U n t e r w e g s  n o t i e r t

 

Eine Handreichung für Dienende

______________________________________________________________

 

„Darum erhöhte Gott ihn auch über die Maßen und gab ihm [den] Namen, der über allen Namen ist,

damit in dem Namen Jesu sich alle Knie beugen,

derer im Himmel und derer auf der Erde und derer unter der Erde,

und jede Zunge das Bekenntnis zum Ausdruck bringe, dass Jesus Christus Herr sei,

zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“

Philipper 2, 9-11

__________________________________________________________________

 

Nr. 148: September – Oktober 2024

 

Die Rettung und die Gemeinde der Geretteten

Der Epheserbrief (10)

 

 


Die Segnungen der Gläubigen in Christus – Kapitel 1-3

I. Die Heilssegnungen - Gegenstand des Betens – K. 1

II. Die Rettung ist Auswirkung der Kraft Gottes – K. 2

III. Die Heilssegnungen - Anlass zu erneuter Fürbitte –K. 3

 

Fortsetzung von der letzten Nummer.

Der Wandel der Geretteten K. 4-6

In den Kapiteln 1-3 schrieb der Apostel über den Reichtum der in Christus Geretteten: Das Heil in Christus holt uns aus dieser Welt der Sünde heraus.

Im Folgenden schreibt er über die Lebensführung der in Christus Geretteten: Das Heil in Christus stellt uns wieder zurück in diese Welt hinein, aber nun in einer ganz anderen Beziehung. Wir wurden aus der Todesgefahr gerettet, um nicht zu „ertrinken“; nun werden wir wieder „ins Wasser geworfen“, um andere zu retten. Wir sind nicht nur unseretwegen gerettet worden, sondern, um andere zu retten.

Dazu dienen die Kapitel 4-6. In diese Welt sind wir gestellt, um uns Gott gegenüber zu bewähren. Wir haben unser eigentliches Leben nicht mehr in dieser Welt (Kapitel 1-3), und doch leben wir noch physisch in dieser Welt (Kapitel 4-6). Sie ist nicht mehr unser Zuhause (unsere Wurzeln sind in der jenseitigen Welt), aber mit unserem Leibe sind wir auf Erden und wollen für den Herrn Zeichen setzen und ihm Ehre bereiten.

 

I. Richtlinien für den würdigen Wandel im Leib Christi  – 4, 1-16

 

A. Vorbemerkungen

Die V. 1-16 gehören zu den wichtigen Teilen dieses Briefes. Paulus hat hier Grundsätze der Gemeinde Jesu Christi festgehalten. Was später kommt, lebt von diesem Text her und geht aus ihm hervor.

Wenn die Gläubigen als aus der Welt Gerettete wieder in die Welt hineingestellt sind, so ist es wichtig, wie sie in dieser durch Versuchungen und Bedrohungen gefährlichen Welt zusammenleben. Es ist nicht so, dass jeder seinen eigenen Weg geht. Autonomie und Individualismus fördern letztlich das Sündigen. Vor der Bekehrung sah jeder auf seinen eigenen Weg. (Vgl. Jesaja 53, 6.) Das Heil führt uns in die Gemeinschaft, weil die Versöhnung (mit Gott und miteinander; vgl. Epheser 2, 16) stattgefunden hat.

 

Wie leben nun die Gläubigen miteinander?

Das Ziel unserer Existenz in Christus ist Leibleben, das Zusammenleben des Leibes Christi. Die Glieder des Leibes Christi bilden eine Lebensgemeinschaft und funktionieren miteinander so, wie die Glieder des menschlichen Körpers zusammenleben und gemeinsam funktionieren. Als Christen müssen wir zuerst lernen, innerhalb der Schar der Geretteten miteinander zu leben.

Wir brauchen heute in der Gemeinde Jesu zweierlei: Furcht Gottes in der Beziehung zu Gott und Leibleben in der Beziehung zueinander. Wir brauchen eine enge Beziehung, die von Liebe und Demut getragen ist, so wie Paulus es hier beschreibt. Unser Leben als Christen untereinander, unser Gemeinschaftsleben (wir nennen es „Leibleben“), ist entscheidend für unseren Lebenswandel in der Welt. Ein Christ, der nicht weiß, wie er in der Gemeinschaft der Heiligen zu leben hat, wird nicht zu dem Ziel kommen, das Gott für ihn in dieser Welt hat. Kann jemand seinen Platz in der Gemeinde nicht ausfüllen, wie wird er es in der Welt tun?

In Epheser 4, 1-16 zeigt Paulus, wie das Leibleben auszuleben ist. Jedes Glied hat seinen Platz am Leib Christi. Die Glieder sind eng miteinander verbunden. Wenn Menschen zum Glauben kommen und sofort lernen, mit den Geschwistern im Herrn zu leben, sich sagen zu lassen, sich mitnehmen zu lassen und sich beweisen zu lassen, was in der Heiligen Schrift zu einem bestimmten Sachverhalt geschrieben ist, so ist eine Brücke des Vertrauens gebaut, auf der später gegenseitige Hilfe stattfinden kann.

 

Zur Einteilung des Abschnitts

Aufruf zu würdigem Wandel im Leib Christi 4, 1-6

Über die Ausrüstung der Glieder des Leibes Christi

zum Dienst 4, 7-12

- Womit? (Mittel) 4, 7-11

- Wozu? (Zweck): Zurüstung der Heiligen zum Dienst 4, 12

 

Über das Ziel des Dienstes im Leib Christi: Wachstum 4, 13-15

- Wachstum zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis Christi  - V. 13

- Wachstum zur Reife (Christusähnlichkeit)  - V. 13E

- Wachstum zur Festigkeit  - V. 14.15

 

Der Vorgang des Wachstums im Leib Christi 4, 16

- Unter der Regie des Hauptes Jesus Christus

- In sich hingebendem Mit- und Füreinander

- Entsprechend den Gaben und dem Wirkungskreis

- In der Atmosphäre der Liebe

 

Zum Gedankengang

Hinweisend auf den eben beschriebenen erhabenen Stand, zu dem Jesu Gemeinde gerufen wurde, und hinweisend auf ihren großen Reichtum, ruft Paulus die Epheser zu einem Wandel auf, der dem Evangeliumsruf entspricht, einem Wandel in Demut, Sanftmut und Geduld (Langmut) (V. 1-2). Die Gläubigen sollen einander in Liebe tragen und allen Fleiß aufwenden, durch das Band des Friedens die gottgegebene Einheit zu bewahren (V. 3). Dieser Wandel in praktischer Einheit hat eine siebenfältige göttliche Grundlage (V. 4-6).

