(Daniel 2; Daniel 7-12)
– erklärt aus dem Buch Daniel
Thomas Jettel
Diese Datei wurde zusammengestellt aus verschiedenen Artikeln aus „Unterwegs notiert“ und ergänzt mit persönlichen Studien zum Buch Daniel. Die Arbeit ist nicht abgeschlossen. Wir bitten um Verständnis. wenn Dinge bruchstückhaft erscheinen. Diese Datei darf verbreitet werden. Wenn Sie daraus zitieren, dann bitte mit Quellenangabe.
Vielen Dank.
Thomas Jettel, 12. April 2019
Inhaltsverzeichnis
I. Nebukadnezars Traum vom Standbild Dan 2
A. Die Deutung des Traumes durch Daniel: 2, 31-44
6. Fünf Lektionen aus dem Traumbild
7. Praktische Schlussfolgerungen
B. Die Reaktion des Königs: 2, 46-49
II. Daniels Traum von den vier Tieren und dem kleinen Horn Dan 7, 1-28
B. Die Deutung des Traumes: 7, 15-27
D. Ist Offenbarung 13 und 17 eine Fortführung von Dan 7?
III. Daniels Vision von den zwei Tieren und dem kleinen Horn Dan 8, 1-27
D. Die Reaktion Daniels: 8, 27
E. Über die Wahrheit und das Zu-Boden-Werfen der Wahrheit
IV. Über die Wiederherstellung Jerusalems Dan 9, 24-27
A. Einleitendes: Über die Strafe und Wiederherstellung Jerusalems 9, 1-27
1. Der Anlass zu dieser Weissagung: 9, 1-19
2. Gottes Antwort auf Daniels Gebet: 9, 20-27
B. Von den siebzig „Wochen“ 9, 24-27
2. Drei Zeitabschnitte innerhalb jener siebzig Wochen: 9, 25-27
3. Der Ausgangspunkt der siebzig Wochen: 9, 25
4. Der erste Abschnitt: Sieben Wochen 9, 25
5. Der zweite Abschnitt: 62 Wochen 9, 25E:
6. 9, 26: Das Ende des zweiten Abschnitts und der dritte Abschnitt
7. 9, 27: Details zur siebzigsten Woche, d. h., zum dritten Abschnitt
C. Über die Erfüllung der Prophetie von den siebzig „Wochen“
1. Was geschieht in der letzten „Woche”?
D. Zur Frage der Berechnung bzw. Zählung der siebzig Wochen
E. Zur Frage nach der Erfüllung von Dan 9 in Matthäus 24, 15
F. Andere Interpretationen der Weissagung von den siebzig Wochen
1. Die messianischen Deutungen generell
2. Die dispensationalistische Deutung
3. Einsetzung der Lücke in die Mitte der letzten Woche (Die so gen. „amillenniale“ Deutung)
4. Die adventistische Deutung: Ende der letzten Woche 34 n. Chr.
5. Die Deutung mit den zwei Lücken
6. Die klassische, historische Deutung
7. Die präteristische symbolische Deutung
1. Warum kann der Fürst, „welcher kommt” (V. 27) nicht ein zukünftiger „Antichristus” sein?
2. Müssen die siebzig Wochen von Dan 9 nicht exakte Jahrwochen (zu je genau 7 Jahren) sein?
3. Warum gab Gott diese Weissagung?
V. Die Könige des Nordens und Südens, das „Ende“, die Befreiung der Treuen Dan 10, 1 -12, 13
B. Daniels Gebet und die Erscheinung des Engels des Herrn: 10, 1-11, 1
C. Die Weissagung des Engels vom König des Nordens und König des Südens: 11, 2-45
3. Kämpfe des Nordkönigs gegen den Südkönigs (bis Antiochus III) 11, 5-19
4. Kämpfe des Nordkönigs gegen den Südkönig; 2. Phase: Antiochus IV. (1): 11, 20-28
5. Kämpfe des Nordkönigs gegen den Südkönig; 3. Phase: Antiochus IV. (2): 11, 29-35
6. Kämpfe des Nordkönigs gegen den Südkönig; 4. Phase: Antiochus IV. (3): 11, 36-45
D. Der letzte Teil der Rede: 12, 1-4
1. Das Auftreten Michaels V. 1
2. Die Größe jener Bedrängnis unter Antiochus V. 1
3. Die Rettung des treuen Gottesvolkes V. 1
4. Die Auferstehung und die Belohnung V. 2.3
5. Der Auftrag, das Buch zu versiegeln bis zur Zeit des Endes 12, 4
E. Gespräch über die Dauer der Bedrängnis und letzte Aufforderung 12, 5-13
1. Über die Dauer der Bedrängnis 12, 5-7
2. Über den Ausgang der Bedrängnis 12, 8-10
3. Nochmals über die Dauer der Bedrängnis. Ein Aufruf zum Ausharren 12, 11.12
4. Letzte Aufforderung und Ermutigung. Daniels Los am Ende der Tage. 12, 13
V. 31-35: „Du, König, schautest, und siehe! – ein großes Bild; dieses Bild war gewaltig, und sein Glanz außergewöhnlich. Es stand vor dir, und sein Aussehen war schrecklich. 32 Dieses Bild, sein Haupt war von feinem Golde, seine Brust und seine Arme von Silber, sein Bauch und seine Lenden von Erz, seine Schenkel von Eisen, 33 seine Füße teils von Eisen und teils von Ton. 34 Du schautest, bis ein Stein sich losriss, nicht durch Hände, und das Bild auf seine Füße von Eisen und Ton traf und sie zermalmte. 35 Da wurden zugleich das Eisen, der Ton, das Erz, das Silber und das Gold zermalmt, und sie wurden wie Spreu aus den Sommertennen.“
Im Fallen des letzten Reiches fallen alle. D. h., es geht um die menschliche Weltmacht an sich. Sie gestaltet sich in vier aufeinander folgenden Reichen. Das eine setzt sich fort im nächsten. Dass nur vier genannt werden, bedeutet nicht, dass die gesamte Geschichte der Menschheit bis zum Gottesreich sich nur in vier Reichen erschöpft. Der zeitliche Zusammenhang ist zu wahren. Es geht um Daniels Zeit und um die nachfolgenden Reiche bis zum Höhepunkt der Bedrängnis, nämlich der durch Antiochus. Dann kommt der Blick aufs Ende.
V. 35M: „Und der Wind trug sie hinweg, und es wurde keine Spur von ihnen gefunden. Und der Stein, der das Bild geschlagen hatte, wurde zu einem großen Berge und füllte die ganze Erde.“ (Vgl. Jesaja 2, 2: Und es wird geschehen gegen Ende der Tage, da wird der Berg des Hauses Jahwehs feststehen auf dem Gipfel der Berge und erhaben sein über die Hügel; und alle Völker werden zu ihm strömen.)
V. 36: „Das ist der Traum. Und seine Deutung wollen wir vor dem König ansagen:“
V. 37: „Du, König, du König der Könige, dem der Gott des Himmels das Königtum, die Macht und die Gewalt und die Herrlichkeit gegeben hat, 38 – und überall, wo Menschensöhne, Tiere des Feldes und Vögel des Himmels wohnen, hat er sie in deine Hand gegeben und dich zum Herrscher über sie alle gesetzt – du bist das Haupt von Gold.“
Daniel betont, dass Nebukadnezar seine Königsherrschaft von Gott direkt empfangen hat. Nebukadnezar ist das „Haupt von Gold“, das personifizierte neubabylonische Reich. Der König repräsentiert das Reich. Das neubabylonische Reich dauerte von 605 bis 539/538 v. Chr.
V. 39: „Und nach dir wird ein anderes Königreich aufstehen,…“
Nicht ein anderer König, sondern ein anderes Reich. Vgl. 7, 17. Die vier Teile des Standbilds sind nicht Nebukadnezar, Belsazar, Darius, Kyrus. Die zwei Arme (V. 32) könnten bedeuten, dass es sich um Doppelreich handelt: Medo-Persien. In Dan 8 wird dieses Reich als Widder mit zwei Hörnern dargestellt.
V. 39: „nach dir“: Es gibt ein „Nach-Dir.“ Die Weltmacht Babel wird ein Ende haben. Welch ein Schock für den mächtigsten Mann der damaligen Supermacht! Hatte er sich gedacht, die babylonische Weltmacht werde für immer bleiben? Noch nie hatte es ein so großes Reich gegeben. Es wäre wohl keinem in den Sinn gekommen, den König zu fragen, wen er für den größten Menschen auf Erden halte. Aber in dem Traum wurde jener große Koloss schließlich zerschmettert. Dass der König daraufhin nicht mehr schlafen konnte, ist verständlich. Das war beunruhigend. Das war auch der Grund, warum er so sehr darauf aus war, zu erfahren, was der Traum bedeutete. Und er musste wissen, ob seine Gelehrten, Weisen und Zauberer wirklich die Wahrheit sagten. Nun erfährt er sie: die Wahrheit über sich und sein Königreich.
V. 39: „niedriger als du“:
Das medopersische Reich (539/538 – 334/333 v. Chr.) war zwar an Ausdehnung größer als das babylonische Reich, aber niedriger, was die Autorität des Königs und was die innere Einheit betraf. Von Anfang an mangelte es dem Reich an innerer Einheit. Die Meder und Perser eiferten um die Herrschaft.
Dass in K. 6, 1 nur das Mederreich erwähnt wird, muss nicht bedeuten, dass in der Danielprophetie das Perserreich gesondert (also als das dritte Königreich) angeführt wäre. Das Mederreich des Darius umspannte die gesamte „Erde“. (Vgl. 6, 26: „… an alle Völker, die auf der ganzen Erde wohnten“) Der Ausdruck „auf der ganzen Erde“ passt nicht, wenn nur das Mederreich – ohne Persien – gemeint wäre.
V. 39M: „… und ein anderes, drittes Königreich, von Erz (o.: Kupfer), das über die ganze Erde herrschen wird.“
Das dritte ist das Reich Alexanders von Makedonien (334/333 – 323 v. Chr.). Das makedonische Reich war nicht so königlich wie das Nebukadnezars, aber es breitete sich wie im Fluge nach allen vier Himmelsrichtungen, über die ganze [damalige] Welt, aus. (Vgl. „ganze Erde“, V. 39.) Alexanders Imperium umfasste das heutige Griechenland, Makedonien, Albanien, die Türkei, Bulgarien, Ägypten, Libyen, Israel, Jordanien, Syrien, den Libanon, Zypern, den Irak, den Iran, Afghanistan, Usbekistan, Pakistan und Teile Indiens. Im Jahr seines Todes dehnte es sich auf über 3, 2 Millionen Quadratkilometer aus.
Aber so schnell wie es kam, zerfiel es auch. In 11, 4 wird sein Ende beschrieben: „Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Königreich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden, aber nicht für seine Hinterbliebenen und nicht entsprechend der Macht, mit der er geherrscht hat, denn sein Königreich wird zerstört und anderen zuteilwerden, unter Ausschluss von jenen.“
Das Leben Alexanders (336-323 v. Chr.) bildet einen Wendepunkt in der Geschichte. Er war militärisch so erfolgreich wie kein anderer. Die entscheidenden Schlachten waren die von Granikus (334 v. Chr.), Issus (333 v. Chr.) und Gaugamela (331 v. Chr., der entscheidende Sieg über Darius III.). Alexander gründete Städte mit dem Ziel, dass von ihnen aus die griechische Lebensform ganze Regionen beeinflussen solle. Noch während vieler Jahrhunderte nach seinem Tod war das Griechische die Sprache der Literatur, der Religion und des Handels. Davon profitierte später auch das keimende Christentum. Alexander stieß das Tor der Welt für die Griechen auf. Der „Hellenismus“ (die Durchdringung des Orients durch die griechische Kultur) bildete den Boden für die nachfolgenden Reiche. Alexanders Lehrer Aristoteles lehrte ihn, man sollte alle Menschen unter eine „Hausbleibe“ (oikoumenee) bringen. Ziel sollte die Verbrüderung aller Menschen sein. Diese Idee blieb jedoch ein Traum. Weder mit Macht noch Diplomatie oder Korruption konnte Alexander Frieden unter den Völkern schaffen. Das Gegenteil erreichte er: Im Namen von Kultur und Fortschritt überzog er die halbe Welt mit Kriegen und hinterließ nichts als Scherben.
Alexander wollte im Jahr 323 die arabische Halbinsel unterwerfen, durch Libyen ziehen und Karthago angreifen. Aber er kam nur bis Babylon. Dort, nach durchzechten Nächten, erkrankte er. Der „große“ Mann, der seinen Soldaten vor der entscheidenden Schlacht gegen die Übermacht der Perser zugerufen hatte: „Besiegt eure Furcht, und ich verspreche euch, ihr werdet auch den Tod besiegen!“, der Heerführer, der nie einen Krieg verlor, unterlag im Kampf gegen den Tod. Alexander starb am 13. Juni 323 v. Chr. in Babylon an Fieber (wahrscheinlich Malaria). Er hat die ganze Welt gewonnen aber seine Seele verloren.
Welches Königreich damit gemeint ist, darüber sind sich die Ausleger nicht einig. Traditionell wird Rom als das vierte angenommen. Aber das ist weit hergeholt. Die Antwort liegt im Buch Daniel selbst. In Dan 11 erfahren wir von einem zweigeteilten nachalexandrinischen Reich: Zuerst wird der Zerfall des Alexanderreiches beschrieben (11, 3.4): „Und ein tapferer König wird aufstehen, und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln. 4 Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Königreich zertrümmert werden und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden, aber nicht für seine Hinterbliebenen und nicht entsprechend der Macht, mit der er geherrscht hat, denn sein Königreich wird zerstört und anderen zuteilwerden, unter Ausschluss von jenen.“
Dann, ab V. 5, lesen wir von zwei Königen, einem „König des Südens“ und einem „König des Nordens“: „Und es wird mächtig werden der König des Südens, und einer von seinen Obersten, der wird über ihn hinaus mächtig werden und wird herrschen. Seine Herrschaft wird eine große Herrschaft sein.“ Jener „Oberste“, ein ehemaliger Feldherr des Südreiches, bildete das syrische Seleukidenreich. Der König dieses Reiches, Seleukus I, wird in Dan 11 „König des Nordens“ genannt; der König des ptolemäischen Reiches (Ptolemäus I.), welches Ägypten umspannte, „König des Südens“.
V. 40: „Ein viertes Königreich aber wird stark sein wie Eisen; ebenso wie das Eisen alles zermalmt und zerschlägt, so wird es, dem Eisen gleich, das zertrümmert, alle diese zermalmen und zertrümmern.“
Die Diadochen (wörtl.: „Nachfolger“) waren Feldherren aus Alexanders Heer und deren Söhne, die nach dessen unerwartetem Tod 323 v. Chr. um die Macht stritten und sich mit wechselnden Bündnissen in den so gen. Diadochenkriegen bekämpften und sich dann die Gebiete des Reiches untereinander „aufteilten“. Seleukus I. bekam Syrien und die östlichen Teile des Alexanderreiches bis zum Indus.
V. 41: „Und dass du die Füße und die Zehen teils von Töpferton und teils von Eisen gesehen hast: es wird ein geteiltes (o.: gespaltenes) Königreich sein; …“
Aus dem Nachfolgereich Alexanders gingen nach anfänglicher Teilung in vier Königreiche vor allem das Reich der Ptolemäer (Ägypten) und das Reich der Seleukiden (Syrien und die Länder bis zum Indus) als die dominierenden hervor.
Die Ptolemäer und Seleukiden (ab ca. 301) dominierten bis zum Tod des Antiochus IV. (164 v. Chr.) die damalige Welt.
Von Alexander und den nachfolgenden Königen lesen wir im MakkabäerBuch (1. Makkabäer 1, 1-10; Übersetzung nach H. Menge): „Nachdem Alexander, der Sohn des Philippus, der Mazedonier, aus dem Lande Chittim (Griechenland) ausgezogen war und Darius, den König der Perser und Meder, besiegt hatte, herrschte er als König an dessen statt, während er vorher nur über Griechenland geherrscht hatte. Er unternahm dann viele Kriege, eroberte zahlreiche Festungen und ließ Könige der Erde hinrichten. Er drang bis an die Enden der Erde vor und plünderte eine Menge von Völkern aus. Als nun die ganze Erde unterworfen vor ihm lag, da wurde er übermütig und hochfahrenden Sinnes. Er brachte eine überaus starke Heeresmacht zusammen und gewann die Herrschaft über Länder, Völker und Fürsten, die ihm tributpflichtig wurden. Schließlich aber, als er aufs Krankenlager geworfen war und den Tod nahen fühlte, berief er seine vornehmsten Diener, die seine Genossen von Jugend auf gewesen waren, und verteilte sein Reich unter sie noch bei seinen Lebzeiten. Als Alexander dann nach zwölfjähriger Regierung gestorben war, übernahmen seine Diener die Herrschaft, ein jeder an dem ihm zugewiesenen Platze; sie setzten sich alle nach seinem Tode das Diadem (d. i.: die Krone) auf und ebenso ihren Söhne nach ihnen, lange Jahre hindurch, und richteten viel Unheil auf der Erde an. Aus ihnen ging nun ein gottloser Spross hervor, nämlich Antiochus Epiphanes („der Erlauchte“), der Sohn des Königs Antiochus; er war als Geisel in Rom gewesen und im 137. Jahre der griechischen Herrschaft (d. i. 175 v. Chr.) zur Regierung gelangt.“
Zu den Diadochenkämpfen ein Auszug aus Wikipedia:
„Alexander der Große starb am 10. Juni des Jahres 323 v. Chr. in Babylon. … Ptolemaios erhielt Ägypten, Thrakien fiel an Lysimachos, Eumenes erhielt das noch zu erobernde Kappadokien und Lykien, Pamphylien sowie Pisidien gingen an Antigonos und Seleukos wurde Kommandeur der Elitekavallerie der Hetairen. Das Reich Alexanders war damit noch keineswegs aufgeteilt, sondern blieb formell eine Einheit. Den meisten Heerführern dürfte klar gewesen sein, dass ihr Ausgleich nicht von langer Dauer sein würde, …. Die Zukunft sollte den Königreichen der Diadochen und den griechischen Staatenbünden gehören.
Bald nach der Verteilung der Satrapien traten die nur mühsam unterdrückten Konflikte offen zu Tage.
… Ptolemaios spekulierte … auf eine Abspaltung seines Herrschaftsgebiets vom Reich. 321 v. Chr. griff der von Eumenes unterstützte Perdikkas Ägypten an, doch scheiterte er am Nilübergang und wurde daraufhin von seinen eigenen Offizieren, darunter Seleukos, ermordet. Dieser erhielt … die Satrapie Babylonien. Antigonos wurde zum Heerführer in Asien ernannt ... Antipatros überging bei der Regelung seiner Nachfolge seinen Sohn Kassandros …. Kassandros schloss sich daraufhin der Allianz von Antigonos, Ptolemaios und Lysimachos an. Die nachfolgenden Kämpfe … zogen sich über Jahre hin. … Kassandros eroberte Makedonien ….
Antigonos strebte … nach der Alleinherrschaft. Er sicherte seine Position in Asien und vertrieb 315 v. Chr. Seleukos, der zu Ptolemaios floh. 312 v. Chr. besiegten diese beiden Demetrios, den Sohn des Antigonos, bei Gaza. Seleukos kehrte nach Babylon zurück, sicherte in den folgenden Jahren seine Machtbasis und brachte auch den Osten des Reiches unter seine Herrschaft.
Auch die Macht der Antigoniden wuchs nach der Niederlage von Gaza wieder an. Demetrios, der Sohn des Antigonos, erkämpfte sich … in Griechenland und Makedonien eine stabile Machtstellung. 306 v. Chr. nahmen er und sein Vater den Königstitel von Makedonien an, … Im Jahr darauf nahmen auch die anderen Diadochen jeweils eigene Königstitel an. …
Um seine Schlagkraft zu erhöhen, erneuerte Demetrios im Auftrag seines Vaters 302 v. Chr. den Korinthischen Bund und übernahm dessen Führung. Den beiden Antigoniden stand nun eine Koalition bestehend aus Kassandros, Lysimachos und Seleukos gegenüber, während Ptolemaios den Lauf der Dinge abwartete. Es kam erneut zu Kämpfen, die mit der Schlacht von Ipsos im Jahr 301 v. Chr. endeten, in der Antigonos fiel. Mit ihm wurde faktisch auch die Idee der Reichseinheit zu Grabe getragen, da keiner der anderen Herrscher die Macht hatte, das Reich noch einmal zu einen.
In der Zeit nach 301 v. Chr. stellte sich ein gewisses Gleichgewicht ein, ein mehrjähriger, aber labiler Friede, der im Jahr 288 v. Chr. endete. Demetrios versuchte nach dem Tod des Kassandros, eine Machtstellung zu erlangen, die vergleichbar mit der seines Vaters war. Lysimachos und Pyrrhos von Epirus drangen in Makedonien ein, zwangen Demetrios zur Flucht und teilten Makedonien unter sich auf, wobei Lysimachos sich bald als Alleinherrscher durchsetzen konnte. Demetrios starb später in seleukidischer Gefangenschaft. Gegen das nun formierte Reich des Lysimachos, das auch große Teile Kleinasiens umfasste, zog Seleukos 281 v. Chr. in den Krieg. Zwar siegte er in der Schlacht von Kurupedion über Lysimachos, doch wurde er kurz darauf von Ptolemaios Keraunos ermordet, dem ältesten Sohn des Ptolemaios, der selbst die makedonische Königswürde anstrebte. 276 v. Chr. übernahm schließlich Antigonos’ Enkel Antigonos II. Gonatas die Macht in Makedonien. Beide Ereignisse markieren das Ende des Zeitalters der Diadochen.
Als Ergebnis der Kämpfe hatten sich drei große Nachfolgestaaten gebildet, die bis zum Auftreten Roms im 2. Jahrhundert v. Chr. Bestand haben sollten: das Ptolemäerreich in Ägypten, das Seleukidenreich in Asien und das Antigonidenreich in Griechenland.“
Zu Seleukus (aus Wikipedia: Stichwort „Diadochen“):
„Seleukos … begleitete Alexander den Großen auf dessen Asienfeldzug und zeichnete sich bei den Kämpfen in Indien 326 v. Chr. aus. Nach Alexanders Tod erhielt Seleukos keine eigene Satrapie. 321 v. Chr. war er in die Ermordung des Regenten Perdikkas verwickelt und erhielt bei der zweiten Reichsteilung die Satrapie Babylonien. Nach Konflikten mit Antigonos gewann er mit der Unterstützung des Ptolemaios Babylonien 312 v. Chr. endgültig als Herrschaftsgebiet. 305 v. Chr. nahm Seleukos wie die anderen Diadochen den Königstitel an. Zwei Jahre später schloss er, nachdem er den Osten des Iran unterworfen und bis in den Punjab vorgestoßen war, mit dem indischen Herrscher Chandragupta Frieden. … In der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr. … besiegte er zusammen mit Lysimachos den Antigonos. 285 v. Chr. nahm er Demetrios, den Sohn des Antigonos, gefangen. Vier Jahre später besiegte er Lysimachos in der Schlacht bei Kurupedion. Seleukos wollte nun Makedonien und Thrakien in Besitz nehmen, wurde aber kurz nach dem Übertritt nach Europa von Ptolemaios Keraunos ermordet. Seleukos hinterließ seinem Sohn Antiochos I. mit dem Seleukidenreich das größte, aber auch heterogenste Diadochenreich.“
Zurück zu Dan 2:
V. 41.42: „Und dass du die Füße und die Zehen teils aus Töpferton und teils aus Eisen gesehen hast: Es wird ein geteiltes Königreich sein; aber von der Festigkeit des Eisens wird in ihm sein, weil du Eisen mit lehmigem Ton vermischt gesehen hast. 42 Und die Zehen der Füße, teils von Eisen und teils von Ton: zum Teil wird das Königreich stark sein, und ein Teil wird zerbrechlich sein.“
Der Teil aus Eisen (die Schenkel aus Eisen, V. 33) und der aus EisenTon (d. h., die Füße „teils aus Eisen und teils aus Ton“, V. 33) gehören zusammen. Gemäß V. 40 bilden sowohl Schenkel wie Füße das vierte Reich. Dieses vierte Königreich wird gemäß V. 41 „ein geteiltes Königreich sein“, sein nicht werden. Das bedeutet, dass das vierte Reich von Anfang an als ein in zwei Teile gespaltenes dargestellt wird.
Über dieses wird Zweierlei ausgesagt: Erstens, dass es „stark sein wird wie Eisen“ (V. 40), d. h., so wie Eisen alles zermalmt und zerschmettert, wird es jene anderen Reiche (das dritte, das das zweite beinhaltet und das zweite, das das erste beinhaltet) zermalmen und zertrümmern. Hier ist eine Anspielung auf die vielen und schweren Kämpfe in der Diadochenzeit, aus welchen schließlich das seleukidische Reich als stärkstes hervorging. Aber das seleukidische wird in enger Verbindung mit dem ptolemäischen gesehen. Die zweite Aussage, die über jenes vierte Reich gemacht wird, ist, dass ein Teil davon stark ist wie Eisen und ein Teil schwach wie Ton. In Dan 11 (V. 19.21.27.29.30) wird aufgezeigt, wie der stärkere Teil (das Eisen; d. i. der König des Nordens) des Öfteren versuchte, den schwächeren Teil (den Ton; d. i. den König des Südens) zu besiegen. Aber es gelang nicht.
V. 43 „Dass du das Eisen mit lehmigem Ton vermischt gesehen hast: Sie werden sich durch Menschensamen mischen, aber aneinander haften werden sie nicht, gleichwie Eisen sich mit Ton nicht vermischt.“
Die Erfüllung: Die seleukidischen und die ptolemäischen Herrscher versuchten das geteilte Reich durch Heiratspolitik zu einen. Es gelang aber nicht.
Dan 11, 6 erklärt ausführlicher: „Und am Ende von Jahren werden sie sich verbünden, und die Tochter des Königs des Südens wird zum König des Nordens kommen, um einen Ausgleich zu bewirken. Aber sie wird nicht die Kraft behalten. Und er wird nicht bestehen noch sein Beistand. Und sie wird dahingegeben werden, sie und die sie zugeführt haben, und der, der sie gezeugt und unterstützt hat in jenen Zeiten.“ Ebenso V. 17: „Und er wird sein Angesicht darauf richten, mit der Macht seines ganzen Königreiches zu kommen, Gerades im Sinne habend, und wird [entsprechend] handeln. Und er wird ihm die Tochter [seiner] Frauen geben, [aber nur,] um sie zu verderben. Und sie wird nicht bestehen, und ihm wird [durch sie] nichts werden.“
Manche Ausleger deuten das vierte Reich auf Rom. Manche sprechen sogar von einem fünften Reich, einem zehngeteilten NeuRom.
Der Text spricht aber nur von einem vierten Reich, und zwar von einem zweigeteilten. Das Römerreich war von Anfang an ein einheitliches und blieb es bis ins vierte Jahrhundert, knapp vor dem Fall Westroms. Das im Jahr 394 n. Chr. abgeteilte Ostrom hielt sich bis 1453; aber auch dieses war nicht ein zweigeteiltes Reich. Die Zeit, in der Westrom und Ostrom als geteilte Reiche nebeneinander existierten (395 bis zur Plünderung Roms 410 n. Chr. durch die Westgoten und bis zur Absetzung des letzten römischen Kaisers Romus Augustulus durch den germanischen König Odoaker, 476 n. Chr.) ist verhältnismäßig kurz.
Auch spricht der Zusammenhang gegen die Rom-These, denn es geht im Buch Daniel nicht um moderne europäische Weltgeschichte, sondern um die Zeit, die auf das Perserreich und Alexanderreich folgte.
Die Prophetien im Danielbuch waren für die (ab 538 v. Chr.) zurückgekehrten Juden der nachbabylonischen Zeit sehr wichtig. Diese hatten von Hesekiel und Jeremia prophetische göttliche Weissagungen über die Rückführung Israels empfangen und über die darauf folgende Errichtung eines ewigen neuen Bundes (Jeremia 31, 31ff; Hesekiel 37, 26), sowie über das Kommen des neuen „David“ (Jeremia 30, 9; Hesekiel 34, 23.24; 37, 24.25; vgl. Hos 3, 5) bzw. des Sprosses Davids (Jeremia 23, 5; 31, 15) und über die Ausgießung des Geistes auf das Volk (Hesekiel 11, 19; 36, 26.27; 37, 14; 39, 29; Joel 3, 1-5; Sacharja 12, 10); das Volk sollte durch Jahweh von seinen Sünden gereinigt und erneuert werden (Hesekiel 36, 25-29; Sacharja 13, 1ff), und Gott würde sein „Heiligtum in ihre Mitte setzen auf ewig“ (Hesekiel 37, 26.28). Nach der Rückführung begann das Volk den Tempel zu bauen; als dieser nach langen Jahren der Unterbrechung endlich im Jahr 516/515 v. Chr. fertiggestellt war, zog die Herrlichkeit Gottes jedoch nicht in den Tempel ein; und es gab keinen König „David“, keine Ausgießung des Geistes und keinen Anbruch der messianischen Zeit. In diese Situation hinein war die Botschaft des Danielbuches von immenser Bedeutung. Die Juden mussten erfahren, dass das Gottesreich noch nicht so schnell kommen würde. Durch das Danielbuch lernten sie: Nach dem Reich der Könige von Medien und Persien (8, 20) wird zuerst das Riesenreich eines griechischen Königs entstehen (8, 21; 7, 6; 2, 39M), und daraus wird dann (nach anfänglicher Spaltung in „vier Königreiche“, 8, 22) ein zweigeteiltes Reich hervorgehen (2, 41), das des „Königs des Südens“ und „Königs des Nordens“ (K. 11).
V. 44A: „Aber in den Tagen jener Könige …“
Die Aufrichtung des messianischen Königreiches geschieht „in den Tagen jener Könige“, d. h., aller erwähnten: der Könige von Babylonien, Medopersien, Makedonien (d. i. Griechenland) und der Könige des zweigeteilten nachalexandrinischen Reiches („König des Südens“ und „König des Nordens“.
Nb.: Das aramäische Wort für „Könige“ wird auch für „Königreiche“ verwendet. Man könnte V. 44A also genauso gut übersetzen: „„Aber in den Tagen jener Königreiche …“
Auf das vierte Reich folgt in der Prophetie direkt das ewige messianische Königreich (2, 44; 7, 13.14.18.26.27). Wie kann das sein? Das Messiasreich folgte doch nicht nahtlos auf das zweigeteilte nachalexandrinische Reich. Wieso also kam im Traum Nebukadnezars das fünfte Reich, das Königreich des Messias, unmittelbar auf die Zerschlagung der vier Reiche?
Wenn wir die alttestamentliche Prophetie studieren, finden wir folgendes Phänomen öfters: Es ist in der biblischen Prophetie üblich, dass der Prophet mit verkürzter Perspektive in die Zukunft blickt. Das heißt, er sieht nicht die unbestimmt lange Zeitperiode zwischen der näheren Zeit und der in weiterer Ferne liegenden Vollendung, der Errichtung des ewigen Gottesreiches durch den Messias.
Hinzu kommt: In der Prophetie im AT bzgl. des Kommens des Messias und seines Königreiches wird nicht unterschieden zwischen einem „ersten“ und einem „zweiten“ Kommen („Parusie“, Ankunft). Die Zeit der Reichsaufrichtung des Messias (zwischen Himmelfahrt und seiner Parusie) wird oft als „Punkt“ geschaut, nicht als „Strecke“.
Ebenso ist es bei anderen Weissagungen im AT. So wird z. B. die Zeit der Bedrängnis Israels unter dem seleukidischen König Antiochus IV. in einem Guss zusammen mit der messianischen Vollendung geschaut. Die zeitliche Perspektive wird also verkürzt dargestellt; die Zeit zwischen Antiochus und dem Erscheinen des Messias werden übersprungen, und das Gericht über Antiochus wird mit dem Kommen des Messias zusammengeblendet. Dieser „Sprung“ hin ist für die alttestamentliche Prophetie typisch. Wieviel Zeit bis zur Vollendung tatsächlich verstreichen wird, wird in der Heiligen Schrift an keiner Stelle geoffenbart.
V. 44: „Aber in den Tagen jener Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das in Ewigkeit nicht zerstört wird, und das Königtum wird keinem anderen Volk überlassen werden.“
Die Aufrichtung des Königreiches geschieht durch Christus. In diesem Reich behält das Volk der Heiligen für immer die Herrschaft. Da gibt es kein „NachDir“ (V. 39)!
V. 44E: „Es wird alle jene Königreiche zermalmen …“
Wann dies geschieht, wird nicht gesagt; lediglich, dass es „in den Tagen jener Könige [bzw. Königreiche]“ geschehen wird. Wie lange das vierte Königreich andauert, wird nicht angegeben. Es wird auch nicht gesagt, dass nicht noch weitere Königreiche folgen könnten.
Gewiss ist: Dann, wenn der Messias sein Königreich vollends aufgerichtet haben wird, werden jene vier politische Mächte und Reiche, mit denen das irdische Israel zu tun hatte (Babylonien, Medopersien, Makedonierreich (Alexanders) und geteiltes griechisches Reich [Seleukiden, Ptolemäer] ), zerstört sein.
Die Zerstörung jener Königreiche geschieht, historisch betrachtet, nicht notwendigerweise für alle zum selben Zeitpunkt.
Das erste Königreich verlor im Jahr 538 v. Chr. seine Macht, nicht zum Zeitpunkt der Vollendung, das zweite 334/334, das dritte 323 v. Chr.; ebenso das vierte Königreich, das geteilte: Es wurde innerhalb der weltlichen Geschichte zerstört; der Fall des Seleukidenreiches begann mit dem Tode des Antiochus IV (164 v. Chr.): Das Reich zerbröckelte immer mehr bis es 100 Jahre später völlig zerfiel (63 v. Chr.).
Seleukiden: „Nach einem mehrere Generationen dauernden Niedergang zu einem syrischen Kleinstaat endete das Seleukidenreich, als der römische Feldherr Gnaeus Pompeius Magnus 63 v. Chr. den letzten seleukidischen König absetzte. Westlich des Flusses Euphrat wurde Rom Nachfolger der Seleukiden, östlich davon das Partherreich.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Seleukidenreich )
Ptolemäer: „Ab 30 v. Chr. wurde Ägypten zunächst als römisches Protektorat regiert; unter Augustus wurde es in das Imperium Romanum integriert und einem praefectus Aegypti unterstellt. Mit dem Untergang des Reiches lässt man gemeinhin die Epoche des Hellenismus enden.“ ( https://de.wikipedia.org/wiki/Ptolemäer )
Nicht lange danach wurde der Christus geboren.
In der Danielprophetie wird die Zerstörung des vierten Königreiches (Seleukiden, Ptolemäer) zusammengeblendet mit dem Kommen des „Menschensohnes“ (K. 7) und der Aufrichtung seines Königreiches, das mit der Auferstehung/Himmelfahrt Christi und seiner Inthronisation zur Rechten Gottes begann.
V. 44E: „… und vernichten; es selbst aber wird bestehen in Ewigkeit, …“
Jesaja 9, 6: „Frieden ohne Ende auf dem Throne Davids und über seinem Königreich … und seines Königreiches wird kein Ende sein“. Vgl. Lukas 1, 32.33.
V. 45: „– entsprechend dem allem, das du gesehen hast: dass von dem Berge ein Stein sich losriss, nicht durch Hände, …”
Der Ausdruck „nicht durch [Menschen]hände“ bedeutet, dass er (bzw. es, das Reich) nicht durch Menschen dieser Schöpfung kommt. (Vgl. 8, 25; Klg 4, 6.)
Der „Stein“ (V. 35) ist Christus und sein Königreich (7, 13.14). In ihm vereinigen sich Person und Königreich in vollkommener Weise. Matthäus 21, 42-44: „Der Stein, den die Bauenden verwarfen, dieser wurde zum Haupt[stein] der Ecke. Vom Herrn her wurde er dieses, und es ist wunderbar in unseren Augen’? 43 Deswegen sage ich euch: Das Königreich Gottes wird von euch genommen werden, und es wird einem Volk gegeben werden, das seine Früchte bringen wird. 44 Und der, der auf diesen Stein fällt, wird zerschmettert werden. Aber auf wen er fällt, den wird er zermalmen.“ (Vgl. 1. Petrus 2, 6-8; Jesaja 8, 14.15; 28, 16.)
Der Herr, von den Bauleuten Israels verworfen, wurde für sein Volk zum Eckstein. Zu ihm kommen weitere Steine hinzu. Dieser Stein ist zugleich auch der Richter, von dem es heißt: „Und der, der auf diesen Stein fällt, wird zerschmettert werden. Aber auf wen er fällt, den wird er zermalmen.“ (Matthäus 21, 44)
V. 45M: „…und das Eisen, die Bronze, den Ton, das Silber und das Gold zermalmte.“
Gemäß V. 34 werden die Füße getroffen – nicht der Kopf. Hier aber wird gesagt, dass alles getroffen wird. Das bedeutet, dass alle vier Königreiche, das babylonische, medopersische, makedonische und seleukidisch-ptolemäische, fallen.
V. 45E: „Der große Gott hat dem König kundgetan, was nach diesem geschehen wird. Der Traum ist sicher, und seine Deutung ist zuverlässig.“
1. Es gibt eine Folge von vier verschiedenen Königreichen, nicht ein kontinuierliches Reich bis zum Kommen des Messias.
2. Kein politisches System ist wirklich stabil. Die Königreiche sind zwar groß, majestätisch, außergewöhnlich und intelligent, gleichzeitig aber instabil. Der Koloss steht auf wackligen Füßen und Zehen. (Zehen sind zuständig für das Gleichgewicht.)
3. Die Reiche – vom babylonischen bis zum seleukidisch/ptolemäischen – nehmen an Qualität ab, werden wertloser, aber härter. Es besteht eine Abwärtsentwicklung, zwar nicht linear nach unten, aber dennoch nach unten. Das „Metall“ – betont den äußeren Glanz dieser Reiche. (Zu Gold/Silber vgl. Maleachi 3, 3, Jesaja 1, 22; zu Bronze/Eisen vgl. Jeremia 6, 28, Hesekiel 22, 18; Jesaja 48, 4.) Das letzte der vier Reiche ist hart, aber (wie die Vermischung von Eisen mit Ton zeigt) unbeständig und instabil.
4. Keine Herrschaft währt länger als Gott es will. Er bestimmt die Dauer jener Königreiche. Er begrenzt die Amtszeit jedes Herrschers. Er setzt den Mächten ihr jeweiliges Ende.
5. Schlussendlich errichtet Gott ein Königreich, das ewiglich bestehen bleibt. Es ist nicht von „dieser Welt“ (Johannes 18, 36). Es entsteht auch nicht derart, dass es sich aus politischen irdischen Königreichen heraus entwickelt, sondern es kommt von außen. Der Stein zerschmettert den „Menschenkoloss“ mit Gewalt. Er selber ist nicht Teil des Kolosses. Er wird zu einem großen Berge und füllt das Land, d. h.: sein Königreich ist allumfassend (Psalm 2, 8). Es entsteht nicht parallel zu dem Bestehen jener vier Reiche, sondern es kam nach deren Zerschlagung, als der Messias starb und auferstand und in den Himmel fuhr „um ein Königreich in Empfang zu nehmen“ (Lukas 19, 12). Jenes Königreich Christi wird unerschütterlich bleiben (Hebräer 12, 28) und ewig dauern.
Nicht in politischen Systemen der Welt ist letzte Stabilität – auch nicht in der modernen Demokratie. Daher sollten wir für die Politiker beten. Wofür konkret? Z. B. für ruhige Zeiten zur ungestörten Verbreitung des Evangeliums (1. Timotheus 2, 1-4).
Nur der „Stein“ (bzw. sein Königreich) ist stabil. Worin besteht die praktische Auswirkung der Stabilität dieses Steines?
a) Wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden. Wer an ihn glaubt, wird zuletzt nicht als Beschämter dastehen, nicht wie einer, der sich leere Hoffnungen gemacht hat (1. Petrus 2, 6-8; Römer 5, 3-11).
b) Wer an ihn glaubt, muss nicht hastig eilen. Jesaja 28, 6: „Darum sagt mein Herr, Jahweh, so: Siehe! – Ich bin es, der in Zijon einen Grundstein legt, einen erprobten, bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, einen, der ein trefflich gegründetes Fundament ist. Wer vertraut, wird nicht entweichen, eilen müssen.“
So manche Christen irren hastig umher, eilen durch die Welt und lassen den Herrn zurück, bauen nicht auf den Eckstein Christus und verlieren ihre Stabilität.
Wo findet man in dem hastigen Leben Stabilität? – Nur dort, wo wir stille werden und „zu ihm kommen“ (1. Petrus 2, 4).
V. 46: „Da fiel der König Nebukadnezar nieder auf sein Angesicht und verneigte sich tief vor Daniel und sprach, man solle ihm Gaben und Wohlgerüche darbringen. Der König antwortete Daniel und sagte: ‚Wahrheit ist’s, dass euer Gott der Gott der Götter ist und der Herr der Könige, und ein Offenbarer der Geheimnisse, da du dieses Geheimnis zu offenbaren vermochtest.‘ 48 Dann machte der König den Daniel groß und gab ihm viele große Geschenke, und er setzte ihn zum Herrscher über die ganze Provinz Babel und zum Obervorsteher über alle Weisen von Babel. 49 Aber Daniel erbat sich vom König, dass er Sadrach, Mesach und Abednego über die Verwaltung der Provinz Babel setze. Daniel aber verblieb im Tore des Königs.“
Gottes Name und die Heiligen des Höchsten (Daniel und seine Freunde) werden erhöht.
In K. 7 erfahren wir, dass alle Heiligen erhöht werden, zusammen mit dem Menschensohn. Gott ist und bleibt der Höchste des Himmels (V. 44), der große Gott (V. 45), der Gott der Götter (V. 47). Aber er lässt sein Volk an seiner Hoheit und Königsherrschaft teilnehmen.
Der König machte Daniel „groß“ und gab ihm „große“ Geschenke. Größe ist ein wichtiges Thema in der Bibel – und in Babel (2, 31; 3, 1; 4, 7.8; 1. Mose 11, 4).
Die Frage stellt sich uns: Was ist wahre Größe? Welcher Art Größe ist es, die Macht und Einfluss in der Gesellschaft hat? Wir erinnern uns an Josef in der damals führenden Weltmacht Ägypten (1. Mose 39-41). Worin bestand die wahre Größe Josefs und Daniels?
Nicht in der äußeren Autorität, sondern in ihrem Charakter! Sie gaben Gott die Ehre.
Wie kann ich groß werden? Nicht durch mich selbst, sondern nur durch den, der sagte: „Ich werde deinen Namen groß machen.“ (1. Mose 12, 2)
Wahre Größe liegt in dem, was Gott uns gibt: Gnadengaben, Aufgaben, Kraft – ob direkt oder indirekt, ob in der Öffentlichkeit oder im Verborgenen, Beter, die Gott in sich arbeiten lassen, können vieles tragen und ertragen. Ihr Charakter wird geformt.
Wahre Größe liegt im Charakter – und der bleibt nicht selten vor anderen verborgen.
Daniels Charakter hatte große Auswirkungen im politischen Leben und in der Gesellschaft Babels. Seien wir dankbar für solche Leute!
„Im ersten Jahr Belsazers, des Königs von Babel, (d. i. im Jahre 553 v. Chr.) schaute Daniel ein Traumbild und Gesichte seines Hauptes auf seinem Bett. Und er schrieb den Traum auf und berichtete die Summe der Sache. (o.: Und dies ist der vollständige Bericht.) 2. Daniel hob an und sprach: Ich schaute in meinem Gesicht in der Nacht, und siehe, die vier Winde des Himmels brachen los auf das große Meer.”
Die vier Winde des Himmels (Winde aus den vier Himmelsrichtungen) können geistliche Mächte darstellen. (Vgl. Offenbarung 7, 1f: „Und nach diesem sah ich vier Engel an den vier Ecken der Erde stehen, die die vier Winde der Erde zurückhielten, damit kein Wind wehe über die Erde noch über das Meer noch über irgendeinen Baum.”)
Die Vier ist die Zahl der geschaffenen Welt. (Vgl. die vier Teile der Schöpfung in Offenbarung 14, 7: „… betet den an, der den Himmel und die Erde machte und das Meer und die Wasserquellen.”)
Die vier Weltmächte stehen im Gegensatz zum Königreich Gottes.
V. 3: „Und vier große Tiere stiegen aus dem Meer, ein jedes verschieden vom anderen.”
Die Tiere stehen im Gegensatz zum Menschen. Sie schauen nicht zum Himmel auf, richten sich nicht nach Gott aus (vgl. 4, 31). Damit wird dargestellt, dass die Herrscher unvernünftig sind. Sie fragen nicht nach Gott, lassen sich von ihm nicht belehren. Die Tiere sind stumm (Judas 10; 2. Petrus 2, 12). Damit wird vielleicht dargestellt, dass die Herrscher jener Weltmächte nicht beten. Tiere sind gewissenlos. Die hier dargestellten Herrscher kennen letztlich keine Moral, anerkennen nicht (oder kaum) die absoluten Werte und Normen.
„…stiegen aus dem Meere herauf, …”
Das Meer ist das Völkermeer, das Völkergewoge, die aufgeregte Völkerwelt. (Vgl. Offenbarung 17, 15: „Und er sagt zu mir: „Die Wasser, die du sahst, wo die Hure sitzt, sind Volksscharen und Volksmengen und Völker und Sprachen”; Jesaja 17, 12: „Wehe dem Getümmel vieler Völker! Wie das Brausen der Meere brausen sie; und dem Rauschen von Völkerschaften: wie das Rauschen gewaltiger Wasser rauschen sie.”)
„ … ein jedes verschieden vom anderen.”
Die Unterschiede in der Beschreibung dieser Reiche sind von Bedeutung. Die vier Raubtiere stehen für die rohe Stärke und die Destruktivität jener Weltmächte. Der „Menschensohn” von V. 13.14 steht, im Gegensatz dazu, für die Würde, Intelligenz und Erhabenheit des Gottesreiches und seines Herrschers.
Wir erfahren hier, wie Gott die Reiche betrachtet. Der Standpunkt des Höchsten wird eingenommen. Nebukadnezar (K. 2) sah den äußerlichen Glanz, Daniel sieht das wahre Wesen der Königreiche.
Skizze zu den vier Königeichen in Daniels Visionen in K. 2 und 7 und 8:
K. 2 |
K. 7 |
K. 8 |
Deutung |
Gold |
Löwe |
|
1. Babylonien |
Silber |
Bär |
Widder |
2. Medopersien |
Kupfer |
Parder [= Panther] |
Ziegenbock |
3. Makedonisches Reich |
Eisen und Ton |
Tier mit 10 Hörnern → kleines Horn |
→ kleines Horn |
4. Seleukidenreich (in K. 2 zusammen mit dem Ptolemäerreich; in K. 7 Betonung auf dem Seleukidenreich und seinen Herrschern) |
V. 4: „Das erste war wie ein Löwe …”
Bei archäologischen Ausgrabungen fand man Löwen als Symbol der Babylonier (Löwen mit Flügeln, die den Königshof bewachen).
Vgl. auch Jeremia 4, 7: „Ein Löwe steigt herauf aus seinem Dickicht, und ein Verderber der Völker bricht auf; er zieht von seinem Orte aus, um dein Land zur Wüste zu machen, dass deine Städte zerstört werden, ohne Bewohner.” (Gemeint ist Nebukadnezar.)
Jeremia 49, 19: „Siehe! – er steigt herauf, wie ein Löwe …”
„… und hatte Adlerflügel.”
Die Kombination von „Löwe” (dem König der Wildtiere) und „Adler” (dem König der Lüfte) könnte die Stärke, Sicherheit und Erhabenheit des neubabylonischen Reiches darstellen.
Vgl. Hab 1, 8: „… fliegen herbei wie ein Adler, der zum Fraß eilt.”
Hesekiel 17, 3: „Ein großer Adler mit großen Flügeln, langen Schwingen, voll buntfarbigen Gefieders, kam zum Libanon und nahm den Wipfel einer Zeder. … 12 Sage doch zu dem widerspenstigen Hause: Wisset ihr nicht, was das ist? Sage: Siehe! – der König von Babel ist nach Jerusalem gekommen, und hat seinen König und seine Fürsten weggenommen und hat sie zu sich nach Babel geführt.”
Jeremia 49, 22: „Siehe! – wie der Adler zieht er herauf …”
„Ich schaute, bis ihm die Flügel ausgerissen wurden; …”
Ohne Flügel konnte er (hier ein Bezug auf Nebukadnezar) nicht mehr siegreich über die Erde „fliegen”.
„… und es wurde von der Erde aufgehoben und auf Füße gestellt, wie ein Mensch, und es wurde ihm ein Menschenherz gegeben.”
Das Raubtier wurde in ein menschliches Wesen verwandelt – ein Bezug auf Nebukadnezar: Der König wurde „menschlich”, mit aufrechtem Gang (Vgl. 4, 30-33, die Umkehrung von 4, 13.), eine Anspielung auf seine Bekehrung.
Wenn ein Mensch zu Gott kommt, wird er wahrer Mensch. Er wird seiner ursprünglichen Bestimmung fähig. Er richtet sich empor zum Aufblick auf Gott und beginnt zu Gott zu sprechen. (Vgl. Lukas 11, 14: „Und er trieb einen Dämon aus, der stumm war. Nachdem der Dämon ausgefahren war, geschah es, dass der Stumme redete.”)
Das erste Tier stellt das neubabylonische Reich (605-539 v. Chr.) dar.
V. 5: „Und siehe, ein anderes Tier, ein zweites: es glich einem Bären, …”
Der Bär ist neben dem Löwen das stärkste Raubtier.
„… und es war nach einer Seite hin aufgerichtet [wörtl.: stehend gemacht] …”
Die zwei Seiten könnten die beiden Teile des Reiches darstellen: Medien und Persien. (Vgl. in K. 8 die beiden Hörner des Widders.) In der halb aufgerichteten Stellung könnte die Trägheit der einen Seite dargestellt werden.
Das Aufrichten scheint der Versuch zu sein, den menschlichen aufrechten Gang zu erlangen. Aber nur auf einer Seite gelingt es ihm. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Darius der Meder schlussendlich den Gott Israels anerkannte (6, 26-28).
„… und in seinem Maul zwischen seinen Zähnen waren drei Rippen.”
Die drei Rippen als Beute zwischen seinen Zähnen deuten wohl darauf, dass Medopersien die Reiche Babylonien, Lydien und Ägypten eroberte.
„Und man sprach zu ihm: ‚Stehe auf, friss viel Fleisch!’”
Verzehre deine Beute ganz!
Das zweite Tier stellt das medopersischen Reich (539-333/331 v. Chr.) dar.
V. 6 „Nach diesem schaute ich, und siehe, ein anderes [Tier] – wie ein Panther; …”
Das dritte Tier ist raubgierig, schnell, behände.
„und es hatte vier Vogelflügel auf seinem Rücken; …”
Zuerst werden die Flügeln genannt, weil wohl die Schnelligkeit der Eroberungen betont werden soll.
Mit dem dritten Reich kann nicht Persien gemeint sein, denn die Schnelligkeit der Ausbreitung passt nicht auf Persien. Es scheint das makedonische Königreich (334- 323 v. Chr.) zu sein, das dargestellt wird.
Die Zahl „vier” deutet auf die vier Himmelsrichtungen hin. Das Reich Alexanders von Makedonien breitete sich wie im Fluge über die ganze damalige „Welt” (hebr. eretz, Erde; vgl. 2, 39) aus. Sein Imperium umfasste im Jahr seines Todes (323 v. Chr.) eine Fläche von 3, 2 Millionen Quadratkilometern.
V. 7, 6M „… und das Tier hatte vier Köpfe, …”
Sie wachsen nicht nacheinander hervor, sondern sitzen gleichzeitig, nebeneinander auf dem Tier. Manche Ausleger deuten diese auf die vier bedeutendsten Generäle Alexanders. Aber es spricht einiges dagegen:
. Alexander war ebenfalls ein Kopf, Antigonos auch; also müsste der Panther sechs Köpfe haben.
. Hinzu kommt: Die Köpfe der Tiere werden in Dan 7 nie als einzelne Herrscher identifiziert; in K. 7 sind die Herrscher „Hörner”, nicht Köpfe.
Die vier Köpfe entsprechen den vier Flügeln und scheinen die Ausbreitung des Reiches über die „ganze Erde” zu unterstreichen. Die Köpfe sehen nach den vier Himmelsrichtungen hin, dorthin, wohin sie zwecks Eroberung ihr Augenmerk richten.
„… und ihm (dem Tier und dem Herrscher, der es repräsentiert: Alexander) wurde Herrschaft gegeben.”
V. 7 „Nach diesem schaute ich in [den] Gesichten der Nacht, und siehe: ein viertes Tier – furchterregend und schrecklich und überaus stark, und es hatte große eiserne Zähne, es fraß und zermalmte, und das Übrige zerstampfte es mit seinen Füßen; …”
Das vierte Tier wird als besonders schrecklich und zerstörerisch dargestellt. Was es nicht frisst, zertritt es.
„es war verschieden von allen vorherigen Tieren; …”
Das vierte Tier findet in der von Gott geschaffenen Natur keine Entsprechung. Und es verhält sich anders. Es zerstört rücksichtslos. Die Zerstörungswut ist das, was es von den anderen so stark unterscheidet.
Nach dem Tod Alexanders (323 v. Chr.) kam es nach jahrelangen Kämpfen zur Reichsteilung und zum Zerfall der einigenden Monarchie. Es entstanden zuerst fünf, danach vier, danach drei Reiche, genannt „Diadochenreiche („Diadochen” sind Nachfolger. Gemeint sind die ehemaligen Generäle Alexanders, vor allem Antigonus, Ptolämäus, Kassander, Seleukus und Lysimachus.) Abgeschlossen wurde der Prozess erst 22 Jahre nach dem Tod Alexanders: Antigonus wurde bei Ipsus im Jahr 301 v. Chr. besiegt. Die verbleibenden vier Generäle teilten sich das Reich: Ptolemaius erhielt Ägypten, Palästina und Teile Arabiens. Seleukus erhielt Syrien (das vorerst Antigones gehörte), Babylon und Phrygien. Ab 301 v. Chr. regierte Seleukus I von Syrien bis Indien. Ptolemaius und Seleukus beherrschten den größten Teil des Alexanderreiches. Dieses so geteilte Alexanderreich war für den weiteren Verlauf von großer Bedeutung, weshalb es in 2, 40-43 erwähnt wird.
Die anderen beiden Generäle Alexanders waren Lysimachus (er erhielt Thrakien und Bithynien in Kleinasien, aber sein Reich endete bereits 281 v. Chr.) und Kassander (er erhielt Mazedonien und Griechenland; er blieb –für Israel – unbedeutend.).
Einen Hinweis darauf, dass das vierte Tier ein zweigeteiltes Reich darstellt (wie in 2, 41), gibt es hier in K. 7 nicht. (In K. 2 war betont, dass nach Alexanders Tod das Reich in zwei geteilt war: das Reich des „Königs des Südens” und das des „Königs des Nordens”, vgl. Dan 11.)
In der Prophetie in Dan 11 wird geweissagt, dass das Reich Alexanders nach seinem Tode zerfallen würde (11, 4): „Und sobald er (Alexander) aufgestanden ist, wird sein Königreich zertrümmert werden und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden, aber nicht für seine Hinterbliebenen und nicht entsprechend der Macht, mit der er geherrscht hat, denn sein Königreich wird zerstört und anderen zuteil werden, unter Ausschluss von jenen.”
Das Nachfolgereich, das nach der Zertrümmerung des makedonischen Reiches im Norden und im Süden von Israel entstand, war das Reich des „Königs des Südens” und des „Königs des Nordens”. Diese beiden Reiche bestimmten den weiteren Verlauf der Weltgeschichte und – vor allem – der Geschichte Israels, des Volkes Gottes.
Ursprünglich war der „König des Nordens” (Seleukus I.) einer der „Obersten” von Ptolemaius I. gewesen. Dann setzte er sich von Ptolemaius, dem „König des Südens”, ab und gründete das Seleukidenreich. In der Folge war das Seleukidenreich das dominierende. Eben dieses ist hier im Blickfeld.
„und es hatte zehn Hörner.”
Hörner sind Könige. Vgl. Dan 8, 3.5.8-9.
Die zehn Hörner müssen als nacheinander gedacht werden, nicht nebeneinander. Vgl. die Erläuterung zu V. 24. Sie sind nicht dieselben wie die „zehn Hörner” von Offenbarung 17. (Siehe unten.)
Die Sybellinischen Orakel (3:381-400) identifizieren die zehn Hörner mit zehn Herrschern, die vor Antiochus Epiphanes regierten (bzw. Thronanwärter waren). Josephus identifiziert das „kleine Horn” in Dan 7, 20-27 mit Antiochus Epiphanes (Ant. 10.269-75).
Im Übrigen siehe die nähere Besprechung zu den Versen 20-24.
Das vierte Tier stellt das seleukidische Reich (301-164 [bzw. 63] v. Chr.) dar.
V. 8: „Ich betrachtete die Hörner (o.: Ich verweilte, die Hörner betrachtend; ich war am Betrachten der Hörner), und – siehe! –, da stieg zwischen ihnen ein anderes Horn, ein kleines, auf, und drei von den vorigen Hörnern wurden vor ihm ausgerissen [wörtl.: entwurzelt von vor ihm]; …”
Zur Identifizierung der drei siehe die Besprechung zu V. 24.
„… und siehe, an diesem Horn waren Augen wie Menschenaugen”
Menschenaugen sprechen von menschlicher Intelligenz. Dieses Horn ist im Wesen tierisch (destruktiv), aber intelligent. Das ist eine gefährliche Kombination.
„… und ein Mund, der große Dinge redete.”
V. 9: „Ich schaute, bis Throne ‹rasch› hingestellt wurden (w.: bis Throne geworfen wurden];”
Das Bild ist das von einer feierlichen Gerichtssitzung, eine ähnlich wie die in Offenbarung 20, 11-15, aber nicht dieselbe.
„… und nieder ließ sich ein Hochbetagter.”
Der Richter ist Gott, seine richtende Ratsversammlung sind die Engel
Vgl. Psalm 89, 8: „Der Mächtige ist zu fürchten im Ratskreis der Heiligen und furchtgebietend über alle rings um ihn her.”
Der „Hochbetagte” ist Gott, der Ewige an Tagen. Das ist eine Umschreibung des Gottesnamens Jahweh. Er sitzt auf dem Thron. (Vgl. Offenbarung 4, 2.3; Hesekiel 1, 26-28.)
Hochbetagter wird er genannt, weil er einerseits sehr, sehr lange lebt (nämlich ewig) und andererseits, weil er reich an Erfahrung und Weisheit ist; und drittens, weil ihm Ehrfurcht gebührt.
„Sein Gewand war weiß wie Schnee, und das Haar seines Hauptes wie reine Wolle; …”
„Weiß” spricht von Reinheit, Heiligkeit (Offenbarung 1, 4).
„… sein Thron war Feuerflammen”
Feuer ist läuternd und richtend (Offenbarung 1, 4) und spricht von verzehrendem Eifer (Hebräer 12, 29).
„und dessen Räder loderndes Feuer.”
Die Räder, in Hesekiel 1, 15-21 fähig, sich nach allen Seiten hin zu wenden, sprechen von Gottes Allgegenwart. Er fährt richtend einher.
V. 10: „Es floss ein Feuerstrom, und er ging von ihm (w. von vor ihm] aus. Tausend mal Tausende dienten ihm, und zehntausendmal Zehntausende standen vor ihm [o. vor seinem Angesicht].
Die Zahl spricht von großer Vielheit. Die Engel sind unzählige. (Vgl. 1. Mose 33, 2; Psalm 68, 18.)
„Das Gericht ließ sich nieder, …”
Das Gericht. beginnt sofort; das Gerichtspersonal setzt sich.
„… und Bücher wurden aufgetan.”
Ähnlich wie in Offenbarung 20, 11-15.
Hier wird dargestellt, dass Gott die Völker richtet – so, wie es ihnen gebührt.”
Jeder Mensch hat ein moralisches Empfinden, das letztlich mit Gottes Gesetz verbunden ist. Gott erscheint, um das zu bestätigen.
Ein Gott, der das Böse nicht richtet, wäre letztlich kein Gott der Liebe.
V. 11: „Dann schaute ich wegen der Stimme der großen Worte, die das Horn redete: ich schaute, bis das Tier getötet, und sein Leib zerstört wurde”
Wer tötete das vierte Tier? – Das wird nicht gesagt. Aber im Folgenden ist die Rede von einem „Menschensohn“, d. h., einem Menschen. Der steht im Gegensatz zum Tier.
Das Bild vom Raubtier spricht von Stärke und Destruktivität. Das Bild vom „Menschen” spricht von höchster Würde und Intelligenz.
Die Herrschaft des Menschensohnes tritt an die Stelle der Herrschaft des Tieres.
„…und dem Brand des Feuers übergeben wurde.”
Wir beachten, dass es das vierte Tier ist, das hingerichtet wird, nicht lediglich das „kleine Horn” von 7, 24-26.
V. 12: „Und was die übrigen Tiere betrifft: …”
Was mit dem Löwen, dem Bären und dem Leoparden (bzw. Panther) geschehen sollte, wurde bisher nicht erwähnt. Der Bericht hierüber wird nun nachgeholt:
„Ihre Herrschaft wurde weggenommen, aber Länge des Lebens wurde ihnen gegeben (o.: gestattet) bis auf Zeit und Stunde.”
Auch die drei vorigen Tiere gingen unter, und zwar nacheinander, ein jedes zu seiner Zeit; denn einem jeden von ihnen ist seine Lebensdauer bis auf die ihm von Gott festgesetzte Zeit und Stunde verliehen.
Auch sie erlebten ihr Gericht. In Dan 2 erfuhren wir, dass Gott es ist, der die Zeiten der Könige und Königreiche bestimmt. Es ist also Gott, der ihnen jeweils ihre Herrschaft verlieh und dann wieder wegnahm.
V. 13: „Ich schaute in [den] Gesichten der Nacht: Und – siehe! – mit den Wolken des Himmels …”
Die „Wolken” deuten auf etwas Himmlisches. Der Menschensohn ist ein Himmlischer. Es ist ausgeschlossen, dass mit dem Bild vom „Menschensohn” das Volk Gottes darstellt sei.
„… kam einer wie eines Menschen Sohn.”
Die Herrschaft der Tiere wird ersetzt durch die Herrschaft des Menschensohnes. Wie wunderbar! Das letzte Wort, die endgültige Herrschaft ist in den Händen eines vollkommenen „Menschensohnes”, in dem keinerlei tierische Eigenschaft ist.
Als der Herr Jesus Christus sich als den „Menschensohn” bezeichnete, tat er dies im Hinblick auf Dan 7, 13. Vor dem Hohen Rat sprach er die Worte: „Von jetzt an [wird geschehen]: Ihr werdet den Sohn des Menschen sehen, sitzend zur Rechten der Kraft und kommend auf den Wolken des Himmels.” (Matthäus 26, 64)
Diese Worte zitierte der Herr Jesus, als er vor den „Bestien” stand, den Hohen Priestern, Schriftgelehrten, Pharisäern und Ältesten der Juden. Sie spuckten auf den vollkommenen Menschen und bedrohten ihn. Er aber drohte nicht, schalt nicht, sondern ging hin, um für sie zu sterben. – Welch ein Mensch!
„… einer wie eines Menschen Sohn.”: Ein himmlisches Wesen in Menschengestalt. Der Menschgewordene!
Dan 7:13E: „Und er kam [eigtl.: gelangte bis] zu dem Hochbetagten und wurde vor denselben gebracht.”
Hier wird das Kommen des Messias geschaut; es werden aber kaum Details gegeben; es wird auch nicht ein erstes von einem zweiten unterschieden. Die atl. Propheten kannten keine Unterscheidung zwischen einem „ersten” und einem „zweiten” Kommen des Messias.
So wird auch hier - wie auch sonst im Alten Testament - kein Unterschied gemacht zwischen Christi Kommen in Bethlehem und Christi Kommen zum Gericht (Lukas 21, 22). Das wird, wie so oft im AT, zusammengeblendet.
Gott übergibt dem „Menschensohn“ das Königtum. Es ist eine offizielle Einsetzung (Inthronisation; Machtübertragung). Historisch betrachtet, dauerte diese Machtübernahme aber länger als einen Tag. Historisch betrachtet: Es musste vom Zeitpunkt der Inthronisation bis zum völligen Besiegung aller Feinde eine Zeitspanne verstreichen. Erst wenn die Feinde des Königreiches zum Schemel seiner Füße gemacht sind, kann man von Vollendung des Reiches sprechen.
Und vom Zeitpunkt der vollendeten Machtübernahme an trifft
zu, was im Folgenden verlautet wird:
„Aber das Königreich empfangen werden die Heiligen des Höchsten. Und sie werden
das Königreich auf ewig besitzen, bis in alle Ewigkeit.“ (Dan 7, 18)
„… bis der Hochbetagte kam, und Recht verschafft wurde den Heiligen des Höchsten, und die Zeit brach an, und die Heiligen nahmen das Königreich in Besitz.“ (7, 22)
„… Und das Königreich und die Herrschaft und die Größe der
Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben
werden. Sein Königreich ist ein ewiges Königreich, und alle Herrschaften werden
ihm ‹den schuldigen und› verehrenden Dienst erweisen und ihm gehorchen.“ (Da 7,
27)
Dan 7, 13.14 spricht gedrängt, zusammenfassend; danach kommen Details. (Vgl.
Dan 7, 22 und die Verbindung zu 7, 13.)
V. 14: „Und ihm wurde gegeben Herrschaft und Herrlichkeit und Königtum, und alle Völker, Völkerschaften und Sprachen dienten ihm; seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergehen wird, und sein Königtum ein solches, das nie zerstört werden wird.”
„Seine Herrschaft ist eine ewige” (hebr. olam, wörtl.: „auf unüberblickbar ferne Zeit”): Die neue Weltzeit, die er einführt, wird „in Ewigkeit bestehen”.
Vgl. 2, 44: „… ein Königreich, das in Ewigkeit nicht zerstört werden wird, und das Königtum wird keinem anderen Volk überlassen werden. Es … wird bestehen in Ewigkeit.”
Lukas 1, 33: „Und er wird ‹als König› herrschen über das Haus Jakobs [bis] in Ewigkeit, und seines Königreiches wird kein Ende sein.”
Tabelle: Ein Vergleich von K. 2 mit K. 7
Daniel K. 2 |
Daniel K. 7 |
Die vier heidnischen Weltmächte und das messianischen Königreich |
|
Nebukadnezars Traum: Die Sicht vom Menschen her |
Daniels Gesicht: Die Sicht von Gott her |
Ein Mensch (Standbild) in vier Teilen |
Vier Raubtiere |
Ende: Ein Stein, der das Standbild zerschlägt |
Ende: Ein Mensch der den Tieren die Macht nimmt |
Metalle: Gold – Silber – Bronze – Eisen bzw. Eisen/Ton (→ härter, wertloser) |
Raubtiere: Löwe – Bär – Leopard/Panther – Zehnhörnertier (→ grausamer, destruktiver) |
1. Reich: Gold = herrlich, majestätisch |
1. Reich: Löwe mit Adlerflügeln und Menschenherz |
2. Reich: Silber (2 Arme) |
2. Reich: Bär (2 Seiten) |
3. Reich: Bronze |
3. Reich: Leopard mit 4 Köpfen und Flügeln |
4. Reich: Eisen bzw. Eisen mit Ton vermischt
|
4. Reich: Schreckenerregendes Zehnhörnertier (10 Hörner ® ein Horn mit Menschenaugen und Menschenmund; 7, 7.8.19.21.23) |
Niedergang am Ende der Reiche: |
|
Unmögliche Mischung von Eisen mit Ton = Mangel an Zusammenhalt und Ausgeglichenheit; fatale Schwachheit und Instabilität – vor allem am Ende |
Unmögliche Mischung von tierischer Kraft/instinktiver Grausamkeit mit menschlicher Intelligenz = Unheimliche Stärke, Brutalität und Destruktivität – vor allem am Ende |
Lektion: Die Weltmächte sind menschlich, majestätisch, aber ihnen fehlt der innere Zusammenhalt. |
Lektion: Die Weltmächte sind stark, aber raubtierartig, grausam, destruktiv und kennen keine Moral. |
Wie wird das messianische Königreich errichtet? |
|
Die Schwachheit wird mit übernatürlicher Gewalt (ohne Hände) durch einen Felsen zerschmettert und ersetzt. Der Fels wird zum Berg und füllt die Erde. |
Die Bosheit und Destruktivität wird durch den „Betagten” genommen (Gerichtsverhandlung) und der idealen Menschheit (dem Menschensohn und seinen Heiligen) gegeben. |
Erklärung zur Tabelle:
Die Metalle werden wertloser und härter, die Tiere grausamer (der Löwe ist stark, der Bär gefräßig, der Panther schnell und das Tier destruktiv, alles zerfressend und zertretend.)
Keines der Gesichte zeigt die vier Weltmächte als ausschließlich und durchgängig schlecht (in K. 2: das Gold ist herrlich; das Eisen stark; in K. 7: das erste Tier richtet sich auf wie ein Mensch, bekommt ein menschliches Herz; das zweite ist auf einer Seite aufgerichtet. Aber beide Gesichte zeigen einen Niedergang der Reiche am Ende.
Wir beachten: Man kann den Charakter der heidnischen Herrschaft, ihre Stärken und ihre Schwächen, von zwei Seiten aus betrachten und bewerten. Nebukadnezars Traum zeigt, dass die heidnischen Regierungen zwar intelligent sind (das Standbild stellt einen Menschen dar) und majestätisch, aber sie sind instabil. Das Nachtgesicht Daniels zeigt, dass die heidnischen Regierungen raubtierartig, grausam, destruktiv sind, sie kennen keine Moral.
Das Gottesreich hingegen ist wie ein großer Felsen (stabil, fest, konstant, K 2) – und allumfassend. Und es ist wie ein vollkommener Menschensohn (K. 7), ausgestattet mit höchster Moral, darstellend die Ebenbildlichkeit Gottes.
Wir lernen: Letztlich ist die Weltgeschichte in den Händen des einen vollkommenen Menschen, Jesus Christus, der allen, die sich ihm anvertrauen, die Gottesebenbildlichkeit wiederherstellt.
V. 15: „Es wurde mein Geist in mir, Daniel, zutiefst beunruhigt in [meinem] Leibe, und die Gesichte meines Hauptes schreckten (o.: ängstigten, bestürzten) mich. 16 Ich nahte zu einem der Dastehenden, um von ihm Gewissheit über dies alles zu erbitten. Und er sagte mir, dass er mir die Deutung der Sache kundtun wolle:”
V. 17: „Diese großen Tiere, deren vier waren: Vier Könige sind’s, …”
Die vier Tiere stellen vier „Könige” dar. Das Wort „Könige” ist hier, wie so oft, im Sinne von „Königreiche” aufzufassen. „Könige” stehen repräsentativ für die Königreiche, die sie regieren.
Als der Engel dem Propheten Daniel das vierte Tier deutete, sagte er (V. 23): „Das vierte Tier [bedeutet]: Ein viertes Königreich wird auf Erden sein, …”. Und in 8, 20 deutete der den Widder als eine Mehrzahl von aufeinander folgenden Königen: „Der Widder mit den zwei Hörnern, den du gesehen hast, die Könige von Medien und Persien sind’s.” Daraus wird klar, dass die Tiere nicht einzelne Könige sind, sondern Reiche.
„… die werden von der Erde aufstehen (o.: sich erheben).”
Das Verb steht in der Zukunftsform, obwohl Daniel zu jener Zeit bereits gegen Ende des ersten lebte. Es sollte die gesamte Entwicklung jener vier Reiche dargestellt werden.
