Die biblische Lehre über Auserwählung und Zuvorbestimmung
Roger Liebi
24.03.2007
Bibelstudientag, Herznach, Schweiz
ID 19670
Ich möchte alle ganz herzlich begrüßen zu diesem Bibelstudientag mit dem interessanten und wichtigen Thema: 'Die biblische Lehre über Auserwählung und Zuvorbestimmung'.
1. Wichtige Wörter und Begriffe
Bevor wir so richtig in dieses Thema eindringen, wollen wir uns mit wichtigen
Wörtern und Begriffen aus der Bibel vertraut machen. Ganz wichtig – bevor wir
überhaupt dieses Thema angehen können – ist natürlich der Begriff von Gottes
Allwissenheit. In 1. Samuel 2, 3 wird Gott genannt 'ein Gott des Wissens'. Ein
Gott des Wissens ist der Herr. In Psalm 139 finden wir eine wunderbare
Darlegung der Allwissenheit Gottes. Gott weiß alles. Er weiß auch unsere
verborgensten Gedanken, die da sind. Aber Psalm 139 macht auch klar, dass Gott
weiß, was wir denken werden in der Zukunft. Jedes Wort weiß er. Und es gibt für
ihn keine Finsternis. Alles ist für ihn durchleuchtet. Und dann dieser schöne Vers
in Jeremia 23, 24. Ich lese schon den Vers davor:
23 Bin ich ein Gott aus der Nähe,
spricht der Herr, und nicht ein Gott aus der Ferne? 24 Oder kann sich jemand in
Schlupfwinkel verbergen, und ich sähe ihn nicht? spricht der Herr. Erfülle ich
nicht den Himmel und die Erde? spricht der Herr .
Hier finden wir den
Gedanken der Allgegenwart Gottes im ganzen Universum. Diese Allgegenwart wird
ja auch in Psalm 139 zusammen mit der Allwissenheit Gottes behandelt und
beschrieben. Die Allgegenwart Gottes beschränkt sich allerdings nicht nur auf
diese Schöpfung. Die entferntesten Galaxien schätzt man ja auf eine Distanz von
hier aus gesehen von 13 Milliarden Lichtjahren. Also eine Distanz, wo das
Licht, das 300 000 km/sec zurücklegt, theoretisch 13 Milliarden Jahre brauchen
würde, um an den Rand des sichtbaren Weltalls zu kommen. Aber das sichtbare
Weltall ist noch nicht das Ende des Weltalls. Gott ist überall im Diesseits
gegenwärtig gleichzeitig. Aber wir erfahren, er ist auch im Jenseits. 1. Könige
8, 27 bei der Einweihung des Tempels sagt Salomo: Der Himmel und der Himmel
Himmel können dich nicht fassen. Der Himmel, das ist der Lufthimmel, die
Atmosphäre, und der Himmel Himmel, das ist das Weltall. Und da sagt er ganz
klar: Gott ist nicht auf das Diesseits begrenzt. Der Himmel und der Himmel
Himmel können dich nicht fassen. 2. Korinther 12, 1–4 spricht nämlich über den
dritten Himmel, das Paradies. Das ist der Ort, wo Gott seinen Thron hat, seinen
Tempel, der Ort des himmlischen Jerusalems. Auch da ist Gott gegenwärtig. In
Dan 2, 28 lesen wir: Aber es ist ein Gott im Himmel, der Geheimnisse offenbart.
Also Gott im Himmel meint Gott im dritten Himmel. Gott ist der Diesseitige und
der Jenseitige. Oder, wenn man das ein bisschen komplizierter sagen will: Gott
ist immanent (überall in der Schöpfung gegenwärtig) und transzendent. Das ist
ein wichtiger Gegensatz z.B. zum Hinduismus. Dort wird ja das Göttliche
identifiziert mit der Schöpfung. Aber das Göttliche im Hinduismus ist nur
immanent, nicht transzendent. Wenn die sprechen von transzendentaler
Meditation, dann sprechen sie über etwas, das sie gar nicht kennen. Nein, aber
der Gott der Bibel ist immanent und transzendent. Und daraus lernen wir: Im
Gegensatz zum Geschöpf ist Gott nicht Raum und Zeit unterworfen. Daher kennt er
unfehlbar alles, was in der Zukunft liegt. Aber alle Geschöpfe und selbst die
Engel, d.h. also auch Satan und die Dämonen, sie sind ja Engel, sie sind Raum
und Zeit unterworfen. In Hiob 1, 7 kommt Satan vor Gott und auf die Frage,
woher er komme, sagt er: vom Umherstreifen auf der Erde. Also ist er nicht
gleichzeitig überall auf der Erde. Und in Daniel 10 die Verse 2 und 12–13
machen deutlich: Ein Engel kommt mit 3 Wochen Verspätung und sagt zu Daniel, er
sei aufgehalten worden von einem anderen Engelfürsten. Also auch das macht
deutlich, Engel sind Raum und Zeit unterworfen, auch wenn sie natürlich viel
schnellere Bewegungsmöglichkeiten haben als wir Menschen.
Und das bedeutet: Auch die Engel wissen nicht die Zukunft so, wie Gott es eben
nur wissen kann. Und darum ist es Gottes Ehre und Herrlichkeit wenn er sagt in
Jesaja 45 Vers 11:
So spricht Jahwe [Das ist der hebräische Name, den Luther übersetzt mit
'der Herr', der wörtlich bedeutet 'der Unwandelbare, der Ewige'.] So spricht
der Ewige [also], der Heilige Israels und der es gebildet hat: Über das
Zukünftige fraget mich;
Nur er weiß die Zukunft. Und Jesaja 46 Vers 10 sagt er:
Der ich von Anfang an das Ende verkünde, und von alters her, was noch nicht
geschehen ist; der ich spreche: Mein Ratschluss soll zustande kommen, und all
mein Wohlgefallen werde ich tun;
Also Gott hat nicht nur ein vollkommenes Wissen um die Zukunft, sondern er
ist es auch, der handelt im Blick auf die Zukunft, so wie er will. Noch eindrücklicher
ist das beschrieben in Jesaja 14, 24 dieses zukünftige Handeln:
Jahwe [also der Ewige] der Heerscharen hat geschworen und gesprochen.
Wahrlich! Wie ich es vorbedacht, also geschieht es; und wie ich es beschlossen
habe, also wird es zustande kommen:
Gottes Allwissenheit ist etwas Unbegreifliches für uns. In Psalm 147, 4
steht z.B., dass Gott alle Sterne mit Namen ruft. Und die geschätzte Zahl im
bekannten Universum wird auf 1025 veranschlagt, also eine 1 mit 25
Nullen. In den vergangenen Jahren war einer der schnellsten Computer, einer,
der 10 Milliarden Rechenoperationen in 1 Sekunde vollziehen konnte. In der
Zwischenzeit ist man schon wieder schneller. Aber nur so, um einen Eindruck zu
bekommen: Dieser Computer könnte also in 1 Sekunde 10 Milliarden Sterne zählen.
Aber um all die Sterne zu zählen, bräuchte er 30 Millionen Jahre. Und so lange
lebt ja kein PC. Aber das zeigt ein bisschen etwas von Gottes Größe und
Allwissenheit. Und diese Allwissenheit geht sogar weit über das hinaus, was wir
jetzt behandelt haben. Gott weiß nicht nur, was genau kommen wird, sondern er
weiß auch, was gekommen wäre, wenn. Ja, schlagen wir mal auf Matthäus 11, 23.
Da tadelt der Herr seine Heimatstadt Kapernaum, seine Wahlheimatstadt.
Matthäus 11, 23:
Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht worden bist, bis zum Hades
wirst du hinabgestoßen werden; denn wenn in Sodom die Wunderwerke geschehen
wären, die in dir geschehen sind, es wäre geblieben bis auf den heutigen Tag.
Also der Herr Jesus sagt: Wenn er nach Sodom gegangen wäre, hätte diese Wunder
gemacht, die man vor 2000 Jahren in Kapernaum erlebt hatte, dann wären die
Sodomiter bereit gewesen, eine Änderung zu vollziehen. Sodom würde immer noch
existieren. Also Gott weiß, was geschehen wäre, wenn es anders gewesen wäre.
Und das Gleiche wird in den weiteren Versen von Vers 21 im Blick auf Tyrus und
Sidon gesagt:
Wehe dir Chorazin! Wehe dir, Bethsaida!, denn wenn zu Tyrus und Sidon die
Wunderwerke geschehen wären, die unter euch geschehen sind, längst hätten sie
in Sack und Asche Buße getan.
Also auch da wusste er, was im alten Sidon und Tyrus geschehen wäre, wenn
er dort aufgetreten wäre, so wie er in Chorazin und Bethsaida aufgetreten ist
als Messias. Jetzt können wir uns mal vorstellen, auch in unserem Leben wäre
auch vieles anders geschehen, wenn das und das nicht gewesen wäre oder wir die
Gelegenheit zum Sündigen gehabt hätten, die Gott verhindert hatte. Und Gott
weiß also alle Kombinationen. Und dann wäre natürlich auch die ganze
Weltgeschichte wäre immer wieder anders abgelaufen. Stelle man sich vor, wenn
Alexander der Große eben behindert auf die Welt gekommen wäre, ja, dann hätte
er nicht seinen Zug gegen Persien machen können als 20jähriger. So kann man
sich alle möglichen Kombinationen erdenken und Gott weiß jede Kombination, die möglich
gewesen wäre, weiß er auch. Das gibt einen Eindruck von Gottes Allwissenheit.
Das führt uns nun zum nächsten Begriff zur 'Vorkenntnis Gottes'. Wir lesen
ausdrücklich von dieser Vorkenntnis, von diesem Wissen im Voraus aus der Bibel.
Da findet sich das griechische Wort 'prognōsis', z.B. 1. Petrus 1, 2. Da
sagt Petrus den gläubigen Juden aus verschiedenen Provinzen in der heutigen
Türkei, sie seien auserwählt nach Vorkenntnis, nach 'prognōsis' Gottes zur
Blutbesprengung Jesu Christi. Und grad im gleichen Kapitel spricht Petrus in
Vers 18 von dem Herrn Jesus und sagt:
18 indem ihr wisst, dass ihr nicht mit
verweslichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen,
von den Vätern überlieferten Wandel, 19 sondern mit dem kostbaren Blute
Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken; 20 welcher zwar zuvorerkannt ist [da ist nun das Verb 'proginōskō']
zuvorerkannt ist vor Grundlegung der Welt, aber geoffenbart worden am Ende der
Zeiten um euretwillen,
Also Gott hat schon vor Grundlegung der Welt im Voraus gewusst, dass einmal
sein Sohn das Lamm Gottes für unsere Sünden werden sollte. Also auch vor dem
Sündenfall war alles klar, dass einmal die Sünde in die Welt kommen würde und
dass Christus einmal dann der Sündenträger werden sollte. In Apostelgeschichte
2, 23 spricht Petrus (übrigens wieder Petrus) in seiner Pfingstrede über den
Begriff 'prognōsis' und sagt im Blick auf Jesus Christus:
diesen, übergeben nach dem bestimmten Ratschluss und nach Vorkenntnis ['prognōsis']
Gottes habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geheftet und
umgebracht.
Gott wusste also im Voraus, dass Christus einmal durch die Masse seines
Volkes abgelehnt werden sollte und dass die Römer ihn schließlich ans Kreuz
heften und umbringen würden. Wenn wir dazu noch lesen aus Apostelgeschichte 4,
27. Da haben wir ein Gebet der Gemeinde von Jerusalem und da heißt es:
27 Denn in dieser Stadt versammelten
sich in Wahrheit wider deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast,
sowohl Herodes als Pontius Pilatus mit den Nationen und den Völkern Israels, 28 alles zu tun, was deine Hand und
dein Ratschluss zuvorbestimmt hat, dass es geschehen sollte.
Also wir haben
gelesen Apostelgeschichte 2, 23, der Herr Jesus wurde gekreuzigt nach
bestimmtem Ratschluss und nach Vorkenntnis Gottes. Das sind zwei Dinge. Und
jetzt in diesem Gebet wird dieser bestimmte Ratschluss so umschrieben 'alles zu
tun, was deine Hand und dein Ratschluss zuvorbestimmt hat, dass es geschehen
sollte'.
