Roger Liebi
Die Gemeinde – Gottes Wunderwerk, Gottes Bauwerk
Audioabschrift – Studienbibeltag Rickenbach
Es freut mich, heute Abend über das Thema «Die Gemeinde, Gottes Wunderwerk, Gottes Bauwerk» sprechen zu dürfen. Es geht also um die Gemeinde nach dem Ratschluss Gottes. Bevor wir ins eigentliche Thema einsteigen, ein paar Begriffsabstimmungen. Wenn in den deutschen Bibeln mit Gemeinde, Kirche oder Versammlung übersetzt ist, dann steht da im Grundtext jeweils das Wort ekklesia. Das kann man also übersetzen, wie man will, man muss nur das richtige meinen. Wörtlich bedeutet dieser Ausdruck «die Herausgerufene». Und wir werden gleich sehen, woher das kommt. Es gibt folgende Verwendungsweisen dieses Wortes im Neuen Testament. Zunächst einmal war dieser Ausdruck bei den alten Griechen ein politischer Ausdruck. Eine politische Gemeinde derer, die das Bürgerrecht einer Stadt besitzen, wurde damit bezeichnet. Und zwar war das so: Wenn es irgendetwas zu besprechen gab, wurden diejenigen mit Bürgerrecht durch einen Herold, der durch die Straßen ging, herausgerufen an einen bestimmten Versammlungsort und dort wurden dann die politischen Angelegenheiten besprochen. Und daher erklärt sich der Ausdruck ek-klesia, ek=aus, heraus und kaleo=rufen, also die Herausgerufene. Das war also ein rein politischer Ausdruck. Im Neuen Testament kommt er in diesem Sinn vor, zum Beispiel in Apostelgeschichte 19, 39. Da geht es ja um diesen skandalösen Aufruhr in Ephesus und da wurde schließlich der Rat gegeben, in Vers 39: „Wenn ihr aber wegen anderer Dinge ein Gesuch habt, so wird es in der gesetzlichen Versammlung (ekklesia) erledigt werden.“ Da haben wir also den Ausdruck im Neuen Testament in der ursprünglichen, politischen Bedeutung.
Zweitens wurde dieser Ausdruck im Neuen Testament auch für Israel verwendet, zum Beispiel in der Stephanusrede, in Apostelgeschichte 7, 38. Da spricht dieser Blutzeuge so über die Wüstenreise: „Dieser ist es, der in der Versammlung in der Wüste zwischen dem Engel, der auf dem Berg Sinai zu ihm redete, und mit unseren Vätern gewesen ist; der lebendige Aussprüche empfing, um sie uns zu geben.“ In der Versammlung in der Wüste, damit ist das Volk Israel, das aus Ägypten ausgezogen war, bezeichnet, und zwar im Griechischen wieder ekklesia. Dieser Ausdruck wird in der Septuaginta nie so verwendet, also in der alten griechischen Übersetzung. Aber im Neuen Testament wird dieser Ausdruck auf Israel angewandt. Und das ist wichtig, wie wir gleich noch sehen werden. Dann wird dieser Ausdruck drittens auf die Gemeinde des Neuen Testaments, und das ist das Thema heute Abend, angewandt. In der Apostelgeschichte zum ersten Mal in Kapitel 5, Vers 11: „Und große Furcht kam über die ganze Versammlung und über alle, die dies hörten.“ Da geht es um die Versammlung, die Gemeinde, die Kirche in Jerusalem. Das ist übrigens die dritte Stelle, wo der Ausdruck im Neuen Testament vor kommt.
In den Evangelien kommt er zweimal vor, nur zwei Mal, und zwar in Matthäus 16, 18: „Auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen.“ Und wichtig ist dort die Zukunftsform. Der Herr Jesus sagt dort zu seinen Jüngern: Aber auch ich sage dir, dass du bist Petrus, und auf diesen Felsen (Petra) werde ich meine ekklesia, meine Versammlung bauen und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen. Die Zukunftsform muss beachtet werden: werde ich meine Gemeinde bauen. Das heißt, die Versammlung, die Gemeinde, gab es im Alten Testament noch nicht. Das ist vielleicht im deutschen Sprachraum nicht so ein Problem, aber zum Beispiel unter den Calvinisten in Holland ist die Ansicht der Kirche seit Adam sehr verbreitet. Aber das ist ein unbiblischer Ausdruck, die Kirche gibt es nicht seit Adam. Dort in Matthäus 16, als der Herr noch auf der Erde war, musste die Gemeinde als in der Zukunft entstehend bezeichnet werden: Werde ich meine Gemeinde bauen. Und dass Israel effektiv auch als ekklesia bezeichnet wird, das soll keine Verwechslung herbeiführen, sondern das war die Versammlung der Gemeinde des Volkes Israel. Sie ist aber etwas ganz anderes, als die Gemeinde des Neuen Testaments.
Und nun zu Apostelgeschichte 5, 11. Dort haben wir die dritte Stelle, wie gesagt. Dort ist die Gemeinde bereits vorhanden. Also muss sie zwischen Matthäus 16 und Apostelgeschichte 5 entstanden sein. Und das entscheidende Ereignis war dann eben Pfingsten 32 nach Christus in Apostelgeschichte 2, das Kommen des Heiligen Geistes. Dort entstand die Gemeinde. Ich habe die zweite Stelle noch nicht gelesen und das ist Matthäus 18, 20. Das heißt im Zusammenhang kommt in Vers 17 der Ausdruck ekklesia vor. Also Matthäus. 18, 17: „Wenn er aber nicht auf sie hört, so sage es der Versammlung. Wenn er aber auch auf die Versammlung nicht hört, sei er dir wie der Heide und der Zöllner.“ Und zusammen fassend Vers 20: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“ Also in Vers 17 haben wir zweimal ekklesia. Das sind die Stellen, diese zwei Verse, in den Evangelien. Und sonst kommt es, also das Thema mit diesem Ausdruck, erst ab der Apostelgeschichte und dann in den Briefen der Apostel und Propheten des Neuen Testaments vor.
Wenn wir jetzt ausgehen von der Gemeinde im Sinn des Neuen Testaments, müssen wir nochmals unterscheiden, und zwar drei Kategorien. Mit ekklesia wird einmal die Gemeinde weltweit bezeichnet und zwar von Pfingsten bis zur Entrückung, also die Fülle aller Erlösten, die zur Gemeinde gehören, so zum Beispiel Epheser 3, 21. Ich lese des Zusammenhangs wegen schon ab Vers 20: „Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr, als was wir erbitten und erdenken, nach der Kraft, die in uns wirkt, ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesus, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin. Amen!“ Es geht hier um die Gemeinde, die sowieso im Epheserbrief universell gesehen wird. Aber es bezeichnet nicht nur alle Gläubigen zu einem bestimmten Zeitpunkt auf der ganzen Erde, sondern hier geht es um die Gemeinde über alle Generationen hinweg, und zwar des Zeitalters der Zeitalter. Es gibt hier Übersetzungen, die haben falsch übersetzt, mit «der Zeitalter der Zeitalter». Es sollte aber Einzahl sein «des Zeitalters der Zeitalter». Das ist ein Superlativ. In den semitischen Sprachen drückt man den Superlativ so aus, zum Beispiel «das Lied der Lieder», das ist das schönste Lied. Oder der Kodesch HaKodeschijm, das Heilige der Heiligen, das ist das Allerheiligste. Und das Zeitalter der Zeitalter, das ist das herrlichste Zeitalter. Damit wird auch klargemacht, dass dieser Zeitabschnitt von Pfingsten bis zur Entrückung, das Zeitalter der Gemeinde, im Heilsplan Gottes das erhabenste Zeitalter ist. Ich denke, da haben wir unsere Zeit zumeist unterschätzt. So bezeichnet es das Neue Testament, das herrlichste Zeitalter. Und da, die Gemeinde über alle Generationen hinweg. Übrigens auch Matthäus 16, 18: „Auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.“, das ist auch in umfassenden Sinn, nicht örtlich, auch nicht nur zu einer gewissen Zeit, sondern umfassend die Gemeinde, die Christus selber baut. Er ist das Fundament, der Fels, 1. Korinther 10, 4: „Der Fels aber war der Christus.“ Und diese Gemeinde kann nicht zerstört werden. Örtlich kann sie zerstört werden, aber 2000 Jahre Kirchengeschichte haben gezeigt, dass die Gemeinde als solches nie vernichtet werden konnte.