In den V. 7-16 beschreibt Paulus die gottgegebenen Mittel auf dem Weg zur Erlangung der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis: Christus hat jedem Glied ein bestimmtes Maß an Gnade (Gnadengabe) gegeben (V. 7), die er nach seiner Auffahrt den Menschen ausgeteilt hat (V. 8-10). Auch hat er der Gemeinde bestimmte begabte Menschen gegeben (Apostel, Propheten, Evangelisten, sowie Hirten und Lehrer; V. 11) zur Zurüstung der Heiligen zum Werk des Dienstes, zum Bauen des Leibes Christi (V. 12), bis alle zu dieser praktischen Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes kommen, zur vollen Mannesreife, das heißt zur Christusähnlichkeit (V. 13).

Diese Gaben und Dienste sind da, damit die Gläubigen aus dem Säuglingszustand herauswachsen und nicht mehr wie Meereswogen hin- und hergeschaukelt und durch allerlei Lehren umhergetrieben werden, gelehrt von Falschlehrern, die letztlich Gottes Volk in die Irre führen (V. 14). Die Gaben und Dienste sollen dazu dienen, dass die Gläubigen, in der Wahrheit gefestigt, in Liebe wandeln und so mehr und mehr zu ihrem Haupt, Christus, heranwachsen (V. 15).

Von diesem Haupt aus geschieht das Wachstum des Leibes, wobei der Leib selbst zu seinem eigenen Wachstum einen großen Beitrag leistet, indem er sich selbst durch gegenseitigen Dienst der begabten Glieder untereinander „baut“. Das ist Gemeindebau. Der ganze Leib wird von Christus, dem Haupt, her durch die Verbindungsstellen fest zusammengefügt und verbunden, und jedes Glied dient dabei entsprechend seiner Begabung und in dem ihm von Gott zugewiesenem Wirkungskreis den anderen – und das alles in einer Atmosphäre der Liebe (V. 16).

 

B. Der Aufruf zum würdigen Wandel im Leib Christi  4, 1-6

1. Von wem kommt der Aufruf? - 4, 1

V. 1: „Ich rufe euch also auf, ich, der Gebundene im Herrn, [in einer Weise] zu wandeln, die würdig ist des Rufes, mit dem ihr gerufen wurdet,

Wie der erste V. (1, 3) des ersten Hauptteils (1, 3-3, 21) der Leitsatz ist, so ist auch der erste V. (4, 1) des zweiten Hauptteils (4, 1-6, 20) der Leitsatz. In beiden Leitversen ist auch das Leitwort angegeben. Wie das Leitwort „Segen“ in 1, 3 den Ton für die Kapitel 1-3 angibt, so gibt das Wort „wandeln“ („Leben führen“) in 4, 1 den Ton für die Kapitel 4-6 an.

 

V. 1: „Ich rufe euch also auf,

(oder: Ich bitte euch also dringend, …;

oder: Ich lege euch also dringend nahe, …)

Das griech. Wort (parakalein) bedeutet „aufrufen, zurufen, ermutigen, ermuntern, zusprechen, aufrichten, (dringlich) bitten, herbeirufen“. Es wird in manchen Übersetzungen auch mit „ermahnen“ wiedergegeben, was uns in diesem Zusammenhang etwas zu stark erscheint. (Paulus benutzt für „ermahnen/mahnen“ ein anderes Wort: nouthetein, Apostelgeschichte 20, 31; Römer 15, 14; 1. Korinther 4, 14; 10, 11; Kolosser 1, 28; 3, 16; 1. Thessalonicher 5, 12.14; 2. Thessalonischer 3, 15. Für „Ermahnung“ verwendet er nouthesia, 1. Korinther 10, 11; Epheser 6, 4; Titus 3, 10).

Es geht in Epheser 4, 1 nicht um eine Ermahnung (im modernen Sinne), sondern um eine Ermutigung, ein Zusprechen, ein dringendes Bitten.

Das Wörtchenalso weist zurück. Paulus tut diesen Aufruf im Blick auf das in den Kapiteln 1-3 Geschriebene. Obwohl wir noch auf Erden sind, sollen wir entsprechend der Tatsache wandeln, dass wir eigentlich im Himmlischen wohnen (Epheser 2, 6). Die Heiligen befinden sich in zwei Welten, im Himmel und auf der Erde. Sie sollen sich daher auf der Erde als Himmelsbewohner verhalten.

 

„ich, der Gefangene im Herrn, ...“

Paulus macht noch einmal darauf aufmerksam, wer hier spricht. Er ist ein Gefangener des Herrn. Er weiß, was es heißt, in einer gefährlichen Welt zu leben. Als ein solcher ruft er die Epheser auf. Er ist nicht ein Gefangener Roms und nicht ein Gefangener von Rom. Das Gefängnis des Apostels ist Jesus Christus.

Schon in dieser Ausdrucksweise gibt er ein Geheimnis weiter, wie wir in dieser Welt zu leben haben. Er selbst hat es gelernt, er schreibt davon in einem anderen Brief: „Ich habe gelernt, zufrieden zu sein,“ ob in einer glücklichen oder in einer unglücklichen Situation, denn „ich bin stark für alles in dem, der mich ‹stets› innerlich kräftigt, Christus.“ (Philipper 4, 13).

Die Briefe an die Epheser, Philipper und Kolosser kommen aus derselben Gefangenschaft (ca. 59/60-61 n. Chr.)

Paulus anerkennt es als Führung des Herrn, dass er nun im Gefängnis ist. Gott bringt uns immer wieder in Situationen, in denen wir gleichsam „Gefangene“ sind. Wir kommen in eine Lage, in der es uns erscheint, als ob wir nicht mehr weiterkönnen. Es werden unsere Grenzen offenbar. Das ist gut für uns, damit wir sowohl uns selbst als auch den Herrn kennenlernen. Paulus freut sich darin, weil er dann an dieser schwachen Stelle die Kraft des Herrn erleben darf (2. Korinther 12, 9.10).

Alle Begrenzungen und Schwierigkeiten dürfen wir als eine Form von Gefängnis ansehen und uns sagen: „Ich bin ein Gefangener im Herrn. Er hat es so geführt, damit ich ihn nun erleben darf – in der Form der Hilfe, die er schenken will.“ Das wird möglicherweise anders sein, als wir uns das vorstellten oder erwählen würden.

 

2. Zu welcher Lebensweise wird aufgerufen? - 4, 1-3

a. Allgemein V. 1

„in einer Weise zu leben, die würdig ist des Rufes, mit dem ihr gerufen wurdet, ...“

Gott hat uns zu etwas Würdigem gerufen. Würdig“ heißt entsprechend. Das griech. Wort erinnert an eine alte Schalenwaage, bei der Gewichtssteine gebraucht wurden: Gott legt auf der einen Waagschale seinen „Ruf“ hinein (das ist: das Heil, zu dem wir gerufen wurden), und in die andere soll der entsprechende Lebenswandel kommen. Paulus sagt: „Lebt in einer Weise, die diesem Ruf entspricht.“ Unser Wandel soll unseren Heilssegnungen und dem hohen Stand und dem herrlichen Erbe, zu dem wir gerufen wurden, entsprechen.