Aber halten wir schon mal fest: 'Vorkenntnis' – das Wissen im Voraus – und das
'Zuvorbestimmen' das sind zweit verschiedene Begriffe, die die Bibel klar
unterscheidet. Es ist nicht dasselbe. Das Verb 'proginōskō' – Wissen
im Voraus – das wir bereits aus 1. Petr 1, 20 kennengelernt haben, das bedeutet
eben 'im Voraus wissen', 'im Voraus kennen', 'im Voraus wahrnehmen', im
Zusammenhang mit Menschen heißt es 'im Voraus lernen' und auch 'im Voraus
urteilen' über etwas.
Wir kennen das Wort 'prognōsis' als deutsches Wort übernommen im Zusammenhang
mit der Wetterprognose. Und da ist uns allen klar, die Meteorologen, sie
erkennen das Wetter im Voraus. Also, die wussten schon vor einigen Tagen, dass
es jetzt im Frühling wieder Winter werden sollte. Aber, wir können ganz sicher
sein, dass sie das nicht gemacht haben, dass sie das nicht bestimmt haben. Also
diese Vorkenntnis der Meteorologen hatte keinen Einfluss auf die klimatischen
Abläufe dieser Welt. Und so ist das ganz wichtig, es ist auch bei Gott so,
durch seine 'prognōsis' übergeht er nicht den Willen und die Verantwortung
des einzelnen Menschen, wie wir noch sehen werden.
Nun ein weiterer wichtiger Begriff im Zusammenhang mit unserem Thema ist der
Begriff 'Auserwählung'. Wir haben das Wort 'Auserwählter' oder in der Mehrzahl
'Auserwählte', griechisch 'eklektos'. Ich habe hier alle Stellen im NT
zusammengestellt auf dem Skript, wo das vorkommt. Also viele Stellen sprechen
über die 'Auserwählten'. Dann haben wir das Tätigkeitswort
'auswählen'/'auserwählen' – 'eklegô' Ich habe hier auch wieder alle Stellen aus
dem NT aufgeführt. Also 'legô'
heißt 'wählen'. Und 'eklegô' heißt heraus, aus einer gesamten Menge heraus
etwas wählen. Mit anderen Worten 'auserwählen' bedeutet, Gott hat aus einer
Gesamtmenge einen Teil davon gewählt, eben auserwählt. Was das genau bedeutet,
werden wir später sehen.
Die Bibel spricht über die Zuvorbestimmung, das Fremdwort dafür ist
Prädestination. Ist einfach lateinisch 'Entsprechung'. Da haben wir das Tätigkeitswort
'orizô', d.h. 'bestimmen'. Ich habe hier wieder alle Stellen, wo 'orizô'
vorkommt in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen. Und dann eben das Wort
'zuvorbestimmen', das ist dann 'proorizô'. 'Pro' heißt eben im Griechischen
u.a. 'vor'. Alle Stellen aus dem NT habe ich hier auch zusammengestellt. Was
bedeutet dieses 'proorizô', 'zuvorbestimmen'? Es hat den Sinn: Gott hat im
Voraus etwas unabänderlich festgelegt, bestimmt. Das ist 'zuvorbestimmen'.
Dann haben wir aber auch den Ausdruck 'verordnen', Griechisch 'tassô'. In
Apostelgeschichte 13, 48 da kommen Menschen durch die Predigt des Apostels
Paulus zum Glauben. Da heißt es: Es kamen zum Glauben so viele ihrer zum ewigen
Leben verordnet waren. Da ist dieses Wort 'tassô'. Dieses Wort 'tassô' kommt in
der Apostelgeschichte z.B. auch vor in Kapitel 18 Vers 2, wo es heißt von
Kaiser Claudius, er habe verordnet, dass man alle Juden aus Rom hinaustun
müsste. Also verordnen kann gebraucht werden für einen erhabenen Herrscher, der
etwas befiehlt und festlegt.
Dann ein weiterer wichtiger Begriff im Zusammenhang mit unserem Thema ist der
Ratschluss, der Ratschluss Gottes. Griechisch für 'Ratschluss' steht da jeweils
'boulê'. Ich habe hier alle Stellen aus dem NT, wo 'boulê' vorkommt. Das
bedeutet also, ein Willensbeschluss Gottes, der feststeht. Das Tätigkeitswort,
das verwandt ist mit 'boulê', ist 'boulomai'. Z.B. in 1. Timotheus 2, 8 da sagt
der Apostel Paulus: Ich will nun, dass die Männer an jedem Ort beten. Und da
sagt er 'boulomai'. Also das ist ein apostolisch fester Wille, das kann man nicht
abändern. Aber im gleichen Kapitel kommt ein anderes Wort vor, das auch
'wollen' bedeutet wie 'boulomai', nämlich das Wort 'thelô', nämlich in 1. Timotheus
2, 4, wo es heißt von Gott, welcher will, dass alle Menschen errettet werden.
Die Allversöhner leiten davon ab: Ja, wenn Gott etwas will, dann macht er es
auch. Und darum werden schließlich alle Menschen oder sollen alle Menschen
gerettet werden. Aber sie beachten nicht, dass 'thelô' eben nicht diesen Sinn
hat. 'Thelô' heißt wie 'boulomai' 'ich will'. Aber 'boulomai' heißt 'ich will'
als fester Entschluss, während 'thelô' heißt 'ich will' oder 'ich möchte'. Also
der Sinn ist: Gott möchte, dass alle Menschen errettet werden, aber es ist
nicht ein Beschluss, den er bedingungslos durchführt.
Noch einen Begriff möchte ich voranstellen, und das ist der Begriff des
'Vorsatzes' Gottes. 'Vorsatz' griechisch 'prothesis', also etwas, das Gott im
Voraus so hingestellt hat als sein Wille. Und auch da hab ich auf dem Blatt
alle Stellen, wo 'prothesis' vorkommt, aufgeführt.
Viele Menschen haben
sich gefürchtet vor diesen Ausdrücken 'Auserwählung', 'Prädestination'. Und
darum ist es so im allgemeinen ja auch feststellbar, dass in den Gemeinden sehr
wenig über Prädestination gepredigt wird. Aber wir haben mindestens durch
dieses Wörterstudium, dieses Begriffsstudium, das wir jetzt vorangestellt
haben, festgestellt, die Bibel spricht aber über diese Dinge. Und nicht nur
ein-, zwei-, dreimal, sondern das NT ist voll von diesen Begriffen. Ja, die
Angst kommt natürlich irgendwie von daher: Ja, aber dann steht das Heil nicht
allen Menschen offen, die Möglichkeit zum Heil. Und es gibt Leute, und selbst
Ungläubige, die so resigniert reagieren und sagen: Ja, gut, wieso soll ich mich
bekehren? Wenn ich nicht zu den Auserwählten gehöre, kann ich mich ja sowieso
nicht bekehren. Also, was was soll's eigentlich? Und nun unter 2. wollen
wir dem Grundsatz nachgehen, den die Bibel lehrt:
2. Gottes Heil steht allen Menschen
offen.
Da möchte ich zuerst Johannes 3, 16 voranstellen. Ein Vers, der gerade im
Zusammenhang mit Evangelisation von zentraler Bedeutung ist.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit
jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.
Also wir leiten ab aus diesem Vers: Gott liebt die ganze Welt, d.h., die
gesamte Menschheit. Und sandte deshalb für sie seinen Sohn als Retter. Aber
dieser Vers macht klar: Nur diejenigen, die an seinen Sohn glauben, erhalten
ewiges Leben, aber als gegenwärtiger Besitz. Denn es heißt nicht: Damit jeder,
der an ihn glaubt, ewiges Leben haben wird, sondern, auf dass jeder, der an ihn
glaubt, ewiges Leben habe. Das ist Gegenwart, als gegenwärtiger Besitz für den
Glaubenden.
Weiter, wir haben bereits angedeutet 1. Timotheus 2: Gott möchte, dass alle
Menschen errettet werden. In Vers 3 heißt es: Denn dieses ist gut und angenehm
– nämlich das Gebet für alle Menschen und auch für die Obrigkeit – damit wir
ein ruhiges Leben haben. D.h., dass es möglichst keine Verfolgung gibt,
Stabilität, weil dann können wir unsere ganz Kraft voll in die Evangelisation
investieren.
Denn dieses ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott [oder
Retter-Gott], welcher will [oder welcher möchte], dass alle Menschen
errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Solche, die das ablehnen, dass alle Menschen die Möglichkeit hätten, errettet
zu werden, die sagen: Alle Menschen bedeute hier 'allerlei Menschen', also
'Menschen aller Gattungen'. Aber das steht hier nicht. Es steht wirklich 'alle
Menschen'. Und das ist so gekünstelt, wenn man aus 'alle Menschen' dann 'alle
Gattungen von Menschen' macht. Ja, aber das ganze wird ja klar durch die
umgekehrte Formulierung in 2. Petrus 3, 9, wo klar wird, Gott möchte, dass
niemand verloren geht.
Der Herr verzieht nicht die Verheißung, wie es etliche für einen Verzug
achten, sondern er ist langmütig gegen euch, da er nicht will, dass irgend
welche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.
Petrus erklärt hier: Der Herr Jesus Christus ist noch nicht gekommen als
Richter der Welt, weil Gott eben dieser Welt Gelegenheit gibt zur Umkehr. Und
er sagt diesen wiedergeborenen Adressaten, denn Petrus schreibt beide Briefe an
die gleichen Leute. Und er spricht ausdrücklich in Kapitel 1 Vers 4 davon, dass
sie wiedergeboren sind. Da sagt er: Gott ist langmütig gegen euch, da er nicht
will, dass irgendwelche verlorengehen, sondern dass alle zur Buße kommen. Warum
ist er langmütig gegen die Gläubigen, die sind ja schon errettet? Und in
Kapitel 1, 1. Petrus 1, 18, hat er ja gesagt: indem ihr wisst, dass ihr nicht
mit verweslichen Dingen, sondern durch das kostbare Blut Christi erlöst worden
seid. Nun, Gott weiß, wie schlimm es für uns Gläubige ist im Blick auf all
unsere Angehörigen und Bekannten, die noch nicht errettet sind. Und Gott weiß,
wie uns das schmerzt und wie uns das bewegt. Und darum heißt es: Er ist
langmütig gegen euch, da er nicht will, dass irgendwelche verlorengehen,
sondern dass alle zur Buße kommen. Also hier wird ganz deutlich, Gott möchte
das Heil für alle Menschen.
In Titus 2, 11 lesen wir davon, wie Gott allen Menschen seine rettende Gnade
anbietet:
Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle
Menschen, Auch da wieder: Dieser Vers bedeutet nicht, dass alle
Menschen errettet werden. Aber diese Gnade, die die Rettung bringen soll, die
wird allen Menschen angeboten, sie ist für alle in dieser Welt erschienen.
Daraus leiten wir ab: Jeder Mensch hätte die Möglichkeit, errettet zu werden.
Aber wir müssen festhalten: Dennoch werden viele ewig verlorengehen, weil sie
Gottes Gnade nicht annehmen wollten, obwohl ihnen Gott die Gelegenheit und die
Möglichkeit gegeben hatte, zur Bekehrung und zum Glauben zu gelangen. Matthäus
25, 46, ganz wichtiger Vers im Blick auf die ewige Pein. Da lesen wir ganz klar
in diesem prophetischen Wort:
Und diese werden hingehen in die ewige Pein, die Gerechten aber in das ewige
Leben.
Wir sehen also, die Bibel sagt nicht nur als Androhung, es könnte eine ewige
Verdammnis geben für die, die nicht glauben. Sondern es wird auch deutlich
gesagt, es gibt solche, die werden hingehen an diesen Ort, in die ewige Pein.