Gut, und dann haben wir die Gemeinde weltweit zu einem bestimmten Zeitpunkt. Zum Beispiel in Apostelgeschichte 9, 31 heißt es so abschließend: „So hatte denn die Versammlung (ekklesia) durch ganz Judäa und Galiläa und Samaria hin Frieden und wurde erbaut und wandelte in der Furcht des Herrn und mehrte sich durch die Ermunterung des Heiligen Geistes.“ Da gab es also schon verschiedene Gemeinden in Judäa, Galiläa und Samaria, aber hier haben wir die Einzahlform, es heißt: so hatte denn «die Gemeinde», nicht «die Gemeinden». Das heißt, alle diese verschiedenen Gemeinden, die es schon auf Erden gab, werden als «die Gemeinde» bezeichnet. Also die Gemeinde zu einem bestimmten Zeitpunkt. Und dann bezeichnet die ekklesia auch eine einzelne Gemeinde, eine bestimmte Gemeinde, an einem bestimmten Ort, z. B. in 1. Korinther 1, 2. Ich lese schon ab Vers 1: „Paulus, berufener Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Sosthenes, der Bruder, der ekklesia Gottes, die in Korinth ist, an die Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen.“ Also ausdrücklich an eine bestimmte Gemeinde in Korinth. Übrigens Matthäus 18, 20 ist auch örtlich gemeint, denn der Herr Jesus sagt: Da wo zwei oder drei versammelt sind zu meinem Namen hin, da bin ich in ihrer Mitte. Das ist der örtliche Ausdruck der Gemeinde. Also diese drei Aspekte müssen wir unbedingt unterscheiden. Man könnte es noch komplizierter machen, aber klar ist, bei diesen drei Unterscheidungen geht es um wahre Erlöste. Der Ausdruck ekklesia wird nämlich auch in weiterem Sinn gebraucht, wenn bereits eine Vermischung hier auf Erden eingetreten ist. Also wenn eine bestimmte Gemeinde auch durch solche durchmischt ist, die gar nicht wiedergeboren sind, wird diese Gemeinde immer noch als ekklesia bezeichnet. So zum Beispiel in Offenbarung 2 und 3. Da haben wir schon eine so massive Durchsäuerung, Durchmischung, und trotzdem wird über die Gemeinde in Ephesus, die Gemeinde in Smyrna und so weiter gesprochen. Das wäre dann noch eine weitere Unterscheidung, die durchmischte Gemeinde. Aber das ist bereits Menschenwerk. Hier geht es aber um die Gemeinde nach Gottes Ratschluss und da brauchen wir diese drei Unterscheidungen.
Jetzt gehen wir zu einem weiteren Punkt, der uns nun mehr und mehr ins Zentrum des Themas führt. Unter dem Titel: «Das Geheimnis der Gemeinde», wollen wir uns vergegenwärtigen, dass das Thema der neutestamentlichen Gemeinde im Alten Testament unbekannt war, verborgen. Und zwar wird über die Gemeinde im Neuen Testament als ein Geheimnis gesprochen, griechisch mysterion. Hier muss ich erklären, was im Neuen Testament mysterion meint. Wenn in den Paulusbriefen über neun verschiedene Geheimnisse gesprochen wird, dann auch in Matthäus 13 vier weitere und auch in der Offenbarung werden einige Geheimnisse erwähnt, so ist zu sagen, alle diese Geheimnisse haben eine Beziehung zur neutestamentlichen Gemeinde. Und es geht in jedem Fall um Wahrheiten, die zur Zeit des Alten Testaments nicht bekannt waren, also geheim gehalten worden sind. Sie waren verborgen in Gott und jetzt im Neuen Testament sind diese Geheimnisse den Erlösten enthüllt worden. Also für Gläubige sollten diese Geheimnisse keine Geheimnisse mehr sein. Sie waren ein Geheimnis für alle Geschöpfe, Engel und Menschen im Alten Testament. Heute sind sie aber den Erlösten geoffenbart im Neuen Testament. Aber die Ungläubigen wissen zumeist gar nicht von diesen Geheimnissen. Aber es gibt leider auch Gläubige, denen es immer noch ein Geheimnis ist.
Hier wollen wir ein paar Stellen lesen. Auf dem Blatt habe ich Kolosser 1, 26 wiedergegeben. Da geht es um das Geheimnis Christus in euch. Und da heißt es: „Das Geheimnis, welches von den Zeitaltern und von den Geschlechtern her verborgen war, jetzt aber seinen Heiligen geoffenbart worden ist.“ Sehen wir? Es war in den früheren heilsgeschichtlichen Zeitaltern verborgen. In den früheren Generationen seit Adam war es verborgen, und dann haben wir den Gegensatz – jetzt, neutestamentlich jetzt, im 1. Jahrhundert nach Christus, den Heiligen, den Erlösten, geoffenbart. Genauso Epheser 3, 5. Es geht da um das Geheimnis des Christus. Ich werde gleich noch erklären, was das genau bedeutet. Vers 5: „Welches in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden, wie es jetzt geoffenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geiste.“ Also das geht parallel mit Kolosser 1, 26. Im Kolosserbrief heißt es ganz allgemein seinen Heiligen, im Epheserbrief seinen heiligen Aposteln und Propheten. Zuerst also den Aposteln und Propheten des Neuen Testaments. Nicht jeder Schreiber des Neuen Testaments war ja ein Apostel, zum Beispiel waren Judas und Jakobus keine, aber sie waren Propheten im neutestamentlichen Sinn, die unter Inspiration schrieben. Darum heißt es, den Aposteln und Propheten geoffenbart. In Epheser 3, 9 spricht Paulus davon, dass er einen Dienst hat, um alle zu erleuchten: „und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat.“ Also auch hier haben wir das, was wir in Kolosser 1, 26 zusammen haben, von den Zeitaltern her verborgen. Und hier im letzten Vers wird noch ergänzt, dass dieses Geheimnis in Gott verborgen war. Sehr geheimnisvoll, in Gott verborgen.
Jetzt einige Erklärungen zu diesen Geheimnissen. Alle Geheimnisse – das habe ich schon gesagt – im Neuen Testament haben einen Bezug zum Zeitalter der Gemeinde. Dieses Zeitalter ist das Zeitalter der Zeitalter, das herrlichste Zeitalter– das haben wir ja auch schon gesehen, Epheser 3, 21. Ein zweiter wichtiger Punkt, auch wenn im Alten Testament die Gemeinde verborgen war, so war sie dennoch durch unzählige Bilder im Voraus dargestellt worden. Diese Bilder können jedoch erst im Licht des Neuen Testaments im Nachhinein gedeutet werden. Das Alte Testament ist von der ersten Seite an ein Bilderbuch, von den Dingen, die im Neuen Testament enthüllt sind. Und rückblickend entdecken wir zum Beispiel in der Stiftshütte, dem transportablen Tempel, eine wunderbare Illustration, was Gemeinde ist. Aber das konnte selbst Mose damals nicht wissen. Von Mose heißt es nämlich ausdrücklich, grad in Zusammenhang mit der Stiftshütte, in Hebräer 3 – es geht darum, dass Mose treu war in der Stiftshütte – Vers 5: „Und Mose zwar war treu in seinem ganzen Hause (damit ist die Stiftshütte gemeint) als Diener, zum Zeugnis von dem, was hernach geredet werden sollte.“ Er hat also mit der Stiftshütte etwas bezeugt, über das eigentlich erst später einmal gesprochen werden sollte. Und dann wird erklärt, Vers 6: „Christus aber als Sohn über sein Haus, dessen Haus wir sind,“ – das sind die Gläubigen der Gemeinde. Also es gibt viele Bilder. Aber die waren für die Alttestamentlichen nicht deutbar auf die Gemeinde hin.