Es geht dem Apostel in den Kapiteln 4-6 darum, dass die Epheser dementsprechend leben, was er in den Kapiteln 1-3 dargestellt hat. Was man in Epheser 1-3 gelernt hat, soll nun ausgelebt werden. Die Ethik soll mit der Dogmatik übereinstimmen.

 

„würdig ... des Rufes“:

Was ist dieser Ruf? Er ist einer, der sich auf die Vergangenheit bezieht, und auch einer, der sich auf die Zukunft bezieht. Zwischen Vergangenheit und Zukunft steht unsere gegenwärtige Lebensweise.

Das Wort „Ruf“ sollte nicht mit „Berufung“ übersetzt werden. Es geht um ein „Gerufensein“. Das griechische Wort kalein bedeutet „rufen“, „mit Namen rufen (nennen, benennen, heißen, bezeichnen)“, „einladen“, „zusammenrufen“, „herbeirufen“. Das deutsche Wort „berufen“ beziehungsweise „berufen werden“ hat Nebenbedeutungen und Begleitvorstellungen, die das griechische Wort eigentlich nicht kennt. Das griech. Wort kalein (pass. kaleisthai) trägt im Neuen Testament weder den Sinn von „erwählen/erwählt werden“ noch von „bestimmen/bestimmt werden“ in sich. Es ist daher besser, bei der Übersetzung des griech. Begriffes die deutschen Wörter „berufen“ und „Berufung“ zu vermeiden und stattdessen die üblichen Begriffe „rufen“ und „Ruf“ / „Gerufensein“ zu verwenden.

Woher wurden wir gerufen? Aus einer Welt der Sünde, aus falscher Religiosität, aus der Knechtschaft des Satans.

Wohin werden wir gerufen? Zu Jesus Christus! Gott rief vom Himmel her und ruft uns in den Himmel (Hebräer 3, 1). Als Gerufene werden wir himmelwärts gerufen. Christus rief uns aus dieser Welt heraus, um uns eines Tages bei sich zu haben. Sein Ruf ist aber noch nicht zu Ende. Wir werden immer noch gerufen (1. Thessalonischer 5, 24): „Treu ist der euch Rufende“. Gott ruft: Komm mit, bleib nicht stehen!, bis wir eines Tages „daheim“ sind. In der Zwischenzeit wollen wir dem Herrn wohlgefällig sein (2. Korinther 5, 9): „Infolgedessen ist es unser Streben, solche zu sein, die ihm wohlgefällig sind, sei es daheim, sei es nicht daheim.“

Eine entsprechende Lebensweise ziemt sich für uns. Wenn wir zum Himmel unterwegs sind, ziemt es sich, dass wir uns entsprechend verhalten. Wer den Himmel zum Ziel hat, lebt nicht so, als ob sein vergangenes Weltleben noch Priorität hätte. Er hat nun eine ganz andere Beziehung zu den Dingen dieser Welt. Er sagt Nein zu eigenen Interessen, die nicht die Interessen des Herrn sind. Er lässt seinen Herrn bestimmen, was er an Freuden und Gütern dieser Welt hat. Er ist bereit, auch Beziehungen fahren zu lassen, die nicht im Sinne seines Herrn sind. Er betrachtet die Güter, die er hat (Fahrzeug, Wohnung, Arbeitsstelle, Gesundheit, Ehefrau, Kinder) als Geschenk vom Herrn, nimmt alles aus seiner Hand.

 

b. Näher erläutert V. 2.3

„mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld (Langmut), wobei ihr einander in Liebe ertragt und euch befleißigt, 3 die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens.“

Eine dreifache Haltung V. 2A

- „mit aller Demut …“

Demut ist rechte Einschätzung von sich selbst. Das Wort bedeutet: „niedrig denken; ein Bewusstsein der eigenen Niedrigkeit haben“. Demut ist die rechte Selbsteinschätzung, die realistische Einstellung in Bezug auf sich selbst.

Wenn ich demütig bin, bedeutet es nicht, dass ich eine „Null“ bin, sondern, dass ich niedrig von mir denke, nämlich so, wie es sich vor Gott geziemt. Der Demütige hat eine niedrige Gesinnung von sich, weil er niedrig ist. Er nimmt den Platz des Dieners ein, weil er im Bewusstsein der eigenen Niedrigkeit lebt. Der Platz des Niedrigen ist nicht oben.

Paulus schreibt im Römerbrief, jeder soll von sich halten, wie es sich zu halten gebührt, und zwar entsprechend einem Glaubensmaß; dabei erinnert er uns an unsere Gnadengaben (12, 3-8). Der eine kann mehr, er soll dann von sich halten, was Gott ihm geschenkt hat; der andere soll nicht meinen, er könnte, was er nicht kann; man soll sich nicht überfordern. Man soll aber auch nicht von sich denken, man könne nichts, sondern man soll dankbar sein für das, was man kann, und mit dieser Fähigkeit dienen.

- „und Sanftmut ...“

Sanftmut ist die rechte Einschätzung des Nächsten. Sie ist eine Haltung, die Gegebenes annimmt, ohne zu widerstreben. Der Sanftmütige ist mild in Bezug auf seine Umgebung; er weiß: Die anderen sind mir von Gott gesandt, um mich zu heiligen und meine charakterlichen „Kanten“ und Grobheiten abzuschleifen.

Demut macht sanftmütig. Demut ist die Grundlage für Sanftmut. Wenn ich mich selbst richtig einschätze, werde ich die Einheit von mir aus nicht stören. Wenn ich den Bruder richtig einschätze, werde ich nicht in Gefahr sein, seinetwegen die Einheit zu stören.

Wenn ich demütig bin und eine rechte Einstellung und Wertschätzung des anderen habe, werde ich sanftmütig sein.

Egal, wie jemand aussieht oder was er tut, jeder Mensch ist im Bilde Gottes geschaffen. Ich sollte also vorsichtig sein, wie ich das Bild Gottes behandle. Ich darf mit Gottes Bild nicht ärgerlich und unfreundlich umgehen.

Jeder von uns ist eine gewisse Gefahr für den Nächsten, weil wir alle Sünder sind.

Wenn mein Gegenüber Christ ist, ist er in doppelter Hinsicht Gottes Bild, denn Christi Geist wohnt in ihm. Im Lichte dessen, was Gott für uns alle tat, ziemt es sich für uns, dass wir sanftmütig miteinander umgehen. Und wir sind auf dem Weg zum Himmel! Auch das sollte uns motivieren.

- „mit Geduld (o.: mit Langmut) ...“

Geduld/Langmut hat mit der rechten Einschätzung Gottes zu tun. „Langmütig sein“ bedeutet, gelassen warten können, eigentlich: „lang brauchen, um heiß zu werden“. Langmut ist das Ertragen von Widrigkeiten und bösen Behandlungen, ohne „heiß“ zu werden oder schnell aus der Situation laufen zu wollen. Sie ist in die Länge gezogene Demut und Sanftmut.