Die vier erheben sich „von der Erde”, im Gegensatz zum Königreich des Menschensohnes, das der Gott „des Himmels” aufrichtet (2, 44).
V. 18: „Aber das Königreich empfangen werden die Heiligen des Höchsten, und sie werden das Königreich auf ewig besitzen, …”
Das heißt, sie werden es erhalten und behalten. Das, was sich die Könige der Erde so sehr wünschten („Der König lebe ewiglich!” 2, 4; 3, 10; 5, 10; 6, 7.22), sollen die Heiligen an sich selbst erfahren: ewiges Leben (12, 2) in einem ewigen Reich!
Mit den „Heiligen‘„ sind die wahren Glieder des Bundesvolkes Gottes, die treuen Gläubigen, gemeint.
Ihnen wird eine ewige Königsherrschaft verheißen, weil sie mit dem König der Könige verbunden werden.
Wir vergleichen:
1. Mose 19, 6: „Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein.”
2. Timotheus 2, 12: „Erdulden wir, werden wir auch als Könige mitherrschen.”
1. Korinther 6, 2: „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten (d. i. regieren) werden?”.
Offenbarung 5, 10: „… und uns machtest zu Königen und Priestern für unseren Gott, und wir werden ‹als Könige› herrschen auf der Erde.”
Offenbarung 22, 5: „Und sie werden ‹als Könige› herrschen in
‹alle› Ewigkeit.”
„… bis in die Ewigkeit der Ewigkeiten [wörtl.: bis in die Weltzeit der Weltzeiten].”
Mit dem Ausdruck „Weltzeit der Weltzeiten” wird im Hebräischen die Ewigkeit ausgedrückt. Das Wort kommt von einem Wort (heb. olam), das ursprünglich eine „unüberblickbar lange Zeit” bedeutet. Es wird auch auf die Zeit einer Welt angewandt. Da die zukünftige Welt kein Ende hat (Dan 7, 14; Jesaja 9, 6), hat auch die zukünftige Weltzeit kein Ende. Die Endlosigkeit der zukünftigen Weltzeit wird im AT und im NT des Öfteren durch die Formulierung „Weltzeit der Weltzeiten” (o.: „Äon der Äonen“) ausgedrückt.
V. 19: „Darauf begehrte ich Gewissheit über das vierte Tier, …”
Das vierte Tier erhält besondere Aufmerksamkeit.
„…, das von allen anderen verschieden war, sehr schrecklich, seine Zähne von Eisen und seine Klauen von Erz, das fraß, zermalmte und das Übrige mit seinen Füßen zertrat, 20 und über die zehn Hörner auf seinem Kopf, …”
„Hörner” symbolisieren Macht und Stärke. Sie stellen in der Prophetie Daniels nicht Königreiche, sondern einzelne Könige dar.
„… und über das andere [Horn], das emporstieg, und vor welchem drei abfielen. Und das Horn hatte Augen und einen Mund, der große Dinge redete, und sein Aussehen war größer als das seiner Gefährten. 21 Ich schaute, wie dieses Horn Krieg führte gegen die Heiligen und sie überwand, 22 bis der Hochbetagte kam, und Recht verschafft (o.: und Gericht ‹und Recht› gegeben) wurde den Heiligen des Höchsten, und die Zeit eintrat, da die Heiligen das Königreich in Besitz nahmen.”
Dann tritt Gott selbst auf den Plan, hält Gericht und verschafft dem Volk der Heiligen Recht.
Das „Kommen“ (o.: Auftreten) Gottes ist ein Bild für das Eingreifen Gottes in der Geschichte. Der Zeitpunkt ist die Zeit des Gerichtes Gottes über das „kleine Horn“. Dann geht der Blick hin zu dem ewigen Gottesreich, das die Heiligen empfangen.
V. 23: „Er sagte so: Das vierte Tier [bedeutet]: Ein viertes Königreich wird auf Erden sein, das verschieden sein wird von allen Königreichen, ...”
Das vierte Tier ist das seleukidische Königreich. Es folgt auf das makedonische und betrifft dasselbe Herrschaftsgebiet.
Die Seleukiden beherrschten den weitaus größten Teil des ehemaligen Alexanderreiches. Dieses Königreich wird unterschieden von den anderen Weltmächten (Babylon, Medopersien und dem Alexanderreich), weil es dem Volk Gottes und dem Heiligtum Gottes in Jerusalem in besonders übler Weise zusetzte.
„… und es wird die ganze Erde fressen und sie zertreten und sie zermalmen.”
Der Ausdruck „die ganze Erde” (o.: „das ganze Land“) bezieht sich auf die Welt, soweit man sie damals kannte, d. h., die Länder ringsum, die Völker bis zum Indus im Osten, bis Ägypten im Süden und bis Kleinasien im Nordwesten. Auch das Alexanderreich (das dritte Tier) betraf die „ganze Erde” (8, 5; 2, 39), ebenso erstreckten sich das medopersische (6, 26) und das babylonische Reich über die „ganze Erde”: Dan 3, 31; 4, 8.17.19.32. (Vgl. ähnliche Ausdrucksweisen mit begrenzter Bedeutung von „Erde”: 1. Mose 41:57; 1Kg 10, 24; Jesaja 13, 5; Jeremia 50, 23; 51, 7.25.41; Römer 1, 8; 10, 18; Kolosser 1, 6.23.)
V. 24: „Und die zehn Hörner [bedeuten]: Aus eben diesem Königreich werden zehn Könige aufstehen, …”
Der Engel gibt konkrete Hinweise bezüglich der Herrscher, die aus jenem Königreich aufstehen sollten. Es besteht kein Anlass die Zehnzahl sinnbildlich („zehn” im Sinne von „viele”) aufzufassen.
Wenn die „zehn” symbolisch zu verstehen wären, was wären dann die „drei” am Ende des Verses? Überhaupt sind in Danielbuch die Zahlen in allen Weissagungen und in den Engelerklärungen nicht sinnbildlich aufzufassen, sondern eins zu eins zu übernehmen.
Ältere Ausleger identifizierten die „zehn Hörner” mit denen des „Tieres” von Offenbarung 17, 12. Aber das ist nicht möglich, denn von jenen heißt es, dass sie zu dem Zeitpunkt, da das Tier an die Macht kommt, noch keine Könige sind; sie bekommen aber gleichzeitig mit dem Tier Autorität. („Und die zehn Hörner, die du sahst, sind zehn Könige, welche noch nicht ein Königreich bekamen; sie bekommen jedoch Vollmacht wie Könige eine Stunde mit dem Tier”, d. h., mit dem Sieben-Köpfe-zehn-Hörner-Tier von Offenbarung 13, 1ff). In Dan 7 hingegen sind sie bereits vor dem Erscheinen des „kleinen Horns” Könige. Und drei von ihnen werden mit dem Erscheinen des „kleinen Horns” erniedrigt, sodass das „kleine Horn” gleichsam der achte König ist. In Offenbarung 17 aber arbeitet das „Tier” (das in der Offenbarung übrigens nicht ein „Horn” ist) mit jenen zehn Königen (die durch ihn Königsmacht erhalten) zusammen.
Manche Bibellausleger meinten, in dem Ausdruck „das Tier, das war und nicht ist, es selbst ist auch ein achter, und er ist von den sieben” (Offenbarung 17, 11) eine Parallele zu Dan 7 erkennen zu müssen. Aber in Offenbarung 17 ist „der achte” nicht ein achtes Horn, sondern ein achter Kopf! Außerdem geht es um das Tier als solches, nicht um seine zehn Mitarbeiter. Und das Tier (in Offenbarung 17) ist „einer von den sieben”. In Dan 7 hingegen ist das „kleine Horn” nicht einer von den sieben Hörnern, die vor ihm da waren.
Eine Gleichsetzung von Offenbarung 17 mit Dan 7 ist daher ausgeschlossen.
Moses Stuart (Commentary on the Book of Daniel, Boston 1850) kommentiert zu den 10 Hörnern: „Einige Ausleger denken, da die zehn Hörner des vierten Tieres in der Vision gleichzeitig erscheinen, müssen sie Königreiche repräsentieren, die zeitgleich, nicht hintereinander, existierten, und sie denken daher, dass es sich um zehn Staaten handele, die aus dem sich auflösenden Römerreich entstehen würden. Aber diese Behauptung wird widerlegt durch die Träume des Obersten der Mundschenken und des Obersten der Bäcker und durch den des Pharaos selbst (1. Mose 40-41). In jenen Träumen symbolisierten die Dinge, die im Traum als gleichzeitig ablaufend gesehenen wurden (z. B. die sieben mageren Kühe, die die sieben fetten auffraßen), im realen Leben Geschehnisse, die in der Realität nacheinander ablaufen sollten. Die 14 Kühe erschienen in Pharaos Traum gleichzeitig, aber das, was sie darstellten, die sieben Überflussjahre und die sieben Hungerjahre, kam hintereinander. Ebenso ist es in der Vision von der Statue in Dan 2: Die vier Metalle, die in der Realität vier nacheinander ablaufende Reiche darstellen, erscheinen als gleichzeitig existierend [und werden alle gleichzeitig durch den Stein zertrümmert].”
(Soweit Stuart; Ergänzung in Eckklammer vom Verf.)
Dan 7:21. Mose „und ein anderer wird nach ihnen aufstehen, und dieser wird verschieden sein von den vorigen,…”
Jener „nach ihnen” Aufstehende kommt nicht mit den zehn Königen gleichzeitig auf.
„ein anderer”: d. i. ein anderer Herrscher, der von den zehn verschieden ist, also ein elfter.
„… und wird drei Könige erniedrigen.”
Der Engel sagt, das elfte Horn (d. i. das „kleine Horn”) werde drei von den insgesamt zehn Königen „erniedrigen”, demütigen. Damit kann entweder gemeint sein, dass er sie nicht zu ihrer Königswürde und -herrschaft kommen lässt, oder dass er sie ihnen nimmt.
Die zehn Hörner des vierten Tiers (Dan 7) sind mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zehn „griechische” Könige des vierten Reiches (ab ca. 312 oder ab 301 v. Chr.) bis zur Zeit des Antiochus IV. Epiphanes (175-164 v. Chr.).
Die zehn Hörner stehen wohl für zehn Könige der Seleukiden.
(Nb: Zählt man Antigonos, der vor Seleucus I. einen großen Teil dieser Gebiete regierte, hinzu, so ergibt sich folgende Liste:
1. Antigonos (bis 312 v. Chr.);
2. Seleucus I. Nicator (312-280);
3. Antiochus I. Soter (280-261);
4. Antiochus II. Theos (261-246);
5. Seleucus II. Callinicus (246-226);
6. Seleucus III. Soter Ceraunus (226-223);
7. Antiochus III. der Große (223-187)
[Fn.: Vgl. Hartman and DiLella, The Book of Daniel, 213-14; Daniel, Baldwin; Tyndale Commentary].
8. Der achte wäre dann Seleucus IV. Philopator (187-175), der im Jahr 175 durch Heliodorus ermordet wurde.
9. Der neunte wäre Demetrius I. Soter (Neffe von Antiochus IV. Epiphanes), den Antiochus Epiphanes im Jahr 178 v. Chr. nach Rom verbannte. (Er wurde später im Jahr 162 v. Chr. doch noch König, vgl. 1. Makkabäer 7, 1-4; 2. Makkabäer 14, 1.2.)
10. Der zehnte wäre entweder der syrische General und Usurpator Heliodorus, der im Jahr 175 Seleukus IV. Philopator ermordete. Er wurde danach Vormund des „Antiochus”, des 5-jährigen Sohnes des Seleukus IV., und als solcher Thronanwärter. Aber Antiochus IV. Epiphanes vertrieb Heliodorus noch im selben Jahr und ließ ihn hinrichten.
Oder der zehnte wäre der minderjährige Thronanwärter Antiochus, dessen Vormund schließlich Antiochus Epiphanes (175-164 v. Chr.) wurde und der im Jahr 170 v. Chr. ermordet wurde.
Falls man Antigonos nicht zu den zehn Königen zählt (weil er ja kein Seleukide war), passt die Liste noch besser:
1. Seleucus I. Nicator (312-280);
2. Antiochus I. Soter (280-261);
3. Antiochus II. Theos (261-246);
4. Seleucus II. Callinicus (246-226);
5. Seleucus III. Soter Ceraunus (226-223);
6. Antiochus III. der Große (223-187)
7. Seleucus IV. Philopator (187-175);
8. der achte ist Demetrius I. Soter (Neffe des Antiochus IV. Epiphanes), den Antiochus Epiphanes nach Rom verbannte;
9. der neunte ist der syrische General und Usurpator Heliodorus; und
10. der zehnte ist der minderjährige Thronanwärter Antiochus, dessen Vormund schließlich Antiochus IV. Epiphanes wurde.
Die drei von Antiochus Ephipanes ausgeschalteten Thronrivalen sind mit großer Wahrscheinlichkeit folgende:
1) Sein Neffe Demetrius 178 v. Chr. (Demetrius I Soter)
2) Der syrische General und Usurpator Heliodorus: Er war zusammen mit Seleukus IV [dem Bruder von Antiochus Epiphanes] aufgewachsen; Heliodorus ermordete Seleukus IV im Jahr 175 und wurde danach Vormund des Antiochus, des 5-jährigen Sohnes des Seleukus IV, und als solcher Thronanwärter. Aber Antiochus vertrieb Heliodorus noch im selben Jahr.
3) Der minderjährige Antiochus (Sohn des Seleukus IV):
Antiochus Epiphanes konnte 175 v. Chr. kampflos die Macht übernehmen, indem er sich zum Vormund seines gleichnamigen minderjährigen Neffen (Antiochus) erklärte, dessen Mutter heiratete und den Mörder seines Bruders Seleukus IV, nämlich den syrischen General Heliodoros, hinrichten ließ. Auf diese Weise verdrängte er den eigentlichen Thronfolger aus der Herrschaft. Er erhielt dafür von der Bevölkerung Syriens den Beinamen Epiphanes („der Erscheinende“) verliehen, da er sich durch die Beseitigung des Usurpators als rechtmäßiger König erwiesen habe. Antiochus ließ sich daraufhin als theos epiphanees („erscheinender Gott“) propagieren und verdrängte seinen minderjährigen Neffen Antiochus, für den er eigentlich nur stellvertretend regieren sollte, aus der Herrschaft. Der gewaltsame Tod des Neffen im Jahr 170 v. Chr. durch Andronicus ging vermutlich auf Antiochus‘ Veranlassung zurück.
Indem er diese drei königlichen Rivalen (Demetrius, Heliodorus und den minderjährigen Antiochus) beseitigte, bemächtigte er sich der Herrschaft.
7, 24: „… und wird drei Könige erniedrigen.”
Der, der die drei vor ihm ausschaltete („erniedrigte”) ist Antiochus IV. Epiphanes (175-164 v. Chr.), der selber nicht rechtmäßiger König war, wie auch aus 11, 21 deutlich hervorgeht: „Und an seiner statt wird ein Verächtlicher aufstehen, auf den man nicht die Hoheit des Königtums legt. Und er wird unversehens kommen und durch Schmeicheleien sich des Königtums bemächtigen.”
Indem er die drei königlichen Rivalen (Demetius; Heliodorus und den minderjährigen Neffen Antiochus) beseitigte, bemächtigte er sich „durch Schmeicheleien” des Königtums (11, 21).
V. 25: „Und er wird Worte reden gegen den Höchsten …”
Auch dieser Vers über das „kleine Horn” wird von vielen Auslegern mit dem Tier von Offenbarung 13 gleichgesetzt: Jenes Sieben-Köpfe-zehn-Hörner-Tier lästert Gott und führt Reden führen gegen ihn. (Offenbarung 13, 6 Und es öffnete seinen Mund zu Lästerung gegen Gott, seinen Namen zu lästern und sein Zelt und die, die im Himmel zelten. Vgl. Dan 7, 21: Ich sah, wie dieses Horn gegen die Heiligen Krieg führte und sie besiegte, …”.) Aber im Buch der Offenbarung ist das Sieben-Köpfe-zehn-Hörner-Tier nicht ein einzelner Herrscher, sondern ein Reich, das jeweils durch den Kopf repräsentiert wird, der gerade herrscht. In Dan 7 hingegen hat das vierte Tier nur einen einzigen Kopf, und das „kleine Horn” ist das elfte in der Reihe von hintereinander regierenden Königen.
Das Horn von Dan 7 kann nicht mit dem Tier (bzw. einem der Köpfe des Tieres) von Offenbarung 13 gleichgesetzt werden. Offenbarung 13 ist eine eigene Prophetie, nicht eine Fortsetzung von Dan 7.
„… und die Heiligen des Höchsten aufreiben (o.: bedrücken), …”
Das Aufreiben des Gottesvolkes durch das kleine Horn Antiochus wird in den K. 8 und 11 detailliert geweissagt.
V. 25M: „… und er wird darauf sinnen, Zeiten (o.: Zeitpunkte; Festzeiten) zu ändern und Gesetz, …”
Unter „Zeiten und Gesetz” sind die von Gott stammenden Grundlagen des religiösen Lebens des Gottesvolkes gemeint, wie sie im Gesetzbuch Mose niedergelegt sind.
Der Begriff „Zeiten” (zeman 2, 9.16.21; 3, 7.8; 4, 33; 6, 11.14; 7, 12.22.25) ist hier also im spezifischen Sinne zu verstehen: „Festzeiten”, „Kultzeiten”. Hier sind die jüdische Festzeiten gemeint.
Vgl. Dan 8, 11.12: „Selbst bis zu dem Fürsten des Heeres wurde es ‹und tat es› groß. Und es nahm ihm das beständige [Opfer] weg, und die Stätte seines Heiligtums wurde niedergeworfen. 12 Und ein Heer wird hingegeben werden samt dem beständigen [Opfer], wegen des Frevels. Und es wird die Wahrheit zu Boden werfen und in seinem Tun Gelingen haben.”
Dass Antiochus IV. das wollte, ist belegt durch
Makk 1, 44-50: „Nun schickte der König durch Boten den schriftlichen Befehl nach Jerusalem und in die Städte Judas, man solle fortan die ausländischen Satzungen und Bräuche beobachten; 45 die Brand-, Schlacht- und Trankopfer sollten im Heiligtum in Wegfall kommen, Sabbate und Feste ungefeiert bleiben; 46 das Heiligtum und die Heiligen (oder: die Geweihten; gemeint sind wohl die Priester und Leviten; oder: alle Gesetzestreuen ?) solle man verunreinigen, 47 Altäre, heilige Haine und Götzentempel errichten dürfen, Schweine und andere unreine Tiere schlachten (d. h. opfern); 48 ihre Söhne sollten sie unbeschnitten lassen und ihr Gewissen mit jeder Art von unreinen und gräuelhaften Dingen beflecken, 49 so dass sie das (mosaische) Gesetz vergäßen und alle heiligen Ordnungen abschafften; 50 und wer dem Gebote des Königs nicht Folge leiste, der solle den Tod erleiden.”
2. Makkabäer 6, 1.2.6.7: „Nicht lange nachher sandte der König einen alten Athener, um die Juden zu zwingen, von den väterlichen Sitten abzufallen und nicht mehr nach den Gesetzen Gottes zu leben; 2 auch sollte er den Tempel zu Jerusalem entweihen und ihn nach dem Olympischen Zeus benennen, und ebenso den Tempel zu Garizim nach dem Gastlichen Zeus (d. h. Zeus der Gastfreundschaft), wie das ja der gastfreundlichen Art der Ortsbewohner entspräche. … 6 und weder fand eine Sabbatfeier statt, noch die Beobachtung der herkömmlichen Feste; ja, es war sogar unstatthaft, sich äußerlich zum Judentum zu bekennen. 7 Dagegen trieb man sie mit roher Gewalt alle Monate, wenn der Geburtstag des Königs gefeiert wurde, zum Opferschmause; und bei der Feier des Bakchusfestes sahen die Juden sich gezwungen, mit Efeu bekränzt am Festzuge zu Ehren des Bakchus teilzunehmen.”
Vom Abschaffen der jüdischen Bräuche lesen wir auch in 1. Makkabäer 3, 28-30:
„Er öffnete seine Schatzkammern, ließ seinen Truppen den Sold für ein ganzes Jahr auszahlen und gebot ihnen, sich für alle Fälle bereit zu halten. 29 Da er aber sah, dass ihm das Geld in seinen Schatzkammern ausging, und dass der Ertrag der Steuern aus den Landen gering war infolge des Aufruhrs und wegen des Unheils dass er (selbst) im Lande angerichtet hatte, um die Gesetze und Bräuche abzuschaffen, die von den ältesten Zeiten her in Geltung gewesen waren:“
V. 25M: „… und er wird darauf sinnen”:
Von diesem Vorhaben der Änderung der Zeiten und Fristen war im besonderen Maße das Volk Gottes, die Treuen aus Israel, betroffen.
V. 25E: „…und sie werden in seine Hand gegeben sein eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit.”
Das Wüten des Tieres gegen die Heiligen ist durch Gott zeitlich begrenzt:
„Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit”: Die dreieinhalbjährige Bedrängniszeit Israels unter Antiochus Epiphanes (168- 165/164 v. Chr.) wird bei Daniel „Zeit des Endes” genannt (8, 17.19; 10, 14. 12, 4.9).
Zu beachten ist die Art und Weise, wie diese Zeit angegeben wird: Zeit – Zeiten (d. i.: „Doppelzeit”; die aramäische Mehrzahlform ist hier als Dual [„Zweizahl”] aufzufassen.) – halbe Zeit. Zuerst wird die „Zeit“ wird verdoppelt: „[zwei] Zeiten“. Dann erwartet man eine weitere Verdoppelung: „vier Zeiten“ (1 + 2 + 4 = 7). Aber die Zeit wird jäh abgekürzt. Aus der erwarteten Sieben wird durch die Abkürzung eine Dreieinhalb. Was wird damit ausgedrückt? Die Zeit erscheint den Leidenden als sehr lange, so, als ob sie sich immer weiter ausdehnen würde. Aber Gott kürzt die Leiden ab: Zeit, [zwei] Zeiten, halbe Zeit!
Die Dreieinhalb ist zugleich eine gebrochene (d. h. zweigeteilte) Sieben. Die Leidenszeit des Gottesvolkes wird durch Gottes Güte kurz gemacht.
Gott vermittelt dadurch die Botschaft: Die Zeit der schrecklichen Unterdrückung unter Antiochus Epiphanes ist begrenzt! Die Macht des „kleinen Hornes” und sein Druck auf Gottes Volk nimmt zuerst zu, um dann aber durch Gottes Dazwischentreten (V. 26) ein jähes Ende zu nehmen.
V. 26: „Aber das Gericht wird sich niederlassen, und seine (d. i.: des kleinen Hornes) Herrschaft wird man wegnehmen, dass sie vernichtet und vertilgt sei bis zum Ende.”
Die Macht des vierten Tieres geht zu Ende; das kleine Horn wird vernichtet.
Der Untergang des vierten Tieres (d. h.: des Seleukidenreiches) selbst war bereits in V. 11 erwähnt worden und wird hier nicht mehr thematisiert.
V. 27: „Und das Königreich und die Herrschaft und die Größe der Königreiche unter dem ganzen Himmel wird dem Volk der Heiligen des Höchsten gegeben werden.”
Gottes Volk regiert durch Christus – unter dem Königtum Christi (vgl. V. 14).
Der Menschensohn wird selber war bereits erwähnt worden. In V. 13 war alles gesagt. Was aber nicht gesagt war, wird hier gesagt: Die Herrschaft wird den Heiligen des Höchsten gegeben werden. Durch das vorhin Gesagte wird klar, dass diese ihre Herrschaft nicht ohne den Menschensohn, dem König der Könige, geschieht.
„Sein [des Volkes] Königreich ist ein ewiges Königreich, und alle Herrschaften werden ihm [dem Messias, und – in dem Messias – auch dem Volk Gottes] dienen und gehorchen.”
V. 28: „Bis hierher das Ende der Sache. Mich, Daniel, schreckten (o.: ängstigten, bestürzten) meine Gedanken sehr, und meine [Gesichts]farbe [o: mein Glanz] veränderte sich an mir; und ich bewahrte die Sache in meinem Herzen.
Eine Erklärung zu den „zehn Hörnern“
Es gibt zwischen den „zehn Hörnern” von Dan 7, 7.8.20.24 und denen von Offenbarung 17, 3.7.12.16 Unterschiede:
1. Das vierte Tier in Dan 7 hat nur einen Kopf, das Tier in Offenbarung 13 dagegen sieben. Alle vier Tiere von Dan 7 (Löwe, Bär, Parder/Panther und das Zehn-Hörner-Tier) haben insgesamt sieben Köpfe und zehn Hörner. In Offenbarung 13, 1.2 werden die Elemente jener vier Tiere in umgekehrter Reihenfolge genannt: „Und ich sah aus dem Meer ein Tier aufsteigen; sieben Köpfe und zehn Hörner hatte es …. 2 Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther; und seine Füße waren wie die eines Bären und sein Maul wie das eines Löwen.” Was zuletzt war, sieht er zuerst. Er sieht aber nicht die vier Tiere von Dan 7, sondern er sieht ein fünftes: dasjenige aus der Zeit der Abfassung der Offenbarung.
2. Von den zehn Hörnern in Dan 7 heißt es, dass sie zehn Könige sind, die sich „aus diesem vierten Königreich erheben” werden. Und zwischen den zehn Hörnern erwächst ein elftes, vor dem drei von den zehn „ausgerissen werden” (7, 8.20.24). Es wird nicht gesagt, dass das kleine Horn gleichzeitig mit den sieben anderen Hörnern regiert. Das ist gar nicht möglich, denn das elfte Horn erhebt sich erst nachher; die anderen sind bereits vorher „Hörner”, d. h. Mächtige. Es ist auch nicht gesagt, dass 10 Machthaber gleichzeitig ein einziges Königreich regieren und der elfte dann drei stürzt und mit den übrigen acht zusammenarbeitet. Der Text sagt, dass sich das elfte „Horn” nach den zehn erhebt. Dass es drei Hörner (d. i. Könige) erniedrigt, bedeutet, dass es entweder drei bereits regierende Könige entmachtet oder drei (von ihrem Stand her) mächtige Personen, die Anwärter auf das Königtum sind und sich anschicken das Königreich zu regieren, ausschaltet. Von den zehn Hörnern in Offenbarung 17, 12-14 hingegen heißt es: „... zehn Könige, welche noch nicht ein Königreich bekamen; sie bekommen jedoch Vollmacht wie Könige eine Stunde mit dem Tier.” Sie regieren also nicht vor dem Aufkommen des „Tieres”, dann aber gleichzeitig mit dem Tier; sie bekommen mit dem Tier königliche Autorität. Und diese geben sie dem Tier (17, 13): „Diese haben eine Meinung und übergeben ihre eigene Kraft und Vollmacht dem Tier.”
3. In Dan 7 führt nur das kleine Horn, das elfte, Krieg gegen die Heiligen, in Offenbarung 13 aber das Sieben-Köpfe-Tier als solches. Von den zehn Hörnern in Dan 7 wird nichts davon gesagt, dass sie gegen den Höchsten oder gegen die Heiligen des Höchsten Krieg führen. In Offenbarung 17, 14 führen alle zehn Hörner Krieg gegen das Lamm.
4. In Dan 7, 25, heißt es, dass die Heiligen in die Hand des kleinen Horns gegeben sein werden „eine Zeit und [zwei] Zeiten und eine halbe Zeit”. Das sind gemäß 12, 7.11 dreieinhalb Jahre. In Offenbarung 13, 5 wird dem Sieben- Köpfe-Tier als solchem „Vollmacht gegeben, zu schalten ‹und zu walten› zweiundvierzig Monate lang”. 42 Monate sind dreieinhalb Jahre. Die Zeit, die dem Sieben-Köpfe-Tier gegeben ist, um gegen die Heiligen vorzugehen, ist nicht länger als dreieinhalb Jahre. Alle Zeitangaben in der Offenbarung (11, 2.3; 12, 6.14 und 13, 5) gehören in jene Zeit, von der Johannes zu den Christen damals sprach. Die Zeitangaben im Danielbuch hingegen („Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit” 7, 25; 12, 7; „1290 Tage” 12, 11) beziehen sich sämtlich auf die große Bedrängniszeit des Gottesvolkes unter dem syrischen König Antiochus. Das geht auch deutlich aus einem Vergleich von Dan 2 und 7 sowie aus dem Vergleich von 12, 11 mit 11, 31 hervor. Obwohl also die Zeitangaben in Dan 7 und in der Offenbarung gleich sind, beziehen sie sich auf Verschiedenes.
5. Das Tier mit den sieben Köpfen von Offenbarung 13 und 17 „ist auch ein achter, und er ist von den sieben”, d. h., von den sieben Köpfen (Offenbarung 17, 11). In Dan 7 aber ist das kleine Horn nicht einer „von den sieben Köpfen” der vier Tiere. Es ist nicht einmal einer der sieben Köpfe. Es ist ein „Horn“, nicht ein „Kopf“. Und das Horn erhebt sich nach den zehn Hörnern und wird deutlich von ihnen unterschieden (Dan 7, 24): „Und die zehn Hörner [bedeuten]: aus jenem Königreich werden zehn Könige aufstehen, und ein anderer wird nach ihnen aufstehen, und dieser wird verschieden sein von den vorigen.”
Schlussfolgerung: Das vierte Tier von Dan 7 kann nicht mit dem siebenköpfigen Tier aus Offenbarung 13 identisch sein.
Nebenbei: Wenn Dan 7, 25 nicht ein Bezug das Tier von Offenbarung 13 ist, kann auch Dan 12, 7 nicht ein Bezug auf Offenbarung 13 sein.
Und wir beachten: Dan 7, 25 = 12, 7 = 12, 11 = 11, 31. Es wird im Folgenden noch deutlich werden: Alle Stellen im Danielbuch beziehen sich auf Antiochus.
Das kleine Horn in Dan 7 bezieht sich auf Antiochus beziehen und das vierte Tier (d. i.: das vierte Reich) ist das Seleukidenreich. Dan 2 und 7 blicken nicht weiter als bis Antiochus, ebenso Dan 8 und 11, wie die weitere Auslegung noch zeigen wird.
Ab 171 v. Chr. begann eine schwere sieben Jahre dauernde Bedrängniszeit für das treue Gottesvolk in Israel: Der „König des Nordens” (Antiochus Epiphanes) beseitigte in jenem Jahr den jüdischen gesalbten Hohen Priester Onias III. und richtete im Dezember 168 v. Chr. einen Gräuel der Verwüstung in Jerusalem auf. Der Tempel wurde entweiht. Die Bedrängnis dauerte dreieinhalb Jahre (12, 7.11; 11, 31), von Mitte 168 bis Dez. 165 v. Chr. Das war die „Endzeit” (8, 17.19), die Einleitung des Endes des letzten der vier Reiche.
Als diese Zeit schließlich eintraf, sollten die Prophezeiungen Daniels den Makkabäern eine große Hilfe und Ermutigung werden.
Zoeckler kommentiert (im Bibelwerk von J. P. Lange) Dan 7, 24.25: Da gemäß V. 24 das elfte Horn ein König ist, müssen die anderen zehn Hörner auch Könige (bzw. Thronanwärter) sein. Er schreibt: „Sie wachsen auf einem Tier, sind also Könige eines Reiches, daher aber nicht gleichzeitig zu denken; denn dann wäre ja das Tier selbst zerteilt, also nicht mehr von einem Reiche die Rede. Es bliebe [bei jener Zehnteilung] schließlich nichts von einem vierten Reich übrig. Denn dass Rom die modernen Staaten trage, kann man von den europäischen kaum, von den asiatischen, amerikanischen etc. überhaupt nicht sagen. Dass aber Kulturelemente Roms in die Folgezeit übergegangen sind, das stellen die Verfasser anders dar. Das ist kein Reich. Als Großreiche aber sind alle vier gedacht, und die Herrschaft des vierten Tieres wird nicht als so unendlich größer gedacht wie die der anderen, dass man nur Rom verstehen könne. Außerdem würde dann das Kommen des Messias sein zweites sein. Aber von zwei Kommen des Messias weiß das AT nichts. Die erste Erscheinung des Messias bringt nach ihm, besonders auch nach den exilischen Propheten, die Unterwerfung aller heidnischen Mächte mit sich, wie ja überhaupt Endzeit und messianische Zeit zusammenfallend gedacht sind. Hier aber wäre der Messias schon erschienen, denn die Heiligen wären die an Christus Glaubenden. Das aber würde in vollständig unhistorischer Art einem exilischen Propheten Kenntnis von der Zeit zwischen Christi erstem und zweitem Kommen beilegen. …”
Zoeckler schreibt weiter, dass es „ein Charakteristikum der Prophetie ist, in nächster Gegenwart die messianische Zeit zu erwarten”. … „Somit ist unter dem letzten (d. i.: vierten) Reich Syrien mit seinen Königen zu verstehen. Weshalb es so verschieden von anderen aussieht, lehrt ja K. 11. Auch konnte es ebenso wie Persien als Großreich … gelten. … Aber nimmt man das vierte Tier als Syrien, so ist der schnelle Panther mit seinen vier Flügeln und vier Häuptern – wie 8, 5 der herbeieilende Bock – Makedonien, und das zweite Tier bildet Medopersien ab ….”
Das Seleukidenreich gehörte zu den Diadochenstaaten, die sich nach dem Tod Alexanders des Großen gebildet hatten. Während des 3. und 2. Jahrhunderts vor Christus beherrschte das Reich den Vorderen Orient und erstreckte sich in seiner größten Ausdehnung vom europäischen Thrakien bis zum Industal auf dem Territorium der heutigen Staaten Türkei, Syrien, Libanon, Irak, Kuwait, Iran, Afghanistan, Armenien, Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan und Israel sowie der palästinensischen Autonomiegebiete.[1]
Die Seleukiden wurden Nachfolger der Achaimeniden, die in den zwei Jahrhunderten vor Alexander in diesem Gebiet geherrscht hatten. Der Name der Dynastie wird von seinem Gründer Seleukos I. Nikator abgeleitet, der sich ab 320 v. Chr. in den asiatischen Satrapien des Alexanderreiches als König durchsetzte. In der westlichen Geschichtsschreibung treten die Seleukiden zum einen als Gegenspieler Roms während des Römisch-Syrischen Krieges (192–188) unter Antiochos III. dem Großen in Erscheinung, zum anderen als Fremdherrscher während des jüdischen Makkabäeraufstandes (167–142).
Nach einem mehrere Generationen dauernden Niedergang endete das Seleukidenreich, als der römische Feldherr Pompeius 63 v. Chr. den letzten seleukidischen König absetzte. Westlich des Euphrat wurde Rom Nachfolger der Seleukiden, östlich davon das Partherreich.
Etablierung des Reiches:
Zwei Jahre nach dem Tode Alexanders des Großen wurde dessen Reich von seinen militärischen Kommandeuren auf der Konferenz von Triparadeisos 320 v. Chr. untereinander aufgeteilt. Die Satrapie Babylon wurde an den späteren Seleukos I. Nikator übertragen, der ein hoher Offizier während des Alexanderzuges gewesen war. In den folgenden Jahren zog er die städtische Bevölkerung auf seine Seite.[2] Nach einem Angriff von Antigonos I. Monophthalmos, des mächtigsten Diadochen, musste Seleukos 315 an den Hof Ptolemaios’ I. nach Ägypten fliehen, kehrte aber 312 nach Babylon zurück. Dieses Datum wurde von den Seleukiden als offizieller Beginn ihrer Herrschaft angesehen.
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Antigonos blieb durch seinen Anspruch auf das Gesamtreich Alexanders eine Bedrohung für die übrigen Diadochen, weshalb diese eine Allianz miteinander eingingen. In der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr. wurde Antigonos von Seleukos, Lysimachos und Kassander besiegt. Seleukos nahm daraufhin Syrien als zweites Zentrum neben Babylon in Besitz, musste allerdings auf Koilesyrien verzichten, welches von den Ptolemaiern besetzt wurde. Er gründete mehrere griechische Städte in Syrien, von denen Antiocheia am Orontes als zweite Residenz fungierte. Dadurch gelang es Seleukos, sich eine eigene griechisch-makedonische Machtbasis zu verschaffen, dessen Potenzial dem seleukidischen Heer zugutekam.
Antigonos’ Sohn Demetrios I. Poliorketes zog 285 v. Chr. mit seinem Heer nach Syrien, wurde jedoch von Seleukos geschlagen und gefangengenommen. 281 griff Seleukos seinen Rivalen Lysimachos unter dem Vorwand an, für die Rechte von dessen vertriebener Schwiegertochter einzutreten.[4] In der Schlacht von Kurupedion siegte Seleukos und brachte Kleinasien an sich, so dass er für einen kurzen Zeitraum zum mächtigsten Diadochen wurde. ...
Instabile Großmacht (281–223):
Die Nachfolger des Dynastiebegründers sahen sich drei dauerhaften außenpolitischen Konflikten gegenüber: Die Seleukiden erkannten niemals die ptolemaiische Herrschaft über Koilesyrien an, konnten aber ihren Anspruch in den ersten vier Syrischen Kriegen militärisch nicht durchsetzen. In Kleinasien erkämpften sich die kleineren hellenistischen Königreiche Pergamon, Bithynien, Pontos und Kappadokien ihre Autonomie, während sich die Ptolemaier in den meisten Küstengebieten festsetzen konnten. Im Osten des Reiches unterstanden zahlreiche Satrapien nur noch nominell der seleukidischen Oberhoheit, da sich zwei Konkurrenten etablierten: Zum einen das ehemals nomadische Volk der Parther unter den Arsakiden, welches sich südöstlich des Kaspischen Meeres niederließ, und zum anderen das Griechisch-Baktrische Reich unter Diodotos I., welches bis an die indische Grenze reichte. Zusätzlich kam es innerhalb des Seleukidenhauses zu Machtkämpfen, die sich mit den außenpolitischen Konflikten vermengten und das Reich schwächten.
Antiochos I. Soter (281–261), der Sohn Seleukos’ I., musste in Kleinasien die Unabhängigkeit Bithyniens hinnehmen, konnte aber den dort eingefallenen Galatern in der Elefantenschlacht 268 v. Chr. erfolgreich entgegentreten.[5] Im Ersten Syrischen Krieg verbündete sich Antiochos mit dem ptolemaiischen Statthalter der Kyrene, Magas, gegen dessen Halbbruder Ptolemaios II. von Ägypten. Die Seleukiden konnten ihre Position allerdings weder in Koilesyrien noch Kleinasien verbessern. Nach einer militärischen Niederlage musste Antiochos 262 die Unabhängigkeit Eumenes’ I. von Pergamon anerkennen. 261 fiel Antiochos I. im Kampf gegen die Galater.
Seinem Sohn Antiochos II. Theos (261–246) gelang es im Zweiten Syrischen Krieg, den Ptolemaiern einige Besitzungen in Ionien abzunehmen. Teil der Friedensbedingungen mit den Ptolemaiern war die Heirat zwischen Antiochos und der ägyptischen Prinzessin Berenike, für die der Seleukidenkönig seine erste Frau Laodike verstieß. Später kehrte Antiochos II. zu Laodike zurück, die ihn jedoch zusammen mit Berenike und deren gemeinsamem Sohn ermorden ließ, um die Nachfolge ihrer eigenen Kinder zu sichern.
Unter Seleukos II. Kallinikos (246–226), dem ältesten Sohn Antiochos’ II. und der Laodike, verschlechterte sich die Lage des Seleukidenreiches erheblich. Ptolemaios III. nutzte die Ermordung seiner Schwester Berenike als Vorwand zur Eröffnung des Dritten Syrischen Krieges. Die ptolemaiischen Truppen eroberten Syrien kurzzeitig und drangen nach Mesopotamien vor, bis ein Aufstand in Ägypten ihre Rückkehr erzwang. Seleukos konnte die verlorenen Gebiete zurückgewinnen, musste aber den Verlust einiger Gebiete in Ionien sowie der wichtigsten seleukidischen Hafenstadt Seleukeia in Pierien hinnehmen. Er setzte seinen Bruder Antiochos Hierax als Vizekönig in Kleinasien ein, wo sich dieser jedoch 240 selbstständig machte. Seleukos musste die Herrschaft Hierax’, der sich mit den Galatern und Ptolemaiern verbündet hatte, hinnehmen. Als Hierax 228 durch Attalos I. von Pergamon aus Kleinasien vertrieben wurde, konnte Seleukos eine Invasion seines Bruders in Syrien abwehren. Die östlichen Satrapen Parthien und Baktrien nutzten die Schwäche der Zentrale und machten sich um 245 v. Chr. unabhängig.[6] Ein Feldzug Seleukos’ II. zur Rückgewinnung dieser Gebiete blieb erfolglos.[7]
Sein ältester Sohn, Seleukos III. Keraunos (226–223), unternahm 223 einen Feldzug nach Kleinasien, um die an Pergamon verlorenen Territorien zurückzuerobern. Das Unternehmen verlief zwar militärisch erfolgreich, doch wurde Seleukos III. bei einem Söldneraufstand ermordet.
Wiederherstellung der Großmacht und Konflikt mit Rom (223–164):
Antiochos III. der Große, der jüngere Bruder Seleukos’ III., musste zu Beginn seiner Herrschaft den Abfall der östlichen Gebiete unter dem Vizekönig Molon hinnehmen, der das Zweistromland und den Iran kontrollierte. Erst 220 v. Chr. konnte Antiochos Molons Aufstand niederschlagen und brachte zusätzlich das nur noch formell dem Seleukidenreich zugehörige Atropatene unter seine Kontrolle. Zu dieser Zeit machte sich sein Onkel Achaios, der als Vizekönig Kleinasiens fungierte, zum König. Antiochos griff allerdings zunächst die mit Achaios verbündeten Ptolemaier in Koilesyrien an: Im Vierten Syrischen Krieg konnte Antiochos zunächst einen Großteil Koilesyriens erobern, bis er 217 in der Schlacht von Raphia dem Heer Ptolemaios’ IV. unterlag. Dennoch blieb das wiedereroberte Seleukeia in Pierien in seleukidischer Hand. Antiochos wandte sich nun gegen seinen Onkel Achaios, den er in dessen Hauptstadt Sardes einschloss und 213 besiegte, wodurch das binnenländische Kleinasien wieder Teil des Seleukidenreiches wurde.
212 v. Chr. begann Antiochos einen achtjährigen Feldzug (Anabasis) gegen die unabhängig gewordenen östlichen Teile des Reiches: Nachdem Armenien die seleukidische Oberhoheit auferzwungen worden war, erkämpfte sich Antiochos in zahlreichen Schlachten und Belagerungen die nominelle Herrschaft über die Parther und das Griechisch-Baktrische Reich. Antiochos beließ es allerdings bei einer oberflächlichen Herstellung seiner Macht und beließ die regionalen Könige gegen Zahlung von Tributen im Amt. Wie zuvor sein Ururgroßvater Seleukos I. beendete Antiochos III. seinen Ostfeldzug in Indien, wo er ein Friedensabkommen mit dem Fürsten Subhagasena (Sophagasenos) schloss. Nach seiner Rückkehr in den Westen nutzte Antiochos im Bündnis mit dem Makedonenkönig Philipp V. die innenpolitische Schwäche des Ptolemaierreiches unter Ptolemaios V. aus und fiel 202 v. Chr. erneut in Koilesyrien ein. In der siegreichen Schlacht von Panion 200 sicherten sich die Seleukiden im Fünften Syrischen Krieg die umstrittene Provinz endgültig.
196 v. Chr. baute Antiochos III. seine Position in Kleinasien erheblich aus, wo er die früheren Küstenbesitzungen der Ptolemaier eroberte, den Hellespont überquerte und sich in Thrakien festsetze. Dadurch geriet er in Konkurrenz zu den Römern, die zeitgleich in Griechenland Fuß fassten und Philipp V. besiegen konnten. Mehrjährige Verhandlungen zwischen Römern und Seleukiden über eine zukünftige Interessengrenze brachten keine Ergebnisse. Antiochos verbündete sich mit dem Aitolischen Bund und landete 192 auf dessen Einladung in Griechenland, wodurch er den Römisch-Syrischen Krieg auslöste. Zwar konnte er zunächst einige Gebiete in Mittelgriechenland für sich gewinnen, doch wurde er von den Römern am Thermopylenpass geschlagen. Nach mehreren Niederlagen zu See verlor er 190 auch die entscheidende Schlacht bei Magnesia in Kleinasien. Daraufhin musste Antiochos im Frieden von Apameia 188 alle seleukidischen Gebiete in Thrakien und Kleinasien außer Kilikien an Roms Alliierte abtreten. Zusätzlich hatten die Seleukiden über Jahre hinaus hohe Tributzahlungen an Rom zu entrichten. Beim Versuch, eine außerordentliche Tempelsteuer einzutreiben, wurde Antiochos III 187 v. Chr. im Iran von empörten Einheimischen getötet, als er nahe Susa ein Bel-Heiligtum plündern lassen wollte.
Nach dem Tod Antiochos’ III. fielen Parthien, Baktrien und Armenien wieder vom Seleukidenreich ab, welches sich damit auf Syrien, Palästina, Kilikien, das Zweistromland und den westlichen Iran beschränkte. Die Seleukiden blieben zwar weiterhin die militärisch stärkste Kraft im Nahen Osten, waren von nun an aber zunehmend in ihrer Außenpolitik eingeschränkt und wurden in die Defensive gedrängt. Im Osten nahm der Druck des aufstrebenden Partherreiches zu, im Westen war immer stärker mit römischen Interventionen in griechische Angelegenheiten zu rechnen. Zudem schwächten permanente dynastische Streitigkeiten das Reich dauerhaft und führten letztendlich zum Verlust aller außersyrischen Gebiete.
Unter den beiden Söhnen Antiochos’ III. blieb das Seleukidenreich allerdings noch relativ stabil: Die Herrschaft Seleukos’ IV. Philopater (187–175) wurde dabei vom Zwang der Reparationszahlungen an Rom bestimmt. Sein jüngerer Bruder Antiochos IV. Epiphanes (175–164), der Seleukos’ Söhne bei der Thronfolge übergangen hatte, gewann dagegen wieder an Handlungsfreiheit. Er kam im Sechsten Syrischen Krieg 170 v. Chr. einem ptolemaiischen Angriff zuvor, führte einen überaus erfolgreichen Präventivschlag durch, eroberte einen Großteil Unterägyptens und machte Ptolemaios VI. faktisch zur seleukidischen Marionette. Damit schien ein Befreiungsschlag gelungen und die Großmachtstellung des Seleukidenreiches gesichert bzw. erneuert. Doch Antiochos, der im Begriff war, in die ägyptische Hauptstadt Alexandria einzuziehen und sich bereits im Vorort Eleusis befand, konnte die Früchte des Sieges nicht ernten: Am Tag von Eleusis 168 wurde er vielmehr von einer römischen Gesandtschaft unter Androhung eines Krieges gezwungen, Ägypten kampflos wieder aufzugeben. Auf dem Rückweg ließ er, durch die Kriegskosten und noch immer ausstehende Reparationszahlungen an Rom belastet, 167 den Tempel in Jerusalem plündern, wodurch er den Makkabäeraufstand auslöste. Mit einer beispiellosen Siegesparade versuchte der gedemütigte König anschließend, die politische Katastrophe, in der der Syrische Krieg durch die römische Intervention geendet hatte, zu kaschieren. Dennoch war seit 168 auch dem letzten klar, dass nun Rom im östlichen Mittelmeerraum das letzte Wort hatte. 165 zwang Antiochos IV. immerhin Armenien zurück ins Seleukidenreich, starb jedoch während eines Feldzuges zur Rückgewinnung der abgefallenen Ostgebiete.
Mittelmacht im Niedergang (164–129):
Antiochos V. Eupator (164–162), Sohn von Antiochos IV., war bei seiner Thronbesteigung noch unmündig. Ein überlebender Sohn von Seleukos IV., Demetrios I. Soter (162–150), kehrte daher aus römischem Exil zurück und ließ seinen Cousin ermorden. Der römische Senat wandte sich nun gegen den neuen König und unterstützte seine Feinde. Demetrios schlug zunächst erfolgreich 160 v. Chr. den durch Rom anerkannten Usurpator Timarchos, der sich auf die iranischen Satrapien stützte. 150 tauchte mit dem von Rom, Pergamon und Ägypten unterstützten Alexander I. Balas (150–146) ein weiterer Thronprätendent auf, der sich als unehelicher Sohn Antiochos’ IV. ausgab und Demetrios I. ermorden ließ. Dessen Sohn Demetrios II. Nikator (145–138; erste Regierung) einigte sich mit den Makkabäern und besiegte Alexander Balas. In Syrien verlor Demetrios II. jedoch die Macht an seinen General Diodotos Tryphon (142–138), der den unmündigen Sohn von Alexander Balas, Antiochos VI. Dionysos (145–142), zum König ausrufen ließ. Nach der Ermordung seiner Marionette bestieg Diodotos 142 selbst den Thron. Um seine Herrschaft zu sichern, suchte er ein Auskommen mit den Makkabäern und erkannte die Autonomie und Steuerbefreiung Judäas an.
Etwa 141 v. Chr. eroberten die Parther den Westiran, so dass das Herrschaftsgebiet Demetrios’ II. auf das Zweistromland beschränkt wurde. 138 geriet er während eines Feldzuges gegen die Parther in Gefangenschaft, woraufhin auch Babylonien für die Seleukiden verlorenging. Demetrios’ jüngerer Bruder Antiochos VII. Sidetes (138–129) bestieg daraufhin den Thron und konnte Diodotos Tryphon besiegen. 134 stand Antiochos mit seinen Truppen vor Jerusalem und konnte noch einmal Tribute und Heeresfolge von den Juden erzwingen. 130 zog er dann mit der wohl letzten bedeutenden seleukidischen Armee der Geschichte gegen die Parther und eroberte Babylonien zurück. Damit konnte Antiochos VII. noch einmal Syrien und das gesamte Zweistromland in einer Hand vereinen. Als er jedoch 129 in den Iran vorrückte, wurde er von den Parthern in der Entscheidungsschlacht getötet und sein Heer vernichtet. Die Seleukiden verloren damit endgültig die Herrschaft über das Zweistromland und den Iran.
Klientelstaat Ägyptens und Roms (129–63):
Nach dem Tod Antiochos’ VII. war das Seleukidenreich nur noch eine kleine Regionalmacht, die unter dem Einfluss ihrer Nachbarstaaten stand. Das Reich existierte im Grunde nur noch deshalb, weil sich die Nachbarn nicht über eine Aufteilung einigen konnten. Seine Könige kontrollierten darum noch Syrien sowie Teile Koilesyriens und Kilikiens. Die meiste Zeit über existierten parallel mehrere Prätendenten auf den Thron, die jeweils von äußeren Mächten gestützt wurden.
Demetrios II. (129–125; zweite Regierung) wurde nach zehnjähriger parthischer Gefangenschaft freigelassen bestieg ein zweites Mal den syrischen Thron. Als Demetrios 125 in die ägyptische Politik einzugreifen versuchte, baute Ptolemaios VIII. einen angeblichen Nachkommen Alexanders I. Balas, Alexander II. Zabinas (125–123), als Usurpator auf, welcher sich in einem Teil Syriens durchsetzen konnte.
Kleopatra Thea (125–121) war nacheinander die Frau von Alexander Balas, Demetrios II., Antiochos VII. und danach wieder von Demetrios II. gewesen. Nachdem sich Alexander II. Zabinas gegenüber Demetrios militärisch behauptete, ließ Kleopatra ihren Mann ermorden und übernahm selbst die Regierung über den ihr verbliebenen Teil Syriens. Ihren ältesten Sohn von Demetrios, Seleukos V. (125), ließ sie ermorden, da dieser die Alleinherrschaft forderte. Zur Legitimation ihrer Herrschaft teilte sich Kleopatra den Thron mit ihrem jüngeren Sohn Antiochos VIII. Grypos (125–96). Dieser besiegte 123 v. Chr. Alexander Zabinas und ließ 121 seine Mutter Kleopatra Thea ermorden, wodurch Antiochos VIII. vorübergehend zum alleinigen Herrscher Syriens wurde, mit seiner Gattin Tryphaina an seiner Seite.
115 v. Chr. kehrte sein Halbbruder Antiochos IX. Kyzikenos (115–96), der aus der Ehe zwischen Antiochos VII. und Kleopatra Thea hervorgegangen war, aus dem Exil zurück und setzte sich mit ptolemaiischer Unterstützung im südlichen Syrien durch. Fast zwanzig Jahre lang kämpften beide um die Herrschaft des Landes, wobei sie wechselseitig durch verschiedene ptolemaiische Fraktionen unterstützt wurden. Während dieser Zeit gewannen die syrischen Städte an Einfluss, während sich die Römer und Makkabäer in Kilikien beziehungsweise Koilesyrien festsetzten. 96 wurde Antiochos VIII. Grypos ermordet, doch besiegte und tötete sein ältester Sohn Seleukos VI. Epiphanes (96–95) seinen Onkel Antiochos IX. Kyzikenos in der Schlacht. Dessen Sohn Antiochos X. Eusebes (95–83) schlug wiederum seinen Cousin und kämpfte anschließend gegen dessen Brüder Antiochos XI. Epiphanes (95–92), Demetrios III. Eukairos (95–87), Philipp I. Philadelphos (92–83) und Antiochos XII. Dionysos (87–84), die sich auch untereinander bekriegten.
Im Jahr 83 v. Chr. nutzte der armenische König Tigranes der Große (83–69) das seleukidische Chaos aus und besetzte Syrien, was dem Land wieder politische Stabilität verlieh. Als Verbündeter und Schwiegersohn von Mithridates VI. von Pontos geriet Tigranes jedoch mit Rom in Konflikt und wurde 69 vom römischen Feldherrn Lucullus geschlagen. Daraufhin wurde mit Antiochos XIII. Asiatikos (69–64), dem Sohn Antiochos’ X., ein Seleukide als römischer Klientelkönig in Syrien eingesetzt. Nach einem gescheiterten Feldzug gegen die Araber wurde jedoch Philipp II. Philorhomaios (65–63), der Sohn Philipps I., zum Gegenkönig erhoben. Schließlich beseitigte der römische Feldherr Pompeius im Jahr 63 v. Chr. endgültig die seleukidische Herrschaft und richtete die Provinz Syrien ein.
(aus: Wikipedia; Stichwort „Seleukidenreich“)
Die Weissagungen im Buch Daniel handeln nicht von denselben Themen wie die im Buch der Offenbarung. Das vierte Reich in Dan 7 ist nicht Rom, sondern das seleukidische Königreich. Das „kleine Horn“ ist Antiochus IV. Das soll im Folgenden näher ausgeführt werden.
Es gibt zwischen den „10 Hörnern“ von Dan 7, 7.8.20.24 und denen von Offenbarung 17, 3.7.12.16 große Unterschiede:
1. Das vierte Tier in Dan 7 hat nur einen Kopf, das Tier in Offenbarung 13 dagegen sieben. Alle vier Tiere von Dan 7 (Löwe, Bär, Parder und das 10-HörnerTier) haben insgesamt sieben Köpfe und zehn Hörner. In Offenbarung 13, 1.2 werden die Elemente jener vier Tiere in umgekehrter Reihenfolge genannt: „Und ich sah aus dem Meer ein Tier aufsteigen; sieben Köpfe und zehn Hörner hatte es …. 2 Und das Tier, das ich sah, war gleich einem Panther; und seine Füße waren wie die eines Bären und sein Maul wie das eines Löwen.“ Was zuletzt war, sieht er zuerst. Er sieht aber n die vier Tiere von Dan 7, sondern er sieht ein fünftes! Das war das Tier, das zur Zeit der Abfassung der Offenbarung als Reich an der Macht war.
2. Die zehn Hörner in Dan 7 bedeuten: „... es werden sich zehn Könige aus diesem vierten Königreich erheben.“ Und zwischen den zehn Hörnern erwächst ein elftes, vor dem drei von den zehn ausgerissen werden („nach ihnen wird sich ein anderer erheben, und er wird drei Könige erniedrigen.“ 7, 24; vgl. V. 8.20). Es wird nicht gesagt, dass das kleine Horn gleichzeitig mit den sieben anderen Hörnern regiert. Das ist gar nicht möglich, denn das 11. Horn erhebt sich erst nachher; und die anderen sind bereits vorher „Hörner“, d. h. Mächtige. Es ist auch nicht gesagt, dass 10 Mächtige gleichzeitig ein Königreich regieren und der elfte dann drei stürzt und mit den übrigen acht zusammen regiert. Der Text sagt, dass sich das elfte „Horn“ nach den zehn erhebt; dass es drei Hörner (d. i. Könige) erniedrigen wird, könnte darauf hindeuten, dass es entweder drei bereits regierende Könige entmachtet oder drei (von ihrem Stand her) mächtige Personen, die Anwärter auf das Königtum sind und sich anschicken das Königreich zu regieren, ausschaltet.
Von den zehn Hörnern in Offenbarung 17, 12-14 hingegen heißt es: „... zehn Könige, welche noch nicht ein Königreich bekamen; sie bekommen jedoch Vollmacht wie Könige eine Stunde mit dem Tier.“ Sie regieren also nicht vor dem Aufkommen des „Tieres“, dann aber gleichzeitig mit dem Tier; sie bekommen mit dem Tier königliche Autorität. Und diese geben sie dem Tier (17, 13): „Diese haben eine Meinung und übergeben ihre eigene Kraft und Vollmacht dem Tier.“
3. In Dan 7 führt nur das kleine Horn, das elfte, Krieg gegen die Heiligen, in Offenbarung 13 aber das Sieben-Köpfe-Tier als solches. Von den zehn Hörnern in Dan 7 wird nichts davon gesagt, dass sie gegen den Höchsten oder gegen die Heiligen des Höchsten Krieg führen. In Offenbarung 17, 14 führen alle zehn Hörner Krieg gegen das Lamm.
4. In Dan 7, 25, heißt es, dass die Heiligen in die Hand des kleinen Horns gegeben sein werden „eine Zeit und [zwei] Zeiten und eine halbe Zeit“ (d. s. gemäß 12, 7.11 etwa dreieinhalb Jahre). Aber in Offenbarung 13, 5 wird dem gesamten Sieben-Köpfe-Tier als solchem „Vollmacht gegeben, zu schalten ‹und zu walten› zweiundvierzig Monate lang“.
Zweiundvierzig Monate sind dreieinhalb Jahre. Wir beachten dabei, dass die fünf Zeitangaben, die im Buch der Offenbarung vorkommen (11, 2.3; 12, 6.14; 13, 5), innerhalb der Vision vorkommen. Es wird für die gesamte (!) Wirkungszeit des Sieben-Köpfe-Tieres diese Zeit angegeben, nicht für die Wirkungszeit nur eines der sieben Köpfe. Das heißt, die vollständige Wirkungszeit des gesamten Sieben-Köpfe-Tieres ist etwa dreieinhalb Jahre (42 Monate). Diese Zeitangabe gehört aber zum Bild, ist daher nicht eins zu eins in die Realität zu übertragen.
Das musste den Lesern der Offenbarung auch bald einleuchten, denn die Regierungszeit der einzelnen Köpfe des Tieres wäre ja viel zu kurz, um auf eine gesamte Wirkungszeit (aller sieben hintereinander regierenden „Könige“) von nur dreieinhalb Jahren zu kommen. Alle dementsprechenden Zeitangaben in der Offenbarung (11, 2.3; 12, 6.14 und 13, 5) sind jeweils in Visionen (bzw. in zur Vision gehörenden Auditionen) eingebettet. Im Danielbuch hingegen sind alle Zeitangaben („Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit“ [7, 25; 12, 7] „halbe Siebenheit“ [9, 26.27] sowie „1290 Tage“ [12, 11; vgl. 11, 31]) nicht in die Vision eingebettet, sondern kommen jeweils in der Erläuterung des Engels oder in einer direkten Prophetie ohne Bilder (also im „Klartext“) vor. Es sind daher die Zeitangaben bei Daniel eins zu eins zu übertragen (also als tatsächliche dreieinhalb Jahre zu rechnen), die im Buch der Offenbarung hingegen gehören zu den Bildern, Bildern, die auf alttestamentliche Realitäten anspielen.
5. Das Tier mit den sieben Köpfen von Offenbarung 13 und 17 „ist auch ein achter, und er ist von den sieben“, d. h., von den sieben Köpfen (17, 11). In Dan 7 aber ist das kleine Horn nicht einer „von den sieben Köpfen“ der vier Tiere. Es erhebt sich erst nach den zehn Hörnern und ist verschieden von ihnen (7, 24): „Und die zehn Hörner [bedeuten]: aus jenem Königreich werden zehn Könige aufstehen, und ein anderer wird nach ihnen aufstehen, und dieser wird verschieden sein von den vorigen.“
Die Unterschiede zeigen, dass das Tier aus Offenbarung 13 nicht gleichgesetzt werden darf mit dem vierten Tier aus Dan 7 (bzw. dem vierten Reich aus Dan 2).
Sicher ist: Der Zusammenhang im Danielbuch spricht gegen eine Identifizierung des vierten Tieres mit Rom.
Sowohl Dan 8, 9ff als auch 11, 21ff und 12, 11 (vgl. mit 11, 31) beziehen sich auf Antiochus. Das Buch Daniel war eine äußerst wichtige Botschaft für die (ab 538 v. Chr.) zurückgekehrten Juden der nachbabylonischen Zeit. Diese hatten von Hesekiel und Jeremia göttliche prophetische Weissagungen über die Rückführung empfangen und über die darauf folgende Errichtung eines ewigen neuen Bundes (Jeremia 31, 31ff; Hesekiel 37, 26) sowie über das Kommen des neuen „David“ (Jeremia 30, 9; Hesekiel 34, 23.24; 37, 24.25; vgl. Hos 3, 5) bzw. des Sprosses Davids (Jeremia 23, 5; 31, 15) und über die Ausgießung des Geistes auf das Volk (Hesekiel 11, 19; 36, 26.27; 37, 14; 39, 29; vgl. Joel 3, 1-5; Sacharja 12, 10.). Das Volk sollte durch Jahweh von seinen Sünden gereinigt und erneuert werden (Hesekiel 36, 25-29), und Gott würde sein „Heiligtum in ihre Mitte setzen in Ewigkeit“ (Hesekiel 37, 26.28). Das Volk erlebte die Rückführung und begann den Tempel zu bauen. Jedoch, als der Tempel nach Jahren der Unterbrechung endlich im Jahr 516/515 v. Chr. fertiggestellt war, zog die Herrlichkeit Jahwehs nicht in den Tempel ein, es gab keinen König David, keine Ausgießung des Geistes und keinen Anbruch der herrlichen messianischen Zeit. – Hatte Gott seine Verheißungen vergessen?
Natürlich nicht!
In diese Situation hinein ist die Botschaft des Danielbuches von großer seelsorgerlicher Bedeutung. Die zurückgekehrten Juden erfahren nun durch Daniel, dass das Gottesreich noch nicht so schnell kommen werde. Zuerst werde – nach dem Perserreich – das makedonische Riesenreich Alexanders entstehen, und das Reich, das auf das Alexanderreich folgen sollte, werde ein gespaltenes Reich sein, und zwar zur Hauptsache das Reich der Ptolemäer in Ägypten (deren Herrscher in Dan 11 „Könige des Südens“ genannt werden) und das Reich der Seleukiden (Syrien, Babylonien und der Großteil des Alexanderreiches bis Indien) im Norden (deren Herrscher in Dan 11 „Könige des Nordens“ genannt werden).
Eben dieses Reich ist das vierte von Dan 2 und 7. Das „kleine Horn“ von Dan 7 kann daher niemand anderer sein als das „kleine Horn“ von Dan 8: Antiochus IV Epiphanees, der große Bedränger der Juden in den Jahren der großen Drangsal Israels (167-164 v. Chr.) zur Zeit der Makkabäer. Er war es, der drei „Könige“ vor ihm entmachtete.
Er war es, der Gott lästerte, die treuen Juden verfolgte und die von Gott eingesetzten Festzeiten und Gesetze änderte (7, 24.25). Die Treuen Gottes wurden für eine Zeit von etwa 3 ½ Jahren (167-164 v. Chr.) in seine Hand gegeben (7, 25), bis Gott selber ihn schlug (8, 25E).
Ein weiterer Grund gegen eine Identifizierung des vierten Reiches von Dan 7 und 2 mit dem Römerreich ist die Tatsache, dass das vierte Reich von Anfang an ein geteiltes Reich war, während Rom von Anfang an eine Einheit bildete und bis ins 4 bzw. 5. Jahrhundert n. Chr. ein einiges Reich war. In Dan 2, 40.41 heißt es: „Ein viertes Königreich aber wird stark sein wie Eisen, deshalb weil das Eisen alles zermalmt und zerschlägt, und dem Eisen gleich, das alles zertrümmert, wird es alle jene zermalmen und zertrümmern. 41 Und dass du die Füße und die Zehen teils aus Töpferton und teils aus Eisen gesehen hast: es wird ein geteiltes Königreich sein; aber von der Festigkeit des Eisens wird in ihm sein, weil du Eisen mit lehmigem Ton vermischt gesehen hast.“
Die Aussage ist deutlich: Es wird ein geteiltes Reich sein. Nicht: es wird nach einiger Zeit sich teilen.
Es wäre auch schwierig zu erklären, welche Bedeutung für die damaligen Heiligen eine derart detaillierte Prophetie über eine erst viel später eintretende Zweiteilung Roms haben sollte.
Die ersten drei Reiche in Dan 2 und 7 sind Neubabylonien, Medopersien und das makedonische (griechische) Alexanderreich. Letzteres verfiel so schnell, wie es kam. Vgl. Dan 11, 3.4: „Und ein tapferer König wird aufstehen, und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln. 4 Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Königreich zertrümmert werden und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden, aber nicht für seine Hinterbliebenen und nicht entsprechend der Macht, mit der er geherrscht hat, denn sein Königreich wird zerstört und anderen zuteilwerden, unter Ausschluss von jenen. 5 Und es wird mächtig werden der König des Südens, und einer von seinen Obersten, der wird über ihn hinaus mächtig werden und wird herrschen. Seine Herrschaft wird eine große Herrschaft sein.“
Der König dieses neugebildeten Reiches (V. 5), des Seleukidenreiches, wird in Dan 11 „König des Nordens“ genannt, der König des ptolemäischen Reiches „König des Südens“.[1]
Das Reich, das auf Alexander folgte, war ein zweigeteiltes Reich. Es wurden mehrere Versuche unternommen, es zu einen. Ein Versuch ist der, der in 2, 43 beschrieben wird: „Dass du das Eisen mit lehmigem Ton vermischt gesehen hast – sie werden sich durch Menschensamen mischen, aber aneinander haften werden sie nicht, gleichwie Eisen sich mit Ton nicht vermischt.“
Dan 11, 6 erklärt ausführlicher: „Und am Ende von Jahren werden sie sich verbünden, und die Tochter des Königs des Südens wird zum König des Nordens kommen, um einen Ausgleich zu bewirken. Aber sie wird nicht die Kraft behalten. Und er wird nicht bestehen noch sein Beistand. Und sie wird dahingegeben werden, sie und die sie zugeführt haben, und der, der sie gezeugt und unterstützt hat in jenen Zeiten.“ Ebenso V. 17: „Und er wird sein Angesicht darauf richten, mit der Macht seines ganzen Königreiches zu kommen, Gerades im Sinne habend, und wird [entsprechend] handeln. Und er wird ihm die Tochter [seiner] Frauen geben, [aber nur,] um sie zu verderben. Und sie wird nicht bestehen, und ihm wird [durch sie] nichts werden.“
In Dan 11 wird weiter aufgezeigt, wie der stärkere Teil (das Eisen; d. i. der König des Nordens) des Öfteren versucht, den schwächeren Teil (den Ton; d. h., den König des Südens) zu besiegen. Auch das gelingt nicht (11, 19.21.27.29.30).
Auf das vierte Reich folgt das ewige messianische Königreich (Dan 2, 44; 7, 13.14.18.26.27) und die Auferstehung der Toten (12, 2.3). Das seleukidische Königreich dauerte zwar nur bis zum ersten vorchristlichen Jahrhundert an, aber es ist in der biblischen Prophetie üblich, dass der Prophet mit verkürzter Perspektive in die Zukunft blickt; d. h., er sieht nicht die unbestimmt lange Zeitperiode zwischen der näheren „Endzeit“ (d. i. bei Daniel die Zeit von Antiochus IV) und der ferneren Heilszeit – der Errichtung des ewigen Gottesreiches durch das Kommen des Messias. Und es wird im Alten Testament zwar das Kommen des Messias geschaut, es wird aber nicht unterschieden zwischen einem „ersten“ und einem „zweiten“ Kommen. Die „Endzeit“, die Zeit der messianischen Reichsaufrichtung, wird als „Punkt“ geschaut, nicht als „Linie“, d. h., in der alttestamentlichen Prophetie werden die Endzeit (die „letzten Tage“, die Zeitspanne ab der Inthronisation des Messias, Apostelgeschichte 2 bis zu seiner Parusie) und die messianische Vollendungszeit (ab der Parusie des Messias) als zusammenfallend gesehen. Es ist zudem ein Charakteristikum der alttestamentlichen sowie der neutestamentlichen Prophetie, die messianische Zeit als auf die Vernichtung des gegenwärtigen (bzw. zeitlich näheren) Feindes des Gottesvolkes unmittelbar folgend zu erwarten. Daher erscheint das Kommen des messianischen Königreiches in Dan 7 als unmittelbar auf Antiochus folgend.
Die große Bedrängniszeit des Gottesvolkes unter Antiochus IV wird im Buch Daniel „Zeit des Endes“ genannt (8, 17.19.23; 11, 35.40; 12, 4.6.9) bzw. „Ende [o. Späte] der Tage“ (Dan 10, 14). Sie dauert dreieinhalb Jahre („Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit“, 7, 25; 12, 7) bzw. 1290 Tage (12, 11; zum Begriff „Gräuel der Verwüstung“ vgl. 11, 31 und 8, 11-13.). Diese dreieinhalb Jahre sind bei Daniel buchstäblich aufzufassen und auf die Zeit von 167 v. Chr. bis Ende 164 v. Chr. bezogen.
Die Angaben im Buch der Offenbarung sind hingegen nicht eins zu eins in die Realität zu übertragen, weil dort die dreieinhalb Jahre im Zusammenhang mit Bildern aus Visionen vorkommen. Wir nehmen die Bilder (!) zwar buchstäblich, aber nachdem wir sie buchstäblich genommen haben, müssen wir sie deuten. In der Deutung ist eine Eins-zu-eins-Übertragung der dreieinhalb „Zeiten“ (42 Monate; 1260 Tage; Offenbarung 11, 2.3; 12, 6.14; 13, 5) von aus mindestens zwei Gründen nicht möglich:
. Erstens, (wie oben bemerkt) das Sieben-Köpfe-Tier in Offenbarung 13 hat nur 42 Monate zum Wirken. Das ist für das Weltreich und die Herrschaftsmacht, der sich die Christen zur Zeit der Abfassung der Offenbarung gegenübersahen, zu kurz.
. Zweitens, die „Frau“, die den „Männlichen“, der zu Gott und seinem Thron entrückt wurde, geboren hat und dann auf Adlerflügeln in die Wüste getragen wurde, wird dort 1260 Tage (bzw. „Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit“) ernährt und in derselben Zeit vom Drachen bedrängt (Offenbarung 12, 6.14).
In der Offenbarung wird das alttestamentliche Motiv jener „Zeit, Zeiten und halbe Zeit“, in welcher das treue Gottesvolk (einerseits durch Antiochus, Dan 7, 25; 12, 7.11; andererseits durch Isebel, Jakobus 5, 16; Lukas 4, 25; 1Kg 17 u. 18) verfolgt und bedrängt wurde, aufgegriffen und auf die große durch den Drachen (Offenbarung 12; vgl. 1. Mose 1-19) und durch das Tier (Offenbarung 13) hervorgerufene Bedrängniszeit des neutestamentlichen Gottesvolkes bezogen, sowie auf die Zeit der Weissagung der „Zeugen“, die zugleich auch „Leuchter“ sind (K. 11; vgl. K. 1-3; Sac 4) und ihren Zeugendienst bis zum Tode treu ausführen.