Dritter Punkt: Auch wenn im Alten Testament die Gemeinde verborgen war, so war dennoch der gläubige Überrest aus Israel, der ein Teil davon ausmachen sollte, bereits prophetisch angekündigt. Das ist ein wichtiger Punkt und der kann viele Missverständnisse beseitigen. Nicht wahr, die ersten Christen waren Juden, solche, die sich bekehrt hatten zu dem Messias Jesus. Und diese Menschen waren im Alten Testament angekündigt. Dieser Überrest, der umkehren würde aus Israel, war im Alten Testament bekannt und das ist der Grund, warum es manchmal Stellen gibt aus dem Alten Testament, die im Neuen Testament auf die Gemeinde bezogen werden. Und da denkt man dann: Ja, dann ist das also doch schon bekannt. Ein ganz klassisches Beispiel ist Hebräer 2 mit einem Zitat aus Psalm 22. Aber passen wir auf, der Hebräerbrief ist an Hebräer geschrieben, also an Gläubige aus dem Judentum. Und da wird in Hebräer 2, 12 aus Psalm 22 zitiert, wo der Messias spricht: «Ich will deinen Namen kundtun meinen Brüdern; inmitten der Versammlung will ich dir lobsingen.» Und wiederum: «Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen.» (Jesaja 8, 17) Und wiederum: «Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat!»(Jesaja 8, 18). Ja, da sagt man doch: Da ist doch alttestamentlich in Psalm 22 und Jesaja 8 die Gemeinde angekündigt. Nein! Der gläubige Überrest, der zur Gemeinde gehören sollte, der ist angekündigt. Aber das, was spezifisch das Geheimnis ausmacht, – und da kommen wir noch drauf – das war nicht bekannt. Also das ist wichtig, weil es solche gibt, die argumentieren: Ja, das stimmt ja alles überhaupt nicht, die Gemeinde ist doch kein Geheimnis, das kannte man doch im Alten Testament schon, das ist doch alles schon angekündigt. Nein, nur der Überrest aus Israel, der Teil werden sollte, der war bekannt und wurde damit auch als Versammlung bezeichnet in Psalm 22.
Ein weiterer Punkt: Nur die Gemeinde selbst war im Alten Testament verborgen, nicht aber die Zeitepoche. Die Gemeinde fällt nämlich die lange Zeit des prophezeiten jüdischen Exils unter den Völkern hinein. Das ist auch ein wichtiger Punkt. Da habe ich einen Artikel gelesen von jemandem, der vehement gegen diese heilsgeschichtliche Einteilung, also gegen den Dispensationalismus gekämpft hat. Und dort er argumentiert: „Ja, im Alten Testament finden wir doch ganz klare Prophezeiungen auf die Zeit der Gemeinde. Das ist im Alten Testament kein Geheimnis.“ Ja, die Zeit der Gemeinde ist kein Geheimnis. Die vergangenen zweitausend Jahre findet man im Alten Testament, nicht aber das, was Gott in Verbindung mit der Gemeinde tun sollte, das war ein Geheimnis. Ein Beispiel ist Hosea 3. Der Prophet spricht dort im 8. Jahrhundert vor Christus über die Staatenlosigkeit, die Israel in der Vergangenheit gekennzeichnet hat. Hosea 3, 4-5: „Denn die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben und ohne Fürsten, und ohne Schlachtopfer und ohne Bildsäule und ohne Ephod und Teraphim. Danach werden die Kinder Israel umkehren und den HERRN, ihren Gott, und David, ihren König, suchen; und sie werden sich zitternd wenden zu dem HERRN und zu seiner Güte am Ende der Tage.“ Die Kinder Israel, viele Tage ohne König, ohne Fürsten. Im Jahr 70 nach Christus ging der Judenstaat unter und erst 1948 wurde er wieder gegründet. Also sehr eindrücklich, wie hier diese fast 2000 Jahre Staatenlosigkeit des jüdischen Volkes beschrieben werden. Viele Tage ohne König, ohne Fürsten. Und seit dem Jahr 70 bis heute hat das jüdische Volk auch keinen Tempel mehr. Und hier wird das gesagt: viele Tage ohne Schlachtopfer. Denn Juden dürfen nur auf dem Tempelberg opfern. Aber weil sie den Tempelberg nicht mehr haben, so können sie bis zum heutigen Tag nicht opfern. Und dann ganz in der Endzeit wird eine nationale Umkehr Israels stattfinden, hin zu Gott und zu seinem Messias. David, ihr König, wird auch in der rabbinischen Literatur so ausgelegt, dass das der Melech Maschiach ist, der König Messias. Also die Zeit selber ist prophezeit, auch nach 5. Mose 28, 64-66. Da haben wir das weltweite Exil ab dem Jahr 70 nach Christus prophezeit: „Und der HERR wird dich unter alle Völker zerstreuen, von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde; und du wirst daselbst anderen Göttern dienen, die du nicht gekannt hast, du noch deine Väter, Holz und Stein. Und unter jenen Nationen wirst du nicht rasten, und deine Fußsohle wird keine Ruhestätte finden; und der HERR wird dir daselbst ein zitterndes Herz geben, Erlöschen der Augen und Verschmachten der Seele. Und dein Leben wird schwebend vor dir hangen, und du wirst dich fürchten Nacht und Tag und deinem Leben nicht trauen.“ Zweitausend Jahre Judenverfolgung mit dem Höhepunkt bisher im 20. Jahrhundert. Die Zeit war prophezeit, aber an diesen Stellen wird nicht über die Gemeinde gesprochen, die Gott genau in diese Zeit hineinbringen sollte, wo das jüdische Volk in der Zerstreuung ist. Das war eben ein Geheimnis.