Und wenn die Allversöhner sagen 'ewig' bedeute nicht 'ewig', dann muss man
ihnen sage: Ja, dann ist es aber dumm für das ewige Leben. Denn wenn die ewige
Pein nicht ewig ist, dann ist das ewige Leben auch nicht ewig. Das wird ja hier
in einem Vers gegenüber gestellt: die ewige Pein – das ewige Leben. Die ewige
Pein ist so ewig wie das ewige Leben. Und in Offenbarung 20, 11 – 15 sieht
Johannes in der Vision, wie Tote auferstehen werden, vor Gottes weißem Thron
erscheinen werden und wie sie dann konkret gerichtet werden. Ich lese nur
Offenbarung 20, 15:
Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buch des Lebens, so
wurde er in den Feuersee geworfen.
Nicht 'so könnte er in den Feuersee geworfen werden'. Sondern er sieht in der
Vision, wie Menschen wirklich an diesen Ort der Verdammnis hinkommen. Und ganz
wichtig ist: Dieses Gericht geschieht nachdem, was sie gemacht haben.
Offenbarung 20, 12 am Schluss heißt es:
Und die Toten wurden nach dem gerichtet, was in den Büchern geschrieben war,
nach ihren Werken.
Also ein Gericht, das genau dem entspricht, was der Mensch getan hat. Also hat
er eine Verantwortung für das, was er getan hat.
Nun ein weiterer ganz wichtiger Punkt: Der Mensch kann Gottes Ratschluss in
Bezug auf sich selbst wirkungslos machen. In Lukas 7, 30 sagt der Herr
Jesus:
die Pharisäer aber und die Gesetzesgelehrten machten in Bezug auf sich
selbst den Ratschluss Gottes wirkungslos,
Das sagt Lukas im Zusammenhang mit dem Dienst des Herrn Jesus. Sie machten in
Bezug auf sich selbst den Ratschluss Gottes wirkungslos, indem sie nicht von
ihm [von Johannes] getauft worden waren. Diese Taufe war ja verbunden mit Reue
und Sündenbekenntnis. Also hier wird gesprochen über die 'boulê', über den
Ratschluss Gottes. Dieser Ratschluss ist das Heil für eine verlorene Welt. Aber
wir sehen, dass der Einzelne in Bezug auf sich selbst, diesen Ratschluss, den
Gott ausführen wird für all die, die glauben, wirkungslos machen kann. Er geht
verloren.
Aber noch zwei wichtige Stellen, die deutlich machen, dass also all diese
Bibellehrer, die behaupten, Gott wolle nicht alle Menschen retten, Gott hätte
nur einen Teil für's Heil vorgesehen, die kann man widerlegen noch mit diesen
zwei eindrücklichen Stellen. Hesekiel 18, 23. Gott sagt:
Habe ich irgendwie Gefallen an dem Tod des Gesetzlosen, spricht der Herr,
der Ewige? Nicht vielmehr daran, dass er von seinen Wegen umkehre und lebe?
Also, da wird ganz klar: Gott hat kein Gefallen am Tod des Gesetzlosen. Das
gefällt ihm nicht. Also kann man unmöglich sagen, Gott hätte das als Ratschluss
gefasst, ein ein bestimmter Teil der Menschheit muss verlorengehen. Hesekiel
33, 11:
Sprich zu ihnen: So wahr ich lebe, spricht der Herr, der Ewige, ich habe
kein Gefallen am Tode des Gesetzlosen, sondern dass der Gesetzlose von seinem
Wege umkehre und lebe! Kehret um, kehret um von euren bösen Wegen? Denn warum
wollt ihr sterben, Haus Israel?
Nun, dieser Punkt führt uns zu einem weiteren Thema, das eng damit verbunden
ist:
3. Das Buch des Lebens.
Schon vor längerer Zeit haben wir zu diesem Thema einen Bibelstudientag hier
gehabt über das Buch des Lebens. Also, es gäbe auch die Möglichkeit, am
Büchertisch diese CD oder Kassette zu bestellen zum Thema. Da haben wir nämlich
alle Stellen, die mit dem Buch des Lebens zusammenhängen, behandelt oder so
weitgehend wie möglich alle behandelt. Und da wurde klar, wenn man alle Stellen
zusammenzieht, dass das, was viele in der Sonntagsschule gelernt haben, nicht
stimmt. Also in diesem Punkt nur. Ja, ja, die Sonntagsschule ist eine sehr
wichtige Sache. Nein, aber oft wird den Kindern gesagt: Wenn du dich bekehrst,
wenn du den Herrn Jesus als Retter annimmst, dann wirst du ins Buch des Lebens
eingeschrieben werden. Aber da wird nie eine Bibelstelle angegeben als Beweis,
außer vielleicht eine, die das nicht sagt. Der Herr Jesus sagt nämlich seinen
Jüngern in Lukas 10, 20:
freuet euch darüber, dass eure Namen im Himmel angeschrieben sind.
Aber da steht nicht, dass sie eingeschrieben worden sind, als sie sich bekehrt
hatten. Sondern da steht nur, sie sollen sich freuen, dass ihre Namen dort
stehen.
Nun, wenn man alle Stellen zusammennimmt, dann wird klar: Jeder Mensch wurde
ins Buch des Lebens eingeschrieben, und zwar anlässlich der Erschaffung der
Welt. Von Grundlegung der Welt an, wird dieses Buch geführt. Weil Gott für
jedes seiner menschlichen Wesen das Leben möchte. Aber, wenn der einzelne
Mensch zu Lebzeiten auf Erden die Gnadenzeit verstreichen lässt, so wird er aus
dem Lebensbuch gelöscht.
Also ich habe hier diese Stellen kurze zusammengestellt, um die es damals in
diesem Bibelstudientag ging. Und wenn man diese Stellen alle zusammennimmt,
kommt das heraus. Mit anderen Worten: Man kann sagen: Das Buch des Lebens ist
Gottes Dokumentation seiner Liebe zu allen Menschen. Er will das Leben. Jeder
Mensch, der entstanden ist, ist von Gott gewollt. Und zwar übrigens von Anfang
an. Also in Psalm 139 spricht König David darüber, wie er als ungeformter
Knäuel im Mutterleib schon damals eingeschrieben war. Natürlich, weil er ja
von Grundlegung der Welt eingeschrieben wurde. Da war er natürlich auch schon
da. Aber dieser Vers macht deutlich in Psalm 139, dass Gott auch eben das
befruchtete Ei, mit dem ja die bestimmte Person festgelegt ist, dass das
bereits ein hundertprozentiger Mensch ist. Also auch alle Abgetriebenen, alle
durch Frühabort vernichtete Menschen. Wenn man z.B. denkt an solche
Verhütungsmittel, die das eben zur Folge haben wie z.B. die Spirale usw. Das
sind nicht das sind nicht Verhütungsmittel, sondern das sind Mittel für
Frühabort, also wo kurz nach der Befruchtung das Leben zerstört wird. Aber alle
diese Menschen sind wirkliche Menschen, die Gott kennt mit Namen, eingeschrieben
hat ins Buch des Lebens.
So ist also dieses Buch Gottes Dokumentation seiner Liebe zu allen Menschen. In
2. Mo 32, 32 – da geht es um das goldene Kalb: Gott will Israel vernichten, und
Mose betet und zwar so: Mose zeigt, er wollte stellvertretend für die damaligen
Israeliten aus dem Buch des Lebens gelöscht werden. Aber er konnte nicht
stellvertretend für andere sterben. Gott sagt: Die Schuldigen selbst sollten
ausgelöscht werden. Und aus dieser Stelle wird klar, die Israeliten von damals
– also auch die Ungläubigen. Und in 1. Korinther 10 lesen wir von den
ausgezogenen Israeliten: An den meisten von ihnen hatte Gott kein Wohlgefallen.
Die meisten waren nicht wiedergeboren. Aber Gott sagt: Diese schuldigen
Israeliten, die sollen aus dem Buch ausgelöscht werden. Also wird klar, dass
also sündige Ungläubige im Buch des Lebens eingeschrieben waren.
In Psalm 9, 6 geht es um heidnische Menschen und Gesetzlose. Und da wird auch
deutlich: Die sind eingeschrieben in Gottes Buch. Weil sie nicht umkehren, sollen
sie allerdings als Gericht für ewig daraus ausgelöscht werden.
In Psalm 69, 28, auch da wird das Buch des Lebens erwähnt, und zwar in einem
ganz interessanten Zusammenhang. Psalm 69, 1 – 22 beschreibt die Kreuzigung
Christi prophetisch. Und ab Vers 23 wird das Gericht über Israel behandelt. Und
da wird gesagt über diejenigen, die Christus verworfen haben: Sie sollen
ausgelöscht werden aus dem Buch des Lebens. Also, wir leiten ab: Die Juden, die
damals Christus verworfen haben, waren im Buch des Lebens eingeschrieben. Aber
als göttliches Gericht sollen die Unbußfertigen daraus gelöscht werden. Der
Herr Jesus hat ja am Kreuz noch gebetet: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen
nicht, was sie tun. Darum bekamen sie auch nach der Kreuzigung ab Pfingsten die
Gelegenheit zur Buße und zur Umkehr. Aber diejenigen, die diese Gelegenheit
nicht annahmen, die sollten gelöscht werden.
Ja und vielleicht möchte ich noch erwähnen Offenbarung 13, 8. Dort geht es im
Zusammenhang um die noch zukünftige große Drangsal nach der Entrückung der
Gemeinde. Da heißt es von diesen verführten Menschen in der antichristlichen
Zeit:
Und alle, die auf der Erde wohnen, werden es [das Tier] anbeten, ein
jeder, dessen Name nicht geschrieben ist in dem Buch des Lebens des
geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an.
Nun wichtig, hier steht: Deren Name nicht geschrieben ist. Es steht hier nicht:
Deren Namen nicht eingeschrieben worden waren. Und zu diesem Zeitpunkt nach der
Entrückung, wenn die Gnadenzeit vorbei ist, stehen sie nicht mehr drin
geschrieben. Ich hab das auf dem Skript noch ein bisschen von der griechischen
Grammatik her erklärt. Die spezielle Verbform dort ist äußerst bemerkenswert.
Aber weil das nicht unser Thema jetzt ist, übergeh ich das. Aber was klar wird
aus diesem Vers, dieses Buch des Lebens wird hier genannt 'das Buch des Lebens
des geschlachteten Lammes' und es wird auch hier klar, seit wann es geführt
wird: nämlich von Grundlegung der Welt an. Dasselbe findet man übrigens in
Offenbarung 17, 8, wo es heißt:
Das Tier, welches du sahst, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund
heraufsteigen und ins Verderben gehen; und die auf der Erde wohnen [hier
geht es also um die Zeit der antichristlichen Zeit], deren Namen nicht in
dem Buch des Lebens geschrieben sind [Wieder steht hier nicht 'nicht
eingeschrieben worden waren', sondern 'nicht geschrieben sind', die sind
bereits gelöscht.] von Grundlegung der Welt an, werden sich verwundern, wenn
sie das Tier sehen, dass es war und nicht ist und da sein wird.
Muss ich vielleicht doch erklären. Hier im Griechischen haben wir die Form des
Perfekts. Aber das Perfekt ist im Griechischen etwas ganz anderes als unser
deutsches Perfekt. Wenn man etwas Vergangenes beschreibt wie wir: Ich bin in
den Wald gegangen. Ich habe dort Holz geschlagen usw. Das ist bei uns Perfekt,
ja: Ich bin gegangen. Ich habe geschlagen. Das würde man im Griechischen
beschreiben mit Aorist. Aber, wenn man das Perfekt benutzt – das ist relativ
selten im Griechischen im Vergleich zum Aorist, – dann hat das immer eine ganz
besondere Absicht. Denn diese Zeitform drückt aus: etwas, das in der
Vergangenheit geschehen ist und als Resultat bis heute andauert. Also hier wird
gesagt: Die sind nicht eingeschrieben von Grundlegung der Welt und stehen immer
noch. Das wird hier verneint. Die stehen nicht mehr. Man kann nicht sagen: Die
sind eingeschrieben worden und stehen immer noch. Darum ist das hier im
Deutschen übersetzt mit: deren Namen nicht geschrieben sind. Die sind nicht
mehr da, aber sie waren einmal drin.