Viele Ausleger von Offenbarung 13 deuten das Tier als ein in der Zukunft noch zu erstehendes – bzw. in der Europäischen Union oder einer „GlobalUnion“ sich verwirklichendes – neu erstandenes Rom, das die alten Elemente der römischen Kultur übernimmt bzw. übernehmen wird.
Es gibt schwerwiegende Gründe gegen eine solche Deutung.
Dass Kulturelemente von einem Königreich zum anderen übergehen, stellen die durch den Heiligen Geist geleiteten Verfasser in der Heiligen Schrift anders dar. Z. B. sind im Tier von Offenbarung 13 Elemente aus den Bildern aus Dan 7 (Löwe, Bär, Panther und Zehn-Hörner-Tier) enthalten; d. h., das Tier aus Offenbarung 13 könnte in sich Elemente des babylonischen Löwen, des medopersischen Bären, des makedonischen Parders (Panthers) sowie des seleukidischen Zehn-Hörner-Tieres haben. Es selber aber ist keines der vier!
Das Sieben-Köpfe-zehn-Hörner-Tier von Offenbarung 13 vereinigt in sich alle „Köpfe“ der Tiere aus Dan 7 (Löwe, Bär und Zehn-Hörner-Tier haben je einen Kopf, der Parder [Panther] vier, macht sieben); und zusätzlich hat es auch die zehn Hörner des vierten Tieres aus Dan 7. Dadurch wird gezeigt, dass gewisse Elemente der Vorgänger-Reiche auf jenes Reich übergegangen sind, jenes Reich, das durch das Sieben-Köpfe-zehn-Hörner-Tier (Offenbarung 13) dargestellt wird.
Fazit: Das vierte Reich von Dan 2 und 7 kann nicht Rom sein, und es kann nicht identisch sein mit dem Tier von Offenbarung 13.
(Zu dieser Frage empfehlen wir zwei Werke: Zöckler, Danielkommentar im Bibelwerk v. Lange; Moses Stuart, Commentary on the Book of Daniel, https://archive.org/details/bookofdaniel00stuarich )
V. 1: „Im dritten Jahre des Königtums des Königs Belsazar” (551 v. Chr.) „erschien mir, Daniel, ein Gesicht, nach demjenigen, das mir anfangs erschienen war.”
K. 8 hängt mit K. 7 zusammen. Daniel bezieht sich auf das Gesicht von K. 7 („nach dem Gesicht, das mir im Anfang erschienen war”). Das Gesicht von K. 8 sich inhaltlich an das von K. 7 an. Es ist eine ausführliche Offenbarung über die nur kurz erwähnten Tiere 2 und 3 aus K. 7.
V. 2: „Und ich sah im Gesicht, und es geschah, als ich sah, da war ich in der Burg Susa, die in der Landschaft Elam ist;”
Susa war während der Wintermonate die Residenz der babylonischen Könige.
„und ich sah im Gesicht, und ich befand mich am Fluss Ulai.”
Der „Ulai” ist der Eulaeus, ein künstlich angelegter Kanal nahe bei Susa; er verband zwei Flüsse.
V. 3: „Und ich erhob meine Augen und sah, und – siehe! – ein Widder steht vor dem Fluss, der hat zwei Hörner;”
Die „Hörner” stehen für Mächte. Medopersien war eine Kombination von zwei Mächten, Medien und Persien, daher zwei Hörner.
„und die zwei Hörner sind hoch, und das eine höher als das andere, und das höhere steigt später empor.”
Das höhere symbolisiert Persien.
Die K. 8 und 3 stehen parallel zu einander. (Vgl. die Gliederung des Danielbuches.) Die Betonung liegt – wie in K. 3 – auf der anscheinend unbegrenzten Macht jenes Reiches. (Vgl. 3, 15.17: „niemand kann aus meiner Hand retten” mit 8, 4.7.)
V. 4: „Ich sah den Widder nach Westen ...”
D. i., nach Babylonien, Syrien und Kleinasien
„und nach Norden ...”
Gemeint sind wohl die armenischen und skythischen Völker, die Persien sich unterwarf.
„und nach Süden ...”
D. i. nach Ägypten. Der Osten wird nicht erwähnt, denn die Eroberungen im Osten waren für die Entfaltung der medopersischen Dynastie von untergeordneter Bedeutung. (Vgl. Keil.)
Diese drei Richtungen entsprechen den drei „Rippen” von 7, 5.
„... stoßen, und alle Tiere hielten ihm nicht stand, (o.: konnten nicht stehen) und niemand rettete aus seiner Hand;”
Vgl. 1. Mose 32, 39: „Sehet nun, dass ich, ich bin, der da ist, und kein Gott neben mir! Ich töte, und ich mache lebend, ich zerschlage, und ich heile; und niemand ist, der aus meiner Hand rettet!”
Das ist von Gott gesagt. Hier verwendet Gott Persien als Zuchtrute für Babylonien.
„… und er handelte nach seinem Gutdünken und wurde groß.”
V. 5: „Und ich gab Acht: Und siehe! – ein Ziegenbock kam von Sonnenuntergang (d. i.: vom Westen) her”
Alexander kam von Makedonien.
„über die ganze Erde, und er berührte die Erde nicht;”
Damit ist die Schnelligkeit der Eroberungen dargestellt. Alexander kam gleichsam wie im Fluge. (Vgl. die Flügel des Leoparden in 7, 6.)
„und der Bock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen.”
Der Bock hatte ein Horn von ansehnlicher Größe.
V. 6: „Und er kam bis zu dem Widder mit den zwei Hörnern, den ich vor dem Fluss hatte stehen sehen, und er rannte gegen ihn an in der Glut (o.: Hitze) seiner Kraft.”
V. 7: „Und ich sah ihn neben dem Widder gelangen, (o.: sah ihn angelangen bei dem Widder) und er ward gegen ihn erbittert (o.: ergrimmte gegen ihn), und er stieß den Widder und zerbrach seine beiden Hörner; und in dem Widder war nicht Kraft, ihm standzuhalten. Und er warf ihn zu Boden und zertrat ihn, und niemand rettete den Widder aus seiner Hand.”
Vgl. V. 4. Wie Medopersien die anderen Reiche zertreten hat, so wird es selbst zertreten. Gottes Vergeltung ist gerecht.
Alexanders entscheidende Schlachten waren die von Granikus (334), Issus (333) und Gaugamela (331 v. Chr.). Letztere war der entscheidende Sieg über den persischen König Darius III.
V. 8: „Und der Ziegenbock wurde groß”
– wie vorher Medopersien. V. 4.
„über die Maßen.”
Alexanders Imperium umfasste das heutige Griechenland, Makedonien, Albanien, Türkei, Bulgarien, Ägypten, Libyen, Israel, Jordanien, Syrien, Libanon, Zypern, Irak, Iran, Afghanistan, Usbekistan, Pakistan und Teile Indiens.
„und es wuchsen vier ansehnliche Hörner an seiner Statt nach den vier Winden des Himmels hin.”
Die vier anfänglichen Diadochenreiche nach Zerfall der Monarchie anlässlich des Todes Alexanders (323 v. Chr.) waren das des Ptolemaius (Ägypten, Palästina, Teile Arabiens), das des Lysimachus (Thrakien und Bithynien, Teile Kleinasiens), das des Kassander (Makedonien und Griechenland) und das Reich des Seleukus (Syrien, Babylon und Phrygien; das Reich erstreckte sich im Jahr 301 bis Indien. Abgeschlossen wurde der Prozess der Bildung der vier Reiche erst 22 Jahre nach dem Tode Alexanders, als in der entscheidenden Schlacht bei Ipsos im Jahr 301 Antigonus völlig besiegt wurde. Es werden in dieser Prophetie nur die entscheidenden Linien aufgezeigt. Das Reiche von Lysimachos währte nur bis 281 v. Chr.; das des Kassandros blieb für die weitere Geschichte unbedeutend.
Abgeschlossen wurde der Prozess des Bildens der vier Reiche erst 301 v. Chr. (entscheidende Schlacht bei Ipsos), 22 Jahre nach dem Tode Alexanders. Es werden nur die entscheidenden Linien aufgezeigt, nicht alle Details. Die beiden Reiche von Kassandros und Lysimachos waren unbedeutend. Dominiert hat das seleukidische Reich.
V. 9: „Und aus dem einen von ihnen (nämlich dem syrischen, dem Seleukidenreich) kam ein Horn hervor, ein kleines (d. h. ein vorerst unbedeutendes); und es wurde übermäßig groß gegen Süden (d. i.: Ägypten (vgl. 11, 5; 1. Makkabäer 1, 16ff.) und gegen Osten”
Mit „Osten” ist Babylonien gemeint, vor allem Elymais und Armenien (vgl. 1.Makk 1, 31.37; 3, 31.37; 6, 1-4). Das kleine Horn ist Antiochus IV. Theos Epiphanes (w.: „der erscheinende Gott”).
„... und gegen die Zierde”
Die Zierde (o.: Schönheit) ist das in Gottes Augen schöne, prächtige Land, das Land Israel (11, 16.41; Jeremia 3, 19; Hesekiel 20, 6.15), das „köstliche Land” (Sac 7, 14; Psalm 106, 24).
Vgl. Dan 11, 16: „Und der gegen ihn Gekommene soll nach seinem Gutdünken handeln, und niemand soll vor ihm bestehen. Und im Lande der Zierde bleibt er stehen mit Vertilgung in seiner Hand.“
Dan 11, 41: „Und er wird kommen in das Land der Zierde.“
Jeremia 3, 19: „Und ich sagte: „Wie will ich dich stellen unter den Söhnen und dir ein köstliches Land geben, ein Erbteil, das die herrlichste Zierde der ‹Heiden-› Völker ist!“
Hesekiel 20, 6: „An jenem Tage erhob ich ihnen meine Hand, dass ich sie aus dem Lande Ägypten führen würde in ein Land, das ich für sie erspäht hatte, das von Milch und Honig fließt; die Zierde ist es von allen Ländern.“
Hesekiel 20, 15: „Und ich erhob ihnen auch meine Hand in der Wüste, dass ich sie nicht in das Land bringen würde, das ich ihnen gegeben hatte, das von Milch und Honig fließt; die Zierde ist es von allen Ländern:
Sacharja 7, 14: „und sie machten das köstliche Land zu einer Wüste“
Psalm 106, 24: „Und sie verschmähten das köstliche Land, glaubten nicht seinem Wort“
Warum werden in Dan 8 das dritte und das vierte Tier aus Dan 7 als eines geschaut?
Wenn in K. 7 das dritte Reich, das Alexanderreich ist, wie kann dann in K. 8 das Diadochenreich im Reich des „Ziegenbocks” eingeschlossen sein?
Die verschiedenen Kapitel im Danielbuch vermitteln zwei verschiedene Stränge bzgl. der Diadochenkriege. Die K. 2, 7 und 11 betonen die Diskontinuität. Sie zeigen, dass die vier Diadochenreiche nur eine blasse Reflexion der Herrlichkeit und Stärke des Alexanderreiches waren. In dem Gesicht von den zwei Tieren (Dan 8) hingegen behandelt der inspirierte Schreiber die Reiche Alexanders und des Antiochus als zwei verschiedenen Phasen ein und desselben bösen und mächtigen Reiches – wegen der besonderen Arroganz und Brutalität des letzteren.
Zurück zum Text:
V. 10: „Und es wurde groß bis zum Heer des Himmels, ...”
D. h., es wuchs und wuchs, bis es an die Sterne reichte. (Zum Ausdruck vgl. Jeremia 33, 22: „Wie das Heer des Himmels nicht gezählt und der Sand des Meeres nicht gemessen werden kann, so werde ich den Samen Davids, meines leibeigenen Knechtes, und die Leviten mehren, die mir dienen.)
„.... und es warf von dem Heer und [zwar] von den Sternen zur Erde nieder und zertrat sie.”
Daniel sieht das Horn so hoch wachsen, dass es die Sterne ergreift und etliche herabwirft und zertritt.
Mit den „Sternen” ist „das Volk der Heiligen” des Höchsten, das Volk Gottes, Israel, gemeint. (Vgl. V. 24.)
Die „Heerscharen” Gottes sind an manchen Stellen im AT die Söhne Israels (z. B. 1. Mose 7, 4: „Der Pharao wird nicht auf euch hören; und ich werde meine Hand an Ägypten legen und meine Heere, mein Volk, die Kinder Israel, aus dem Lande Ägypten herausführen durch große Gerichte.”; 1. Mose 12, 41: „Und es geschah am Ende der vierhundertdreißig Jahre, und es geschah an eben diesem Tage, dass alle Heere Jahwehs aus dem Lande Ägypten auszogen.”)
Wie im Himmel die Engel und Sterne, so bilden auf Erden die Söhne Israels das „Heer Gottes”.
Als Antiochus, sich gegen Gottes Volk, den Tempel und den jüdischen Gottesdienst wandte, war dies ein Frevel gegen den Himmel, ein Kampf gegen Gott selbst.
Eine Parallele zu diesem Vers hier findet sich in 2. Makkabäer 9, 10: „Und ihn [Antiochus], der jüngst noch wähnte, die Sterne am Himmel erreichen zu können, ...”
V. 11: „Selbst bis zu dem Fürsten des Heeres ...”
Mit dem „Fürsten” ist Gott selbst gemeint. (Vgl. V. 25.) „Heer” kann in der Bibel ein Engelheer meinen, oder das Volk Gottes oder das Heer der Sterne. Hier ist das Volk Israel gemeint.
„wurde es groß, ...”
d. h.: lehnte er sich auf. So in V. 25, der Parallelstelle. Seine Auflehnung wird weiter beschrieben:
„und es nahm ihm das beständige [Opfer] weg, ...
Das „beständige [Opfer]” ist der regelmäßige israelitische Opferkult, und zwar alles, was nicht bloß zeitweise ausgeübt wird: die tägliche Opferdarbringung, die Auflegung der Schaubrote, die Bedienung des Tempels. Dazu gehören auch die regelmäßigen Festfeierlichkeiten.
In 1. Makkabäer 1, 44-51 (Menge Übersetzung) heißt es: „Nun schickte der König durch Boten den schriftlichen Befehl nach Jerusalem und in die Städte Judas, man solle fortan die ausländischen Satzungen und Bräuche beobachten; 45 die Brand-, Schlacht- und Trankopfer sollten im Heiligtum in Wegfall ko mmen, Sabbate und Feste ungefeiert bleiben; 46 das Heiligtum und die Heiligen (oder: die Geweihten; gemeint sind wohl die Priester und Leviten) solle man verunreinigen, 47 Altäre, heilige Haine und Götzentempel errichten dürfen, Schweine und andere unreine Tiere opfern; 48 ihre Söhne sollten sie unbeschnitten lassen und ihr Gewissen mit jeder Art von unreinen und gräuelhaften Dingen beflecken, 49 so dass sie das (mosaische) Gesetz vergäßen und alle heiligen Ordnungen abschafften; 50 und wer dem Gebote des Königs nicht Folge leiste, der solle den Tod erleiden.”
Antiochus Epiphanes nahm auf diese Weise dem Gott des Himmels das Opfer weg und profanierte (entweihte) den Altar, Jahwehs, d. h. er funktionierte den Altar Jahwehs zu einem Götzenaltar um. Er tat damit etwas viel Schlimmeres als der babylonische König Belsazar (Dan 5) gewagt hatte, als jener dem Gott des Himmel die heiligen Gefäße wegnahm und sie profanierte.
„und die Stätte seines Heiligtums wurde niedergeworfen.”
– also „verwüstet” (wie Jeremia 9, 18).
In Makk 1, 37ff (Menge Übersetzung) lesen wir:
„Unschuldig Blut vergossen sie rings um das Heiligtum und entweihten dadurch das Heiligtum. 38 Darum flohen ihretwegen die Bewohner Jerusalems, und Ausländern diente die Stadt als Wohnsitz; den Eingeborenen wurde sie fremd, und ihre eigenen Kinder verließen sie. 39 Ihr Heiligtum wurde öde wie die Wüste, ihre Feste wandelten sich zu Trauertagen; ihre Sabbate wurden geschändet, und ihre Ehre ward zur Verachtung…. 46 das Heiligtum und die Heiligen (...) solle man verunreinigen, …”
1. Makkabäer 3, 45: „Jerusalem aber lag unbewohnt da wie eine Wüste; niemand ging mehr ein und aus von seinen Kindern; das Heiligtum war zertreten (d. h. entweiht), Fremdlinge hausten in der Burg, eine Herberge der Heiden war (die Stadt) geworden; die Freude war verschwunden aus Jakob; es schwiegen Flöte und Zither.”
Antiochus verbot die mosaischen Opfer und den gesamten Gottesdienst, ebenso die Sabbatfeier und die Beschneidung; er befahl stattdessen die Ausführung heidnischer Feierlichkeiten. Ebenso verbot er das Einhalten der göttlichen Gebote bei Todesstrafe. Am 15. Dez. 168 v. Chr. ließ er „einen verwüstenden Gräuel” (w.: den „Gräuel der Verwüstung” 11, 31) aufrichten; gemeint ist ein Götzenbild zu Ehren des olympischen Gottes Zeus. Die Zeusstatue soll die Gesichtszüge des Antiochus getragen haben. Der Brandopferaltar wurde durch einen Aufbau zum Zeusaltar umfunktioniert. Antiochus ließ ein Schwein opfern und Schweinebrühe an den Altar sprengen. Überall im Lande ließ er Zeusaltäre errichten und erzwang er die Teilnahme am Zeuskult. Nie vorher soll es Schrecklicheres gegeben haben.
Die Entweihung des Heiligen durch Antiochus bestand also zum Einen im Abschaffen des beständigen Opfergottesdienstes und zum Anderen im Aufstellen des Verwüstungsgräuels, d. h. des Götzenaltars, auf dem Brandopferaltar.
V. 12: „Und ein Heer”
– d. h. eine große Schar von dem Heer Gottes, dem Volk Israel, ...
„... wird hingegeben werden samt dem beständigen [Opfer], (d. h., allem Beständigen im mosaischen Opfergottesdienst) des Frevels wegen (o. der Abtrünnigkeit wegen; d. i.: des Abfalls der Israeliten von Gott wegen).
Gott ließ es zu, um die Israeliten zu prüfen, ob sie Gott treu bleiben würden.
„Und es (d. i.: das Horn) wird die Wahrheit zu Boden werfen und in seinem Tun Gelingen haben.
Dieses Horn erhebt sich selbst bis zum Himmel und die Wahrheit wirft es dabei zu Boden. (Die Werte werden umgekehrt. Stattdessen hätte er (das „kleine Horn”) sich zu Boden werfen sollen und die Wahrheit hochhalten sollen.
V. 13: „Und ich hörte einen Heiligen reden – es hatte nämlich ein Heiliger zu jenem, der redete, gesprochen: ‚Bis auf wie lange geht (o.: wie lange wird dauern) das Gesicht von dem beständigen [Opfer] und von dem verwüstenden Frevel und das Hingeben (o.: die Preisgabe) sowohl des Heiligen (d. i. des Heiligtums) als auch des Heeres (d. i. des Gottesvolkes) zur Zertretung?”
V. 14: „Und er sagte zu mir: „Bis zweitausend dreihundert Abend-Morgen [gewesen] sind; dann wird dem Heiligen (d. i. dem Heiligtum) [sein] Recht werden.”
Die Verwüstung des Heiligtums durch Antiochus dauerte gemäß 1. Makkabäer 1, 54.59 und 4, 52 drei Jahre und zehn Tage (vom 15. Kislev 168 bis zum 25. Kislev 165 v. Chr.): „Am 15. Tage des Monats Kislev (Dezember) im Jahre 145 (d. i. 168 v. Chr.) stellten sie einen Gräuel der Verwüstung auf den Brandopferaltar und erbauten Altäre in den Ortschaften Judas ringsumher.” (Menge Übersetzung)
1. Makkabäer 4, 48-53: „Auch stellten sie das Heiligtum (von außen) und auch die inneren Räume des Tempels wieder her und weihten die Vorhöfe, 49 ließen auch neue heilige Geräte anfertigen und brachten den Leuchter und den Rauchopferaltar und den Schaubrottisch in den Tempel hinein. 50 Alsdann räucherten sie auf dem Altar und zündeten die Lampen auf dem Leuchter an, dass sie den Tempel erleuchteten. 51 Schließlich legten sie Brote auf den Tisch und hängten die Vorhänge auf. Als sie nun so die begonnenen Arbeiten allesamt vollendet hatten, 52 brachten sie in der Morgenfrühe am 25. Tage des 9. Monats – es war der Monat Kislev des Jahres 148 (165 v. Chronik ) – 53 ein Opfer nach der Vorschrift des Gesetzes auf dem neuen Brandopferaltar dar, den sie erbaut hatten.”
In 8, 14 wird die Dauer der Aufhebung des beständigen Opferdienstes und der Preisgabe des Heiligtums und des Volkes zur Zertretung (V. 13) angegeben. Der Zeitraum erstreckt sich über die gesamte Zeit, in welcher das Heiligtum und das Heer (das Volk Gottes) zur Zertretung preisgegeben sind.
Die Weissagung erfüllte sich unter Antiochus. Die Bedrängnis des Volkes Gottes dauerte länger als die Aufhebung des mosaischen Opferkultes: Vom Beginn der Verwüstung des Heiligtums (Plünderung der Geräte und des Schmuckes) (1. Makkabäer 1, 20ff) bis zur Wiederherstellung des Heiligtums verstrichen etwa 5 Jahre. Die „2300 Tage” ergeben aber ca. 6 Jahre und etwa 4 Monate.
Der Ausdruck „Abend-Morgen” entspricht dem griechischen nüchtheemeron (Nacht-und-Tag-Einheiten) in 2. Korinther 11, 25 und bedeutet ganze Tage. Der Begriff wurde wahrscheinlich wegen der Abend- und Morgenopfer, durch die der Tag dem Herrn geheiligt werden sollte, gewählt. (Vgl. 1. Mose 1, 5.8.13. Die Einheit von „Abend und Morgen” ergibt einen Tag.
(Nb.: V. 26 gibt keinen Hinweis darauf, dass Abend und Morgen einzeln zu zählen seien, also nur 1150 Tage; sondern V. 26. gibt lediglich den Hinweis, dass Abend-Morgen eine Zeitfrist ist, die aus Abend und Morgen besteht.) Ähnliche Beispiele, wo die ganzen Tage gezählt werden: „40 Tage und 40 Nächte” (1. Mose 7, 4.12; 1. Mose 24, 18; 1. Korinther 19, 8); „drei Tage und drei Nächte” (Jon 2; Matthäus 12, 40).
„dann wird dem Heiligen (d. i. dem Heiligtum) [sein] Recht werden.”
D. h., dann wird das Heiligtum wieder in seinen rechten Stand gesetzt werden.
Wir beachten: Hier (Dan 8, 14) wird angegeben die Dauer a) der Aufhebung des beständigen Opferdienstes UND b) der Preisgabe des „Heiligen” und des Volkes zur Zertretung (V. 13) – d. h. die Zeit, in der das Heiligtum und das Heer (d. i.: das Volk Gottes) zur Zertretung preisgegeben ist.
Die Bedrängnis des Volkes Gottes dauerte länger als die Aufhebung des mosaischen Opferkultes, denn vom Beginn der Verwüstung des Heiligtums (Plünderung der Geräte und des Schmuckes, 1. Makkabäer 1, 20ff) bis zur Wiederherstellung des „Heiligen” in den rechten Stand, vergingen etwa ca. 5 Jahre, die 2300 Tage sind aber 6 Jahre und ca. 5 Monate.
Der Ausdruck „wird dem Heiligtum [sein] Recht werden“ bedeutet mehr als lediglich die Reinigung und Wiedereinweihung des Tempels. Für „Tempel” steht im Danielbuch an anderer Stelle miqdasch (8, 11; 9, 17; 11, 31), aber in 8, 14 wird der Begriff qodesch („Heiliges”) verwendet. Gemeint ist alles, was heilig ist.
Als die Syrer nach der Tempelweihe im Jahr 162 v. Chr. (1. Makkabäer 6, 20) das Heiligtum belagerten (1. Makkabäer 6, 18ff; 6, 51.62; 1. Makkabäer 7), war „das Heilige” immer noch nicht „in seinen rechten Stand gesetzt”. Auch hörte mit der Tempelweihe (Dez. 165 v. Chr.) die Zertretung Israels nicht auf, wie 1. Makkabäer 5, 1ff zeigt.
Ein möglicher Endtermin der 2300 Tage könnte der Sieg über Nikanor (1. Makkabäer 7, 48-50) sein. In dem Fall wäre ein möglicher Anfang der 2300 Tage kurz vor der Aufrichtung des Götzengräuels im Tempel.
Der Ausleger Keil meint, der Endtermin der 2300 Tage sei der Untergang (Tod) des Antiochus Epiphanes im Frühjahr 164 v. Chr. (V. 25E) und der Anfang der 2300 Tage sei ein Jahr vor Beginn der Gewalttätigkeiten des Antiochus.
Der Anfang der Zählung der 2300 Tage könnte kurz vor Aufrichtung des Götzengräuels im Tempel angesetzt werden.
Moses Stuart (in, Interpretation of Prophecy, S 96-98) meint, mit dem Ausdruck „wird dem Heiligtum [sein] Recht werden (o.: wird gerechtfertigt werden; o.: wiederhergestellt werden; in den rechten Zustand versetzt werden)“ könnte doch die Wiederherstellung des Heiligtums (25. Dez. 165 v. Chr.) gemeint sein.
Zählt man von hier aus die 2300 Tage zurück, kommt man auf den 5. August 171 v. Chr. Was geschah 171 v. Chr.? Die Agressionen des Antiochus begannen mit seinem Angriff auf die Priesterschaft und vor allem auf den Hohen Priester Onias III). Die Profanierung des Tempels und die Beseitigung der Opfer geschah erst einige Zeit später (168 v. Chr.). 171 v. Chr.: Menelaus (der jüngere Bruder des Onias III) erschlich sich durch Bestechung die Ernennung zum Hohen Priester. Antiochus hatte dieses Amt für Geld dem Menelaus versprochen. Aber Menelaus bezahlte zu wenig schnell. So ließ Antiochus die goldenen Tempelgefäße holen. Menelaus versprach dem Antiochus noch größere Summen Geld, daher beließ er ihn im Amt als Hoher Priester. Onias tadelte seinen Bruder Menelaus für seine Entweihung des Tempels. Daraufhin floh er an einem Zufluchtsort in Daphne. Onias wurde hinterlistig aus seinem Zufluchtsort gelockt und dann von Antiochus’ Vizeregent Andronikus ermordet. (Antiochus war in der Zeit abwesend). Als die Juden in Jerusalem das erfuhren, erhoben sie sich in Rebellion. Nun begann eine Serie von Aggressionen von Seiten der Syrer (Seleukiden) gegen die Juden, vor allem die Priester, den Tempel und die Stadt Jerusalem. Das zog sich hin bis zum Tode des Antiochus (Frühjahr, o. viell. Febr. 64 v. Chr.), 2300 Tage lang.
In Dan 8 wird offensichtlich die gesamt Zeit betrachtet, das gesamte Vorgehen des Antiochus gegen das Volk Gottes. In den ersten drei Jahren geschah die Bedrückung des jüdischen Volkes fast ununterbrochen.
171: Ermordung des Onias III,
170: Ermordung des jüdischen Gesandten (Botschafters) in Tyrus
170: Ermordung von 80 000 Juden (und Versklavung von 40 000)
170: Erste Profanierung und Plünderung des Tempels
169: Antiochus war beschäftigt mit seinem Krieg gegen Ägypten
168: Apollonnius nimmt im Auftrag von Antiochus die Stadt Jerusalem und den Tempel in Besitz. Die Stadtmauern werden zerstört, Gebäude in Schutt und Asche gelegt, die Burg Antonia wird als Festung gebaut. In jener Zeit laufen viele abgefallene Juden zu den Seleukiden über und fügen ihren Mitbürgern unsägliche Leiden zu. In den Dörfern werden Tempel und Altäre errichtet, auf denen täglich Säue (dem Zeus) geopfert werden.
Danach werden für dreieinhalb Jahre die Opferdarbringungen und der Tempelkult beseitigt bzw. verboten sowie die Festtage der Juden abgeschafft. Die jüdische Bibel wird verboten und vernichtet. Die Beschneidung wird verboten. Überall im Volk werden Aufseher eingesetzt, die mit Härte gegen das Volk vorgingen, das sich nicht an die neuen Regeln hält. Viele Juden werden zu Tode gefoltert, gegeißelt, verstümmelt, lebend gekreuzigt. Mütter, die ihre Kinder beschneiden, werden mitsamt ihren Kindern erwürgt. (Vgl. Josephus Flavius, Jüdischen Altertümer, K. 6, 1ff)
Im zweiten Makkabäerbuch (2. Makkabäer 4, 33-38) lesen wir über die Ermordung des Hohen Priesters Onias III: „Als Onias dies sicher erfahren hatte, rügte er es scharf, nachdem er sich in eine Freistatt bei Daphne, einem Vorort von Antiochien, zurückgezogen hatte. Daher nahm Menelaus den Andronikus beiseite und forderte ihn auf, den Onias umzubringen. Dieser begab sich also zu Onias, leistete ihm, da ihm die Anwendung einer List empfohlen war, unter Eidschwüren den Handschlag und überredete ihn, obgleich die Sache dem Onias verdächtig erschien, aus der Freistatt herauszukommen, worauf er ihn, ohne alle Scheu vor dem Recht, sofort erstach. Über diese Tat waren nicht nur die Juden, sondern auch viele von den anderen Völkern aufgebracht und über die ruchlose Ermordung des Mannes entrüstet.“
Vgl. Dan 11, 22: „Und die heranflutenden Streitkräfte werden vor ihm überflutet werden und zertrümmert werden, und auch ein Bundesfürst, …“.
Diese letzten sieben Jahre des Antiochus waren der Anfang vom Ende des seleukidischen Reiches. Antiochus, verfolgte die jüdischen Heiligen und brachte fortgesetzt Krieg und Verwüstung über Jerusalem und den Tempel. Im Zuge seiner Befeindung der Juden schloss er einen festen Bund mit der großen Masse abgefallener Juden, die dem Hellenismus zugeneigt war (1. Makkabäer 1, 10-15; Dan 11, 23.24). Zum ersten Mal seit dem babylonischen Exil wurde das offizielle Hohepriestertum aufgelöst und der Jerusalemer Tempel verwüstet.
1. Makkabäer 1, 10-15: „Aus ihnen ging nun ein gottloser Spross hervor, nämlich Antiochus Epiphanes (d. h. der Erlauchte), der Sohn des Königs Antiochus; er war als Geisel in Rom gewesen und im 137. Jahre der griechischen Herrschaft (175 v. Chronik ) zur Regierung gelangt. 11 Zu jener Zeit traten in Israel nichtswürdige Leute auf, die viele andere für sich gewannen, indem sie ihnen vorhielten: ‚Kommt, wir wollen uns ins Einvernehmen mit den Heiden setzen, die rings um uns her wohnen! Denn seitdem wir uns von ihnen abgesondert haben, ist uns viel Unheil zugestoßen.‘ 12 Dieser Vorschlag fand Beifall bei ihnen, 13 und einige aus dem Volk waren gleich bereit, sich zum König zu begeben, der ihnen denn auch die Erlaubnis gab, die Bräuche der Heiden einzuführen. 14 So erbauten sie z. B. ein Gymnasium (d. h. eine Turnschule) in Jerusalem nach heidnischem Brauch, 15 suchten die an ihnen vollzogene Beschneidung unkenntlich zu machen, fielen so vom heiligen Bunde ab, schlossen sich an die Heiden an und gaben sich dazu her, Böses zu tun.“
Dan 11:23-24: „denn seitdem er sich mit ihm verbündet hat, wird er Trug üben, und wird heranziehen und Macht gewinnen mit wenig Volk. 24 Unversehens wird er in die fettesten Gegenden der Landschaft eindringen und tun, was weder seine Väter noch die Väter seiner Väter getan haben, und [zwar] Raub und Beute und Gut wird er ihnen zerstreuen. Und gegen die Festungen wird er Pläne schmieden, und [das] bis auf eine [festgesetzte] Zeit.“
In der ersten Hälfte jener sieben-Jahr-Periode fiel Antiochus zweimal in Ägypten ein und wandte sich danach jeweils auch gegen die Juden. 169 v. Chr. raubte er den Tempelschatz (1. Makkabäer 1, 16-28; 2. Makkabäer 5, 5-21; vgl. Dan 11, 25-28.
1. Makkabäer 1, 16-28: „Als sich nun Antiochus in der Herrschaft genügend befestigt sah, sann er darauf, auch Herr von Ägypten zu werden, um so beide Königreiche in seiner Gewalt zu haben. 17 Er zog also mit einem gewaltigen Heere nach Ägypten, mit Kriegswagen, Elefanten und Reiterei und mit einer starken Flotte. 18 Der ägyptische König Ptolemäus, mit dem er Krieg führte, geriet in Furcht vor ihm und ergriff die Flucht, und viele Leute fielen und wurden erschlagen; 19 die ägyptischen Festungen wurden erobert, und er plünderte das Land Ägypten aus. 20 Nachdem Antiochus so Ägypten schwer heimgesucht hatte, kehrte er im Jahre 143 (d. h. 170/169 v. Chronik ) um, zog gegen Israel und kam nach Jerusalem mit gewaltiger Heeres macht. 21 Hier drang er in seinem Übermut in das Heiligtum ein, nahm den goldenen Altar und den Leuchter samt allen zugehörigen Geräten weg, 22 den Tisch für die Schaubrote, die Becher und Schalen, die goldenen Räuchergefäße, den Vorhang, die Kränze und die goldenen Zierate an der Vorderseite des Tempels und ließ von allen diesen Gegenständen den goldenen Überzug abreißen. 23 Weiter nahm er auch das Silber und das Gold und die kostbaren Geräte und alles, was er an verborgenen Schätzen vorfand; 24 und nachdem er alles an sich genommen hatte, zog er ab in sein Land, wobei er noch ein Blutbad anrichtete und vermessene Lästerreden ausstieß. 25 Da entstand laute Wehklage in Israel an allen seinen Wohnsitzen: 26 Oberste und Vornehme jammerten; den Jungfrauen und den Jünglingen verging die Jugendkraft, und die Schönheit der Frauen schwand dahin. 27 Jeglicher Bräutigam stimmte Trauerlieder an, die Neuvermählte im Brautgemach saß in Trauerkleidung da; 28 das Land erbebte ob seiner Bewohner, und das ganze Haus Jakobs war mit Schmach bedeckt.”
2. Makkabäer 5, 5-21: „Als sich nun ein falsches Gerücht verbreitete, dass Antiochus gestorben sei, raffte Jason eine Schar von mindestens 1000 Mann zusammen und überfiel die Stadt unversehens. Als die Mannschaften auf den Mauern vertrieben waren und die Einnahme der Stadt schließlich erfolgte, flüchtete sich Menelaus in die Burg; 6 Jason aber richtete erbarmungslos ein Blutbad unter seinen eigenen Mitbürgern an, ohne zu bedenken, dass ein Sieg über Mitbürger das größte Unglück sei; er wähnte vielmehr, Siegeszeichen über Feinde und nicht über Volksgenossen davonzutragen. 7 Dennoch gewann er die Herrschaft nicht, sondern trug als Lohn für seinen Anschlag nur Schande davon und musste als Flüchtling wieder ins Ammoniterland abziehen. 8 Nun erreichte ihn das Ende seines frevelhaften Tuns. Bei Aretas, dem arabischen Häuptling, verklagte (oder: gefangen gehalten?), floh er von Stadt zu Stadt, von allen verfolgt und als ein vom Gesetz Abtrünniger verabscheut und als Henker seines Vaterlandes und seiner Mitbürger verflucht. So wurde er nach Ägypten vertrieben, 9 und er, der so viele andere aus ihrem Vaterlande verjagt hatte, fand selbst in einem fremden Lande seinen Untergang. Er hatte sich nämlich zu den Lacedämoniern begeben in der Hoffnung, bei ihnen als bei Stammverwandten Schutz zu finden; 10 und er, der so viele unbegraben hatte hinwerfen lassen, blieb selbst unbetrauert und erhielt keinerlei liebevolle Bestattung und kein Grab bei seinen Vätern. 11 Als aber dem Könige die Kunde von dem, was (in Jerusalem) vorgegangen war, zu Ohren kam, meinte er, Judäa wolle abfallen. Er brach daher aus Ägypten auf mit tierischer Wut im Herzen, nahm die Stadt mit Waffengewalt ein 12 und befahl seinen Kriegern, schonungslos alle niederzumachen, die ihnen in die Hände fielen, ja auch alle abzuschlachten, die in ihrem Hause auf das Dach hinaufgegangen seien. 13 So erfolgte denn ein Gemetzel von Jünglingen und Greisen, ein Morden von Männern, Weibern und Kindern, ein Abschlachten von Jungfrauen und Säuglingen. 14 80.000 Menschen gingen im Verlauf von nur drei Tagen zugrunde, nämlich 40.000 durch Niedermetzelung, und ebenso viele wurden als Sklaven verkauft. 15 Und damit noch nicht zufrieden, hatte er die Frechheit, in den Tempel einzudringen, in diesen allerheiligsten Ort der Welt, wobei ihm Menelaus als Führer diente, der zum Verräter am Gesetz und am Vaterlande geworden war. 16 Er nahm dort mit seinen unreinen Händen die heiligen Geräte weg und rafft die Weihgeschenke, die von anderen Königen zur Verherrlichung und Ehre der Stätte gestiftet worden waren, mit seinen unheiligen Händen zusammen. 17 In der Dünkelhaftigkeit seines Herzens bedachte Antiochus nicht, dass Gott, der Herr, den Bewohnern der Stadt wegen ihrer Sünden für kurze Zeit zürnte und nur deshalb der Stätte eine Entweihung widerfahren war. 18 Wäre es nämlich nicht der Fall gewesen, dass der Ort in vielen Übertretungen befangen war, so würde, ganz wie der vom Könige Seleukus zur Besichtigung der Schatzkammer entsandte Heliodorus, so jetzt auch Antiochus für sein Eindringen sofort mit Geißelhieben gezüchtigt und von seiner Vermessenheit abgebracht worden sein. 19 Aber nicht um des Ortes willen hatte der Herr das Volk, sondern um des Volkes willen hat er den Ort erwählt. 20 Deswegen hat auch der Ort selbst nachdem er bei den Missgeschicken des Volkes mitgelitten hatte, nachmals an den Segnungen des Herrn teilgenommen; und während er damals, solange der Zorn des Allmächtigen dauerte, verlassen war, wurde er, als der große Herrscher sich mit seinem Volke versöhnt hatte, wieder in voller Herrlichkeit zu Ehren gebracht. 21 Nachdem nun Antiochus 1800 Talente aus dem Tempel an sich genommen hatte, kehrte er in aller Eile nach Antiochien zurück und war in seinem Hochmut überzeugt, das Land schiffbar und das Meer gangbar machen zu können: Solche Selbstüberhebung lebte in seinem Herzen!“
Dan 11:25-28: „Und er wird seine Kraft und sein Herz gegen den König des Südens aufbieten mit einem großen Heere. Und der König des Südens wird sich zum Kampf rüsten mit einem großen und überaus starken Heer, aber er wird nicht bestehen, denn man wird Anschläge gegen ihn planen. 26 Und die seine Tafelkost essen, werden ihn zerbrechen. Und sein Heer wird daherfluten, und es werden viele Erschlagene fallen. 27 Und die beiden Könige: ihre Herzen werden auf Bosheit bedacht sein, und an einem Tische werden sie Lügen [miteinander] reden. Aber es wird nicht gelingen, denn das Ende [geht] noch auf die festgesetzte Zeit. 28 Und er wird mit großem Reichtum in sein Land zurückkehren, und sein Herz wird gegen den heiligen Bund [gerichtet] sein, und er wird [entsprechend] handeln und in sein Land zurückkehren.“
Nach seiner Eroberung Ägyptens (168 v. Chr.) erschien die römische Flotte, und der römische Gesandte Gaius Popilius Laenas bedrohte Antiochus, er würde ihn angreifen, wenn er sich nicht auf der Stelle aus Ägypten zurückzöge. Im Blick auf die überwältigende Übermacht der Flotte, entschied sich Antiochus, sich zurückzuziehen. Gedemütigt und voller Zorn zog er zurück. Auf dem Rückwege durch Israel beraubte er die Stadt, riss die Mauern nieder und verbrannte einen Teil der Stadt (1. Makkabäer 1, 29-40; 2. Makkabäer 5; Dan 11, 29.30).
1. Makkabäer 1, 28-40: …. das Land erbebte ob seiner Bewohner, und das ganze Haus Jakobs war mit Schmach bedeckt. 29 Zwei Jahre später sandte der König einen Obersteuereinnehmer (Er hiess Apollonius, vgl. 2Ma 5: 24) in die Städte von Juda. Der kam nach Jerusalem mit starker Heeres macht, 30 ließ jedoch vor den Stadtbewohnern in hinterlistiger Weise friedliche Worte verlauten, so dass sie ihm Glauben schenkten. Plötzlich aber überfiel er die Stadt, richtete ein großes Blutbad in ihr an und brachte viele Israeliten im Lande um. 31 Dann ließ er die Stadt plündern und in Flammen aufgehen und ihre Häuser und die Mauern ringsum niederreißen. 32 Weiter führte man die Weiber und Kinder als Gefangene weg und bemächtigte sich des Viehs. 33 Sodann befestigte man die Davidstadt mit einer großen und starken Mauer und festen Türmen, damit sie ihnen als Burg diente. 34 In diese legten sie als Besatzung verbrecherisches Gesindel, nichtswürdige Leute, hinein, die sich darin festsetzten. 35 Auch schaffte man Waffen und Lebensmittel hinein und verwahrte daselbst die Beute, die man aus Jerusalem zusammengebracht hatte; so wurde die Burg zu einem schlimmen Unheil (eigentlich: Fallstrick) für die Stadt. 36 Ja, sie wurde zum Hinterhalt für das Heiligtum und zum schlimmen Widersacher für Israel allezeit. 37 Unschuldig Blut vergossen sie rings um das Heiligtum und entweihten dadurch das Heiligtum. 38 Darum flohen ihretwegen die Bewohner Jerusalems, und Ausländern diente die Stadt als Wohnsitz; den Eingeborenen wurde sie fremd, und ihre eigenen Kinder verließen sie. 39 Ihr Heiligtum ward öde wie die Wüste, ihre Feste wandelten sich zu Trauertagen; ihre Sabbate wurden geschändet, und ihre Ehre ward zur Verachtung. 40 So groß wie einst ihr Ruhm ward nun ihre Schmach, und ihre Hoheit versank in Trauer.
Josephus schreibt (Josua , Ant 12, 250-253): „So he left the temple bare, and took away the golden lampstands, and the golden altar [of incense], and table [of showbread], and the altar [of burnt offering]; and did not abstain from even the veils, which were made of fine linen and scarlet. He also emptied it of its secret treasures, and left nothing at all remaining; and by this means cast the Jews into great lamentation,
251 for he forbade them to offer those daily sacrifices which they used to offer to God, according to the Law. And when he had pillaged the whole city, some of the inhabitants he slew, and some he carried captive, together with their wives and children, so that the multitude of those captives that were taken alive amounted to about ten thousand.
252 He also burnt down the finest buildings; and when he had overthrown the city walls, he built a citadel in the lower part of the city, {d} for the place was high, and overlooked the temple, on which account he fortified it with high walls and towers, and put into it a garrison of Macedonians. However, in that citadel dwelt the impious and wicked part of the [Jewish] multitude, from whom it proved that the citizens suffered many and sore calamities.
253 And when the king had built an idol altar upon God's altar, he slew swine upon it, and so offered a sacrifice neither according to the Law, nor the Jewish religious worship in that country. He also compelled them to forsake the worship which they paid their own God, and to adore those whom he took to be gods; and made them build temples, and raise idol altars in every city and village, and offer swine upon them every day.”
Ant 12, 267 (6. Kapitel): „Now this Mattathias lamented to his children the sad state of their affairs, and the ravage made in the city, and the plundering of the temple, and the calamities the multitude were under; and he told them that it was better for them to die for the laws of their country, than to live so ingloriously as they then did.”
Ant 12, 295-297: „Hereupon, he left one whose name was Lysias, who was in great repute with him, governor of the kingdom, as far as the bounds of Egypt, and of the Lower Asia, and reaching from the river Euphrates, and committed to him a certain part of his forces, and of his elephants,
296 and charged him to bring up his son Antiochus with all possible care, until he came back; and that he should conquer Judea, and take its inhabitants for slaves, and utterly destroy Jerusalem, and abolish the whole nation; 297 and when king Antiochus had given these things in charge to Lysias, he went into Persia; and, in the hundred and forty-seventh year, he passed over the Euphrates, and went to the upper provinces.”
Ant 12, 324-326: „Nay, they were so very glad at the revival of their customs, when, after a long time of intermission, they unexpectedly had regained the freedom of their worship, that they made it a law for their posterity that they should keep a festival, on account of the restoration of their temple worship, for eight days.
325 And from that time to this we celebrate this festival, and call it Lights . I suppose the reason was, because this liberty beyond our hopes appeared to us; and that hence was the name given to that festival.
326 Judas also rebuilt the walls around the city, and reared towers of great height against the incursions of enemies, and set guards therein. ….”
Ant 12, 383: „But when Antiochus came into it, and saw how strong the place was, he broke his oaths, and ordered his army that was there to pull down the walls to the ground; and when he had so done, he returned to Antioch. He also carried with him Onias the high priest, who was also called Menelaus;”
Ant 13, 40-41: „When these were read, these wicked men and deserters, who were in the citadel, were greatly afraid, upon the king's permission to Jonathan to raise an army, and to receive back the hostages: so he delivered each of them to his own parents; 41 and thus did Jonathan make his abode at Jerusalem, renewing the city to a better state, and reforming the buildings as he pleased; for he gave orders that the walls of the city should be rebuilt with square stones, that it might be more secure from their enemies;”
Ant 13, 47-57: „This greatly grieved Demetrius, when he heard of it, and made him blame himself for his slowness, that he had not anticipated Alexander, and got the goodwill of Jonathan, but had given him time so to do. However, he also himself wrote a letter to Jonathan, and to the people, the contents whereof are these:-- King Demetrius to Jonathan, and to the nation of the Jews, sends greetings. Since you have preserved your friendship for us, and when you have been tempted by our enemies, you have not joined yourselves to them; I both commend you for your fidelity, and exhort you to continue in the same disposition; for which you shall be repaid, and receive rewards from us; 49 for I will free you from the greatest part of the tributes and taxes which you formerly paid to the kings my predecessors, and to myself; and I do now set you free from those tributes which you have ever paid; and besides, I forgive you the tax upon salt, and the value of the crowns which you used to offer to me: {c} and instead of the third part of the fruits of the field, and the half of the fruits of the trees, I relinquish my part of them from this day:
50 and as to the poll money, which ought to be given me for every head of the inhabitants of Judea, and of the three toparchies that adjoin to Judea, Samaria, and Galilee, and Perea, that I relinquish to you for this time, and for all time to come.
51 I will also, that the city of Jerusalem be holy and inviolable, and free from the tithes, and from the taxes, to its utmost bounds: and I so far recede from my title to the citadel, as to permit Jonathan your high priest to possess it, that he may place such a garrison in it as he approves of for fidelity and goodwill to himself, that they may keep it for us.
52 I also make free all those Jews who have been made captives and slaves in my kingdom. I also order that the beasts of the Jews be not pressed for our service; and let their Sabbaths, and all their festivals, and three days before each of them, be free from any imposition.
53 In the same manner, I set free the Jews that are inhabitants of my kingdom, and order that no injury be done to them. I also give permission to those who are willing to enlist themselves in my army, that they may do it, and those as many as thirty thousand; which Jewish soldiers, wherever they go, shall have the same pay that my own army has; and some of them I will place in my garrisons, and some as guards about mine own body, and as rulers over those who are in my court.
54 I give them permission also to use the laws of their forefathers, and to observe them; and I will that they have power over the three toparchies that are added to Judea; and it shall be in the power of the high priest to take care that no one Jew shall have any other temple for worship but only that at Jerusalem.
55 I bequeath also, out of my own revenues, yearly, for the expenses about the sacrifices, one hundred and fifty thousand [drachmas]; and what money is to spare, I will that it shall be your own. I also release to you those ten thousand drachmas which the kings received from the temple, because they appertain to the priests that minister in that temple.
56 And whoever shall flee to the temple at Jerusalem, or to the places thereto belonging, or who owe the king money, or are there on any other account, let them be set free, and let their goods be in safety.
57 I also give you permission to repair and rebuild your temple, and that all be done at my expense. I also allow you to build the walls of your city, and to erect high towers, and that they be erected at my charge. And if there be any fortified town that would be convenient for the Jewish country to have very strong, let it be so built at my expense.''„
Ant 13, 181-183: „When Simon and Jonathan had finished these affairs, they returned to Jerusalem, where Jonathan gathered all the people together, and took counsel to restore the walls of Jerusalem, and to rebuild the wall that surrounded the temple, which had been thrown down, and to make the places adjoining stronger by very high towers;
182 and besides that, to build another wall in the midst of the city, in order to exclude the market place from the garrison, which was in the citadel, and by that means to hinder them from any supply of provisions; and moreover, to make the fortresses that were in the country much stronger, and more defensible than they were before.
183 And when these things were approved of by the multitude, as rightly proposed, Jonathan himself took care of the building that belonged to the city, and sent Simon away to make the fortresses in the country more secure than formerly.”
Ant 13, 202: „So he got together immediately all his own soldiers that were fit for war, and made haste in rebuilding the walls of the city, and strengthening them by very high and strong towers, and sent a friend of his, one Jonathan, the son of Absalom, to Joppa, and gave him orders to eject the inhabitants out of the city, for he was afraid lest they should deliver up the city to Tryphon; but he himself stayed to secure Jerusalem.”
Antiochus verfolgte die Juden weiterhin, verwüstete ihre religiösen Gesetze und ließ die Gaben und Opferdarbringungen aufhören (Dan 7, 25; 8, 13.14; 9, 27; 12, 6.7.11)
Details (über die Beraubung des Tempels und das Zuteilen von Landgut an diejenigen, die mit ihm zusammenarbeiteten) lesen wir in 1. Makkabäer 2, 17.18; 3, 28-30.35.36; 6, 21-24; 2. Makkabäer 4, 30; 7, 24; Dan 11, 39.
Dan 11, 39. „Und mithilfe der fremden Gottheit wird er handeln gegen die starken Festungen: Denen, die [ihm] Anerkennung zollen, wird er viel Ehre erweisen, und er wird ihnen Herrschaft verleihen über die Vielen und wird Land zum Lohne austeilen.“
1. Makkabäer 3, 28-30.35.36: „Er öffnete seine Schatzkammern, ließ seinen Truppen den Sold für ein ganzes Jahr auszahlen und gebot ihnen, sich für alle Fälle bereit zu halten. 29 Da er aber sah, dass ihm das Geld in seinen Schatzkammern ausging, und dass der Ertrag der Steuern aus den Landen gering war infolge des Aufruhrs und wegen des Unheils dass er (selbst) im Lande angerichtet hatte, um die Gesetze und Bräuche abzuschaffen, die von den ältesten Zeiten her in Geltung gewesen waren: - 30 Da geriet er in Besorgnis, es möchten ihm, wie das früher schon mehr als einmal der Fall gewesen war, die Mittel zur Bestreitung der Ausgaben fehlen, besonders für die Geschenke, die er bisher mit freigebiger Hand und reichlicher als die früheren Könige ausgeteilt hatte. … 35 Er solle ein Heer gegen sie entsenden, um die Macht der Israeliten und was von Jerusalem noch übrig war, völlig auszurotten, so dass selbst die Erinnerung an sie im Lande erlösche; 36 alsdann sollte er Ausländer in ihrem ganzen Gebiet sich ansiedeln lassen und ihr Land losweise unter diese verteilen.
1. Makkabäer 6, 21-24: „Es gelang aber einigen von ihnen, aus der Umschließung zu entkommen, und diesen schlossen sich etliche vom Glauben abgefallene Juden an; 22 diese begaben sich zum Könige und sagten zu ihm: „Wann wirst du endlich Recht schaffen und Rache für unsere Brüder nehmen? 23 Wir haben deinem Vater willig gedient und nach seinen Geboten uns verhalten und sind seinen Befehlen nachgekommen. 24 Eben deswegen haben nun unsere Volksgenossen die Burg zu belagern begonnen und sind uns feind geworden; ja, sie haben die von uns, deren sie habhaft werden konnten, um Leben gebracht, und unser Hab und Gut ist geraubt worden.“
1. Makkabäer 2, 15-18: „Da kamen die königlichen Beamten, die den Abfall erzwingen sollten, nach der Ortschaft Modein, um die Einwohner zum Opfern zu bringen, 16 und viele von den Israeliten schlossen sich ihnen an; auch Mattathias und seine Söhne gingen in die Versammlung. 17 Da nahmen die Beamten des Königs das Wort und richteten an Mattathias folgende Ansprache: „Du bist ein Oberster, angesehen und hochstehend in diesem Orte und einflussreich durch Söhne und Brüder. 18 So tritt du nun zuerst heran und komm der königlichen Verordnung nach, wie alle Völker es getan haben, auch die Männer von Juda und die in Jerusalem Zurückgebliebenen; so wirst du und dein ganzes Haus zu den Freunden des Königs gehören, und du und deine Söhne, ihr werdet mit Silber und Gold und vielen Geschenken geehrt werden.”
Mithilfe der abgefallenen Juden, die mit ihm zusammenarbeiteten (1. Makkabäer 1, 41-45; Dan 11, 30) opferte er Schweinefleisch auf dem neu errichteten Altar, der dem Zeus geweiht war. Auf dem Brandopferaltar errichtete er den „Gräuel der Verwüstung“ (eine Zeusstatue) und verbot den jüdischen Priestern die darbringung des täglichen Schlachtopfers (1. Makkabäer 1, 54-61; 2. Makkabäer 6, 1-6; Dan 8, 9-14.23; 9, 27; 11, 30.31; 12, 11)
1. Makkabäer 1, 41-53: „Nunmehr ließ der König Antiochus in sein ganzes Reich eine Verfügung ausgehen, dass alle seine Untertanen ein einziges Volk bilden sollten 42 und jeder seine besonderen Gebräuche und Gesetze aufzugeben habe; und alle anderen Völker fügten sich dem Gebot des Königs. 43 Auch in Israel fanden viele Gefallen an der von ihm gebotenen Verehrung der Götter (d. h. an seiner Religions{-übung}, an seinem Gottesdienst) und opferten den Götzen und entweihten den Sabbat. 44 Nun schickte der König durch Boten den schriftlichen Befehl nach Jerusalem und in die Städte Judas, man solle fortan die ausländischen Satzungen und Bräuche beobachten; 45 die Brand-, Schlacht- und Trankopfer sollten im Heiligtum in Wegfall kommen, Sabbate und Feste ungefeiert bleiben; 46 das Heiligtum und die Heiligen (oder: die Geweihten; gemeint sind wohl die Priester und Leviten; oder: alle Gesetzestreuen ?) solle man verunreinigen, 47 Altäre, heilige Haine und Götzentempel errichten dürfen, Schweine und andere unreine Tiere schlachten (d. h. opfern); 48 ihre Söhne sollten sie unbeschnitten lassen und ihr Gewissen mit jeder Art von unreinen und gräuelhaften Dingen beflecken, 49 so dass sie das (mosaische) Gesetz vergäßen und alle heiligen Ordnungen abschafften; 50 und wer dem Gebote des Königs nicht Folge leiste, der solle den Tod erleiden. 51 Alle diese Bestimmungen waren in der Verordnung enthalten, die er an sein ganzes Reich ergehen ließ. Dazu setzte er Aufseher über das ganze (jüdische) Volk und gebot den Städten Judas, Opfer in allen einzelnen Ortschaften darzubringen. 52 Und viele aus dem Volke schlossen sich ihnen (d. h. den heidnischen Aufsehern) an, nämlich alle, die vom Gesetz treulos abfielen und nun Böses im Lande verübten 53 und die Israeliten dazu nötigten, in Verstecken, in Schlupfwinkeln jeder Art, eine Zuflucht zu suchen.”
2. Makkabäer 6, 1-6: „Nicht lange nachher sandte der König einen alten Athener, um die Juden zu zwingen, von den väterlichen Sitten abzufallen und nicht mehr nach den Gesetzen Gottes zu leben; 2 auch sollte er den Tempel zu Jerusalem entweihen und ihn nach dem Olympischen Zeus benennen, und ebenso den Tempel zu Garizim nach dem Gastlichen Zeus (d. h. Zeus der Gastfreundschaft), wie das ja der gastfreundlichen Art der Ortsbewohner entspräche. 3 Diese Steigerung der Bosheit war selbst für das gewöhnliche Volk unerträglich und widerwärtig; 4 denn der Tempel war jetzt angefüllt mit Schwelgerei und Gelagen durch die Heiden, die dort mit Buhlerinnen Unzucht trieben und in den heiligen Vorhöfen sich mit Weibern abgaben, dazu auch vielerlei ungebührliche Dinge hineinschafften. 5 Der Brandopferaltar wurde mit unzulässigen, vom Gesetz verbotenen Opfern beladen, 6 und weder fand eine Sabbatfeier statt, noch die Beobachtung der herkömmlichen Feste; ja, es war sogar unstatthaft, sich äußerlich zum Judentum zu bekennen.“
Antiochus war in besonderem Maße überheblich, lästerlich, räuberisch, heimtückisch und aggressiv (Dan 7, 8.20-25; 8, 9-13.23-25; 11, 33-39; 1. Makkabäer 1, 24; 2. Makkabäer 5, 21; 9, 7-12)
1. Makkabäer 1, 24: „… und nachdem er alles an sich genommen hatte, zog er ab in sein Land, wobei er noch ein Blutbad anrichtete und vermessene Lästerreden ausstieß.“
2. Makkabäer 5, 21: „Nachdem nun Antiochus 1800 Talente aus dem Tempel an sich genommen hatte, kehrte er in aller Eile nach Antiochien zurück und war in seinem Hochmut überzeugt, das Land schiffbar und das Meer gangbar machen zu können: Solche Selbstüberhebung lebte in seinem Herzen!“
2. Makkabäer 9, 7-12: „Dennoch ließ er seinen maßlosen Stolz keineswegs fahren, sondern war immer noch voller Hochmut und schnaubte Feuer und Flammen in seiner Wut gegen die Juden und befahl, die Fahrt zu beschleunigen. Da geschah es, dass sein Wagen, der sausend dahinrollte, umschlug, so dass er einen schweren Fall tat, durch den alle seine Glieder verrenkt wurden; 8 und der Mann, der soeben in seinem übermenschlichen Hochmut gemeint hatte, den Wellen des Meeres gebieten und die hohen Berge auf der Waagschale wägen zu können, war jetzt, zu Boden geworfen, in die Notlage versetzt, sich in einer Sänfte tragen zu lassen, für alle ein klarer Beweis der Macht Gottes. 9 Es kam so weit, dass aus dem Leibe dieses gottlosen Menschen Würmer in Menge hervorwuchsen und ihm bei lebendigem Leibe das Fleisch stückweise unter grausamen Schmerzen abfiel und das ganze Heer von dem unerträglichen Gestank der Fäulnis belästigt wurde. 10 Und ihn, der jüngst noch wähnte, die Sterne am Himmel erreichen zu können, den konnte jetzt niemand mehr tragen wegen der unerträglichen Beschwerde des Gestanks. 11 Jetzt endlich fing der schwer Geplagte an, den größten Teil seines Hochmuts fahren zu lassen und zu richtiger Erkenntnis zu kommen, da er durch die Rute Gottes von Schmerzen gemartert wurde, die jeden Augenblick zunahmen. 12 Und als er selbst den Gestank nicht mehr ertragen konnten, da erklärte er: „Es ist recht, dass man sich Gott unterwirft und als sterblicher Mensch sich nicht vermisst, Gott gleich zu stehen.”
In jener Zeit begann der jüdische Widerstand, angeführt von der Familie des Priesters Mattathias aus Modin.
1. Makkabäer 2, 1-70: „Zu jener Zeit trat Mattathias auf, ein Sohn des Johannes, des Sohnes Simeons, ein Priester aus der Familie Jojaribs von Jerusalem; er hatte seinen Wohnsitz in Modein (oder: Modin, Ortschaft östlich von Lydda und 28 km westwärts von Jerusalem) genommen. 2 Er hatte fünf Söhne: Johannes mit dem Beinamen Gaddis, 3 Simeon, genannt Thassis, 4 Judas, genannt Makkabäus, 5 Eleasar, genannt Awaran, und Jonathan, genannt Apphus. 6 Als er nun alle drei Abscheulichkeiten sah, die in Juda und Jerusalem verübt wurde, 7 rief er aus: „Wehe mir! Warum bin ich dazu geboren worden, die Vernichtung meines Volks und die Vernichtung der heiligen Stadt zu sehen und müssig dazusitzen, während sie der Gewalt der Feinde und das Heiligtum der Gewalt von Ausländern preisgegeben ist!” 8 Ihr Haus ist geworden, wie das eines entehrten Mannes, 9 ihre herrlichen Geräte sind als Raub hinweggeführt, ihre Kindlein liegen gemordet auf ihren Straßen, ihre jungen Männer sind durch das Schwert der Feinde gefallen! 10 Welches Volk hat sich nicht die Herrschaft in ihr angeeignet und sich nicht mit ihrer Beute bereichert? 11 All ihr Schmuck ist weggenommen, aus einer Freien is sie zur Magd geworden! 12 Ach ja, was uns heilig war, und unsere Schönheit und unsere Herrlichkeit ist verwüstet (d. h.. ist dahin), und Heiden haben es entweiht! 13 Wozu nützt uns noch das Leben? 14 Und Mattathias und seine Söhne zerrissen ihre Kleider, legten Trauergewänder an und trugen schweres Leid. 15 Da kamen die königlichen Beamten, die den Abfall erzwingen sollten, nach der Ortschaft Modein, um die Einwohner zum Opfern zu bringen, 16 und viele von den Israeliten schlossen sich ihnen an; auch Mattathias und seine Söhne gingen in die Versammlung. 17 Da nahmen die Beamten des Königs das Wort und richteten an Mattathias folgende Ansprache: „Du bist ein Oberster, angesehen und hochstehend in diesem Orte und einflussreich durch Söhne und Brüder. 18 So tritt du nun zuerst heran und komm der königlichen Verordnung nach, wie alle Völker es getan haben, auch die Männer von Juda und die in Jerusalem Zurückgebliebenen; so wirst du und dein ganzes Haus zu den Freunden des Königs gehören, und du und deine Söhne, ihr werdet mit Silber und Gold und vielen Geschenken geehrt werden.” 19 Mattathias aber gab mit lauter Stimme folgende Antwort: „Wenn auch alle Völker im ganzen Bereich der Herrschaft des Königs ihm Gehorsam leisten, so dass jeder vom Gottesglauben seiner Väter abfällt und sie sich willig seinen Geboten gefügt haben, 20 so wollen doch ich und meine Söhne und meine Brüder weiterhin im Bunde unserer Väter wandeln! 21 Gott behüte uns davor, dass wir unser Gesetz und die Satzungen fahren lassen sollten! 22 Den Geboten des Königs werden wir nicht gehorchen, dass wir von unserer Gottesverehrung (d. h. Religion) nach rechts oder nach links abweichen sollten!” 23 Kaum hatte er ausgeredet, da trat ein jüdischer Mann vor aller Augen herzu, um auf dem Altar in Modein nach dem Befehle des Königs zu opfern. 24 Als Mattathias das sah, geriet er in heiligen Eifer: Er erbebte bis ins Innerste und ließ seinem Zorne freien Lauf, wie es recht war; er lief hin und erschlug den Mann am Altar. 25 Zugleich tötete er aber auch den königlichen Beamten, der das Opfer hatte erzwingen wollen, und riß den Altar nieder. 26 Er eiferte auf diese Weise für das Gesetz so, wie es einst Pinehas an Simbri (Simri, vgl. 4. Mose 25: 6 - 14), dem Sohne Saloms (Salus), getan hatte. 27 Hierauf ließ Mattathias in der Ortschaft den lauten Ruf erschallen: „Wer da für das Gesetz eifert und am Bunde festhalten will, der ziehe aus, mir nach!”
28 So floh er denn mit seinen Söhnen ins Gebirge; all ihr Hab und Gut ließen sie im Orte zurück. 29 Damals zogen viele, denen Gerechtigkeit und Recht am Herzen lag, in die Wüste hinab, um dort ihren Wohnsitz zu nehmen, 30 sie selbst mit Weib und Kind und ihrem Vieh, weil die Misshandlungen übergroß für sie geworden waren.
31 Als nun die königlichen Beamten und die Truppen, die sich zu Jerusalem in der Davidsstadt befanden, die Kunde erhielten, es seinen Leute, die sich dem Gebot des Königs widersetzt hätten, in die Schlupfwinkel in der Wüste hinabgezogen, 32 eilten sie in einem starken Aufgebot hinter ihnen her, und als sie auf sie gestoßen waren, umlagerten sie sie und rüsteten sich zum Angriff gegen sie am Sabbattage. 33 Sie ließen ihnen dann sagen: „Nun ist's genug! Kommt heraus und tut nach dem Gebot des Königs, so sollt ihr am Leben bleiben!” 34 Doch sie antworteten: „Wir werden nicht herauskommen und dem Gebot des Königs nicht Folge leisten, dass wir den Sabbat entheiligen sollten!” 35 Da gingen jene sofort zum Angriff gegen sie vor; 36 sie aber antworteten ihnen nicht weiter, schleuderten auch keine Steine gegen sie, noch verrammelten sie ihre Schlupfwinkel, 37 sondern sagten: „Wir wollen alle in unserer Einfalt (d. h. Gesetzestreue) sterben! Der Himmel und die Erde sind unsere Zeugen, dass ihr uns ungerechterweise ums Leben bringt!” 38 So gingen jene also zum Angriff gegen sie am Sabbat vor, und so kamen diese ums Leben samt ihren Weibern und Kindern und ihrem Vieh, etwa tausend Menschenseelen.
39 Als Mattathias und seine Freunde dies erfuhren, trauerten sie schmerzerfüllt um sie; 40 und sie sagten einer zum anderen: „Wenn wir alle es so machen, wie unsere Brüder getan haben, und nicht für unser Leben und unsere Satzungen gegen die Heiden kämpfen, so werden sie uns gar bald von der Erde vertilgen.” 41 So faßten sie denn an jenem Tage folgenden Beschluss: „Wenn irgend jemand uns am Sabbattage angreift, so wollen wir uns mit den Waffen zur Wehr setzen, damit wir nicht alle zugrunde gehen, wie unsere Brüder in ihren Verstecken umgekommen sind.” 42 Damals traf als Verstärkung eine Schar von Asidäern (d. h. Fromme, gesetzestreue Männer, die eine förmliche Sekte bildeten) bei ihnen ein, tapfere Männer aus Israel, lauter solche, die sich willig in den Dienst des Gesetzes stellten; 43 und alle, die sich dem Unheil durch die Flucht zu entziehen suchten, schlossen sich an sie an und verstärkten sie. 44 So brachten sie ein Heer zusammen und schlugen die Sünder (d. h. solche Israeliten, die vom Gesetz und Glauben der Väter abgefallen waren) in ihrem Zorn und die gottlosen Männer in ihrem Grimm nieder; was von diesen übrig blieb, floh zu den Heiden, um sich in Sicherheit zu bringen.
45 Mattathias aber und seine Genossen zogen rings umher, zerstörten die Altäre im Lande 46 und beschnitten mit Gewalt die Kinder, die noch unbeschnitten waren, so viele sie deren im Gebiete Israels fanden; 47 sie setzten den übermütigen (Feinden) hart zu, und alles, was sie unternahmen, hatte guten Fortgang; 48 sie verteidigten das Gesetz erfolgreich gegen die Macht der Heiden und gegen die Macht des Königshauses und ließen die Sünder nicht hochkommen.
49 Als es nun mit den Lebenstagen des Mattathias zu Ende ging, sprach er zu seinen Söhnen: „Jetzt herrscht rücksichtsloser Übermut und schwere Prüfung; es ist eine Zeit der Zerstörung und eines grimmigen Strafgerichts eingetreten. 50 So seid denn Eiferer, meine Söhne, für das Gesetz und gebt euer Leben hin für den Bund unserer Väter! 51 Bleibt der Taten unserer Väter eingedenk, alles dessen, was sie zu ihrer Zeit vollführt haben, so werdet ihr hohen Ruhm und einen unsterblichen Namen erlangen. 52 Ist nicht Abraham in der Prüfung treu erfunden und dies ihm als Gerechtigkeit angerechnet worden? 53 Joseph hielt zur Zeit seiner Bedrängnis am Gebote Gottes fest und wurde so der Gebieter Ägyptens. 54 Unser Anherr Pinehas empfing, weil er großen Eifer für Gott bewies, die Zusicherung eines ewigen Priestertums; 55 Josua wurde Richter (d. h. Herrscher, Führer) in Israel, weil er den Auftrag Gottes erfüllte; 56 Kaleb empfing Landbesitz als Erbteil, weil er vor der Gemeinde Zeugnis (für Gott) abgelegt hatte; 57 David gewann durch seine Frömmigkeit einen Königsthron für ewige Zeiten; 58 Elias wurde wegen seines Eiferns für das Gesetz in den Himmel emporgehoben; 59 Ananias, Asarja und Michael wurden wegen ihres Gottvertrauens aus der Flammenglut errettet; 60 Daniel wurde um seiner Unschuld willen vor dem Rachen der Löwen behütet. 61 Und so könnt ihr es von Geschlecht zu Geschlecht bestätigt finden, dass alle, die ihre Hoffnung auf Gott setzen, nicht unterliegen werden. 62 Fürchtet euch also nicht vor den Drohworten eines sündigen Menschen! Denn seine Herrlichkeit wird zu Kot werden und den Würmern zum Fraß dienen. 63 Heute steigt er hoch empor, und morgen ist er nicht mehr zu finden; denn er ist wieder zu Staub geworden, und mit seinen Anschlägen ist's vorbei. 64 Ihr aber, meine Söhne, seid stark und steht mannhaft für das Gesetz ein; denn dadurch werdet ihr Ruhm ernten. 65 Und seht: Da ist euer Bruder Simeon; ich weiß, dass er ein kluger Mann ist; auf ihn hört allezeit: Er soll Vaterstelle bei euch vertreten! 66 Judas der Makkabäer aber, der von Jugend auf ein tapferer Held gewesen ist, der soll euer Heerführer sein und den Krieg der Stämme (unseres Volkes) leiten. 67 Ihr aber, sammelt um euch alle, die dem Gesetz treu sind, und vollzieht die Rache für euer Volk! 68 Übt Vergeltung an den Heiden und haltet fest an den Geboten des Gesetzes!”
69 Hierauf segnete er sie und wurde zu seinen Vätern versammelt; 70 er starb im Jahre 146 (166 v. Chr.), und seine Söhne begruben ihn in der Grabstätte seiner Väter in Modein, und ganz Israel betrauerte ihn mit tiefem Leid.“
V. 15: „Und es geschah, als ich, Daniel, das Gesicht sah, da suchte ich Verständnis darüber; und – siehe! – da stand einer vor mir, der wie ein Mann aussah.”
Er sah aus wie ein Mensch, war aber ein Engel: Gabriel (V. 16).
V. 16: „Und ich hörte eine Menschenstimme zwischen [den Ufern] des Ulai, ...”
Offensichtlich schwebte jemand über den Wassern des Ulai-Flusses (vgl. 12, 6-7).
„... die rief und sagte: „Gabriel, deute diesem das Gesehene!”