Jetzt schreiten wir vor zum Inhalt des Geheimnisses. Gläubige Juden und gläubige Heiden sollen zusammengefügt werden zu einem Leib, zu einem Tempel. Ich lese aus Epheser 2, 11ff: „Deshalb denkt daran, dass ihr, einst die Nationen im Fleisch, welche Vorhaut genannt werden von der sogenannten Beschneidung, die im Fleisch mit Händen geschieht, dass ihr zu jener Zeit ohne Christus wart, entfremdet dem Bürgerrecht Israels, und Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung, keine Hoffnung habend, und ohne Gott in der Welt. Jetzt aber, in Christus Jesus, seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut des Christus nahe geworden. Denn er ist unser Friede, der aus beiden eins gemacht und abgebrochen hat die Zwischenwand der Umzäunung, nachdem er in seinem Fleisch die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, hinweggetan hatte, auf dass die zwei, Frieden stiftend, in sich selbst zu einem neuen Menschen schüfe, und die beiden in einem Leib mit Gott versöhnte durch das Kreuz, nachdem er durch dasselbe die Feindschaft getötet hatte. Und er kam und verkündigte Frieden, euch, den Fernen, und Frieden den Nahen. Denn durch ihn haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater. Also seid ihr nun nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten, indem Jesus Christus selbst der Eckstein ist, in welchem der ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, in welchem auch ihr mitaufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.“
Ich weiß, ein geladener Text, aber es geht einfach um die wichtigen Punkte. Paulus spricht die Epheser an als Vertreter der Heiden, die zum Glauben gekommen sind. Er sagt: Denkt daran, ihr wart einst die Heiden, die Nationen, und hattet nichts zu tun mit den Vorrechten Israels, keine Beziehung zum wahren Gott, keine Beziehung zum Messias, zu Christus. Jetzt aber ist die Wende gekommen, Vers 13. Jetzt aber in Christus Jesus, seid ihr, die ihr einst fern wart, durch das Blut des Christus nahe geworden. Er spricht über andere Menschen: die Nahen, Vers 17. Und hier spricht er über die Fernen. In Vers 17 sagt er: Er kam und verkündigte Frieden, euch, den Fernen, und Frieden den Nahen. Die Nahen, das sind die Juden. Sie hatten die Bibel, sie hatten den Tempel, sie hatten eine Beziehung zu Gott, also sie waren das Bundesvolk. Sie sind die Nahen. Die Heiden sind die Fernen. Und jetzt hat Christus Frieden gebracht für die Fernen und die Nahen, und die hat er zu zusammengefügt zu einem neuen Menschen, das ist der Leib Christi. So haben wir das gelesen. Damit er die zwei – Juden und Heiden – Frieden stiftend in sich selbst zu einem neuen Menschen schüfe und die beiden in einem Leib mit Gott versöhnte, Vers 15. Es wird auch noch erklärt, dass Christus die Zwischenwand der Umzäunung abgebrochen hat. Das war ein wichtiges Element im Jerusalemer Tempel. Es gab ja einen großen Tempelbezirk, 144.000 Quadratmeter. Zentral im Innern waren die inneren Vorhöfe und das eigentliche Tempelhaus. Aber der große Vorhof rundherum wurde der Vorhof der Heiden genannt. Da konnten auch heidnische Menschen hinkommen, um den wahren Gott, den Gott Israels, kennenzulernen. Aber dann kam eine Abschrankung, so ein kleines Mäuerchen mit einem Zaun darüber. Und in Abständen waren Steininschriften angebracht, die besagten: Wer als Nichtjude diese Abschrankung überschreitet, der ist selber Schuld, wenn er dann sterben wird. Und die Römer hatten den Juden in diesem Ausnahmefall die Verfügung gegeben, die Todesstrafe ohne Gericht sofort ausführen zu dürfen. Also diese kleine Mauer mit diesem Holzzaun darauf war die totale Trennung zwischen Heiden und Juden.
Und Paulus schreibt hier im Jahr 62 nach Christus, als diese Mauer noch intakt war: Christus hat diese Zwischenwand abgebrochen und hat jetzt Heiden und Juden miteinander vereinigt zu einem Leib. Das war natürlich skandalös, was er da gesagt hat, für Juden, in jüdischen Ohren. Man muss ja noch daran denken: Wie kam er eigentlich dazu, den Epheserbrief nach einer langen Reise von Rom aus zu schreiben? Wie kam er auf die Reise? Ja weil er damals in Apostelgeschichte 21 im Tempel war und man hat ihn verleumdet und gesagt, er hätte Griechen in den Tempelbezirk hineingeführt. Und darum wollte man ihn umlegen. Das war natürlich eine Lüge. Lukas erklärt in Apostelgeschichte 21, sie hatten ihn gesehen mit einem Griechen in der Stadt spazieren und dann hat man schon im heuchlerischen Eifer für die Heiligkeit Gottes gesagt: Er hat in den Tempel hineingeführt – und nicht nur einen, das wäre zu wenig eindrucksvoll, man hat dann auch noch den Plural eingesetzt: Er hat Griechen hineingeführt. Und von da an begann der Leidensweg von Paulus bis nach Rom. Das hat also sehr direkt zu tun mit dieser Zwischenwand der Umzäunung. Aber Paulus hätte so etwas nie gemacht im Tempel. Aber das Prinzip war für ihn klar, diese Trennung ist vor Gott aufgehoben. Ein Heide muss nicht Jude werden, um den Zugang zu Gott zu haben. Vorher war das so. Heiden, die den einen wahren Gott kennen lernten, konnten zum Judentum übertreten, aber dann mussten sie eine Proselytentaufe auf sich nehmen. Damit hatten sie sich dann getrennt von ihrer heidnischen Herkunft und traten ins Judentum ein. Sie mussten aber beschnitten werden. So war das möglich. Und das skandalöse am Christentum war, dass man eben nicht verlangte, dass man zuerst Jude werden musste.
Unter diesem Vorzeichen muss man auch Apostelgeschichte 15 sehen, dieser Streit in Antiochien, der dann nach Jerusalem gebracht wurde. Da gab es doch Irrlehrer, die sagten: Diese Heiden da, die können nicht gerettet werden, wenn sie nicht zuerst beschnitten werden. Und die Apostel haben das ganz messerscharf geklärt. Das stimmt überhaupt nicht. Jemand der zum Glauben kommt, muss nichts von diesen jüdischen Geboten vom Sinai einhalten. Nur solche Gebote, die auf den Bund mit Noah zurückgehen, wie zum Beispiel kein Blut zu essen und so. Aber der Bund mit Noah war ja nicht mit Israel geschlossen, sondern mit der ganzen Welt. Der noachitische Bund aus 1. Mose 9 ist immer noch gültig. Aber der sinaitische Bund war für Israel und wenn jetzt Heiden zum Glauben kommen, dann müssen sie nicht über Israel zu Gott kommen, sondern sie können direkten Zugang haben. Paulus sagt: Christus hat abgebrochen die Zwischenwand der Umzäunung. Und darum erklärt er – und das ist ganz wichtig – in Vers 18: Denn durch ihn haben wir beide, Juden und Heiden, den Zugang durch einen Geist zu dem Vater. Also, was im Tempel nicht möglich war, zum Tempelhaus zu gehen für einen Heiden, das ist jetzt in Christus möglich geworden, ohne dass man den Weg über das Judentum gehen musste. Das war skandalös, das konnten die Juden nicht ertragen, diesen Gedanken. Darum hat man Paulus verfolgt bis aufs Blut. Und darum sagt er ja in Epheser 3, grad in dem Zusammenhang, nachdem er diese Dinge gesagt hat: „Dieserhalb ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen.“ Warum ist er Gefangener für die Nationen? Weil er sich dafür, für diese Wahrheit, eingesetzt hat, dass man nicht Jude werden muss, um den Zugang zu Gott zu haben. Nun, da könnte man sagen: Das ist doch kein Problem, dieses Thema heute. Warum betone ich das so?
Es kommt eben immer mehr wieder, dass man durch ein unbiblisches Verständnis der Stellung Israels heute, das Christentum judaisieren will. Und damit stellt man das Judentum eigentlich höher als die Gemeinde im Plan Gottes. Und das drückt sich dann praktisch so aus: Wir gehen nach Israel und nehmen gemeinsam am Laubhüttenfest teil. Aber das ist gerade der Punkt, der nicht geschehen soll. Solche, die keine jüdische Abstammung haben, haben kein Recht diese Feste wieder zu feiern, denn das wäre genau entgegen dem Ratschluss Gottes über die Gemeinde. Auf dem Blatt, wieder unter diesem ersten Punkt, habe ich dann vermerkt: Die Gemeinde ist weder jüdisch, noch heidnisch. Eben, es gibt solche die sagen, die Gemeinde war am Anfang jüdisch und dieser jüdische Aspekt ist leider verloren gegangen, den sollten wir wieder reinholen. Das ist falsch. Wir werden gleich sehen, die Gemeinde ist weder jüdisch, noch heidnisch. Dann gibt es wieder andere, die sagen, die Gemeinde ist sehr griechisch angefärbt worden in den vergangenen 2000 Jahren, eben heidnisch, und darum ist sie für Juden so abstoßend. Ja gut, was alles an heidnischem in die Gemeinde reingetragen worden ist, das ist ein anderes Thema. Aber die Gemeinde nach Gottes Ratschluss ist weder jüdisch, noch heidnisch. Sie ist nämlich etwas völlig Neues.