Es ist nicht schwierig, in einem bestimmten Moment demütig und sanft zu sein; wir sollten es aber auf lange Dauer sein. Ein Bruder sagte: „Ich habe viel Geduld; nur habe ich nicht die Zeit, sie auszuüben.“ So geht es manchem von uns, nicht wahr?

Um eine ganze Woche, einen ganzen Monat mit dem Bruder Geduld zu haben, nicht aufzubrausen, sich nicht zu erregen, braucht es übernatürliche Kraft. Es braucht Gott, um „Mensch“ zu sein. Es braucht Gott, um so zu sein, wie Gott sich das Menschsein ausgedacht hatte. Keiner von uns kann aus sich heraus den Willen Gottes tun. Es muss uns geschenkt werden. Und Gott ist bereit, es zu schenken. Seine Gnade reicht aus (2. Korinther 12, 9).

 

Eine zweifache Aktivität  - V. 2 und 3

- Einander ertragen in Liebe  - V. 2E

„wobei ihr einander in Liebe ertragt“

Manchmal muss man einfach tragen, das heißt, „aushalten“.

Jemand sah ein Mädchen, wie es sein Brüderchen trug, und fragte sie: „Ist der nicht schwer?“ Sie antwortete: „Nein, er ist mein Bruder!“

Wenn wir jemanden wirklich lieben, sind wir in der Lage, ihn zu tragen.

Es ist die Pflicht des Starken, die Schwachheiten der Kraftlosen zu tragen und nicht an sich selber Gefallen zu haben. Paulus sagt in Römer 15, 2: „Es soll aber ein jeder von uns dem Nächsten gefallen zum Guten, zur Erbauung“; in V. 3 gibt er die Begründung an: „denn auch Christus hatte nicht an sich selbst Gefallen, sondern – wie geschrieben steht: Die Schmähungen derer, die dich geschmäht haben, sind auf mich gefallen.“

Was heißt tragen? „Tragen“ heißt nicht nur, jemanden zu ertragen, sondern gleichsam, Peitschenhiebe auf sich zu nehmen. Wir nehmen den anderen so an, wie er ist. Wir basteln nicht an ihm herum, suchen nicht, ihn zu verändern. Wir tragen auch die Sünden, die diese Person an uns tut.

Manche Sünden ergeben sich als Re-Aktion. Ich darf nicht in Aktion sündigen, das ist mir klar. Ich darf aber auch nicht als Reaktion auf die Sünde des anderen sündigen.

Was mir dabei hilft ist, dass ich mir die Frage stelle: Folge ich einem schlechten Beispiel oder setze ich ein gutes? Mache ich aus mir selbst ein Vorbild für den Bruder, der an mir sündigt, oder nicht?

Das Vorbild ist Christus. An dieser Stelle können wir bis an unser Lebensende arbeiten.

- Fleiß im Bewahren der Einheit des Geistes  - V. 3

„und euch dabei befleißigt, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens.“

Die Gemeinde steht im Zeichen der Einheit des Geistes. Es gibt in diesem Zusammenhang zwei Arten von Einheit. Eine ist bereits gegeben: die lebensmäßige Einheit des Leibes Christi, die der Geist geschaffen hat. Diese ist kein menschliches Produkt, sondern gänzlich göttlich. Sie ist in Christus. Christus ist der eine Leib und jedes Glied ist Teil desselben. Vom Moment der Wiedergeburt an wird der Gläubige in diese Einheit hineingenommen.

Die andere ist die praktische Einheit des Glaubens und der Erkenntnis.

Die Einheit, zu der wir hier aufgerufen werden, ist die des Geistes. Sie kommt aus dem einigen Gott. Der Heilige Geist hat sie geschaffen, nicht wir. Wir sind eins, weil der, von dem wir stammen, in sich eins ist.

 

Sie ist zu bewahren

Gemeinde Jesu ist durch den Heiligen Geist eins. Diese Einheit tritt zutage, sobald die einzelnen Glieder des Leibes Christi  einander begegnen. Der Heilige Geist will die Einheit bewahren. Aber nicht nur er, sondern jeder, der ihn hat, ist aufgerufen, sie zu bewahren.

Bewahren“ bedeutet auch „hüten, halten“.

Wie wird die Einheit des Geistes bewahrt, gehütet und gehalten?

Durch eine Haltung (Demut, Sanftmut, Geduld/Langmut) und durch entsprechendes Handeln (Ertragen und Fleiß). Zuerst muss die richtige Haltung vorhanden sein, das heißt, wir müssen richtig denken. Danach muss richtiges Handeln folgen.

 

Dabei muss man fleißig sein

Wir müssen im Bewahren der Einheit des Geistes fleißig mit ihm zusammenarbeiten. Es kostet etwas.

 

Sie ist eine Einheit des Geistes

Sie ist nicht eine Einheit der Organisation. Paulus spricht nicht davon, dass die Epheser die Einheit einer Organisation (auch unter einem christlichen Namen) bewahren sollen, sondern die Einheit des Geistes.

Es wird Zeiten und Fälle geben, wo man sich von Menschen und Lehren wird trennen müssen. Einheit mit solchen, die sündigen und/oder Zerstörerisches lehren, darf man nicht bewahren. Das wäre dann auch nicht mehr eine „Einheit des Geistes“.

 

„in dem Band des Friedens“

Fleiß bringt Frieden. Der Friede soll zusammenhalten. Das Band des Friedens soll nicht durch Zwietracht oder Disharmonie zerreißen. Wir sollen fleißig sein. Wir tragen zum Frieden bei, wenn wir überall kleine Feuer löschen. Es gibt im Englischen den Ausdruck troubleshooter. Das ist jemand, der dafür sorgt, dass die kleinen Flämmchen der Unruhe aus dem Weg geräumt werden, bevor daraus eine große Gefahr entsteht.

Haben Sie gelernt zu erkennen, an welcher Stelle eine große, unangenehme Diskussion entstehen wird? Haben Sie gelernt, diese Gefahr im Keim zu ersticken?

„Band“: Friede ist ein Band, das zusammenbindet. Wir haben einen Friedensvertrag miteinander. Es gibt viele Elemente und Kräfte, die die Einheit zerstören könnten. Darum sollen wir friedfertig sein.