V. 17: „Und er trat neben meinen Standort; und als er herzutrat, erschrak ich und fiel nieder auf mein Angesicht.”
Wenn wir Menschen mit der göttlichen Welt in Berührung kommen, erschrecken wir, weil wir im Wesen sündig sind. So anders ist für uns die Heiligkeit Gottes und die seiner Engelwesen, die ihn umgeben. Der Mensch bekommt Furcht; er meint, sterben zu müssen, sobald er mit dem Göttlichen in Berührung kommt.
(Nb: Diejenigen, die sich ständig in Gottes Nähe aufhalten, die Engel, nehmen etwas von seinem Glanz an und strahlen diesen wieder, wie der Mond die Strahlen der Sonne. Vgl. 1. Mose 34, 35; 2. Korinther 3, 18). Heiliger Umgang prägt. Schlechte Gesellschaften verderben gute Gewohnheiten (1. Korinther 15, 33), aber gute fördern einen heiligen Lebenswandel.)
„Und er sagte zu mir: „Verstehe, Sohn des Menschen, ...”
Der Ausdruck „Sohn des Menschen” steht im Gegensatz zu „Gabriel” („Held Gottes”, „Starker Gottes”, V. 16). Der Engel erinnert Daniel an seine Begrenztheit, Schwächlichkeit. (Vgl. Psalm 8, 5.)
denn das Gesicht [geht] auf die Zeit des Endes.”
V. 18: „Und als er mit mir redete, sank ich betäubt auf mein Angesicht zur Erde. Er aber rührte mich an und stellte mich [wieder] auf meinen Standort.”
Durch die Engelsberührung erhält Daniel Kraft zum Anhören seiner Botschaft. Es braucht Kraft, Gottes Wort zu hören und gewinnbringend aufnehmen.
V. 19: „Und er sagte: „Siehe! – ich werde dir kundtun, was geschehen wird in der letzten Zeit des Zornes (o.: der Verfluchung), denn es (d. i.: das Gesicht) [geht] auf die festgesetzte Zeit des Endes“.
Mit anderen Worten: Gib Acht, Daniel, auf das, was ich nun sage. Was ich dir nun kundtue, bezieht sich auf die Endzeit (d. i.: auf die Zeit des Endes des vierten Reiches).
Was nun folgt, bezieht sich auf Antiochus IV.
„In der letzten Zeit (d. h., in dem letzten Zeitabschnitt) des Zornes (o.: zur letzten Zorneszeit)”:
Die Zeit dieses göttlichen Zorngerichte (d. i.: des Strafgerichtes für Israel während der Bedrängnis durch Antiochus) ist „Endzeit”. Sie geschieht zu Israels Züchtigung und Läuterung. Vgl. 11, 35. „Und von den Verständigen werden [einige] unterliegen, um sie zu läutern und zu reinigen und weiß zu machen bis zur Zeit des Endes, denn es (d. i.: das Gesicht von der Bedrängnis unter Antiochus) [verzögert sich] noch bis zur festgesetzten Zeit.”
Aus 10, 14 wird deutlich, dass das Gesicht von K. 11 sich auf die „Tage des Endes” bezieht: „Und ich bin gekommen, um dich verstehen zu lassen, was deinem Volk widerfahren wird gegen Ende [o: in der Späte; d. h. im letzten Zeitabschnitt] der Tage, denn noch [geht/ist] das Gesicht auf die Tage.”
Ebenso sagt 8, 19, dass sich das Gesicht von der Bedrängnis unter Antiochus auf die festgesetzte „Zeit des Endes” bezieht: „… was in der letzten Zeit des Zornes geschehen wird, denn es (d. i.: das Gesicht, das der Engel dem Propheten Daniel in den V. 20ff zeigte) [geht] auf die festgesetzte Zeit des Endes.
Dan 8, 20: „Der Widder mit den zwei Hörnern, den du gesehen hast, die Könige von Medien und Persien [sind’s]. 21 Und der Ziegenbock, der zottige, ist der König von Griechenland (eigtl.: Jawan); und das große Horn, das zwischen seinen Augen, das ist der erste König. 22 Und dass es zerbrach und vier an seiner Statt erstanden: vier Königreiche werden aus dem Volk erstehen, aber nicht in (o.: mit) seiner Kraft.
„aus dem Volk”: d. h., aus dem Volksboden bzw. „aus der Völkerwelt”, denn alle Völker sind unter Alexander vereinigt.
V. 23.24: „Und gegen Ende (w.: in der Späte; d. h. im letzten Zeitabschnitt] ihres Königtums, wenn die Abtrünnigen (d. i.: die Abgefallenen aus Israel) das Maß voll gemacht haben, wird ein König erstehen, frechen Angesichts und der Ränke kundig. 24 Und stark wird seine Kraft, aber nicht durch seine Kraft;”
Antiochus war frech und listig. Und durch seine List kam er zu seiner Macht.
„und in erstaunlicher (o.: außerordentlicher) Weise wird er Verderben anrichten, und in seinem Tun Gelingen haben (o.: und wird es hinausführen und Gelingen haben); und er wird Mächtige und das Volk der Heiligen verderben.”
V. 25: „Und infolge seiner Klugheit wird ihm [der] Trug in seiner Hand gelingen; und er wird in seinem Herzen groß tun und viele unversehens [o: in [ihrer] sorglosen Sicherheit] verderben.
Vgl. 1. Makkabäer 1, 30 (Menge): „… er ließ jedoch vor den Stadtbewohnern in hinterlistiger Weise friedliche Worte verlauten, so dass sie ihm Glauben schenkten. Plötzlich aber überfiel er die Stadt, richtete ein großes Blutbad in ihr an und brachte viele Israeliten im Lande um.”
„Und gegen den Fürsten der Fürsten wird er aufstehen, ...”
Über seinem Erfolg, den er durch Trug erreicht, wird sein Herz in Hochmut sich erheben, sodass er sich sogar gegen Gott (d. i.: den Tempel und den Gottesdienst) erhebt.
„..., aber ohne Menschenhand wird er zerschmettert werden.
Nicht durch Menschen, noch im Krieg, wird er sterben, sondern Gott wird ihn erlegen.
Antiochus starb im Jahr 164 v. Chr. (Näheres in der Besprechung von Dan 11, 40-45.)
V. 26: „Und das Gesehene/Geschaute von den Abenden und von den Morgen, wovon gesprochen worden, ist Wahrheit.”
V. 26M: „Du aber verschließe das Gesicht, ...”
Es werden noch viele Tage bis zur Erfüllung des Gesichtes von Dan 8 vergehen, nämlich (von 551 [Dan 8, 1] bis 168/165 v. Chr.) mehr als 380 Jahre.
Das Wort „verschließen” wird hier im Sinne von „bewahren” gebraucht. Das Gesicht wird verschlossen, so wie man eine Urkunde in einem Archiv deponiert, damit sie auf ferne Zeiten bewahrt bleibe.
„Verschließen” bedeutet nicht „geheim halten”. Im Gegenteil, diese Weissagung soll gelesen und erforscht werden. Andernfalls wäre die Aussage „niemand verstand es” von V. 27E überflüssig; wenn das Gesicht geheim gehalten würde, käme es gar nicht so weit, dass jemand es nicht verstünde.
Das Gesicht soll aufbewahrt werden, nicht etwa, weil es nicht zu verstehen gewesen wäre. Nein, es sollte verstanden werden. Aber es sollte auf ferne Zeiten erhalten bleiben. Daher: „Verwahre es!”
„..., denn es geht auf viele Tage.”
D. h. es sind noch viele Tage bis dahin. Die vielen Tage betrifft die Tage von 551 bis 168 v. Chr.
V. 27: „Und ich, Daniel, war dahin und wurde krank auf [einige] Tage. Dann stand ich auf und verrichtete die Geschäfte des Königs. Und ich war entsetzt über das Geschaute, und niemand verstand es.”
Daniel hielt das Gesicht nicht geheim. Er berichtete offen darüber, aber niemand verstand es,.
Ganzes Verständnis konnte erst durch die Erfüllung – in der Zeit des Antiochus – kommen.
8 12: „Er wirft die Wahrheit zu Boden“
Wenn jemand die Wahrheit zu Boden wirft, kann er z. B. behaupten: „Es gibt keine absolute Wahrheit. Jeder hat seine eigene Wahrheit”
Der Versuch, den Begriff „Wahrheit” zu bekämpfen, ist also nicht neu. Aber Leben kann gar nicht funktionieren, wenn Wahrheit relativiert wird.
Die Menschen relativieren auch heute die Wahrheit, aber nur in den Bereichen, die sie nicht für wichtig halten – vor allem im Bereich der Moral und Religion. Auf diese Weise wird auch heute die (göttliche und absolute) Wahrheit zu Boden geworfen.
Wenn es keine absolute Wahrheit gibt, siegt letztlich der, der die größte Macht besitzt!
Wahrheit als solche wird und wurde vielerorts durch Macht bestimmt. Daher haben die Menschen in allen Diktaturen versucht, die Geschichte umzuschreiben, damit die Menschen die Wahrheit über ihre eigene Geschichte nicht wissen und verstehen. Das ist grausam.
Der Kampf für die Wahrheit ist äußerst wichtig – vor allem in der Frage der Religion. Jesus Christus sagte: „Ich bin die Wahrheit!“ (Johannes 14, 6). „Ich bin gekommen ist, von der Wahrheit Zeugnis abzulegen.” (18, 37). Pilatus sagte verächtlich: „Was ist Wahrheit?”
Wahrheit zählte für ihn nicht. Es sagte damit gleichsam: Weißt du was zählt? Es zählt, wer die größte Macht hat. „Weißt du nicht, dass ich Macht habe, dich kreuzigen zu lassen?“ (19, 10).
Die absolute Wahrheit in Person (Jesus) und der Vertreter der delegierten Macht (Pilatus) stehen sich gegenüber, der König der Wahrheit und ein Vertreter Roms, der meinte, Macht zu haben. Jesus sagte zu ihm: „Du hättest keine Macht gegen mich, wenn sie dir nicht von oben herab gegeben wäre.” (19, 11)
Macht ist nur dann wirklich wirksam und erfolgreich im Blick auf die Ewigkeit, wenn sie mit der absoluten Wahrheit gepaart ist. Die Heiligen sind aufgerufen, bei der Wahrheit zu bleiben, auch dann, wenn es scheint, dass weltliche Obrigkeit unbegrenzte Macht hätte.
Es bestehen Parallelen zwischen K. 9 und K. 4. Die K. 4 und 9 erzählen von der Geschichte von zwei maßgeblichen Städten der Geschichte: Babylon (1. Mose 11) und Jerusalem (1. Mose 12 in Verb. mit Hebräer 11, 10-16). Es handelt sich um starke Gegensätze: Die Herrlichkeit Babylons (Dan 4) und die Verwüstung Jerusalems (Dan 9, 2). K. 4: erging eine göttliche Warnung an den König von Babylon, aber er nahm die Warnung nicht ernst. Er wurde bestraft. K. 9 erfahren wir, dass die göttliche Warnung an Jerusalem sehr oft ergangen war, aber Jerusalem hatte diese Warnungen nicht ernst genommen. Es wurde bestraft.
Wir lernen: Gott ist nicht nur an Israel und Jerusalem interessiert, sondern auch den Heiden, auch an Einzelnen, sogar an „Großen“, wie hier an Nebukadnezar.
Wir lernen: Gott ist nicht nur an den Großen interessiert, sondern auch an den Kleinen. (Matthäus 18, 6.7.10-12. „Seht, dass ihr nicht einen dieser Kleinen verachtet, ...“)
Gott möchte Menschen dahin bringen, dass sie erkennen, was Quelle und Ziel ihres Daseins ist.
In Dan 4, 27 lesen wir von den zwei Fehlern Nebukadnezars. „Ist das nicht das große Babel, das ich durch die Stärke meiner Macht und zur Ehre meiner Herrlichkeit zum königlichen Wohnsitz erbaut habe?” Er meinte, er sei die Quelle und das Ziel seiner Handlungen, gab nicht Gott die Ehre. Er hatte seine Lektion zu lernen. Die göttliche Strafe kam als Züchtigung. Nebukadnezar wurde für die Dauer von sieben „Zeiten“ (hier wohl: „Jahren“) bestraft, bis er wiederhergestellt wurde.
In K. 9, 2 lesen wir, dass Jerusalem zehnmal so viel Jahre bestraft wurde: siebzig. Und ehe es zur vollkommenen Wiederherstellung kommen sollte, sollten nicht siebzig, sondern sieben mal siebzig Jahre verstreichen.
Die Frage erhebt sich: Warum wurde Jerusalem so viel härter bestraft als Nebukadnezar? – Weil Nebukadnezar viel weniger wusste als Israel. Gott ist konsequent und gerecht. Die Strafe war proportional zu dem, was die Menschen wussten. Lange Zeit hatte Jeremia gewarnt (Jeremia 25, 3): „… 23 Jahre, ist das Wort Jahwehs an mich ergangen. Und ich habe zu euch geredet, früh mich aufmachend und redend, aber ihr habt nicht gehört.“
Jahrhunderte lang hatte Jahweh gewarnt! Das war um vieles länger als bei Nebukadnezar. Aber in beiden Fällen gibt es – auf Buße hin –Wiederherstellung.
9, 1: „Im ersten Jahre Darius', des Sohnes Ahasveros', aus dem Samen der Meder, der über das Königreich der Chaldäer König geworden war, 2 im ersten Jahre seiner Regierung merkte ich, Daniel, in den Schriften auf die Zahl der Jahre, betreffs welcher das Wort Jahwehs zu dem Propheten Jeremia geschehen war, dass nämlich siebzig Jahre für die Verwüstung Jerusalems vollendet werden sollten.“
Daniel hatte wohl Jeremia 25, 11.12 gelesen: „Und dieses ganze Land wird zur Einöde, zur Wüste werden; und diese Völker werden dem König von Babel dienen siebzig Jahre. 12 Und es wird geschehen, wenn siebzig Jahre voll sind, werde ich an dem König von Babel und an jenem Volke, sagt Jahweh, ihre Schuld heimsuchen, und an dem Lande der Chaldäer: Und ich werde es zu ewigen Wüsteneien machen.“
Und 29, 10: „… denn so sagt Jahweh: Sobald siebzig Jahre für Babel voll sind, werde ich mich eurer annehmen und mein gutes Wort an euch erfüllen, euch an diesen Ort zurückzubringen …“
V. 2E: „siebzig Jahre“: Exakt „siebzig“ waren es nicht. Selbst wenn man die „Inklusivzählung“ der Juden einberechnet (d. h.: angerissene Jahre werden als ganze gezählt), kommt man in der Zeit von 605 bis 538 v. Chr. nicht auf siebzig, sondern auf 68. Aber die Zahl „siebzig“ hat starken Symbolwert, es wird daher aufgerundet – ähnlich bei den „siebzig mal sieben“ (V. 24; s. u.).
Nb: Andere zählen die siebzig Jahre von 2Ch 36, 21, also von der Tempelzerstörung 587 v. Chr. bis zur Tempeleinweihung 516/515 v. Chr. Das waren 71 oder 72 Jahre, nicht siebzig. In dieser Zeit holte sich Gott die siebzig Sabbatjahre, die ihm in den 490 Jahren zuvor vorenthalten worden waren, zurück.
Aber das ist nicht die Zeit, von der in Jeremia 25 und 29 dir Rede ist.
Die wichtige Frage, die Daniel damals stark beschäftigte, war: Was wird mit Gottes Volk geschehen – und mit den vielen Verheißungen von der ewigen Wiederherstellung? Die Antwort erhält er in den V. 24-27.
V. 3: „Und ich richtete mein Angesicht zu Gott, meinem Herrn, um ihn zu suchen mit Gebet und Flehen [um Gunst], in Fasten und Sacktuch und Asche.
Daniel studierte biblische Prophetie. Er erkannte: Die Strafzeit ist bald um. Das Studium der Prophetie führte ihn ins Gebet.
Es gibt Gläubige, die durch das Studium der Prophetie in Streit geführt werden und dann einander bekämpfen. Dabei wird vielerorts wenig gebetet. Das kann nicht der richtige Weg des Forschens und des Bauens der Gemeinde Jesu sein.
9, 1-3: Als Antwort auf sein Forschen in Gottes Wort geht er ins Gebet. Daniels Gebet ist ein Sündenbekenntnis seines Volkes. (Gebet geschieht oft im Buch Daniel: K. 1; 2; 4; 6; 9; 10; 12.)
„Wir haben nicht acht gegeben auf deine Wahrheit, auf die Weisung Mose!”
Wir lernen: Verbringen wir in rechter Weise viel Zeit damit, die Wahrheit Gottes besser kennenzulernen, so werden die anderen es merken. Sprechen wir mit den außenstehenden Freunden, so werden wir selber merken, ob wir die Bibel kennen. Dann werden wir auch motiviert sein, weiter zu forschen, um ihnen die Wahrheit zu sagen. Stehen wir die ganze Zeit an der Front! Sprechen wir mit denen, die draußen sind! Wenn wir es nicht tun, wird unsere Lehre leicht künstlich und tot.
Gehe wir nicht gleich zur Tagesordnung über, wenn wir Gottes Wort gelesen haben! Wenn Gott uns seinen Plan für die Welt oder für das Volk Gottes kundtut, haben wir die Verantwortung, dafür zu beten und, wo immer wir in der Lage sind und vom Herrn Gelegenheit erhalten, zu handeln und zu sprechen.
Es ist oft so, dass Gott uns zuerst zeigt Gott, was er zu tun vorhat (z. B. 1. Mose 18, 17ff), dann wartet er auf unser Gebet.
Auch nach einer Predigt, sollen wir uns fragen: Was tue ich nun? Wenn ich merke, Gott meint mich, dann soll ich es wirken lassen. Das bedeutet, dass ich mir Zeit nehmen muss, nachdenken, beten, das Herz neu ausrichten. Wir dürfen dann nicht gleich zur Tagesordnung übergehen. Wir müssen in die Stille gehen. Wir dürfen es nicht aufschieben. Wir müssen jetzt mit Gott darüber sprechen. Jetzt ist die Stunde, Buße zu tun, umzukehren!
V. 4: „Und ich betete zu Jahweh, meinem Gott, und ich bekannte und sagte: „Ach, mein Herr! Du großer und furchtgebietender Gott, der den Bund und die Güte ‹und Treue› wahrt …“
Nur hier, in K. 9, kommt das Wort „Jahweh“. Das ist der Name des Bundesgottes. Weil sie Gottes Bund übertreten hatten, müssen sie sich an ihn, den Bundesgott, wenden. Es geht um den Namen Gottes, nicht um unseren eigenen Namen. V. 15.18.19.
„… denen, die ihn lieben und seine Gebote halten!”
Charakteristisch für die Heiligen ist: Sie lieben Gott und halten und wahren seine Gebote. Liebe und Heiligkeit schließen einander nicht aus, sondern bedingen einander. Wer Gott liebt hält seine Gebote, und wer seine Gebote hält, liebt ihn. (Vgl. Johannes 15, 15ff.)
V. 5: „Wir haben gesündigt und verkehrt und ehrfurchtslos [, frevlerisch,] gehandelt, und wir haben uns empört und sind von deinen Geboten und von deinen Rechten abgewichen.“
Daniel identifiziert sich mit dem Volk und tritt für es in den Riss. Er selber hatte nicht gesündigt.
V. 6: „Und wir haben nicht auf deine Knechte, die Propheten, gehört, die mit deinem Namen zu unseren Königen, unseren Fürsten und unseren Vätern und zu allem Volk des Landes gesprochen haben.“
„mit deinem Namen …”: Die Propheten redeten nicht nur im Namen Gottes, sondern auch „mit“ dem Namen Gottes. (Das hebr. „be” bedeutet „in“ oder „mit“.) – Und sie haben so oft geredet, aber Israel wollte nicht hören.
V. 7: „Dein, o Herr, ist die Gerechtigkeit, …“
Immer wieder betont Daniel, dass Gott Recht hatte, dass er Israel züchtigte.
„…, und unser ist des Angesichts Beschämung, wie es an diesem Tage ist: [Beschämung] der Männer von Juda und der Bewohner von Jerusalem und des ganzen Israel, der Nahen und der Fernen in allen Ländern, wohin du sie vertrieben hast wegen ihrer Treulosigkeit, die sie gegen dich begangen haben. 8 JAHWEH! Unser ist des Angesichts Beschämung, unserer Könige, unserer Fürsten und unserer Väter, denn gegen dich haben wir gesündigt.“
Es geht ihm um Jahweh, nicht in erster Linie um das Volk oder gar um ihn selbst!
V. 9-13: „Des Herrn, unseres Gottes, aber ist das Erbarmen und die Vergebung, denn gegen ihn haben wir uns empört. 10 Auf die Stimme Jahwehs, unseres Gottes, haben wir nicht gehört, in seinen Weisungen zu wandeln, die er uns durch seine Knechte, die Propheten, gab. 11 Und ganz Israel hat deine Weisung übertreten und ist abgewichen, sodass es auf deine Stimme nicht gehört hat. Und so hat sich über uns ergossen der Fluch und der Schwur, der in der Weisung Moses, des Knechtes Gottes, geschrieben steht, weil wir gegen ihn gesündigt haben. 12 Und er hat seine Worte erfüllt, die er über uns und über unsere Richter, die uns richteten, gesprochen hat, sodass er ein großes Unglück über uns brachte, desgleichen nicht geschehen ist unter dem ganzen Himmel, wie es geschehen ist an Jerusalem. 13 So wie es in der Weisung Moses geschrieben steht, all dieses Unheil ist über uns gekommen.“
Vgl. K. 4, 25. Es war so, wie bei Nebukadnezar. „Alles das kam über den König.“
V. 13M: „Und wir besänftigten nicht das Angesicht Jahwehs, unseres Gottes, …“
Wie kann man es besänftigen?
„… dass wir uns von unseren Vergehungen abgekehrt hätten und verständig geworden wären in deiner Wahrheit.“
V. 14: „ So hat denn auch JAHWEH darüber gewacht, das Unheil über uns kommen zu lassen, denn JAHWEH, unser Gott, ist gerecht in all seinem Tun, das er tut;
1. Mose 32, 4: „Der Fels ist er. Vollkommen ist sein Tun, denn Recht sind alle seine Wege. Ein Gott der Treue und Beständigkeit ist er, ohne Falsch und Abweichung, gerecht und aufrichtig.“
Daniel befleißigt sich, in dem Gebet immer wieder Gottes Gerechtigkeit herauszustellen.
„…, aber wir haben auf seine Stimme nicht gehört.“
V. 15: „Und nun, Herr, unser Gott, der du dein Volk aus dem Lande Ägypten mit starker Hand herausgeführt hast und dir einen Namen gemacht hast, wie es an diesem Tage ist: wir haben gesündigt, wir haben ehrfurchtslos [und frevlerisch] gehandelt.“
Es geht um den Namen Gottes, nicht um unseren eigenen Namen: V. 15.18.19. Wir haben den Ruf Gottes geschädigt!
Deshalb bekennt er gründlich seine Schuld.
V. 16: „Herr! Gemäß all deinen Gerechtigkeitserweisungen, bitte, lass deinen Zorn und deinen Grimm sich wenden von deiner Stadt Jerusalem, deinem heiligen Berge, denn wegen unserer Sünden und wegen der Vergehungen unserer Väter ist Jerusalem und dein Volk zum Hohn geworden allen denen, die uns umgeben.“
V. 17: „Und nun höre, unser Gott, auf das Gebet deines leibeigenen Knechtes und auf sein Flehen;“
Wir beachten, wie Daniel mit Gott umgeht: wie mit einem echten Gegenüber.
„Höre! Schau her! Neige dein Ohr herab! Sieh Jerusalems Verwüstung an! Und lass dein Angesicht leuchten über dein verwüstetes Heiligtum um des Herrn willen! Neige, mein Gott, dein Ohr! Und höre! Öffne deine Augen und schaue [auf] unsere Verwüstungen und [auf] die Stadt, über der dein Name [aus]gerufen ist, …“
Jerusalem ist die Stadt, über der Gottes Name [aus]gerufen ist; d. h. sie gehört ihm.
„…, denn nicht um unserer Gerechtigkeiten willen legen wir unser Flehen vor deinem Angesicht nieder, …“
Kein Pochen auf eigene Gerechtigkeit, obwohl er es hätte tun können. Er verlässt sich nur auf die Gnade seines Herrn.
„…, sondern um deiner vielen Erbarmungen willen.“
V. 19: „Herr, höre! Herr, vergib! Herr, merke auf und handle.“
Es fällt auf, welch enge Beziehung Daniel zu Gott hat. Er spricht mit ihm, wie mit einem echten Gegenüber. Er gibt alle Ehre Gott.
„Zögere nicht, um deiner selbst willen, mein Gott; denn dein Name ist genannt über deiner Stadt und deinem Volke.”
Daniel betont, dass es Gottes Volk ist. Wieder betont er, dass es um den Namen Gottes geht, nicht in erster Line um das Wohl des Volkes, nein, um das Wohl und um den Ruf Gottes.
9, 20: „Während ich noch redete und betete, und meine Sünde und die Sünde meines Volkes Israel bekannte und mein Flehen vor JAHWEH, meinem Gott, für den heiligen Berg meines Gottes niederlegte, 21 während ich noch redete im Gebet, da kam der Mann Gabriel, den ich im Anfang im Gesicht, als ich ganz ermattet war, gesehen hatte, zu mir her zur Zeit des Abendopfers. 22 Und er brachte Verständnis und redete mit mir und sagte: „Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, um dich Verständnis zu lehren. 23 Im Anfang deines Flehens ist ein Wort ausgegangen, und ich bin gekommen, um es dir kundzutun, denn du bist [ein] Wohlgefallen (o.: eine Kostbarkeit, ein Begehrenswerter).“
V. 23: „So merke auf das Wort ...“: Was der Engel zu sagen hat, ist von großer Bedeutung. Der Sprecher mahnt den Propheten zu höchster Aufmerksamkeit.
„Siebzig Wochen sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, um die Abtrünnigkeit zu verschließen und die Sünde zu versiegeln und die Schuld zu sühnen und ewige Gerechtigkeit zu bringen und Gesicht und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben. 25 So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten, sind es sieben Wochen. Und zweiundsechzig Wochen lang wird [es] wiederhergestellt und gebaut werden – Platz und Graben, und zwar in bedrängnisreichen Zeiten. 26 Und nach den zweiundsechzig Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden. Und es wird keinen mehr haben. Und die Stadt und das Heiligtum: verderben wird sie das Volk eines Fürsten, welcher kommt. Und sein Ende ist in der Überflutung. Und bis zum Ende ist Krieg; Verwüstung ist beschlossen. 27 Und stark machen wird er einen Bund den Vielen eine Woche lang. Und zur Hälfe der Woche wird er aufhören lassen Opfer und Gabe. Und auf Gräuelflügeln wird Verwüstung sein, und zwar bis Vernichtung und Festbeschlossenes sich auf den zu Verwüstenden ergießen wird.“
„Siebzig Wochen sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, um die Abtrünnigkeit zu verschließen und die Sünde zu versiegeln (d. i.: zum Abschluss zu bringen) und die Schuld zu sühnen und ewige Gerechtigkeit zu bringen und Gesicht und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben.
„Siebzig Wochen ...“:
Das hebr. Wort „schabuim“ (w.: Siebenheiten) bedeutet gewöhnlich die Zeit von sieben Tagen, also die „Woche“ (10, 2.3). Was hier mit den „Siebenheiten“ gemeint ist, ob Siebenheiten von Tagen (d. h.: Wochen), Jahren (d. h.: Sabbatjahrzyklen) oder Sabbatjahren (d. h.: Jubeljahrzyklen), das kann nur aus dem Textzusammenhang erschlossen werden. Die siebzig Siebenheiten werden jedenfalls in Beziehung gesetzt zu den siebzig Jahren der babylonischen Gefangenschaft. Jene werden von der ersten Wegführung im Jahr 605 v. Chr. an gezählt (1, 1). Sie enden mit der Rückkehr des ersten Teils der Juden im Jahr 538 v. Chr. Das sind zwar eigentlich 67/68 Jahre, aber in der Prophetie geht es oft um runde Zahlen, besonders dann, wenn sie einen Symbolwert haben – wie die „siebzig“ (zehnmal die Sieben, die Zahl der Fülle oder Vollkommenheit. Ähnlich ist es in Matthäus 1, 1-17, wo der Evangelist dreimal auf die Zahl 14 kommen wollte [1, 17] und daher einige Glieder überging [1, 8].).
Daniel hatte in Jeremia 25, 11 und 29, 10 von jenen siebzig Jahren gelesen (Dan 9, 2). Der Zusammenhang legt Siebenheiten von Jahren, also „Jahrwochen“ nahe, denn die halbe siebzigste Woche betragt 1260 Tage (12, 11; vgl. 11, 31; 7, 25; 12, 7), d. i. dreieinhalb Jahre. Siebzig Jahrwochen sollten verstreichen, ehe Stadt und Tempel für immer wiederhergestellt sein werden. Die Wiederherstellungszeit sollte eine bedrängnisreiche Zeit sein. Der Engel weissagt: Stadt und Tempel werden für ewig wiederhergestellt werden, aber ehe dieses alles geschieht, muss die Züchtigungszeit Jerusalem siebenfach (Vgl. 1. Mose 26, 21.24.28.) verlängert werden: Nicht siebzig Jahre, sondern siebzig mal sieben Jahre schwerer Bedrängnis und Anfechtungszeit sollten verstreichen. Wie viel Zeit danach noch verstreichen sollte, bis die verheißene Heilszeit und das ewige Allerheiligste kommen würde, wird nicht gesagt. Es genügt die Information, dass die schwere Zeit des Wiederaufbaus ein Ende haben wird. Sicher ist: die siebzig Jahrwochen, die „bestimmt sind“ (V. 24) werden einen Abschluss haben.
„... sind bestimmt über dein Volk und über deine heilige Stadt, ...“
„Dein Volk“: das Volk, zu dem Daniel gehört; „deine heilige Stadt“: die Stadt, mit der Daniels Zukunftshoffnungen verknüpft waren; diese Stadt und dieses Volk hatte er soeben im Gebet vertreten und sich damit identifiziert. (Vgl. „wir“, „uns“, 9, 5-19.)
Die nun folgenden Nennformkonstruktionen geben das Ziel an, vor welchem die „siebzig Wochen“ ablaufen sollen. Ob dieses Ziel erst eine Zeitlang nach Ablauf oder exakt mit dem Ablauf dieses Zeitraumes erfolgt, geht aus dem Wortlaut nicht hervor. Wie es scheint, zielen die sechs im Folgenden genannten Dinge alle auf den gleichen Zeitpunkt. Die ersten drei werden negativ ausgedrückt, die folgenden drei positiv, wobei die vierte Aussage der ersten, die fünfte der zweiten und die sechste der dritten entspricht (Vgl. Keil, Danielkommentar, S. 284):
A die Abtrünnigkeit [den Frevel] zu verschließen und
B die Sünde zu versiegeln [zum Abschluss zu bringen]
C die Schuld zu sühnen
C ewige Gerechtigkeit zu bringen
B Gesicht und Propheten zu versiegeln und
A ein Allerheiligstes zu salben.
„..., um die Abtrünnigkeit zu verschließen“:
Das hebr. Wort für „Abtrünnigkeit“ (pescha) bedeutet „Rebellion, Abtrünnigkeit, Übertretung, Frevel“.
„Verschließen“ bedeutet „Einhalt gebieten“. Es geht um das Beendigen der Gesetzesübertretung. Wenn der große Befreier kommen wird, wird er alle Abtrünnigkeit wirksam beenden, sodass sie nicht mehr um sich greifen kann.
„... und die Sünde zu versiegeln (o.: zum Abschluss zu bringen)“:
Das Bild vom „Versiegeln“ steht hier im Zusammenhang mit dem Einschließen ins Gefängnis (Keil, 285). Der Verschluss wird mit einem Siegel gesichert (6, 18; Hi 37, 7; Matthäus 27, 66). Die Sünden werden unter Schloss und Riegel gehalten, sodass sie nicht mehr ausbrechen können, also gleichsam verschwinden.
„... und die Schuld (o.: Missetat) zu sühnen“
Die Missetat wird durch ein sühnendes Opfer getilgt, sodass das Volk Vergebung empfangen kann.
Alle drei genannten Aussagen handeln von der Beseitigung der Sünde: Der Abfall wird verschlossen, die Fortführung und Verbreitung des abtrünnigen Handelns wird aufgehoben (1); die Quelle der Abtrünnigkeit soll gehemmt und das weitere Wirken der Sünde aufgehoben werden, nämlich, indem die Sünden der Ungläubigen unter Schloss und Riegel verwahrt werden, sodass sie nicht mehr um sich greifen können (2), die Sünden der Gläubigen aber durch Sühne getilgt werden (3).
Die nun folgenden drei Aussagen beziehen sich auf die Entfaltung des Heils.
„... und ewige Gerechtigkeit zu bringen“
Nach der Beseitigung der Sünde und Abtrünnigkeit soll an ihre Stelle eine Gerechtigkeit treten, die nie mehr endet, die vollendete Gerechtigkeit. Vgl. 2. Petrus 3, 13: „Wir erwarten nach seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ Maleachi 3, 20: „Aber euch, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen mit Heilung in ihren Flügeln.“
Die Gerechtigkeit ist ewig, weil das Königreich des Messias ewig ist (2, 44; 7, 14.18.27). Sie war bereits von Jesaja geweissagt worden (32, 16-18): „Und das Recht wird sich niederlassen in der Wüste und die Gerechtigkeit im Baumgarten wohnen; 17 und das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein und der Ertrag der Gerechtigkeit Ruhe und Sicherheit in Ewigkeit. 18 Und mein Volk wird wohnen an einer Wohnstätte des Friedens und in sicheren Wohnungen und an stillen Ruhestätten.“ 33, 5: „Jahweh ... füllt Zijon mit Recht und Gerechtigkeit.“ (Vgl. Jesaja 45, 24; 46, 13; 51, 5.8; 54, 13.14.17; 58, 8; 60, 17; 61, 10.11; 62, 1.2; Jeremia 23, 5.6; 33, 15.16.)
„… und Gesicht und Propheten zu versiegeln (o.: zum Abschluss zu bringen)“
„Versiegeln“ bedeutet hier, wie in der zweiten Aussage, „unter Siegel legen, sodass etwas nicht mehr aktiv ist“, also: „zum Abschluss bringen“. Dann, wenn die Sünden versiegelt werden, wird auch die Prophetie versiegelt. Weder Offenbarung (Gesicht, Weissagung) noch Prophet wird dann mehr nötig sein. Mit der Erfüllung und Verwirklichung aller Weissagungen hört die Prophetie auf (1. Korinther 13, 8).
Vergleichen wir Lukas 21, 22 („Denn dies sind die Tage der Rache, dass alles erfüllt werde, was geschrieben steht.“) mit Hos 9, 7, Lukas 19, 43.44 mit Jeremia 6, 6 und 1. Mose 28, 45ff; ebenso Matthäus 21, 40-44 mit Jesaja 8, 14.15 und 1. Mose 32, 35.36).
„… und ein Heiliges der Heiligen (o.: „der heiligen Dinge“, d. i.: ein Allerheiligstes) zu salben.“
Welches „Heiligtum“ ist hier gemeint? Gesalbt wurden im AT u. a. das Allerheiligste im Tempel, die Bundeslade, der König, der (Hohe) Priester und der Prophet. Außerdem sollte der Messias durch den Heiligen Geist gesalbt werden – zum Dienst als Prophet (Jesaja 61, 1; 11, 2; Lukas 4, 17- 21; Apostelgeschichte 10, 38), Priester (Psalm 110; Sac 6, 13; Hebräer 5, 5-10) und „König“ (Psalm 2, 2.6.7; 45, 7; Apostelgeschichte 2, 36; 4, 26.27; 13, 33; Hebräer 1, 9 in Verb. mit 1, 13 [Psalm 45, 7.8]).
Könnte in V. 24E der Messias Jesus gemeint sein? Wohl nicht, denn es fehlt im Hebräischen vor „Heiligtum“ der bestimmte Artikel. Wenn das Wort „Heiligtum“ ohne Artikel verwendet wird, ist im AT immer eine Sache gemeint, nicht eine Person (Keil, 289).
Der Zusammenhang drängt uns dahin, an einen Tempel zu denken. Es geht um die Zukunft der Stadt und des Heiligtums. Aber was für ein Tempel – ein mit Menschenhänden gemachter, materieller (der ab 536 gebaut wurde; Sach; Hag)? Oder der neue, ewige (Hesekiel 37, 26.28)?
Der Ausdruck „das Heilige der Heiligen“ (qodesh qedashim) wird in 1. Mose 40, 10 auf den Altar bezogen (vgl. 30, 10; 29, 37). Der Brandopferaltar wurde mit Öl gesalbt, eingeweiht (Hesekiel 29, 37; 30, 39; 40, 10; 1. Mose 8, 11). Der SerubabelTempel kann nicht gemeint sein, denn der wurde zwar – nach der Entweihung durch Antiochus – in der Makkabäerzeit wieder „geweiht“ (1. Makkabäer 4, 54-59), aber nicht „gesalbt“. Heiliges Salböl gab es damals gar keines (Keil 287f). Die Prophetie geht darüber hinaus. Und es sollte nicht ein Altar, sondern ein Allerheiligstes gesalbt werden.
Es kann auch deshalb nicht das materielle jüdische Heiligtum gemeint sein, da in Dan 9, 24 im Hebräischen der Artikel vor „Heiligtum“ fehlt. Keil (290): „An das Allerheiligste des unter Serubabel wieder aufgebauten irdischen Tempels zu denken, verbietet freilich das Fehlen des Artikels, da das Allerheiligste der Stiftshütte wie des Tempels konstant qodesch haqodaschim [also „das Heilige des Heiligen“; also mit Artikel] heißt.“ Unsere Stelle redet von einer objektiven Stätte, „wo Gott unter seinem Volk wohnen und sich ihm bezeugen will. Das Salben ist der Akt, durch welchen diese Stätte zu einer heiligen Stätte der ... Gegenwart und Offenbarung Gottes geweiht wird.“ (Keil, 290) Es geht hier also um die Herstellung einer neuen Stätte der Gegenwart Gottes unter seinem Volk, und zwar – was hier entscheidend ist – eine, die im Zusammenhang steht mit der gänzlichen Beseitigung der Sünde und Abtrünnigkeit und mit dem Erscheinen der ewigen Gerechtigkeit und dem Abschließen aller Prophetie (durch die Erfüllung derselben) in dem „Neuen Jerusalem“ (Offenbarung 21). Von alledem ist das Werk Christi auf Golgatha das Fundament, aber die volle Verwirklichung davon ist die Vollendung, die Aufrichtung des vollendeten ewigen Königreiches, d. h. der „neuen Schöpfung“.
Daher kann mit dem „Heiligtum“ hier nur das vollendete ewige und himmlische Heiligtum gemeint sein, dasjenige, das die Propheten als ewige Zukunftserfüllung für Gottes Volk vorausgesagt hatten (Hesekiel 37, 26.28; 43, 20.26; K. 47 und 48). Jesus Christus ist bei seiner Himmelfahrt in dieses „himmlische“ Heiligtum (Hebräer 8, 5) mit seinem Blut eingetreten (Hebräer 9, 11-14), aber (9, 8) „der Weg ins Allerheiligste“ war „noch nicht offenbar gemacht, solange das erste Zelt Bestand“ hatte (9, 8). In Offenbarung 21 wird es beschrieben (21, 3.16). Die Herrlichkeit Gottes hatte vor der Zerstörung (587 v. Chr.) den Tempel verlassen (Hesekiel 8-11). Sie kehrte aber nicht in den unter Serubabel wiedererbauten Tempel zurück. Hesekiel sagt, sie werde in den neuen verherrlichten Tempel zurückkehren (43, 2-5). 45, 3: „... und darin wird das Heiligtum sein, ja ein Heiliges der Heiligen“. Er weissagte, nach der Rückführung aus Babylon würde der Messias kommen und einen ewigen Tempel (Hesekiel 37, 26.28) bauen (Hag 2, 9; Sacharja 3, 9; 6, 12-15). Zu jener Zeit würde ewige Gerechtigkeit und vollständige Sühnung kommen. Der ewige Tempel, in dem Gerechtigkeit wohnen würde, sollte allerdings nicht ein aus physischen Steinen und mit Menschenhänden erbauter sein (Apostelgeschichte 7, 48; 17, 24; 2Ch 6, 18; Hebräer 9, 11.24; 12, 27.28). Letztlich ist Jahweh selber dieses Heiligtum (Jesaja 8, 14; Offenbarung 21, 22; Hesekiel 11, 16), die „Wohnung der Gerechtigkeit“ (Jeremia 50, 7). Johannes zeigt bzgl. jenes himmlischen Heiligtums (Offenbarung 21f), dass die gesamte Stadt, das neue Jerusalem, zum übergroßen Tempelheiligtum geworden ist, gleich lang, gleich breit und gleich hoch (21, 16). Das Allerheiligste im Tempel und im Zelt der Zusammenkunft ist das einzige im AT, das ein Kubus ist (1Kg 6, 20; 2Chr 3, 8), gleich lang, breit und hoch. Das „neue Jerusalem“ ist die Erfüllung aller ewigen Tempelverheißungen. Offenbarung 21, 3: „Und ich hörte eine große, ‹laute› Stimme aus dem Himmel, die sagte: ‚Siehe! Die Zeltwohnung Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen ‹sein› Wohnzelt haben, und sie werden seine Volksscharen sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott.’”
In dieser Stadt wird kein Tempelheiligtum sein (21, 22), denn Gott selbst ist ihr Tempelheiligtum. Durch seine ewige Gegenwart (Hesekiel 48, 35) ist die gesamte Stadt zu einem sehr großen „Allerheiligsten“ geworden. In sie kann nichts Verunreinigendes kommen (21, 27), die Sünde wird dann „versiegelt“ sein. Ewige Gerechtigkeit wird daselbst wohnen (2. Petrus 3, 13) und die Prophetie erfüllt sein (1. Korinther 13, 8).
Sie Salbung des „Allerheiligsten“ muss sich demnach auf jenes ewige Allerheiligste, das „neue Jerusalem“, beziehen.
Was wird in der Zwischenzeit bis zur Erfüllung der herrlichen Hoffnung Israels geschehen? Der Engel informiert Daniel, dass die „siebzig Wochen“ in drei Zeiträume unterteilt sind: 7 Wochen, 62 Wochen, 1 Woche. Jeder dieser drei Zeiträume hat etwas, wodurch er sich von den anderen unterscheidet. (Vgl. Moses Stuart, Commentary on the Book of Daniel, Boston 1850, S. 273f.)
Der erste Zeitabschnitt (sieben Wochen) hat einen klar bezeichneten Anfang und ein deutlich bestimmtes Ende: Er beginnt mit dem Ausgehen eines Wortes, „Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen“ und dauert bis zum Auftreten eines „Gesalbten“, der zugleich ein „Fürst“ ist.
Der zweite Abschnitt (62 Wochen) hat ebenfalls einen deutlichen Anfang, denn am Ende des ersten Abschnitts erscheint jener „Gesalbte“, der auch ein „Fürst“ ist. Die 62 Wochen werden von jenem „Gesalbten, dem Fürsten“ an gezählt. Das Ende der 62 Wochen wird durch einen besonderen Umstand markiert: „Nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden“ (V. 26). Unmittelbar danach wird weiter gezählt. (Es fehlt ja noch eine Woche, die siebzigste.) „Nach den 62 Wochen“ heißt: sobald die 62 Wochen abgelaufen sind. Unmittelbar nach Ablauf der 62 Wochen wird weitergezählt. Von einer zeitlichen Lücke ist keine Rede!
Der dritte Abschnitt (eine Woche) wird demnach von der Ausrottung des Gesalbten an gezählt; jene „Woche“ dauert sieben Jahre. Während jener sieben Jahre wird das Volk eines Fürsten kommen und die Stadt und das Heiligtum verderben (o.: verwüsten) und veranlassen, dass die Opferungen (d. i. die jüdischen gottesdienstlichen Opfer) aufhören, und zwar für die Dauer von etwa dreieinhalb Jahren. Nach Ablauf jener letzten dreieinhalb Jahre kommt über den Verwüster, welcher (durch das „Volk des Fürsten“) die Stadt und das Heiligtum verwüstete, eine vernichtende Verwüstung (V. 26.27).
Wir merken uns, dass die drei Zeitabschnitte nacheinander ablaufen und dass sich nahtlos ein Abschnitt an den anderen anschließt. Der Text zwingt zur Annahme, dass jene „siebzig Wochen“ nicht zeitlich unterbrochen werden. Die siebzig Wochen sind ein Ganzes – ebenso wie die 70 Jahre von Jeremia 25, 11.12 und 29, 10 und 2Ch 36 – ohne Lücken. In jene siebzig Wochen eine oder zwei zeitliche Lücken einzubeziehen ist vom Text her nicht gestattet – weder eine Lücke zwischen der 7. und 8. noch eine zwischen der 69. und 70. Woche.
Jeder der Zeitabschnitte ist besonders gekennzeichnet:
Bezüglich des ersten Abschnitts (sieben Wochen) werden keine spezifischen Ereignisse oder Vorkommnisse erwähnt. Noch wird nicht gebaut! Der zweite Abschnitt (62 Wochen) ist vom Wiederaufbau gekennzeichnet, von einem Wiederaufbau, der infolge der „bedrängnisreichen Zeiten“ nur mit Mühe vorangeht. Von derlei „schweren Zeiten“ wird in Bezug auf den ersten Abschnitt (sieben Wochen) nichts gesagt. Der dritte Abschnitt (1 Woche) bringt für das Gottesvolk die Katastrophe: „eine Zeit der Bedrängnis sein, wie sie nicht gewesen ist, seitdem ein Volk besteht bis zu jener Zeit“.
V. 25: „Vom Ausgehen [des] Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen …“
Daniel betrachtet die Zeit der „siebzig Jahre“ aus Jeremia 25, 10 und 29, 11 als dem Abschluss nahe (Dan 9, 2) und betet ernsthaft für die Wiederherstellung. Der Engel erzählt ihm nicht, dass die siebzig Jahre bald ein Ende haben werden (was Daniel bereits weiß), sondern dass per himmlischen Ratschluss eine Zeit von siebenmal siebzig Jahren für Daniels Volk und Stadt bestimmt sind. Weitere Prüfungszeiten warten auf das Volk und die Stadt, ehe die herrliche Hoffnung Israels erfüllt und vollendet wird.
Wann beginnen diese „siebzig Wochen“? Von welchem Datum an soll man zählen? Und vom wem erging das Wort Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen?
Bezüglich des Tempelbaus heißt es in Esr 6, 14: „Und die Ältesten der Juden bauten; und es gelang ihnen durch die Prophezeiung Haggais, des Propheten, und Sacharjahs, des Sohnes Iddos; und sie bauten und vollendeten nach dem Befehl des Gottes Israels, und nach dem Befehl Kores' und Darius' und Artasastas, des Königs von Persien.“
Davon leitete man drei Vorschläge ab, wann die „siebzig Wochen“ beginnen könnten:
1) 538 v. Chr. mit dem bekannten Edikt des Kyrus (Kores, Esr 1, 1-7; 2Ch 36).
2) 445 v. Chr.: Die Erlaubnis des Artaxerxes Longimanus (Artasasta, 465-423) an Nehemia, nach Jerusalem zu reisen (Nehemia 2, 7-9), um den Mauerbau zu vollenden.
3) 458 v. Chr.: Ein Edikt des Artaxerxes Longimanus anlässlich der Rückkehr Esras (vgl. Esr 7, 6-7.12-26, vor allem 7, 13.21, und 9, 9).
Weitere Vorschläge waren:
4) Das Jahr 605 v. Chr. („im vierten Jahr Jojakims“, 25, 1), das Jahr, in dem das Wort Gottes durch Jeremia (25, 11.12) geschah, welches Daniel gelesen hatte (9, 2).
5) Allgemein eines der Worte Gottes durch Jeremia – gegeben in den Jahren 605 bis 587 v. Chr., vor allem die Worte aus Jeremia 29-33, gegeben im Jahr 597 (29, 1.2) und 588/587 v. Chr. (32, 1.2).
Wir sehen uns diese Vorschläge näher an:
Vorranging sollte man von dem Datum ausgehen, als Daniel diese Weissagung empfing, das Jahr 538 (9, 1). Aber das ist aus zwei Gründen nicht möglich:
a) Würden wir von 538 an 490 Jahre zählen, kämen wir etwa ins Jahr 48 v. Chr. Die letzte Woche ginge dann etwa von 55 bis 48 v. Chr. In jenen Jahren geschah nichts von dem, was der Engel bzgl. der letzten Woche ankündigte.
b) Im ersten Abschnitt (sieben Wochen) ist keine Rede davon, dass mit dem Bauen sofort begonnen werde. Es verstreichen sieben Wochen, von denen nicht gesagt wird, dass man in jener Zeit mit dem Bau der Stadt oder des Tempel beginnen werde. Die ersten sieben Wochen gehen bis auf einen „Gesalbten, einen Fürsten“ (V. 25). Erst mit dem Kommen jenes Fürsten beginnt das Bauen, ein Bauen „in bedrängnisreichen Zeiten“. Der Text sagt ausdrücklich, dass 62 Wochen lang gebaut wird, von der 8. Woche an bis zur 69. Nun waren gerade die ersten 49 Jahre nach dem KyrusDekret (538 bis 489) eine wichtige Zeit des Bauens, in der die Israeliten ihre eigenen Häuser (Hag 1, 4; 520 v. Chr.) und den Tempel (Esr 5) vollendeten (Esr 6, 15; 516/515 v. Chr.). Sollten die siebzig Wochen mit Kyrus beginnen, müsste erwähnt sein, dass die ersten sieben Wochen zur Bauzeit gehören.
Wenn man von 445 v. Chr. 483 Jahre (69 Wochen von Jahren) nach vor rechnet, kommt man (da das Jahr Null nicht existiert) auf 39 n. Chr. Das ist etwas zu weit, denn der Herr Jesus wurde im Jahre 30 n. Chr. gekreuzigt.
[Nb: Wie kommt man auf das Jahr 30 als Kreuzigungsjahr? Jesus war 30 Jahre alt, als er seinen dreijährigen Dienst begann, Lukas, der genaue Historiker, sagt in 3, 23 zwar „ungefähr 30“, meint damit aber nicht 29 oder 31, sondern 30 – ohne die Monate anzugeben. Auch bei der Jairustochter sagte er „ungefähr zwölf“ (8, 42), obwohl sie exakt zwölf war (Markus 5, 42; wiederum ohne Monatsangabe). Und die Witwe („etwa 84“, 2, 37) war genau 84 (ohne Monatsangabe), nicht 83 oder 85; die „Stunde“ von 23, 44 war die sechste, nicht die fünfte oder siebte; der Engel von Apostelgeschichte 10, 3 kam in der neunten Stunde, nicht in der zehnten oder achten; und Gott ertrug die Israeliten vierzig Jahre, nicht 39 oder 41 (Apostelgeschichte 13, 18).
Jesus Christus wurde vor dem Jahr 4 v. Chr., dem Tod des Herodes, geboren (Matthäus 2), also im Jahr 5 oder 6 v. Chr. Folglich war das Jahr zu Beginn seines öffentlichen Auftretens das Jahr 25 oder 26 (wahrscheinlich Herbst). Sein Dienst dauerte dreieinhalb Jahre. (Vgl. die Berichte im JohEvangelium mit denen des MkEvangeliums.) Folglich starb der Herr entweder im Jahr 29 (was unwahrscheinlich ist) oder im Jahr 30.]
Sirach Robert Anderson (in: „The Coming Prince“, K. 6 „The Prophetic Year) rechnete die „prophetischen Jahre“ in „Sonnenjahre“ um und kam somit auf das Jahr 32 n. Chr., aber die Umrechnung ist nicht zulässig, denn die Juden schoben etwa alle drei Jahre einen Schaltmonat (den „WeAdar“) ein, um ihren Kalender mit dem Sonnenjahr in Übereinstimmung zu bringen. Man muss also bei den so gen. „prophetischen Jahren“ die Schaltmonate als bereits eingerechnet (!) betrachten, darf also gar nicht „umrechnen“. So gilt ein Schaltjahr (= 13 Monate) dennoch als ein „Jahr“. (Vgl. Robert C. Newman, „Daniels Seventy Weeks and the Old Testament SabbathYear Cycle“, S 230 in „Journal of the Evangelical Theological Society“: „The Old Testament connects the Passover festival, in the middle of the first month, to the offering of the firstripe grain (Lev 23, 6-14); therefore the Jewisch calendar was locked into the seasons. Both the Talmud and archeology indicate that this was accomplished by adding an extra lunar month every few years, so that in the long run the average length of the Jewish year matches our solar year of just under 365¼ days. Vgl. auch: Jack Finegan, Handbook of biblical Chronology.)
Außerdem ist die Art der jüdischen Zählung eine einschließende (inklusive), d. h. der Anbruch einer Zeitangabe ist gleich dem Ganzen. Zum Beispiel bedeutet der Ausdruck „drei Tage und drei Nächte“ bei den Juden nicht notwendigerweise „72 Stunden“, sondern die Zeit von drei begonnenen Tagen, also ein paar Stunden von Tag eins, der ganze Tag zwei und ein paar Stunden vom Tag drei. (Vgl. Matthäus 12, 40.) Ebenso ist es mit anderen Angaben. Ein begonnenes Jahr wird als ganzes Jahr und ein Teil der ersten „Jahrwoche“ wird als ganze Jahrwoche gerechnet. Aus diesen Gründen erübrigt sich ein genaues Zählen und Berechnen.
Hinzu kommt, dass es sich bei Nehemia 2 nicht um das Wort, „Jerusalem zu bauen und wiederherzustellen“ handelt, sondern um eine Erlaubnis des Königs an Nehemia, die Mauer fertigzustellen und so die Stadt zu befestigen. Der Ausdruck „vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen“ kann nicht lediglich eine Erlaubnis zur Vollendung des Mauerbaus und Befestigung der Stadt bedeuten. Zur Wiederherstellung Jerusalems gehört vor allem der Tempelbau. Als man im Jahr 520 v. Chr. die Arbeit zum Tempelbau wiederaufnahm, hatten die Leute bereits Häuser zum Wohnen (Hag 1, 4). Auch hatte Jesaja vorausgesagt, dass der Aufbau Jerusalems bereits zur Zeit des Kyrus geschehen würde (Jesaja 44, 28: „Der von Kores sagt: Mein Hirt, und der all mein Wohlgefallen vollführt, indem er von Jerusalem sagen wird: Es werde aufgebaut! Und vom Tempel: Er werde gegründet!“. Vgl. 45, 13: „Ich habe ihn erweckt in Gerechtigkeit, ...; er wird meine Stadt bauen ....“). Damit stimmt auch Josephus überein, der schreibt, dass Kyrus den Juden die Erlaubnis gab, in ihr Land zurückzukehren und ihre Stadt Jerusalem und den Gottestempel wieder zu bauen (Josua , Ant. 11, 1). Esr 4, 21 setzt voraus, dass es bereits vor Nehemia Anfänge zum Bauen der Stadt gegeben hatte.
Außerdem müsste man dann eine Unterbrechung der Zählung der Wochen (zwischen der 69. und 70. Woche) annehmen, was vom Text und Zusammenhang her nicht erlaubt ist.
Zusätzlich müsste man in V. 25 lesen „... sind es sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen”, was von der hebräischen Akzentsetzung und vom Zusammenhang her nicht zulässig ist. Ansonsten hätten wir zwei Zeitangaben im ersten Satz und keine im zweiten. V. 26 fährt er fort mit: „Und nach den 62 Wochen …“; nicht mit: „Und nach den 69 Wochen“. Der Engel betrachtete die 62 Wochen gesondert. Jedem der beiden Zeitabschnitte (7+62) gehört sein charakteristisches Merkmal. Zöge man die 62 zu den ersten sieben Wochen, bliebe die Teilung der 69 in 7 + 62 unerklärlich.
Man rechnet 69 Jahrwochen (483 Jahre) von 458 v. Chr. an bis zum Jahr 26 n. Chr., dem Beginn des öffentlichen Dienstes des Herrn. (Dabei ist einberechnet, dass es das Jahr 0 nicht gibt.) Damit fiele die „Ausrottung“ des „Gesalbten“ allerdings in die Mitte anstatt an den Anfang der siebzigsten Woche. Man behauptet, die erste Halbwoche sei die des öffentlichen Dienstes Jesu von 26 bis 30 n. Chr.; die zweite Hälfte gehe von 30 bis Herbst 34 n. Chr.
Das ist vom Text her unzulässig. Die Wochen sind ein lückenloses Ganzes. Die Ausrottung des Gesalbten findet gemäß V. 26A mit Ablauf der 62 Wochen, also am Beginn der siebzigsten Woche statt, nicht dreieinhalb Jahre später.
Außerdem sagt der Danieltext, dass das Heiligtum und die Stadt in der siebzigsten Woche verwüstet werden. Die siebzigste Woche ginge in dem Fall aber von 26 bis 34 n. Chr. Folglich müssten die Stadt und das Heiligtum noch vor Ende 34 verwüstet werden, d. h. 36 Jahre zu früh! Die These ist aus diesen Gründen unannehmbar.
Grundsätzlich muss man sich fragen, ob in 9, 25 überhaupt ein „Wort“ eines weltlichen Fürsten gemeint ist. Es ist vom Zusammenhang her plausibler, an ein Wort Gottes (aus dem Buch Jeremia) zu denken. Es war ja auch ein Wort Gottes gewesen, das Daniel studiert und bezüglich dessen er gebet hatte (9, 2).
Worte Gottes (aus dem Buch Jeremia) kommen mehrere in Frage. Daher:
Von dem Jahr 605 v. Chr. an datiert Daniel die „Verwüstung Jerusalems“ (1, 1.2; vgl. 9, 2.). Von 605 datiert auch das Wort Gottes an Jeremia in 25, 11.12, das gegen Anfang der babylonischen Gefangenschaft (605 v. Chr.) gegeben wurde (Jeremia 25, 1). Zählen wir von da an, so enden die 70 „Wochen“ etwa im Jahr 116 v. Chr. In jenen Jahren aber geschah nichts von dem, das geweissagt wurde. Und rechnen wir von 605 die ersten 49 Jahre, kommen wir auf 556 v. Chr., das Thronbesteigungsjahr des Kyrus, zu welcher Zeit aber nicht das „Bauen“ (9, 25M, Beginn der „62 Wochen“) begann.
Nach Keil und Stuart spricht auch die hebr. Grammatik dagegen. Das „Wort“ kann sich nicht auf das in 9, 2 erwähnte Gotteswort aus Jeremia 25, 11 beziehen, weil „Wort“ in 9, 25 ohne Artikel steht. Nur dort, wo es sich auf das vorige bezieht (wie z. B. in V. 23E), hat es einen Artikel. Bezöge es sich zurück auf das in 9, 2 erwähnte, müsste es den Artikel tragen. Die Tatsache, dass es keinen trägt, beweist, dass es keinen direkten Antezedent (Vorgänger) hat, auf den es sich beziehen könnte.
Daher muss in 9, 25 also ein allgemeines Wort Gottes gemeint sein.
Als bester Vorschlag erscheint daher wohl der, dass das Wort sich auf die Weissagungen des Jeremia generell bezieht. Solche Worte haben wir vor allem in den K. 30 bis 33. Das Wort von Jeremia 30, 18 bzw. 31, 38 (gegeben im Jahr 587 v. Chr.) ist ein Beispiel (30, 18.22): „So sagt Jahweh: Siehe, ich will die Gefangenschaft der Zelte Jakobs wenden und mich über seine Wohnungen erbarmen. Und die Stadt wird [o. soll] auf ihrem Hügel wieder erbaut und der Palast nach seiner Weise bewohnt werden. ... 22 Und ihr sollt mein Volk, und ich werde euer Gott sein.“ (31, 38.40): „Siehe, Tage kommen, [ist der] Ausspruch Jahwehs, da diese Stadt Jahweh gebaut werden wird [o. soll] vom Turm Hananel bis zum Ecktor. 40 ... Es soll nicht ausgerottet und nicht zerstört werden in Ewigkeit.“
Es geht in diesen Worten um die ewige Wiederherstellung der Stadt und des Tempels, nicht lediglich um eine zeitliche. Genau das ist der Zielpunkt der Weissagung von Dan 9, 24! Der Engel erklärt, Jerusalem solle für immer wiederhergestellt werden. Aber ehe dieses geschehe, würde eine lange und schwere Zeit zu überstehen sein.
Aus Dan 2, 44.45 und 7, 26.27 geht hervor, dass die Zeit der ewigen Wiederherstellung Jerusalems und des Tempels in Zusammenhang mit dem ewigen Messiasreich steht, und aus 12, 2.3, dass sie mit der Auferstehung aus den Toten in Verbindung steht. Deshalb kann der Zielpunkt der siebzig Wochen nicht bloß eine irdische Wiederherstellung von Stadt und Tempel sein. Hesekiel hatte vorausgesagt, dass der neue (größere) „David“ kommen und einen ewigen Tempel salben (einweihen) würde: (Hesekiel 37, 26.28; K. 40-48; vgl. Hag 2, 9; Sacharja 3, 9; 6, 12-15); auch würde er eine ewige Gerechtigkeit einführen und vollständige Sühnung von Sünde bewirken, und zwar dann, wenn das ewige Allerheiligste eingeweiht ist. Jener ewige Tempel, in welchem „ewige Gerechtigkeit“ wohnt und der die Erfüllung aller Prophezeiungen ist, kann nicht ein Werk von Menschenhänden sein. (Vgl. Apostelgeschichte 7, 24.25; Offenbarung 21, 22; Hesekiel 11, 16; Jesaja 8, 14; Jeremia 50, 7.) Aus Dan 2, 7 und 11 geht hervor, dass auf die Zeit des Antiochus das ewige messianische Königreich folgt. Wir beachten dabei, dass der Prophet die Dinge in verkürzter prophetischer Perspektive zu sehen bekommt.
Das Wort, „Jerusalem zu bauen und wiederherzustellen“, scheint Bezug zu nehmen auf ein Wort Gottes an Jeremia, dessen heilige Buchrolle Daniel damals studiert hatte. Gott hat viele dieser Prophetien knapp vor der Zerstörung Jerusalems gegeben. Man könnte das Datum 588/587 v. Chr. angeben (Damals war Jeremia im Wachhof eingeschlossen, Jeremia 33, 1; vgl. 32, 1.2) oder auch einige Jahre früher, denn die Prophezeiungen von K. 30 sind nicht exakt datiert (30, 1).
V. 25: „So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten ...”:
Es darf nicht übersetzt werden: „bis zu einem gesalbten Fürsten”. Der hier betreffende von Gott „Gesalbte” ist auch „Fürst”. Der Artikel vor maschiach fehlt, weil nicht gesagt werden soll: „bis auf den Messias, welcher Fürst ist”, sondern: „bis auf einen Gesalbten, einen Fürsten”, d. h., bis einer kommt, der Gesalbter und zugleich Fürst ist.
Das Wort „Gesalbter” wird verwendet, um den Hohen Priester zu bezeichnen (1. Mose 4, 3.5.16) oder auch für den von Gott gesalbten König (1S 2, 10.12; 3, 5; 16, 6). Die hier genannte Person ist zuallererst ein „Gesalbter”; dann wird hinzugefügt, dass er zusätzlich ein „Fürst” ist, also ein Herrscher oder Führer des Volkes. Somit ist mit „Gesalbter” wohl kaum ein gesalbter König gemeint, sondern ein gesalbter Priester, also ein Hoher Priester. Dass er zusätzlich König oder Führer ist, wird durch das Wort „Fürst” ausgedrückt. Er ist also nicht zuvorderst Fürst und zusätzlich „Gesalbter”, sondern umgekehrt.
„Gesalbter” wird nicht als Eigenname („Messias”) gebraucht. Es wird im AT nie als Eigenname verwendet, auch nicht für den einen großen und erwarteten Messias (Psalm 2, 2). Wäre maschiach ein Eigenname, müsste bei „Fürst” der Artikel stehen: Der Fürst [namens] „Messias”. Das ist nicht der Fall.
Wer ist der „Gesalbte? Serubabel war nicht gesalbt, auch Esra nicht, Onias III (der Hohe Priester, der 171 v. Chr. ermordet wurde) war kein Volksfürst. Wer kommt in Frage?
Der persische König Kyrus (Kores)?
Ihn spricht Gott (in Jesaja 45, 1) mit „Gesalbter“ an „So sagt Jahweh zu seinem Gesalbten, zu Kores ...”. Kyrus sollte die Stadt wiederaufbauen (Jesaja 45, 1.13; 44, 28; vgl. 2Ch 36, 23; Esr 1, 13); aber Kyrus war auf Erden kein Priester („Gesalbter”), wurde auch nicht von Gott zum König „gesalbt”. Der Titel „Gesalbter” wird auf ihn lediglich im übertragenen Sinne angewandt, und zwar deshalb, weil Jahweh ihn zu einem besonderen Dienst erwählte („weihte/salbte”), nämlich Jerusalems Drangsal zu beenden. Er war das ausgesuchte Werkzeug, um an Israels Feinden Gericht zu üben. Wäre mit dem „Gesalbten” in Dan 9, 25 Kyrus gemeint, hätte er nagid maschiach („ein gesalbter Fürst”) heißen müssen, nicht maschiach nagid („ein Gesalbter, ein Fürst”), denn Kyrus war zuallererst König, nicht Gesalbter.
Es liegt für die Leser Daniels (etwa 536 v. Chr.) näher, beim Begriff „Gesalbter” an einen rechtmäßigen jüdischen und Priester denken.
Der Messias Jesus?
Diese „Lösung” wäre sehr ansprechend. Man könnte meinen, dass die Weissagung eben jenen Gesalbten meint, der die in V. 24 genannten Dinge in Erfüllung bringen werde.
Aber der Herr Jesus kann nicht gemeint sein, denn er kam nicht „sieben Wochen” (etwa 49 Jahre) nach dem Wort, „Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen“. Es geht, wie oben bereits dargestellt, nicht um zwei Zeitabschnitte (69+1 Wochen) sondern um drei (7+62+1). Der erste endet mit dem „Gesalbten”, dem Fürsten. „... bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten, sind es sieben Wochen.“ Punkt. Nach C. F. Keil ist dies die einzige richtige Übersetzung des hebräischen Textes. Auch die Revidierer der Elberfelder Übersetzung 2006 und 1993, sowie die der Zürcher Übersetzung 2008 haben sich in Dan 9, 26 für diese Version entschieden. (Vgl. Luther 1912 und 1984, Schlachter 1951, Zürcher 1931, Menge, die „Neue evangelistische Übersetzung” von Vanheiden, Patloch, Grünewald, und die „Textbibel”.) Der Punkt in V. 25 ist nach „sieben Wochen” zu setzen, nicht nach „und 62 Wochen”.
Folglich kommen in unserem Text zwei „Gesalbte” vor, einer kommt nach sieben Wochen (V. 25), und einer wird nach den 62 Wochen ausgerottet (V. 26).
Wäre mit dem „Gesalbten” in V. 25 der Messias Jesus gemeint, müsste außerdem vor maschiach ein Artikel stehen. Wäre von dem (aus Psalm 2) bekannten, erwarteten Messias, der die Vollendung bringen sollte, die Rede, so hätte der Engel wohl nicht unbestimmt geredet.
Hinzu kommt: Wenn in Dan 9 der große Befreier, der eschatologische Messias, gemeint wäre, wäre zu erwarten, dass im NT auf jene siebzig Wochen Bezug genommen wird. Aber weder der Herr noch die Apostel erwähnen sie. Das ist umso erstaunlicher, da in diesem Fall Dan 9 (neben Psalm 2) die einzige Stelle wäre, in welcher der große messianische Befreier explizit „Messias” genannt wird; – die einzige, denn alle anderen Stellen, wo der Begriff „Gesalbter” vorkommt, beziehen sich auf die Könige oder Priester Israels. (Z. B. bezieht sich 1Sa 2, 10.35 auf David. Vgl. 1Sa 12, 3.5; 2Sa 22, 51; Psalm 89, 39; Hab 3, 13.) Wenn Dan 9 tatsächlich eine (wie oft behauptet) Schlüsselstelle zum Verständnis der biblischen Eschatologie wäre, könnte man erwarten, dass sich irgendwo im NT ein Hinweis findet, der zeigt, dass die ersten 69 Wochen mit dem Kommen des Herrn Jesus und seinem öffentlichen Auftreten erfüllt waren. Aber das NT schweigt. Nur in Matthäus 24, 15 (Markus 13, 14) macht der Herr eine Andeutung auf den Propheten „Daniel”. Dort ist aber keine Rede von den „siebzig Wochen,“ sondern nur von einem „Gräuel der Verwüstung” (Vgl. Dan 11, 31; 12, 11.)
Die Frage bleibt. Welcher Fürst – etwa 49 Jahre nach dem Ausgehen des Wortes vom Wiederaufbau der Stadt – war ein „Gesalbter”, ein amtlicher Hoher Priester, und trug zugleich eine Krone?
Der Hohe Priester Josua (Jeschua)
Wenn die ersten sieben Wochen mit der Rückführung Israels enden (538 v. Chr.), haben wir drei Kandidaten, die für den „gesalbten Fürsten” in Frage kämen: der persische König Kyrus (der, wie bemerkt, ausscheidet), der jüdische Fürst Serubabel (der aber nicht „gesalbt” war) und der Hohe Priester Josua. (Vgl. Montgomery, Commentary on Daniel, S. 392; Moses Stuart, Commentary on the Book of Daniel; zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Gerhard Meyer, Danielkommentar, Wuppertaler Studienbibel.)
Gehen wir nochmals zurück und betrachten wir die drei Zeitabschnitte in den Versen 25-27:
Die ersten sieben Wochen beziehen sich auf die Zeit, in der Jerusalem in einem verwüsteten Zustand war (spätestens ab 587 v. Chr.), ein Jerusalem, über das jedoch geweissagt worden war, dass es für ewig wiederhergestellt werden sollte. Die erste Periode endet positiv – mit einem Aufblühen unter einen Gesalbten, einem Fürsten, unter dessen Führung der Aufbau der Stadt und des Tempels begonnen werden sollte.
Die geschichtliche Erfüllung: Im Jahr 538 v. Chr. kam der Hohe Priester Josua (Jeschua), der Sohn Jozadaks, zusammen mit Serubabel nach Jerusalem (Esr 2, 2; Nehemia 7, 7). Der Wiederaufbau des Tempels und der Stadt wurde bald in Angriff genommen (Esr 3, 2.8).
Der erste Abschnitt (die „sieben Wochen”) steht in einem starken Gegensatz zum zweiten („62 Wochen”): der erste endet positiv und hoffnungsvoll – mit dem Kommen jenes Gesalbten, der zugleich ein Fürst ist; der zweite endet negativ und deprimierend – mit der Tötung eines Gesalbten, wodurch eine äußerst schwierige und bedrängnisreiche Zeit für Israel (die siebzigste „Woche“) anbricht. Der erste Zeitabschnitt ist zwar eine schwere Zeit, aber sie endet hoffnungsvoll; der zweite (die lange, lange Zeit des Bauens) ist trotz Schwierigkeiten anfänglich ermutigend, weil die Stadt wieder aufgebaut wird, endet aber in einem Desaster (Tötung eines Gesalbten); der dritte kurze Abschntt, der auf die Tötung des „Gesalbten” folgt, ist für Israel eine große Leidensprüfung.
Inwiefern nun könnte man sagen, dass der Hohe Priester Josua zugleich ein „Fürst” ist?