Und dann in Offenbarung 20, da wo wir schon ein bisschen gelesen haben, beim
letzten Gericht vor Gottes weißem Thron wird klar gemacht: Alle Ungläubigen
werden dort zum letzten Gericht antreten müssen. Und das Buch des Lebens wird
dokumentieren: Eure Namen stehen nicht darin, darum müsst ihr in den ewigen
Tod, d.h. in die ewige Gottesferne der Hölle gehen. Gott ist nicht vergesslich.
Er kann alle Sterne mit Namen zählen. Ja. Aber er führt dieses Buch als
Dokumentation für uns Menschen. Weil, er kann dann dokumentieren: Ich habe
euch geliebt. Und ich wollte das Leben. Aber ihr seid schuld, dass ihr nicht
mehr drin seid. Ja, das führt uns nun zum nächsten Punkt:
4. Kann der Mensch sich bekehren, wann
er will?
Nun, in Römer 3, 9 steht: Da ist keiner, der Gott suche. Und daraus leiten wir
als Prinzip ab: Kein Mensch sucht von sich aus Gott. Das ist sehr wichtig. Weil
manchmal wird gesagt, wenn jüngere Leute im Buddhismus und im Hinduismus etwas
suchen, ja, eigentlich ist das Ausdruck von ihrer Suche nach Gott. Das stimmt
überhaupt nicht. Die suchen dort, weil sie Gott nicht suchen. Gerade Römer 1 –
3 macht deutlich: Der Mensch ist durch und durch böse. Er hasst Gott. Und er
sucht Gott nicht. Niemand von uns würde Gott suchen. Also daraus leiten wir ab:
Somit kann der Mensch sich gar nicht von sich aus bekehren. Wenn nun ein Mensch
wirklich Gott sucht – und solchen Menschen begegnen wir ja immer wieder – die
suchen die Wahrheit, die suchen Gott. Die sind dankbar, wenn man ihnen das
Evangelium erklärt. Und es gibt Menschen, die sagen: Warum hat man mir das
nicht früher erzählt? Oder Eingeborene, die sagen: Warum seid ihr nicht schon
längst gekommen, als mein Großvater noch lebte? Hätte das auch hören sollen.
Aber wir werden gleich sehen, woher das kommt. Von sich aus sucht der Mensch
Gott nicht. Er kann sich darum auch nicht von sich aus bekehren. Sein Wille ist
gebunden durch Satan. 2. Korinther 4, 4 steht wie Satan denen, die
verlorengehen, ihre Gedanken verblendet, verfinstert. Und unser Wille ist auch
gebunden durch die Sünde. In 1. Mo 6, 5 wird gesagt im Blick auf die Menschheit
vor der Sintflut:
Und der Herr sah, dass des Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles
Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Also im wahrsten Sinn des Wortes kann man also nicht von einem freien Willen
des Menschen sprechen. Weil der Wille des Menschen ist geknechtet durch Satan
und durch die Sünde.
Luther hat ja ein Buch geschrieben über den gebundenen Willen. Und das stand
natürlich ihm ganz groß vor Augen, weil ihm so in der Klosterzeit bewusst
geworden ist, wie böse seine sündige Natur ist. Sein Beichtvater hat gefunden:
Er übertreibt ein bisschen, er nimmt das alles ein bisschen zu ernst. Aber er
hat auch solche Sünden, die andere als – ja, nicht so schlimm anschauen – die
hat er sehr sehr schlimm empfunden. Darum hat er auch so ein tiefes Verständnis
bekommen von der Lehre im Römerbrief über die völlige Verdorbenheit des
Menschen. Und darum hat Luther gelehrt, der Mensch hat keinen freien Willen.
Der Wille ist gebunden durch das Böse. Aber hätte man Luther gefragt: Aber wie
ist das mit dem Heiraten, wählt der Mensch einfach so? Nein, natürlich, in
diesem zwischenmenschlichen Bereich hat der Mensch schon Möglichkeiten, so oder
so zu wählen. Aber er meint mit dem 'gebundenen Willen' ganz speziell im Bezug
auf die Entscheidung im Blick auf Gott, im Blick auf das Heil. Da sagt er, der
Mensch ist gebunden, er ist nicht einfach frei.
Und hier wird deutlich, die Lehre der Pelagianer ist vollkommen falsch. Ich komme
später auf Pelagius zurück, er lebte um 400 n. Chr. Das war ein Irrlehrer, der
gesagt hatte: Der Mensch ist völlig frei in seinem Willen. Der Mensch wird
eigentlich auch gut geboren. Und er kann sich frei entscheiden für das Böse
oder für das Gute. Und wenn er sich für das Gute entscheidet, dann kann er das
auch. Aber diese Lehre ist also vollkommen falsch. Und für Pelagius war klar in
seiner falschen Lehre: Der Mensch kann sich bekehren, wann er will. Es ist
einfach seine Entscheidung. Aber so ist das nicht.
Nun lernen wir aber aus der Bibel: Gott ruft den Menschen. Und das tut er
mindestens dreimal. Das soll man auf dem Skript korrigieren: dreimal. In Hiob
33, 29 wird gesprochen darüber, wie Gott an Menschen wirkt, um sie abzuhalten
vor dem Rennen ins Verderben. Und da heißt es dann: Siehe, dieses tut Gott
zwei-, dreimal mit dem Manne, um ihn abzuhalten vor dem Rennen ins Geschoss.
Das ist so eine poetische Formulierung zwei-, dreimal, um das drei ganz
besonders zu betonen. Also dreimal ruft Gott jeden Menschen, nicht nur zweimal.
Dreimal, mindestens. Ich denke, manche von uns könnten bezeugen, dass der Herr
sie mehr als dreimal gerufen hat. Ganz ausdrücklich, ja.
Und dann wird aus der Bibel klar, Gott hat Mittel und Wege, um zu den Menschen
zu reden, selbst wenn Menschen das Evangelium noch nie gehört haben. Gerade in
Hiob 33 da geht es um Menschen, die das Wort Gottes nicht haben. Da wird davon
gesprochen, wie Gott durch Träume zu ihnen sprechen kann. Ich rede nicht von
denen, die das Wort Gottes haben, ja, ganz ausdrücklich nicht. Und dann
zweitens wird gesprochen, wie Gott durch Krankheit spricht und den Menschen bis
an den Rand des Todes bringt, um ihn zur Umkehr zu leiten. Das kann Gott also
auch da, wo das Evangelium nicht verkündigt worden ist. Und weiter nach Römer
1, 18 f, Psalm 19, 1 f, Offenbarung 14, 7 spricht Gott zu den Menschen durch
die Schöpfung. Das Zeugnis der Schöpfung macht deutlich, dass Gott existiert.
Die Ordnung in der Schöpfung kann unmöglich Zufall sein. Und zweitens Römer 2,
14 – 16 Gott spricht zu den Menschen durch das Gewissen. Das macht ihnen
deutlich, dass sie schuldig sind, und dann kann ihnen klar werden, ich muss
diese Schuld bei dem Schöpfer abladen. Und wenn sie so in Reue und Buße zu ihm
kommen, können sie gerettet werden. Also so wirkt Gott an jedem Menschen.
An diesem Punkt machen wir nach der Pause weiter. Wir sind vor der Pause bis zu
dem Punkt gekommen, dass Gott jeden Menschen mindestens dreimal ruft. Auch die
Menschen, die das Evangelium der Gnade und das Wort vom Kreuz noch nie gehört
haben. Nun lehrt die Bibel, dass Gott – der dreieine Gott – den Menschen zur
Buße leitet. Römer 2, 4–5:
4 Oder verachtest du den Reichtum
seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut, nicht wissend, dass die Güte Gottes
dich zur Buße leitet? 5 Nach deiner Störrigkeit und deinem
unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zornes und
der Offenbarung des gerechten Gerichts Gottes, 6 welcher einem jeden vergelten wird
nach seinen Werken:
Also hier wird klar: Gott leitet den Menschen zur Buße. Und zwar macht die
Bibel klar, der Herr Jesus sagt in Johannes 6, 44: Niemand kann zu mir kommen,
es sei denn, dass der Vater ihn ziehe. In Johannes 16, 8 kündigt der Herr Jesus
das Kommen des Heiligen Geistes an und sagt: Er wird die Welt überführen von
Sünde. In Lukas 19, 10 erklärt der Herr Jesus: Der Sohn des Menschen ist
gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist. Also: Der Vater zieht,
der Heilige Geist überführt, der Sohn sucht. Und so wirkt Gott – der dreieine
Gott – am einzelnen Menschen, zieht ihn zur Buße, leitet ihn zur Buße. Aber
Römer 2, 5 sagt, dass der Mensch in seiner Störrigkeit diesem Zug widerstehen
kann. Nun, Gott gibt die Möglichkeit, dass der Mensch, der Gott nicht sucht von
sich aus, beginnt, Gott zu suchen, indem Gott ihn zieht, durch seinen Geist
überführt. Und so gibt Gott also dem Menschen in diesen besonderen Momenten, wo
er zu ihm spricht, die Gelegenheit, dass er, obwohl sein Wille durch die Sünde
geknechtet ist und durch Satan, die Möglichkeit hat zu ganz gewissen Zeiten,
dass er wirklich sich bekehren könnte.
So kann man also festhalten: Der Mensch hat nicht einfach so einen freien
Willen und trotzdem hat der Mensch mit seinem Willen die Möglichkeit, sich zu
bekehren, sich aus seinem Innern heraus zu entscheiden.
Und darum ist es natürlich ganz wichtig: Der Mensch darf diese gottgegebenen
Chancen, wo er sich bekehren könnte, nicht verpassen. In Hebräer 3, 8.15 und 4,
7 steht: Heute, wenn ihr seine Stimme höret, verhärtet eure Herzen nicht. Darum
ist es auch so wichtig, wenn wir das Evangelium weitergeben, dass wir auch
immer wieder auf diesen Ernst hinweisen: Jetzt, wo Gott spricht durch sein
Wort, da wirkt auch sein Geist. Und da ist es nun wichtig, dass der Mensch
diesem Ruf nicht Widerstand leistet, sonst kommt es zur Verhärtung. Und so muss
man sagen: Der Mensch ist selber schuld, wenn er verlorengeht, wie wir das
gelesen haben in Römer 2, 4: Nach deiner Störrigkeit und deinem unbußfertigen
Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zornes und der Offenbarung
des gerechten Gerichtes Gottes, welcher einem jeden vergelten wird nach seinen
Werken. Gott macht den Menschen verantwortlich. Er kann nicht sagen: Ja, ich
kann ja nicht anders. Nein, er ist verantwortlich für das, was er tut, und wird
auch seinen Werken gemäß gerichtet. Hitler wird anders gerichtet werden als ein
guter Bürger, der verlorengeht. Aber beide gehen verloren. Der Mensch ist also
selber schuld. Und das sehen wir auch in Matthäus 23, 37. Da sagt der Herr Jesus
zu Jerusalem: Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne
ihre Küchlein unter die Flügel sammelt, und ihr habt nicht gewollt! Da haben
wir im gleichen Vers zweimal 'wollen', das Verb 'wollen'. Gottes Sohn 'will'
und die Menschen 'wollen'. Und wir haben diesen Gegensatz. Ich habe gewollt,
sagt der Herr Jesus, ihr habt nicht gewollt, und macht sie dafür verantwortlich
und kündigt das Gericht an.
In der Geschichte über den Auszug aus Ägypten lesen wir sechsmal davon, wie der
Pharao sein Herz verhärtet hatte, erst beim siebten Mal verhärtete Gott sein
Herz (2. Mo 9, 12). Und das geht so weiter bis zum zwölften Mal. Ich habe hier
auf dem Blatt alle 12 Stellen aufgeführt. Aber es ist wirklich eindrücklich:
Sechsmal verhärtet sich der Pharao in eigener Verantwortung und dann tut Gott
es beim siebten Mal bis zum Schluss. Man kann also sagen: Ab 2. Mo 9, 12 konnte
der Pharao sich nicht mehr bekehren, aber vorher hätte er sich bekehren können.