Etwas völlig Neues; was im Alten Testament niemand gedacht hätte, das ist gekommen. Und darum hatten – das sieht man in der Apostelgeschichte – die ersten jüdischen Gläubigen so Mühe, Menschen aus dem Heidentum, die zum Glauben kamen, zu akzeptieren. Man muss unter diesen Voraussetzungen Apostelgeschichte 2, 3, 4 und so weiter lesen. Da sieht man, was das für Kämpfe ausgelöst hat. Das war alles nur wegen dem Punkt, dass man sie nicht zwang, ins Judentum einzutreten. Das konnte man nicht verstehen, weil man alttestamentlich keine Grundlage dafür hatte. Es brauchte eine völlig neue Offenbarung und diese haben die Apostel bekommen. Die Gemeinde ist also etwas völlig Neues, aber andererseits ist sie älter als der Kosmos. Denn sie war vor Grundlegung der Welt in Gott beschlossen. Jetzt schlage ich auf, Epheser 1, 3. Da merkt man etwas davon, wie Paulus übersprudelt von diesem Geheimnis. Aus dem Gefängnis schreibend, ist das der längste Satz des Neuen Testaments, nämlich ab Vers 3 bis Vers 14 ist das im Grundtext ein einziger Satz. Der kann gar nicht mehr aufhören. Aber ich höre dann bei Vers 4 auf. Also Epheser 1, 3-5: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistliche Segnung in den himmlischen Örtern in Christus, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt (kosmos), dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe; und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens.“ Jetzt muss ich eben aufhören, aber Paulus konnte nicht mehr aufhören. So gewaltig, das ist so geballt, was dort drin ist. Jetzt geht es einfach darum: Auserwählt vor Grundlegung des Kosmos und zuvorbestimmt zur Sohnschaft. Also Gott hat diesen Plan gefasst vor Erschaffung der Welt. Darum ist die Gemeinde uralt im Ratschluss. Und andererseits eben so neu, völlig neu. Jetzt noch Epheser 3, 9.11. Da sagt Paulus ab Vers 8: „Mir dem Allergeringsten (das ist eine Anspielung auf seinen Namen, Paulus heißt ja, der Kleine) von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen, und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat.“ Verborgen in dem Schöpfergott. Er hat die Welt geschaffen, aber er hatte schon in sich verborgen diesen Plan der Gemeinde.
Dann, zweiter Punkt, das Geheimnis des Christus. Diesen Ausdruck haben wir jetzt hier gefunden. Was ist das eigentlich? Christus, die Übertragung des griechischen Christos, kommt von dem hebräischen Wort Maschiach, Messias. Also das Geheimnis des Messias. Gut, überlegen wir, der Messias ist im Alten Testament bekannt. Daniel 9 spricht zum Beispiel über das Kommen des Messias und dass er dann ermordet werden wird. Das Geheimnis des Messias, was ist denn das? Da ist ja gar kein Geheimnis im Alten Testament. Nun, 1. Korinther 12, 12 spricht Paulus über den Leib Christi: „Denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: also auch der Christus.“ Der Leib Christi wird bezeichnet als: der Christus. Also Christus verbunden mit den erlösten der Gemeinde, das wird hier in der Bibel mit «der Christus» bezeichnet. Also das Wort Christus, das Wort Messias, bekommt hier einen völlig neuen Sinn. Und das ist gefasst in dem Ausdruck «das Geheimnis des Christus».
Vor der Pause haben wir den Begriff «das Geheimnis des Christus» geklärt. Wir haben also gemerkt, es geht dabei nicht um die Person des Messias, denn Christus war im Alten Testament geoffenbart. Übrigens wurde sein erstes Kommen durch über 300 Prophezeiungen vorausgesagt, die nachweislich in Erfüllung gegangen sind. Aber das Geheimnis des Christus betrifft Christus und die Gemeinde. Also der Leib besteht aus gläubigen Juden und Heiden. Eine völlig neue Gemeinschaft, die mit Israel keine Einheit bildet. Also etwas ganz Eigenes für sich ist. Und so, wenn Paulus also davon spricht, dass er auserwählt worden ist, um das Geheimnis des Christus zu verkündigen, wissen wir jetzt, was damit gemeint ist. Wie bezeichnet er diese Botschaft? In Epheser 3, 8 spricht er von dem unausforschlichen Reichtum des Christus. Das ist gewaltig. Paulus war so erfüllt von dieser Thematik. Wieder aus dem Gefängnis schreibend, weil er sich dafür eingesetzt hat. Und deshalb musste er auf diesen Leidensweg nach Rom. In Vers 10 sagt er, dass die gar mannigfaltige Weisheit Gottes darin zum Ausdruck kommt. Ich komme auf diesen Ausdruck noch zurück. In Kolosser 2, 3 spricht er über das Geheimnis Gottes, in welchem verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Damit ist das Geheimnis der Gemeinde gemeint, Christus verbunden mit der Gemeinde.
In 1. Korinther 2, 7 spricht er: „über Gottes Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene, (die im Alten Testament verborgen gehaltene) die Gott zuvorbestimmt hat, vor den Zeitaltern (also vor Erschaffung der Welt), zu unserer Herrlichkeit.“ Und dann, der bekannte Vers 9 ist in diesem Zusammenhang zu sehen: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Sinn gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“ Jesaja 64, 4. Da geht es nicht um den Himmel. Ganz spontan bezieht man diesen Vers wohl auf den Himmel, aber der Himmel war im Alten Testament bekannt und die Engel haben ihn gesehen und auch Propheten haben visionäre Einblicke in den Himmel bekommen. Mose hat in den Himmel gesehen und hat die originale Stifthütte, den originalen Tempel, im Himmel gesehen, den er dann kopieren sollte. Und viele Propheten nach ihm desgleichen. Das waren bekannte Dinge. Aber wenn es um den Ratschluss der Gemeinde ging, das war nicht bekannt. Und darum: Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat, denen, die ihn lieben. Da geht es um die Gemeinde. Und weiter können wir sagen, es ist ein Wunderwerk für die Engelwelt, denn gerade an dieser Stelle – ich lese das nochmals, Epheser 3. Ich lese das nochmals ab Vers 8, aber es geht jetzt speziell um den Vers 10. Epheser 3, 8-10: „Mir dem Allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen, und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat; auf dass jetzt (also neutestamentlich) den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung (oder Gemeinde) kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes.“ Dieser Begriff «Fürstentümer und Gewalten in den himmlischen Örtern» zeichnet die hierarchisch geordnete Engelwelt. Die haben nichts davon gewusst. Und jetzt hat Gott dieses Wunderwerk der Gemeinde geschaffen, seit dem Pfingsttag 32 nach Christus. Und die Engelwelt sieht, was Gott jetzt gemacht hat. Und so wird durch die Gemeinde der Engelwelt die mannigfaltige Weisheit Gottes in seinem Ratschluss enthüllt. Und insofern sind wir also sehr interessant für die Engelwelt.