 

Exkurs zum Thema „Friedensstifter“

Um Friedensstifter zu sein, müssen wir den Spuren des größten Friedensstifters (Epheser 2, 15; Kolosser 1, 20) folgen. 1. Petrus 2, 21-23: „denn hierzu wurdet ihr gerufen, weil auch Christus für uns litt, wobei er uns ein vorgezeichnetes [Muster] hinterließ, damit ihr auf seinen Spuren folgen möchtet, der keine Sünde tat – noch wurde Falschheit in seinem Munde gefunden –, der, als er geschmäht wurde, nicht wieder schmähte, als er litt, nicht drohte, es aber dem übergab, der in Gerechtigkeit richtet“

Wenn man Gott und Jesus, den Herrn, näher kennenlernt, wird Friede vermehrt (2. Petrus 1, 2): „Friede [werde euch] vermehrt – in Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres Herrn“. Vgl. Johannes 16, 33.

Der Apostel Paulus fordert die Philipper auf, ihn nachzuahmen; so werde der Gott des Friedens mit ihnen sein (Philipper 4, 9): „Was ihr auch lerntet und übernahmt und hörtet und an mir saht, das tut. Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.“

Verkünden wir die Botschaft des Friedens (Apostelgeschichte 10, 36; Römer 5, 1; 10, 15; Epheser 2, 14.17; 6, 15), so werden Menschen Frieden bekommen.

Die Apostel rufen die Heiligen auf, dem nachzustreben, was dem Frieden und der gegenseitigen Erbauung dient (1. Petrus 3, 11; Hebräer 12, 14; Römer 14, 19). Das Sinnen des Geistes „ist Leben und Friede“ (Römer 8, 6) und die Frucht des Geistes ist Friede (Galater 5, 22).

Wenn wir auf das eigene Recht verzichten und Böses nicht mit Bösem vergelten, mehren wir den Frieden.

Matthäus 5, 39.40: „Aber ich sage euch: Dem Bösen ist nicht Widerstand zu leisten, sondern wer immer dich auf deine rechte Wange schlagen wird, ihm kehre auch die andere zu. Und dem, der mit dir rechten und dein Untergewand nehmen will, überlasse auch den Mantel.“

1. Korinther 6, 7: „Es ist überhaupt schon ein Mangel unter euch, dass ihr Prozesse miteinander führt. Warum lasst ihr euch nicht vielmehr Unrecht tun? Warum lasst ihr euch nicht vielmehr übervorteilen?“

Sprüche 24, 29: „Sage nicht: Wie er mir tat, so tue ich ihm. Ich vergelte dem Mann nach seinem Tun.“

1. Thessalonischer 5, 15 „Seht stets darauf, dass niemand jemandem Übles mit Üblem vergelte, sondern jagt allezeit nach dem Guten – gegeneinander und gegen alle.“

Römer 12, 17.18: „Vergeltet niemandem Übles mit Üblem, seid vor [den Augen] aller Menschen vorsorglich für das, das edel ist, wenn möglich, soviel es an euch liegt, habt mit allen Menschen Frieden“.

Um Friedensstifter zu sein, müssen wir mit Demut, Sanftmut und Geduld einander in Liebe ertragen (Epheser 4, 2.3), uns zurechtbringen lassen, auf dasselbe bedacht sein.

Wenn wir im Frieden sind, wird „der Gott der Liebe und des Friedens“ mit uns sein (2. Korinther 13, 11).

Beter sind Friedensbringer (Philipper 4, 6.7): „Sorgt euch um nichts, sondern in allem macht durch Gebet und Flehen eure Bitten zu Gott hin bekannt mit Dank, und der Friede Gottes, der alle Denkfähigkeit übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Gewahrsam halten in Christus Jesus.“

 

Exkurs zum Thema „Einander“

Die bereits gegebene Einheit des Geistes wird in den V. 4-6 begründet. Sie dient als Orientierung zu dieser besonderen Lebensweise. Weil wir untereinander Glieder sind (Römer 12, 5; 1. Korinther 12, 14-26; Epheser 4, 25), haben wir miteinander Gemeinschaft. Die Beziehungen von diesen Gliedern untereinander sind geprägt von dem Wort „einander“. Dies soll folgende Liste zeigen.

Als Glieder dürfen wir ...

·         das Leben füreinander hingeben 1. Johannes 3, 16 – das heißt: die Seele (Leben, Kraft, Energie, Gesundheit, Schlaf, Geld, Besitz, Bequemlichkeit, Ehre) einsetzen und ihm zur Verfügung stellen

·         einander aufnehmen bzw. annehmen Römer 15, 7

·         gastfrei sein gegeneinander 1. Petrus 4, 9

·         Achtung und Wertschätzung ausüben Römer 12, 10; Philipper  2, 3

·         einander ehren, in Ehrerbietung vorangehen Römer 12, 10

·         einander höher achten Philipper 2, 3

·         uns einander unterordnen Epheser 5, 21; 1. Petrus 5, 5 (TR)

·         einander wie Sklaven dienen Galater 5, 13

·         füreinander sorgen 1. Korinther 12, 25

·         einander Lasten tragen Galater 6, 2

·         einander ertragen Epheser 4, 2; Kolosser 3, 13

·         einander die Füße waschen Johannes 13, 14

·         aufeinander Acht haben Hebräer 10, 24; 12, 15; Sprüche 27, 23

·         zueinander freundlich und feinfühlig (erbarmend; herzlich) sein Epheser 4, 32

·         miteinander weinen, leiden Römer 12, 15; Hebräer 13, 3; 1. Korinther 12, 26

·         uns miteinander freuen Römer 12, 15; 1. Korinther 12, 26

·         einander grüßen Römer 16, 16

·         aufeinander warten 1. Korinther 11, 33

·         Frieden halten untereinander Markus 9, 50

·         gleichgesinnt sein gegeneinander (in Absicht und Ziel) Römer 12, 16; 15, 5; Apostelgeschichte 4, 32; vgl. Psalm 133

·         einander die Sünden bekennen (wo Unrecht begangen wurde) Jakobus 5, 16

·         einander vergeben (wörtlich: in Gnade schenken) Epheser 4, 32; Kolosser 3, 13; vgl. Hebräer 12, 15

·         einander erbauen Römer 14, 19; 1. Thessalonischer 5, 11

·         zueinander erbaulich reden Epheser 5, 19

·         einander Gnade geben Epheser 4, 29

·         einander trösten 1. Thessalonischer 4, 18; 5, 14

·         einander zurechtweisen (griech.: nouthetein) Römer 15, 14; Kolosser 3, 16

·         einander aufrufen (griech.: parakalein) 1. Thessalonischer 5, 11; Römer 1, 12

·         einander lehren Kolosser 3, 16

·         dem Guten nachstreben gegeneinander 1. Thessalonischer 5, 15

·         Mit einem Wort: einander lieben Johannes 13, 34.