Auch das Herz der Beamten des Pharaos wird verhärtet (2. Mose 9, 34; 2. Mose 10,
1). Gott wusste im Voraus, dass der Pharao sich verhärten würde, denn schon in
2. Mose 3, 19, als Gott im Dornbusch Mose erschienen war, lesen wir:
19 Aber ich weiß wohl, dass der König
von Ägypten euch nicht ziehen lassen wird, auch nicht durch eine starke Hand. 20 Und ich werde meine Hand
ausstrecken und Ägypten schlagen mit allen meinen Wundern, die ich in seiner
Mitte tun werde; und danach wird er euch ziehen lassen.
Gott wusste also ganz genau, wie der Pharao reagieren würde. Und er wusste
auch, dass er nicht hört auf das Wort hin. Aber auch nicht auf diese gewaltigen
Zeichen und Wunder in Ägypten – wird er auch nicht hören. Gott wusste genau,
wie es gehen wird. Aber der Pharao war dafür selber verantwortlich. Und Gott
wusste es zwar im Voraus, wie es kommen würde, dennoch gab er sechsmal die
Gelegenheit, dass er hätte umkehren können. In Apostelgeschichte 7, 51 macht
Stephanus als erster Blutzeuge der Gemeinde, als erster Märtyrer der Gemeinde
dem Sanhedrin, den führenden Juden den Vorwurf:
Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstreitet
allezeit dem Heiligen Geist; wie eure Väter, so auch ihr.
Der Herr Jesus hatte gebetet: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was
sie tun. Der Heilige Geist ist an Pfingsten gekommen und hat dieses gewaltige
Zeugnis abgelegt durch die ersten Zeugen, aber sie haben dem Heiligen Geist
allezeit Widerstand geleistet und der Moment kam, wo Umkehr nicht mehr möglich
war. Aber die Möglichkeit zur Umkehr wurde gegeben.
5. Verschiedene Arten der Auserwählung
Nun, wenn wir weitergehen in dem Thema der Auserwählung ist es wichtig, dass
wir unterscheiden: Es gibt verschiedene Arten von Auserwählung in der Bibel.
Z.B. im NT wird gesprochen über die vor Grundlegung der Welt erfolgte Erwählung
der Erlösten, die zur Gemeinde gehören, Epheser 1, 4: hat uns auserwählt, um
heilig und tadellos vor ihm zu sein in Liebe.
Aber das ist nicht dasselbe wie die Erwählung Abrahams, Isaaks und Jakobs. Gott
hat ja die Erzväter auserwählt, dass sie die Erzväter sein sollten.
Apostelgeschichte 13, 17, Paulus predigt:
Der Gott dieses Volkes Israel erwählte unsere Väter und erhöhte das Volk in
der Fremdlingschaft im Land Ägypten
usw. Er erwählte unsere Väter Abraham, Isaak und Jakob. Wozu hat Gott sie
auserwählt? Sie sollten Stammväter Israels sein und Vorfahren des Messias. Gott
hätte ja auch Lot erwählen können oder einen Nahor, und wie sie alle heißen,
die Verwandten Abrahams. Oder ganz andere Menschen in einem ganz anderen Land.
Aber Gott hat Abraham erwählt. Nun wichtig: Sie sollten Stammväter Israels sein
und Vorfahren des Messias. Aber ihre Erwählung bedeutete nicht die Verdammung
der nicht Erwählten. Denn hier geht es ja nicht um die Frage des Heils, sondern
es geht um die Frage: Wer soll Stammvater Israels sein und Stammvater des
Messias? Ihre Erwählung bedeutete also nicht die Verwerfung der anderen.
Allerdings, Gott hat Jakob erwählt, nicht Esau. Aber die Erwählung Jakobs
bedeutete nicht die Verdammung Esaus. Und wenn wir lesen in Römer 9, 13 –
gerade in diesem Kapitel geht es in vielen Versen um diese Erwählung der
Stammväter – Römer 9, 13, lese schon Vers 10:
10 Nicht allein aber das, sondern auch
Rebekka, als sie schwanger war von Einem, von Isaak, unserem Vater, 11 selbst als die Kinder noch nicht
geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten (auf dass der Vorsatz
Gottes nach Auswahl bestände, nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden) 12 wurde zu ihr gesagt: „Der Größere
wird dem Kleineren dienen“; 13 wie geschrieben steht: „Den Jakob
habe ich geliebt, aber den Esau habe ich gehasst.“
Nun, bevor die zwei
Zwillinge geboren waren, hat Gott gesagt, der Ältere soll dem Jüngeren dienen.
Das bedeutet, der Jüngere sollte Stammvater des führenden Volkes Israels
werden und nicht Esau. Aber das hätte nicht bedeutet, dass Esau verlorengehen
muss. Das war auch nicht die Verstoßung der Nachkommen Esaus, der Edomiter.
Aber diese Stelle „Esau habe ich gehasst“, das steht in Maleachi 1, 2–3. Und
Maleachi wurde geschrieben um 400 v. Chr. D.h., Gottes Hass auf Esau wird in
Maleachi erst etwa 1400 Jahre nach dessen Tod bezeugt. Sein Leben war schon
längst vorüber, das Leben eines gottlosen Menschen, der keinen Raum zur Buße
hatte, wie Hebräer 12 sagt.
Dann haben wir die Erwählung Israels. In Hesekiel 20, 5 wird davon gesprochen,
dass Gott Israel als Volk auserwählt hat. Israel ist das irdische Volk Gottes.
Deswegen: Aus ihm sollte der Erlöser kommen. Aber dieses Volk sollte auf Erden
eine besondere Stellung einnehmen. Von diesen Vorrechten Israels wird
gesprochen in Römer 1 – 5, die speziellen Bündnisse, die Gott mit Israel und
mit keinem anderen Volk gemacht hat. Das gehört alles dazu. Aber, es wird
gesagt in 1. Mo 12, 1 – 3 in der Berufung Abrahams: und in dir sollen gesegnet
werden alle Geschlechter der Erde! Also dieses auserwählte Volk sollte zum
Segen werden für alle anderen Völker. Die Erwählung Israels bedeutete nie die
Verwerfung der anderen Völker, ganz wichtig. Wahrscheinlich manche, die so
einen Hass haben auf den Gedanken – ich rede von Ungläubigen – auf den
Gedanken, Israel das auserwählte Volk, wissen nicht, dass das eben nicht die
Verwerfung der anderen Völker bedeutet. Sie meinen, dann seien die anderen
Völker abgelehnt. Nein! Gott wollte über das auserwählte Volk den Messias in
diese Welt bringen und durch den Messias – durch das Evangelium – schließlich
alle Völker segnen. Die Erwählung Israels sollte dazu dienen, dass Gott einen
Prototyp von Volk in dieser Welt hatte. Dieser Prototyp sollte allen anderen
Völkern zum Beispiel dienen, damit alle Menschen sehen könnten, was geschieht,
wenn ein Volk Gott gehorcht bzw. nicht gehorcht. In 5. Mose 28, 46 wird gesagt,
dass all die Flüche, die über Israel wegen Ungehorsam kommen würden, werden an
diesem Volk kleben als Warnung und als Vorbild. Als Vorbild und Warnung für
wen? Für die anderen Völker. Damit wir lernen: Es ist ganz eindeutig so, wenn
Menschen den Messias ablehnen, gibt es schreckliche Folgen, sogar ein ewiges
Gericht. Israel hatte ein zeitliches Gericht auf dieser Erde zu erdulden. Und
wichtig: Die Nachkommen Abrahams waren nicht automatisch errettet. Und das
bespricht Paulus in Römer 9, 6–13. Er sagt: Nicht einfach die, die Israel sind,
sind Israel. Sondern Gott macht eine Unterscheidung zwischen denen, die aus
Israel kommen, die sich wirklich bekehren und denen, die sich nicht bekehren.
Also, die Erwählung Israels bedeutete nicht das Heil für jeden Israeliten. Es
geht hier um ein irdisches Volk auf dieser Erde mit irdischen Verheißungen,
aber mit dem ewigen Heil hat das nichts zu tun.
Dann die Erwählung Davids Psalm 78, 70: Gott sagt, er hat David erwählt. Er
sollte damit König in Israel sein und eben nicht seine älteren Brüder, die
hatte Gott verworfen. So steht es in 1. Samurl 16. Aber diese Verwerfung
bedeutet nicht, dass sie verlorengingen. Sie waren verworfen, sie sollten nicht
König sein.
Die Erwählung der zwölf Apostel. Lukas 6, 13: Der Herr Jesus hat die zwölf
Apostel auserwählt. Dass bedeutete nicht, dass alle anderen Jünger, z.B. die
siebzig, die der Herr auch ausgesandt hatte in Lukas 10, dass die verworfen
waren. Nein, aber nur diese zwölf sollten einen ganz speziellen Dienst ausüben
und eine spezielle Autorität – apostolische Autorität – direkt von dem Messias
übertragen erhalten.
Also da sehen wir: Auserwählung ist nicht gleich Auserwählung. Wir müssen
sehen, wovon spricht die Bibel. Nun, das führt uns zu Punkt 6, denn das
interessiert uns ja sehr direkt, da, wo wir selber betroffen sind.
6. Wozu sind die Erlösten der Gemeinde
heute auserwählt und zuvorbestimmt?
Nun in 1. Petrus 1, 2 haben wir schon gelesen: auserwählt nach Vorkenntnis
Gottes zur Blutbesprengung Jesu Christi. Also Gott hat diese Menschen
auserwählt, dass das Blut Jesu auf sie angewendet werden sollte, dass die
Wirksamkeit des erlösenden Blutes ihnen zugesprochen werden sollte.
Epheser 1, 4 Paulus sagt: Wir sind auserwählt vor Grundlegung, um heilig und
tadellos vor dem Vater zu sein in Liebe.
Und im folgenden Vers 5 sagt er: Und er hat uns zuvorbestimmt zur Sohnschaft
für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens. Das Wort 'Sohnschaft',
griechisch 'hyothesia', ist der griechische Ausdruck für 'Adoption'. Also Gott
wollte diese Auserwählten adoptieren als Söhne und Töchter [Wir kommen darauf
zurück.] für sich selber. Das war seine Bestimmung im Voraus.
Dann ist noch wichtig: Die Sohnschaft ist zu unterscheiden von der Gotteskindschaft.
Nicht wahr, in Johannes 1, 12 heißt es, diejenigen, die an den Herrn Jesus
glaubten, die bekamen das Recht, Gottes Kinder zu sein, und sie sind aus Gott
geboren. Also die Kinder Gottes sind Menschen, die haben das Leben aus Gott
bekommen – bei der Bekehrung, das ist die Wiedergeburt. Nun, das kann man ja
bei der Adoption nicht. Man kann ein Kind adoptieren, aber man kann nicht das
eigene Leben dem Kind übertragen. Und Gott konnte das. Er konnte bei der
Wiedergeburt sein Leben, das ewige Leben, übertragen. Aber die Adoption in
Epheser 1, 5 betont eben, dass wir schon vor der Wiedergeburt existierten,
nicht wahr. Wir wir waren schon damals Wesen ohne Gemeinschaft mit Gott. Und
Gott hat also solche Menschen, die einmal so von Gott fern waren, die hat er
adoptieren wollen. Und diese Seite wird mit der Adoption betont. Und mit der
Gotteskindschaft wird mehr betont: Und die haben auch wirklich das Leben Gottes
bekommen. Immer diese zwei Seiten: Also Kindschaft bedeutet das Leben aus Gott
haben. Adoption bedeutet, Gott hat Wesen, die schon existierten, zu sich
genommen und sie sie adoptiert als Söhne und Töchter.
Römer 8, 29 sagt: die Erlösten seien zuvorbestimmt, um dem Bild seines Sohnes
gleichförmig zu sein, damit er – Jesus Christus – der Erstgeborene sei unter
vielen Brüdern. Also das geht zusammen mit dem, was wir bereits besprochen
haben. Jesus Christus ist von Ewigkeit her der Sohn Gottes. Und dann wurde er
Mensch. Und als Mensch wurde er von Gott gezeugt. Und so war der Herr Jesus
auch als Mensch Gottes Sohn: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.