Nun zu diesem Ausdruck «die gar mannigfaltige Weisheit Gottes». Das Wort mannigfaltig, das habe ich hier auf dem Blatt vermerkt, polypoikilos auf Griechisch, heißt vielfarbig oder vielgestaltig. Also die gar vielfarbige Weisheit Gottes oder die gar vielgestaltige Weisheit Gottes. In 1. Korinther 4 – und da geht es um die Schwierigkeiten des Christenlebens – sagt Paulus in Vers 9 Folgendes: „Denn ich denke, dass Gott uns, die Apostel, als die Letzten dargestellt hat, wie zum Tod bestimmt; denn wir sind der Welt ein Schauspiel geworden, sowohl Engeln als auch Menschen.“ Schauspiel? Ein Theater! Mit diesem Wort im Griechischen wird sonst das griechische Schauspiel bezeichnet. Ein Schauspiel für die Engelwelt. Also die Engelwelt auf der Tribüne und auf der Szene ist jetzt die Gemeinde. Und weiter, So nebenbei, in Kapitel 11, 10 sagt Paulus in Verbindung mit der Argumentation von Kopfbedeckung: „Darum soll die Frau eine Macht (also ein Zeichen der Autorität, unter der sie steht) auf dem Haupt haben, um der Engel willen.“ Es gibt da so verrückte Ideen. Zum Beispiel, das bedeute, dass sonst die Engel die Frauen irgendwie begehrlich anschauen und darum sollen sie Kopftücher anhaben. Gut, hier steht ja auch nichts von Kopftuch, sondern von Bedeckung. Das kann irgendetwas sein. Aber: Um der Engel willen. Die Engelwelt schaut die Gemeinde an. Und hier in 1. Korinther 11 geht es ja um die Stellung von Mann und Frau in der Schöpfung, der Schöpfungsordnung. Paulus erklärt, dass das immer noch Bedeutung hat, auch in der Gemeinde. Obwohl die Gemeinde etwas völlig Neues ist, soll niemand auf die Idee kommen, dass wir dann nicht mehr zu dieser Schöpfungsordnung gehören und darum all diese Ordnungen, die Gott in 1. Mose 1 und 2 eingerichtet hat, keine Bedeutung mehr für uns haben. Das ist falsch, diese Ordnung gilt immer noch.
Und die Engelwelt ist sehr interessiert, zu schauen, ob wir Autorität anerkennen. Warum? Weil die Engelwelt durch ein Autoritätsproblem gezeichnet ist. Satan, einer der ersten Engelfürsten, ein Cherub, wollte sein wie Gott. Und durch diese Rebellion gegen die Autorität Gottes, ist es zu einem gewaltigen Abfall in der Engelwelt gekommen ist. So sind der Satan und die Dämonen entstanden. Und die Engel schauen, wie das jetzt in der Gemeinde ist, wenn Menschen erlöst sind durch das Blut Christi. Die Engelwelt kennt ja keine Erlösung. In Hebräer 2 sagt der Schreiber, dass Gott die Engel nicht ergreift, das heißt um sie herauszuführen und zu retten, sondern des Samens Abrahams nimmt er sich an. Gott rettet nur Menschen, die gefallen sind, aber keine gefallenen Engel. Und die Engelwelt schaut jetzt: Wie ist das bei erlösten Menschen, anerkennen sie Autorität? Und darum ist das so schlimm, wenn in der Gemeinde diese schöpfungsgemäßen Einrichtungen nicht mehr anerkannt werden. Wir leben ja heute gerade in einem Zeitalter, gerade auch was Gemeindestrukturen anbetrifft, wo genau diese Punkte auf den Kopf gestellt werden, die Stellung von Mann und Frau. Aber das ist keine Nebensache, sondern das hat für die Engelwelt eine sehr tiefe Bedeutung. Denn dann sagen sie sich: Was? Die Erlösten handeln ja gar nicht besser, als in der Engelwelt gehandelt worden ist. Also da, um der Engel willen, die Engel schauen zu.
Und jetzt noch eine Überraschung, 1. Petrus 1, 12. Es geht hier um Propheten, die im Alten Testament über diese Offenbarungen nachgedacht haben, wo sie auf Christus hin prophezeit haben. Und dann wird erklärt, Vers 12: „Denen es geoffenbart wurde, dass sie nicht für sich selbst, sondern für euch die Dinge bedienten, die euch jetzt verkündigt worden sind durch die, welche euch das Evangelium gepredigt haben durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist, in welche Dinge Engel hineinzuschauen begehren.“ Da geht es also um den heiligen Plan Gottes mit uns, jetzt, wo Christus gekommen ist. Und da heißt es: die Engel begehren hineinzuschauen. Und das schöne Wort parakypto im Griechischen, heißt «vor Neugier den Hals strecken». So betrachtet die Engelwelt Gottes Bauwerk, das Wunderwerk, die Gemeinde. Das ist gewaltig, denn das kennen sie selber nicht. Die Engel, die nicht gefallen sind, wissen nicht, was Erlösung ist, aber sie sind interessiert, zu sehen, was diese Erlösung in den Menschen der Gemeinde bewirkt hat. Also vor Neugier recken sie den Hals, um hier hineinzuschauen und diese Weisheit Gottes durch uns kennen zu lernen. Wenn man unter diesem Aspekt diese Gemeidezusammenkünfte betrachtet, das ist schon interessant. Die sind daran interessiert, was hier geschieht und was wir zu sehen und zu hören bekommen. Und natürlich nicht nur die Gemeindezusammenkünfte, sondern sie sind daran interessiert, die Gemeinde sieben Tage in der Woche zu sehen.
Jetzt sehen wir uns verschiedene Aspekte der Gemeinde an. Die Gemeinde wird als der Tempel Gottes gesehen, 1. Korinther 3, 16: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ Da sehen wir, wie also der alttestamentliche Tempel in Jerusalem, und vorher die Stiftshütte, ein Hinweis auf die Gemeinde war. Aber es war nur ein Bild und die Erfüllung haben wir jetzt. Die Erfüllung sind wir. Und niemand konnte im Alten Testament wissen, was das genau bedeutet in Verbindung mit der Gemeinde. Dann wird die Gemeinde als Stadt Gottes gesehen, Offenbarung 21, das Neue Jerusalem. Das Neue Jerusalem in Offenbarung 21 ist nicht die himmlische Stadt, die es im Himmel gibt, wie es auch einen originalen Tempel im Himmel gibt. Nein, in Offenbarung 22 wird damit die Gemeinde bezeichnet und das wird aus Offenbarung 21, 9 klar: „Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, voll der letzten sieben Plagen, und redete mit mir und sprach: Komm her, ich will dir die Braut, die Frau des Lammes, zeigen.“ Die Braut, die Frau des Lammes, das ist die Gemeinde. Und dann liest man weiter und dann wird das Neue Jerusalem beschrieben. Das Neue Jerusalem ist die Gemeinde, als Stadt gesehen. Warum als Stadt? Stadt heißt auf Griechisch polis, daher kommt unser Begriff Politik. Die Gemeinde wird einmal in der Zukunft mit Christus herrschen über die ganze Welt. Und diese Gemeinde wird also hier beschrieben als die Quelle der Ordnung im messianischen Zeitalter. Die Gemeinde wird hier beschrieben mit goldenen Straßen, die durchsichtig wie Glas sind. Das beschreibt die Gemeinde nach Gottes Bauplan, wie man dort lebt. Goldene Straßen, also da trampelt man nicht im Dreck herum und es ist transparent, wie Glas. Also wir können sehr viel lernen.