In Bezug auf ihn sagt der Prophet Sacharja (6, 10-15): „Nimm von den Weggeführten, von Cheldai und von Tobija und von Jedaja –... –, 11 ja, nimm Silber und Gold und mache eine Krone; und setze sie auf das Haupt Josuas, des Sohnes Jozadaks, des Hohen Priesters, und sprich zu ihm: 12 ‘So sagt Jahweh der Heere und sagt: Siehe, ein Mann, sein Name ist Spross. Und er wird von seiner Stelle aufsprossen und den Tempel Jahwehs bauen. 13 Ja, er wird den Tempel Jahwehs bauen. Und er wird Hoheit tragen. Und er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen, und er wird Priester sein auf seinem Thron. Und der Rat des Friedens wird zwischen ihnen beiden sein. 14 Und die Krone soll dem Chelem und dem Tobija und dem Jedaja und der Gnade des Sohnes Zephanjas als Gedenkzeichen sein im Tempel Jahwehs.”
Der Hohe Priester Josua war ein Typus auf den verheißenen Messias, dem letztendlich die Prophezeiung aus Sacharja 6 galt. Josua war Priester und Fürst in Israel, ein Führer des Volkes. Darauf deutet die Krone hin, die auf Gottes Geheiß auf Josuas Haupt kam. Im AT wird er oft im Zusammenhang mit Serubabel genannt.
Das hebr. Wort für „Fürst” (nagiid) bedeutet nach Gesenius (18. Aufl., 2013): „Führer, Anführer, Aufseher, Vorsteher, Thronanwärter, Fürst, Gebieter, Erhabener, Edler”. In Dan 11, 22 ist der Begriff „Bundesfürst” die Bezeichnung für einen Hohen Priester.
Das Wort „Gesalbter” bezieht sich auf das Hohepriesteramt, das Wort „Fürst“ auf sein Vorsteher und Führungsamt in Israel. Dieser „Gesalbte” ist also ein Hoher Priester, der zugleich ein ziviler Führer ist; also nicht einer, der wie die früheren Hohen Priester lediglich die Aufsicht über Tempel, Gottesdienst und Priesterschaft führt, sondern einer, der auch für zivile Angelegenheiten zuständig ist.
Die späteren Hohen Priester erhielten mehr und mehr Macht und wurden zu Führern des Volkes. Fritz Rienecker (Bibellexikon, Sp 625) schreibt: „Nach der babylonischen Gefangenschaft ... kam, da es keinen König gab, der Hohe Priester zu immer größerem Ansehen und zu wachsender Macht. Die Hasmonäer, die makkabäischen Priesterkönige, vereinigten dann das Amt des Königs mit dem des Hohen Priesters in einer Person ...” So war z. B. Johannes Hyrkanus, der Neffe des Judas Makkabäus, im Jahr 116 v. Chr. Hoher Priester und Fürst.
Der Ausleger Keil (294f) bestätigt, dass nagiid (Fürst) nur Apposition zu maschiach (Gesalbter) sein kann: „ein Gesalbter, der zugleich Fürst ist”: „Da nun maschiach [Gesalbter] als die Hauptbezeichnung vorangestellt ist, so dürfen wir bei nagiid nicht an einen Priesterfürsten, sondern nur an einen Volksfürsten denken und bei maschiach nicht an einen König, sondern nur an einen Priester, und müssen unter nagiid maschiach an eine Person denken, die zunächst und wesentlich Priester und daneben auch Volksfürst, König ist.”]
„... ‹sind es› sieben Wochen.”
Die ersten sieben Wochen gehen bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten. Nach „sieben Wochen” ist ein Punkt zu setzen.
Es gibt weder Berechtigung noch gute Gründe, die 7 und die 62 Wochen zu 69 zu addieren und als eine Einheit zu verbinden – als wäre zu übersetzen „… bis zu einem Gesalbten … sind es sieben Wochen und 62 Wochen”. Die Masoreten setzten einen Trenner (Atnach) nach „sieben Wochen”. Der erste Satz endet damit. Die ersten sieben Wochen werden gesondert genannt, sodass die siebzig Wochen in drei Abschnitte eingeteilt werden. Das geht deutlich aus der Satzkonstruktion hervor.
Es wäre auch unnatürlich, die beiden Zeitbegriffe zusammenzuziehen: „... sind sieben und 62 Wochen”. Der Sinn der Aufteilung der 69 in 7 plus 62 würde dadurch verschleiert. Der Engel setzt in V. 26A nicht fort mit „Und nach den 69 Wochen”, sondern er sagt: „Und nach den 62 Wochen”.
Wir haben hier also drei Abschnitte (7+62+1), nicht zwei (69+1).
1. Abschnitt: sieben Wochen. Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten. (Also die Zeit vor Beginn des Bauens.)
2. Abschnitt: 62 Wochen: Die Stadt wird wiederhergestellt und gebaut … in bedrängnisreichen Zeiten. (Die Zeit des Bauens.) Mit Ablauf des zweiten Abschnitts „wird ein Gesalbter ausgerottet“. Der zweite Abschnitt endet also mit der Ermordung eines Gesalbten, bzw. der dritte Abschnitt beginnt damit.
3. Abschnitt: 1 Woche: Der Fürst, der kommt, wird einen Bund durchsetzen mit der Masse des Volkes. Zur Hälfte dieser Woche wird er – für eine halbe Woche lang – den Gottesdienst zum Aufhören bringen. Und auf Gräuelflügeln wird ein Verwüstender sein.
Der erste Abschnitt endet nach sieben Wochen, der zweite nach 62 Wochen, der dritte nach der siebzigsten Woche.
Die Zahlen in Daniel sind spezifisch. Die siebzig Wochen sind eine siebenfältige Verlängerung der 70 Jahre. Da auch die 70 Jahre nicht exakte 70 waren (sondern 67, nämlich von 605 bis 538 v. Chr.), sind wir nicht gezwungen, mit exakt 490 Jahren zu rechnen. Die Zeit zwischen dem „Ausgehen des Wortes“ von der Wiederherstellung (Jeremia 29-34, geweissagt von ca. 597 bis 587 v. Chr.) und der Rückkehr der Juden (538) beträgt zwischen ca. 60 und 49 Jahren.
Wie verhält es sich mit den 62 Wochen? Bei allen Berechnungsversuchen sollte man darauf achten, dass Gott nicht notwendigerweise beabsichtigte, exakte Jahreszahlen anzugeben. Üblicherweise wird in der Prophetie nicht „gerechnet”. Gott gibt in der Prophetie nicht Zeitangaben, durch die der Mensch in die Lage versetzt wäre, den Lauf der Geschichte zu berechnen.
Es gibt verschiedene Thesen und Berechnungen bzgl. Daniels „70 Jahrwochen”. Wir wollen aber zuerst den Text genau untersuchen, ehe wir auf diese Thesen eingehen. Sicher ist, dass diese 62 Wochen nicht einen Zeitraum von Tausenden von Jahren ausmachen können, aber auch nicht einen von nur wenigen Jahrzehnten.
„Und zweiundsechzig Wochen ‹lang› werden Platz (o.: Marktplatz; o.: Straße) und Graben (o.: Wall) wiederhergestellt und gebaut werden”
Der erste Teil des Satzes ist ein Akkusativ der Zeitdauer. Man könnte daher übersetzen: „Und 62 Wochen lang ...” oder „Und für die Zeit von 62 Wochen ...” oder: „Und für ‹die Zeitdauer von› 62 Wochen werden ... wiederhergestellt und gebaut werden”.
In diesen 62 Wochen findet das Bauen statt. Die Wiederherstellung Jerusalems sollte sich also über lange Zeit hinziehen. Vollendet würde sie erst sein, wenn der Zielpunkt, von dem in V. 24 die Rede war, erreicht ist.
„Platz (o.: Marktplatz; o.: Straße; eigtl.: weiter Raum) und Graben (o.: Wall), ...”
Platz und Graben: Das Jerusalem zur Zeit der Bauarbeiten Nehemias erhielt verschiedene „Plätze”. Vgl. Nehemia 8, 1.3.16, wo dasselbe hebräische Wort wie in Dan 9, 25 vorkommt. Das Wort für „Graben” findet sich in dieser Bedeutung nur hier im AT und hängt vermutlich mit dem assyrischen „harisu” zusammen, was so viel wie „Befestigungsanlage” bedeutet. (Vgl. G. Maier, Danielkommentar, Wuppertaler Studienbibel.) Nehemia sorgte für Befestigungsanlagen (Nehemia 2, 11ff; 3, 14.17; 6, 15ff).
„und ‹zwar› in Bedrängnis der Zeiten (o.: in Enge der Zeiten; in bedrängnisreichen Zeiten).”
Das scheint sich auf die Umstände zu beziehen, in denen das Bauen geschehen sollte. (Vgl. Nehemia 3, 33; 4, 1ff; 6, 1ff; 9, 36.37.) Nehemias Aufbauwerk wurde „beengt” durch die Umtriebe der feindseligen Nachbarn. Aber diese schweren „Zeiten“ beschränken sich nicht auf die Zeit Nehemias. Sowohl in der persischen Zeit als auch unter Alexander dem Makedonier und unter den Ptolemäern und Seleukiden blieb Judäa eine kleine Provinz ohne staatliche Selbständigkeit. Erst die Makkabäer erkämpften sich für ca. 80 Jahre (von 142 bis 64 v. Chr.) die staatliche Unabhängigkeit.
9, 26: „Und nach den zweiundsechzig Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden, ...”.
„Gesalbter” steht im hebr. Text auffallender Weise ohne Artikel: „ein Gesalbter”. Damit ist ein Hoher Priester oder König gemeint. Es kann nicht derselbe „Gesalbte” wie der in V. 25 genannte gemeint sein. Sonst müsste maschiach bestimmt sein. Er kann nicht derselbe sein wie der, der 62 „Wochen“ vorher gekommen war, da 62 „Wochen“ mit Gewissheit länger dauern als eine Lebenszeit.
Als „König” käme der eine prophezeite, erwartete und bekannte „Gesalbte”, unser Herr Jesus, in Frage, aber dann müsste maschiach durch einen Artikel bestimmt sein: hamaschiach. Auch wäre dann eine zeitliche Lücke zwischen der 69. und 70. Woche anzusetzen. D. h., man wäre gezwungen, nach Ablauf der sieben und der 62 Wochen mit dem Zählen aufzuhören; denn die Ereignisse der siebzigsten Woche (Verwüstung der Stadt und des Heiligtums im Anschluss an die Tötung des Gesalbten) liegen in der geschichtlichen Erfüllung mindestens 37-40 Jahre nach Ablauf der 7+62 Wochen. Die Annahme einer „Lücke” ist aber willkürlich und scheitert daran, dass der Engel von einer Gesamtzeit von „siebzig Wochen” spricht. Diese Zeitangabe wäre für die Leser sinnlos, würde man – eine oder mehrere – zeitliche Lücken voraussetzen müssen. Der Messias wird am Ende der (7+) 62 Wochen getötet, die Stadt wird unmittelbar danach, in der 69. Woche, verwüstet. Dazwischen können nicht 37-40 Jahre eingeschoben werden.
Der Einwand, in der prophetischen Schau gäbe es perspektivische Verkürzungen, ist nicht zulässig. Das Phänomen der perspektivischen Verkürzungen gibt es im AT zwar, aber nicht dann, wenn derart exakte Zeitangaben gemacht werden, wie in unserem Fall der 70 „Wochen”.
Und die in der ATProphetie häufig vorkommende perspektivische Verkürzung betrifft immer die Strecke bis hin zum letzten Ende (in Gericht und Heil). D. h., es ist immer der allerletzte Zeitabschnitt, der verkürzt dargestellt wird, z. B. die Zeit von Antiochus bis zum ewigen Königreich Christi (Dan 2;7; 8; 11; 12) oder die Zeit vom Beginn der Geistausgießung (Pfingsten) bis zur Parusie (Joel 3; Apostelgeschichte 2) oder die Zeit vom Gericht über die Assyrer (8. Johannesdt. v. Chr.) bis zur Vollendung durch den Messias (Micha 5, 1-7). Eine eingeschobene verkürzte Zeit vor dem Endpunkt, d. h., eine Verkürzung eines historischen Zeitabschnitts, der einige Jahre vor dem Endgericht endet, kennt die Heilige Schrift nicht. Es ist auch rein exegetisch unmöglich, eine Zeit zwischen der 69. und 70. „Woche“ einzuschieben.
Die siebzig Wochen, wie auch immer man sie zählt, reichen nicht aus, um auf Jesus Christus zu kommen. Rechnet man von 587 v. Chr. an, kommt man höchstens auf 97 v. Chr. Rechnet man von 538 v. Chr. (dem Dekret des Kyrus) an, kommt man höchstens auf etwa 48 v. Chr. Von 458 v. Chr. (Esras Rückkehr) an darf man nicht rechnen (wie in der vorigen Nummer bereits gezeigt), da die Rückkehr Esras nicht der Punkt war, an dem das Wort ausging, Jerusalem wiederherzustellen. Es erging früher.
Würde man dennoch dieses Datum nehmen, käme man mit der 69. Woche zwar auf die Zeit des öffentlichen Dienstes Christi, aber mit der siebzigsten käme man nicht weiter als bis 34 n. Chr. Damit würden immer noch 30-36 Jahre bis zur Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.) fehlen.
Von 445 v. Chr. an darf man auch nicht rechnen (wie in der vorigen Nummer gezeigt, weil damals ebenfalls kein „Wort“ erging, Jerusalem wiederherzustellen; im Jahr 445 hatte man schon längst mit dem Bauen begonnen). Würde man es dennoch tun, käme man mit der siebzigsten Woche im besten Fall auf 45 n. Chr., was – bis zur Tempelzerstörung 70 n. Chr. – immer noch um 25 Jahre zu kurz ist.
Gemäß V. 26 wird nach der 69. Woche der Gesalbte getötet. Am Ende der 69. Woche beginnt die siebzigste. Die Tötung läutet also die siebzigste Woche ein. Die in V. 26 beschriebene Verwüstung des Heiligtums und der Stadt findet nach den 69 Wochen statt und fällt in die siebzigste Woche.
In den Versen 26 und 27 kann nicht die Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die Römer gemeint sein, da diese erst Jahrzehnte nach dem Kommen und Sterben des Messias geschah. Abgesehen davon wurde der römische „Fürst”, dessen Soldaten die Stadt und den Tempel zerstörten, (der Feldherr Titus bzw. sein Vater, Vespasian) nicht im Anschluss an die Verwüstung – am Ende der siebzig Wochen –getötet, worauf aber der Text hindeutet. (Siehe dazu die Besprechung unten.)
Wer nun könnte mit dem „Gesalbten” gemeint sein?
Um das herauszufinden, wenden wir uns dem Text zu:
V. 26: „Und nach den zweiundsechzig Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden, ...”
Das Ende des zweiten Abschnitts (62 Wochen) bringt einen starken Gegensatz zum Ende des ersten. Der erste (V. 25) endet mit einem Gesalbten, einen Fürsten, d. h. einen legitimen Priester, der über die Stadt gesetzt ist, die gemäß dem göttlichen Wort wiederherstellt und deren Heiligtum auf ewig gesalbt werden soll.
Der zweite Abschnitt (V. 26) endet mit der Ausrottung eines Gesalbten und der Verwüstung von Heiligtum und Stadt – es geschieht also genau das Gegenteil von dem, was am Ende des ersten Abschnittes in Aussicht gestellt worden war!
Auf die 62 Wochen folgt jene schreckliche siebzigste Woche: Aufhebung des Gottesdienstes, Errichtung eines furchtbaren Verwüstungsgräuels, eine große Bedrängnis des Gottesvolkes. Nach Ablauf des langen zweiten Abschnitts verschlechtert sich die Situation also dramatisch.
„wird ... ausgerottet”: Das hebr. Wort „ausrotten” wird meistens im Sinne von „töten, austilgen” verwendet. Mit der Tötung des Gesalbten, hat Daniels Volk während jener noch verbliebenen siebzigsten Woche keinen gesalbten Priester mehr.
Wer ist der Gesalbte? Nach so langer Zeit kann natürlich nicht der Hohe Priester Josua gemeint sein. Es muss sich wohl um einen seiner Nachfolger handeln.
„und es wird keiner für es sein.”
Die hebräische Formulierung an dieser Stelle (we een lo) heißt wörtlich: „... und es gibt für ihn/es nicht” bzw.: „und ihm wird nicht [einer] sein“ / „und ihm wird keiner sein”. Die Elberfelder Übersetzung hat in der Fußnote „w.: und ihm wird nichts sein”. Aber „een” heißt nicht „wird nichts sein” sondern: „wird nicht sein”. Man muss daher den Ausdruck we een lo übersetzen mit: „er/es wird für ihn/es nicht sein” bzw. „es wird für ihn/es nicht [jemanden/etwas] geben”.
Wer ist das Subjekt? Von Zusammenhang kann nur der Gesalbte gemeint sein: „ein Gesalbter wird für ihn/es nicht sein”. Für wen?
Für das Volk! Das hebr. Fürwort „lo” ist ein maskulines (männliches) und bezieht sich zurück auf Daniels Volk („Volk”, am, ist im Hebräer männlich), das Volk, von dem vorher die Rede war. (Ähnlich wie in Jesaja 8, 21. „Es” steht für das Volk: „Und es [das Volk] wird darin umherziehen, …”). Dass das Bezugswort zu „es” („dein Volk”, V. 24) zwei Verse entfernt ist, ist grammatikalisch unproblematisch. Das Bezugswort steht im Hebräischen manchmal weiter entfernt (z. B.: Jesaja 8, 21; Psalm 68, 11.15; 87, 1).
Es „wird ein Gesalbter ausgerottet, und es wird keiner für es [das Volk] sein.”
Mit anderen Worten: Infolge der Tötung des Gesalbten wird das Volk keinen legitimen Hohen Priester mehr haben. Ab dem Zeitpunkt, da jener Gesalbte ausgerottet ist, gibt es (für die Dauer der siebzigsten Woche, also ungefähr sieben Jahre lang) für das Volk Daniels keinen mehr, der die Stelle des „Gesalbten” rechtmäßig ausfüllt.
Auf den Herrn Jesus kann sich das nicht beziehen, denn gerade sein Sterben und Auferstehen verlieh dem Gottesvolk einen ewigen Hohen Priester (Hebräer 5-7).
Nun gibt es in der Geschichte Israels eine Situation, die exakt dem entspricht, wovon hier die Rede ist:
Lange Zeit nach Daniel wurde in Israel ein Hoher Priester ermordet. Und nach seiner Ermordung hatte das israelitische Volk keinen offiziellen legitimen Hohen Priester mehr. Dieser traurige Zustand hielt für die Dauer von ca. sieben Jahren an. Nach dessen Ermordung kam das Volk eines Fürsten und verwüstete die Stadt und das Heiligtum. Und in der Mitte jener sieben Jahre errichtete jener Fürst einen Gräuel der Verwüstung im Tempel. Und zuletzt wurde jener Fürst selbst verwüstet.
Ehe wir uns über die Erfüllung jener Weissagung Gedanken machen, bleibt uns die Aufgabe, den Text mit Sorgfalt weiter zu betrachten.
V. 26M: „Und die Stadt und das Heilige: verwüsten wird sie das Volk eines Fürsten, …”
So wörtlich.
Der Text zwingt nicht zur Annahme, die Ereignisse von 9, 27 müssten zeitlich nach denen von V. 26 stattfinden. Es scheint vielmehr der Fall zu sein, dass V. 27 parallel zu V. 26 steht, wie das im hebräischen Stil oft der Fall ist. Die Details werden im Anschluss an die allgemeine Darstellung der Fakten angegeben.
Die in V. 26 erwähnte Verwüstung der Stadt und des Heiligtums findet nach Ablauf der 62 Wochen, also während der siebzigsten Woche statt. V. 27 beschreibt die Ereignisse von V. 26 im Detail.
Für „verwüsten” steht im hebr. Text ein Wort das auch „verderben” bedeuten kann. Mit „Verwüstung” ist nicht notwendigerweise eine völlige Zerstörung gemeint. Auch eine Entweihung und Umfunktionierung eines heiligen Tempels kann als „Verwüstung” bezeichnet werden. Im Hebräer wird ein allgemeines Wort verwendet (schachat [im Hifil]), das mit „verwüsten” oder „verderben” übersetzt werden kann. Jede Zerstörung ist eine Verwüstung, aber nicht jede Verwüstung ist eine Zerstörung. In der griech. Übersetzung des AT wird an dieser Stelle das Wort ftheiroo verwendet: „verderben, wüst legen, verwüsten, entweihen”. In 1. Makkabäer 1, 39 wird das Wort ereemaomai (verwüsten) verwendet: „Ihr Heiligtum wurde verwüstet (o.: öde gemacht)”.
„... das Volk eines Fürsten, welcher kommt.”
Es ist nicht nur das Volk jenes Fürsten, das kommt, sondern ein Fürst wird mit seinen Volk, d. h., seinen Soldaten, „kommen”. Aber diese Soldaten richten die Verwüstung an.
Hier – wie in Dan 1, 2 und Jeremia 36, 29 – ist der Begriff „kommen” im negativen Sinne verwendet: „heranrücken” – nämlich, um Unheil anzurichten.
„eines Fürsten”, nicht des Fürsten. Das Wort steht im Hebräer ohne Artikel. Es kann sich nicht um denselben „Fürsten” handeln, der in V. 25 erwähnt wurde, ansonsten müsste der bestimmte Artikel stehen.
„Und sein Ende ‹ist› in der Überflutung.”
„... sein Ende”: Wessen Ende? Im hebr. Text kommt als Bezugswort nur „das Heilige” oder „der Fürst” in Frage. Dass das Heiligtum verwüstet werden sollte, war bereits angegeben worden; und man hätte dann erwartet, dass auch die Stadt erwähnt würde, also: „Und deren Ende (d. i.: der Stadt und des Heiligtums Ende) ist in der Überflutung.” Aber auf die Stadt und das Heiligtum kann es sich nicht beziehen, denn sonst müssten die Suffixe in der Mehrzahl stehen.
Es bleibt also nur der Bezug auf den „Fürsten”. Einen Hinweis auf das Ende jenes Fürsten, „welcher kommt”, würde man an dieser Stelle ja ohnehin erwarten.
Eine Parallele haben wir in 8, 25: “Und infolge seiner Klugheit wird ihm allerhand Trug, den er im Schilde führt, gelingen. Und er wird in seinem Herzen großtun und unversehens viele verderben. Und gegen den Fürsten der Fürsten wird er aufstehen. Aber ohne Menschenhand wird er zerschmettert werden.”
Ebenso in 11, 45: „Und er wird zu seinem Ende kommen. Und es wird keiner sein, der ihm helfe.”
„... in der Überflutung” (o.: „in einer überwältigenden Flut”)
Die „Überflutung” ist hier im übertragenen Sinne zu verstehen. Er wird „weggeschwemmt”. Dieses Bild wird oft im Zusammenhang mit einem Krieg verwendet. Ein Land wird durch ein Heer von Soldaten überflutet. „Überflutung” (o. „überfluten”) im Zusammenhang mit einer Heeresmacht kommt in 11, 10.22.26.40 und Jesaja 30, 28 vor.
Das Wort kann auch allgemein für ein vernichtendes Gericht jeglicher Art verwendet werden (Jesaja 10, 22: „… Vernichtung ist beschlossen, einherflutend mit Gerechtigkeit.”; Nah 1, 8; Sprüche 27, 4; Psalm 90, 5.)
An unserer Stelle ist wohl die allgemeine Bedeutung vorzuziehen: Der Fürst soll durch ein überwältigendes Übel, das ihn treffen wird, von der Bildfläche „geschwemmt” werden. Die siebzigste Jahrwoche endet mit der Verwüstung des Verwüsters (V. 27E). Diese geschieht im Zusammenhang mit der Verwüstung der Stadt und des Heiligtums. Allein schon deswegen kann mit der Verwüstung hier in V. 26 nicht die Zerstörung Jerusalems durch die Römer (70 n. Chr.) gemeint sein. Der römische Feldherr Titus starb nicht innerhalb von sieben Jahren; im Gegenteil: er wurde neun Jahre nach der Zerstörung Jerusalems römischer Kaiser (79-81 n. Chr.).
9, 26E: „Und bis ans Ende ‹ist› Krieg.”
Das „Ende” ist hier wohl das Ende der siebzigsten Woche – und damit auch das der Bedrängnis. D. h., die ganze letzte „Woche” hindurch, bis zu der von Gott bestimmten Zeit, wird zwischen jenem Fürsten und dem jüdischen Volk der JahwehTreuen Krieg herrschen.
„Beschlossen ‹sind› Verwüstungen,” (w.: Beschluss ist: Verwüstung]:
Mit „Beschluss” ist der göttliche Strafgerichtsbeschluss gemeint. (Vgl. 11, 36; Jesaja 10, 23; 28, 22.) Verwüstet daliegende Ruinen und Menschen sind von Gott unwiderruflich beschlossen.
Eine andere Übersetzungsmöglichkeit: „Und bis zum Ende ist Krieg, ein bestimmtes [Maß] an Verwüstung.”
„Und stark machen wird er einen Bund den Vielen eine Woche ‹lang›. Und zur Hälfte der Woche wird er aufhören lassen Opfer und Gabe; und auf dem Flügel der Gräuel wird ein Verwüstender sein, und ‹zwar› bis Vernichtung und Festbeschlossenes sich auf den Verwüster ergießen wird.“
V. 27 gibt die Details von V. 26, den Charakter und die Taten des Verwüsters an. Die Verse 26 und 27 sind nicht in chronologischer Reihenfolge geschrieben, sondern im poetischen Stil. Wir haben vier Teile: 26AB/27AB. V. 26A u. V. 27A stehen parallel zueinander, ebenso V. 26B u. V. 27B. V. 27 greift also auf den Inhalt von V. 26 zurück. Beachten wir die Ähnlichkeit zwischen 26B („Und sein Ende ist in der Überflutung. Und bis ans Ende ‹ist› Krieg. Beschlossen ‹sind› Verwüstungen.”) und 27B („... bis Vernichtung und Festbeschlossenes sich auf den Verwüster ergießen wird.”).
Vier Aussagen werden in V. 27 gemacht:
a) Der Fürst wird einen Bund stärken mit den Vielen eine Woche lang.
b) Die Hälfte der Woche hindurch wird er ruhen machen Opfer und Gabe.
c) Auf Flügeln von Gräueln wird ein Verwüstender sein.
d) Das wird so bleiben, bis Vollendetes und Festbeschlossenes auf den Verwüster sich ergießen wird.
Die erste Aussage: 9, 27: „Und stark machen wird er einen Bund den Vielen eine Woche ‹lang›.”
„Bund” steht ohne Artikel, ist daher unbestimmt. Wenn der zuvor erwähnte Bund gemeint wäre (9, 4), müsste ein Artikel stehen. Hier wird nicht das übliche Wort für „einen Bund schließen” (karath berith) verwendet, sondern das Wort „stark machen”. D. h., er wird ihnen ein Bündnis „stärken”, „festmachen” oder „durchsetzen”. Die Initiative geht von dem Fürsten aus.
„den Vielen”: Gemeint ist die große Masse des jüdischen Volkes im Gegensatz zu den Wenigen, die treu bleiben. Vgl. 11, 33: „die Verständigen des Volkes werden die Vielen unterweisen”; 11, 34: „viele werden sich ihnen anschließen mit Heucheleien”; 12, 3: „Und die Verständigen werden leuchten …, und die, die die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne, immer und ewiglich.”
„für eine Woche ‹lang›”:
– im Hebräer ein Akkusativ der Zeitspanne. Dieses Bündnis werde für die ganze siebzigste „Woche” andauern, sagt der Engel. Es gibt Ausleger, die behaupten, dass das Bündnis in der Hälfte der Woche (also nach 3, 5 Jahren) gebrochen werde. Der Text gibt keinen Anlass dazu.
Die zweite Aussage: „Und die Hälfte der Woche hindurch (d. h.: eine halbe Woche lang) ...”
Das hebr. Wort zeigt eine Zeitspanne an: „für die Dauer einer halben Woche”. Gemeint sind die letzten dreieinhalb Jahre vor Ablauf der siebzigsten Woche.
„wird er ruhen machen Opfer und Gabe, ...”
Der Engel sagt, ab der Mitte jener siebenjährigen Zeit werde der Fürst die Schlachtopfer, die im Tempel geopfert werden, und die sonstigen „Gaben” (Speisopfer, Trankopfer, Weihrauchopfer) stoppen (w.: aufhören machen, zum Aufhören veranlassen). Der Fürst sorgt dafür, dass sie nicht mehr dargebracht werden.
Das kann sich nicht auf das Erlösungswerk unseres Herrn am Kreuz beziehen, denn die jüdischen Opfer im Tempel wurden nach Jesu Opfertod noch beinahe 40 Jahre lang in Jerusalem dargebracht.
Es kann sich auch nicht auf die geistliche Abschaffung der Opfer durch Jesu Kreuzestod beziehen; denn aus dem Text wird deutlich, dass der Tod jenes Gesalbten (V. 26) am Ende der 62 Wochen geschieht, also am Beginn der letzten sieben Jahre; die Opfer aber hören erst 3, 5 Jahre später auf, nämlich in der Mitte der letzten Woche. Im Falle eines Bezugs auf den Tod unseres Herrn müssten das Sterben des Gesalbten und das Aufhören der Opfer zeitgleich stattfinden!
Das Aufhören der Opfer kann sich auch nicht auf die Zeit der Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.) beziehen, denn die Zerstörung Jerusalems geschah nicht in der Mitte der siebzigsten „Woche”.
Wenn man die Parallele zu Dan 8, 11 und 11, 31 zieht, scheint das ZumAufhörenBringen der Opfer zu bedeuten, dass der gesamte jüdische Gottesdienst verboten wird. Das geschah nicht im Jahr 70, auch nicht 3, 5 Jahre vorher. (Josephus Flavius berichtet, dass die jüdischen Opferdarbringungen bis ins Jahr 70 andauerten! Und da war es nicht der Fürst [Titus], der die Opfer zum Aufhören brachte, sondern die Juden hörten von selbst damit auf. Jos, Krieg, 6, 2, 1 [6, 94])
Die dritte Aussage: „Und über ‹dem› Flügel der Gräuel ...” (o.: auf/über Gräuelflügeln; o.: auf einem gräuelhaften geflügelten Wesen”)
„Gräuel” sind „Gegenstände der Abscheu und des Ekels”. „Gräuel“ werden oft Götzen genannt (Hesekiel 7, 20). Die Stätte, die ehemals eine heilige Stätte war, ist zu einer unreinen Stätte geworden. Im Jerusalemer Heiligtum „geschehen Gräuel erregende Dinge” (Hesekiel 5, 11; 7, 4.8.9; 8, 1-18; 11, 18.21). Die Götzengräuel, die im Tempel (oder „neben” dem Tempel) aufstellt sind, sind das Mittel, womit Gottes Heiligtum entweiht wird: Vgl. Dan 8, 11; 11, 31. „Gräuel” bedeutet in diesem Zusammenhang also: götzendienerische Riten oder Götzenscheusale oder ein Götzenbild, eine Statue.
Das hebr. Wort für „Flügel” bedeutet entweder „Vogelflügel” oder geflügelte Wesen. (Es kann in bestimmten Zusammenhängen auch „Grenze”, „äußere Begrenzung” – wie die Tempelzinne – bedeuten. Diese Sonderbedeutungen passen aber nicht in den Zusammenhang, erscheinen künstlich und zu weit hergeholt.)
„wird ein Verwüster sein, ...”
Das hebr. Wort hat keinen Artikel und ist ein Mittelwort der Gegenwart: „verwüstend”, „einer, der verwüstet”; „ein Verwüstender”. Damit ist hier nicht der Fürst gemeint (sonst müsste der bestimmte Artikel stehen), sondern die Götzenstatue bzw. das Gräuelhafte auf/über den „Flügeln”.
Manche übersetzen es als eigenen Satz: „es/er/man wird verwüstend handeln”.
Die griech. Übersetzung hat „und auf dem Tempel wird Verwüstungsgräuel sein”. Das ist nicht die exakte Üsg. des hebr. Textes. Der hat den Ausdruck „Gräuel der Verwüstungen” hier nicht. (Ähnlich, aber unrichtig, Schlachter: „und neben dem Flügel werden Gräuel der Verwüstung aufgestellt”.)
Der Sinn der Stelle ist entweder: Auf gräuelhaften Flügeln (bzw. auf einem gräuelhaften Flügel‹wesen›) wird ein Verwüster sein (eine Götzenstatue, durch die der Tempel Jahwehs verwüstet wird) oder: Auf gräuelhaften Flügeln wird er (der Fürst) eine Verwüstung anrichten, nämlich eine den Tempel verwüstende Götzenstatue aufstellen.
Die vierte Aussage: „... und ‹zwar› bis Vernichtung und Festbeschlossenes sich auf den Verwüster ergießen wird.”
„bis”: Während der zweiten Hälfte der siebzigsten „Woche” finden keine Opferdarbringungen im entweihten Tempel mehr statt.
„auf den Verwüster (o.: auf die Verwüstung)”: Manche fassen die Form hier (schomeem) passiv auf (wie in 9, 18): „auf das Verwüstete”. Das ist grammatikalisch möglich, aber vom Zusammenhang her nicht vorzuziehen, denn es geht nicht um die Vernichtung der Verwüstung sondern des Verwüstenden. Das hebräische schomeem kann (wie in 8, 13) als verkürzte Form des Partizips im Polel aufgefasst und aktiv übersetzt werden. Daher: „auf den Verwüster“. Zuerst verwüstet jener Eindringling Stadt und Tempel, dann verbietet er die Opfer und Gaben des Gottesvolkes, die sie Jahweh darbringen, sodann errichtet er ein Götzenbild, und am Abschluss jener „Woche” kommt schließlich das furchtbare Ende des Verwüsters, der die Opferdarbringungen zum Aufhören gebracht und das Heiligtum durch die gräuelhafte Götzenstatue verwüstet hat.
Am Ende der siebzigsten Woche wird also der Fürst, der das Heiligtum verwüstet hatte, selber verwüstet.
Dan 9, 26.27: „Und nach den zweiundsechzig Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden, und es wird keiner für es [das Volk] sein. Und die Stadt und das Heilige: Verwüsten wird sie das Volk eines Fürsten, welcher kommt. Und sein Ende wird sein in der Überflutung. Und stark machen wird er einen Bund den Vielen eine Woche ‹lang›. Und zur Hälfte der Woche wird er aufhören lassen Opfer und Gabe; und auf dem Flügel der Gräuel wird ein Verwüstender sein, und ‹zwar› bis Vernichtung und Festbeschlossenes sich auf den Verwüster ergießen wird.“
· Ein Gesalbter wird getötet. (Anfang der Woche)
· Das Volk des Fürsten verwüstet die Stadt und das Heiligtum. (Wann genau, wird nicht gesagt, jedenfalls in der ersten Hälfte der Woche.)
· Das Ende des Fürsten ist in einer „Überflutung“.
· Bis zum Ende (jener Woche) ist Krieg. Verwüstungen sind fest beschlossen.
· Der Fürst macht mit den Vielen (d. i.: mit der Masse des jüdischen Volkes, vgl. 11, 33) ein festes Bündnis. Das dauert „eine Woche” lang.
· Der Fürst lässt die täglichen Opferdarbringungen aufhören. (Mitte der Woche)
· Auf gräuelhaften Flügeln ist Verwüstung / ein Verwüster.
· Die von Gott fest beschlossene Vernichtung ergießt sich auf den zu Verwüstenden (d. i. den Fürsten)
Um in der Deutung der Prophetie richtig zu gehen, sind wir auf Daniel selbst angewiesen. Der Zusammenhang des Buches ist der Schlüssel zur Auslegung. Die Weissagung des Buches Daniel ist ein Ganzes. Man darf nicht außer Acht lassen, was in den K. 2, 7, 8, 11 und 12 mitgeteilt wird.
Es geht in dem Buch nicht um moderne Weltgeschichte. Europas Geschichte bis ins 21. Johannesdt. war für die Rückkehrer im 6. Jahrhundert v. Chr. nicht von großer Bedeutung; sehr wohl aber um die Zeit, die auf das Perser und Alexanderreich folgte. Die Prophetien im Danielbuch waren für die ab 538 v. Chr. zurückgekehrten und zurückkehrenden Juden der nachbabylonischen Zeit immens wichtig. Diese Menschen hatten von Hesekiel und Jeremia prophetische göttliche Weissagungen über die Rückführung Israels und über die darauf folgende Errichtung eines ewigen neuen Bundes (Jeremia 31, 31ff; Hesekiel 37, 26) empfangen, sowie über das Kommen des neuen „David” (Jeremia 30, 9; Hesekiel 34, 23.24; 37, 24.25; vgl. Hos 3, 5), des Sprosses Davids (Jeremia 23, 5; 31, 15), und über die Ausgießung des Geistes auf das Volk (Hesekiel 11, 19; 36, 26.27; 37, 14; 39, 29; Joel 3, 1-5; Sacharja 12, 10). Die Propheten weissagten, das Volk solle durch Jahweh von seinen Sünden gereinigt und erneuert werden (Hesekiel 36, 25-29; Sacharja 13, 1ff), und Gott werde sein „Heiligtum in ihre Mitte setzen auf ewig”:
„So sagt der Herr, JAHWEH: Siehe, ich werde die Söhne Israels aus den Völkern herausholen, wohin sie gezogen sind, und ich werde sie von ringsumher sammeln und sie in ihr Land bringen. 22 Und ich werde sie zu einem Volk machen im Lande, auf den Bergen Israels, und sie werden allesamt einen König zum König haben. Und sie sollen nicht mehr zu zwei Völkern werden und sollen sich hinfort nicht mehr in zwei Königreiche teilen. 23 Und sie werden sich nicht mehr verunreinigen durch ihre Götzen und durch ihre Scheusale und durch alle ihre Übertretungen. Und ich werde sie retten aus allen ihren Wohnsitzen, in denen sie gesündigt haben; und ich werde sie reinigen. Und sie werden mein Volk, und ich selbst werde ihr Gott sein. 24 Und mein Knecht David wird König über sie sein, und sie werden allesamt einen Hirten haben. Und sie werden in meinen Rechten wandeln und meine Satzungen bewahren und sie tun. 25 Und sie werden in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, worin eure Väter gewohnt haben. Und sie werden darin wohnen, sie und ihre Kinder und ihre Kindeskinder, bis in Ewigkeit. Und mein Knecht David wird ihr Fürst sein in Ewigkeit. 26 Und ich werde einen Bund des Friedens mit ihnen schließen. Ein ewiger Bund wird es mit ihnen sein. Und ich werde sie einsetzen und sie vermehren und werde mein Heiligtum in ihre Mitte setzen in Ewigkeit. 27 Und meine Wohnung wird über ihnen sein. Und ich werde ihr Gott, und sie werden mein Volk sein. 28 Und die Völker werden wissen, dass ich JAHWEH bin, der Israel heiligt, wenn mein Heiligtum in ihrer Mitte sein wird in Ewigkeit.” (Hesekiel 37, 21-28)
Im Blick auf diese herrlichen Verheißungen begann das Volk nach der Rückführung den Tempel zu bauen. Als der nach langen Jahren der Unterbrechung endlich 516/515 v. Chr. fertiggestellt war, zog die Herrlichkeit Gottes jedoch nicht in den Tempel ein. Und es gab keinen König „David”, keine Ausgießung des Geistes, keinen neuen Bund und keinen Anbruch der messianischen Zeit.
In diese Situation hinein war die Botschaft des Danielbuches von großer Bedeutung. Das Volk musste aufgeklärt werden. Es musste erfahren, dass das Gottesreich noch nicht so schnell kommen werde. Nach dem Reich der Könige von Medien und Persien (8, 20) werde zuerst das Riesenreich eines griechischen Königs entstehen (8, 21; 7, 6; 2, 39M; 11, 3), und daraus werde dann (nach anfänglicher Spaltung in „vier Königreiche”, 8, 22) ein zweigeteiltes Reich hervorgehen (2, 41), das des „Königs des Südens” und „Königs des Nordens” (K. 11, 4ff). Aus dem Königreich des Königs des Nordens, dem seleukidischen, dem vierten von K. 2 und dem vierten „Tier“ von K. 7, sollte ein besonders schlimmer Feind des Volkes Gottes hervorkommen. In Dan 8 und 11 wurde diesbezüglich Detailliertes geoffenbart. Er sollte ein schlimmerer Feind sein als Nebukadnezar und Belsazar. Um das Reich des „Königs des Nordens“ (K. 11) geht es in K. 2, um sein Reich und seine Person geht es in K. 7. Er ist das „kleine Horn”, das die Heiligen dreieinhalb Jahre lang bitter verfolgt und der es wagt, den jüdischen Gottesdienst und die jüdischen Gesetze zu ändern (7, 25). Um dieselbe Person geht es in K. 8. Dort erfahren wir, dass er sich gegen den Höchsten wendet, ihm das tägliche Opfer wegnimmt und das Heiligtum „verwüstet”. Von ihm, dem „kleinen Horn“, heißt es (8, 11.12):
„Selbst bis zu dem Fürsten des Heeres wurde es ‹und tat es› groß. Und es nahm ihm das beständige [Opfer] weg, und die Stätte seines Heiligtums wurde niedergeworfen. 12 Und ein Heer wird hingegeben werden samt dem beständigen [Opfer], wegen des Frevels. Und es wird die Wahrheit zu Boden werfen und in seinem Tun Gelingen haben.“
In 8, 13 wird eine Frage gestellt: „Bis wann [geht] das Gesicht von dem beständigen [Opfer] und von dem verwüstenden Frevel, [und bis wann geht] das Hingeben sowohl des ‘Heiligen’ als auch des Heeres zur Zertretung?“ Die Antwort (V. 14): „Bis zweitausend dreihundert AbendMorgen [vergangen] sind! Dann wird dem „Heiligen“ [sein] Recht widerfahren.”
In K. 11, 21-45 erfahren wir weitere Details: die Abschaffung der täglichen Opferdarbringung, die Errichtung des „Gräuels der Verwüstung” (11, 31) im Tempel. Wir erfahren auch über die Kämpfe der Jahweh-Treuen (11, 32-35), und schließlich über das Ende jenes Nordkönigs (11, 40-45. Vgl. Unterwegs notiert Nr. 92). In 12, 7.11 erfahren wir über die Zeitdauer jener großen Bedrängnis: „Eine Zeit, [zwei] Zeiten und eine halbe” sollten verstreichen, ehe die „Zerschmetterung der Kraft des heiligen Volkes vollbracht” sei (V. 7). Und (V. 11) „von der Zeit, da das beständige [Opfer] weggenommen wird, um den Gräuel der Verwüstung aufzustellen”, sollen 1290 Tage, also dreieinhalb Jahre, verstreichen.
Alle Prophetien in diesem einzigartigen Buch gehen bis Antiochus IV. Epiphanes. Nach Niederwerfung dieses Feindes kommt die Vollendung Jerusalems, das ewige Königreich, der ewige Tempel (2, 44; 7, 13.14.26-28) und in Zusammenhang damit die Auferstehung der Toten zu ewigem Leben (12, 2.3), die Einführung ewiger Gerechtigkeit (9, 24) und die Salbung eines Allerheiligsten (9, 24) – nicht unmittelbar danach, aber in der Folge; denn in der alttestamentlichen Prophetie werden die Vollendungsereignisse in perspektivisch verkürzter Weise mit geschichtlich Nahem zusammengeschaut. Auf die Beseitigung des Nordkönigs folgt das ewige Gottesreich.
Dies behalten wir im Auge, wenn wir uns der Berechnung der „siebzig Wochen” zuwenden.
Die siebzig Wochen beginnen, wie in der Textbesprechung festgestellt, etwa um das Jahr 587 v. Chr. Die ersten sieben Wochen gehen von etwa 587 bis 538 v. Chr. Im Jahr 538 kommt der Gesalbte, der Hohe Priester Josua, der zugleich auch ein „Fürst” (Vgl. Sacharja 6, 11-15.) und Führer des Volkes ist. Alles ist hoffnungsvoll und sieht vielversprechend aus. Man macht sich daran, die Stadt und den Tempel wiederaufzubauen. Nach langer Zeit wird ein „Gesalbter” getötet und die Stadt und der Tempel verwüstet.
Bei der Textbesprechung wurde klar, dass mit dem Gesalbten nicht der Herr Jesus und mit der Verwüstung von Stadt und Tempel nicht die Zerstörung Jerusalems durch die Römer (70 n. Chr.) gemeint sein können. (Siehe Unterwegs notiert, Nr. 94.) So bleibt nur noch eine Möglichkeit offen: Die Weissagung von den siebzig Wochen zielt – ebenso wie K. 2, 7, 8, 11 und 12 – auf Antiochus Epiphanes (den „Fürsten” von V. 27) hin.
Mit dem „Gesalbten” in V. 26 kann nur Onias III. gemeint sein. Der seleukidische König Antiochus IV. (175-164 v. Chr.) setzte den Hohen Priester Onias III. (etwa im Jahr 175 oder 174 v. Chr.) ab und ersetzte ihn durch seinen gottlosen Bruder, den abgefallenen Jason. Dieser sollte heidnische (griechische) Gebräuche in Israel einführen. Kurz danach setzte er auch ihn ab und machte den unrechtmäßigen hellenisierten Menelaos zum „Priester”, der natürlich nicht als „Gesalbter” galt. Das Volk musste den von Antiochus eingesetzten „Priester” akzeptieren, ob es wollte oder nicht. Onias III. musste nach Daphne fliehen, um Zuflucht vor seinen jüdischen Feinden zu finden. Dort wurde er im Jahr 171 (oder 170) v. Chr. ermordet. (Das genaue Jahr der Ermordung scheint nicht eindeutig überliefert zu sein.) Während der restlichen Regierungszeit von Antiochus IV. gab es keinen rechtmäßigen Hohen Priester in Israel.
Antiochus Epiphanes verwüstete durch sein Heer die Stadt und das Heiligtum (1. Makkabäer 1, 31): “Dann ließ er die Stadt plündern und in Flammen aufgehen und ihre Häuser und die Mauern ringsum niederreißen…. 39 Ihr Heiligtum wurde verwüstet, ihre Feste wandelten sich zu Trauertagen; ihre Sabbate wurden geschändet, und ihre Ehre ward zur Verachtung.” Er ließ 80 000 Juden töten. Die Stadtmauern wurden zerstört.
Im 2. Makkabäerbuch lesen wir: „Als aber dem Könige [Antiochus] die Kunde von dem, was [in Jerusalem] vorgegangen war, zu Ohren kam, meinte er, Judäa wolle abfallen. Er brach daher aus Ägypten auf mit tierischer Wut im Herzen, nahm die Stadt mit Waffengewalt ein und befahl seinen Kriegern, schonungslos alle niederzumachen, die ihnen in die Hände fielen, ja auch alle abzuschlachten, die in ihrem Hause auf das Dach hinaufgegangen seien. So erfolgte denn ein Gemetzel von Jünglingen und Greisen, ein Morden von Männern, Weibern und Kindern, ein Abschlachten von Jungfrauen und Säuglingen. 80 000 Menschen gingen im Verlauf von nur drei Tagen zugrunde, nämlich 40 000 durch Niedermetzelung, und ebenso viele wurden als Sklaven verkauft. Und damit noch nicht zufrieden, hatte er die Frechheit, in den Tempel einzudringen, in diesen allerheiligsten Ort der Welt, wobei ihm Menelaus als Führer diente, der zum Verräter am Gesetz und am Vaterlande geworden war. Er nahm dort mit seinen unreinen Händen die heiligen Geräte weg und rafft die Weihgeschenke, die von anderen Königen zur Verherrlichung und Ehre der Stätte gestiftet worden waren, mit seinen unheiligen Händen zusammen. In der Dünkelhaftigkeit seines Herzens bedachte Antiochus nicht, dass Gott, der Herr, den Bewohnern der Stadt wegen ihrer Sünden für kurze Zeit zürnte und nur deshalb der Stätte eine Entweihung widerfahren war.“ (2. Makkabäer 5, 11-17; Menge Üsg.)
In der Mitte der siebzigsten „Woche“ (die von 171 bis etwa ins Frühjahr 164 dauerte), am 15. Dez 168 v. Chr., wurde der Tempel entweiht („verwüstet“). Damit begann die große Bedrängniszeit für die treuen Heiligen in Israel.
In Dan 11, 31 lesen wir: „Da werden dann Truppen von ihm [entsandt] dastehen und das Heiligtum, die Burg, entweihen; das tägliche Opfer werden sie abschaffen und den Gräuel der Verwüstung aufstellen”. (Vgl. 12, 11.)
Antiochus ließ alle Tempelrituale verbieten. Das Verbot dauerte etwa dreieinhalb Jahre lang. Während dieser Zeit ließ er im Tempelheiligtum die gräuelhaften heidnischen Opfer für Zeus (Jupiter), den olympischen griechischen Hauptgott, darbringen. Auf dem Brandopferaltar ließ er „auf Flügeln von Gräueln“ (9, 27) frevlerisch eine ZeusStatue errichten. ZeusStatuen standen üblicherweise auf ausgebreiteten Adlerflügeln. (In der Antike war der Adler der Vogel des griechischen Göttervaters Zeus und ein Symbol für Macht und Sieg.)
Zurück: Antiochus drängte den Juden ein festes Bündnis auf (9, 27A). Es gab damals viele Juden, die mit dem Hellenismus sympathisierten und sich zum Abfall verleiten ließen. Sie waren für Antiochus leicht zu gewinnen. Wie die Erfüllung in der Makkabäerzeit zeigt, bestand jenes Bündnis in Versprechungen, die denjenigen Juden gegeben wurden, die zur Hellenisierung bereit waren.
Vgl. 1. Makkabäer 1, 11-13: “In jenen Tagen traten Leute in Israel auf, die sich gegen das Gesetz stellten, und sie überredeten viele, indem sie sagten: Wir wollen hingehen und mit den Völkern um uns herum ein Bündnis schließen, denn seitdem wir uns von ihnen absonderten, ist viel Unheil über uns gekommen. ... Die Rede fand Gefallen in ihren Augen. 13 Und einige aus dem Volk erklärten sich bereit und gingen zum König, und er gab ihnen die Erlaubnis, die Satzungen der Heiden einzuführen. ... 14 So erbauten sie z. B. ein Gymnasium (d. h. eine Turnschule] in Jerusalem nach heidnischem Brauch, 15 suchten die an ihnen vollzogene Beschneidung unkenntlich zu machen, fielen so vom heiligen Bunde ab, schlossen sich an die Heiden an und gaben sich dazu her, Böses zu tun. …“
Antiochus Epiphanes stellte die Insignien heidnischer Götzengräuel im Tempel auf und verbot die Darbringung jüdischer Opfer und generell die Ausübung der jüdischen Religion.
Die Verwüstung des Heiligtums bestand zum einen darin, dass er dem wahren Gott die Opfer „wegnahm” (8, 9-12): „Und aus dem einen von ihnen kam ein Horn hervor, ein kleines ‹und unbedeutendes›. Und es wurde übermäßig groß gegen Süden und gegen Osten und gegen die Zierde. 10 Und es wurde groß bis zum Heer des Himmels, und es warf von dem Heer und von den Sternen [etliche] zur Erde nieder und zertrat sie. 11 Selbst bis zu dem Fürsten des Heeres wurde es ‹und tat es› groß. Und es nahm ihm das beständige [Opfer] weg, und die Stätte seines Heiligtums wurde niedergeworfen. 12 Und ein Heer wird hingegeben werden samt dem beständigen [Opfer], wegen des Frevels. Und es wird die Wahrheit zu Boden werfen und in seinem Tun Gelingen haben.”
Zum anderen bestand die Verwüstung des Heiligtums in einem schrecklichen Vergießen von unschuldigem Blut (1. Makkabäer 1, 29-64): „Zwei Jahre später sandte der König einen Obersteuereinnehmer (er hieß Apollonius, vgl. 2. Makkabäer 5, 24) in die Städte von Juda. Der kam nach Jerusalem mit starker Heeresmacht, 30 ließ jedoch vor den Stadtbewohnern in hinterlistiger Weise friedliche Worte verlauten, so dass sie ihm Glauben schenkten. Plötzlich aber überfiel er die Stadt, richtete ein großes Blutbad in ihr an und brachte viele Israeliten im Lande um. 31 Dann ließ er die Stadt plündern und in Flammen aufgehen und ihre Häuser und die Mauern ringsum niederreißen. 32 Weiter führte man die Frauen und Kinder als Gefangene weg und bemächtigte sich des Viehs. 33 Sodann befestigte man die Davidstadt mit einer großen und starken Mauer und festen Türmen, damit sie ihnen als Burg diente. 34 In diese legten sie als Besatzung verbrecherisches Gesindel, nichtswürdige Leute, hinein, die sich darin festsetzten. 35 Auch schaffte man Waffen und Lebensmittel hinein und verwahrte daselbst die Beute, die man aus Jerusalem zusammengebracht hatte; so wurde die Burg zu einem schlimmen Unheil [eigtl.: Fallstrick] für die Stadt. 36 Ja, sie wurde zum Hinterhalt für das Heiligtum und zum schlimmen Widersacher für Israel allezeit. 37 Unschuldig Blut vergossen sie rings um das Heiligtum und entweihten dadurch das Heiligtum. 38 Darum flohen ihretwegen die Bewohner Jerusalems, und Ausländern diente die Stadt als Wohnsitz; den Eingeborenen wurde sie fremd, und ihre eigenen Kinder verließen sie. 39 Ihr Heiligtum ward öde wie die Wüste. Ihre Feste wandelten sich zu Trauertagen; ihre Sabbate wurden geschändet, und ihre Ehre ward zur Verachtung. 40 So groß wie einst ihr Ruhm ward nun ihre Schmach, und ihre Hoheit versank in Trauer. 41 Nunmehr ließ der König Antiochus in sein ganzes Reich eine Verfügung ausgehen, dass alle seine Untertanen ein einziges Volk bilden sollten 42 und jeder seine besonderen Gebräuche und Gesetze aufzugeben habe; und alle anderen Völker fügten sich dem Gebot des Königs. 43 Auch in Israel fanden viele Gefallen an der von ihm gebotenen Verehrung der Götter (d. h. an seiner Religionsausübung, an seinem Gottesdienst] und opferten den Götzen und entweihten den Sabbat. 44 Nun schickte der König durch Boten den schriftlichen Befehl nach Jerusalem und in die Städte Judas, man solle fortan die ausländischen Satzungen und Bräuche beobachten; 45 die Brand, Schlacht und Trankopfer sollten im Heiligtum in Wegfall kommen, Sabbate und Feste ungefeiert bleiben; 46 das Heiligtum und die Heiligen [o. Geweihten; gemeint sind wohl die Priester und Leviten o. alle Gesetzestreuen] solle man verunreinigen, 47 Altäre, heilige Haine und Götzentempel errichten dürfen, Schweine und andere unreine Tiere schlachten (d. h. opfern); 48 ihre Söhne sollten sie unbeschnitten lassen und ihr Gewissen mit jeder Art von unreinen und gräuelhaften Dingen beflecken, 49 so dass sie das (mosaische) Gesetz vergäßen und alle heiligen Ordnungen abschafften; 50 und wer dem Gebote des Königs nicht Folge leiste, der solle den Tod erleiden. 51 Alle diese Bestimmungen waren in der Verordnung enthalten, die er an sein ganzes Reich ergehen ließ. Dazu setzte er Aufseher über das ganze [jüdische] Volk und gebot den Städten Judas, Opfer in allen einzelnen Ortschaften darzubringen. 52 Und viele aus dem Volke schlossen sich ihnen (d. h. den heidnischen Aufsehern) an, nämlich alle, die vom Gesetz treulos abfielen und nun Böses im Lande verübten 53 und die Israeliten dazu nötigten, in Verstecken, in Schlupfwinkeln jeder Art, eine Zuflucht zu suchen. 54 Am 15. Tage des Monats Kislev [Dezember] im Jahre 145 [168 v. Chronik ] stellten sie einen Gräuel der Verwüstung auf den Brandopferaltar und erbauten Altäre in den Ortschaften Judas ringsumher. 55 Sie brachten vor den Haustüren und auf den Straßen Rauchopfer dar, 56 und die Gesetzbücher, die sie fanden, zerrissen und verbrannten sie; 57 und wenn bei jemandem ein Bundesbuch gefunden wurde und wenn jemand dem mosaischen Gesetz treu bleiben wollte, so überlieferte ihn der Erlass des Königs dem Tode. 58 So verfuhren sie in ihrer Gewalttätigkeit Monat für Monat mit den Israeliten, die sie in den Ortschaften betrafen. 59 Am 25. Tage des Monats [Kislev] aber opferten sie auf dem Altar, der auf dem Brandopferaltar stand, 60 und ließen die Frauen, die ihre Kinder hatten beschneiden lassen, der königlichen Verordnung gemäß hinrichten, 61 wobei sie ihnen die Kinder an den Hals hängten. Auch ihre Familien und die, welche die Beschneidung vollzogen hatten, töteten sie. 62 Indes zeigten sich viele Israeliten standhaft und fassten den festen Entschluss, unreine Speisen nicht zu genießen; 63 sie wollten lieber sterben, um sich durch Speisen nicht zu verunreinigen und den heiligen Bund nicht zu brechen; daher erlitten sie den Tod. 64 So lag denn ein schlimmes Zorngericht Gottes überaus schwer auf Israel.”
Antiochus war zuerst ein Mensch der Sünde, dann ein Sohn des Verderbens, d. h., einer, der zu verderben war, ein „zu Verwüstender”, also einer, der von Gottes wegen gerichtet werden musste. (Nb: Als der Apostel Paulus 2. Thessalonischer 2, 3.4 schrieb, nahm er auf diesen „Menschen der Sünde” Bezug. Vgl. in 2, 4 die Anspielungen auf Dan 11, 36.37.)
Das Drama schließt – wie in K. 7, 8 und 11 – mit dem Ende des Antiochus (9, 27E). Der „zu Verwüstende” wird verwüstet.
Vgl. 7, 26: „Und das Gericht wird sich setzen; und man wird seine Herrschaft wegnehmen, um sie endgültig zu vernichten und zu zerstören.”
8, 25: „Und infolge seiner Klugheit wird ihm allerhand Trug, den er im Schilde führt, gelingen. Und er wird in seinem Herzen groß tun und unversehens viele verderben. Und gegen den Fürsten der Fürsten wird er aufstehen. Aber ohne [Menschen]hand wird er zerschmettert werden.”
11, 45: „Und er wird sein Palastgezelt aufschlagen zwischen dem Meer und dem Bergland heiliger Zierde. Und er wird zu seinem Ende kommen. Und es wird keiner [sein], der ihm helfe.” (Vgl. die Ausführungen in Nr. 92.)
(Anmerkung: Hilfreich – allerdings nur in Bezug auf die Zählung der Wochen! – fanden wir den Kommentar von John E. Goldingay, Word Biblical Commentary, Bd 30, Daniel, 1987. Hilfreich zum Verständnis des gesamten Danielbuches fanden wir den Kommentar von Moses Stuart, Commentary on the Book of Daniel, 1850.)
Der Text gibt keine Berechtigung, die Zeitspanne der siebzig Wochen nicht als lückenlos aufzufassen. So wie die 70 Exiljahre (Jeremia 25, 11 und 29, 10) als ununterbrochene Zeit zu verstehen sind, gehören auch diese siebzig Wochen zusammen.
Der Engel spricht von einer fortlaufenden ununterbrochenen Zeit von 70 Siebenheiten („Wochen“).
Was ist mit den „Wochen” gemeint?
Nicht Wochen von undefinierter Länge, sondern Sabbatjahrwochen. Die siebzig „Wochen“ stehen in einem Verhältnis zu den siebzig „Jahren“ (Dan 9, 2), von denen Daniel in Jeremia 25, 11 und 29, 10 gelesen hatte.
Gemeint ist nicht, dass die ersten Leser der Danielprophetien die genaue Zeit berechnen sollten. Das stünde im Gegensatz zur Art biblischer Prophetie.
Allein der Ausdruck „siebzig mal sieben” sollte zu denken geben. Damit wird eine große Fülle ausgedrückt.
. Siebzigmal sieben Mal soll man vergeben (Matthäus 18, 22).
. Siebzigmal sieben Mal soll Lamech gerächt werden (1. Mose 4, 24 gemäß der griech. Übersetzung).
Die 70 erscheint an diesen Stellen als Zahl der Fülle. So ist es im Grunde auch in Dan 9. Nicht „70 Jahre“ (babylonische Gefangenschaft) braucht es für Stadt und Heiligtum, um wiederhergestellt zu werden, sondern die volle Zahl von „siebzig mal sieben” Jahren. Das Strafmaß soll also siebenfach größer sein.
Schon im Gesetz Moses hatte Gott dem Volk vorausgesagt, dass er es wegen seiner Sünden „siebenfach” mehr züchtigen werde.
1. Mose 26, 21: „Wenn ihr mir widersteht und mir nicht gehorchen wollt, so werde ich euch siebenmal mehr schlagen, nach euren Sünden 24 so werde auch ich euch widerstehen, und ich werde euch siebenfach schlagen wegen eurer Sünden… 28 ...und werde euch siebenfach züchtigen wegen eurer Sünden.”
Die bereits hinter ihnen liegende Strafe von 70 bedrängnisreichen Jahren sollte siebenfach verlängert werden, ehe die endgültige und ewige Wiederherstellung der Stadt und des Heiligtums kommen werde. D. h., aus den „70 Jahren“ sollten „siebzig Wochen [von Jahren]“ werden.
Wie nun soll man zählen?
Die 70 Jahre der babylonischen Gefangenschaft (2Chr 30, 21; Jeremia 25, 11.12; 29, 10; Sacharja 1, 12; 7, 5) waren nicht 70, sondern 66 bzw. 67. Die 70 ist eine Zahl mit Symbolwert und wird bewusst verwendet. Es muss uns nicht überraschen, wenn die tatsächliche Anzahl der Jahre davon abweicht. Ebenso ist es mit den 70 „Wochen“.
Der erste Abschnitt zählt vom Ausgehen des Wortes Gottes an Jeremia bis zu jenem Gesalbten, dem Fürsten (538 v. Chr.).
(Nb: Man könnte einwenden, dass doch auch andere Propheten von der herrlichen Wiederherstellung Jerusalem geweissagt hatten, z. B. Jesaja 45, 1.2. Das ist richtig, aber im Zusammenhang des Danielbuches geht es um die Weissagungen des Jeremia, Dan 9, 2.)
Diese „sieben Wochen“ betreffen die Zeit, in der noch nicht gebaut wurde. Da unsicher ist, wann genau das Wort Gottes an Jeremia erging (es ergingen ja mehrere entsprechende Worte von der Wiedererbauung Jerusalems an ihn, und zwar in den Jahren 605, 597 und 587 v. Chr., vor allem in Jeremia 23-25 und 29-35) kann man keinen eindeutigen Zeitpunkt angeben. Es können dies (von 605/597/587 v. Chr. an) je nachdem 49 oder 59 oder 67 Jahre gewesen sein. Die ersten „sieben Wochen“ sind also nicht notwendiger Weise als 49 Jahre zu zählen.
Der zweite Abschnitt (62 Wochen, also 434 Jahre, wenn mathematisch gerechnet) geht von Baubeginn an (538 v. Chr.) bis ins Jahr der Ermordung des Hohen Priesters Onias III. (sehr wahrscheinlich im Jahr 171 v. Chr.). Das sind 367 Jahre (67 weniger als 434). Auch die 62 Wochen werden also nicht mathematisch gerechnet.
Der dritte Abschnitt ist die siebzigste Woche. Sie geht von etwa 171 bis Ende Dez. 165 v. Chr. (Wiedereinweihung des Tempels) bzw. bis etwa Febr. 164 v. Chr. (Tod des Antiochus). Wie lange diese Zeit genau dauert, hat Gott selbst angegeben (Dan 8, 14): 2300 „AbendMorgen“. Diese Zahl – eine genaue Angabe – ist etwas weniger als 6, 4 Jahre. Wenn man die jüdischen Schaltmonate mit einberechnet, die etwa alle 3 Jahre eingefügt wurden, sind es 6 Jahre, 2 Monate und 20 Tage. (Nb: Ein „AbendMorgen“ ist ein Tag. Vgl. den Ausdruck mit dem griech. Begriff für „NachtTag“ in 2. Korinther 11, 25.) Das bedeutet, dass auch die letzte Jahrwoche (7 Jahre) nicht genau gezählt wird! Keiner der drei Abschnitte wird genau gezählt.
(Nb: Die „zweite Hälft2e von jenen 2300 Tagen sind exakt die 1290 Tage von 12, 11. Das bedeutet, dass die Entweihung des Tempels – am 15. Dez. 168 v. Chr. – nicht genau in der Mitte jener 2300 Tage geschah. Also auch der Ausdruck „zur Hälfte der Woche“ von Dan 9, 27 ist nicht arithmetisch zu verstehen. Nur die letzte Halbwoche wird genau gezählt!)
Goldingay schreibt: „Die Zahl 490 ist nicht eine arithmetische Rechnung, die gepresst werden muss; es sollte nicht eine chronologische Information weitergegeben werden. Die Zahl ergibt sich aus zwei symbolischen Zahlen: die 70 Jahre (die Zeit eines Lebens) von Jeremia 25, 11 und 29, 10 einerseits, und die siebenfache Züchtigung von 1. Mose 26, 28 andererseits. Das Ergebnis ist eine doppelte symbolische Zahl.” Sie erstreckt sich vom Beginn der Züchtigung (von der Verwüstung Jerusalems) an (605/597/587 v. Chr.) bis zum Ende jenes „Fürsten”, der Jerusalem und das Heiligtum das zweite Mal verwüstete (164 v. Chr.).
Hinzu kommt: Bekanntlich galten bei den Juden die erste und die letzte einer Mehrzahl von Einheiten als volle, auch wenn sie nur im Bruchteil vorhanden waren. Jesus sollte 3 Tage und 3 Nächte im Grabe sein. Die erste TagundNachtEinheit dürfte jedoch keine Stunde lang gewesen sein. D. h., Jahrwochen dürfen also ohnehin nicht ohne weiteres in Jahre umgerechnet werden.
Wir wiederholen:
7 Wochen (Kein Bauen): 605/597/587 - 538 = 67/59/49 Jahre statt 49
62 Wochen: (538-171 v. Chr. = 367 Jahre statt 434
1 „Woche“: Bedrängnis des Gottesvolkes unter Antiochus IV.:
Herbst 171 - Febr 164 = 6, 4 Jahre (2300 Tage, Dan 8, 14) statt 7
Mitte der Woche: Wegnahme der Opfer (3½ Jahre Bedrängnis Dan 7, 25 = 12, 11 = 1290 Tage = die 2. Hälfte der „Woche“)
Aufstellen der Gräuel-Statue: 15.Dez 168- 25.Dez 165 = 1090 Tage (also 200 Tage Differenz zwischen Aufhören der Opfer und Aufstellen der Gräuelstatue in der „Mitte“ der Woche)
Die 70. Jahrwoche (2300 Tage) ist nicht exakt geteilt: 1010 + 1290 T.
→ Keiner der 3 Abschnitte wird mathematisch genau gezählt!
Das vierte Reich in Dan 2 ist das Seleukidenreich (in Verbindung mit dem Ptolemäerreich).
Das vierte Reich in Dan 7 ist das Seleukidenreich.
Das „kleine Horn”, das die Heiligen verfolgt, ist der seleukidische König Antiochus IV.
Das kleine Horn in Dan 8 ist Antiochus.
Der „König des Nordens” von Dan 11, 31, der das Heiligtum entweiht und verwüstet, ist Antiochus.
Derselbe König wird in 11, 40ff beschrieben.
In Dan 12, 1.2.7.11 geht es um jene Bedrängnis unter Antiochus.
Wenn die Prophetien von K. 2, 7, 8, 11 und 12 auf Antiochus gehen, ist es naheliegend, dass auch die Weissagung von Dan 9 auf ihn hin zielt.
Die große Krise, um die es im gesamten Buch geht, ist die aus dem 2. Jahrhundert. Sie entstand durch Antiochus’ Kampf gegen das treue Gottesvolk und gegen das Judentum. Gott ließ sie zur Züchtigung seines Volkes zu. Antiochus’ Ziel war, ein griechisches Reformjudentum einzuführen. Er war jener große Feind, der sich viel schlimmer als Nebukadnezar (Dan 1, 1.2) und Belsazer (K. 5) an den Tempelgeräten – und am Tempel selbst – vergriff.
Daniel selbst rechnet den Beginn der Verwüstung bzw. Entweihung des Tempels und den Beginn des babylonischen Exils von 605 v. Chr. an (1, 1.2). Die Zeit der siebzig Wochen ist also die Zeit zwischen den beiden Verwüstungen Jerusalems und dem SichVergreifen an den Tempelgeräten: auf der einen Seite durch Nebukadnezar (605/597/587, Dan 1, 1.2), auf der anderen durch Antiochus (168-164 v. Chr.; Dan 8, 10-14; 1. Makkabäer 1, 21-23). Die siebzig Wochen gehen von 605/597/587 bis 164 v. Chr. sind aber nicht arithmetisch zu zählen.
Die ersten sieben Wochen betreffen die Zeit der ersten Verwüstung des Tempels und der Stadt und gehen bis zum Erscheinen eines Gesalbten, eines Fürsten, anlässlich des Beginns der Wiederherstellung der ersten Verwüstung (538 v. Chr.) und des Baubeginns des neuen Tempels (Esr 3, 8).
Die letzte Woche betrifft die Zeit der zweiten Verwüstung und beginnt mit der Tötung des Gesalbten (Onias III, 171 v. Chr.) und geht bis zur Wiedereinweihung des Tempels (25. Dez. 165) bzw. bis zum Tod des Antiochus (ca. Febr. 164).
Die völlige Wiederherstellung, von der 9, 24 spricht, ist nicht im Jahr 164 v. Chr. erreicht. In V. 24 wird eine vollkommene Wiederherstellung geweissagt, verbunden mit ewiger Gerechtigkeit und einem „gesalbten“ Heiligtum. Das genau war es, was auch Jeremia und Hesekiel (Hesekiel 40-48; 37, 26-28) vorausgesagt hatten.
Es verhält sich in Dan 9 gleich wie in den Weissagungen in den K. 2, 7 und 11-12: Nach der Vernichtung des großen Feindes kommt das Gottesreich. Wir haben es auch hier mit jener zeitlichen Verkürzung zu tun, die für die alttestamentliche Prophetie typisch ist. Das heißt, in der prophetischen Darstellung folgt die Vollendung unmittelbar auf die siebzigste Woche.
Wie viel Zeit nach Ablauf der siebzig Wochen tatsächlich verstreicht, wird nicht geoffenbart.
Der Engel sagte in V. 24 lediglich voraus, dass siebzig Wochen über das Volk und die Stadt „bestimmt“ seien, um das Ziel zu erreichen, d. h., dass die siebzig Wochen verstreichen müssen, ehe der Zielpunkt, die Vollendung, erreicht ist. Die Wochen, einschließlich der siebzigsten, beziehen sich auf Dinge, die vor der Vollendung der Heilsgeschichte Israels geschehen sollten. In K. 2 und 7 und 11 wird geweissagt, dass das vollendete Gottesreich (einschließlich der Auferstehung der Toten) unmittelbar auf Antiochus – und jenes vierte Königreich von Dan 2 – folgen sollte. Das ist für die biblische Prophetie typisch: Die Vollendung wird in perspektivischer Verkürzung dargestellt.
„Wenn ihr also den Gräuel der Verwüstung (den Verwüstungsgräuel), von dem durch Daniel, den Propheten, geredet wurde, an heiliger Stätte werdet hingestellt sehen – der Lesende bedenke es! –, 16 dann sollen die, die in Judäa sind, auf die Berge fliehen. 17 Der, der auf dem Dach ist, steige nicht hinab, etwas aus dem Haus zu holen. 18 Und der, der auf dem Feld ist, kehre nicht um, seine Oberkleider zu holen. 19 Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen! 20 Aber betet, dass eure Flucht nicht im Winter geschehe noch am Sabbat; 21 denn es wird dann große Bedrängnis sein, eine solche, die seit Anfang der Welt bis jetzt nicht geschehen ist, auch keinesfalls geschehen wird.“ (Matthäus 24, 15-21) So der (inspirierte) Bericht des Matthäus über die Rede Jesu am Ölberg.