 

3. Auf welcher Grundlage wird aufgerufen- 4, 4-6

V. 4 „Ein Leib [ist es] und ein Geist, entsprechend dem, dass ihr auch gerufen wurdet in einer Hoffnung eures Rufes, 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, 6 ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in euch allen ist.“

Paulus begründet seinen Aufruf mit der bereits gegebenen Einheit des Geistes. Wenn Paulus hier auf die Einheit zu sprechen kommt, weist er darauf hin, dass Gott mit seinem Gesit und mit seinem Sohn eins ist, und er zeigt, was für eine Wirkung dies auf die Gemeinde hat: die erste Gruppe: Leib, GEIST, Hoffnung; die zweite: HERR, Glaube, Taufe; die dritte: Gott VATER. Paulus nennt drei unsichtbare Elemente (ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung), drei Elemente, die mit Bekenntnis zu tun haben (ein Herr, ein Glaube, eine Taufe) und ein Element, das mit Familie zu tun hat (ein Gott und Vater).

 

a. Drei unsichtbare Elemente V. 4

„ein Leib [ist es]“

Es besteht ein einheitlicher Organismus. Es gibt keinen anderen Leib Christi. Alle gehören zum Leib. Die Linie im NT ist klar. Entweder gehört man zur geistlichen Familie und damit zum Leib Jesus Christi oder nicht. Es gibt nur einen einzigen Leib Christi. Daher verhält man sich nicht so, als gäbe es mehrere. Im NT waren alle treuen Heiligen miteinander verbunden wie Glieder eines Leibes. Die Heiligen eines Ortes sind Glieder voneinander (1. Korinther 12, 27), ebenso die Heiligen der ganzen Welt (Kolosser 1, 18).

 

Anmerkung: Wenn sich allerdings jemand (oder eine Gruppe) dem biblischen Wort nicht unterordnen will, gibt man damit zu verstehen, dass man sich Christus nicht unterordnen will. Wer sich Christus nicht unterordnen will, begibt sich von Christus weg. Alle wahren Gläubigen haben jemandem, der sich Christus nicht unterordnen will, die Gemeinschaft zu entziehen. Vgl. 2. Thessalonischer 3, 6.14. Es wird also ein Unterschied gemacht zwischen Entzug der Gemeinschaft (etwas, das wir als Gläubige tun müssen) und Entfernung aus dem Leib Christi (etwas, das nur Gott tut).

 

„und ein Geist“

Es ist der eine Heilige Geist, der diesen Leib ins Leben rief. Weil jedes Glied des Leibes ihn hat und derselbe eine Geist in jedem wohnt und wirkt, sind sie eins. Wer den Geist Christi hat, gehört dazu, wer ihn nicht hat, ist nicht sein Eigentum (Römer 8, 9). Weil sie den Geist erhalten haben, gehören sie alle, die diesen Geist bekommen haben, zusammen.

In dem Maße, in dem die Glieder des Leibes im Geist wandeln, zeigt sich die Einheit des Geistes.

„entsprechend dem, dass ihr gerufen wurdet in einer Hoffnung eures Rufes, ...“

Gemeinde Jesu ist vom Heiligen Geist zu einer Hoffnung gerufen. Sie wurden mit ein- und demselben Ruf gerufen, das heißt, sie wurden eingeladen. Und sie haben nun nicht nur denselben Ursprung, sondern auch dasselbe einheitliche Ziel, zu dem der Geist sie führt: das Erbe, die Zukunft mit Christus. Diese gemeinsame Hoffnung macht jeden Gläubigen eins mit allen anderen.

 

b. Drei Elemente, die mit Bekenntnis zu tun haben V. 5

„ein Herr, ...“

Wir alle haben den Sohn Gottes zum Herrn. Unter seiner Autorität stehen wir. Er ist Gegenstand unseres Glaubens. Und er ist nicht aufgeteilt (1. Korinther 1, 13). Paulus nennt ihn hier Herr. Dieser herrscht über seine Gemeinde, ist ihr Meister und hat das Recht, jeden einzelnen zu belehren, anzuleiten und ihm Aufträge zu erteilen.

 

„ein Glaube, ...“

Glaube ist Anerkennen des Herrn, Vertrauen zu ihm (das heißt: sich ihm anvertrauen) und schließt unbedingt Treue ihm gegenüber ein. Es gibt nur ein Vertrauen auf diesen Herrn. Alle Glieder der Gemeinde vertrauen ihm. Sie erinnern einander an das, was er gesagt hat und wer er ist. Das Wort „Glaube“ kann auch „Glaubensinhalt“ bedeuten. Es gibt nur eine einheitliche Glaubenslehre; sie ist uns in der Heiligen Schrift vorgegeben. Vgl. Epheser 4, 13. Die Hauptlehren der Schrift müssen überall die gleichen sein. Verschiedene Auffassungen in Randfragen sind kein Grund für Trennungen.

 

„eine Taufe, ...“

Es geht zum einen darum, worauf wir getauft worden sind: auf Christus. Und es geht um die eine Taufe als Zeichen des Glaubens an den einen Herrn. Wir sind alle durch den Glauben in dieselbe Person hineinversetzt. Wir gelten als mit Christus gestorben. Die Taufe ist der Ausdruck dieser Wahrheit und ist somit gleichsam ein Mitbegrabenwerden mit Christus (Römer 6, 2-5). Und die Taufe ist eine an Gott gerichtete Verpflichtungserklärung eines Menschen mit gereinigtem Gewissen. 1. Petrus 3, 21: „nicht ein Entfernen des Schmutzes am Fleisch, sondern eine verpflichtende Erklärung eines guten Gewissens, an Gott [gerichtet]“.

 

Anmerkung: Eine „Taufe“ vor der Bekehrung ist keine Taufe „auf Christus“. Eine solche wäre leer, bezeugte nichts und wäre nicht eine Verpflichtungserklärung. Die Taufe ist auch nicht Teil der Bekehrung, sondern sie hat auf die Bekehrung zu folgen – und zwar möglichst bald darauf. Gehören Christen, die sich noch nicht taufen ließen, nicht zum Leib Christi? Doch, außer wenn ihr Nicht‑getauft‑Sein aufgrund einer falschen Lehre oder mangelhaften Erkenntnis der Wahrheit beruht. Aber es gibt einen Punkt, wo ihr Nichtgetauftsein zu einem direkten Ungehorsam gegenüber dem Herrn wird. Dann muss ein Strich gezogen werden. Es darf nicht jemand „Bruder“ genannt werden, der vorsätzlich dem Herrn den ersten Gehorsamsschritt verweigert, nachdem er deutlich erkannt hat, dass sein Herr dies verlangt.

 

c. Ein Element, das mit Familie zu tun hat V. 6

 

„ein Gott und Vater aller, ...“

Gott ist der Vater aller Gläubigen. Daher ist der Leib Christi eine einheitliche, zusammengehörende Familie. Wer denselben Vater hat, gehört zur selben Familie. Dadurch entsteht eine Einheit. Niemand gehört zur Gemeinde, der nicht wiedergeboren ist.

 

„der über allen ‹ist›, und durch alle ‹wirkt› und in euch allen ‹ist›.“

Über allen Gliedern im Leib Christi steht der Vater als Beschützer und als Autorität. Er ist die letzte Instanz. Und er ist das Ziel von allen Gläubigen.