Offenbarung 21 beschreibt die Gemeinde nach Gottes Plan, nach Gottes Ratschluss. Und dann sollten wir uns überlegen, was das für unser praktisches Leben heute bedeutet. Und es wird ausdrücklich gesagt in Vers 11: „Und sie hatte die Herrlichkeit Gottes. Ihr Lichtglanz war gleich einem sehr kostbaren Edelstein, wie ein kristallheller Jaspisstein.“ Sie hat die Herrlichkeit Gottes. Und wenn wir die Gemeinde so sehen, dann sehen wir sie mit den Augen Gottes. Gott sieht uns so in Christus. Und sie hat den Lichtglanz eines ganz hellen Jaspissteines. Das, was wir heute als Jaspis bezeichnen, ist kein durchsichtiger Stein, sondern er ist gelb, undurchsichtig, Halbedelstein. Der biblische Jaspis – das ist ein Problem, manche Edelsteinnamen haben im Laufe der Zeit die Bedeutung gewechselt – ist kristallhell, als besonders wertvoll hingestellt, das ist der Diamant, der in Offenbarung 4 die Herrlichkeit Gottes selbst darstellt. So sieht Gott die Gemeinde, wie ein Diamant. Und ein geschliffener Diamant kann das Licht so wundervoll widerspiegeln, dass wir daran sehen, was unser Auftrag als Gemeinde ist. Durch die Gemeinde soll Gottes Herrlichkeit ausgestrahlt werden, durch jeden Einzelnen, durch jede örtliche Gemeinde. Wenn Menschen fragen: Wie kann man Gott erkennen?, dann müsste eine wesentlich Antwort sein: durch Kontakt mit Christen, durch Kontakt mit Gemeinden. Das kommt alles in dem Thema der Stadt Gottes zum Ausdruck.
Dann wird die Gemeinde auch als die Braut Christi bezeichnet, 2. Korinther 11, 2. Und das bezeichnet diese tiefste Liebesbeziehung zu Christus. Und wir warten auf die Hochzeit nach der Entrückung, Offenbarung 19, 7. Aber in Epheser 5, 22-32 wird über Ehen gesprochen, Mann und Frau, und da wird erklärt, dass dies die Widerspiegelung der Beziehung von Christus und der Gemeinde ist. Und da sagen wir: Ja, das geht ja nicht zusammen. Sind wir jetzt verlobt oder sind wir verheiratet? Das ist wirklich nicht das Gleiche. Nun, das sind zwei Seiten derselben Medaille. Wenn man verlobt ist, lebt man nicht zusammen. Also man ist getrennt, aber eine Liebesbeziehung verbindet einander. Und so ist Christus als Mensch im Himmel seit der Himmelfahrt und wir sind auf der Erde. So sind wir mit Christus verlobt. Aber Christus ist nicht nur Mensch, er ist der ewige Gott. Als Gott ist er Allgegenwärtig, er ist bei uns. Darum konnte er sagen in Matthäus 28, 20: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ Und Christus ist uns so nahe, dass wir sagen können, es ist die genau gleiche Beziehung, wie in der Ehe Mann und Frau. Das sind also zwei Aspekte.
Dann wird die Gemeinde beschrieben als der Leib Christi, wo jeder Gläubige ein Glied mit Funktion ist. Da kommt die ganze Thematik der verschiedenen Begabungen und geistlichen Gaben zum Ausdruck. Es ist also nicht biblisch, dass man einen Pfarrer hat und die Laiengemeinde, sondern alle Gaben müssen zur Anwendung kommen. Das sehen wir aus der Lehre über den Leib in 1. Korinther 12. Weiter wird die Gemeinde als die Familie Gottes gesehen. Die Erlösten werden Kinder Gottes genannt, Johannes 1, 12. Und sie werden auch Söhne und Töchter Gottes genannt, 2. Korinther 6, 18. Das bezeichnet ganz speziell unsere Beziehung untereinander und die Beziehung zu Gott dem Vater. Und hier ist noch zu betonen, dass man im Judentum Gott auch Vater nennt. Avinu schebaschamajim, unser Vater, der du bist in den Himmeln, so kommt das auch im Talmud vor. Aber unter avinu, unser Vater, versteht man Gott als Schöpfer, als Erzeuger aller Dinge durch die Erschaffung. Aber im Neuen Testament wird uns offenbart, dass Christus der ewige Sohn Gottes ist und dass er in einer ewigen Beziehung der Liebe mit dem Vater war, von Ewigkeit her. Und der Herr Jesus hat Gott abba genannt, das heißt Papa. Und die Rabbiner haben erklärt, dass man Gott so nicht anreden soll, das wäre zu intim. Und diese Beziehung haben die Gläubigen der Gemeinde, Gott, den ewigen Gott, Papa zu nennen. Und das zeigt uns, dass die Beziehung in der Gemeinde zu Gott tiefer ist, als dass, was Israel kennen konnte. Für Israel war Gott, der verborgene Gott hinter dem Scheidevorhang, für die Gemeinde ist er nun der abba, der Papa. Übrigens, warum das aramäische Wort im Neuen Testament? Es gibt im Griechischen das Wort patridion, das entspricht so dem russischen Väterchen, und das wollte Paulus nicht verwenden, das wollte der Geist Gottes nicht verwenden, weil das etwas Unpassendes hat in Bezug auf Gott. Und darum hat er, in Ermangelung eines griechischen Wortes, das aramäische Wort abba für Papa verwendet.
Gut, und dann werden die Gläubigen bezeichnet als die Freunde des Herrn, Johannes 15, 14-15. Das ist wieder ein anderer Aspekt der Beziehung. Der Herr hat uns alles mitgeteilt und darum, sagt der Herr: nenne ich euch Freunde und nicht mehr Sklaven. Denn Sklaven wissen nicht, was ihr Herr will, aber ihr habt eine so enge Beziehung, darum nenne ich euch Freunde. Und trotzdem werden wir in Römer 6, 22 als Sklaven Gottes bezeichnet, Leibeigene, als solche, die sich ganz Gottes Willen verfügt haben. 1. Korinther 3, 9: „Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr.“ Da muss gepflanzt und begossen werden, und so wird die Gemeinde als Ackerfeld gesehen. In 2. Timotheus 2, 4 wird Timotheus ermuntert, ermahnt, ein guter Soldat von Christus zu sein, der sich nicht in die Beschäftigungen des Lebens verwickelt. Wir sind eine Armee, auch das ist die Gemeinde. Also nicht nur die Heilsarmee ist eine Armee, sondern alle Gläubigen sind eine Armee, zum Kampf aufgerufen. Dann sind die Gläubigen der Gemeinde Athleten, Sportkämpfer, zum Beispiel in 1. Korinther 9 am Schluss, 2. Timotheus 2, 5 und Hebräer 12, 1-3 und viele andere Stellen. In jedem Aspekt zeigt Paulus neue Seiten der Gemeinde. Dann werden wir auch bezeichnet als Gefäße zur Ehre oder Begnadigung, goldene und silberne Gefäße, die Gott zur Verfügung stehen, Römer 9, 21-23 und 2. Timotheus 2, 20.
Petrus nennt die Gläubigen in 1. Petrus 5, 2 die Herde Gottes. Christus der Hirte, dann gibt es die Unterhirten, solche, die einen besonderen Pflegeauftrag haben, und die Herde, die gepflegt, zusammengehalten und vor Gefahren geschützt werden muss. Dann wird in 1. Petrus 2, 5.9 über die Gemeinde gesprochen als das königliche und das heilige Priestertum. Es ist schon klar, dass jeder Punkt einen Vortrag umfassen könnte, mindestens einen. Also wir wollen das nur so anstreifen. Es ist ja oft gut, wenn man mal eine Übersicht bekommt. Man bekommt oft Einzelheiten zu sehen und zu hören und dann finden wir den Wald nicht mehr. Und darum ist es mir wichtig, eine Übersicht zu schaffen. Die Erlösten der Gemeinde werden auch Jünger genannt, in der Apostelgeschichte sehr oft, aber nicht nur dort. In Apostelgeschichte 6, 1 wird nicht über die Christen gesprochen, sondern über die Jünger. In Apostelgeschichte 9, 26 wird gesagt, dass Paulus sich nach seiner Bekehrung den Jüngern anschließen wollte, der Gemeinde in Jerusalem. Dieser Ausdruck «Jünger», vor jüdischem Hintergrund, bedeutet Student. Rabbiner hatten Jünger, auf hebräisch Talmidim (Ez. Talmid), das sind Studenten. Die haben bei dem Rabbi studiert, aber nicht nur einfach so gelernt, das auch, aber sie haben vor allem gelernt so zu leben, wie ihr vorbildlicher Lehrer. Und Christus war «der Rabbi». Darum hat er ja auch gesagt: Lasst euch von niemandem auf der Erde Rabbi nennen, einer ist euer Meister, euer Lehrer, der Christus (Matthäus 23, 10). Auch das wehrt Klerikalismus ab. Christus ist unser Rabbi und wir sind die Studenten und lernen von ihm das ganze Leben, theoretisch und praktisch. Dann wird die Gemeinde auch als das himmlische Volk Gottes bezeichnet. In Epheser 2, 19 und Philipper 3, 20 wird gesagt, wir haben unser Bürgertum in den Himmeln. In Titus 2, 14 geht es darum, dass Christus ein Eigentumsvolk erkauft hat durch seine Erlösung.