Der (inspirierte) Bericht des Lukas über dieselbe Rede lautet: “Wenn ihr aber Jerusalem von Heerestruppen umringt seht, dann habt Kenntnis, dass ihre Verwüstung nahegekommen ist. 21 Dann sollen die in Judäa in Richtung der Berge fliehen und die in ihrer Mitte daraus entweichen, und die auf dem Lande sollen nicht in sie hineingehen, 22 weil das Tage der Vergeltung sind, damit erfüllt werde alles, was geschrieben ist. 23 Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen, denn es wird große Not sein im Lande und Zorn in diesem Volk.“ (Lukas 21, 20-23).
Es ist dieselbe Rede, derselbe Abschnitt der Rede. Die beiden Berichte ergänzen einander. Die Parallele zeigt, dass der Gräuel der Verwüstung sich auf die fremden Heere bezieht, die die heilige Stadt umringen sollten. Auf welchen Heeresaufmarsch (Römer, Idumäer; vgl. Josephus Flavius, Der jüdische Krieg) und auf welche der Belagerungen sich die Stelle bezieht, ist nicht ganz klar, jedenfalls ist nicht die Belagerung durch Titus im Jahr 70 gemeint; wahrscheinlich aber die Belagerung durch Cestius Gallius etwa im Nov. 67 n. Chr.
Sicher ist, dass der Gräuel der Verwüstung eine Parallele zu Dan 11, 31 und 12, 11 ist. (Auch 8, 11-13 und 9, 27 gehören sachlich dazu, obwohl im hebr. Text nicht derselbe Wortlaut steht; vgl. die Elberfelder-Übersetzung.)
Der Herr Jesus Christus konnte nicht gemeint haben, dass sich anlässlich der Drangsal im Zusammenhang mit der Tempelzerstörung (Matthäus 24) die antiochenische Verwüstung erfüllen würde. Auch sprach er nicht von “Erfüllung“, sondern er wies darauf hin, dass der Verwüstungsgräuel, der damals unter Antiochus stattfand, wiederum stattfinden würde. Offensichtlich sollte sich für Jerusalem und Judäa eine ähnliche Drangsal ereignen wie unter Antiochus. Sobald die Jünger Jesu den verwüstenden Gräuel, von dem Daniel in Bezug auf Antiochus geredet hatte, an heiligem Orte stehen sehen würden, sollten sie dieses als Signal für sofortige Flucht erkennen. Das bedeutete für die Jünger, dass in Jerusalem und Umgebung eine parallele Situation wie damals kommen sollte. So, wie Antiochus den Verwüstungsgräuel (damals in Form einer Götzenstatue, die den Tempel entweihte) aufrichtete, so sollte der „Verwüstungsgräuel“ nun abermals aufgerichtet werden, und zwar in naher Zukunft (Matthäus 24, 34).
Man würde die Worte des Herrn überspannen, würde man eine buchstäbliche Errichtung einer Götzenstatue erwarten. Nein, es geht nicht um exakte Wiederholung der Ereignisse, sondern um die Entweihung des „heiligen Ortes“ (der Stadt oder des Tempelbezirkes). Der Greuel (die Greuelhaftigkeit) soll sich wiederholen, nicht die exakte Begebenheit.
Der Herr weissagte, die Geschichte sollte sich wiederholen – allerdings mit einem wichtigen Unterschied: Die Bedrängnis Jerusalems und Judäas sollten diesmal viel schlimmer werden, schlimmer als je zuvor und je danach (Matthäus 24, 21).
Wie wurden diese Verse sonst noch in der Geschichte der Gemeinde Jesu interpretiert.
(Zur Geschichte der Auslegung der siebzig Wochen siehe auch Moses Stuart, Commentary on the Book of Daniel, Boston 1850)
Aus „ein Gesalbter, ein Fürst” wird „der Messias, der Fürst” gemacht (V. 25), obwohl das Hebräer keinen Artikel vor „Gesalbter” hat. Das Ausrotten eines Gesalbten (V. 26) wird auf die Tötung des Messias Jesus bezogen.
Um bei beiden „Gesalbten“ auf dieselbe Person zu kommen, werden die 7 und die 62 Wochen zu 69 zusammengefasst, obwohl im Text die beiden Abschnitte getrennt werden und der Satz in V. 26 mit „Und nach den 62 Wochen” weitergeht.
Sprachliche Argumente, sowie die historische Erfüllung und die Analogie im Buch selbst sprechen gegen die messianische Deutung.
Ebenso sprechen folgende Punkte gegen die messianische Deutung:
. Spätestens dreieinhalb 3, 5 Jahre nach dem Tod Christi (also im Jahr 33 oder 34 n. Chr.) hätte das Opfern im Tempel aufhören müssen. Begründung: Der Gesalbte wird nach den 62 Wochen, aber vor der letzten Woche, die sich an die 62. anschließt, ausgerottet (d. h.: getötet; das wäre in dem Fall die Kreuzigung Jesu, 30 n. Chr.). Gemäß V. 27 („Und eine halbe Woche lang wird er ruhen machen Opfer und Gabe.”) wird „in der Mitte der Woche“, also dreieinhalb Jahre nach der Kreuzigung, Opfer und Gabe aufhören. Das ist aber nicht geschehen.
. Jerusalem hätte bis zum Jahr 37 n. Chr. zerstört werden müssen, denn nach 9, 26 und 27 fällt das Verderben der Stadt und des Heiligtums in die letzte Woche, die sich an die 62. Woche anschließt, also in die sieben Jahre nach der Kreuzigung Jesu. Auch das ist nicht geschehen.
. Mit dem Tod Christi müsste es sein, dass das Volk dann keinen „Gesalbten“ mehr hatte; denn in V. 26 heißt es, dass nach den 62 Wochen ein Gesalbter ausgerottet wird, und „es wird keiner für es sein“. D. h., mit der Kreuzigung des Gesalbten, hätte es (das Volk) dann keinen Gesalbten (o. Priester o. König) mehr. Das war aber nicht der Fall. Im Gegenteil, bei der Himmelfahrt erhielt das Volk einen gesalbten Hohen Priester (Psalm 110, 4) und gesalbten König (Psalm 110, 1; Apostelgeschichte 2, 36).
Will man aber die Worte we een lo übersetzen mit „und er wird nichts haben“ (Elberfelder) oder „und ihm wird nichts sein“, so trifft dies ebenfalls nicht zu, denn mit der Kreuzigung und Auferstehung des Gesalbten, hatte er alles, das Königtum, das Hohepriestertum, den Status des Erstgeborenen, das neue Gottesvolk.
. Weiter, wäre Dan 9 auf den Messias Jesus bezogen, so wäre unbedingt im Neuen Testament ein Bezug auf diese so wichtige Stelle über den Tod des Messias zu erwarten. Es wäre dann die Stelle Dan 9 wohl annähernd so bedeutend wie Psalm 110, Psalm 22 oder Jesaja 53. Auf Psalm 110 wird im NT sehr oft Bezug genommen, auf Psalm 22 einige Male und auf Jesaja 53 mindestens dreimal, auf Dan 9 aber nie! Dieses Schweigen ist auffallend.
Auch ist, wie oben bemerkt, Matthäus 24, 15 kein Grund zur Annahme, dass Dan 9 von der Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. handeln sollte. Der Herr gab in der Ölbergrede nicht zu verstehen, dass das Aufstellen des Ekels (Gräuels), der verwüstet, eine direkte Erfüllung einer Daniel-Stelle sei. Vielmehr handelt es sich um eine Anspielung, und der Herr machte die Jünger auf die parallele Situation der Antiochus-Bedrängnis und des damit verbundenen Ekels (Gräuels) aufmerksam. Der Herr wollte klarmachen: Geschichte wiederholt sich, diesmal aber wird es schlimmer.
Gemäß V. 26 muss der Gesalbte am Ende (unmittelbar nach Ablauf) der 62 Wochen ausgerottet werden. Die 62 Wochen (434 Jahre) müssten also bis 30 n. Chr. reichen. Gemäß V. 26E und V. 27 wird der Fürst, der Stadt und Heiligtum verdirbt, am Ende der siebzigsten Woche verwüstet. Aber der römische Feldherr Titus, der Jerusalem dem Erdboden gleich machte, wurde 70 n. Chr. nicht verwüstet.
. Entsprechend V. 26.27 müsste sich die siebzigste Woche direkt an die 69. anschließen. Nach der messianischen Deutung wird die siebzigste Woche in die ferne Zukunft verlegt. Auf diese Weise entsteht eine prophetische Lücke von möglicherweise über 2000 Jahren, von der aber im Text in Dan 9 nichts zu finden ist.
Entsprechend V. 24 gehen die siebzig Wochen dem Kommen der verheißenen neuen Heilszeit Israels voraus, denn die Segnungen (V. 24) kommen erst nach Ablauf der siebzigsten Woche. Diese Segnungen können erst eintreten mit dem Kommen des Messias – ohne einer Unterscheidung zwischen einem ersten und einem zweiten Kommen, denn das AT unterscheidet nicht die zwei Kommen des Messias). Vgl. Dan 2, 44 und 7, 26. Was in V. 24 verheißen ist, wird erst mit Christi Kommen erreicht. Die Erfüllung der Weissagungen vom neuen Bund, neuen David, neuen Königreich kommt erst nach den siebzig Wochen, nicht zwischen der 69. und der 70. Woche.
. Zuletzt, es ist zu bedenken, dass keine Prophetie sonst den Tod des Messias voraussagt, aber fast alle sonstigen Prophetien im Danielbuch (K. 7, 8, 11, 12) von Antiochus handeln.
Wieseler schreibt dazu:
Antiochus does not indeed appear in a special manner, in chap. ii. But he is virtually there, in the crushing power of the fourth dynasty. His fall is involved in that of the dynasty, 2:44. In 7: 7.11.19.26, Antiochus specifically appears, in all his cruelty and blasphemy. In 8: 9-12, 23-25, he is still more graphically described, and as possessing the same characteristics. Chap. 11: 21-45 is even a kind of historical narration of him, which is particular beyond any example in all the Scriptures. His doings and his end are of the same character here as before. If language has any definite meaning, the identification of the same tyrant in all these prophecies and visions, is altogether certain. How comes it now, that all these prophecies should be uniform as to this trait, and the present one (in chap, ix.) be discrepant from all the rest? If the exclusively Messianic interpreters are in the right, then Antiochus is not at all the subject of the prediction in 9: 25-27. But if analogy has any force, it is quite plain that we might expect to find him there. That he is to be found there, we have seen, if any credit is to be given in this matter to historical facts and dates. It is utterly improbable that such a concurrence could exist between prediction and events and persons, unless there had been some actually designed and foreseen coincidence, i. e. unless the one were prediction and the other fulfilment
If one now will patiently go through with a comparison of the expressions and events in the prophecy before us, he will be forced to feel that there is a similarity very striking, which scarcely leaves any room for doubt. Compare the cutting off of the high priest in 9:26 and 11:22; the marring of the city and sanctuary in 9:26, and in 11:31, also in 8:24 ; the final end of Antiochus in 9:26 and 8:25 ; the covenanting with many in 9:27, and 11:23.30; and the removing of sacrifice and oblation in 9: 27, and in 8: 12; 11:31. 12: 11. ... the 1290 and 1335 days of 12: 11.12, in respect to the abolishing of sacrifice and oblation, are to be compared (with the like allowance) with the half-week (= three and a half years) of 9: 27, with which must also be joined 12: 7. When all this is done, compare the
Die 7 und die 62 Wochen werden zu 69 zusammengefasst, obwohl im Text die beiden Abschnitte getrennt werden und der Satz in V. 26 mit „Und nach den 62 Wochen” weitergeht. Als Anfangspunkt der Zählung der Wochen wird das Jahr 444 v. Chr. genommen, das Jahr in dem Artaxerxes Nehemia die Erlaubnis zur Vollendung des Mauerbaus gab. Und, um auf die rechte Zeit zu kommen, werden die 69mal 7 Jahre zu je 360 Tagen gerechnet und dann in 365-Tages-Jahre umgerechnet, sodass man insgesamt weniger als die (69 x 7 =) 483 Jahre erhält, um auf das Kreuzigungsjahr Jesu zu kommen.
Folgende fünf Punkte sprechen gegen diese Interpretation:
A. Man müsste statt 483 Jahre 476 Jahre zählen und im Jahr 444 beginnen. Dabei müsste man man die so gen. „prophetischen Jahre“ (a 360 Tagen) in „Sonnenjahre“ (a 365 Tagen) umrechnen (ein Vorschlag von Sirach Robert Anderson in seinem Werk „The coming Prince“): 360mal 483 Jahre geteilt durch 365, also 173880 Tage geteilt durch 365, 25, das ergibt 476 Jahre; daher: 444 v. Chr. plus 476 Jahre bringt in das Jahr 32 n. Chr.
Die Juden rechneten aber nie mit Jahren zu je 360 Tagen (zwölf Monate zu je 30 Tagen), sondern man rechnete in Mond-Monaten zu je 29, 5 Tagen und rechnete laufend von Mondjahren in Sonnenjahre um. Um vom Mondjahr (354, 4 Tage; eine Mondperiode: 29, 5 Tage) zum Sonnenjahr (365, 24 Tage; Differenz gegenüber dem Mondjahr: ca. 11 Tage) zu gelangen, schoben sie daher alle zwei bis drei Jahre einen Schaltmonat (namens „We-Adar“; also gleichsam einen „zusätzlichen Dezember“) ein, genaugenommen waren es alle 19 Jahre sieben Schaltmonate. Bei allen Jahresangaben in der Bibel werden die Jahre bereits mit Zusatzmonat gezählt bzw. gerechnet! Man rechnete zwar die Monate in Mond-Monaten, die Jahre aber immer in Sonnenjahren. So zählte man z. B. die 49 Jahre bis zum nächsten „Jobeljahr“ in Sonnenjahre, es waren also die 17 (bzw. 18) Schaltmonate bereits mit einberechnet, ebenso waren in den 430 Jahren von 2. Mose 12, 41 die Schaltmonate einberechnet. Das galt für sämtliche Zeitangaben. Würde man nun die „prophetischen Jahre“ in Sonnenjahre umrechnen wollen, so würde man die Schaltmonate doppelt zählen.
B) Es ist inzwischen geklärt: Unser Herr, Jesus Christus, starb nicht im Jahr 32 n. Chr., sondern im Jahr 30 n. Chr.
Jesus war 30 Jahre alt, als er seinen dreijährigen Dienst begann; Lukas, der genaue Historiker, sagt in 3, 23 zwar „ungefähr 30”, meint damit aber nicht 29 oder 31, sondern 30 – ohne die Monate anzugeben. Auch bei der Jairustochter sagte er „ungefähr zwölf” (Lukas 8, 42), obwohl sie exakt zwölf war (Markus 5, 42), wiederum ohne Monatsangabe, also nicht elf und nicht dreizehn. Und die Witwe („etwa 84”, Lukas 2, 37) war genau 84 (ohne Monatsangabe), nicht 83 oder 85; die „Stunde” von 23, 44 war die sechste, nicht die fünfte oder siebte; der Engel von Apostelgeschichte 10, 3 kam in der neunten Stunde, nicht in der zehnten oder achten; und Gott ertrug die Israeliten vierzig Jahre, nicht 39 oder 41 (Apostelgeschichte 13, 18).
Jesus Christus wurde vor dem Jahr 4 v. Chr., dem Tod des Herodes, geboren (Matthäus 2), also im Jahr 5 oder 6 v. Chr. Folglich war das Jahr zu Beginn seines öffentlichen Auftretens das Jahr 25 oder 26 (wahrscheinlich Herbst). Sein Dienst dauerte dreieinhalb Jahre. (Vgl. die Berichte im Joh-Evangelium mit denen des Mk-Evangeliums.) Folglich starb der Herr entweder im Jahr 29 (was allerdings eher unwahrscheinlich ist) oder im Jahr 30, aber nicht im Jahr 32.
C) Das Jahr 444 v. Chr. (Nehemia 2; das Jahr der Abreise des Nehemia nach Jerusalem) ist nicht das Jahr des „Ausgehens des Wortes, Jerusalem zu bauen“, sondern 444 erhielt Nehemia lediglich vom Königs Arthasasta die Erlaubnis, nach Jerusalem zu reisen um die Mauer zu bauen (Nehemia 2, 7-9). Zur Zeit von Nehemia, hatte die Wiederherstellung der Stadt längst begonnen. Die Leute wohnten im Jahr 444 v. Chr. schon über 80 Jahre lang in „getäfelten Häusern“ (Haggai 1; 520 v. Chr.
D) Man muss, um die Theorie zu halten, eine lange Lücke einschieben. Das ist gegen den Text, der von einer einzigen Zeitspanne, nämlich siebzig mal sieben Wochen, spricht. Die siebzig Jahre Verbannung in Babylon, die ebenfalls ohne Lücken waren, wurden versiebenfacht, natürlich ebenfalls ohne Lücken.
E) Die Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.) fiele in eben jene erfundene die „Lücke“ (die Lücke zwischen der Kreuzigung Jesu und dem abermaligen Kommen des Gesalbten). Die Zerstörung Jerusalems dürfte – nach dieser Theorie – nicht erwähnt sein, denn alles, was in der Lücke ist, wird nicht geschaut, weil nach jener Theorie die Lückenzeit identisch ist mit der so gen „Zeit der Gemeinde“.
Als Ausgangspunkt wird gerne das Jahr 457 (die Rückkehr Esras) genommen, was allerdings unhaltbar ist. Denn das Wort, Jerusalem zu bauen und wiederherzustellen, erging nicht 457 v. Chr..
Das Aufhören der Opfer in der Mitte der letzten Woche wird auf die Zeit der Kreuzigung Christi bezogen. Gott habe ab 30 n. Chr. die jüdischen Opfer nicht mehr anerkannt; in diesem Sinne „hörten sie auf“ bzw. Gott bereitete gleichsam dem Opfern ein Ende.
Diese Deutung ist rein sprachlich schwierig, da das Subjekt von „er wird aufhören machen“ von V. 26 her der Fürst ist, nicht Gott. Manche wollen den „Gesalbten“, der ausgerottet wird, zum Subjekt machen (9, 27: Und stark machen wird er [den/einen] Bund den Vielen … Und zur Hälfte der Woche wird er ruhen machen Opfer und Gabe.). Also der getötete Gesalbte, hätte den jüdischen Speisopfern und Schlachtopfern ein Ende bereitet.
Diese Deutung steht im Widerspruch zu 11, 31 und 12, 11. Das Abschaffen der beständigen Opfer (11, 31) geschieht nicht durch den Messias, sondern durch Antiochus, und es geschieht im Zusammenhang mit dem Aufstellen des verwüstenden Gräuels:
Da 8, 11: „Und es (d. i.: das kleine Horn) nahm ihm (d. i.: Gott) das beständige Opfer weg. Und die Stätte seines Heiligtums wurde niedergeworfen.“
Dan 11, 31: Und Streitkräfte von ihm werden dastehen. Und sie werden das Heiligtum, die Bergfeste, entweihen, und werden das beständige Opfer abschaffen und den verwüstenden Gräuel aufstellen.”
Ebenso 12, 11: „Und von der Zeit an, da das beständige Opfer weggenommen wird, und zwar um den verwüstenden Gräuel aufzustellen, sind es 1290 Tage.“
Zudem ist diese Deutung unzulässig, wegen der Einführung einer Lücke innerhalb der letzten Woche.
Zudem sagt der Text nicht, dass der Gesalbte in der Mitte der Woche ausgerottet wird, sondern „nach den 62 Wochen“, also mit Ablauf derselben.
Zudem fiele die Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.) in die Zeit der „Lücke“. Wie könnte sie dann überhaupt berichtet werden?
Man nimmt an, die letzte Woche beginne mit dem öffentlichen Auftreten Jesu. In der Mitte der letzten Woche wurde Jesus Christus gekreuzigt (30 n. Chr.), und die letzte Woche endet ca. 34 n. Chr.
Gegen diese Deutung spricht:
Der Text sagt nicht, dass der Gesalbte in der Mitte der letzten Woche ausgerottet wurde, sondern sondern „nach den 62 Wochen“, also mit Ablauf derselben.
. Im Jahr 34 n. Chr. ergoss sich keine Verwüstung über den Verwüster (9, 27E).
. Hingegen sagt der Text, dass die Stadt Jerusalem während der siebzigsten Woche verwüstet werden würde (9, 27).
. Der Text sagt, der Fürst veranlasst, dass man aufhört, das Opfer im Tempel darzubringen, nicht der Messias. In diesem Sinne „beseitigt“ der Fürst das regelmäßige Opfer (12, 11; vgl. 8, 11. S. oben zu Punk 3). Er tut dies, um den Gräuel der Verwüstung aufzustellen. Vgl. 12, 11: „Von der Zeit an, da das beständige Opfer beseitigt wird, um den Verwüstugsgräuel aufzustellen, sind des 1290 Tage.“
Ähnlich wie oben (Punkt 2), nur werden konsequenterweise gleich zwei Lücken (noch dazu von unterschiedlicher Länge) eingeführt, eine zwischen der 7. und 8. Woche (ca. 60-90 Jahre), eine zwischen der 69. und 70. Woche (ca. 2000 [+?] Jahre).
Lücken sind vom Text her nicht erlaubt. Die Zerstörung Jerusalems fiele in die Zeit der zweiten Lücke, dürfte also nicht erwähnt werden, da (nach dieser These) die Lückenzeit ja „übersprungen“ werden soll.
Mit der Einführung von Lücken lässt sich alles mögliche biegen, was sonst nicht „passt“. Solches Vorgehen ist von der Heilige Schrift her unzulässig.
Nach dieser Deutung werden keine Lücken eingeführt, dafür aber werden die Jahre bis zur Kreuzigung um etwa 100 Jahre „gedehnt“, was an und für sich problemlos wäre, da wahrscheinlich ohnehin nicht arithmetrisch gezählt wird.
Die letzte Woche wird ungleich gedehnt: Die erste Hälfte der letzten Woche geht von der Kreuzigung bis zur Zerstörung Jerusalems, also etwa 40 Jahre, die zweite von der Zerstörung Jerusalems bis zur Vollendung (Aufrichtung des ewigen Allerheiligsten), also mehr als 2000 Jahre.
Diese Deutung bringt unüberwindliche Probleme mit sich:
. Die Opfer hörten beim römisch-jüdischen Krieg (am 17. Juli, also knapp vor dem Fall Jerusalems) 70 n. Chr. auf. Das war– nach jenem Modell – zwar die „Mitte“ der letzten Woche, aber nicht in Realität, denn 40 + 2000 ergibt nicht das Jahr 70.
. Gewichtiger ist das Argument: Im Jahr 70 n. Chr., als die Opfer (am 7. Juli) aufhörten, hörten sie nicht auf, „um den verwüstenden Gräuel aufzustellen“, wie der Text in 12, 11 eindeutig sagt. Damit entsteht ein deutlicher Widerspruch. Als damals die Opfer aufhörten, dann deshalb, weil man in der Stadt am Verhungern war, und nicht um einen Gräuel aufzustellen. (Vgl. Josephus Flavius, Der jüdische Krieg.)
. Und: Titus schloss keinen Bund mit den Juden, machte es ihnen auch nicht „schwer“, den Bund mit Gott (= die Gebote Gottes) zu halten.
. Außerdem wurde Titus, der Verwüster der Stadt und des Tempels, nicht getötet oder gerichtet („verwüstet“), auch sein Heer nicht. Im Gegenteil: Die römischen Heere feierten mit ihrem General einen herrlichen Triumphzug.
Die präteristische Schule der Interpretation verlegt die siebzigste Woche in die Zeit zwischen dem öffentlichen Auftreten Jesu (ca 26 n. Chr.) und der Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.)
Gegen diese These spricht ebenfalls die ungleiche Aufteilung der zwei Hälften der letzten Woche. Der Engel hätte nicht von einer „halben“ Woche gesprochen, wenn er nicht die „halbe“ Woche gemeint hätte. Diese Deutung ist unzulässig.
Weiter, wie oben: Im Jahr 70 n. Chr., als die Opfer (am 7. Juli) aufhörten, hörten sie nicht auf, „um den verwüstenden Gräuel aufzustellen“, wie der Text in 12, 11 eindeutig sagt.
Eine Variante davon:
Die siebzigste Woche geht von 66-73 n. Chr. Der getötete Gesalbte war der Hohe Priester Ananias, der im Jahr 66 n. Chr. von Zeloten ermordet wurde. –
Damit ist der erste Einwand oben beseitigt, der zweite aber bleibt: Als die Opfer 70 n. Chr. aufhörten, hörten sie nicht auf, „um den verwüstenden Gräuel aufzustellen“ (Dan 12, 11).
Der historische Kontext des gesamten Danielbuches deutet auf Antiochus und dessen Ermordung des Hohen Priesters Onias III, nicht auf die Zeloten, die Ananias töteten.
Weil man sonst im Anschluss an die 69. „Woche” eine sehr lange zeitliche Unterbrechung der Zählung der „Wochen” annehmen müsste. Das ist aber nicht zulässig, da die siebzig Wochen wie die 70 Jahre eine ununterbrochenes Ganzes sind. Und es ergäbe sich eine weitere Schwierigkeit: Dann müsste man in V. 26 das Volk des Fürsten den Jerusalemer Tempel zerstören lassen und deren Feldherrn erst 2000Plus Jahre später auftreten lassen. Anders ausgedrückt: die röm. Soldaten werden „das Volk eines Fürsten” genannt, der erst Jahrtausende später kommt.
Die Zeit der Verwüstung Jerusalems beträgt, je nachdem wie man rechnet, zwischen 49 und 67 Jahren. Jerusalem selbst lag 49 Jahre verwüstet 587-538; das Land lag nach 2Ch 36, 21 von 605 bis 538 verwüstet. Das sind 67 Jahre. Die 70 Jahre für Babel (Jeremia 29) und das Dienen dem König von Babel (Jeremia 25)gehen von 605 bis 538, 67 Jahre. Die 70 Jahre waren nicht genau 70. Die siebzig Wochen müssen ebenfalls nicht genau 490 Jahre sein. Die ersten sieben Wochen betrifft die Zeit vor dem Bauen (etwa 587 is 538) Die letzte Woche betrifft die Zeit von 171 bis 164. Das steht fest. Im mittleren Teil (62 Wochen) müssen wir nicht zwingend 434 Jahre erwarten. (In 1. Mose 15, 13 heißt es 400 Jahre statt der exakten 430 Jahre (1. Mose 12, 40).)
Wenn die Auslegung des Danielbuches uns dahinführet, dass allen prophetischen Stellen Antiochus zum Ziel haben, und wenn der Text die messianischen Deutung ausschließt, bleibt uns nichts anderes übrig, als die siebzig Wochen als eine ungefähre zeit, nicht als exakte 490 Jahre aufzufassen.
Die siebzig Wochen erstrecken sich nicht notwendigerweise bis auf die Zeit der Vollendung. Der Engel sagt lediglich, dass siebzig Wochen verstreichen müssen, ehe der absolute Zielpunkt, die Vollendung, erreicht ist. Die Wochen, einschließlich der siebzigsten, beziehen sich auf Dinge, die vor der Vollendung der Heilsgeschichte Israels geschehen werden. In K. 2 und 7 und 11 wird geweissagt, dass das vollendete Gottesreich (und die Auferstehung der Toten) direkt auf Antiochus (und jenes vierte Königreich, Dan 2) folgt. Das ist für die biblische Prophetie typisch: Die Vollendung wird in perspektivischer Verkürzung dargestellt. So auch hier: Die Weissagung von Dan 9 blickt bis auf den Endpunkt, bis zum Königreich des Messias, bis zur Salbung des ewigen Allerheiligsten (Offenbarung 21/22), aber die siebzigste Woche endet weit früher. Dann – unmittelbar nach Ablauf der siebzig „Wochen” – kommt der berühmte prophetische „Sprung” ans Ende. Die Vollendung folgt also in der prophetischen Darstellung direkt auf die siebzigste Woche.
Wie viel Zeit nach Ablauf der siebzig Wochen tatsächlich noch verstreichen wird, ist nicht geoffenbart. Sicher ist, es braucht 7mal so viel wie die 70 Jahre, bevor die ewige Wiederherstellung Jerusalems und des Tempels geschieht. Und diese Jahre werden für Jerusalem schwere Zeiten sein, sagt der Engel.
Wir bemerken, dass im Buch Daniel die Drangsalszeit unter Antiochus und das darauffolgende Gericht und die Befreiung des Gottesvolkes die „Zeit des Endes” genannt wird (Dan 8, 17-19; 10, 14; 11, 35.40; 12, 4.9).
Jerusalem wurde ab 538 v. Chr. aufgebaut, aber die Erfüllung der Prophetie vom Aufbau der nicht mehr zu zerstörenden Stadt und von der neuen Welt (mit dem neuen Bund, dem neuen David, dem neuen Geist und dem neuen Land, Hesekiel 34-39; Jeremia 29-33 etc.) erfüllte sich nicht sofort, sondern erfüllt sich erst durch den Messias – mit der Vollendung im Neuen Jerusalem (Offenbarung 21.22). Es kann gar nicht anders sein, denn die Propheten schauten ein ewiges (!) Reich mit einer ewigen (!) Stadt, ewigen Erbteil, ewigem Tempel und ewigem Bund. Und die messianische Zeit hat Sündenvergebung und Reinigung in großem Maße zur Folge: Die Gerechtigkeit wird ewig sein, so ewig wie das Königreich ewig ist.
Die Prophetie besagt, dass nach den siebzig Wochen die Vollendung kommt, wie viel Zeit später, wird nicht gesagt.
Wie viel Zeit nach den siebzig Wochen tatsächlich verstreicht, kann niemand wissen – auch nicht die Engel im Himmel, auch nicht der Sohn – nur der Vater (Markus 13, 32; Apostelgeschichte 1, 7).
Nicht, um die Israeliten dadurch anzureizen, die Zeit bis zu jener Bedrängnis auszurechnen, sondern um das treue Gottes Volk zu ermutigen und ihnen zu zeigen, dass – trotz ermutigenden Beginns – sie nicht die Erfüllung der Weissagungen von Jeremia und Hesekiel über die völlige Wiederherstellung der Stadt und des Tempels sofort erwarten sollen. Die Erfüllung werde sich noch jahrhundertelang hinauszögern.
Gott will nicht, dass die Leser genau errechnen können, wann die schwere siebzigste Woche beginnen würde. Auch sonst finden wir in der Heiligen Schrift nicht Prophetien, durch die man ein bestimmtes Ereignis berechnen kann.
Gott beabsichtigte nicht, den Lesern des Danielbuches eine Hilfe zu geben, damit sie das genaue Datum für den Beginn der siebenjährigen Bedrängnis herausfinden. Prophetie hat nicht den Zweck, Zeitangaben zu machen. Man sollte daher nicht erstaunt oder verwirrt sei, wenn man im Rückblick feststellt, dass (in unserem wörtlichen Zählen) die Ereignisse der 70.Woche 67 Jahre „zu früh” geschahen
Ist damit nicht auch eine Verlängerung der 62 Wochen gerechtfertigt. Nein, denn das wäre– von Gott her betrachtet - problematisch gewesen. Der Gedanke, dass Gott die 62 Wochen ebensogut über die 434 Jahre hinausdehnen hätte können (z. B. bis auf etwa 570 Jahre, um auf 30 n. Chr, das Datum des Todes Christi, zu gelangen) ist eher abzulehnen, denn dadurch hätte die Gefahr bestanden, dass nach Ablauf der 434 Jahre die Botschaft für die Leser ihre Dringlichkeit und Glaubwürdigkeit verloren hätte; denn wenn nach Ablauf von mehr 434 Jahren für die dann lebenden Israeliten die vorausgesagte Bedrängniszeit ausgeblieben wäre, wie hätte eine spätere Generation sich dann noch warnen lassen? Ganz anders, wenn die vorausgesagte Bedrängnis des Gottesvolkes 67 Jahre früher als erwartet eintrat.
Außerdem, vergessen wir nicht: der terminus a quo (der Zeitpunkt ab de gezählt wird) wird in Dan 9 vom Engel nicht so deutlich gemacht. Eine gewisse Unsicherheit bezüglich des Datums, wann nun die bedrängnisreiche siebzigste Jahrwoche kommen würde, blieb also bestehen.
Aber die Leser wussten: ab der Ermordung eines Hohepriesters, gefolgt von einer hohepriester-losen Zeit, ist die siebzigste Woche zu zählen.
Nun kommen wir zum Höhepunkt des Buches Daniel.
K. 10 gibt uns Aufschluss über unsichtbare Geistesmächte, die auf die Geschichte der Völker bestimmend einwirkten. Aber über diesen Mächten stand Gott. Er verhalf seinem Volk zum Sieg über all seine Feinde. Das soll dem Propheten Daniel und durch ihn den Heiligen geoffenbart werden.
K. 11 ist eine Weiterführung von K. 8, ins Detail gehend und vervollständigend.
Die K. 10-12 könnte man überscheiben mit „Die große Bedrängnis“ bzw. „Der große Konflikt des Gottesvolkes am Ende“, wobei mit dem „Ende“ die Zeit des Antiochus gemeint ist.
Dan 10-12: Allgemeines zu den Visionen
Die Gesichte an Daniel verhalten sich so, dass die eine Offenbarung jeweils auf die folgende vorbereitet – und zwar in Bezug auf Inhalt wie auch Form. Gott gibt dem Daniel immer detaillierter Aufschluss.
K. 2: Ein heidnischer König träumt. Daniel legt durch Gottes offenbarende Hilfe aus. Thema: Die vier Reiche, wobei über das vierte Reich etwas detaillierter Information gegeben wird.
K. 7: Daniel selber träumt, er erhält ein nächtliches Traumgesicht. Thema: Die vier Reiche, detaillierter über das vierte, vor allem über das kleine Horn. Die Zeitangaben sind sehr vage.
K. 8: Daniel bekommt eine Vision in wachem Zustand. Thema: Details über das zweite, und vor allem dritte und vierte. Reich (wobei das dritte und vierte – das makedonisch-griechische – in eins geschaut werden. Viele Details über das kleine Horn werden geoffenbart.
K. 9: Daniel sieht und hört (und spürt) einen Engel, der ihn belehrt. Thema: Verlauf der Geschichte bis Antiochus Die Betonung liegt auf dem zeitlichen Ablauf und auf die Details der „letzten Woche“ (171- 165/164 v. Chr.).
K. 10-12: Der Höhepunkt: Eine detailliert beschriebene majestätische Theophanie. Daniel sieht und hört einen Engel, der ihn belehrt. Dabei sieht und hört er Engel auch untereinander reden. Thema: Die Vision von K. 8 detailliert weitergeführt. Details der Verfolgung und auch Zeitangaben werden gegeben, und auch, was nach der Bedrängnis kommen wird.
V. 1: „Im dritten Jahre Kores’, des Königs von Persien, ...“
(Vgl. 1, 21: Daniel bleib am Hof bis zum 1. Jahr des Kores/Kyrus.]
Diese Weissagung wurde ihm im dritten Jahr dee Kores/Kyrus gegeben, im Jahr 536 v. Chr., etwa 2 Jahre nach dem Erlaubnis des Kyrus (538 v. Chr.) an die Juden, in ihre Heimat zurückzukehren.
„wurde dem Daniel, der Beltschazar genannt wird,…“
Es ist derselbe Daniel, der siebzig Jahren vordem nach Babel weggeführt und von Nebukadnezar so genannt worden war. Er war nun etwa 85-90 Jahre alt.
Daniel war nicht mit der ersten Rückkehrerwelle mitgezogen (Esr 1ff), wahrscheinlich deshalb, weil er am Hof des Königs seine Stellung nicht ohne weiteres verlassen konnte. Hier wollte Gott ihn haben und hier war er weit wirksamer für die Förderung der Sache des Reiches Gottes.
Esr 4, 1-5 und 4, 24.
„… ein Wort geoffenbart, und das Wort ist Wahrheit“
Vgl. 11, 2.
„und betrifft einen großen Konflikt (o.: eine große kriegerische Bedrängnis/Auseinandersetzung; o.: ein großes Heerscharenwerk).“
Die Auseinandersetzung findet in den Himmeln (K. 10), wie auch auf der Erde statt (K. 11)
„Und er verstand das Wort und bekam Verständnis über das Geschaute.“ –
Das „Geschaute“ ist die Erscheinung von V. 5ff. Daniel verstand. Wenn wir in 12, 8 lesen, dass er nicht „verstand“, bezieht sich das auf die Dauer der Bedrängnis (was ihm dann in 12, 10 mitgeteilt wird). Das Geschaute selber aber durfte er dank der Deutung des Engels verstehen.
10, 2: „In jenen Tagen trauerte ich, Daniel, drei volle Wochen.“
Trauer mit Fasten (Enthaltung von den gewöhnlichen Speisen)
10, 3: „Köstliche Speise aß ich nicht, und Fleisch und Wein kam nicht in meinen Mund; und mit Salbe salbte ich mich nicht, …“
Fleisch und Wein: Festspeise, nicht alltägliche Speise; Jesaja 22, 13; 1. Mose 27, 25.
Salben: Zeichen der Freude und Fröhlichkeit (auch bei Gastmählern; Am 6, 6)
Wer trauert, salbt sich nicht (2S 14, 2)
Fasten: Ein äußeres Zeichen der Trauer.
„… bis drei volle Wochen [um waren].“
– also vom 3. Nisan bis zum 23. Nisan, während der Passazeit, zu eienr Zeit, in der Israel sonst feierte; also gleich nach der zweitägigen Neumondfeier (1S 20, 18f.27.34 iVm V. 6 und V. 29) begann er mit dieser Fastenzeit.
Warum war er traurig?
Aus V. 12 erfahren wir: Er suchte Verständnis zu erlangen – vielleicht über die gegenwärtige Situation und über die Zukunft seines Volkes.
. Im ersten Jahr des Kyrus (538 v. Chr.) war nicht das gesamte Volk nach Jerusalem zurückgekehrt, sondern nur etwa 50 000 (Esr 2, 64.6), das war vielleicht nur die Hälfte. Es waren wohl 100 000 Juden in Babylon, vielleicht auch mehr.
. Der Tempelbau ging nur schleppend voran, wurde dann völlig eingestellt (537 v. Chr.). Dazu kam die Opposition von den Samaritanern (Esr 4, 1-5).
Das Heil seines Volkes verzögerte sich. So entschied sich Daniel das neue Jahr mit Fasten und Beten zu beginnen.
Das war eine weise Entscheidung, Was tun wir, wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir wünschen?
10, 4: „Und am vierundzwanzigsten Tage des ersten Monats, da war ich am Ufer des großen Stromes, das ist der Hiddekel.“
Er war leiblich dort am Tigris (↔ in 8, 2 am Ulai nur in der Vision). Und er war nicht alleine (V. 7).
10, 5: „Und ich erhob meine Augen und sah: und – siehe! – da war ein Mann in Linnen gekleidet,
in einem Talar von weißem Byssus
und seine Lenden waren umgürtet mit Gold von Uphas;
10, 4f: Daniel steht am Strom Hiddekel = Tigris. Das Thema der Schau, die er hier bekommt: Der Strom der Geschichte. Die Geschichte ist ein großer Strom. Wo fließt er hin?
Wo fließt mein und dein Geschichtsstrom hin?
Daniel erhebt seine Augen zum Himmel. Das ist eine gute Haltung. Während wir den Strom der Geschichte oder des eigenen Lebens betrachten, sollen wir diese Haltung einzunehmen: die Augen zu Gott erheben.
Und als Daniel da am Strom stand. Was sah er? - Er sieht er, dass über dem Strom ein Mann steht!
Wer war dieser Mann?
10, 6: „und sein Leib war wie ein Chrysolith, und sein Angesicht anzusehen wie der Blitz, und seine Augen wie Feuerfackeln, und seine Arme und seine Beine wie der Anblick von glühendem Erz (o.: geglättetem Kupfer), und der Schall seiner Worte wie der Schall eines Volksgetümmels.“
Eine Theophanie, eine Jahweh-Erscheinung.
Vgl. Offenbarung 1, 12-15: „… ich sah sieben goldene Leuchter 13 und inmitten der sieben Leuchter einen gleich [dem] Sohn eines Menschen, bekleidet mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand und an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel. 14 Sein Haupt und sein Haar waren weiß wie weiße Wolle, wie Schnee. Und seine Augen waren wie eine Feuerflamme. 15 Und seine Füße waren gleich Golderz, als glühten sie im Ofen. Und seine Stimme war wie das Rauschen vieler Wasser. 16 Und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand. Und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges ‹heftiges› Schwert hervor. Und sein Gesicht war wie die Sonne, wenn sie scheint in ihrer Kraft.“
Johannes mag sich gefragt haben: Wie geht mit den Gemeinden weiter? – Damit die Gemeinden im Lauf der Geschichte weitergehen, ist eine Schau nötig, eine Schau von dem Mann, der in ihrer Mitte steht. Wenn wir den nicht betrachten, werden wir die himmlische Schau verlieren.
Wo war der Engel des Herrn? – Über den Wassern des Tigris schwebend. (Dan 12, 6).
Wenn wir Hoffnung haben wollen, müssen wir den herrlichen Mann sehen, der über dem Geschichtsstrom steht.
Daniel erfährt nun etwas über die „große kriegerische Auseinandersetzung” hinter den Kulissen.
V. 7-12:
10, 7. „Und ich, Daniel, allein sah die Erscheinung;“
Nicht „Vison” (Chasah), sondern Mar’eh (Theophanie, Erscheinung)
„die Männer aber, die bei mir waren, sahen das Gesicht nicht;“
(vgl. Apostelgeschichte 9, 3ff.)
„doch fiel ein großer Schrecken auf sie, und sie flohen und verbargen sich.“
Sie merkten etwas von der heiligen Gegenwart des himmlischen Wesens, obwohl nichts hörten, denn er hatte noch nicht geredet.
10, 8 „Und ich blieb allein übrig und sah diese große Erscheinung; und es blieb keine Kraft in mir, und mein Glanz (o.: meine Würde, d. i. die frische Lebensfarbe im Gesicht) verwandelte sich an mir bis zur Entstellung (o.: zum Vergehen, d. h., bis zur gänzliche Entstellung); und ich behielt keine Kraft.“
10, 9.10: „Und ich hörte die Stimme seiner Worte; und als ich die Stimme seiner Worte hörte, sank ich betäubt auf mein Angesicht, mit meinem Angesicht zur Erde. 10 Und siehe! – eine Hand rührte mich an und machte, dass ich auf meine Knie und Hände empor wankte.“
So stark war die Betäubung. Die Berührung durch die unsichtbare Hand bringt ihn nur soweit, dass er sich wankend auf Knie und Hände emporheben kann. Stehen kann er noch nicht.
Kein Engel war herangetreten. (Gegensatz: 8, 15) Wir können daher annehmen, dass er Sprechende derselbe von V. 5 ist. (Die V. 11.13.21 treffen auch für den Engel Jahwehs zu.)
10, 11: „Und er (der Engel des Herrn) sagte zu mir: Daniel, Mann des Wohlgefallens (o.: Begehrenswerter; Kostbarer)! Merke auf die Worte, die ich zu dir rede,…“
Dreimal wird betont, dass dieses Wahrheit ist: V. 1.21; 11, 2.
„… und stelle dich auf deiner Stelle, denn ich bin jetzt zu dir gesandt.“
Der Engel des Herrn – von Gott gesandt. Vgl. Sacharja 2, 13.15; 4, 9. Jesaja 48, 16; 61, 1.
„Und als er dieses Wort zu mir redete, stellte ich mich zitternd hin.“
Immer noch stark geschwächt.
Daniel – durch den Engel zu Boden geworfen – wird durch übernatürliche Hand wieder aufgerichtet.
Wir lernen: Wird das Volk Gottes zu Boden geworfen, so wird es durch den Beistand Gottes wieder aufgerichtet und gestärkt werden für den Kampf und für das Ausharren in jeglicher Bedrängnis.
10, 12: „Und er sagte zu mir: Fürchte dich nicht, Daniel, denn von dem ersten Tage an, da du dein Herz darauf gerichtet hast, Verständnis zu erlangen und dich vor deinem Gott zu demütigen (o.: beugen, kasteien), sind deine Worte erhört worden;“
Der Engel war sofort nach der Erhörung – schon ganz zu Anfang seines Betens – von Gott ausgegangen.
Gott ist sehr bereit, unsere Gebet zu erhören. Die Frage ist nur, ob wir es wirklich ernst genug meinen mit unseren Gebeten.
„… und auf deine Worte hin bin ich gekommen.“
– gekommen nämlich, um Daniel Einsicht zu verleihen über das, das seinem Volk in Zuk. widerfahren werde.
Das Kommen entsprach dem Gebet Daniels. Es wird aber nicht gesagt, dass er sofort zu ihm kommen wollte.
Daniel hatte möglicherweise um die Erfüllung des Heils für Israel gebetet, und das bedeutete auch um Wegräumung aller Hindernisse, die dieser Erfüllung entgegenstanden.
Die Gebetserhörung bedeutete nicht nur, dass Gott den Engel des Herrn sandte, um Daniel Verständnis zu geben, sondern auch darin, dass Gott nun Schritte unternahm, um diese Hindernisse zu beseitigen.
10, 13: „Aber der Fürst des Königreichs Persien stand mir entgegen einundzwanzig Tage;“
Der Engel des Herrn sollte ja kommen, um dem Daniel eine tröstliche Antwort Gottes zu bringen, aber das konnte er nicht. Zuerst musste er den Dämon, der bei den Königen von Persien stand, bekämpfen, ein Dämon, der Gottes Volk gegenüber feindselig war.
Nicht, dass der Engel nach Persien gegangen sei, Nein. Der Engel kämpfte im Reich der überirdischen Geister (Epheser 6). Dieser Kampf wurde nicht in Persien ausgeführt, sondern im Himmel.
[Keine Rede von Territorialgeistern! So etwas gibt es nicht.]
Der Fürst des Königreichs/Königtums Persien (kurz: der Fürst Persien, V. 20) = der Geist (= Dämon) des Königreiches Persien. Der Engel kämpfte nicht mit Fleisch und Blut, sondern mit einem Geist. Epheser 6, 12ff.
Epheser 6:12 weil bei uns der Kampf nicht gegen Blut und Fleisch ist, sondern gegen die Erstrangigen, gegen die Autoritäten, gegen die Weltbeherrscher der Finsternis dieser Weltzeit*, gegen die geistlichen ‹Wesen› der Bosheit in den himmlischen ‹Bereichen›.
D. h.: Hinter den Götzen Persiens standen geistige Mächte.
1. Korinther 10:20-21 20 Sondern was die, die von den Völkern sind, opfern, opfern sie den Dämonen und nicht Gott. Ich will nicht, dass ihr Teilhabende mit den Dämonen werdet. 21 Ihr könnt nicht [aus dem] Becher des Herrn trinken und [aus dem] Becher der Dämonen. Ihr könnt nicht am Tisch des Herrn und am Tisch der Dämonen teilhaben.
Vgl.: Offenbarung 16:14 denn sie sind Dämonengeister, tun Zeichen, °[um] zu den Königen der Erde und des ganzen Reiches hinauszugehen°, sie zu versammeln zum Krieg jenes großen Tages Gottes, des Machthabers über alles.
Dämonen wirken im Finstern (Vgl. 2. Petrus 2, 12; Judas 6; Johannes 13, 2.27; Lukas 22, 3; Epheser 2, 1-3; 4, 27, 1. Johannes 1, 5-9; 2, 9-11.)
„…. stand mir entgegen (o.: mir gegenüber)“
Der Fürst des Königreichs Persien stand neben (V. 13E) den Königen der Perser, um sie gegen Israel zu beeinflussen (vgl. Est 4, 1ff; z. B. die Einflüsterungen der Samaritaner zu unterstützen).
Der Engel des Herrn kam auf Daniels Gebet hin, um diesen Dämonenfürsten von seiner Stellung (neben den Königen) und von seinem Einfluss zu verdrängen. Aber der Dämon leistete 21 Tage Widerstand, bis Michael zu Hilfe kam. Da gelang es dem Engel des Herrn schlussendlich, die Oberhand zu gewinnen, sodass nun er neben den Königen von Persien stand, um sie hinfort für Israel positiv zu beeinflussen.
Wir lernen: Welcher Engel neben dem Bundeskanzler und dem Bundespräsidenten steht, um sie zu beeinflussen, das entscheiden unsere Gebete.
„… und – siehe! – Michael, einer der ersten Fürsten,…“
Michael: Das bedeutet: „Wer ist wie Gott“. Der Name soll ausdrücken: Nur bei Gott gibt es Hilfe. (1. Mose 15, 11; Psalm 89, 71f) Niemand ist mit Gott zu vergleichen.
Michael ist einer der obersten Engelsfürsten (Judas 9: einziger, der „Erzengel“ heißt). Er ist der für das Gottesvolk kämpfende Fürst (Dan 10, 21; Offenbarung 12, 7). Er führt die Sache des Volkes Gottes.
Dan 12, 1: „Und in jener Zeit wird auftreten Michael, der große Fürst, der für die Söhne deines Volkes steht“.
Offenbarung 12, 7: „Und es entstand ein Krieg im Himmel. Michael und seine Boten* führten Krieg gegen den Drachen. Und der Drache führte Krieg – und seine Boten.“
Judas 1, 9: „Aber der Erzengel Michael, als er mit dem Teufel in Streit geriet und mit ihm eine Auseinandersetzung hatte über den Leib Moses, wagte nicht, ein lästerndes Urteil zu fällen, sondern sagte: Der Herr strafe dich!
Das Volk Gottes hat also einen mächtigen Schutz, weil der Engel Israels ein Erstrangiger ist, einer der höchsten Engelsfürsten des geistlichen Universums.“
10, 13M: „… kam, um mir zu helfen, …“
Der Engel Jahwehs ist aber deshalb nicht unter Michael gestellt. Auch ein untergeordneter Diener kann seinem Herrn zu Hilfe kommen und ihm im Kampf zum Sieg verhelfen.
Der Begriff helfen ist hier i. S. v. dienen aufzufassen. Der Helfende steht nicht über dem, dem geholfen wird. Menschen können Gott „helfen”. D. h.: sie dienen ihm.
Vgl. 1Ch 12, 21f: Und sie halfen David gegen die Streifschar, denn tapfere Helden waren sie alle … 22 denn es kamen von Tag zu Tage zu David, um ihm zu helfen, bis es ein großes Heerlager wurde.
Bsp.: Der 6jährige Sohn hilft Papa und trägt seinen Aktenkoffer, und die 4jährige Tochter hilft Mama in der Küche.
Vgl. 11, 1: Der Engel des Herrn war bei einer vorigen Gelegenheit dem Erzengel Michael Kraft und Schutz gewesen.
„… und ich gewann den Vorrang dort neben den Königen [w: zu Seiten der Könige] von Persien“
Hier nicht: übrig bleiben, sondern: Vorzug haben (vgl. 1. Mose 49, 4 Überwallend wie die Wasser, sollst du keinen Vorzug haben,)
„… neben“: denn die Geister stehen den Schützlingen zur Seite.
„… den Königen von Persien“: Mehrzahl! D. h. Durch die Überwindung des Dämons des Perserreiches ist dessen Einfluss nicht bloß auf Kyrus, sondern auch auf alle nachfolgenden Könige Persiens überwunden. Ab nun sollen also alle Perserkönige der Einwirkung des guten sich für Israel einsetzenden Engels zugänglich werden.
10, 14: „Und ich bin gekommen,…“
Nun kann der Engel des Herrn dem Daniel eine trostreiche Botschaft überbringen (was andernfalls nicht möglich gewesen wäre, weil der Dämon von Persien noch nicht überwunden war).
„dir Einsicht zu bringen“
d. h. vmtl: dir das Gesicht das nun folgt, zu deuten;
„über das, das deinem Volk widerfahren wird in der letzten [Zeit] der Tage (o: in der Späte; d. h. im letzten Zeitabschnitt der Tage) , denn noch auf die Tage [geht] das Gesicht.“
D. h. Das Gesicht (11, 2ff) bezieht sich noch auf die Tage des Endes, (des 4 Reiches, bzw. der siebzig Wochen). Wie wir es in 8, 17.19 gelernt haben..
10, 15-19:
10, 15: „Und als er solche Worte mit mir redete, richtete ich mein Angesicht zur Erde und verstummte.
Dan ist sprachlos. 16 Und siehe! – einer, den Menschensöhnen gleich, rührte meine Lippen an. Und ich tat meinen Mund auf und redete und sagte zu dem, der vor mir stand: „Mein Herr, wegen der Erscheinung überfielen mich die Wehen (Krämpfe, infolge des Schreckens, oder: krampfartige Schrecken).
und ich habe keine Kraft behalten. 17 Und wie vermag dieser leibeigener Knecht meines Herrn zu reden mit diesem meinem Herrn? Und ich, von nun an bleibt keine Kraft mehr in mir, und kein Atem ist in mir übrig.”
Es verschlägt ihm den Atem, und er fürchtet zu sterben (vgl. 1Kg 17, 17E)
10, 18: „Da rührte mich wiederum der an, von Aussehen wie ein Mensch, und stärkte mich.“
(Möglicherweise ein Engel, nicht notwendigerweise der Sprechende.)
Ebenso wird Gottes Volk in der Bedrängniszeit unter Antiochus vor Schrecken erstarren. Aber durch den Beistand des Engels Michael wird es wieder aufgerichtet und gestärkt.
10, 19: „Und er sagte: Fürchte dich nicht, Mann des Wohlgefallens [und der Kostbarkeit] (o.: Begehrenswerter; Kostbarer)! Friede dir! Sei stark, ja, sei stark! Und als er mit mir redete, fühlte ich mich gestärkt und sagte: „Mein Herr möge reden, denn du hast mich gestärkt.”
Jetzt, nach der dritten Berührung, hat er Kraft zuzuhören und aufzunehmen.
Wir lernen: Ehe wir Gottes Botschaft an uns ausrichten kann, müssen wir (von und durch ihn) in die Lage versetzt sein, dass wir hören können. Es braucht (göttliche) Kraft, um Gottes Wort gewinnbringend zu lesen bzw. zu hören. Weil aber Gott will, dass jeder Mensch Gottes Wort hört und versteht, können wir damit rechnen, dass Gott uns Kraft gibt, sodass wir es gewinnbringend hören und lesen können. Die Frage ist also, ob der Mensch bereit ist.
10, 20: „Da sagte er: „Weißt du, warum ich zu dir gekommen bin?
Ja, nun weiß Daniel es. (Vgl. V. 12-14: Um Daniel Verständnis zu bringen über das, das seinem Volk widerfahren wird in der großen Bedrängniszeit unter Antiochus.)
„Und jetzt“
Vorher (V. 13) hatte er von dem gesprochen, was er getan hatte, nun was er zu tun beabsichtigt.
„werde ich zurückkehren, um mit dem Fürsten [von] Persien zu kämpfen (o.: Krieg zu führen);“
D. h. den vor meiner Ankunft zu dir errungenen Sieg über den Dämon Persiens weiterzuführen (bzw die Stellung zu behaupten) und den Kampf zu Ende zu führen. Der Kampf gegen den Dämonenfürsten Persiens bezieht sich auf die Widerwärtigkeiten die den Juden bereitet wurden nach ihrer Rückkehr (= Hemmung des Tempelbaus von 537/6 bis 520 v. Chr.; Esr 4, 24; Hemmung des Mauerbaus unter Xerxes und Artaxerxes (Esr 4, 21) bis Nehemia 2, d. h. 445 v. Chr.)
„aber wenn ich ausziehe,…“
d. h. in den Streit/Kampf ziehe (gegen die Dämonenfürsten)
„ – siehe! – da wird der Fürst von Griechenland kommen.“
Auf der einen Seite: Der Dämon von Persien und danach der Dämon von Griechenland;
Auf der anderen Seite des Kampfes: Michael und der Engel des Herrn (= der hier Sprechende).
Sinn von V. 20M:
„… aber während ich so (zum Dämonenkampf) ausziehe, d. h. während ich diesen Kampf gegen den persischen Dämonenfürst führe, siehe, da wird der Dämonenfürst Griechenlands [= der Dämonengeist des makedonischen Reiches] kommen; dann wird es neuen Kampf geben.“ (Vgl. V. 21.)
10, 21: „Doch will ich dir kundtun, was verzeichnet ist in der Schrift der Wahrheit.“
Das Buch, das Gott – per Vorauswissen – geschrieben hat bzgl. des Weltlaufs; geschrieben der Wahrheit gemäß. Maleachi 3, 16; Psalm 139, 16; vgl. Offenbarung 5, 1.
„Und es ist kein einziger, der mir mächtigen Beistand leistet (o.: stark sich erweisend beistünde) gegen jene, als nur Michael, euer Fürst.“
Gott hat in diesem geistlichen Kampf gegen die Dämonenfürsten Persiens und Griechenlands nicht einen, der mit ihm kämpft, außer Michael, den Fürsten des Gottesvolkes.
11, 1: „Und auch ich stand im ersten Jahre Darius', des Meders, ihm bei als Helfer und Schutz.“
Im ersten Jahr des Darius (538 v. Chr.) hat Michael dafür gewirkt, dass das dem Volk Gottes feindliche Babylon durch die Macht Medopersiens gestürzt wurde. Dabei hatte der Engel des Herrn ihm mächtigen Beistand geleistet.
[Das zeigt, dass der sprechende Engel nicht notwendigerweise unter Michael steht. ER war Michaels Schutz und Helfer.]
V. 2 „Und nun will ich dir die Wahrheit kundtun:“
Dan 11, 2-35 ist eine prophetische Schilderung der Grundzüge der Entwicklung der heidnischen Weltmacht von Kyrus bis zum Zerfall des Seleukidenreiches. Die Prophetie zeichnet das Bild des Feindes Gottes (Antiochus) und seinen Frevel gegen das Heiligtum und Volk Gottes: ein stufenweises Fortschreiten in Feindschaft gegen Gott bis zur Überhebung über Gott und alles Göttliche (V. 36). Das alles soll zur Läuterung des Volkes Gottes dienen (V. 35).
Hauptgegenstand dieser Weissagung ist die Schilderung dieses Kampfes – und zwar in vier Phasen.
In Dan 11 finden wir vier parallele Phasen:
11, 5-19 Vorbereitende Phase ® Antiochus III
11, 20-28 Antiochus IV (1.Teil)
11, 29-35 Antiochus IV (2.Teil)
11, 36-45 Antiochus IV (3. Teil)
Beachten wir die jeweiligen einleitende Worte. (S. Tabelle)
Beachten wir das Schema der vier parallelen Ereignisse (und zwar in allen 4 Phasen): Tabelle
a) Angriff mit großem Heer des Königs des Nordens, der Richtung Ägypten zieht – und dann wieder zurückkehrt durch das Hl. Land
b) Beim Durchzug (hin oder retour): Armeen werden in Palästina aufgestellt
c) Dem Volk Gottes und der Stadt Jerusalem wird Gewalttat angedroht oder wirklich angetan (= Bedrängnis des Volkes Gottes)
d) Versuch der Zerschlagung des Volkes Gottes
K. 11, 2-12, 4 hat den Zweck zu zeigen:
1) Die heidnische Weltmacht (in Form ihrer Königreiche) gelangt nicht zu dauerndem Bestand.
2) Die Weltmacht bewirkt durch die Bedrängung des Gottesvolkes nur dessen Läuterung.
3) Die Weltmacht wird das eigene Ende herbeiführen, selbst untergehen.
4) Das Gottesvolk wird durch viele schwere Bedrängnisse hindurchgeführt, aber aus aller Not gerettet, zuletzt zur Herrlichkeit gebracht.
Weil nun jede dieser Episoden so aussieht, als ob es bereits das Ende sein könnte, warnt der Engel vor falschen Schlüssen.
Er zeigt auf, dass schon während der ersten Episode einige in Israel denken werden, die Zeit der Vollendung sei gekommen, und dass diese selbst versuchen werden, die Vollendungszeit zu erzwingen. Die nachfolgenden Ereignisse aber werden ihnen nicht Recht geben (11, 14).
Ebenso in der zweiten Episode: Die Situation erweckt den Anschein, das Ende (dieses vierten Großreiches) sei gekommen (11, 27).
Ebenso in der dritten. Episode: Bei der Tempelentweihung und Aufstellung des Gräuels der Verwüstung müssen sie noch ausharren, durchhalten. Noch ist nicht das Ende! Die Treuen aus Gottes Volk werden verfolgt. Das dient ihnen zur Läuterung „bis zur Zeit des Endes” (11, 33-35), d. h. bis zum Ende der siebzigsten Jahrwoche.
Es soll niemand einen übereilten Schluss ziehen. Es gilt noch auszuharren. Das Ende kommt in der vierten Episode.
Dieser Abschnitt besteht aus einer Prophetie mit etwa 150 Einzelheiten, die zwischen 539 und 164 v. Chr. in Erfüllung gingen. Die Genauigkeit dieser Vorhersage veranlasste den neuplatonischen Philosophen des 3. Jahrhunderts n. Chr., Porphyrus, das Buch als fromme Fälschung zu erklären: So genau kann nur ein Geschichtsschreiber, aber kein Prophet (den es ja nicht geben könne) schreiben. Auf diese Attacke hin schrieb Hieronymus eine Antwort, die mehr als 1000 Jahre lang als Standardauslegung galt.
V. 2: „Und nun will ich dir die Wahrheit kundtun: „Siehe! – Noch drei Könige werden für Persien aufstehen, …“
Die vier persischen Könige, von denen hier die Rede ist, sind Kambyses (530-522 v. Chr., auch genannt „Ahasveros”, Esr 4, 6), Gautama „Pseudo-Smerdis”, ein Thronräuber (522 v. Chr. , auch genannt Artasasta, Esr 4, 7. Er regierte nur einige Monate lang.), Darius I. „Hystaspis” (521-486 v. Chr., s. auch Esra 4, 5.24.) und der vierte: Xerxes I. (486-465 v. Chr., auch genannt „Ahasveros”, s. Esther 1, 1).
„... wird reich werden, größeren Reichtum [erlangen] als alle; und in seiner Stärke, in seinem
Reichtum (d. h. wenn er in seinem Reichtum am mächtigsten ist) wird er alles
gegen das Königreich Griechenland aufbieten.”
Er fasste auch den Plan, die einzelnen griechischen Staaten dem persischen Reich einzugliedern. Er bot seine gesamte Heeresmacht auf, um dieses Ziel zu erreichen. Xerxes hat in vier Jahren eine Armee von 2500 000 Mann aus vierzig Nationen rekrutiert, um gegen Griechenland zu kämpfen. Er verlor diesen weltgeschichtlich entscheidenden Feldzug. In der Seeschlacht von Salamis, 480 v. Chr. wurde seine Marine besiegt und 479 v. Chr. seine Armee bei Platea geschlagen. Damit wurde Griechenland allmählich zum politischen und kulturellen Zentrum des östlichen Mittelmeerraumes.
V. 3: „Und ein tapferer König wird aufstehen, ...”
Alexander von Makedonien (336-323 v. Chr.) schuf ein neues Großreich. Die Zeit von Xerxes bis Alexander (150 Jahre) wird ausgelassen in der Prophetie ausgelassen. Es werden nur die für die Absicht der Lehraussage entscheidenden Episoden der heidnischen Weltmacht dargestellt.
„und er wird mit großer Macht herrschen und nach seinem Gutdünken handeln.”
Man kann auch übersetzen: „... und was er will, wird er ausrichten.” (Vgl. 8, 4.)
V. 4 : „Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Königreich zertrümmert werden ...”
Sein Großreich war von kurzer Dauer. Alexander starb im Alter von nur 33 Jahren an Malaria.
„... und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden, aber nicht für seine Hinterbliebenen und nicht nach der Macht, mit welcher er geherrscht hat, sondern sein Königreich wird zerstört und anderen zuteil werden, mit Ausschluss von jenen.”
Als Alexander von Makedonien starb, war sein Sohn Alexander noch nicht geboren, und sein unehelicher Sohn, Herakles von Barsina, war noch sehr jung. Weder sie noch sein geistig etwas behinderter Halbbruder Philip Arrhidaeus konnten sich den Thron sichern. Die beiden Söhne wurden ermordet.
Nach dem Tod Alexanders stritten seine Heeresführer um die Königsnachfolge. Nach 20 Jahren Kämpfen um die Macht zerfiel das Reich in vier Teile (die „vier Diadochenreiche”, siehe dazu die Besprechung in K. 7 und K. 8).
Abgeschlossen wurde der Prozess der Bildung der vier Reiche erst 22 Jahre nach dem Tode Alexanders. Das wird in diesem K. nicht prophezeit. Es werden nur für die Botschaft des Buches wichtige Linien aufgezeigt.
V. 5: „Und es wird mächtig werden der König des Südens, ...”
Die zu dem jeweiligen Zeitpunkt regierenden Könige der Ptolemäer bzw. Seleukiden heißen hier „König des Südens” bzw. „König des Nordens”. In V. 5 ist mit dem König des Südens Ptolemäus I. Lagi Soter (323-285), einer der siebenköpfigen Elite-Leibwache Alexanders, gemeint. Er eroberte 320 v. Chr. Phönizien, Coelesyrien und Israel.
„und einer von seinen Obersten, ...”
D. i. sein früherer Feldherr, Seleukus I. Nikator, der erste König der Seleukiden (312-281 v. Chr.).
„der wird über ihn hinaus mächtig werden und wird herrschen. Seine Herrschaft wird eine große Herrschaft sein.”
Er machte sich 312 v. Chr. von Ptolemäus unabhängig und gründete die Dynastie der Seleukiden, die das größte der Diadochenreiche beherrschte, das Seleukidenreich. Er beherrschte den größten Teil des Alexanderreiches außer Ägypten und Griechenland. Er ist der in V. 6 genannte „König des Nordens”.
Im Jahr 320 v. Chr. nahm Ptolemäus I. dem Konkurrenten Laomedon Phönizien und Palästina ab. Nach einigen weiteren Kämpfen blieb Palästina ab 312 v. Chr. und endgültig nach der Schlacht von Ipsos 301 v. Chr. mehr als 100 Jahre lang (bis 198 v. Chr.) in ptolemäischer (also: ägyptischer) Hand.
V. 6: „Und am Ende von Jahren ...”
– nämlich nach etwa 30 Jahren (280-250). (Der 2. Seleukidenkönig Antiochus I. Soter (281-261) wird in der Weissagung des Engels übergangen.)
„… werden sie sich verbünden, ...”
Ptolemäus II Philadelphus (285-246 in Ägypten) verbündete sich mit Antiochus II Theos (261-246 im Norden).
In dieser Prophetie wird nicht ausdrücklich erwähnt, dass die beiden nicht mehr dieselben Personen von V. 5 sind.
Vor dem Bündnisversuch bekämpfte Antiochus II. Theos den „König des Südens”, Ptolemäus lI. Philadelphus, der 200.000 Fußvolk, 20.000 Kavallerie, 2.000 Wagen und 400 Elefanten einsetzte.
V. 6M: „und die Tochter des Königs des Südens wird zum König des Nordens kommen, um einen Ausgleich zu bewirken.”
Man kann auch übersetzen: „um Geradheit/ Recht-schaffenheit [des Verhaltens der beiden Herrscher zueinander] zu schaffen”. Die Tochter sollte also die Einigkeit festigen.
Wie erfüllte sich dieses?
Unter der Bedingung, dass Antiochus II. seine erste Frau und Schwester Laodike verlasse, gab ihm Ptolemäus II. im Jahre 252 v. Chr. seine Tochter Berenike zur Frau. Antiochus verstieß seine Frau Loadike und heiratete Berenike.
„Aber sie wird nicht die Kraft behalten”
Dieser Mittel, Einigkeit zu erreichen, erwies sich nicht als wirksam.
Gemeint ist: Die Tochter wird nicht die Kraft behalten, den Beistand, den die Verheiratung gewähren sollte, zu leisten; o.: sie wird nicht imstande sein, ein echtes und bleibendes Bündnis herzustellen und zu erhalten.
„Und er (der König des Südens) wird nicht bestehen noch sein Beistand.”
Der hiermit erlangte Friede zwischen den Ländern sollte nur kurze Zeit währen.
„Und sie (Berenike) wird dahingegeben werden, sie und die sie zugeführt haben, und der, der sie gezeugt und unterstützt hat (der Vater Ptolemäus II) in jenen Zeiten.”
Nach dem Tod Ptolemäus II. Philadelphos (246 v. Chr.) in Ägypten versuchte Antiochus II. sich mit seiner geschiedenen Ehefrau Laodike zu versöhnen. Laodike aber vergiftete Antiochus II. (246 v. Chr.). Berenike floh nach Daphne. Daraufhin zog Laodikes Sohn (Seleukus II. Kallinikos) dorthin und tötete Berenike und deren Sohn. Auf diese Weise brachte Laodike ihren eigenen Sohn, Seleukos II. Kalinikus, auf den Thron des Seleukidenreiches.
[Nb.: Laodike wurde die Gründerin der Stadt Laodikeia/Laodizea.]
V. 7: „Doch einer von den Schösslingen ihrer Wurzeln [einer aus dem Stamm der Wurzeln [= der Eltern] der Königstochter; gemeint ist ein Bruder der Königstochter] wird an seiner [des Königs des Südens] Statt aufstehen;”
Das war Berenikes Bruder, Ptolemäus III, Euergetes (246-221 v. Chr.).
„und er wird gegen die Heeresmacht [des Königs des Nordens] kommen, und wird in die Burgfeste des Königs des Nordens eindringen”
Ptolemäus III eroberte im Jahr 244 die Festung Seleukia.
„und wird an ihnen (d. i.: den Bewohnern der Festungen) [entsprechend] handeln (o: er wird an ihnen nach seinem Gutdünken handeln) und wird Macht beweisen (d. h.: wird seine Übermacht zur Geltung bringen).”
Ptolemäus III nahm als König des Südens fast das ganze syrische Reich von Sizilien bis jenseits des Tigris ein. Sein Gegner, Seleukus II. Kallinikos (246-226, der Sohn der Laodike), flüchtete in die Taurus-Berge.
V. 8: „Und auch wird er ihre Götter samt ihren gegossenen Bildern (d. h.: mit den gegossenen Götzenbildern der Bewohner des eroberten Landes), samt ihren kostbaren Geräten, Silber und Gold, wegführen nach Ägypten; und er wird [einige] Jahre lang standhalten vor dem König des Nordens.”
Josephus schreibt, dass er 40000 Talente Silber, kostbare Vasen und 2500 Götzenbilder von Syrien nach Ägypten zurückbrachte. Vgl. Jesaja 46, 1.2; Jeremia 48, 7; 49, 3.
V. 9: „Und dieser (der König des Nordens) wird in das Königreich des Königs des Südens kommen, jedoch [dann] in sein Land zurückkehren.”
242 v. Chr. griff Seleukus II. Ägypten an Land und Meer an, aber ein schwerer Sturm und der hartnäckige Feind besiegten Ihn. Es folgten zehn Jahre Frieden.
V. 10: „Aber seine (des Nordkönigs) Söhne”
– Seleukus III. Keraunos (226-223 v. Chronik ), der bald im Kampf in Kleinasien umkam, und Antiochus III., der Große, (223-187 v. Chronik ) –
„werden sich [zum Krieg] rüsten und eine große Heeresmenge [= gewaltige Menge von Söldnertruppen] zusammenbringen; und diese (d. i.: die Heeresmenge) wird kommen, kommen und überschwemmen und überfluten, und wiederkommen, und sie werden [den] Krieg [fort]führen bis zu seiner [= des Königs des Südens] Burgfeste.”
Antiochus III. griff dreimal Ägypten an (221, 219, 218 v. Chr.) und eroberte mit 72.000 Soldaten, 6.000 Pferden und 102 Elefanten ganz Syrien bis Gaza zurück und trieb den König des Südens [= Ptolemäus IV. Philopater] wieder nach Ägypten. Im Jahr 218 v. Chr. eroberte Antiochus Teile von Israel.