Der Herr Jesus ist also ewiger Sohn und als Mensch ist er Sohn Gottes, von Gott
gezeugt. Und diesem Bild des Herrn Jesus als Sohn Gottes, der Mensch ist,
sollen die Gläubigen gleich gestaltet werden. So, wie er Sohn ist als Mensch zu
Gott, sollen die Erlösten Söhne und Töchter sein. Das bedeutet, dem Bild seines
Sohnes gleichförmig sein. Und so ist er der Erstgeborene, der Ausgezeichnete,
der Einzigartige unter vielen Brüdern. Übrigens ist interessant: Der Herr Jesus
nennt die Gläubigen 'meine Brüder' (Johannes 20), aber die umgekehrte
Formulierung, dass die Gläubigen ihn 'unseren Bruder' nennen, finden wir
nirgends in der Bibel. Und darum sollte man in dieser Formulierung auch
zurückhaltend sein. Denn das das das drückt die Herrlichkeit dieses
Erstgeborenen unter vielen Söhnen herunter. Und wir müssen uns ganz klar sein:
Wenn die Bibel uns Söhne und Töchter Gottes nennt, so hat das nichts zu tun mit
der ewigen Sohnschaft des Herrn Jesus. Darin ist er natürlich – und bleibt er –
einzigartig. Übrigens, ich habe gesprochen von 'Töchtern', und zwar aus dem
Grund, weil in 2. Korinther 6, 18 wird ausdrücklich über die Söhne und Töchter
Gottes gesprochen.
Und dann haben wir Apostelgeschichte 13, 48 – hab ich schon erwähnt – Menschen,
die sind zum ewigen Leben verordnet worden. Übrigens in Titus 1, 2 steht etwas
Eigenartiges im Zusammenhang mit dem ewigen Leben. Eigenartig, weil es uns
völlig übersteigt. Vers 1:
1 Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel
Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis
der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist, [und jetzt kommt's] 2 in der Hoffnung des ewigen Lebens,
welches Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor den Zeiten der Zeitalter,
[also vor ewigen
Zeiten] 3 zu seiner Zeit aber sein Wort geoffenbart hat durch
die Predigt,
Also vor ewigen Zeiten hat Gott das ewige Leben verheißen. Und: Beim Bibellesen
muss man immer ein bisschen drüber nachdenken. Muss man sich fragen: Ja, wem
hat Gott das verheißen? Ja, wer war da vor ewigen Zeiten? Wir nicht. Adam auch
nicht. Die Engel? Ja, die waren schon erschaffen vor Erschaffung der Welt (Hiob
38, 7). Sie haben gejubelt bei der Grundlegung der Erde. Aber auch die sind
erschaffen worden und waren nicht da vor ewigen Zeiten. So hat eben Gott der
Vater, der ewige Vater, dem ewigen Sohn verheißen, dass er einmal diesen
Menschen – diesen Auserwählten – das ewige Leben geben wird. Dieses Leben ist
der Herr Jesus selbst. Denn er sagt in Johannes 14, 6: Ich bin der Weg, die
Wahrheit und das Leben. Ich bin das Leben. Und dieses Leben sollten einmal
Menschen bekommen. Das hat Gott vor ewigen Zeiten verheißen, der ewige Vater
dem ewigen Sohn. Und da wurden Menschen zum ewigen Leben verordnet. Aber jetzt
kommen wir zu einem ganz wichtigen Punkt.
7. 'Die goldene Kette' aus Römer 8
Dieser Ausdruck wurde von Reformatoren damals in der Erweckungszeit verwendet,
ist ein Begriff aus der Reformation. Die goldene Kette in Römer 8, 29 – 30:
29 Denn welche er zuvorerkannt hat,
die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein,
damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. 30 Welche er aber zuvorbestimmt hat,
diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch
gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch
verherrlicht.
Da haben wir eine Abfolge von 5 Punkten: 1. zuvorerkannt, 2. zuvorbestimmt, 3.
berufen, 4. gerechtfertigt, 5. verherrlicht
Da ist nun ganz wichtig: Die Zuvorerkennung wird der Zuvorbestimmung vorgeordnet.
Ja. Also die, die Gott im Voraus kannte, wie sie einmal diesem Zug des
dreieinen Gottes nachgeben werden, diese hat Gott zuvorbestimmt, dass sie Söhne
und Töchter werden sollten. Und später – das geschah alles vor Erschaffung der
Welt schon. Aber später, als wir geboren waren, kam der Ruf durchs Evangelium:
Diese hat er auch berufen. Und diese Menschen haben diesem Ruf dann auch geglaubt,
Folge geleistet, haben sich bekehrt und dann hat Gott sie gerecht gesprochen:
Dieser Mensch ist gerecht, denn Christus hat alle seine Schuld weg getan. Dann
hat er sie gerechtfertigt. Und diejenigen, die er gerechtfertigt hat, die hat
er auch verherrlicht. Die macht er zu einer neuen Schöpfung – alles ist neu
geworden – und auch in einem Prozess in ihrem Leben werden sie geheiligt. Und
einmal werden sie sogar mit Christus in Herrlichkeit erscheinen. Aber das ist
nun diese 'goldene Kette'.
Und jetzt verrat ich schon mal etwas. Calvin hat gesagt: „Man darf die
Vorkenntnis Gottes nicht der Zuvorbestimmung zuvorordnen.“ Das war für ihn ganz
wichtig, sonst fällt nämlich sein System zusammen. Aber hier im Bibeltext ist
das vorgeordnet: Denn welche er zuvorerkannt hat, die hat er auch
zuvorbestimmt. Und ich werde auch noch sprechen über Augustin, der Calvins
Prädestinations-Lehre schon über 1000 früher eigentlich entwickelt hatte. Auch
er sagte: Zuvorerkennen ist eigentlich das Gleiche wie zuvorbestimmen, nur ein
anderer Ausdruck, aber hat eigentlich etwa den gleichen Sinn. Nein. Es ist hier
wirklich durch die Voranstellung ist das unterschieden. Es ist nicht dasselbe.
Und wir haben bereits gelesen bei Punkt 6 1. Petr 1, 2: auserwählt nach
Vorkenntnis Gottes. Auch da wird also der Auserwählung die Prognosis Gottes
vorausgesetzt. Entsprechend dieser Vorkenntnis hat Gott auserwählt. Und in
Römer 8: Entsprechend seiner Zuvorerkenntnis hat er zuvorbestimmt zur
Sohnschaft.
Nun hat das aber wunderbare seelsorgerliche Konsequenzen. Das ist eine Kette,
die Gottes Ratschluss beinhaltet. Wer nun zu diesen Auserwählten gehört, kann
garantiert nicht mehr verlorengehen. Das ist fest in Gottes Vorsatz, dass diese
Menschen, die er zuvorbestimmt hat, dass die auch dieses Ziel erreichen. Die
Zuvorbestimmung ist nicht eine Möglichkeit, die ist fix für alle Ewigkeit. Und
darum haben wir gerade in Römer 8 diese stärksten oder besonders starken
Ausdrücke im Zusammenhang mit Heilsgewissheit. Diese Stellen muss man sich
nicht im Hebräerbrief suchen. Im Hebräerbrief wird sowieso die Frage gestellt,
ob alle Hebräer wirklich voll durchgedrungen sind oder nicht. Aber im
Römerbrief geht es um die Auserwählten. Und darum steht es in Kapitel 8 Vers 1
so:
Also ist jetzt keinerlei Verdammnis für die, welche in Christus Jesus sind.
Usw. Und dann das Kapitel schließt Vers 37:
37 Aber in diesem allen sind wir mehr
als Überwinder durch den, der uns geliebt hat. 38 Denn ich bin überzeugt, dass weder
Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer [also auch Satan nicht, der gehört
auch zu den Engeln], weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges [Wir haben die
Zukunft nicht in unserer Hand. Wir wissen nicht, was geschieht in 2 Jahren mit
uns.], weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, 39 weder Höhe noch Tiefe, noch irgend
ein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in
Christus Jesus ist, unserem Herrn.
Da sagt jemand: Aber du kannst dich wieder losmachen. Ja aber, sind wir keine
Geschöpfe? Paulus zählt auf, zählt auf. Er hat damit alles abgedeckt. Aber wenn
nun wirklich nicht alles abgedeckt wäre, sagt er noch: noch irgend ein anderes
Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christus
Jesus ist, unserem Herrn.
Nun, der Apostel Petrus spricht in 1. Petrus 1, 2 auch über die Auserwählten
nach Vorkenntnis Gottes. Und da haben wir folgende Kette:
Von diesen Auserwählten in Kapitel 1 Vers 2 sagt er, sie seien wiedergeboren
worden (1, 3). Und von diesen Auserwählten und Wiedergeborenen sagt er in 1.
Petrus 1, 5, dass sie durch Gottes Macht bewahrt werden bis ans Ende. Das ist
gewaltig. Nicht durch unsere Treue werden wir bewahrt, sondern durch Gottes
Macht werden wir bewahrt. Aber das geschieht durch Glauben. 1. Petr 1, 5:
4 für euch, 5 die ihr durch Gottes Macht durch
Glauben [also durch
eine ständige Glaubensbeziehung zum Herrn hindurch] bewahrt werdet zur
Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden;
Hier haben wir die Gabe des Beharrens. Gottes Macht bewirkt, dass der Wiedergeborene
das Ziel erreichen kann. Nun, beachten wir den Gegensatz: Die nicht
wiedergeborenen Gläubigen, die gibt’s auch. Die haben nicht die Gabe des
Beharrens. Und darum sagt der Herr Jesus im Gleichnis von Lukas 8 über das
vierfache Ackerfeld, Vers 13: Die auf dem Felsen, also der Same, der nicht auf
die gute Erde kommt – das sind die wahren Wiedergeborenen – sondern auf den
Felsen, da geht der Same zwar auf, und er sagt: Die nehmen das Wort mit Freuden
auf, aber sie glauben nur für eine Zeit. Und wenn Verfolgung kommt, fallen sie
wieder ab. Also sie glauben, es sind Gläubige. Aber man kann die nicht zu den
Wiedergeborenen rechnen. Und natürlich wir können uns uns täuschen. Nimmt
jemand das Wort mit Freuden auf. Er glaubt für eine Zeit. Es kommt Verfolgung,
Druck, Widerstand, Unannehmlichkeit, Leiden – und er gibt alles wieder auf.
Aber der Herr zeigt uns: Die Möglichkeit gibt es. Neben der guten Erde gibt es
auch den Felsen, das Dornige usw. Aber die Wiedergeborenen, die werden durch
Gottes Macht bewahrt. Wir können keine Garantie geben, dass wir beständig dem
Herrn treu nachfolgen. Aber es ist unsere Verantwortung. Und die Bibel ermahnt
uns ganz streng, dass wir dem Herrn die Treue halten. Aber, wenn wir uns auf
uns stützen müssten, wären wir ständig in der Furcht. Und darum ist die Lehre
der Auserwählung so so kostbar, gerade für die Seelsorge. Denn die wahren
Gläubigen, die können dann zur Ruhe kommen.
Und das hat Luther – seine seine Vorstellungen über Prädestination, die sind
nicht systematisch. Und Manches hat er gesagt: Ja, das verstehen wir nicht. Das
ist der verborgene Wille Gottes, aber am Schluss geht alles auf, das ist klar.
Aber wir bringen das nicht zusammen. Luther war auch kein Systematiker. Er
hatte die Stärken, gewaltige Stärken auf ganz anderen Gebieten. Aber für ihn
war wichtig: In der Seelsorge sind diese Dinge, gerade die 'goldene Kette' aus
Römer 8, ganz wichtig. Sie sind köstlich für das Herz, so umschreibt er das
etwa.