Und so weiter. Also wir sehen, dieses Wunderwerk ist so vielfältig, da kommt diese vielfältige, vielfarbige Weisheit Gottes zum Ausdruck. Und wenn man unter diesem Aspekt wieder die Stiftshütte anschaut, zum Beispiel die unterste Decke, die Cherubimdecke mit all ihren Farben, den goldenen Klammern und dieser kunstvollen Webarbeit, dann sieht man darin etwas von diesem Plan, dieser mannigfaltigen Weisheit Gottes. Nun, ich habe heute sehr viel nur über die Seite Gottes gesprochen, über Gottes Plan. Aber es geht jetzt unter dem letzten Punkt auch um die Ausführung dieses Bauplans. Mose sah ja die himmlische Vorlage, das Urbild im Himmel, als er auf dem Berg war, 2. Mose 25, 40. Und es wurde ihm gesagt: Siehe zu, dass du alles genau nach dem Muster machst, das dir auf dem Berg gezeigt worden ist. Und danach wurde alles genauso umgesetzt. Es ist wie ein Refrain zu lesen, in 2. Mose 40, wo es um die Vollendung der Stiftshütte geht. Kapitel 40, 19 am Schluss: „So wie der HERR dem Mose geboten hatte.“ Vers 21 am Schluss: „So wie der HERR dem Mose geboten hatte.“ Schluss von Vers 23: „So wie der HERR dem Mose geboten hatte.“ Und so könnte man weiterfahren. Er hat alles ganz genau nach dem Muster gemacht.
Nun, was hat das für uns zu bedeuten? Als wir heute Abend so das Neue Testament geöffnet haben, da haben wir so gewissermaßen diesen Blick gesehen vom Berg, Gottes Urbild, Gottes Plan, der in seinem Herzen verborgen war vor Erschaffung der Welt und jetzt mit dem Neuen Testament geoffenbart worden ist, realisiert worden ist. Nun, wir sind stark geprägt von dem, was wir Menschen daraus gemacht haben. Nicht wahr, Christus sagt: „Auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinde bauen.“ Aber Paulus sagt in 1. Korinther 3: „Einen anderen Grund kann niemand legen, als der, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ Und dann sagt er: „Jeder sehe zu, wie er darauf baue.“ Wer baut jetzt? Christus, oder wir? Nun, das sind wieder zwei Seiten derselben Medaille. Gott baut seine Gemeinde, Gott wirkt Bekehrungen, Gott fügt Menschen hinzu, und trotzdem sind wir verantwortlich, dass wir Menschen zum Glauben führen und sie weiterführen im Glauben. Und alles, was der Verantwortung des Menschen übertragen ist, ist kritisch. Und wenn wir uns die 2000 Jahre Kirchengeschichte anschauen, dann sehen wir, es war sehr kritisch. Das ist die Seite des Menschen. Und wir sehen meistens diese Seite. Darum haben wir heute das Recht gehabt, einen ganzen Abend mal die Seite Gottes zu sehen. Wir müssen das Original sehen und uns dann fragen: Wie können wir das ganz genau so umsetzen? So wie Gott dem Mose geboten hatte.
Aber es ist schon interessant, zunächst sah ja Mose das Urbild. Und dann kommt ja 2. Mose 35, diese Katastrophe mit dem goldenen Kalb. Und erst nachher kommt das Thema, wie die Stiftshütte dann umgesetzt worden ist. Also der Ablauf vom Bauplan zur Umsetzung wird unterbrochen durch die Tragödie des goldenen Kalbes. Mose war noch auf dem Berg und bevor er das umsetzen konnte, fiel das Volk schon ab. Das heißt, die ganze Macht der Finsternis wurde in dem Moment entfesselt, als Mose den Bauplan Gottes sah und dann umsetzen sollte. Und es ist effektiv so – mir hat einmal jemand so einen Tipp gegeben, als es um eine Gemeindegründung ging: Also das Wesentliche, worüber du dir im Klaren sein musst, ist, wenn ihr damit beginnt, dann wird das die Macht der Hölle entfesseln. Und ich glaube, das können wahrscheinlich manche bezeugen. Genau dann, wenn man versucht, das wirklich nach Gottes Plan umzusetzen, dann muss man nicht erstaunt sein, wenn es plötzlich schiefgeht und wenn es große Schwierigkeiten gibt. Also Satan hasst die Umsetzung des Bauplans. Dass es einen Ratschluss Gottes gibt, daran kann er nichts ändern. Aber wenn es um die Umsetzung geht, dann ist unsere Verantwortung gefragt. Und da kann es zur Katastrophe kommen. Und diesen kritischen Punkt gilt es im Auge zu haben und gegen den gilt es vorzugehen. Wir sind ja eine Armee. Es gibt ja genug Gründe zu kämpfen, nicht gegeneinander kämpfen, so ist das nicht gemeint. Man könnte das ja ein bisschen missverstehen. Nein, sondern gegen die Macht der Finsternis kämpfen wir, nämlich dann, wenn sie uns daran hindern will, Gottes Anweisungen umzusetzen.
Ich komme zum Schluss und fasse zusammen. Wir haben Gottes Ratschluss im Neuen Testament entfaltet. Nun ist es unsere Aufgabe, diesen Plan in die Praxis umzusetzen. Es ist ganz wichtig, dass wir den Ratschluss sehen. Es gibt vielleicht manche, die sind sehr praktisch eingestellt und sagen: Das brauchen wir nicht, das ist alles Theorie, wir müssen praktischer sein, wir müssen das machen. Ja, was machen? Und da merkt man, ohne den Blick vom Berg in den Himmel um das Urbild zu sehen, wissen wir gar nicht, was wir tun sollen. Und wer sollen wir eigentlich sein? Das Thema Selbstbild. Wer sind wir als Gemeinde? Viele haben heute als Christen eine Identitätskrise und sie wissen nicht mehr: Wer ist eigentlich Israel, wer ist die Gemeinde? Oder ist das so ziemlich das Gleiche? Oder hat das eine das andere ersetzt? Eine Identitätskrise sondergleichen. Wer sind wir? Das können wir nur wissen, wenn wir auf Gottes Ratschluss sehen. Und dann sehen wir, dass die Gemeinde das höchste Geschöpf ist in Gottes Plan. Und dann gilt: Noblesse oblige, Würde verpflichtet. Wenn wir sehen, was wir in Gottes Plan sind, dann können wir das auch umsetzen. Und es ist ja auch so bei der Kindererziehung, ein Lob wirkt unwahrscheinlich. Ein Tadel sollte aufgehoben werden vielleicht durch mehr Lob. Also wenn Gott uns sagt: Schaut, ihr seid so schön, so herrlich, so gewaltig, so strahlend, dann macht das uns Mut, das auch wirklich sichtbar zu machen in der Praxis. Würde verpflichtet!