großgrundbesitzer waren ganz klar eingeschränkt und wurden immer wieder auf das normale Niveau zurückgeführt, spätestens nach 50 Jahren. Und so waren also all diese Exzesse des Kapitalismus bei uns, einige Wenige besitzen fast alles, nach dieser Gesetzgebung gar nicht möglich. Und es war auch nicht möglich, dass ein Proletariat entstand, denn die Familien waren so geschützt, dass sie immer wieder zu ihrem Grundbesitz kommen konnten. Es gab weitere Anweisungen. In Israel war es verboten, Zinsen zu nehmen. Nicht nur Wucher war verboten, sondern auch Zinsen. Geld musste zinsfrei geliehen werden. Ja, sollen wir das auf die Schweiz übertragen? Ich habe das alles nur aufgezeigt, um damit zu sagen, dass das Gesetz vom Sinai für Israel, für diese Gottesherrschaft, ein ganzes Paket ist. Das umfasst alle Gebiete der Wirtschaft, des sozialen Lebens, der Politik und so weiter. Nun, nur Israel ist das auserwählte Volk und nur mit Israel hat Gott diesen Bund geschlossen. Aber andere Nationen, die unter den Einfluss der Bibel gekommen sind, hatten die Möglichkeit, ihre Gesetze nach diesen Grundprinzipien, nach den Prinzipien der Gerechtigkeit, zu regeln. Gerade heute, wo es zu so gewaltigen Völkerwanderungen gekommen ist, sind natürlich all diese Gesetze über die Rechte und auch Pflichten des Ausländers wichtige Dinge, die es zu bedenken gibt. Und wir sehen, in welchen Bereichen vielleicht unsere Gesetzgebung völlig versagt hat, also dass sehr oft nur die Rechte betont werden, aber nicht die Pflichten. Aber Gott will immer beides.