V. 11: „Und der König des Südens” (Ptolemäus IV Philopater, 221-204) „wird darüber erbittert sein, und wird ausziehen und mit ihm, dem König des Nordens (Antiochus III.) kämpfen. Und dieser wird eine große Menge aufstellen, aber die Menge wird in dessen Hand (in die Hand Ptolemäus des IV.) gegeben werden.”
Ptolemäus IV. Philopater bezwang in der Schlacht von Raphia bei Gaza im Jahre 217 v. Chr. mit 70.000 Soldaten den König des Nordens. Antiochus III. musste Israel an Ägypten zurückgeben.
V. 12: „Und wie die Menge (die Heeresmacht des Königs des Nordens) weggenommen wird, wird dessen Herz (das Herz des Königs des Südens) sich erheben, und er wird Zehntausende niederwerfen, aber nicht zu Macht kommen.”
Philopater nutzte den Sieg nicht aus, sondern ließ Antiochus III. ziehen, während er sein ausschweifendes Leben weiterführte. Er tötete Eltern und Bruder, heiratete seine Schwester und verliebte sich in eine andere Frau.
Antiochus III. entriss im Jahre 204 v. Chr. Israel den Ägyptern, ohne aber das Ptolemäerreich in Ägypten zerstören zu können.
V. 13: „Und der König des Nordens (Antiochus III.) wird wiederkommen und eine Menge (d. h., ein Heer) aufstellen, größer als die vorige; und gegen Ende der Zeiten, [nach Verlauf von] Jahren, wird er mit einem großen Heer und mit großer Ausrüstung kommen.”
In Ägypten herrschten um diese Zeit innere Unruhen (Thronzwistigkeiten). Antiochus III nutzte die Gelegenheit und startete im Jahre 200 v. Chr. seinen Angriff auf Ägypten. Im Jahre 201 v. Chr. eroberte er Cölesyrien, d. s. die Küstengegenden am Mittelmeer.
V. 14: „Und in jenen Zeiten werden viele aufstehen gegen den König des Südens. Auch gewalttätige Leute (d. i.: abtrünnige Juden; w.: Räubersöhne, d. h. Aufständische) deines Volkes ...”
Israel war zu jeder Zeit noch unter der Oberhoheit Ägyptens. Abtrünnige Juden machten einen Bund mit Syrien (mit Antiochus III.) gegen Ägypten. Von der Festung in Lycopolis revoltierten während der nächsten 30 Jahre viele gewalttätige Juden gegen die Ptolemäer, obwohl jene sie in früheren Jahren wohltätig behandelt hatten. Viele Juden suchten ihr Heil bei den vorrückenden Syrern.
„… werden sich erheben, um [die] Weissagung in Erfüllung zu bringen, ...”
Sie meinten, die Weissagung (die Prophetie als solche) ginge nun in Erfüllung und das Ende sei gekommen.
Aber es war noch nicht das Ende. Die Ägypter attackierten unter dem römischen Feldherrn Skopas die Syrer und rissen Palästina wieder an sich (200 v. Chr).
„… und werden unterliegen” (o.: zu Fall kommen).”
Das ist wahrscheinlich eine Anspielung darauf, dass die jüdischen Aufständischen bestraft werden würden.
V. 15: „Und der König des Nordens wird kommen und einen [Belagerungs]wall aufschütten und befestigte Städte einnehmen. Und die Streitkräfte des Südens werden nicht standhalten, selbst sein auserlesenes [Kriegs-] Volk wird nicht Kraft haben.”
D. h.: Ägyptens Heer wird nicht die Kraft haben, standzuhalten.
Im Jahr 198 v. Chr. besiegte Antiochus III. den röm. Feldherrrn Skopas und die Ägypter an der Jordanquelle bei Banyas (Paneas, das spätere Cäsarea Philippi). Skopas floh in die Stadt Sidon, wurde dort belagert und musste sich ergeben. Bei Paneas fügte Antiochus dem Ptolemäus V. Epiphanes (205/4-181 v. Chr.), der damals noch ein junges Kind war, eine derart entscheidende Niederlage zu, dass die Ptolemäer Palästina und Phönizien an die Seleukiden abtreten mussten. Von nun an blieb Palästina syrisch, bis im Jahr 143 v. Chr. wieder für einige Zeit ein unabhängiges Israel entstand.
Israel stand in jenen Kämpfen (198 v. Chr.) auf der Seite der Seleukiden. Antiochus III. gestand ihnen darum in einem Steuererlass weitreichende Privilegien zu. Unter anderem garantierte er ihnen staatliche Beihilfen zum Aufbringen des Opfermaterials, steuerfreie Lieferung von Opferholz, Leben der jüdischen Gemeinde nach eigenen Gesetzen, völlige Steuerfreiheit für die Priester und Ältesten und Schriftgelehrten; die Bewohner von Jerusalem bekamen Steuerfreiheit für drei Jahre.
V. 16: „Und der gegen ihn Gekommene (der Nordkönig Antiochus III.) wird nach seinem Gutdünken handeln (d. h.: ausrichten, was er will), und niemand soll vor ihm bestehen. Und im Lande der Zierde bleibt er stehen (o.: nimmt er Stellung auf).”
Das Land der Zierde (o.: Schönheit, d. i. das schöne, prächtige Land), das Prachtland, das herrlichste, das ein Volk besitzen kann, ist Israel. (Vgl. Dan 8, 9; 11, 41; Jeremia 3, 19; Hesekiel 20, 6.15. Sacharja 7, 14; Psalm 106, 24.)
„Und Vertilgung ist in seiner Hand.”
Gemeint sind wohl diejenigen in Israel, die nicht mit den aufständischen Juden mitgemacht hatten, also die jüdischen Anhänger in Ägypten.
V. 17: „Und er wird sein Angesicht darauf richten, mit der Macht seines ganzen Königreiches zu kommen (nämlich gegen den König des Südens), Gerades im Sinne habend,
(d. h. in der Absicht, und mittels einer Heirat rechtliches Verhältnis herzustellen und so das Reich des Südens an sich zu bringen] (o.: um durch die Heirat mit dem König von Ägypten einen Friedensvertrag zu erreichen)
„und wird [entsprechend] handeln; und er wird ihm die Tochter [aus der Reihe der] Frauen (seines Hauses; d. i. hier: eine seiner leiblichen Töchter) geben, ...”
Im Jahr 194 bzw. 193 v. Chr verheiratete Antiochus III. seine Tochter Kleopatra mit dem jungen geschlagenen König Ptolemäus V. Epiphanes in Raphia.
„..., [aber nur,] um sie zu verderben (anstatt durch diese Heirat Erfolg zu haben), und sie (die Tochter) wird nicht bestehen, und ihm wird (durch sie) nichts werden.”
D. h., der König des Nordens wird von dieser Zweckheirat nichts haben.
Cölesyrien und Palästina bekam Kleopatra als Mitgift, wodurch sich Antiochus III wieder auf friedlichem Wege Einfluss in Ägypten zu gewinnen erhoffte und so auf lange Sicht Ägypten wieder in sein Reich einzugliedern und so schließlich ein Riesenreich zu bekommen, das fast so groß sein sollte wie das Alexanderreich. Es gelang ihm aber nicht, weil seine Tochter zu ihrem Mann Ptolemäus V. hielt.
V. 18: „Und er wird sein Angesicht nach den Inseln [und Küstenländern] hin wenden
Mit dem Wort „Inseln” sind im Alten Testament oft die Küstenländer des Mittelmeeres gemeint, hier vor allem die griechisch besiedelten. Antiochus hatte sein Auge auch darauf geworfen, Griechenland entlang der Mittelmeerküste zu erobern. Wenn ihm auch das gelänge, würde sein Reich tatsächlich so groß werden wie das Alexanderreich.
„und viele einnehmen.”
Zunächst hat er Erfolg. Er gewann Küsten- und Inselbereiche Kleinasiens und unterwarf Thrakien. Aber das brachte ihn schließlich in Konflikt mit Rom. Die Römer stellten sich ihm entgegen, da sie in einem syrisch-griechischen Großreich eine Gefahr sahen:
„Aber ein Feldherr (der röm. Feldherr Lucius Scipo Asiaticus) wird seinem Hohnlachen ein Ende machen;
sein Höhnen (d. h. die Schmach, die er den Fürsten angetan hat) wird er ihm heimzahlen.”
An dieser Stelle ist der hebr. Text knapp und nicht eindeutig.
Man könnte auch übersetzen: „wird’s ihm heimzahlen, sodass ihm sein Höhnen vergeht.”
Im Jahr 191 v. Chr. besiegten ihn die Römer unter Acilius Glabrio in der Schlacht bei den Thermophylen. Und im Jahr 190 v. Chr. brachte der römische Feldherr Lucius Scipo Asiaticus dem syrischen König eine gewaltige Niederlage bei, Es war dies die Entscheidungsschlacht bei Magnesia am Sipylus in Kleinasien. Gedemütigt musste Antiochus heimkehren. Er musste den Römern im Frieden von Apamea (189 v. Chr.) die Herrschaft über Kleinasien abtreten, hohe Kriegsentschädigung und jährlich riesige Tribute zahlen und 20 Geiseln stellen, darunter auch seinen Sohn Antiochus IV.
V. 19: „Und er wird sein Angesicht nach den Festungen seines eigenen Landes hin wenden, und wird unterliegen und fallen ...”
Um das Geld für die von Rom geforderten Entschädigungen aufzubringen, plünderte Antiochus III. die befestigten Städte und wohlhabenden Tempel seines Landes. Als er im Jahre 187 v. Chr. versuchte, bei Nacht einen persischen Tempel in Elymais zu plündern, ließ es die Bevölkerung nicht zu, sondern tötete ihren eigenen König, der 36 Jahre über sie geherrscht hatte.
„und nicht mehr gefunden werden.”
Antiochus der Große verschwand schnell von der Bühne der Weltgeschichte. Nach seinem Tode setzte der Niedergang des Seleukidenreiches ein. Angriffe der Römer, Auseinandersetzungen mit den Ptolemäern, Aufstände der Parther im Osten und vor allem dauernde Thronwirren verzehrten in der Folgezeit die Kraft des Seleukidenreiches.
V. 20: „Und an seiner Statt wird einer aufstehen, ...”
Antiochus’ Sohn, Seleukus IV Philopater (187-175) herrschte an seiner Stelle. Da Rom zunehmend an Macht gewann, verlangte es von Seleukus hohe Tributzahlungen. Seleukus wiederum erlegte seinen Untertanen hohe Steuern auf, um den Tribut einzutreiben.
„der einen Dränger (o.: Bedrücker) durch die Zier des Königreiches (wahrscheinlich Israel) ziehen lässt;”
Seleukus IV. schickte den Schatzmeister Heliodorus nach Jerusalem, um dort Gelder für die leere Staatskasse zu besorgen, indem er den jüdischen Tempelschatz beschlagnahme (2. Makkabäer 3).
„..., aber in wenigen Tagen wird er (Seleukus IV) zerschmettert werden, und zwar weder durch Zorn noch durch Krieg.”
Seleukus wurde im Jahre 175 v. Chr. (wahrscheinlich von Heliodorus) vergiftet.
V. 21: „Und an seiner Statt wird ein Verächtlicher aufstehen, ...”
Sein Bruder, der inzwischen von der Geiselhaft in Rom zurückgekehrt war, bestieg daraufhin als Antiochus IV. den Thron. Er überging dabei den rechtmäßigen Thronerben, nämlich Demetrius, den Sohn Seleukus' IV., der in Rom als Geisel lebte.
„auf den man nicht die Hoheit des Königtums legt” [o. dem die Ehre des Thrones nicht zugedacht ist].
Jener grausame König des Nordens Antiochus IV. (175-164 v. Chr.) nannte sich selbst Theos Epiphanes, „der geoffenbarte Gott”. Einige seiner Feinde ersetzten den griechischen Buchstaben phi mit my und nannten ihn „Epimanes”, „der Verrückte”. Aus dem „Göttlichen” wurden der „Tröttliche”.
„Und er wird unversehens (o.: unerwartet) kommen und durch Schmeicheleien/Listen sich des Königtums bemächtigen.”
Antiochus IV – als Bruder des Seleukus IV – hatte keinen Thronanspruch. Der rechtmäßige Erbe war Demetrius, der ältere Sohn des vergifteten Seleukus IV., aber der war Geisel in Rom. Ein anderer Sohn, „Antiochus”, war noch minderjährig. Antiochus IV nutzte diese Gelegenheit, und er (als Onkel) gab sich als Vormund des Kleinkindes Antiochus aus; er bediente sich verschiedener Schliche und Schmeicheleien, um den Thron zu kapern, was ihm auch (unter Mithilfe des Königs Eumenes II von Pergamon) gelang.
Antiochus war auch seines Charakters wegen nicht eines Königs würdig: Er verstand sich auf Kunstgriffe (Ränke) und war zugleich grausam und hart. Er schwärmte für die griechische Geschichte und Kultur und wollte wohl – wie sein Vater – ein einheitliches orientalisches Großreich schaffen und das Joch der Römer abschütteln.
V. 22: „Und die heranflutenden Streitkräfte werden vor ihm überflutet (o.: weggeschwemmt) und zertrümmert (o.: vernichtet) werden, ...”
In den ersten Jahren (175-171 v. Chr.) hatte Antiochus IV. großen Erfolg. Die ägyptischen Armeen wurden von Antiochus’ einmarschierenden Streitkräften wie von einer Flut weggeschwemmt. Er besiegte die Streitkräfte des Heliodorus und der Ägypter.
„... und auch Bundesfürsten (o.: dem Bundesfürsten), ...”
Das ist möglicherweise ein Bezug auf den damaligen jüdischen Hohen Priester Onias III. (vgl. 8, 11), der von ihm abgesetzt und später in seinem Namen getötet wurde. Hoher Priester nach ihm wurde Onias Bruder Menelaus, und später der hellenistisch gesinnte Jason.
Die Agressionen des Antiochus begannen mit seinem Angriff auf die Priesterschaft und vor allem auf den Hohen Priester (Onias III). Die Profanierung des Tempels und die Beseitigung der Opfer geschah erst einige Zeit später (168 v. Chr.) .
171 v. Chr.: Menelaus (jüngerer Bruder des Onias III) erschlich sich durch Bestechung die Ernennung zum Hohen Priester. Antiochus hatte dieses Amt (für Geld) dem Menelaus versprochen. Aber Menelaus bezahlte zu wenig schnell das Geld. Antiochus ließ die goldenen Tempelgefäße holen. Menelaus versprach dem Antiochus noch größere Summen Geld, daher beließ er ihn im Amt als Hoher Priester. Onias III tadelte seinen Bruder Menelaus für seine Entweihung des Tempels. Daraufhin floh er an einem Zufluchtsort in Daphne. Onias wurde hinterlistig aus seinem Zufluchtsort gelockt und dann (von Antiochus’ Vizeregent Andronikus) ermordet. (Antiochus war in der Zeit abwesend, um eine in Cilicien). Als die Juden in Jerusalem das erfuhren, erhoben sich in Rebellion.
Nun begann eine Serie von Angriffen von Seiten der Syrer (Seleukiden) gegen die Juden, vor allem die Priester, den Tempel und die Stadt Jerusalem. Das zog sich hin bis zum Tode des Antiochus (Frühjahr oder Febr. 64 v. Chr.). 2300 Tage lang (Dan 8, 14).
Die Ermordung des Onias III, (2. Makkabäer 4, 33-38)
„Als Onias dies sicher erfahren hatte, rügte er es scharf, nachdem er sich in eine Freistatt bei Daphne, einem Vorort von Antiochien, zurückgezogen hatte. 34 Daher nahm Menelaus den Andronikus beiseite und forderte ihn auf, den Onias umzubringen. Dieser begab sich also zu Onias, leistete ihm, da ihm die Anwendung einer List empfohlen war, unter Eidschwüren den Handschlag und überredete ihn, obgleich die Sache dem Onias verdächtig erschien, aus der Freistatt herauszukommen, worauf er ihn, ohne alle Scheu vor dem Recht, sofort erstach. 35 Über diese Tat waren nicht nur die Juden, sondern auch viele von den anderen Völkern aufgebracht und über die ruchlose Ermordung des Mannes entrüstet.“
Dan 11, 23: „denn seitdem er sich mit ihnen (o.: mit ihm, d. i.: mit dem neuen Pseudo-Hohenpriester Jason) verbündet hat, wird er Trug üben, und wird heranziehen und Macht gewinnen mit wenig Volk.”
Im Kampf um den ägyptischen Thron schloss Antiochus ein Bündnis mit Ptolemäus VI. Philometer. In betrügerischer Absicht versuchte Antiochus durch diesen Bund größere Macht über Ägypten zu erlangen. Er eroberte Memphis und das restliche Ägypten bis nach Alexandria.
In Israel brachte die hellenistische Partei der Juden, angeführt durch Jason, ein Bündnis mit Antiochus IV zustande. Als Jason ihm reiche Geldgeschenke (540 Silbertaler) mit der Zusicherung anbot, mit seiner hellenistisch gesinnten Partei die Hellenisierung der Jerusalemer Kultgemeinde zu fördern, setzte der König den Hohen Priester Onias (175 v. Chr.) ab und machte an seiner Stelle Jason zum Hohen Priester. Jedoch auch Jason wurde von Antiochus IV. getäuscht: Antiochus setzte drei Jahre danach (171 v. Chr.) Jason ab und ersetzte ihn durch Menelaus, der noch größere Zahlungen anbot.
Als Antiochus in Ägypten in Kämpfe mit den Ptolemäern verwickelt war, vertrieb Jason seinen Nebenbuhler Menelaus und riss das Amt des Hohen Priesters wieder an sich. Antiochus musste in diesem Vorgehen eine Auflehnung gegen seine Macht sehen. Er kam persönlich nach Jerusalem, um Menelaus wieder einzusetzen. Bei dieser Gelegenheit konfiszierte er den Tempelschatz und betrat sogar das Allerheiligste des Tempels.
Abgesehen davon, dass Antiochus durch den Krieg in Ägypten in Geldnot war und seine Kasse aufzufüllen begehrte, wollte er durch dieses Vorgehen den Juden wohl auch seine Macht demonstrieren und sie einschüchtern.
Dass der seleukidische König in die internen Angelegenheiten der Jerusalemer Kultgemeinde eingriff und eigenmächtig, wenn auch auf Veranlassung von Juden hin, den Hohen Priester ein- und wieder absetzte, dass er mit Jason (?)/Menelaus sogar einem Nicht-Zadokiden ein Amt übertrug, das der nach geltendem Gesetz gar nicht hätte ausüben dürfen, musste den Gesetzestreuen als Sakrileg erscheinen und zu stärkster Verbitterung Anlass geben.
Unter der Priesterschaft Israels begann nun eine tiefgreifende Spaltung. Eine Gruppe hielt zu Antiochus. Aus dieser entwickelte sich später die Partei der Sadduzäer (hellenistisch gesinnte Führer). Die zweite Gruppe ging in Opposition, die späteren „Makkabäer”. Die dritte Gruppe wanderte aus – nach Qumran oder Ägypten. Daraus entwickelten sich später die Essener, die Qumransekte.
Durch Antiochus wurde Israel hellenisiert. Das Gottesvolk drohte unterzugehen.
Zum Bündnis mit den hellenistisch gesinnten Juden:
1. Makkabäer 1, 10-15: „Aus ihnen ging nun ein gottloser Spross hervor, nämlich Antiochus Epiphanes (d. h. der Erlauchte), der Sohn des Königs Antiochus; er war als Geisel in Rom gewesen und im 137. Jahre der griechischen Herrschaft (= 175 v. Chronik ) zur Regierung gelangte. 11 Zu jener Zeit traten in Israel nichtswürdige Leute auf, die viele andere für sich gewannen, indem sie ihnen vorhielten: „Kommt, wir wollen uns ins Einvernehmen mit den Heiden setzen, die rings um uns her wohnen! Denn seitdem wir uns von ihnen abgesondert haben, ist uns viel Unheil zugestoßen.” 12 Dieser Vorschlag fand Beifall bei ihnen, 13 und einige aus dem Volke waren gleich bereit, sich zum König zu begeben, der ihnen denn auch die Erlaubnis gab, die Bräuche der Heiden einzuführen. 14 So erbauten sie z. B. ein Gymnasium (d. h. eine Turnschule) in Jerusalem nach heidnischem Brauch, 15 suchten die an ihnen vollzogene Beschneidung unkenntlich zu machen, fielen so vom heiligen Bunde ab, schlossen sich an die Heiden an und gaben sich dazu her, Böses zu tun.“
V. 24: „Unversehens (d. h.: mitten im Frieden und in sorgloser Sicherheit) wird er in die fettesten (d. i.: die fruchtbarsten) Gegenden der Landschaft eindringen und tun, was weder seine Väter noch die Väter seiner Väter getan haben; und Raub und Beute und Gut wird er ihnen zerstreuen (d. h.: verschwenden);”
Unter dem Vorwand der Freundschaft fiel Antiochus in die reichsten Gegenden Ägyptens ein und plünderte sie. Um sich Unterstützung zu sichern, verteilte er großzügig Geschenke, die möglicherweise aus der Beute stammten. (Vgl. 1. Makkabäer 3, 29-31.)
In Jahr 169 v. Chr. plünderte er den jüdischen Tempel
1. Makkabäer 1, 16-28: „Als sich nun Antiochus in der Herrschaft genügend befestigt sah, sann er darauf, auch Herr von Ägypten zu werden, um so beide Königreiche in seiner Gewalt zu haben. 17 Er zog also mit einem gewaltigen Heere nach Ägypten, mit Kriegswagen, Elefanten und Reiterei und mit einer starken Flotte. 18 Der ägyptische König Ptolemäus, mit dem er Krieg führte, geriet in Furcht vor ihm und ergriff die Flucht, und viele Leute fielen und wurden erschlagen; 19 die ägyptischen Festungen wurden erobert, und er plünderte das Land Ägypten aus. 20 Nachdem Antiochus so Ägypten schwer heimgesucht hatte, kehrte er im Jahre 143 (d. h. 170/169 v. Chronik ) um, zog gegen Israel und kam nach Jerusalem mit gewaltiger Heeres macht. 21 Hier drang er in seinem Übermut in das Heiligtum ein, nahm den goldenen Altar und den Leuchter samt allen zugehörigen Geräten weg, 22 den Tisch für die Schaubrote, die Becher und Schalen, die goldenen Räuchergefäße, den Vorhang, die Kränze und die goldenen Zierate an der Vorderseite des Tempels und ließ von allen diesen Gegenständen den goldenen Überzug abreißen. 23 Weiter nahm er auch das Silber und das Gold und die kostbaren Geräte und alles, was er an verborgenen Schätzen vorfand; 24 und nachdem er alles an sich genommen hatte, zog er ab in sein Land, wobei er noch ein Blutbad anrichtete und vermessene Lästerreden ausstieß. 25 Da entstand laute Wehklage in Israel an allen seinen Wohnsitzen: 26 Oberste und Vornehme jammerten; den Jungfrauen und den Jünglingen verging die Jugendkraft, und die Schönheit der Frauen schwand dahin. 27 Jeglicher Bräutigam stimmte Trauerlieder an, die Neuvermählte im Brautgemach saß in Trauerkleidung da; 28 das Land erbebte ob seiner Bewohner, und das ganze Haus Jakobs war mit Schmach bedeckt.”
2. Makkabäer 5, 5-21: „Als sich nun ein falsches Gerücht verbreitete, dass Antiochus gestorben sei, raffte Jason eine Schar von mindestens 1000 Mann zusammen und überfiel die Stadt unversehens. Als die Mannschaften auf den Mauern vertrieben waren und die Einnahme der Stadt schließlich erfolgte, flüchtete sich Menelaus in die Burg; 6 Jason aber richtete erbarmungslos ein Blutbad unter seinen eigenen Mitbürgern an, ohne zu bedenken, dass ein Sieg über Mitbürger das größte Unglück sei; er wähnte vielmehr, Siegeszeichen über Feinde und nicht über Volksgenossen davonzutragen. 7 Dennoch gewann er die Herrschaft nicht, sondern trug als Lohn für seinen Anschlag nur Schande davon und musste als Flüchtling wieder ins Ammoniterland abziehen. 8 Nun erreichte ihn das Ende seines frevelhaften Tuns. Bei Aretas, dem arabischen Häuptling, verklagte (oder: gefangen gehalten?), floh er von Stadt zu Stadt, von allen verfolgt und als ein vom Gesetz Abtrünniger verabscheut und als Henker seines Vaterlandes und seiner Mitbürger verflucht. So wurde er nach Ägypten vertrieben, 9 und er, der so viele andere aus ihrem Vaterlande verjagt hatte, fand selbst in einem fremden Lande seinen Untergang. Er hatte sich nämlich zu den Lacedämoniern begeben in der Hoffnung, bei ihnen als bei Stammverwandten Schutz zu finden; 10 und er, der so viele unbegraben hatte hinwerfen lassen, blieb selbst unbetrauert und erhielt keinerlei liebevolle Bestattung und kein Grab bei seinen Vätern. 11 Als aber dem Könige die Kunde von dem, was (in Jerusalem) vorgegangen war, zu Ohren kam, meinte er, Judäa wolle abfallen. Er brach daher aus Ägypten auf mit tierischer Wut im Herzen, nahm die Stadt mit Waffengewalt ein 12 und befahl seinen Kriegern, schonungslos alle niederzumachen, die ihnen in die Hände fielen, ja auch alle abzuschlachten, die in ihrem Hause auf das Dach hinaufgegangen seien. 13 So erfolgte denn ein Gemetzel von Jünglingen und Greisen, ein Morden von Männern, Weibern und Kindern, ein Abschlachten von Jungfrauen und Säuglingen. 14 80.000 Menschen gingen im Verlauf von nur drei Tagen zugrunde, nämlich 40.000 durch Niedermetzelung, und ebenso viele wurden als Sklaven verkauft. 15 Und damit noch nicht zufrieden, hatte er die Frechheit, in den Tempel einzudringen, in diesen allerheiligsten Ort der Welt, wobei ihm Menelaus als Führer diente, der zum Verräter am Gesetz und am Vaterlande geworden war. 16 Er nahm dort mit seinen unreinen Händen die heiligen Geräte weg und rafft die Weihgeschenke, die von anderen Königen zur Verherrlichung und Ehre der Stätte gestiftet worden waren, mit seinen unheiligen Händen zusammen. 17 In der Dünkelhaftigkeit seines Herzens bedachte Antiochus nicht, dass Gott, der Herr, den Bewohnern der Stadt wegen ihrer Sünden für kurze Zeit zürnte und nur deshalb der Stätte eine Entweihung widerfahren war. 18 Wäre es nämlich nicht der Fall gewesen, dass der Ort in vielen Übertretungen befangen war, so würde, ganz wie der vom Könige Seleukus zur Besichtigung der Schatzkammer entsandte Heliodorus, so jetzt auch Antiochus für sein Eindringen sofort mit Geißelhieben gezüchtigt und von seiner Vermessenheit abgebracht worden sein. 19 Aber nicht um des Ortes willen hatte der Herr das Volk, sondern um des Volkes willen hat er den Ort erwählt. 20 Deswegen hat auch der Ort selbst nachdem er bei den Missgeschicken des Volkes mitgelitten hatte, nachmals an den Segnungen des Herrn teilgenommen; und während er damals, solange der Zorn des Allmächtigen dauerte, verlassen war, wurde er, als der große Herrscher sich mit seinem Volke versöhnt hatte, wieder in voller Herrlichkeit zu Ehren gebracht. 21 Nachdem nun Antiochus 1800 Talente aus dem Tempel an sich genommen hatte, kehrte er in aller Eile nach Antiochien zurück und war in seinem Hochmut überzeugt, das Land schiffbar und das Meer gangbar machen zu können: Solche Selbstüberhebung lebte in seinem Herzen!“
„... und gegen die Festungen wird er Pläne schmieden (o.: Anschläge ersinnen), und [das] bis auf eine (von Gott) bestimmte Zeit.”
Selbst in Friedenszeiten eignete er sich immer mehr Territorium an und benutzte Beute, um Gunst zu kaufen.
V. 25: „Und er wird seine Kraft und seinen Mut (w: sein Herz) gegen den König des Südens aufbieten mit einem großen Heere.”
Antiochus eröffnete mit einer gewaltigen Armee den so genannten „sechsten syrischen Krieg” (170-168 v. Chr.) gegen Ägypten, wo sein noch minderjähriger Neffe Ptolemäus VI. Philometor (181-145 v. Chr) auf dem Thron saß.
„Und der König des Südens wird sich zum Kampf rüsten mit einem großen und überaus starken Heere,
aber er wird nicht bestehen, denn man wird Anschläge gegen ihn planen.”
Syrien siegte. Ptolemäus VI. Philometor unterlag in der Schlacht bei Pelusium (170 n. Chr.) seinem Onkel Antiochus IV. Epiphanes.
Antiochus eroberte die ägyptische Stadt Memphis. Ptolemäus VI. unterwarf sich. Antiochus konnte sich in Memphis zum ägyptischen König krönen. Seinen Neffen Ptolemäus wollte er als Vasall behandeln. Da durchkreuzte die ägyptische Stadt Alexandria dieses Vorhaben. Alexandria konnte nämlich von den syrischen Streitkräften nicht erobert werden und machte den jüngeren Bruder Ptolemäus VII. Physcon, zum König. Jetzt wollte Antiochus in seinem eigenen Interesse (und zugleich im Interesse seines Neffen Ptolemäus VI.) gegen Alexandria vorgehen. Aber er scheiterte.
Der Satz „denn man wird Anschläge gegen ihn planen” und der Beginn von V. 26 beziehen sich wahrscheinlich auf die Empörung in Alexandria, wo man Ptolemäus VI. absetzte und seinen jüngeren Bruder Ptolemäus VII. zum König machte.
V. 26: „Und die seine Tafelkost essen (d. h. seine Tischgenossen) werden ihn zerbrechen (also seinen Untergang herbeiführen); und sein Heer wird daherfluten, und es werden viele Erschlagene (o.: Durchbohrte) fallen.
Der Grund der Niederlage Ägyptens war Sabotage in den eigenen Reihen.
V. 27: „Und die beiden Könige (Ptolemäus VI. Philometer und Antiochus IV.), ihre Herzen werden auf Bosheit bedacht sein, und an einem Tische werden sie verlogen miteinander reden.”
Ptolemäus VI. Philometer schloss mit Antiochus IV einen Unterwerfungsvertrag, d. h., er heuchelte Unterwürfigkeit vor, hielt sich aber in der Folge nicht daran, sondern einigte sich wieder mit seinem jüngeren Bruder Ptolemäus VII. und stellt sich in der Folgezeit wieder entschieden gegen seinen Onkel Antiochus IV Epiphanes.
„Aber es wird [ihnen] nicht gelingen, denn noch [geht] das Ende auf die festgesetzte Zeit.”
Das Ende geht noch auf die von Gott bestimmte Zeit. Es sollte erst später kommen. Zuvor sollte das Gottesvolk noch geläutert werden (V. 35). So lange dürfen der König des Nordens und der König des Südens ihr Wesen treiben, so lange werden sie um den Besitz ihres Reiches streiten, ohne dass ihre Pläne gelingen.
V. 28: „Und er (Antiochus IV.) wird mit großem Gut (d. h.: mit großer Beute) in sein Land zurückkehren, ...”
Antiochus blieb überlegen. Aber warum kehrte er in sein Land zurück?
Die Geschichte gibt die Antwort: Die Nachricht von einer Revolte in Zilizien und von Gerüchten in Jerusalem, wonach er tot sei, brachten Antiochus IV. dazu, mit seiner großen Kriegsbeute nach Norden abzuziehen.
„und sein Herz wird gegen den heiligen Bund [gerichtet sein];”
Auf dem Heimweg nach Syrien kam er durch Israel und traf dort auf einen israelitischen Aufstand. Gerüchte hatten dort gemeldet, Antiochus sei tot. Daraufhin überfiel Jason Jerusalem, um seine frühere Macht zurückzugewinnen. Nun kam Antiochus IV. und nahm die Stadt problemlos ein, da ihm die hellenistischen Juden die Stadttore öffneten. Er betrat und plünderte den Jerusalemer Tempel, massakrierte 80 000 Männer, nahm 40 000 Gefangene, verkaufte 40 000 als Sklaven. So vereitelte er den jüdischen Versuch, den von Antiochus bestimmten Priester Menelaus abzusetzen. (1. Makkabäer 1, 22-29).
Durch den Ausdruck „gegen den heiligen Bund” wird gezeigt, dass das Unternehmen des Antiochus ein Attentat gegen das Reich Gottes (und gegen Gott selbst, vgl. 8, 25) war.
„und er wird [entsprechend] handeln und in sein Land zurückkehren.”
Gott lässt ihn noch gewähren. Die von Gott festgesetzte Zeit für seinen Untergang ist noch nicht gekommen.
Die folgenden Verse beschreiben den zweiten Feldzug des Antiochus (168 v. Chr.)
V. 29: „Zur festgesetzten Zeit (d. h. zu der von Gott bestimmten Zeit) wird er wiederum gegen den Süden (gegen Ägypten) ziehen, aber es wird zuletzt (d. h. bei diesem zweiten Mal) nicht so sein wie im Anfang (also wie beim ersten Mal), ...”
Dieses Mal sollte er keinen Erfolg haben. Die beiden Söhne Kleopatras (Ptolemäus VI. und Ptolemäus VII.) taten sich zusammen und erhielten dazu noch Hilfe von Rom, welches sich zu Jener Zeit bereits als Herr des Ostens fühlte.
V. 30: „denn es werden Schiffe von Kittim gegen ihn kommen;
„Kittim” bezeichnete zunächst Zypern, später aber auch die Inseln und Küstenländer des Mittelmeeres allgemein, also die Mittelmeerländer (Vgl. Hesekiel 27, 6; in 1. Mose 24, 24 ist es eine Macht aus dem Westen; da aber Griechenland in 8, 21 und 10, 20 mit „Jawan” bezeichnet wurde, kann sich „Kittim” nur auf die Römer beziehen. In der griech. Übersetzung wird „Kittim” auf die Römer bezogen. Auch in in Qumran heißen die Römer „Kittim”.)
Was berichtet die Geschichtsschreibung? Antiochus konnte 168 v. Chr. Memphis erobern. Er zog gegen Alexandrien. Aber aus Zypern war Ägypten eine römische Flotte zu Hilfe gekommen. Da – 4 000 Schritte vor Alexandrien – ereignete sich ein Wendepunkt der Weltgeschichte: Während Antiochus Alexandria belagerte, konfrontierte ihn der römische Befehlshaber Gaius Popilius Laenas mit einem Schreiben des römischen Senats, das ihm den Krieg gegen die Ptolemäer untersagte. Er forderte ihn zum Rückzug auf. Laenas zeichnete mit einer Rute einen Kreis um Antiochus und verlangte, dass er sich entscheiden solle, ehe er sich von der Stelle bewegte. Aufgrund der römischen Übermacht musste Antiochus zähneknirschend den Rückzug antreten und Ägypten verlassen.
„und er wird verzagen, und wird umkehren, und er wird ergrimmen gegen (o.: Verfluchungen ausstoßen gegen) den heiligen Bund und wird [entsprechend] handeln:”
Auf dem Rückmarsch kam entmutigte, gedemütigte und erboste „König des Nordens” nach Palästina und ließ die Israeliten seinen Zorn spüren. Er richtete großes Unheil an, um seine Wut auszulassen. Dabei war ihm die von Gott abtrünnige hellenistische (griechenfreundliche) Judenpartei von großem Nutzen.
„Er wird umkehren und sein Augenmerk auf diejenigen richten, die den heiligen Bund verlassen.”
Antiochus erwies diesen abgefallenen Juden Gunst, um sie an sich zu binden. Mit Hilfe dieser abtrünnigen Juden konnte er seine Pläne gegen die mosaische Religion durchsetzen (1. Makkabäer 1, 11-16; 2, 18.)
Es ging also in erster Linie um religiöse Verführung.
V. 31: „Und Machtgruppen (Streitkräfte, d. h. die syrische Truppen und die mit ihnen verbündeten hellenistischen Juden] werden von ihm entsandt und das Heiligtum (w: das Heilige), die Burgfeste, entweihen, und werden das beständige [Opfer] abschaffen und den verwüstenden Gräuel (o: den Verwüstungsgräuel; den Gräuel, der Verwüstung anrichtet) aufstellen.
168 v. Chr. sandte Antiochus IV seinen Steuereintreiber Apollonius mit einer Armee nach Jerusalem. Der überfiel an einem Sabbat hinterlistig die Stadt, setzte Häuser in Brand, riss die Stadtmauern nieder, besetzte die Davidsstadt und errichtete eine Terrorherrschaft über Jerusalem. Er plünderte den Tempel, ließ die Heiligen Schriften verbrennen, ermordete viele Juden, machte viele Gefangene (Makk 1, 37-54).
Das Religionsedikt von Antiochus verbot die mosaischen Opfer, die Gottesdienste, die Sabbatfeier, die Beschneidung und alle religiösen Feste. Stattdessen wurden heidnische Feierlichkeiten befohlen. Der Besitz der heiligen Gesetzbücher war bei Todesstrafe untersagt. Alle Heiligen Schriften wurden verbrannt. Am 15. Dez. 168 v. Chr. richtete er auf dem Brandopferaltar den „verwüstenden Gräuel” auf: ein Götzenbild zu Ehren des olympischen Gottes Zeus (wie man sagt: mit Gesichtszügen des Antiochus). So wurde der Tempel Gottes zu einem Zeusaltar umfunktioniert. Antiochus ließ ein Schwein opfern und Schweinebrühe an den Altar sprengen. Das Schreckliche daran war, dass ein Teil der Juden und der Priester dabei mitmachte. Antiochus ließ überall im Lande Zeusaltäre errichten und die Teilnahme am Zeuskult erzwingen. Dieses Religionsedikt war nicht nur gegen die Juden, sondern auch gegen den „Fürsten des Heeres” (8, 11), gegen den Gott des Himmels, gerichtet.
So „verdarb“ das Volk der „Fürsten“ Antiochus „die Stadt und das Heiligtum“ (Dan 9, 26).
1. Makkabäer 1, 28-40: „Das Land erbebte ob seiner Bewohner, und das ganze Haus Jakobs war mit Schmach bedeckt. 29 Zwei Jahre später sandte der König einen Obersteuereinnehmer (Er hiess Apollonius, vgl. 2Ma 5: 24) in die Städte von Juda. Der kam nach Jerusalem mit starker Heeres macht, 30 ließ jedoch vor den Stadtbewohnern in hinterlistiger Weise friedliche Worte verlauten, so dass sie ihm Glauben schenkten. Plötzlich aber überfiel er die Stadt, richtete ein großes Blutbad in ihr an und brachte viele Israeliten im Lande um. 31 Dann ließ er die Stadt plündern und in Flammen aufgehen und ihre Häuser und die Mauern ringsum niederreißen. 32 Weiter führte man die Weiber und Kinder als Gefangene weg und bemächtigte sich des Viehs. 33 Sodann befestigte man die Davidstadt mit einer großen und starken Mauer und festen Türmen, damit sie ihnen als Burg diente. 34 In diese legten sie als Besatzung verbrecherisches Gesindel, nichtswürdige Leute, hinein, die sich darin festsetzten. 35 Auch schaffte man Waffen und Lebensmittel hinein und verwahrte daselbst die Beute, die man aus Jerusalem zusammengebracht hatte; so wurde die Burg zu einem schlimmen Unheil (eigentlich: Fallstrick) für die Stadt. 36 Ja, sie wurde zum Hinterhalt für das Heiligtum und zum schlimmen Widersacher für Israel allezeit. 37 Unschuldig Blut vergossen sie rings um das Heiligtum und entweihten dadurch das Heiligtum. 38 Darum flohen ihretwegen die Bewohner Jerusalems, und Ausländern diente die Stadt als Wohnsitz; den Eingeborenen wurde sie fremd, und ihre eigenen Kinder verließen sie. 39 Ihr Heiligtum ward öde wie die Wüste, ihre Feste wandelten sich zu Trauertagen; ihre Sabbate wurden geschändet, und ihre Ehre ward zur Verachtung. 40 So groß wie einst ihr Ruhm ward nun ihre Schmach, und ihre Hoheit versank in Trauer.“
Ant 12, 250-253: „So he left the temple bare, and took away the golden lampstands, and the golden altar [of incense], and table [of showbread], and the altar [of burnt offering]; and did not abstain from even the veils, which were made of fine linen and scarlet. He also emptied it of its secret treasures, and left nothing at all remaining; and by this means cast the Jews into great lamentation, 251 for he forbade them to offer those daily sacrifices which they used to offer to God, according to the Law. And when he had pillaged the whole city, some of the inhabitants he slew, and some he carried captive, together with their wives and children, so that the multitude of those captives that were taken alive amounted to about ten thousand. 252 He also burnt down the finest buildings; and when he had overthrown the city walls, he built a citadel in the lower part of the city, {d} for the place was high, and overlooked the temple, on which account he fortified it with high walls and towers, and put into it a garrison of Macedonians. However, in that citadel dwelt the impious and wicked part of the [Jewish] multitude, from whom it proved that the citizens suffered many and sore calamities. 253 And when the king had built an idol altar upon God's altar, he slew swine upon it, and so offered a sacrifice neither according to the Law, nor the Jewish religious worship in that country. He also compelled them to forsake the worship which they paid their own God, and to adore those whom he took to be gods; and made them build temples, and raise idol altars in every city and village, and offer swine upon them every day.”
Josua Ant 12, 267 (Sechstes Kapitel): „Now this Mattathias lamented to his children the sad state of their affairs, and the ravage made in the city, and the plundering of the temple, and the calamities the multitude were under; and he told them that it was better for them to die for the laws of their country, than to live so ingloriously as they then did.”
Ant 12, 295-297: „Hereupon, he left one whose name was Lysias, who was in great repute with him, governor of the kingdom, as far as the bounds of Egypt, and of the Lower Asia, and reaching from the river Euphrates, and committed to him a certain part of his forces, and of his elephants, 296 and charged him to bring up his son Antiochus with all possible care, until he came back; and that he should conquer Judea, and take its inhabitants for slaves, and utterly destroy Jerusalem, and abolish the whole nation; 297 and when king Antiochus had given these things in charge to Lysias, he went into Persia; and, in the hundred and forty-seventh year, he passed over the Euphrates, and went to the upper provinces.”
Ant 12, 324-326: „Nay, they were so very glad at the revival of their customs, when, after a long time of intermission, they unexpectedly had regained the freedom of their worship, that they made it a law for their posterity that they should keep a festival, on account of the restoration of their temple worship, for eight days.
325 And from that time to this we celebrate this festival, and call it Lights . I suppose the reason was, because this liberty beyond our hopes appeared to us; and that hence was the name given to that festival.
326 Judas also rebuilt the walls around the city, and reared towers of great height against the incursions of enemies, and set guards therein. ….”
Ant 12, 383: „But when Antiochus came into it, and saw how strong the place was, he broke his oaths, and ordered his army that was there to pull down the walls to the ground; and when he had so done, he returned to Antioch. He also carried with him Onias the high priest, who was also called Menelaus;”
Ant 13, 40-41: „When these were read, these wicked men and deserters, who were in the citadel, were greatly afraid, upon the king's permission to Jonathan to raise an army, and to receive back the hostages: so he delivered each of them to his own parents; 41 and thus did Jonathan make his abode at Jerusalem, renewing the city to a better state, and reforming the buildings as he pleased; for he gave orders that the walls of the city should be rebuilt with square stones, that it might be more secure from their enemies;”
Ant 13, 47-57: „This greatly grieved Demetrius, when he heard of it, and made him blame himself for his slowness, that he had not anticipated Alexander, and got the goodwill of Jonathan, but had given him time so to do. However, he also himself wrote a letter to Jonathan, and to the people, the contents whereof are these: --
48 King Demetrius to Jonathan, and to the nation of the Jews, sends greetings. Since you have preserved your friendship for us, and when you have been tempted by our enemies, you have not joined yourselves to them; I both commend you for your fidelity, and exhort you to continue in the same disposition; for which you shall be repaid, and receive rewards from us; 49 for I will free you from the greatest part of the tributes and taxes which you formerly paid to the kings my predecessors, and to myself; and I do now set you free from those tributes which you have ever paid; and besides, I forgive you the tax upon salt, and the value of the crowns which you used to offer to me: {c} and instead of the third part of the fruits of the field, and the half of the fruits of the trees, I relinquish my part of them from this day:
50 and as to the poll money, which ought to be given me for every head of the inhabitants of Judea, and of the three toparchies that adjoin to Judea, Samaria, and Galilee, and Perea, that I relinquish to you for this time, and for all time to come.
51 I will also, that the city of Jerusalem be holy and inviolable, and free from the tithes, and from the taxes, to its utmost bounds: and I so far recede from my title to the citadel, as to permit Jonathan your high priest to possess it, that he may place such a garrison in it as he approves of for fidelity and goodwill to himself, that they may keep it for us.
52 I also make free all those Jews who have been made captives and slaves in my kingdom. I also order that the beasts of the Jews be not pressed for our service; and let their Sabbaths, and all their festivals, and three days before each of them, be free from any imposition.
53 In the same manner, I set free the Jews that are inhabitants of my kingdom, and order that no injury be done to them. I also give permission to those who are willing to enlist themselves in my army, that they may do it, and those as many as thirty thousand; which Jewish soldiers, wherever they go, shall have the same pay that my own army has; and some of them I will place in my garrisons, and some as guards about mine own body, and as rulers over those who are in my court.
54 I give them permission also to use the laws of their forefathers, and to observe them; and I will that they have power over the three toparchies that are added to Judea; and it shall be in the power of the high priest to take care that no one Jew shall have any other temple for worship but only that at Jerusalem.
55 I bequeath also, out of my own revenues, yearly, for the expenses about the sacrifices, one hundred and fifty thousand [drachmas]; and what money is to spare, I will that it shall be your own. I also release to you those ten thousand drachmas which the kings received from the temple, because they appertain to the priests that minister in that temple.
56 And whoever shall flee to the temple at Jerusalem, or to the places thereto belonging, or who owe the king money, or are there on any other account, let them be set free, and let their goods be in safety.
57 I also give you permission to repair and rebuild your temple, and that all be done at my expense. I also allow you to build the walls of your city, and to erect high towers, and that they be erected at my charge. And if there be any fortified town that would be convenient for the Jewish country to have very strong, let it be so built at my expense.''„
Ant 13, 181-183: „When Simon and Jonathan had finished these affairs, they returned to Jerusalem, where Jonathan gathered all the people together, and took counsel to restore the walls of Jerusalem, and to rebuild the wall that surrounded the temple, which had been thrown down, and to make the places adjoining stronger by very high towers;
182 and besides that, to build another wall in the midst of the city, in order to exclude the market place from the garrison, which was in the citadel, and by that means to hinder them from any supply of provisions; and moreover, to make the fortresses that were in the country much stronger, and more defensible than they were before.
183 And when these things were approved of by the multitude, as rightly proposed, Jonathan himself took care of the building that belonged to the city, and sent Simon away to make the fortresses in the country more secure than formerly.”
Ant 13, 202: „So he got together immediately all his own soldiers that were fit for war, and made haste in rebuilding the walls of the city, and strengthening them by very high and strong towers, and sent a friend of his, one Jonathan, the son of Absalom, to Joppa, and gave him orders to eject the inhabitants out of the city, for he was afraid lest they should deliver up the city to Tryphon; but he himself stayed to secure Jerusalem.”
Dieses Freveln hatte eine doppelte Auswirkung auf Gottes Volk: Die im Herzen Abtrünnigen wurden zum gänzlichen Abfall getrieben. Die Frommen, andererseits, wurden in ihrer Treue zu Gott bestärkt. So fand eine Scheidung innerhalb des Gottesvolkes statt. Die Grenzen, wer wirklich zum treuen Überrest gehört, wurden klar.
V. 32: „Und die, die am Bunde ehrfurchtslos handeln, ...”
– o. freveln, d. h., frech die Gesetze des Bundes verletzen, also die Abtrünnigen, aber noch nicht gänzlich Abgefallenen –
„wird er durch Schmeicheleien (durch listige Versprechungen von irdischen Vorteilen) zum Abfall verleiten (o.: profan machen; zu Heiden machen);”
Kompromissbereite Juden (Vgl. V. 30.) wurden durch Antiochus’ Schmeicheleien verführt, sich auf seine Seite zu schlagen (1. Makkabäer. 1, 11-15; 2, 18).
1. Makkabäer 1, 11-15 (Menge): „Zu jener Zeit traten in Israel nichtswürdige Leute auf, die viele andere für sich gewannen, indem sie ihnen vorhielten: Kommt, wir wollen uns ins Einvernehmen mit den Heiden setzen, die rings um uns her wohnen! Denn seitdem wir uns von ihnen abgesondert haben, ist uns viel Unheil zugestoßen. 12 Dieser Vorschlag fand Beifall bei ihnen, 13 und einige aus dem Volke waren gleich bereit, sich zum Könige zu begeben, der ihnen denn auch die Erlaubnis gab, die Bräuche der Heiden einzuführen. 14 So erbauten sie z. B. ein Gymnasium (d. h. eine Turnschule) in Jerusalem nach heidnischem Brauch, 15 suchten die an ihnen vollzogene Beschneidung unkenntlich zu machen, fielen so vom heiligen Bunde ab, schlossen sich an die Heiden an und gaben sich dazu her, Böses zu tun.”
2, 18: „So tritt du nun zuerst heran und komm der königlichen Verordnung nach, wie alle Völker es getan haben, auch die Männer von Juda und die in Jerusalem Zurückgebliebenen; so wirst du und dein ganzes Haus zu den Freunden des Königs gehören, und du und deine Söhne, ihr werdet mit Silber und Gold und vielen Geschenken geehrt werden.”
Antiochus hatte nur bei denen Erfolg, die schon vorher kompromissbereit waren und Gottes Wort nicht ernst genug nahmen.
Wir lernen daraus: Der Mensch entscheidet heute über seine Zukunft. Wer heute kompromisslos Gott dient und aus dem Wort Gottes lebt, wird bei Verfolgung leichter den Versuchungen und Verführungen widerstehen können und fest bleiben. Bei einer anderen Gelegenheit sagte der Herr Jesus den Jüngern (Matthäus 24, 13): „Der, der ausharrt bis zum Ende, wird gerettet werden.”
„aber die vom Volk, die ihren Gott kennen (die Gesetzestreuen, die treuen Bekenner Jahwehs, die Gottes Wort ernst nehmen und bewahren und tun), werden Stärke zeigen (die werden am Bund festhalten) und werden’s hinausführen (o.: werden entsprechend handeln).”
Die Abfallbewegung hat einen überraschenden Effekt auf die Treuen: Sie werden erstarken. Die, die im Glauben standhaft geblieben waren, werden in ihrer Treue zu Gott noch mehr bestärkt. Ähnlich war es in der Geschichte Daniels und seiner drei Freunde. (Vgl. Dan 1-3.)
Aus den Makkabäerbüchern erfahren wir, dass sich der Widerstand organisierte: Der Priester Mattathias und seine fünf Söhne (Johanan, Simon, Judas, Eleasar und Jonathan kämpften mit großem Mut gegen die Syrer und die abgefallenen Juden. Nach dem Tod des Mattathias im Jahre 166 v. Chr. ging die Führung auf dessen drittältesten Sohn Judas über, der den Beinamen Makkabaios, der Hammergleiche, trug („Makkabäer”, von aram. makkaba, „der Hammer”).
V. 33: „Und die Verständigen des Volkes ...”
Nicht nur eine Schar theologisch geschulter Lehrer, sondern allgemein die Einsichtigen (Frommen, Gottesfürchtigen, d. i. die, die ihren Gott und die Wahrheit kannten, 1, 4.17; 9, 13.22), sie alle wurden zu Lehrern des Gottesvolkes.
„werden die Vielen (d. i.: die Masse des Volkes) unterweisen;”
Sie werden den Vielen zur Einsicht verhelfen; und viele werden sich zum Festhalten am Gesetz des Herrn bewegen lassen;
„und darüber werden sie [verfolgt werden und] unterliegen”
Nicht alle sollten zu Fall kommen und unterliegen, sondern eine gewisse Anzahl von ihnen (V. 35).
„durch Schwert” (1. Makkabäer 1, 57; 2, 38; 3, 41; 5, 13; 2. Makkabäer 6, 11) „und Flamme,” (ein Hinweis auf die kriegerischen Auseinandersetzungen im Freiheitskampf der Makkabäer 167 bis 164 v. Chr.; 1. Makkabäer 2ff.) „durch Gefangenschaft und Raub – Tage hindurch.”
Die gesetzestreuen Juden riefen zum Wort Gottes zurück. Viele starben als Märtyrer (1. Makkabäer 6, 18-7, 42). Geistliche Erweckung einerseits und schwere Verluste andererseits kennzeichneten diese Zeit.
V. 34: „In ihrem Unterliegen aber (d. h. während sie verfolgt werden und äußerlich betrachtet am Unterliegen sind) wird ihnen mit einer kleinen Hilfe geholfen werden;”
Durch den treuen Kampf der „Verständigen” blieben das Gotteskönigtum und der Gottesdienst in Israel erhalten.
„und viele werden sich ihnen anschließen mit Heucheleien.”
Viele gaben in schmeichelnder Weise Unterwürfigkeit vor. Die Erfolge des Judas Makkabäus und die Strenge, mit der er und Mattathias gegen die Abtrünnigen auftraten (Makk 2, 44; 3, 5.8), bewirkten, dass sich ihnen viele nur aus Heuchelei anschlossen (1. Makkabäer 7, 6; 2. Makkabäer 14, 6) und bei Gelegenheit wieder abfielen (1. Makkabäer 6, 21ff; 9, 23).
V. 35: „Und von den Verständigen werden [einige] unterliegen (d. h.: zu Fall kommen), ...”
Der „Fall” war ein äußerlicher: Tod im Kampf, durch Hinrichtung, im Gefängnis (V. 33).
Warum ließ Gott dies zu?
„um sie zu läutern und zu reinigen (o.: zu sichten) und weiß zu machen”
Läuterung der Verständigen war Ziel und Frucht jener Bedrängnis. Gottes Volk braucht Läuterungen. Durch Bedrängnisse werden die Bewährten offenbar.
„bis zur Zeit des Endes, denn es verzieht sich noch bis zur festgesetzten Zeit.”
Das Ende zieht sich noch hinaus. Gottes Volk ist aufgerufen bis zum Ende auszuharren. Das Ende wird ab V. 40 beschrieben.
Über die geschichtlichen Details siehe die Zitate aus 1. Makkabäer und 2. Makkabäer, sowie Josephus Flavius im Anschluss an Dan 8, 14 (unter: B. Geschichtliches)
Über den weiteren Verlauf der Makkabäerkriege
Während sich die Tätigkeit des Mattathias auf Aktionen gegen abtrünnige Juden beschränkte, kam es unter Judas Makkabäus zur entscheidenden Auseinandersetzung mit der seleukidischen Macht selbst. In zwei kleineren Gefechten konnte Judas den Angriff erfolgreich abwehren. Antiochus, in Kämpfe in Persien verwickelt, übertrug die Niederwerfung des Aufstandes Lysias, dem Statthalter über Syrien und Palästina.
Judas gelang es, die syrische Heeresmacht unter Befehl des Feldherrn Georgias bei Emmaus zu schlagen und im folgenden Jahr Lysias bei Bet-Zur zu besiegen. Die erstaunlichen Erfolge der aufständischen Juden gegen den zahlenmäßig so sehr überlegenen und besser ausgerüsteten Gegner kann man zum einen auf das taktisch geschickte Manövrieren des Judas zurückführen, der den Syrern die bessere Lokalkenntnis voraus hatte, zum anderen auf den äußerst großen Mut und Einsatz seiner Anhänger, die bis aufs Blut kämpften.
Nach den Siegen bei Emmaus und Bet-Zur war Judas Makkabäus Herr der Lage in Judäa. Nunmehr konnte er daran denken, das Heiligtum in Jerusalem wiederherzu-stellen. Gegen Ende des Jahres 165 v. Chr. schloss er die syrische Besatzung in der Burg Akra auf dem Südosthügel von Jerusalem ein, ließ den entweihten Altar niederreißen, einen neuen Altar errichten, neue Kultgeräte herstellen und den Tempelbezirk befestigen. Am 25. Kislev, im Dezember des Jahres 165 v. Chr. konnte der Tempel neu geweiht und der legitime Opferdienst nach dreijähriger Unterbrechung wieder aufgenommen werden. Zur Erinnerung an dieses Ereignis wurde das Chanukka-Fest eingeführt, das Fest der Tempelweihe, das seitdem im Judentum alljährlich im Dezember acht Tage lang gefeiert wird.
V. 36: „Und der König wird tun, was er will, und wird sich überheben und großtun gegen alles, was Gott ist, ...”
Der Beiname des Antiochus „Theos Epiphanes” (der erscheinende oder erschienene Gott) deutet darauf hin, dass er sich als „Gott” ausgab. Sein Handeln zeigt, dass er sich gegen den wahren Gott des Himmels überhob (vgl. 8, 11ff), dessen Heiligtum er entweihte und dem er den regelmäßige Opfergottesdienst wegnahm.
„und gegen den Gott der Götter wird er Unerhörtes (o.: Erstaunliches) reden.”
Vgl. Dan 7, 8.11.20.
„Und er wird Gelingen haben, bis der Zorn gar aus (o.: bis die Verfluchung vollendet) ist, ...”
D. h. entweder: „bis Gottes Zorn im vollen Maß ausgeschüttet ist”, oder: „bis das göttliche Zorngericht über Israel vollendet ist”.
Es ist Gottes züchtigender Zorn über Israel gemeint.
„…, denn das Festbeschlossene vollzieht sich (o.: wird vollzogen werden).”
Was unwiderruflich beschlossen ist, wird – wie das Gesetz der Meder und Perser – nicht rückgängig gemacht. Es muss und wird geschehen. Das von Gott unwiderruflich beschlossene Zorngericht wird ausgeführt werden, und es soll auch dazu dienen, Gottes Volk zu läutern.
V. 37: „Und auf die Götter seiner Väter wird er nicht achten, ...”
Manche Ausleger meinen, das könnte sich darauf beziehen, dass er den Gott seiner Väter, den Apollos, durch Zeus ersetzt habe. Andere meinen, dass es sich eher und eine polemische Überzeichnung handelt, die seine Pietätslosigkeit beschreibt.
„noch auf das Begehrenswerte der Frauen ...”
Der Ausdruck ist etwas unklar. Ist damit der Lieblingsgott der Frauen – Adonis oder Dionysos – gemeint, die Antiochus bei seinen Expeditionen nach Ägypten gekränkt hat? Oder ist es auf den babylonischen Frühlingssonnengott Tammuz bezogen? Vgl. Hesekiel 8, 14 (Vgl. H. Menge): „Hierauf brachte er mich an den Eingang des nördlichen Tores am Tempel Jahwes; dort sah ich die Frauen sitzen, die den Thammus beweinten. (Das Pflanzenleben, das im Juni/Juli abstirbt, wird beklagt.).”
Manche Ausleger meinen, mit dem „kostbaren Gut der Frauen” sei das, was Frauen an einem Mann attraktiv finden. Er werde nicht darauf achten, was Frauen an einem Mann so sehr schätzen und haben wollen: Tugendhaftigkeit und zarte Regungen ihnen gegenüber. Barnes: „Antiochus war … unfähig zu ehrenhafter und reiner Liebe. … Wenn man das große Ausmaß der Verderbtheit eines tyrannischen Menschen beschreiben möchte, kann man das nicht besser tun als dass man sagt, dass ihm all das gleichgültig ist, was Frauen an einem tugendhaften Mann attraktiv und interessant finden.”
„noch auf irgendeine Gottheit wird er achten, denn er wird sich über alles erheben (o.: groß machen).”
Antiochus überhob sich in seinem Hochmut über alles, d. h., über den wahren Gott und über die Menschen. Echte Gottesfurcht ist ihm fremd.
V. 38: „Aber statt dessen wird er den Gott der Festungen ehren, ...”
Den einzigen Gott, den er gleichsam „anbetet”, anerkennt und ehrt, ist die Gewalt, die Macht, die Herrschaft. Daher erreicht er seine Ziele und Vorhaben nicht durch Gerechtigkeit oder mit religiösen Regungen, sondern durch Waffengewalt. Der Gott, den er ehrt, ist der Kriegsgott. Er würde also nur solch einen Gott ehren, der ein passender Repräsentant einer solchen Einstellung ist.
Dies passt sehr gut auf Antiochus, der nicht auf religiöse Verpflichtung oder Gerechtigkeit oder Barmherzigkeit achtete, sondern seine Absichten einfach mit purer Gewalt durchsetzte. In dieser Hinsicht war der Hellenismus mit seinem Zeuskult (Jupiterkult) passend für ihn und Zeus sein passender Repräsentant, denn jener oberster Götterherrscher regierte nur durch seine Gewalt und repräsentierte die Lebensphilosophie der Gewalt.
„… eine Gottheit, die seine Väter nicht kannten, wird er ehren mit Gold und mit Silber und mit Edelsteinen und mit [sonstigen] Kostbarkeiten.”
Als Antiochus seine erste Jugendzeit in Rom verbrachte, lernte er den Jupiterkult (Zeuskult) auf dem Capitol kennen. Sein Anliegen war es dann, die Jupiteranbetung in Syrien einzuführen. Antiochus imitierte die Sitten und Bräuche der Römer bis ins Detail (Diod. Sic. Frag, xxvi. 65, s. Barnes, Commentary on Daniel) und beabsichtigte einen großen Tempel zu Ehren des Jupiter Capitolinus in Antiochia zu errichten (Livius, xli.20, s. Barnes).
V. 39: „Und mithilfe des fremden Gottes wird er gegen die starken Festungen (d. h. gegen die Bewohner derselben) so verfahren, dass er denen, die [ihm] Anerkennung zollen (d. h. die ihn anerkennen, sich ihm fügen), viel Ehre erweisen wird, ...”
Denen, die ihn anerkennen und ihm zu Willen sind, wird er Ehre, Macht und Güter verleihen. Hier ist möglicherweise die Situation in Israel gemeint.
„... und er wird ihnen Herrschaft verleihen über die Vielen und wird Land zum Lohne austeilen.”
Die „Vielen, d. i.: „die jüdische Volksmasse.
„Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens sich mit ihm stoßen. Und der König des Nordens wird ‹wie ein Wirbelwind› gegen ihn heranstürmen mit Wagen und mit Reitern und mit vielen Schiffen und wird in die Länder eindringen und ‹sie› überschwemmen und überfluten, 41 und er wird in das Land der Zierde kommen. Und viele ‹unterliegen und› kommen zu Fall. Aber diese entkommen seiner Hand: Edom und Moab und die Vornehmsten der Söhne Ammons. 42 Und er streckt seine Hand aus nach den Ländern. Auch das Land Ägypten entkommt nicht. 43 Und er herrscht über Schätze an Gold und Silber und über alle Kostbarkeiten Ägyptens. Und Luwiten und Kuschiten sind in seinem Gefolge. 44 Da erschrecken ihn Gerüchte von Osten und von Norden her; und er zieht in großer Grimmglut aus, viele zu vernichten und ‹an ihnen› den Bann zu vollstrecken. 45 – Und sein Palastzelt (w.: die Zelte seines Palastes, d. h., seine palastartigen Königszelte) schlägt er auf zwischen dem Meer” (o.: zwischen den Meeren) und dem Berge der heiligen Zierde. – Und er kommt zu seinem Ende. Und es ist keiner ‹da›, der ihm helfe.”
Beziehen sich diese Verse auf Antiochus oder auf einen zukünftigen „König des Nordens”, den so gen. „Antichristus”?
Gerhard Maier („Der Prophet Daniel”, Wuppertaler Studienbibel, Wuppertal 1982, S. 406) meint: „Eins steht fest: Auf Antiochus IV. Epiphanes treffen höchstens Splitter dieser Verse zu.” Er kommt zu dem Schluss, dass die Prophetie 11, 40ff eine Weissagung ist, „deren umfassende Erfüllung noch aussteht” (ebd., S. 408), und bezieht sie auf den „Antichristen”.
Joice G. Baldwin („Daniel”, Tyndale Commentaries, Leicester 1978, S. 201f) denkt ebenfalls an eine Erfüllung der Weissagung erst in der Zukunft. Er meint: „Wenn man die Auffassung vertritt, dass das hier (vergangene) Geschichte ist, dann ist dieser Bericht fehlerhaft, ...”, denn Antiochus starb nicht in Palästina, sondern in Syrien (Polybius, 31, 9, Loeb Edition, zit. bei Baldwin): „In dem Wunsch, sich Geld zu verschaffen, entschied sich in Syrien der König Antiochus für einen Eroberungsfeldzug gegen das Heiligtum von Artemis in Elymais. Dort angekommen wurden seine Hoffnungen zerschlagen, da die fremden Stämme, die in der Nachbarschaft wohnten, diese Gräueltat nicht zulassen wollten. Und auf seinem Rückzug wurde er mit Wahnsinn geschlagen, angeblich aufgrund von gewissen Offenbarungen göttlichen Missfallens, das auf den vorhin erwähnten Versucht jener Gräueltat zurückzuführen gewesen sei; so starb er in Tabae in Persien.” (Übersetzung aus dem Engl. vom Verf.)
Carl Friedrich Keil („Biblischer Commentar über den Propheten Daniel”, Leipzig 1869, S. 390) meint: „Auf Antiochus Epiphanes lassen sich die Verse 40-45 nicht deuten, sondern mit den alten Auslegern nur auf den Erzfeind des Volkes Gottes, den Antichrist, beziehen.” Bezüglich der Geschichte des Antiochus schreibt Keil (S 389): „Nach 1. Makkabäer 3, 27ff beschloss Antiochus auf die Nachricht von der siegreichen Erhebung der Makkabäer und den Schlachten, die Judas gewonnen hatte, da er sah, daß ihm die Geld zur Fortführung des Kriegs mangeln würde, nach Persien zu ziehen und die Steuern der Länder zu erheben (...) und zog, nachdem er dem Lysias als Statthalter die Hälfte seiner Kriegsmacht übergeben hatte, um damit die Macht Juda’s zu zermalmen, mit der anderen Hälfte seines Heeres von Antiochia aus über den Euphrat durch die oberen Länder, d. h. die hochgelegenen Länder jenseit des Euphrat (...). Dort hörte er von den großen Schätzen einer reichen Stadt in Persien und beschloß diese Stadt zu überfallen und ihre Schätze zu plündern, wurde aber, da die Bewohner von seinem Vorhaben Kunde erhielten, zurückgeschlagen und genötigt, sich unverrichteter Sache nach Babylon zurückzuziehen. Auf dem Rückzuge erhielt er noch in Persien die Nachricht von der Niederlage des Lysias im Kampfe mit den Makkabäern und von der Wiederherstellung des Jehovaaltars zu Jerusalem, worüber er vor Schreck und Betrübnis in eine Krankheit fiel und an derselben starb. (1. Makkabäer 6, 1-16). Die geschichtliche Wahrheit dieses Berichts wird durch Polybius bestätigt” (Fragm. 31, 11).
Schlüssiger sind die Darlegungen von Auslegern wie Barnes, Ellicott, Stuart und Zoeckler, die hier nicht einen „prophetischen Sprung” ans Ende der Welt annehmen müssen. Charles J. Ellicott (Commentary on Daniel) meint zu Recht, dass eine derartige Deutung „gezwungen” und „unnatürlich” ist: „Die augenscheinliche und wohl auch ehrliche Deutung der Stelle muss die Deutung auf Antiochus sein.”
Moses Stuart (Commentary on the Book of Daniel, Boston 1850) kämpft für die Auffassung, die Verse beziehen sich auf den letzten Lebensabschnitt von Antiochus Epiphanes. Er schreibt (S. 354): „Tatsächlich haben uns weder Appia noch Polybius noch Justin noch Livius noch Josephus Einzelheiten über diesen letzten Krieg des Antiochus überliefert. Wen gibt es, der ihre syrischen Geschichtsberichte gelesen hat und nicht weiß, dass es nur Zusammenfassungen, Reststücke und Fragmente sind, die uns von jenen Schriftstellern bzgl. Antiochus erhalten geblieben sind?” Kein Wunder also, wenn wir über Antiochus nicht alles wissen.
Ein argumentum e silentio (ein Argumentieren aus dem Schweigen heraus d. h., Schlussfolgerungen zu ziehen – lediglich aufgrund des Nichtvorhandenseins von positiven Aussagen,) ist vor allem in der Erforschung der Geschichte der Antike unzureichend und unbefriedigend.
Die Weissagung von Dan 11 nötigt uns keinesfalls, anzunehmen, dass die Verse 40-45 sich nicht auf Antiochus beziehen sollten. Stuart stellt bzgl. Dan 11, 41-45 die Frage: „Warum sollten wir dieses Zeugnis ablehnen? Auch steht es nicht alleine. Hieronymus bezieht sich auf Porphyrius, der schrieb, dass sich die V. 40-43 auf den letzten Krieg des Antiochus gegen Ende seines Lebens bezögen.
Stuart (S 355) zitiert Hieronymus’s Bericht von Porphyrius: „... er (Antiochus) kämpfte im elften Jahr seiner Herrschaft (d. i. 165 v. Chr., Anm. v. Verf.) gegen Ptolemäus Philometer, den Sohn seiner Schwester, der, als er erfuhr, dass Antiochus käme, viele Tausende von Truppen sammelte. Aber Antiochus durchzog mit Wagen, Reitern und einer zahlreichen Kriegsflotte wie ein Sturm viele Länder und verwüstete beim Durchzug alles was er antraf. Und er kam nach Judäa und befestigte dort aus den Ruinen der Stadtmauern einen Turm. Danach zog er weiter nach Ägypten.”
Hieronymus widersprach dem Zeugnis des Porphyrius nicht. Stuart: Warum sollte die Bestätigung des Berichtes über den letzten Ägyptenfeldzug des Antiochus durch Porphyrius und Hieronymus nicht ausreichen, um Dan 11, 40-43 als historisch und wahr anzunehmen?
Wir schließen uns der Auffassung Stuarts an. Es gibt keinen triftigen Grund, die Verse 40-45 nicht auf Antiochus zu beziehen. Der Text gibt nicht Anlass, das Subjekt mit einem Mal auf jemand anderen als den bereits definierten damaligen „König des Nordens” zu beziehen.
V. 40A: „Und zur Zeit des Endes ...”
Wie ist der Ausdruck „zur Zeit des Endes” (V. 40) zu verstehen?
Der Ausdruck kommt bereits in K. 8 vor (V. 17 und 19): „… Und er sagte zu mir: Verstehe, Sohn des Menschen, denn das Gesicht [geht] auf die Zeit des Endes. … 19 Siehe! – ich werde dir kundtun, was im letzten Zeitabschnitt der Verfluchung geschehen wird, denn es [geht] auf die festgesetzte Zeit des Endes.” Die darauf folgende Prophezeiung bezieht sich dann auf Antiochus. Folglich ist die „Zeit des Endes” die Zeit des Antiochus.
In K. 11 ist es nicht anders. Alle diese Ausdrücke (die „Zeit des Endes”, 8, 17.19; 11, 27.35.40; 12, 4.9 und die „festgesetzte Zeit”, 11, 27.35, und der „letzte Zeitabschnitt”, 8, 19; 10, 14) beziehen sich auf dieselbe Zeit, die Zeit, bis die Herrschaft dieses syrischen Tyrannen zu einem Ende kommt, die Zeit des Endes jener großen Bedrängnis Israels, die damit auch die Endzeit des syrischen Großreiches (d. i. des vierten Großreiches von Dan 2 und 7) war, denn nach Antiochus verfiel die Macht Syriens zusehends. Wikipedia (unter „Seleukidenreich”) nennt die Zeit von 164-129 v. Chr. das „vergebliche Ringen gegen den Niedergang”. Nach 129 v. Chr. war das Seleukidenreich nur noch eine Regionalmacht, die unter dem Einfluss ihrer Nachbarstaaten stand. Pompeius setzte im Jahr 63 v. Chr. der seleukidischen Herrschaft ein letztes Ende und richtete die römische Provinz „Syria” ein.