Durch alle Glieder im Leib Christi wirkt er. Er ist die Quelle von jeglichem fruchtbaren Wirken.

In allen Gliedern im Leib Christi wohnt er. Er erfüllt sie alle und bringt sie so zur Vollendung. Wenn Gott in meinem Bruder ist, können wir zusammen den Weg gehen.

 

d. Exkurs zum Thema „Disharmonie

Was sollen wir tun, wenn wir nicht miteinander übereinstimmen?

Es kann ja vorkommen, dass zwei vollkommen überzeugt sind, sie seien im Recht. Beide scheinen den Herrn zu lieben, und doch sind ihre Auffassungen wie Pole voneinander getrennt. Was dann?

Dann wollen wir Geduld haben miteinander. Das hat Paulus in V. 3 bereits angesprochen: in der Demut, Sanftmut und Geduld (Langmut) einander in Liebe ertragen.

Die Tatsache, dass wir alle eins sind, heißt nicht, dass es in der Praxis immer so sein wird, dass wir alle einheitlich marschieren.

Wenn Zwistigkeiten entstehen, müssen wir lernen, wie man damit umgeht. Wir sind alle unvollkommen. Manche Unterschiede und mangelnde Erkenntnis müssen wir tragen. Wir müssen uns auch fragen, ob wir nicht selber in die Irre gehen.

Es gibt in bestimmten Fragen verschiedene Auffassungen. Wir sollen uns aber nie damit zufriedengeben. Wir sollen über lehrmäßige Klüfte unter Gläubigen nie zur Ruhe kommen. Lernen wir, mit diesen Klüften unzufrieden zu sein und zu leiden!

Oftmals können wir trotz Meinungsverschiedenheiten einander dienen und dadurch möglicherweise die Kluft überbrücken. In manchen Fällen kann es allerdings vorkommen, dass wir von jemandem vorläufig Abstand nehmen müssen.

 

Von wem soll wir uns trennen?

1. Von zerstörerischen Lehrern und Lehren

2. Johannes 9-11: „Jeder, der … nicht in der Lehre des Christus bleibt, hat Gott nicht. ... Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, nehmt ihn nicht in die Wohnung und grüßt ihn nicht!“

Von solchen, die durch falsche Lehre Zwiespalt anrichten oder/und durch ihre Lehre der Verflachung und dem Ungehorsam gegenüber der Heiligen Schrift Vorschub leisten:

„Einen häretischen Menschen meide nach einer und einer zweiten Ermahnung, in dem Wissen, dass ein solcher ‹ganz› verkehrt ist und am Sündigen ist, durch sich selbst verurteilt.“ (Titus 3, 10.11; vgl. 1. Timotheus 6, 20; Offenbarung 2, 14-16.20.)

„Ich rufe euch aber auf, Brüder, Acht zu geben auf die, die Zwiespalt anrichten und Fallstricke legen entgegen der Lehre, die ihr lerntet, und wendet euch von ihnen ab, denn solche tun nicht Leibeigenendienst unserem Herrn, Jesus Christus, sondern ihrem eigenen Bauch, und durch freundlich ‹klingende› und schöne Worte betrügen sie gänzlich die Herzen der Arglosen.“ (Römer 16, 17.18)

 

2. Von unheiligen Menschen und unheiligen Werken

1. Thessalonischer 5, 22: „Von jeder Gestalt des Bösen haltet Abstand.“

Epheser 5, 6-11: „Niemand betrüge euch mit leeren Worten, denn wegen dieser Dinge kommt der Zorn Gottes auf die Söhne des Ungehorsams. Werdet also nicht ihre Mitteilhabenden, denn ihr wart einst Finsternis; nun aber [seid ihr] Licht im Herrn. Wandelt ‹stets› wie Kinder des Lichts (denn die Frucht des Geistes besteht in aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit) und prüft dabei, was dem Herrn angenehm ist. Und seid nicht mitbeteiligt an den unfruchtbaren Werken der Finsternis; vielmehr aber deckt [sie] auch auf ‹und weist zurecht›.“

2. Timotheus 2, 19M-21: „Jeder, der den Namen Christi nennt, nehme Abstand von Ungerechtigkeit. In einem großen Hause sind nicht nur goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und tönerne, und zwar einige zur Ehre, einige zur Unehre. Wenn also jemand sich selbst von diesen ‹ganz› gereinigt haben wird, wird er ein Gefäß zur Ehre sein, [eines, das] geheiligt worden ist und dem Herrn, der [über die Gefäße] verfügt, gut brauchbar, zu jedem guten Werk bereitet.“ Vgl. Judas 23; 1. Timotheus 6, 5; 2. Timotheus 3, 5.

 

Hierbei gibt es verschiedene Grade.

Paulus schreibt an die Thessalonicher (2. Thessalonischer 3, 6.14.15): „Wir weisen euch aber an, Brüder, im Namen unseres Herrn, Jesu Christi, euch von jedem Bruder zurückzuziehen, der in unordentlicher Weise wandelt und nicht nach der Überlieferung, die er von uns überkam, ... Wenn jemand unserem Wort mittels Brief nicht gehorcht, merkt euch diesen und habt nicht Umgang mit ihm, damit er dazu gebracht werde, in sich zu gehen, und betrachtet ihn nicht als einen Feind, sondern ermahnt ihn als einen Bruder.“

Ein schlimmerer Fall ist in Matthäus 18, 15-17 beschrieben: „Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, gehe hin und weise ihn zurecht, allein, unter vier Augen. Wenn er auf dich hört, hast du deinen Bruder gewonnen. Wenn er aber nicht hört, nimm mit dir noch einen oder zwei, damit aus dem Munde von zwei oder drei Zeugen jede Sache bestehe. Wenn er aber auf sie nicht hört, sage es der Gemeinde. Wenn er aber auch auf die Gemeinde nicht hört, sei er dir wie der Heidnische und der Zolleinnehmer.“

Im Fall von Unzucht, offensichtlicher Habsucht, Lästerung und Trunksucht, sowie bei Götzendienst, Raub und praktizierender Homosexualität ist Gemeinschaftsentzug geboten, wenn der Betreffende sich als „Bruder/Schwester“ ausgibt (1. Korinther 5, 11-13): „Aber nun schreibe ich euch, nicht Umgang zu pflegen, wenn jemand als Bruder bezeichnet wird und ein Unzüchtiger oder Habsüchtiger oder Götzendiener oder Lästerer (Schmäher) oder einer, der sich berauscht oder ein Räuberischer (Gewalttäter) ist, mit einem solchen nicht einmal zu essen; denn was [gehen] mich auch die [an], die außerhalb sind, [sie] zu richten? Richtet ihr nicht die, die drinnen sind? Sondern die, die außerhalb sind, richtet Gott. Und entfernt ihr den Bösen aus eurer ‹Mitte›!“.