Nun, wichtig: In Römer 9, 23 heißt es, dass die Auswählten die Gefäße der
Begnadigung sind, die Gott zur Herrlichkeit zuvor bereitet hat. Also Gott ist
es, der die Menschen rettet und zu Gefäßen der Begnadigung macht und sie in die
Herrlichkeit bringt. Aber – gerade dort in Römer 9, 23 – heißt es:
und auf dass er kundtäte den Reichtum seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der
Begnadigung, die er zur Herrlichkeit zuvor bereitet hat
Jetzt müssen wir aber den Gegensatz beachten zwischen Römer 9, 23 und Römer 9,
22. Dort steht im Blick auf die anderen:
Wenn aber Gott, willens, seinen Zorn zu erzeigen und seine Macht kundzutun,
mit vieler Langmut ertragen hat die Gefäße des Zornes, die zubereitet sind zum
Verderben, -
Ja, da haben wir den Gegensatz: die Gefäße der Begnadigung – die Gefäße des
Zornes. Die Gefäße der Begnadigung hat Gott zuvorbereitet. Wer hat die Gefäße
des Zorns vorbereitet? Das steht hier nicht. Da steht einfach: Die Gefäße des
Zornes, die zubereitet sind zum Verderben. Aber die Antwort hatten wir schon
längst im Römerbrief. Wir hatten ja gelesen Römer 2, 4:
4 Oder verachtest du den Reichtum
seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut, nicht wissend, dass die Güte Gottes
dich zur Buße leitet? 5 Nach deiner Störrigkeit und deinem
unbußfertigen Herzen aber häufst du dir selbst Zorn auf am Tag des Zornes und
der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes, 6 welcher einem jeden vergelten wird
nach seinen Werken:
Also der Mensch, der verlorengeht, bereitet sich selbst zu einem Gefäß des
Verderbens zu. Aber die Rettung, die kann der Mensch nicht bewirken. Es ist Gott,
der die Gefäße der Begnadigung zubereitet.
Nun aus dem folgt: Die Auserwählten sind unantastbar und können nicht mehr
verlorengehen. Römer 8, 33 – also grad nach der 'goldenen Kette' steht:
33 Wer wird wider Gottes Auserwählte
Anklage erheben? Gott ist es, welcher rechtfertigt; 34 wer ist, der verdamme? Christus ist
es, der gestorben, ja noch mehr, der [auch] auferweckt, der auch zur Rechten
Gottes ist, der sich auch für uns verwendet.
Also wer hat noch ein Chance, gegen die Auserwählten Gottes vorzugehen? Gott
vollzieht die Rechtfertigung. Und die Rechtfertigung ist nicht einfach etwas,
das Gott mal so gibt und dann geht das irgendwie wieder verloren. Das ist in
der 'goldenen Kette' enthalten: zuvorerkannt – zuvorbestimmt – berufen –
gerechtfertigt – verherrlicht. Es ist ein gewaltiges heilsgeschichtliches
Drama. 2. Timotheus 1, 9 umschreibt das so:
9 der uns errettet hat und berufen
mit heiligem Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem eigenen
Vorsatz und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor den Zeiten der Zeitalter
gegeben, 10 jetzt aber geoffenbart worden ist durch die
Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus, welcher den Tod zunichte gemacht,
aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium,
Aus diesen Versen folgt: Vor Erschaffung der Welt, vor ewigen Zeiten, hat Gott
seinen Vorsatz zu unserer Erwählung gefasst und uns seine Gnade bereits
gegeben, zugesprochen. Aber erst dann vor 2000 Jahren ist Christus gekommen und
hat im Jahr 32 n. Chr. den Tod besiegt am Kreuz. Und als am dritten Tag
Auferstandener hat er den Auftrag zur Verbreitung der frohen Botschaft von dem
Auferstehungsleben gegeben: jetzt aber geoffenbart worden durch die Erscheinung
unseres Heilandes Jesus Christus, welcher den Tod zunichte gemacht hat, aber
Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium. Ist
alles einbezogen. Also auch der dritte Punkt: Im 20. Jahrhundert jetzt für uns
sind wir mit dem Ruf zur Buße konfrontiert worden und konnten durch Buße und
Bekehrung errettet werden. Da haben wir also alle Bereiche: das, was vor
Erschaffung der Welt war, dann das Zentrum der Heilsgeschichte Golgatha und
das, was in unserer Lebensgeschichte – und ich hoffe, das gilt für alle, die
hier sind, und sonst sollte es für sie noch gelten, – geschehen ist. Nun kommt
natürlich 8. die Frage:
8. Kann man wissen, ob man auserwählt
ist?
Und das ist nun ein – gerade auch für die Seelsorge – ein ganz wichtiger Punkt.
Ja, was nützt es, wenn man einfach theoretisch weiß: Also diejenigen, die
auserwählt sind, die werden ans Ziel kommen. Aber gibt es die Möglichkeit, dass
ich weiß, ob ich zu diesen Auserwählten gehöre? Oder ist das Vermessenheit?
Nicht wahr, in der katholischen Lehre wird ganz klar gesagt, wenn jemand sagt,
ich habe ewiges Leben, das ist vermessen. Der Mensch kann nie Sicherheit und
Gewissheit haben. Nie. Das ganze Leben lang werde ihm – so wird's gelehrt – die
Gnade Gottes eingeträufelt, kleine Tropfen: gute Werke, Teilnahme an der Messe,
besondere Reisen, Pilgerreisen usw. Aber dann kann eine Todsünde kommen, das
ist eine bestimmte Kategorie aus einer Liste, wenn die kommt, wird alles
Frühere gelöscht und dann muss man wieder von vorne anfangen. Wieder Messen
besuchen, möglichst viele, und so. Und dann wird eingeträufelt: Aber bis zum
Sterbebett – niemand weiß es. Und auch, wenn man gestorben ist, weiß man's
immer noch nicht. Denn dann geht das Ganze weiter im Fegefeuer. Ja. Es ist ja
so eindrücklich. Als der Papst da vor Kurzem gestorben war, da wurde ganz
deutlich: Der wusste nicht, wohin er kommt, bzw. man hat dann nachher Messen
gelesen, damit er quasi aus dem Fegefeuer zu den Seligen kommen sollte. Ja,
wenn sogar der Big Boss keine Gewissheit hat, wo dann diejenigen aus der
gleichen Organisation? Unmöglich, Ungewissheit bis zuletzt. Und dann kann man
natürlich auch Geld machen, klar. Die Ungewissheit und Unruhe der Menschen kann
ausgenutzt werden. Aber, jetzt lesen wir 1. Thessalonicher 1, 4: Die
Thessalonicher sind zum Glauben gekommen durch die Predigt von Paulus. Und dann
schreibt er kurz danach diesen Brief an diese jungen Gläubigen und sagt 1. Thessalonicher
1, 4:
wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung.
Ja, haben die in Gottes Auserwählungsbuch nachgeschaut? Wieso wussten sie das?
Wieso konnten sie das wissen. Wieso wusste das Paulus? Nun, lesen wir den
Zusammenhang. Paulus musste nämlich nach der Gemeindegründung,
Apostelgeschichte 17, aus Thessalonich fliehen, weil eine schreckliche
Verfolgung über die Christen kam, und er war sehr unruhig, ob die jetzt vom
Glauben abfallen, diese Jungbekehrten. Und jetzt geht es ihnen schlechter als
vorher. Nicht wahr. Es gibt ja Leute, die sagen: Wenn du dich bekehrst, dann
geht’s dir ganz wunderbar und dir geht’s immer besser und du wirst gesund und
alles, ja. Und dann gibt es Leute, die bekehren sich und dann geht’s ihnen
miserabel. Erst recht wird’s schlimm. Das war bei den Thessalonichern so. Und
Paulus hatte sehr, sehr schwere Bedenken, was geschieht jetzt mit denen. Und er
hat dann geheim Timotheus hingeschickt, der war weniger auffällig in der Stadt
Thessalonich. Der kam dann zurück mit der guten Botschaft: Die sind treu, fest
geblieben. Und so schreibt Paulus diesen Freudenbrief. 1. Thessalonicher 1, 2:
2 Wir danken Gott allezeit für euch
alle, euer erwähnend in unseren Gebeten, 3 unablässig eingedenk eures Werkes
des Glaubens und der Bemühung der Liebe und des Ausharrens der Hoffnung auf
unseren Herrn Jesus Christus, vor unserem Gott und Vater, 4 wissend, von Gott geliebte Brüder,
eure Auserwählung.
Jetzt ist genau das gekommen, wie bei denen, die auf dem Felsen gesät sind: Die
glauben und dann kommt Verfolgung, aber die sind nicht abgefallen. Und wenn
jemand so durch Not und Schwierigkeiten hindurch geht und dem Herrn die Treue
hält, bereit ist, auf Dinge zu verzichten in seinem Leben um des Herrn Willen,
weil es vom Glauben her irgendwie nötig ist, dann können wir wirklich ein
Vertrauen bekommen zu ihm sowie Paulus zu den Thessalonichern. Und sie selber
dürfen das auch erfahren: Da hat der Herr wirklich Glauben, festen Glauben im
Herzen gewirkt, der Glaube der Auserwählten. Wir haben gelesen in Titus 1, 1:
nach dem Glauben der Auserwählten Gottes. Dieser Glaube der Auserwählten ist
natürlich ein anderer Glaube als der Glaube derer, die auf dem Felsen gesät
sind.
Ja und dann in Epheser 1, 3, wo dieser längste Satz des NTs zu finden ist, von
Vers 3–14, Paulus im Gefängnis. Aber merken wir jetzt, wie das Thema
Prädestination sein Herz erfüllt, glücklich macht, dankbar macht. Und da betet
er: Gepriesen sei der Gott und Vater … Dann heißt es: der uns auserwählt hat,
der uns zuvorbestimmt hat. Er sagt nicht: Der die Auserwählten eben bestimmt
hat zu Heiligkeit und Tadellosigkeit, sie zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft.
Nein, er sagt: uns. Da schließt er sich und die Epheser, die er schon in der Begrüßung
nennt 'Heilige und Treue', schließt er ein. Sie können es wissen und können in
der Anbetung dafür danken.
In Kolosser 3, 12 spricht Paulus diese Gemeinde an und sagt: Ziehet nun als
Auserwählte Gottes an … Und dann sagt er, was in ihrem praktischen Leben da
hineinkommen muss an Treue.
Und in 1. Petrus 1, 1 – 2 sagt Petrus – dieser Brief ist den Fremdlingen von
der Zerstreuung von Pontus, Galatien, Kappadocien, Asien und Bithynien
zugesandt – und dann sagt er zu ihnen: auserwählt nach Vorkenntnis Gottes des
Vaters. Er konnte also davon ausgehen: Sie gehören zu den Auserwählten. Und
darum sagt er auch in 1. Petr 1, 18: Indem ihr dieses wisst, dass ihr nicht mit
verweslichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid … sondern durch
das kostbare Blut Jesu Christi. Ja. Kann man einem Katholiken vielleicht helfen
und sagen: Weißt du, was der heilige Petrus geschrieben hat über die Gewissheit
des Heils?: Indem ihr wisst, dass ihr nicht mit Silber oder Gold – also keine
Bezahlung sagt Petrus, der angeblich der erste Papst sein soll, – sondern durch
das kostbare Blut Jesu Christi. Ja und dann kann man immer noch erklären: Im
übrigen, in der Bibel werden einzelne Gläubige nie Heilige genannt, das kommt
immer in der Mehrzahl, die Heiligen, aber das sind alle Erlösten. Ja, und jetzt
kommen wir zum letzten Punkt:
9. Einige Streifzüge aus der
Kirchengeschichte
Nach der Zeit der Apostel – das ging ja von Pfingsten 32 bis etwa 100 n. Chr. –
um 100 ist der letzte Apostel Johannes etwa gestorben. Nach der Zeit der
Apostel gab es von 100 bis 400 n. Chr. unter den Bibellehrern, die werden
genannt in den kirchengeschichtlichen Büchern 'die apostolischen Väter', also
die ganz frühen im 2. Jahrhundert, und dann die 'Kirchenväter'. Ich habe das
aber bewusst in Anführungsstriche gesetzt, weil mir dieser Ausdruck eigentlich
gar nicht gefällt. Und zwar nicht aus persönlichen Vorlieben oder Misslieben.
In Matthäus 23, 9 sagt nämlich der Herr Jesus den Aposteln, sie sollen sich nie
'Vater' nennen lassen. Einer ist euer Vater. Meine Kinder nennen mich natürlich
schon so, oder? Oder Papi oder was sie wollen, das ist mir gleich im Prinzip.
Aber als geistlicher Titel dürfen wir uns nie als 'Vater' ansprechen lassen.