V. 40: „Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens sich mit ihm [dem König des Nordens] stoßen.” [Anm.: Alle eckigen Klammern im Bibeltext sind erklärende Hinzufügungen vom Verfasser.]
Das Bild ist dasselbe wie das in 8, 4-7 („Ich sah den Widder nach Westen und nach Norden und nach Süden stoßen, … 5 .. Und siehe! – ein Ziegenbock kam von Sonnenuntergang her …; und der Bock hatte ein ansehnliches Horn zwischen seinen Augen. 6 Und er kam bis zu dem Widder mit den zwei Hörnern, … und er rannte gegen ihn an in der Grimmglut seiner Kraft. 7 Und … er stieß den Widder …”). Die Könige mit ihren Heereskräften „stoßen” sich. Es handelt sich immer noch um dieselben Könige wie in den vorigen Versen.
„Und der König des Nordens wird ‹wie ein Wirbelwind› gegen ihn [den König des Südens] heranstürmen ...”
Keil verwirft den Bericht des Porphyrius als „unhistorisch” (Keil, S 389), weil nach ihm Antiochus den Angriff auf Ägypten unternommen haben soll, wogegen nach Dan 11, 40 Ägypten der Angreifer war.
Aber dem könnte man entgegensetzen, dass es im Bericht von Porphyrius lediglich heißt, dass Antiochus gegen den König des Südens „kämpfte” und die Länder „durchzog” (sie „betrat”). Porphyrius gibt keine Details darüber, wer der ursprüngliche Aggressor war.
V. 40M: „... mit Wagen und mit Reitern und mit vielen Schiffen und wird in die Länder eindringen und ‹sie› überschwemmen und überfluten, ...”
Keil meint, Porphyrius’ Bericht wäre unzuverlässig, weil Antiochus nicht genügend Mittel zu einem solchen Kriegszug gehabt hätte, war er doch in Geldnot. Stuart bestreitet dies mit Hinweis auf 1. Makkabäer 3, 27-39. Antiochus – zwar in Geldnot – habe ein großes Heer besessen, sei keineswegs militärisch so geschwächt gewesen, dass er nicht hätte Krieg führen können. Die Hälfte seines Heeres machte 47 000 Soldaten aus.
Vgl. 1. Makkabäer 3, 34-39: „Zugleich übergab er [Antiochus] ihm [Lysias] die Hälfte des Kriegsheeres, sowie die Elefanten, und gab ihm Aufschluss über alle seine Pläne, und zwar besonders hinsichtlich der Bewohner Judäas und Jerusalems: 35 Er solle ein Heer gegen sie entsenden, um die Macht der Israeliten und was von Jerusalem noch übrig war, völlig auszurotten, … 37 Der König selbst nahm hierauf die andere Hälfte des Heeres und brach von seiner Residenz Antiochien im Jahre 147 (d. i. 165 v. Chr.) auf, ging über den Euphratstrom und durchzog die oberen Länder (d. i.: die Landschaften des Hochlandes von Mittelasien). 38 Lysias … 39 … sandte … 40.000 Mann zu Fuß und 7000 Reiter; die sollten ins jüdische Land ziehen, um es nach dem Befehl des Königs zu verheeren.” (Üsg. n. H. Menge).
V. 41: „... und er wird in das Land der Zierde kommen.”
Jener letzte Kriegszug des Antiochus gegen Palästina kann nicht so blutig wie die vorigen gewesen sein. (Vgl. Stuart.) Der Grund ist offensichtlich. Das Land war zum größten Teil bereits unterworfen und wurde von der syrischen Militärregierung unterdrückt. Außerdem hatte er viele Anhänger unter den hellenisierten (abgefallenen) Juden. Es gab nur wenige, die noch Widerstand leisteten. In der großen Schlacht von Gorgias (1. Makkabäer 4; 165 v. Chr.) hatte Judas Makkabäus nur 3000 Mann auf seiner Seite, und die waren schlecht bewaffnet (1. Makkabäer 4, 6). Da diese letzte Invasion des Antiochus von ihren Auswirkungen her nicht sonderlich groß war, wird sie hier nur kurz erwähnt.
V. 41M: „Und viele ‹unterliegen und› kommen zu Fall. Aber diese entkommen seiner Hand: Edom und Moab und die Vornehmsten der Söhne Ammons.”
Warum werden Edom, Moab und Ammon erwähnt? Wahrscheinlich deshalb, weil sie zum ägyptischen Herrschaftsgebiet gehörten. (Zu jener Zeit waren sie keine eigenständigen Völker mit eigenen Ländern mehr.) Und sie wären wohl von Antiochus überrannt worden, hätten ihre Gebiete auf dem Wege gelegen, wo er durchzog. Weil sie aber östlich davon wohnten, konnten sie „entkommen”.
V. 42A: „Und er streckt seine Hand nach den Ländern aus.”
Diese übrigen erwähnten „Länder” sind wahrscheinlich sonstige Gebiete, die Ägypten unterstanden und die die syrischen Heere auf ihrem Marsch Richtung Ägypten durchzogen.
V 42E: „Auch das Land Ägypten entkommt nicht.”
Die Invasion in Ägypten hatte dieses Mal Erfolg.
Keil bestreitet, dass sich dies auf Antiochus beziehe. Er meint, wäre Antiochus damals nochmals nach Ägypten gekommen, hätten sich ihm die Römer entgegengestellt, die Antiochus ja bereits einmal fortgewiesen hatten (11, 29.30). Aber warum die Römer nicht eingriffen und wie viele römische Truppen zu jenem Zeitpunkt dort gegenwärtig waren, wissen wir nicht. Keils Vermutungen sind zu vage.
V. 43A: „Und er [Antiochus, der König des Nordens] herrscht über Schätze an Gold und Silber und über alle Kostbarkeiten Ägyptens.”
Die Schätze Ägyptens waren zweifellos das, worauf er hinauswollte; denn Geld hatte er tatsächlich nötig.
(Im Folgenden – zu den V. 43-45 – vgl. M. Stuart, S. 356-358.)
V. 43E: „Und Luwiten und Kuschiten sind in seinem Gefolge.” –
Die Lybier (Luwiten) nordwestlich und die Äthiopier (Kuschiten) südlich von Ägypten hatten sich dem ptolemäischen Herrschaftsgebiet angeschlossen (vgl. Hesekiel 30, 4-6). Die Inbesitznahme Ägyptens brachte für den syrischen König nun auch die Herrschaft über jene Länder mit sich.
V. 44: „Da erschrecken ihn Gerüchte von Osten und von Norden her. (o.: Aber mit Gerüchten von Osten und von Norden her erschreckt man ihn.) Und er zieht in großer Grimmglut aus, viele zu vernichten und ‹an ihnen› den Bann zu vollstrecken.”
Während Antiochus beabsichtigte, Judäa den letzten Schlag zu geben, erreichten ihn Nachrichten, dass die Parther im Osten und die Armenier im Norden gegen ihn rebellierten und ihm die Tributzahlungen verweigerten. (Vgl. Tacitus V, 8; Appian 100, 45; 1. Makkabäer 3, 37: „Der König selbst nahm hierauf die andere Hälfte des Heeres und brach von seiner Residenz Antiochien im Jahre 147 [165/164 v. Chr.] auf, ging über den Euphratstrom und durchzog die oberen Länder (d. h. die Landschaften des Hochlandes von Mittelasien).”)
Armenien konnte er schnell unterwerfen. Von da marschierte er nach Elymais, um seinen Finanzhaushalt durch Ausrauben des dortigen Tempels wieder aufzufrischen. Er wurde dort aber zurückgewiesen. Bald darauf ereilte ihn der Tod.
Im ersten Buch der Makkabäer (6, 1-8.16) heißt es folgendermaßen: „... Als er [Antiochus] nun vernahm, dass Elymais in Persien eine durch ihren Reichtum, durch Silber und Gold berühmte Stadt sei 2 und dass sich dort ein überaus reicher Tempel mit goldenen Rüstungen und Panzern und anderen Waffen befinde, die der mazedonische König Alexander, der Sohn Philipps, der erste König von Griechenland, dort niedergelegt habe, 3 zog er hin und suchte die Stadt zu erobern und zu plündern; aber es gelang ihm nicht, weil die Sache den Stadtbewohnern kund geworden war. 4 Sie traten ihm also mit den Waffen in der Hand entgegen, und er musste die Flucht ergreifen und zu seinem großen Leidwesen von dort wieder abziehen, um nach Babylon zurückzukehren. 5 Da kam ein Bote zu ihm nach Persien mit der Meldung, dass seine Heere, die ins jüdische Land geschickt worden waren, in die Flucht geschlagen seien; 6 auch Lysias, der an der Spitze einer starken Heeresmacht ins Feld gezogen war, sei von ihnen geschlagen worden; die Juden aber seien durch die Waffen und den Kriegsbedarf und die reiche Beute, die sie den besiegten Heeren abgenommen hätten, stark geworden, 7 hätten auch den scheußlichen Gräuel, den der König auf dem Altar in Jerusalem aufgestellt habe, wieder entfernt und das Heiligtum wie früher mit hohen Mauern umgeben, ebenso auch seine Stadt Bethsura. 8 Als der König diesen Bericht vernahm, erschrak er sehr und wurde tief erschüttert; er musste sich zu Bett legen und verfiel vor Kummer in eine Krankheit, weil die Dinge nicht nach seinem Wunsch verlaufen waren. … 16 Hierauf starb der König Antiochus …”
V. 45A geht der Engel in seinem Bericht zurück zu dem, was er in V. 41 kurz erwähnt hatte (V. 41A: „Er kommt in das Land der Zierde.”).
V. 45: „– Und sein Palastzelt (w.: die Zelte seines Palastes, d. h., seine palastartigen, prächtigen Königszelte] schlägt er auf zwischen dem Meer”
o.: „zwischen den Meeren”, Plural der Menge bzw. Größe; gemeint ist hier das westliche Meer, das Mittelmeer. Oder wenn die Mehrzahl als Dual aufzufassen ist, sind die beiden Meere gemeint, zwischen denen der Zijonsberg liegt: im Westen das Mittelmeer, im Osten das Tote Meer.
„und dem Berge der heiligen Zierde. –”
Damit kann nur der Berg Zijon gemeint sein (V. 16.41; 8, 9; Jeremia 3, 19; Hesekiel 20, 6.15).
„Und er kommt zu seinem Ende. Und es ist keiner ‹da›, der ihm helfe.”
Nach dem missglückten Versuch Elymais einzunehmen und nach der Hiobsbotschaft von der Niederlage des Lysias gegen Judas Makkabäus verfiel er in einen Wahn und starb an einer inneren Krankheit (Vgl. Dan 8, 25 „ohne Menschenhand”, d. h. nicht im Krieg, nicht durch Schwert. Vgl. auch 7, 11.26.) in der Stadt Tabae in Persien.
Der Text in der Weissagung in 11, 45A („Und er kommt zu seine Ende.”) zwingt nicht zur Annahme, dass der König des Nordens sein Ende bereits in Palästina finden sollte. Wo er sterben würde, wird in der Weissagung nicht angegeben.
Aber warum geht V. 45A zurück zur Beschreibung des Zeltlagers des Antiochus zwischen dem Mittelmeer und dem Berg Zijon, nachdem in V. 44 bereits sein Aufbruch in den Osten beschrieben worden war? – Wohl, um den der Eindruck, der hier gegeben werden soll, zu verstärken. Es ist, als ob der Engel sagen möchte: „Beachte den starken Kontrast: Hier zeltet er in seinem prächtigen Königszelt wie in einem Palast und beabsichtigt die heilige Stadt und den Tempel zu vernichten; dort, im nächsten Augenblick, sehen wir ihn in Schmach und Schande und in Todesangst, geschlagen von unsichtbarer und unwiderstehlicher Hand!”
Einerseits schlägt er dort zwischen dem Meer und dem Berg der heiligen Zierde die Zelte seines Palastes auf, um gegen Zijon den letzten großen Schlag zu tun, andererseits kommt er in Persien ohne Menschenhand zu seinem Ende. Und niemand ist da, der ihm helfen könnte. Gott erledigte seinen Feind also direkt und unverzüglich „ohne Menschenhand” (8, 25), und zwar gerade dann, als er sich überlegte, wie man den Berg Zijon erledigen könnte!
Da es sich um eine Weissagung handelt, ist zu beachten, dass der Abschnitt nicht einfach als historischer Bericht über die Zukunft gedacht ist (das ist Prophetie nie), sondern den Aufruf und die Ermutigung der Leser zum Hauptzweck hat. Dadurch wird die Hervorhebung des Kontrasts in V. 45 verständlicher.
Und gerade die leichten Ungereimtheiten im Vergleich mit den uns überlieferten Berichten über die tatsächlichen historischen Ereignisse bestätigen die Echtheit der Prophetie. Zoeckler (Der Prophet Daniel, Bibelwerk von J. P. Lange, S. 230) schreibt treffend: „Eben dieses plötzliche Überspringen vom Verweilen des übermütigen Drängers im heiligen Lande zu seinem rettungslosen Untergange, der doch erst eine geraume Zeit später erfolgte, spricht entschieden für den original-prophetischen Charakter unserer Stelle.”
Moses Stuart zu Dan 11, 40-44:
Antiochus unternahm gegen Ende seines Lebens anscheinend noch einen weiteren und letzten Zug nach Ägypten. Nach diesem zog er nochmals gegen Palästina. Mattathias und seine Söhne hatten inzwischen die Partei der Gottesfürchtigen organisiert, und Antiochus war sehr entrüstet über die Anstrengungen, die die Juden machten und über ihre Erfolge, die sie hatten. In 1. Makkabäer 2, 26.37 haben wir einen Bericht über die Lage des Antiochus, als er im „Land der Zierde” war. Die Staatskasse war leer, er hatte bereits den jüdischen Tempel all seiner Kostbarkeiten beraubt, und nun war er genötigt weitere Wertsachen zu suchen. Er ließ daher die Hälfte seines Heeres zusammen mit Lysias, einem seiner Lieblingsoffiziere, zurück und zog über den Eurphrat, um die Länder im Osten zu berauben/plündern. Zuerst unterwarf er Armenien (V. 37), dann wandte er sich ab, um den Tempel in Elymais, den Tempel der persischen Diana, zu berauben. Bei seinem Versuch, den Tempel zu berauben, erhob sich die Masse des Volkes und trieb ihn aus der Stadt; danach floh er nach Ekbathana.
Nicht lange nach seinem Abzug aus Palästina begann Lysias einen intensiven Kampf gegen Palästina; aber Judas Makkabäus trug bei allen Auseinandersetzungen des Sieg davon; einer seiner Siege über Lysias war dermaßen entscheidend, dass Judas schließlich beginnen konnte, den Tempel zu reinigen (heiligen) und den Tempelgottesdienst wiederherzustellen (1. Makkabäer 4, 36ff).
In Ekbathana bekam Antiochus die Nachricht von der völligen Niederlage des Lysias und seiner Heere (angeführt von Nicanor und Timotheus) durch Judas Makkabäus in Palästina. In dem Wutanfall, den er durch diese Enttäuschung bekam, stieß er die fürchterlichsten Lästerungen gegen den Gott der Juden aus und drohte, Jerusalem zu einer Begräbnisstätte des gesamten jüdischen Volkes zu machen. Unvermittelt nahm er Kurs auf Judäa und zog in aller Eile durch Babylon. Da fiel er von seinem Wagen und zog sich innere Verletzungen zu; und bald danach ergriff ihn eine tödliche Krankheit in seinen Eingeweiden (möglicherweise Cholera); so starb er in Tabae, in dem bergigen Land, in der Nähe der Grenze zwischen Babylonien und Persien. Es soll damals Berichte gegeben haben, dass Antiochus an seinem Totenbett sehr bekümmert gewesen sein soll wegen seiner Gotteslästerungen, die er begangen hatte.
Sein Tod muss also etwa in der Mitte des Februar 164 v. Chr. zu datieren sein. Froehlich sagt in seinem Werk (S 52): „Es war lange vor Frühlingsbeginn, als Antiochus den Euphrat überquerte, um gegen Elymais zu kämpfen.
Die Tempelweihe fand am 25. Dezember 165 v. Chr. statt.
Freilich brauchte Antiochus einige Zeit zur Besiegung von Armenien und zur Bekämpfung von Elymais, ehe es Winter wurde. Es war noch Winter, als er den Tempel in Elymais beraubte; danach, bei seinem Rückzug, traf die Nachricht der völligen Niederlage der Heere Lysias‘ in Palästina ein. Das trug dazu bei, dass der bereits angeschlagene Antiochus starb.
In 1. Makkabäer 6, 1 finden wir einen Bericht vom Ende seines Lebens und von seinem fehlgeschlagenen Einsatz in Elymais.
1. Makkabäer 6, 1-16: „Unterdessen durchzog der König Antiochus die oberen Länder (vgl. 1. Makkabäer 3:37). Als er nun vernahm, dass Elymais in Persien eine durch ihren Reichtum, durch Silber und Gold berühmte Stadt sei 2 und dass sich dort ein überaus reicher Tempel mit goldenen Rüstungen und Panzern und anderen Waffen befinde, die der mazedonische König Alexander, der Sohn Philipps, der erste König von Griechenland, dort niedergelegt habe, 3 so zog er hin und suchte die Stadt zu erobern und zu plündern; aber es gelang ihm nicht, weil die Sache den Stadtbewohnern kund geworden war. 4 Sie traten ihm also mit den Waffen in der Hand entgegen, und er musste die Flucht ergreifen und zu seinem großen Leidwesen von dort wieder abziehen, um nach Babylon zurückzukehren. 5 Da kam ein Bote zu ihm nach Persien mit der Meldung, dass seine Heere, die ins jüdische Land geschickt worden waren, in die Flucht geschlagen seien; 6 auch Lysias, der an der Spitze einer starken Heeresmacht ins Feld gezogen war, sei von ihnen geschlagen worden; die Juden aber seien durch die Waffen und den Kriegsbedarf und die reiche Beute, die sie den besiegten Heeren abgenommen hätten, stark geworden, 7 hätten auch den scheußlichen Gräuel, den der König auf dem Altar in Jerusalem aufgestellt habe, wieder entfernt und das Heiligtum wie früher mit hohen Mauern umgeben, ebenso auch seine Stadt Bethsura. 8 Als der König diesen Bericht vernahm, erschrak er sehr und wurde tief erschüttert; er musste sich zu Bett legen und verfiel vor Kummer in eine Krankheit, weil die Dinge nicht nach seinem Wunsch verlaufen waren. …16 Hierauf starb der König Antiochus daselbst im Jahre 149 (164 v. Chronik ).”
Der Anfang dieses Kapitels gehört zur Weissagung von K. 11. Es ist eine Fortsetzung der Rede des Engels. Sie geht bis 12, 4. Es handelt sich um dasselbe Thema wie in 11, 21-45: die Bedrängnis des Gottes Volkes unter Antiochus.
„Und zu jener Zeit ...”
„Zu jener Zeit” ist ein allgemeiner Ausdruck, nicht eine streng bestimmte oder begrenzte Zeitspanne. Gemeint ist die Zeit, von der unmittelbar vorher die Rede war, die Zeit des Todes bzw. knapp vor dem Tod des Antiochus IV. Dan 12, 1 geht zurück auf die große Bedrängnis Israels unter Antiochus Epiphanes. Auch die Zeitangabe von 12, 11 bezieht sich auf jene Bedrängnis, wie die Parallele zu 11, 31 zeigt. In Dan 8, 17.19; 10, 14 war das „Ende” auf die Zeit des Antiochus bezogen worden. Ebenso ist in Dan 12, 4-12 der Bezug auf die Zeit des Antiochus.
„... wird Michael auftreten, der große Fürst, der für die Söhne deines Volkes steht.”
Hier wird vorausgesagt, dass dann, wenn die Bedrängnis über das Volk Israel kommt (zur Zeit des Antiochus, gegen Ende seiner Herrschaft), der Erzengel Michael, verteidigend auftreten und das jüdische Volk befreien werde, und zwar diejenigen, die bis zu jenem Zeitpunkt noch nicht (durch die vorausgehenden Bedrängnisse und Verfolgungen) zerschlagen worden sind.
Michael ist es, der dem Volk Gottes im Kampf beisteht. Wir vergleichen mit 10, 13.21. Wie hilft Michael? – so wie in 10, 13.21: Er steht dem Engel Jahwehs im unsichtbaren Kampf bei.
„Und es wird eine Zeit der Bedrängnis sein,
Wir vergleichen mit 11, 35: „Und von den Verständigen werden ‹einige› unterliegen, um sie zu läutern und zu reinigen und weiß zu machen bis zur Zeit des Endes, denn es verzieht sich noch bis zur festgesetzten Zeit.”
Die Rede ist nicht von einer in ferner Zukunft liegenden Zeit. Es gibt keinen Grund, über die Zeit jener Bedrängnis unter Antiochus hinauszugehen.
„..., wie sie nicht gewesen ist, seitdem ein Volk besteht, ...”
Dieser Ausdruck ist vergleichbar mit 1. Mose 10, 14; Joel 2, 2; Jeremia 30, 7. Einen ähnlichen Ausdruck verwendete der Herr Jesus Christus in Matthäus 24, 21, als er von der Bedrängnis Jerusalems und Judäas zur Zeit des römisch-jüdischen Krieges (66-70 n. Chr.) sprach.
„bis zu jener Zeit, ...”
Die Wiederholung der Worte bis „zu jener Zeit” gibt dem Ausdruck „Bedrängnis” eine Endgültigkeit und macht ihn spezifischer.
„Und in jener Zeit wird dein Volk gerettet werden, …”
– nämlich durch die Befreiung, die sie durch das Eintreten des Erzengels Michael erhalten werden. Jene Befreiung fand unter den Makkabäern statt.
Wer entrinnen wird, weiß niemand, außer demjenigen, in dessen Buch die Schicksale aller aufgeschrieben sind. Man muss also ergänzen: im Buch „derer, die leben”, im Buch der Lebenden. Vgl. Hesekiel 32, 32; Jesaja 4, 3; Psalm 56, 8.9; 69, 28.29. (Es geht um das irdische Leben, nicht das ewige. In einem leicht geänderten Sinne ist das Wort in Hesekiel 13, 9 verwendet.)
Rettung, Befreiung des treuen Kerns des Gottesvolkes, d. h., aller Heiligen, Dan 7, 18.26.27; 7, 14.
Ein Zweck der Bedrängnis ist die Scheidung der Frommen von den Halbherzigen. Es gibt Zeiten da muss jeder Heilige zwischen Martyrium und Abfall wählen. (Vgl. die Situation der drei Gefährten Daniels in K. 3.)
„jeder, der im Buch geschrieben gefunden wird.”
Gemeint ist das Buch derer, die leben; es handelt sich um ein Metapher, entnommen aus den Stadtregistern, wo die Namen aller, die in der Stadt lebten, aufgenommen wurden. Wenn jemand starb, wurde er aus diesem Buch gelöscht.
Hier sind diejenigen gemeint, die die Verfolgungen des Antiochus überleben sollten.
Gott bestimmt. Es geht hier um physische Rettung, Befreiung aus der Bedrängnis.
Zu 1. Mose 32, 32: Das Buch des Lebens – auch im AT – enthält das Verzeichnis der Gerechten –
zunächst im irdischen Reich Gottes (Psalm 69, 29), dann aber im himmlischen (Jesaja 4, 3; Philipper 4, 3; Offenbarung 3, 5, 13, 8; 17, 8).
Vgl. Jesaja 4, 3: Und es wird geschehen, wer in Zijon übriggeblieben und wer in Jerusalem übriggelassen ist, wird heilig heißen, ein jeder, der zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem:
Psalm 69, 29: Lass sie ausgelöscht werden aus dem Buch des Lebens, und nicht eingeschrieben mit den Gerechten
1. Mose 32, 32-33: Und nun, wenn du ihre Sünde vergeben wolltest! ...Wenn aber nicht, so lösche mich doch aus deinem Buch, das du geschrieben hast. 33 Und Jahweh sagte zu Mose: „Wer gegen mich gesündigt hat, den werde ich aus meinem Buch auslöschen.
Aus dem Buch des Lebens tilgen bedeutet, aus der Gemeinschaft mit Gott bzw. aus dem Reich der vor Gott Lebenden tilgen.
„gerettet“ (V. 1): d. h., befreit aus der Bedrängnis des Antiochus.
Wann? – gegen Ende der siebenjährigen Bedrängniszeit, 164 v. Chr.
Da in der Bedrängnis – und vorher – viele starben (11, 33ff), erhebt sich die Frage: Was ist mit denen, die bereits den Tod gefunden haben? Der Engel gibt die darauf Antwort: V. 2.
V. 2: „Und viele”
Das „viele“ scheint auf die erste Gruppe, auf die während der Bedrängniszeit im Glauben Gestorbenen, bezogen zu sein: d. i.: „diese”, im Gegensatz zu „und jenen”, der Masse des hellenistisch denkenden Volkes (den „Vielen” aus 9, 27; 11, 33).
„von den im Staub der Erde Schlafenden …”
[w: von den Schlafenden des Staubes der Erde]
Schlafen: Hi 3, 13; Jeremia 51, 39, d. h.: gestorben (entschlafen) sein. Das Wort „schlafen” in Bezug auf den Tod, wird nur im Zusammenhang mit den Heiligen verwendet (Matthäus 9, 24; 27, 52; Apostelgeschichte 7, 60; 13, 36; 1. Thessalonischer 5, 10; 1. Thessalonischer 4, 13-15; 1. Korinther 7, 39; 11, 30; 15, 6.18.20.51; 2Pe 3, 4 u. a.).
Staub: 1. Mose 3, 19: „Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren”; vgl. Hi 34, 15; Psalm 22, 30; 90, 3; 104, 29; Prd 3, 20; 12, 7.
„… werden erwachen, …”
d. h. auferstehen. Es geht um die Treuen, die unter Antiochus den Märtyrertod erlitten. Sie waren gemartert worden und haben die Befreiung nicht erlangt, denn sie haben ihre Hoffnung auf jene (hier erwähnte) weit bessere „Auferstehung“ gesetzt.
Hebräer 11, 35: „Aber andere wurden gefoltert, da sie, um eine bessere Auferstehung zu erlangen, die Erlösung (o. Befreiung) nicht annahmen.“
„… diese zum Leben – ewig” (o.: „zum ewigen Leben”)
Das „ewige Leben” kommt im AT nur selten vor. (Vgl. Psalm 133, 3.)
„Und jene [werden es] zu Schmach und Schande (o.: Abscheu) – ewig (o.: zu ewiger Schmach und Schande).”
Wie in Johannes 5, 29 u. Apostelgeschichte 24, 15 wird die Auferstehung zum Leben neben der Auferstehung zum Gericht genannt. Vgl. 1. Korinther 15, 23; 1. Thessalonischer 4, 16; Hebräer 11, 35.
Johannes 5, 29: Und sie werden herauskommen, die, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, aber die, die das Schlechte verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts.
Matthäus 25, 46: Und diese werden weggehen in die ewige Strafe, aber die Gerechten in das ewige Leben.
Ag 24, 15: … und die Hoffnung zu Gott habe, die diese selbst auch hegen, dass eine Auferstehung der Toten bevorsteht, sowohl Gerechter als auch Ungerechter.
Die Bösen erben auch: ihre öden Wüsten! Zu eben jenem Zweck stehen sie aus den Toten auf.
Jesaja 66, 24. „Und sie werden hinausgehen und sich die Leichen der Menschen ansehen, die von mir abtrünnig wurden; denn ihr Wurm stirbt nicht und ihr Feuer erlischt nicht. Und sie werden ein Abscheu sein für alles Fleisch.“
Am Ende des Buches Jesaja sehen wir die Bösen, eine Rotte von brennenden Leichen, außerhalb der ewigen heiligen Stadt, im Tal Ben Hinnom (Ge-henna), ein Gräuel der gesamten Menschheit! Das waren die bösen Feinde zur Zeit jenes großen Gerichts damals. Daniel fügt hier die große Masse der bösen Toten ein, die aus dem Scheol auferstehen, um ebenso wie jene ein ekelhafter Schrecken für die Gerechten zu sein. (Vgl. Briggs, Messianic Prophecy, 427)
V. 3: „Und die Verständigen …“
Sie, die die Masse unterwiesen:
Dan 11, 33: „Und die Verständigen des Volkes werden die Vielen unterweisen; und darüber werden sie ‹verfolgt werden und› unterliegen durch Schwert und Flamme, durch Gefangenschaft und Raub, – Tage hindurch.”
V 3: „… werden leuchten wie das Glitzern der [Himmels]weite (o.: der Himmelswölbung), und die, die die Vielen zur Gerechtigkeit weisen (o.: wiesen), wie die Sterne, immer und ewiglich.”
Vgl. Matthäus 13, 43: „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne im Königreich ihres Vaters.“
Wir lernen:
. Es gibt eine Herrlichkeit für alle Heiligen in der Zukunft. Wenn des Weisen Angesicht jetzt schon leuchtet (Prd 8, 1: „Die Weisheit des Menschen erleuchtet sein Angesicht“), wie viel mehr an jenem Tage!
. Je mehr Gutes die Heiligen in dieser Welt tun (vor allem an den Seelen der Menschen, Jakobus 5, 20), desto größer wird der Glanz sein und der Lohn in jener Welt.
. Wer hier das Licht Christi leuchten lässt und am Brennen erhält, wird dort strahlen wie die Sterne. Und wenn die Sterne fallen, so werden doch diese Heiligen umso heller scheinen – ohne Aufhören.
V 3: „… werden leuchten wie das Glitzern der [Himmels]weite (o.: der Himmelswölbung), und die, die die Vielen zur Gerechtigkeit weisen (o.: wiesen), wie die Sterne, immer und ewiglich.”
Die Frage ist: Bezieht sich dieses auf eine Zeit, die unmittelbar auf Antiochus folgt oder auf eine spätere undefinierte?
Dazu Moses Stuart (Commentary on the Book of Daniel, Boston 1850):
„Es scheint mir, dass Analogien dieser Prophetie vor uns mit anderen Prophetien im Buch Daniel helfen können, das Denken des Forschenden zufriedenzustellen. In K. 2 haben wir vier Königreiche, auf die ein fünftes, das messianische, folgt, Dan 2, 44.45. In K. 7, 26.27 noch einmal: Auf dieselben vier Königreiche und auf den Tod des Antiochus folgt das messianische Königreich. In Dan 8 werden die letzten drei von den vier zuvor erwähnten Königreichen beschrieben, und wie vorher wird der Tod des Antiochus dargestellt, wobei in diesem Fall das Gesicht nicht über den Tod eben dieses Antiochus (des kleinen Horns, 8, 9.25) hinausgeht.
In K. 10-12 ist die Reihenfolge der Reiche analog zu den Weissagungen von K. 2 und K. 7; die einzige Ausnahme ist, dass das babylonische Reich fehlt, was verständlich ist, da das vorliegende Gesicht (K. 10-12) erst im dritten Jahr des Kyrus stattfand (10, 1). Zu jenem Zeitpunkt war das babylonische Reich bereits zerstört. Der Tod des Antiochus und die Bedrängnisse der Juden zu jener Zeit (11, 45; 12, 1) gehen – wie in K. 2 und 7 – der Weissagung bzgl. des messianischen Königreiches voraus.
Die Verse 2 und 3 in Dan 12 beziehen sich auf die messianische Zeit und die damit verbundenen endgültigen Ergebnisse. Weder in V. 2 noch in V. 3 wird eine Zeitangabe gemacht. Die prophetische Geschichte schaut weit in die Ferne, aber jene ferne Zeit ist unbestimmt.
Genau dasselbe ist der Fall in Dan 7, 27. Dort werden einfach gewisse Ereignisse vorausgesagt ohne jegliche nähere Bestimmung in Bezug auf die Zeit, wann sie eintreten. In Dan 2, 44 gibt es eine unbestimmte Zeitangabe bzgl. des Vergehens der heidnischen Weltmächte: „In den Tagen jener Könige” (d. i. der vier zuvor erwähnten) „wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, …” Würden wir auf den strengen Wortlaut beharren, könnte man zu dem Schluss kommen, dass das messianische Königreich während der Zeit der vier Königreiche beginnen – oder zumindest während des vierten Königreiches beginnen –sollte. Das würde zu den Prophetien in K. 2 und 7 im Gegensatz stehen, sowie zu K. 8; denn diese alle stellen die Dynastien als nachgereiht (d. i.: hintereinander) dar und als zeitgleich. Das fünfte Königreich, das messianische, muss daher ebenfalls nachgereiht sein, also nach dem vierten kommen. Aber nirgends sind die Zeitintervalle klar markiert. Das bringt uns zu der Schlussfolgerung, dass der Ausdruck „in den Tagen jener Könige (d. i.: Königreiche)” (2, 44) ebenso allgemein und unbestimmt ist wie der Ausdruck „in jenen Tagen”, ein Ausdruck aber, der nicht allzu stark ausgedehnt werden darf.
In dem uns vorliegenden Text (12, 1-3) ist die Schwierigkeit, dass jegliche Zeitbestimmung fehlt. V. 1 hat tatsächlich eine Zeitbestimmung („in jenen Tagen / zu jener Zeit”). Aber es scheint, als ob V. 2 einen Übergang macht: von der Zeit nach dem Tod des Antiochus und der Rechtfertigung der Juden durch den Engel Michael bis zum messianischen Königreich. Anstatt die Macht und Größe jenes Königreiches zu beschreiben (wie in K. 2 und 7), äußert sich der Sprechende eher allgemein (ähnlich wie in 9, 24). Er bezieht sich auf die Dinge der neuen ewigen Haushaltung – und zwar konkret.
Es kommt die Frage auf: „Gibt es keine entsprechende zukünftige Belohnung für jene edlen Märtyrer? – und ebenso die Frage: Gibt es denn keine entsprechende zukünftige Rache für das böse Treiben jenes Tyrannen?
Die gute Botschaft, von den Prinzipien des messianischen Königreiches „bringt Leben und Unvergänglichkeit ans Licht” (2. Timotheus 1, 10). Zur rechten Zeit werden alle treuen Märtyrer belohnt und ihre Verfolger gerecht bestraft. Solches vergewissert die neue Haushaltung! Und gerade wegen der unmittelbaren Verbindung dieses Themas mit dem vorhergehenden Bericht von den Gräueltaten des Tyrannen platziert der Engel diese große Wahrheit (bzgl. der Vergeltung) hierher, ehe er die Dinge von V. 3 nennt. …” (Soweit Moses Stuart)
V. 4: „Aber du, Daniel, verschließe die Worte und versiegele das Buch bis zur Zeit des Endes.”
„Versiegeln“ bedeutet „aufbewahren, sicherstellen“, damit sie bis zur Zeit des vierten Reiches erhalten bleibt.
„Versiegeln“ bedeutet nicht „geheim halten”. Versiegeln schließt nicht aus, dass man abschreibt, liest, forscht.
„Versiegle!“ bedeutet: Bewahre diese Worte! Schließe die Originalschrift ein! Halte sie in Ehren! – denn diese Weissagung wird in der Antiochus-Zeit von höchstem Wert sein.
Warum soll er diese Weissagung bis zur Zeit des Endes aufbewahren?
– weil der Inhalt sich auf die Endzeit (die Zeit des Antiochus, 8, 17.19) bezieht.
V. 4: „bis zur Zeit des Endes”
Der Ausdruck kommt (neben 12, 4.6.7.9) in 8, 17.19 vor: „... das Gesicht [geht] auf die Zeit des Endes. ... 19 ich werde dir kundtun, was im letzten Zeitabschnitt der Verfluchung geschehen wird, denn es [geht] auf die festgesetzte Zeit des Endes.“
Dan 10, 14: „Und ich bin gekommen, dir Einsicht zu bringen über das, das deinem Volk widerfahren wird im letzten Zeitabschnitt der Tage, denn das Gesicht [geht] noch auf die Tage.“
11, 35.40: „Und von den Verständigen werden [einige] unterliegen, um sie zu läutern und zu reinigen und weiß zu machen bis zur Zeit des Endes, denn es [verzögert sich] noch bis zur festgesetzten Zeit. ...40 Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens sich mit ihm stoßen.“
Es handelt sich um dasselbe „Ende” wie in 9, 26 und 11, 35.45.
Der Ausdruck „Zeit des Endes“ bezieht sich hier, wie überall im Buch Daniel (8, 17.19; 10, 14; 11, 35.40; 12, 4.6.7.9), auf das Ende des Seleukidenreiches.
Der Engel will Daniel Wahrheit vermitteln. Vgl. 8, 26. („Und das Gesehene von den Abenden und von den Morgen, wovon gesagt worden, ist Wahrheit. Du aber verschließe das Gesicht, denn es geht auf viele Tage.“)
. Es kommt eine schlimme Zeit (Antiochus).
. Sie wird aber nicht lange dauern.
. Danach kommt das Messiasreich – mit Vergeltung, mit Belohnung.
Daher: Bewahre diese Weissagungen auf. Abschriften zu verfertigen ist natürlich erlaubt, ja geboten. Lass nichts weg. Füge nichts hinzu. Verändere nichts. Die Wahrheit der Prophetie wird bestätigt werden, sobald offenbar wird, dass die geschichtlichen Ereignisse exakt mit ihr übereinstimmen.
Der Grund für die Versiegelung: Es dauert noch eine lange Zeit (ca. 370 Jahre), bis sich alles ereignen wird.
Nb.: Das Gegenteil davon haben wir in Buch der Offenbarung (Offenbarung 1, 1; 22, 6). Dort ist die Erfüllung zeitlich nahe, deshalb darf sie nicht versiegelt werden (Offenbarung 1, 3; 2, 10).
V. 4: „Viele werden durchforschen.“
hebr: hin und her vergleichen beim Lesen. Man kann übersetzen: „… werden hin und her laufen“ – nämlich im Erforschen der Inhalte des Buches.
„Viele werden durchforschen, ...” Wann? – Bereits zur Zeit Daniels, und vor allem zur Zeit des Antiochus.
„… und die Erkenntnis wird sich mehren.“
– nämlich bezüglich der Prophetie über Antiochus.
Eine Hilfe zur Mehrung der Erkenntnis sollte die Erfüllung der Weissagungen sein, die sich auf das Ende des vierten Reiches beziehen. Wenn man dieses Buch studiert, wird man wissen, wie man sich in der Zeit des Antiochus zu verhalten hat; und man wird wissen, was Gott vor hat zu tun.
„… und die Erkenntnis wird sich mehren.“
Wann? – Bereits zur Zeit Daniels, aber vor allem zur Zeit des Antiochus.
Wie mehrt sich Erkenntnis?
Sie werden diese Wahrheiten immer wieder lesen, darüber nachdenken, sprechen. Sie werden Schrift mit Schrift vergleichen. Und je mehr sie in der Geschichte die Erfüllung sehen, desto mehr werden sie verstehen.
Wer Erkenntnis haben will, darf nicht faul sein, er muss „hin und her laufen“, muss alle Mittel ausschöpfen, die Gott ihm gibt, muss korrekturbereit sein,
Hätte der Engel gemeint, diese Worte dieser Weissagung sollten „eingesiegelt” und unverständlich bleiben, so wäre die Weissagung bis auf die Zeit des Neuen Bundes unbenutzt und nutzlos gewesen, während sie doch gegeben war, um die Getreuen zum Ausharren zu ermutigen und über Gottes Wege Licht und Hoffnung zu geben in schweren Bedrängnissen.
Zu diesem Zweck musste dieses Buch jederzeit zugänglich sein. Die Wahrheit muss gelesen und erforscht werden.
Daniel soll die empfangenen Weissagungen sicherstellen bis zur Zeit des Endes hin, damit viele Menschen sie lesen und daraus Erkenntnis schöpfen können.
Es waren noch zwei Fragen: Wann wird dieses „Ende” sein? Und: Was wird das Ende von alledem sein?
Diese beiden Fragen werden hier, am Ende des Danielbuches, beantwortet.
V. 5: „Und ich, Daniel, schaute: und – siehe! – zwei andere standen da, einer diesseits, am Ufer des Stromes, und einer jenseits, am Ufer des Stromes.”
Zwei weitere Engel, die von dem Sprechenden (Gabriel) unterschieden werden. Wir haben hier also insgesamt vier Personen, drei Engel und der „in Linnen gekleidete Mann”, der (in anderen Teilen der Bibel) so genannte „Engel Jahwehs”.
V. 6 „Und er (d. i.: einer der beiden soeben erwähnten Engel) sagte zu dem in Linnen gekleideten Mann (dem in K. 10 beschriebenen Engel Jahwehs), der oben über dem Wasser des Stromes war:”
Der Engel Jahwehs (Jahweh selber) steht über dem Strom Hiddekel (dem Tigris, 10, 5).
Die Wasser bezeichnen in der Prophetie oft Völker.
Dss „Stehen über den Wassern“ bedeutet hier wohl, dass er die Herrschaft über den Lauf der Geschichte und der Völker hat. Vgl. Psalm 29, 10; Hi 9, 8.
Als der Gottessohn auf Erden war, wandelte er auf dem Wasser des Sees Genezareth (Matthäus 14, 25). Hier steht er über dem Fluss der Geschichte und der Völker und zeigt damit, dass er es ist, der sie lenkt.
„Wie lange [ist] das (o.: Wie lange dauert die Zeit bis zum) Ende dieser außerordentlichen (o.: wundersamen) Dinge?”
Wie lange werden jene außerordentlichen Dinge dauern? Wie lange wird es dauern, bis jene außerordentlichen Dinge zu Ende sind?
„dieser außerordentlichen Dinge”: d. i. die außerordentlichen Dinge, wovon die Weissagung handelte. Gemeint sind jene schweren Leidenszeiten der Treuen aus Israel zur Zeit des Antiochus. Es geht um die damalige Bedrängniszeit der Heiligen. Dass die Heiligen gemeint sind, nicht die Masse des (z. T. ungläubigen) israelitischen Volkes, zeigt die Parallele 7, 25.
Das Ende dieser außerordentlichen Dinge ist wohl der Tod des Antiochus, auf den sich die gesamte Prophezeiung konzentriert.
Wir beachten:
1. Engel interessieren sich für die Bedrängnisse des Gottesvolkes. Vielleicht staunen sie, dass das Volk Gottes leiden muss. Vielleicht wollen sie wissen, was das Gute ist, das Gott dadurch seinem Volk zukommen lassen will.
2. Engel wissen nicht mehr über die Zukunft als Gott ihnen offenbart. (Die Dämonen wissen sicherlich nicht mehr, sondern eher weniger.)
3. Wenn sich schon Engel um die Zustände und Befindlichkeiten der Heiligen kümmern, wie viel mehr sollen wir es tun.
V 7: „Und ich hörte den in Linnen gekleideten Mann, der oben über dem Wasser des Stromes war, und er erhob seine Rechte und seine Linke zum Himmel …”
Der Schwur wird verwendet zur Versicherung, zur Bestätigung. Man darf nur bei Gott schwören. Auf ihn als Richter berufen wir uns. Wir sage damit: „Er möge Richter sein und mich strafen, sollte ich lügen.”
„… und schwor bei dem, der ewig lebt:”
„Ich schwöre euch, es wird nicht länger dauern!”
„Auf eine Zeit, ‹zwei› Zeiten und eine halbe [Zeit] (o.: Frist, Doppelfrist und eine halbe);“
Vgl. Dan 7, 25: „Und sie werden in seine Hand gegeben sein eine Zeit und ‹zwei› Zeiten und eine halbe Zeit.“
Diese Zeitangabe dreieinhalb „Zeiten“ bezieht sich auf die Zeitdauer, in der das durch Antiochus entweihte Heiligtum „wüst” lag und die Heiligen „zerschlagen“ werden.
Wie ist die Angabe „Zeit, Zeiten und halbe Zeit” aufzufassen?
Dass die „Zeiten“ für „Jahre” stehen, ergibt sich aus der in V. 11 angegebenen „1290 Tage“. Auch für den Ausdruck „sieben Zeiten“ in Dan 4, 13.20.22.29 sind nur „7 Jahre” passend, denn das Haar wächst in 7 Wochen oder 7 Monaten nicht so lange wie Adlerfedern (4, 30).
Die Bedrängniszeit unter Antiochus dauerte insgesamt ca. 6, 4 Jahre (8, 14). Aber dreieinhalb Jahre von diesen waren in besonderer Weise schwer. Josephus Flavius spricht davon, dass der Opfergottesdienst im Tempel für die Zeit von „drei Jahren und sechs Monaten” ausgesetzt wurde. (Josephus, Geschichte des jüdischen Krieges, 1, 1 (1, 32): „Letztere nahmen ihre Zuflucht zu Antiochus ... Da der König ... marschierte persönlich mit einer sehr starken Kriegsmacht gegen Jerusalem, nahm die Stadt mit stürmender Hand und ließ eine große Zahl von Juden ... über die Klinge springen und gestattete nicht bloß seinen Soldaten eine zügellose Plünderung, sondern legte selbst an die Schätze des Tempelhauses Hand an und unterbrach das immerwährende tägliche Opfer auf drei Jahre und sechs Monate.”
Ebenso in 5, 394: „Als Antiochus, mit dem Beinamen Epiphanes, nach vielen maßlosen Freveln gegen die Gottheit sich zuletzt vor dieser Stadt lagerte, da stürzten sich unsere Vorfahren mit den Waffen in der Hand gegen ihn, um zu erreichen, dass sie selbst im Kampfe hingemetzelt, überdies die Stadt von den Feinden vollständig ausgeraubt, und das Heiligtum für drei Jahre und sechs Monate verödet wurde.”
Die Zeitangaben in Dan 12, 7 und 12, 11 gehen parallel mit 7, 25 und 8, 10-14 sowie 11, 31-33 und beziehen sich auf die Bedrängniszeit, die durch Antiochus entstand.
„… und wenn die Zerschmetterung (o.: Zerschlagung) der Kraft (w.: der Hand) des heiligen Volkes vollbracht sein wird, dann werden alle diese Dinge vollendet sein.”
Zum Begriff „Zerschmetterung (o.: Zerschlagung)“ vgl. Ri 7, 19; Psalm 2, 9; 137, 9; Jeremia 13, 14; 48, 12; 51, 20-23, wo derselbe Begriff verwendet wird.
„... der Kraft (w.: der Hand, d. h.: Tatkraft) des heiligen Volkes“: Der Ausdruck bedeutet völlige Vernichtung der Kraft zum Wirken, sodass man völlig hilflos ist, ohnmächtig.
Am Tiefpunkt der Kraft des heiligen Volkes (d. h.: der Treuen Israels) erweist sich Gottes Kraft am mächtigsten.
„... vollendet sein“, d. h.: ihr Ende erreichen; abgeschlossen sein, sodass nichts mehr zu tun übrig bleibt.
Die Bedrängnis dient auch als Läuterung des Gottesvolkes.
Eine neutestamentliche Parallele (nicht: Erfüllung): 1. Petrus 4, 17.18: „…. der Zeitpunkt [ist da], an dem Gericht vom Hause Gottes [her] beginnen sollte; wenn aber zuerst bei uns, was wird das Ende derer sein, die der guten Botschaft Gottes im Unglauben ungehorsam sind? Und wenn der Gerechte mit Mühe gerettet wird, wo wird der Ehrfurchtslose und Sünder erscheinen?”
Die dreieinhalb Zeiten im Buch der Offenbarung beziehen sich auf die Bedrängniszeit, die jene Christen in unmittelbar zeitlicher Nähe treffen sollte:
Offenbarung 1, 1: „Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gab, seinen leibeigenen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen muss. Und er sandte sie durch seinen himmlischen Boten und übermittelte sie seinem leibeigenen Knecht Johannes“.
1, 3: „Ein Seliger ist der, der liest, und [Selige sind] die, die hören die Worte der Weissagung und bewahren, was darin geschrieben ist, denn die Zeit ist nahe!“
3, 10: „Weil du das Wort meiner Ausdauer bewahrtest, werde ich dich auch bewahren vor der Stunde der Prüfung, die im Begriff ist, über das ganze Weltreich zu kommen, um die zu prüfen, die auf der Erde (o.: im Land) wohnen.”
Gemäß 11, 2 dauert die Zeit, in der die „heilige Stadt“ (d. i.: Jerusalem) von den „Völkern“ (d. i.: von denen, die im Wesen „Heiden“ sind; möglicherweise ein Bezug auf 2, 8), zertreten (o.: getreten) wird, „zweiundvierzig Monate lang“.
Gemäß 11, 3 ist es die Zeit, in der die „zwei Zeugen“ in der Stadt Jerusalem „weissagen“ (vom Messias und von dem unmittelbar bevorstehenden Gericht), bis sie selbst, wie ihr Herr, getötet werden, getötet von dem „Tier” das aus dem Abgrund aufsteigt und in Jerusalem schaltet und waltet (Offenbarung 11, 7).
Gemäß 12, 6.14 ist es die „kurze” (12, 12) Zeitdauer, in der der Drache, auf das Land geworfen, die Frau und den Samen der Frau (12, 14-17) zu fressen sucht. Er weiß, dass er „wenig Zeit” (d. h.: dreieinhalb Zeiten, bzw. 1260 Tage bzw. zweiundvierzig Monate) hat. In dieser Zeit wird die treue „Tochter Zion“ (bildhaft) „in der Wüste” versorgt.
Gemäß 13, 5.7 ist es dem Tier gegeben, zweiundvierzig Monate lang und zu schalten und zu walten. Johannes rief die Heiligen auf, in jener bald auf sie zukommenden Bedrängnis auszuharren und zum Märtyrertod bereit zu sein (13, 9.10, 14, 12).
Da im Buch der Offenbarung sämtliche dieser Zeitangaben im Zusammenhang einer Vision und bildhaften Darstellung erwähnt werden, gehen viele Ausleger davon aus, dass die Zahl in der Offenbarung eine Anspielung auf die (buchstäblich genaue) Zeitangabe aus dem Buch Daniel entnommen ist. Geleitet durch den Heiligen Geist nahm der, der dem Johannes die Offenbarungsvisionen schauen ließ, Bezug auf jene schreckliche bekannte Bedrängniszeit des Gottesvolkes im Alten Testament unter Antiochus, der die vielen Heiligen tötete und den Tempel Gottes sowie die heilige Stadt verwüstete. (Die Parallele in der Ölbergrede: Matthäus 24, 15.) Damit signalisiert er den Lesern, dass die Bedrängniszeit, die sie zu erdulden haben werden, ihre Entsprechung in der großen seleukidischen Bedrängnis hat.
V. 8: „Und ich hörte es, aber ich verstand es nicht. Und ich sagte: Mein Herr, was wird der Ausgang (o.: das spätere Ende;) von diesem sein?”
Das heb. Wort acharith (w: das Letzte; das Spätere; das Ende; der Ausgang) bezieht sich nicht auf etwas, das „nach“ den dreieinhalb Jahren kommen sollte, sondern meint lediglich das Ende, den Abschluss.
„Mein Herr, was wird der Ausgang (d. h.: das Ende, der Abschluss) von diesem sein?”
Wie wird alles ausgehen, enden?
Es geht also um den Abschluss. Die Antwort bekommt Daniel sofort:
V. 9: „Und er sagte: Gehe hin, Daniel, denn die Worte sollen verschlossen und versiegelt sein bis zur Zeit des Endes.”
Gehe hin, lebe weiter, tue deine Aufgaben, bis der Herr dich nach Hause ruft. Die Offenbarung von Dan 11, 2ff ist damit abgeschlossen. Sie ist verschlossen und versiegelt, bis zur Zeit der Erfüllung. Dann, wenn jene Zeit gekommen ist (also etwa ab dem Auftreten des Antiochus), werden Menschen Interesse daran zeigen und forschen. Und sie werden vieles verstehen, je mehr sich die Dinge erfüllen.
Es wird dem Propheten nicht alles enthüllt, aber alles, was enthüllt ist, soll aufbewahrt werden. „Verschließen“ bedeutet nicht „unverständlich machen“ oder „geheim halten“, sondern: „aufbewahren und sicherstellen“.
„Viele werden sich reinigen und weiß machen und läutern, aber die Ehrfurchtslosen ‹und Frevler› werden ehrfurchtslos, ‹frevlerisch,› handeln; und alle Ehrfurchtslosen, ‹alle Frevler,› werden es nicht verstehen, die Verständigen aber werden es verstehen.”
Daniel erhält Information über die, die diese ‚Worte verstehen werden und über die, die sie nicht verstehen werden.
V 10: „Viele werden sich reinigen und weiß machen und läutern, ...”
Wir vergleichen Dan 11, 35. Die Reinigung geschieht durch Bedrängnisse, die hin über Gottes Volk ergehen. Aber nicht bei allen wird der Zweck der Läuterung erreicht werden:
„..., aber die Ehrfurchtslosen ‹und Frevler› werden ehrfurchtslos handeln; und alle Ehrfurchtslosen ‹und Frevler› werden es nicht verstehen, die Verständigen aber werden es verstehen.”
Hier haben wir eine Verheißung und einen Hinweis: Gott erwartet von den Verständigen, dass sie Gottes Wort erforschen und mithilfe des Heiligen Geistes verstehen werden.
Beruhige dich Daniel, auch wenn du diese Weissagung nicht in allem verstehst. Die Weissagung soll aufbehalten werden bis ans Ende, d. h., bis zur Zeit des Antiochus.
Die Verständigen werden durch die Bedrängnisse sich reinigen und dann die Weissagung erforschen und so mehr und mehr verstehen. So wird die Weissagung, obgleich sie vorerst nicht verstanden wird, dem Volk Gottes doch noch zu großem Segen gereichen.
Wir lernen:
. Daniel soll sich begnügen mit dem, was der Herr ihm geoffenbart hat; vieles bleibt vorerst im Dunkeln. Daraus lernen wir: Es ist nicht unser Teil, alles zu wissen. Gott behält sich vor, dass er uns nicht alles sagt bzw. zeigt. Unsere Aufgabe ist zu gehorchen und ihm zu dienen. Es gibt weitere Aufgaben, z. B., Zeuge Christi und ein guter Arbeiter und ein Vorbild zu sein.
. Wir sollen daher auch nicht erwarten, dass jegliche Zukunftsprophetie von allen Menschen verstanden wird. Die ohne Ehrfrucht werden mit Gewissheit nicht verstehen. (V. 10).
. Aber wir dürfen erwarten, dass es viele geben wird, die sich reinigen und verstehen werden (V. 10).
. Bedrängnisse, die den Heiligen widerfahren, sind dazu da, um sie zu prüfen, zu läutern. 1. Petrus 1, 7.
V. 11: „Und von der Zeit an, da das beständige [Opfer] , weggenommen wird, und zwar, um den Gräuel der Verwüstung zu geben (o.: auszuüben), [sind es] 1290 Tage.”
Die Ausdrucksweise geht auf 11, 31 zurück: „Und Streitkräfte von ihm werden dastehen. Und sie werden das Heiligtum, die Bergfeste, entweihen, und werden das beständige ‹Opfer› abschaffen und den verwüstenden Gräuel aufstellen.”
Es wird also jenes Ereignis wird hier wieder aufgegriffen. chon in 8, 11.13 war davon die Rede:
„Selbst bis zu dem Fürsten des Heeres wurde es groß ‹und tat es groß›. Und es nahm ihm das beständige Opfer weg. Und die Stätte seines Heiligtums wurde niedergeworfen. … 13 Und ich hörte einen Heiligen reden. Und es sagte ein Heiliger zu dem Betreffenden, der redete: „Bis wann geht das Gesicht betreffend das beständige Opfer und den verwüstenden Frevel, dass sowohl das Heilige als auch des Heer zur Zertretung hingegeben werden?“
Die Zeitangabe („1290 Tage“) ist eine noch genauere als vorhin (V. 7: „Zeit, Zeiten, halbe Zeit”; vgl. 7, 25).
Die 1290 Tage sind zweifellos genau zu nehmen. Es handelt sich um die genaue Zeitdauer, während welcher der Gräuel im Tempel fortdauert. Gezählt wird wahrscheinlich von dem Zeitpunkt an, da Antiochus die täglichen Opfer beseitigte. Wann das genau war, wissen wir nicht. Es muss Ende Mai bzw. Anfang Juni 168 v. Chr. gewesen sein. Der Endpunkt jener Zeit scheint der 25. Dez 165 v. Chr. zu sein, als Judas Makkabäus den Tempel wieder einweihte.
V. 11: „Und von der Zeit an, da das beständige Opfer , weggenommen wird, und zwar, um den Gräuel der Verwüstung zu geben, – [von selbiger Zeit] an sind es 1290 Tage.”
Der Ausleger Keil schreibt (in seinem Danielkommentar): „…das beständige [Opfer] wird abgeschafft, um ‹nämlich› den Verwüstungsgräuel aufzustellen, ….“ Es handelt sich um einen „abhängigen Finalsatz“ … „in dem Sinne „um nämlich zu setzen (o.: aufzustellen) den Gräuel. Die Aufstellung des Verwüstungsgräuels wird also als Absicht des Wegtuns des beständigen Opfers betrachtet. Aus dieser grammatisch allein richtigen Auffassung der beiden Sätze folgt jedoch nicht notwendigerweise, dass die Aufstellung des Götzengräuels erst später als die Beseitigung des Beständigen erfolgt sei (i. S. v.: um demnächst den Gräuel der Verwüstung aufzustellen) … Beides kann gleichzeitig, eines unmittelbar nach dem andern, geschehen sein. Ein Endtermin ist bei beiden Bestimmungen nicht genannt.
Dieser ergibt sich aber aus dem ‚Wohl dem, welcher harret...‘ (V. 13). Damit ist gesagt, dass nach den 1335 Tagen die Leidenszeit vorüber sein wird. … Die 1290 und die 1335 Tage haben den gleichen Anfangstermin ...“
Gemäß 1. Makkabäer. 1, 54.59 und 4, 52 hat das Unterbrechen des mosaischen Opferkultus nur 3 Jahre und 10 Tage gedauert. Folglich müssen wir den Beginn der 1290 Tage früher ansetzen als die Beseitigung der täglichen Opferdarbringungen.
Welche Folgen hatten die Kämpfe des Nordkönigs gegen den Südkönig für sein Verhalten gegen das Gottesvolk? (Vgl. Keil.)
. Bei der Rückkehr aus dem ersten siegreichen Kampf gegen den König des Südens richtet er sein Herz gegen den heiligen Bund (11, 28).
. Und beim Misslingen des erneuten Kampfes gegen den König des Südens ergrimmt er gegen den heiligen Bund und verwüstet das Heiligtum (11, 31).
. Und schließlich: Beim Kampf „zur Zeit des Endes“, wo er Ägypten ganz in seine Gewalt bekommen hat und durch Gerüchte vom Osten und Norden her erschreckt auszieht, um Viele zu vertilgen, schlägt er sein Palastzelt im heiligen Lande auf; um hier den vernichtenden Schlag gegen alle seine Feinde zu führen, wobei er aber selbst sein Ende findet (11, 40-45). …
Darin liegt der Trost: dass die schwerste Zeit der Bedrängnis nicht viel länger als die halbe Zeit der ganzen Bedrängnisperiode dauern soll.
Wir zitieren im Folgenden die entsprechendn Stellen aus dem Makkabäerbuch:
1Ma 1, 54-64: „Am 15. Tage (nach 1Ma 4, 52 u. 54: Am 25. Tage) Tage des Monats Kislev (d. h. Dezember) im Jahre 145 (d. h. 168 v. Chr.) stellten sie einen Gräuel der Verwüstung (Vgl. Dan 9, 27; 11, 31; Dan 12, 11.) auf den Brandopferaltar und erbauten Altäre in den Ortschaften Judas ringsumher. 55 Sie brachten vor den Haustüren und auf den Straßen Rauchopfer dar, 56 und die Gesetzbücher, die sie fanden, zerrissen und verbrannten sie; 57 und wenn bei jemandem ein Bundesbuch gefunden wurde und wenn jemand dem mosaischen Gesetz treu bleiben wollten, so überlieferten ihn der Erlass des Königs dem Tode. 58 So verfuhren sie in ihrer Gewalttätigkeit Monat für Monat mit den Israeliten, die sie in den Ortschaften betrafen. 59 Am 25. Tage des Monats (Kislev) aber opferten sie auf dem Altar, der auf dem Brandopferaltar stand, 60 und ließen die Frauen, die ihre Kinder hatten beschneiden lassen, der königlichen Verordnung gemäß hinrichten, 61 wobei sie ihnen die Kinder an den Hals hängten; auch ihre Familien (a.L.: und plünderten die Häuser) und die, welche die Beschneidung vollzogen hatten, töteten sie. 62 Indes zeigten sich viele Israeliten standhaft und faßten den festen Entschluss unreine Speisen nicht zu genießen; 63 sie wollten lieber sterben, um sich durch Speisen nicht zu verunreinigen und den heiligen Bund nicht zu brechen; daher erlitten sie den Tod. 64 So lag denn ein schlimmes Zorngericht Gottes überaus schwer auf Israel.”
Zu welchem Zweck wurde der Opfergottesdienst in Jerusalem durch Antiochus beseitigt? – Um den Weg freizugeben, dass im Tempel der Gräuel der Verwüstung errichtet wird. Das geschah 168 v. Chr. Die Abschaffung der Opfer in Jerusalem durch Antiochus (wahrscheinlich im Sommer 168 v. Chr.) geschah, „um den Verwüstungsgräuel aufzustellen” (15. Dez 168 v. Chr.).
Was konnten die Heiligen damals, und was können wir daraus lernen?
. Das Ende der Bedrängnis war festgesetzt. Die Befreiung war sicher.
. Auf die Zeit der Befreiung sollten die Heiligen geduldig warten, ausharren.
. Wenn die Befreiung kommt, werden die Heiligen reichlich belohnt. Der der ausharrt, ist gesegnet und wird ein Seliger sein.
V. 12: „Selig der, der ausharrt und erreicht tausenddreihundertfünfunddreißig Tage!”
Auch diese Zeitangabe betrifft die Zeit des Antiochus.
Es ist nicht ganz eindeutig, welchen Zeitpunkt der Engel im Blick hat. Dächsel meint, die 45 zusätzlichen Tage beträfe die Zeit, bis die Kunde vom Tod des Antiochus in Israel anlangt. Wohl dem, der diese Tage erreicht, denn er hat die eigentliche Seelengefahr jener schweren Zeit glücklich überstanden. Ähnlich Moses Stuart (Interpretation of Prophecy, S 91f)
Wie oben bemerkt, unternahm Antiochus gegen Ende seines Lebens anscheinend noch einen weiteren und letzten Zug nach Ägypten. Nach diesem zog er nochmals gegen Palästina. Mattathias und seine Söhne hatten inzwischen die Partei der Gottesfürchtigen organisiert, und Antiochus war sehr entrüstet über die Anstrengungen, die die Juden machten und über ihre Erfolge, die sie hatten. In 1. Makkabäer 2, 26.37 haben wir einen Bericht über die Lage des Antiochus, als er im „Land der Zierde” war. Die Staatskasse war leer, er hatte bereits den jüdischen Tempel all seiner Kostbarkeiten beraubt, und nun war er genötigt weitere Wertsachen zu suchen. Er ließ daher die Hälfte seines Heeres zusammen mit Lysias, einem seiner Lieblingsoffiziere, zurück und zog über den Euphrat, um die Länder im Osten zu plündern. Zuerst unterwarf er Armenien (Dan 11, 37), dann wandte er sich, um den Tempel in Elymais, den Tempel der persischen Diana, zu berauben. Bei seinem Versuch, den Tempel zu plündern, erhob sich die Masse des Volkes und trieb ihn aus der Stadt; danach floh er nach Ekbatana.
Nicht lange nach seinem Abzug aus Palästina begann Lysias einen intensiven Kampf in Palästina; aber Judas Makkabäus trug bei allen Auseinandersetzungen den Sieg davon. Einer der Siege über Lysias war dermaßen entscheidend, dass Judas schließlich beginnen konnte, den Tempel zu reinigen und den Tempelgottesdienst wiederherzustellen (1. Makkabäer 4, 36ff).
In Ekbathana bekam Antiochus die Nachricht von der völligen Niederlage des Lysias und seiner Heere durch Judas Makkabäus in Palästina. In dem Wutanfall, den er durch diese Enttäuschung bekam, stieß er die fürchterlichsten Lästerungen gegen den Gott der Juden aus und drohte, Jerusalem zu einer Begräbnisstätte des gesamten jüdischen Volkes zu machen. Unvermittelt nahm er Kurs auf Judäa und zog in aller Eile durch Babylon. Da fiel er von seinem Wagen und zog sich innere Verletzungen zu. Bald danach ergriff ihn eine tödliche Krankheit in seinen Eingeweiden, möglicherweise Cholera. So starb er in Tabae, in dem bergigen Land, in der Nähe der Grenze zwischen Babylonien und Persien.
In 1. Makkabäer 6, 1 finden wir einen Bericht vom Ende seines Lebens und von seinem fehlgeschlagenen Einsatz in Elymais.
1. Makkabäer 6, 1-16: „Unterdessen durchzog der König Antiochus die oberen Länder (vgl. 1. Makkabäer 3:37). Als er nun vernahm, dass Elymais in Persien eine durch ihren Reichtum, durch Silber und Gold berühmte Stadt sei 2 und dass sich dort ein überaus reicher Tempel mit goldenen Rüstungen und Panzern und anderen Waffen befinde, die der mazedonische König Alexander, der Sohn Philipps, der erste König von Griechenland, dort niedergelegt habe, 3 so zog er hin und suchte die Stadt zu erobern und zu plündern; aber es gelang ihm nicht, weil die Sache den Stadtbewohnern kund geworden war. 4 Sie traten ihm also mit den Waffen in der Hand entgegen, und er musste die Flucht ergreifen und zu seinem großen Leidwesen von dort wieder abziehen, um nach Babylon zurückzukehren. 5 Da kam ein Bote zu ihm nach Persien mit der Meldung, dass seine Heere, die ins jüdische Land geschickt worden waren, in die Flucht geschlagen seien; 6 auch Lysias, der an der Spitze einer starken Heeresmacht ins Feld gezogen war, sei von ihnen geschlagen worden; die Juden aber seien durch die Waffen und den Kriegsbedarf und die reiche Beute, die sie den besiegten Heeren abgenommen hätten, stark geworden, 7 hätten auch den scheußlichen Gräuel, den der König auf dem Altar in Jerusalem aufgestellt habe, wieder entfernt und das Heiligtum wie früher mit hohen Mauern umgeben, ebenso auch seine Stadt Bethsura. 8 Als der König diesen Bericht vernahm, erschrak er sehr und wurde tief erschüttert; er musste sich zu Bett legen und verfiel vor Kummer in eine Krankheit, weil die Dinge nicht nach seinem Wunsch verlaufen waren. …16 Hierauf starb der König Antiochus daselbst im Jahre 149 (164 v. Chronik ).”
Es war noch Winter, als er den Tempel in Elymais beraubte; danach, bei seinem Rückzug, traf die Nachricht der völligen Niederlage der Heere Lysias‘ in Palästina ein. Sein Tod muss im Februar 164 v. Chr. angesetzt werden, jedenfalls lange vor Frühlingsbeginn.
Die Tempelweihe fand am 25. Dezember 165 v. Chr. statt. Wenn wir nun von der Tempelweihe durch Judas bis zum Tod des Antiochus zählen, verstehen wir bald, dass der Zeitabschnitt von 1290 + 45 Tagen aller Wahrscheinlichkeit nach genau der letzte Abschnitt vor dem Tod des Antiochus ist.
Die Zeit von dem Tag an, als die täglichen Opferdarbringungen im Tempel abgeschafft wurden, bis zur Zeit der Wiedereinweihung des Tempels betrug 1290 Tage. Und die Zeit bis zum Tod des Antiochus betrug noch weitere 45 Tage.
Über das genaue Datum des Todes des Antiochus haben wir keinen Bericht aus der weltlichen Geschichte. Aber wir haben die Berichte über das Jahr und die Jahreszeit: eine gewisse Zeit vor dem Frühlingsbeginn des Jahres 164.
Wenn wir annehmen, dass im späten Mai 168 Jerusalem erobert wurde und von da an weiterzählen, so enden die 1290 Tage im Dezember 165 und die 1335 Tage in der Mitte des Februar 164 v. Chr., in welcher Zeit etwa Antiochus starb. (Vgl. Moses Stuart, Interpretation of Prophecy, S 91f.)
Selig, wer diese 1335 Tage überlebt! Der Tempel ist wiedereingeweiht, der Todfeind ist tot, Judas Makkabäus erringt einen Sieg nach dem anderen, der Tempelgottesdienst ist wiederhergestellt und die Juden haben gute Aussicht auf die völlige Unabhängigkeit.
V. 13: „Du aber gehe hin bis zum Ende; und du wirst ruhen,…“
Nun entlässt der Engel des Herrn den hochbetagten Propheten aus seinem Lebenswerk mit der trostreichen Verheißung, dass er am Ende der Tage zu seinem Losteil (seinem geistlichen, himmlischen Erbe) auferstehen werde.
„… und wirst auferstehen ...”
Daniel musste sterben. Der Herr hat ihn nicht vom Sterben gerettet. Warum nicht? – weil diese Welt nicht die einzige Welt ist. Es gibt etwas Besseres als am Leben zu bleiben: Auferstehung, hinein in eine andere Welt!
Und für diese andere Welt hat Daniel sein langes Leben gelebt – nicht für diese Welt, sondern für die jenseitige.
„… zu deinem Losteil am Ende der Tage”
Die einen stehen auf zu ihrer ewigen Belohnung, die anderen zu ihrer ewigen Schmach und Schande (Dan 12, 2). Diese zwei Klassen stehen in starkem Gegensatz zueinander.
Die gerechten Toten genießen nach ihrer Auferstehung die Glückseligkeit im ewigen „heiligen Land”.
Der Engel sagt, Daniel, werde auferstehen zu seinem Erbe, um seinen Anteil vom Erbe im ewigen heiligen Land zu erhalten. Die Erlösten erben das neu verteilte „heilige Land”, neu verteilt nach der Methode der ursprünglichen Verteilung zur Zeit der Eroberung durch Josua (Hesekiel 47.48).
So schließt dieses herrliche Buch ab.
Daniel sah noch einmal den herrlichen Menschen über dem Strom (12, 6).
Ein paar Jahrhunderte später waren andere Knechte Gottes inmitten eines Sees: Genezareth (Matthäus 14). Und der Wind war nicht ruhig. Der Sturm, die Kräfte der Natur brachen los. (Vgl. Dan 7, 2.) Und es kam ihnen vor, als ob sie durch diese Kräfte bald zerstört würden.
Dann sahen sie den Mann, der oberhalb des Stromes und oberhalb der Stürme des Lebens steht!
Petrus bat: „Herr, lass mich zu dir kommen.” Jesus sagte: „Komm!” – Und Petrus kam. Aber er begann zu sinken.
Und dann war die Hand des Herrn da.
Da lernte Petrus eine wichtige Lektion.
Auch ich lerne eine wichtige Lektion: nämlich, dass es nicht nur einen Mann gibt, der oben über dem Strom steht, sondern dass er auch gegenwärtig ist, uns sehr nahe ist, und dass er fähig ist, mich zu halten, wenn ich zu sinken drohe.
Wir gehen einem König entgegen, aber so lange wir in dieser Welt unseren Lauf haben, kann es sein, dass der Strom steigt und die Winde wehen. Wenn der Sturm groß wird, wollen wir daran denken, dass unser König nicht nur oben über dem Strom schwebt und alles beobachtet, sondern auch seine Hand ausstreckt und uns hält. Und wenn unsere Arbeit für ihn getan ist, lässt er uns zur anderen Seite des Stromes hinüber – zu sich.
[1] Es gab übrigens noch zwei weitere kleine Reiche: Kassandros empfing Makedonien mit Griechenland, und Lysimachos empfing Teile im Westen Kleinasiens. Aber diese waren von geringer Bedeutung. Sie werden in Dan 11 nicht erwähnt. Daher auch in Dan 2 nicht.