Der Grund (1. Korinther 6, 9.10): „Oder wisst ihr nicht, dass Ungerechte das Königreich Gottes nicht erben werden? Werdet nicht irregeleitet! Weder Unzüchtige noch Götzendiener noch Ehebrecher noch Lüstlinge noch Homosexuelle noch Diebe noch Habsüchtige noch sich Berauschende noch Schmäher noch Räuberische werden das Königreich Gottes erben.“

 

Exkurs zum Begriff „Gemeinde“

Das Wort „Gemeinde“ wird heute oft missverstanden. Man denkt dabei oft an eine Sache. Man „gründet“ Gemeinden und „organisiert“ sie. Die Schrift kennt solche Ausdrücke nicht. Wenn die Heilige Schrift im Neuen Testament „Gemeinde“ sagt, meint sie fast immer Menschen, gerettete Menschen. Gemeinde ist eine Vielzahl von Geretteten, eine Schar, eine Herde. Sie ist keine Sache, kein Verein, keine Organisation. Im Neuen Testament wird Gemeinde nicht (im modernen Sinne) „gegründet“ oder „organisiert“. Sie wird geboren. Gemeinde, das ist: Menschen des Heils.

    In dem Moment, als Paulus und Barnabas durch die Tore von Antiochien in Pisidien gingen, kam Gemeinde Jesu nach Antiochien (Apostelgeschichte 13). Zu diesem Zeitpunkt bestand die Gemeinde in Antiochien aus zwei Personen. Paulus und Barnabas verkündeten dort das Evangelium. Sobald ein Mensch zum Glauben kam, wuchs die Gemeinde in Antiochien auf drei Glieder, denn „Gemeinde“ ist die Schar der Geretteten. Als dann weitere Menschen gerettet wurden, wuchs die Gemeinde von Antiochien weiter.

    Christliche Gemeinden sind nach biblischem Sprachgebrauch Gruppen von Geretteten. In diesen Gruppen gibt es anfangs noch nicht biblische „Älteste“ oder Leiter; dennoch trägt die Gruppe bereits den Namen „Gemeinde“. In der Apostelgeschichte 14, 23 wird die Christenschar, ehe Älteste eingesetzt sind, bereits „Gemeinde“ genannt. Es ist natürlich sehr erwünscht, dass Älteste vorhanden sind, aber diese Gruppen sind auch ohne Älteste „Gemeinden“. Gemeinde Jesu wächst, wenn Christus im Leben von Menschen Gestalt gewinnt.

    In den 200 Jahren der industrialisierten Gesellschaft haben wir „gelernt“, sachlich (sachorientiert, mechanistisch) zu denken. Die Bibel denkt nicht so. Sie denkt in Lebensformen. Gott ist eine Person, wir sind Personen und haben es mit Personen zu tun. Wenn wir das Wort „Gruppe“ oder „Schar“ bzw. „Herde“ verwenden, denken wir nicht an eine Organisation, sondern an die Personen der Gruppe.

    Die gesamte Gemeinde ist die Gesamtzahl der Heilsmenschen, einige sind im Himmel, einige auf der Erde. Manchmal wird das Wort „Gemeinde“ von den Geretteten in aller Welt gebraucht, manchmal von den Geretteten an einem bestimmten Ort, manchmal von denen in einem Ortsteil (z. B. in Römer 16, 5.14.15).

Jantzen/Jettel – Fortsetzung in der nächsten Nummer

 

Bemerkenswerte Sätze

Das nächste Mal, wenn Du glaubst, eine Entschuldigung zu haben, warum Gott Dich nicht gebrauchen kann, denke an folgende Personen:

Abraham war alt.

Isaak war ein Tagträumer.

Jakob war fleischlich eingestellt.

Lea war hässlich.

Josef wurde misshandelt.

Mose war vorschnell.

Gideon hatte Angst.

Rahab hatte eine Vergangenheit als Prostituierte.

Jeremia und Timotheus waren sehr jung.

David hatte „misslungene“ Söhne.

Elia war zeitweise depressiv.

Jeremia wollte aufgeben.

Jona war auf der Flucht davor Gottes Auftrag zu erfüllen.

Naomi war eine Witwe.

Hiob war krank und einer, der alles verloren hatte.

Johannes der Täufer besaß nicht viel, er aß Heuschrecken.

Petrus hatte ein Problem mit seinem vorschnellen Charakter.

Petrus, Johannes und Jakobus schliefen beim Beten ein.

Martha schaute auf die Fehler ihrer Schwester und war sehr, sehr beschäftigt.

Maria war wahrscheinlich nicht die Fleißigste.

Maria Magdalena hatten eine dämonische Vergangenheit.

Der Junge mit den Fischen und Broten war zu unbekannt, und blieb es.

Die Samariterin hatte eine schlechte Männervergangenheit.

Zachäus kam sich zu klein vor, Petrus zu impulsiv.

Markus hatte früher im Missionsdienst versagt.

Timotheus hatte öfters Magengeschwüre,

und Lazarus war tot.

 

Dienste 

01. Sept.: Rothrist (Richter 17)

08. Sept.: Engen/Ebnet/Aulfingen (Hebräer 6, 9ff.)

15. Sept.: Engen/Ebnet/Aulfingen (Hebräer 7)

13. Okt.: Rothrist 19:30 Uhr (Richter 18)

20. Okt.: Engen/Ebnet/Aulfingen

27. Okt.: Engen/Ebnet/Aulfingen

Ende Okt. / Anfang Nov.: evtl. Rumänien

 

Vielen Dank für alle Ihre Gebete für die Dienste und auch für die Gesundheit an Geist und Leib.

Thomas Jettel

 


___________________________________________________________________________________________________________________________________

In „Unterwegs notiert” geben wir (seit 1999) Gedanken weiter, die im geistlichen Gespräch oder im Dienst am Wort eine Hilfe sein können. Die Zustellung ist unentgeltlich. Frühere Nummern können bei www.sermon-online.de heruntergeladen werden. Hrsg. Thomas Jettel, [email protected] Krümmenswil 414; CH-9643 Krummenau; +41 76 490 5953. Homepage: https://jettel.ch Beiträge zum Inhalt bitte an den Herausgeber. Inhalte dürfen vervielfältigt werden. (Bankverbindung: Thomas Jettel, IBAN: DE73 6849 2200 0001 4628 14 oder CH40 0900 0000 8751 9928 9) Zur Erleichterung des Versandes bitte E-Mail-Adressen dem Herausgeber bekannt geben. Ihre Daten (Email-/Postadr.) werden für den Versand verwendet und vertraulich behandelt. Sie dürfen der Verwendung Ihrer Daten widersprechen und die Löschung beantragen. Wer das Blatt nicht mehr erhalten möchte, darf es ohne weiteres abbestellen.