Papst heißt ja Vater. Abt heißt auch Vater. Und heiliger Vater heißt übrigens
auch Vater. Allerdings ist das ein Titel, den nur Gott, der Vater, trägt in
Johannes 17, wo der ewige Sohn den Vater nennt 'heiliger Vater'.
Nun, also all diese Bibellehrer – und da gab es wirklich fundierte Leute unter
diesen – da gab es eine breite Übereinstimmung in der Lehre: Gott hat in seiner
Allwissenheit im Voraus gewusst, wer sich einmal bekehren würde durch Gottes
Gnade. Diese Menschen hat Gott auserwählt und zuvorbestimmt. Gott sandte seinen
Sohn für alle Menschen in die Welt, aber nur die, welche die Gnade Gottes
empfangen werden, die werden errettet werden. Die übrigen werden ewig
verlorengehen. Da war eine breite Übereinstimmung darin. Und wir haben gesehen,
dass ist eigentlich genau das, was wir aus all diesen Bibeltexten heraus
entnehmen müssen. Und dann geht das in sich geschlossen auf. Müssen sogar
nicht mal sagen: Ja, irgendwie geht das ja mit dem Verstand nicht auf. Nein,
natürlich, es übersteigt unseren Verstand. Gott, der über Raum und Zeit ist,
das können wir nicht verstehen, ja klar. Aber wir können es doch
nachvollziehen. Es ist doch genau das Gleiche: Wer kann die Relativitätstheorie
von Einstein nachvollziehen? Niemand. Ich meine, dass da oben auf einem ganz
hohen Turm die Uhr anders ticken soll als unten auf dem Boden. Ein bisschen
komisch, oder? Aber man hat's man hat's gemessen. Der Unterschied der
Gravitation – sogar in diesem Bereich – macht schon einen Unterschied. Die Zeit
ist nicht überall gleich im Weltall. Kommt drauf an auf die Geschwindigkeit,
kommt drauf an auf die Gravitation. Niemand kann das verstehen, aber
nachvollziehen kann man das. Man kann's ja nachrechnen.
Ja gut. Also diese Dinge können wir auch nicht verstehen, aber wir können es so
als Botschaft Gottes im Glauben empfangen und es ist nicht irgendwie, dass wir
unser Denken eben querstellen müssen.
Nun, Aurelius Augustin – das war ein Philosoph, ein Heide, der sich nach all
den vielen Gebeten seiner Mutter Monika schließlich dramatisch bekehrt hat.
Radikale Kehrtwende hat er erlebt. Er lebte 354 bis 430. Und er lehrte
anfänglich auch so, wie die sogenannten 'Kirchenväter' früher. Aber später
behauptete er: Gott habe einen Teil der Menschheit einfach so auserwählt und
die werden gerettet, die übrigen gehen verloren. Aber wie kam es dazu? In seiner
Zeit kam dieser Irrlehrer Pelagius aus England. Ist er bis nach Nordafrika
gereist, wollte auch mit Augustin über seine großartigen Erkenntnisse sprechen,
und der hat gesagt: Der Mensch ist im Prinzip gut. Er kann frei wählen, kann
sich bekehren, wann er will. Und die Erbsünde als böse Natur im Menschen, das
gibt es gar nicht. Das ist nur eine Erinnerung an das Böse früher. Und das war
natürlich für Augustin ganz schlimm. Denn er hat wirklich verstanden, wie
verdorben der Mensch ist, und das wusste er aus seinem eigenen Leben. Der hat
im Konkubinat gelebt. Seine Mutter wollte unbedingt, dass er heiratet. Dann hat
er sich entschieden: Ja, dann hat er sich mit einem 10jährigen Mädchen verlobt.
Noch 2 Jahre sollte er dann warten. Ja, weil erst ab 12 durfte man derzeit
heiraten. Der hat wirklich ein wüstes Leben gelebt, aber radikal bekehrt. Und
das war für ihn so schlimm. Und darum ist er dann – aus dem Gegensatz zu
Pelagius – eben hat er betont Gottes Größe und Souveränität. Nicht wir können
uns bekehren, wir können einfach so zum Heil kommen. Das ist Gottes Gnade. Und
darum, Augustin schreibt wunderbar über die Gnade Gottes in seinen Schriften.
Also, das ist wirklich zu Herzen gehend. Aber er schoss dann über's Ziel
hinaus. Also als Gegendruck gegen Pelagius ging er da zu weit. Und
möglicherweise, nein bestimmt sind das noch Überreste aus seiner Zeit, als er
bei der Sekte der Manichäer war. Ganz ganz abstruse Sekte, die damals aber sehr
populär war. Da war er lange Zeit dabei. Und die Manichäer haben gelehrt: Die
Engel sind gefallen, ein Teil der Engel. Und Gott wollte diese Zahl wieder
auffüllen mit Menschen, die er zuvorbestimmt hatte zum Heil. Völlig abstrus
oder? Also Gott hätte eine ganz bestimmte Zahl festgelegt nach der Zahl der
gefallenen Engel. Und irgendwie hat er das nicht ganz abgestreift dieses dieses
Denken.
Also Augustin kämpfte gegen den zeitgenössischen Irrlehrer Pelagius, der so
falsches Zeugs lehrte. Und darum spricht man in dem Zusammenhang von dem
Pelagianismus. Da gab es aber Leute, die wollten das ein bisschen abschwächen,
nicht so stark, und darum nennt man die abgeschwächte Form dann den
Semipelagianismus, nur für diejenigen, die mal Kirchengeschichte lesen und dem
Ausdruck begegnen. Also er lehnte die Verdorbenheit des Menschen ab und war
vollkommen neben der Lehre des Wortes Gottes, dieser Pelagius.
Später in der Kirchengeschichte, in der Reformation, hat Jean Calvin sich sehr
beschäftigt mit Augustin. Er lebte 1509 bis 1564 und hat von Augustin gelernt,
besonders was die Gnade Gottes anbetrifft. Übrigens auch Luther, denn Luther
war ja nicht in irgendeinem Orden, sondern im Augustinerorden. Darum kam er
natürlich mit diesen Gedanken der Gnade Gottes in Berührung. Übrigens meine
Frau Myriam hatte auch einen Großonkel in Italien, der ins Priesterseminar
ging. Und dann hat er auch durch die Schrift von Augustin die Gnade Gottes
entdeckt. Und das wurde dann ein ekliger Mann – im Seminar meine ich. Also
eklig von der anderen Seite aus gesehen. Und hat dann alles an den Nagel gehängt.
Also dieser Augustin hat's schon in sich, ja. Aber Calvin hat von ihm dann eben
auch gelernt diese doppelte Prädestinationslehre: Gott habe nicht nur eben
einen Teil der Menschen auserwählt für das ewige Leben, und zwar die, die er
zuvorerkannt hat, sondern die übrigen Menschen habe Gott aktiv bestimmt, die
sollen verlorengehen. Natürlich, Calvin schreibt dann in seiner 'Institutio':
Alle Menschen sind böse und verloren. Sie hassen Gott und wollen nicht zu ihm
kommen. Das stimmt, haben wir gesehen. Doch eine bestimmte Zahl aus ihnen habe
Gott aufgrund seines eigenen Beschlusses zum Heil auserwählt. Diese ziehe er
durch seine Gnade, der sie nicht widerstehen können, aus dem Sumpf der Sünde
heraus. Die anderen überlasse er sich selbst, sie gehen verloren. Aber
natürlich, sie wollen auch nicht gerettet werden. Aber sie könnten auch nicht,
denn sie sind bestimmt für die Verlorenheit. Das kann man auch so nachlesen in
'Institutio', Band 3, 21.5. Aber, nun ganz wichtig: Die Bibel spricht nie
über eine negative Prädestination, also eine Prädestination für die
Verlorenheit, nur positiv. Also keine doppelte Prädestination, sondern nur die
einfache, aber aufgrund der Vorkenntnis Gottes. Durch die Dordrechter Synode
1618/19 wurde die Prädestinationslehre von Calvin zur offiziellen Lehre der
reformierten Kirche Holland erklärt. Und auf dieser Synode wurde die Lehre des
Arminius verurteilt. Ich komme auf den noch kurz zurück.
Andere Reformatoren, wie z.B. Bullinger, der übrigens aus dem Kanton Aargau
stammt, wo wir ja jetzt sind, ja. Das war ein ganz, ganz feiner Mann. Geistlich
gesehen, der hat das Wort Gottes geliebt. Ganz klare Vorstellung gehabt über
die Inspiration der Bibel. Übrigens war das ein unehelicher Sohn von einem
Priester. Aber ist doch wunderbar. Da muss niemand Komplexe haben, woher er
kommt. Gott hat diesen Mann wirklich zum Segen gebraucht und er war – im
Gegensatz zu Zwingli – ein ganz geistlicher Mann. Und der hat also sich gegen
die Lehre Calvins in Genf gewandt. Er hat gesagt: Das wollen wir nicht in
Zürich. Und da hat er einen Sicherheitsgürtel um Genf herum gemacht, hat aber
gesagt: Wir wollen auch keine Spaltung. Es war ihm also ein ein Anliegen, dass
es nicht eine Spaltung gibt. Aber er hat gesagt: Das kommt nicht nach Zürich,
das bleibt in Genf, wo Calvin war. Und er hat also auch diese Lehre
festgehalten: Gott hat Menschen auserwählt aufgrund seiner Vorkenntnis.
Ja, und so haben auch andere Reformatoren an dieser Lehre festgehalten, wie wir
das aus der Bibel gelernt haben und wie das in den ersten vier Jahrhunderten
eigentlich allgemein festgehalten wurde.
Jetzt noch zum Schluss, dann sind wir bald fertig, Jacobus Arminius (1560 –
1609). Der studierte in Genf bei Bèza, einem wichtigen Mann zur Zeit von
Calvin, und hat dann aber Mühe bekommen mit der Prädestinationslehre und hat
eine neue Lehre gebracht. Er hat gesagt: 1. Gott habe vor Erschaffung der Welt
nur die erwählt, von denen er wusste, dass sie sich durch seine Gnade dereinst
bekehren würden. Nun gut, das ist nichts Neues, ja. Das haben wir schon in der
Bibel gefunden und auch die frühen 'Kirchenväter' bis 400 haben das gelehrt. 2.
Der Mensch habe, obwohl er in Sünde geboren wird, einen freien Willen zur
Entscheidung für das Evangelium. Also das müsste man ein bisschen eindeutiger formulieren,
haben wir gesehen. Denn der Mensch hat nicht einfach einen freien Willen. Aber
Gott kann ihn rufen, so dass der Mensch dann schließlich die Gelegenheit hat,
die freie Entscheidung zu fassen. Aber 3. sagt er: Christus habe für alle
Menschen die Versöhnung erworben, aber nur diejenigen, die sie annehmen, werden
ihrer teilhaftig. Und 4. Der Gläubige könne wieder abfallen, das Heil
verlieren. Und diese Lehre von Arminius, eben das sind die Arminianer, die
wurde ganz weit verbreitet durch den Methodisten John Wesley. Und darum, viele
Menschen sind zum Glauben gekommen durch Wesley, aber er hat ihnen nie
Gewissheit des Heils geben können. Sondern: Schön, jetzt seid ihr bekehrt. Und
jetzt schaut, dass ihr das bleibt. Aber da kann man keine Sicherheit haben.
Und gerade die die biblische Lehre
der Prädestination und Auserwählung, die kann Gläubige, die wirklich den Herrn
lieben und auch gezeigt haben in ihrem Leben, dass das nicht ein Strohfeuer
war, das kann sie zu tiefer Ruhe und Sicherheit bringen, so dass sie mit Paulus
zu Anbetern werden, die wie Epheser 1, 3 beten können:
Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet
hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern, der uns auserwählt
hat in ihm, damit wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe und hat uns
zuvorbestimmt zur Sohnschaft für sich selbst, zu seiner eigenen Freude usw.
Das gibt Gewissheit, Freude, Festigkeit im Glauben, die uns nur behilflich sein kann, um eben auch freudig dieses Evangelium anderen Menschen – und zwar allen Menschen – anzubieten. Denn diese Gnade Gottes ist da für alle Menschen.
AT = Altes Testament; NT = Neues Testament