Yohana aus Pakistan: Nicht der Hass soll das letzte Wort haben

 

Ein Imam aus Pakistan lernt Jesus kennen. Ein unglaubliches Leben beginnt

 

Yohana* war bereit zu sterben. Als Jugendlicher wollte er zum Märtyrer werden und Ungläubige in den Tod reißen. Seine Mutter betete zu Allah, dass ihr Sohn bald eine Gelegenheit bekommen würde, in den Dschihad zu ziehen. Denn so wäre ihm ein Platz im Paradies sicher. Was könnte sich eine Mutter auch Besseres für ihren Sohn wünschen als in den Himmel zu kommen?  Yohana tat alles, um Allah zu gefallen. Er tat alles, um in die Fußstapfen seines Vaters und seines Großvaters zu treten. Er stammte aus einer geachteten Familie, aus der viele einflussreiche Imame hervorgegangen waren.

 

Weil Yohana eine schnelle Auffassungsgabe besaß, schickte sein Vater ihn schon früh in eine Koranschule. Das Ziel: Den Koran auswendig zu lernen. Das hatte Yohana mit nur dreizehn Jahren erreicht. Als Jugendlicher gewann er Koranrezitationswettbewerbe und mit nur siebzehn Jahren war Yohana Imam. Sein Vater, ein Mullah in der pakistanischen Millionenstadt Lahore, sorgte dafür, dass er eine gute Moscheegemeinde bekam. Yohana predigte, leitete das Gebet und genoss schon in jungen Jahren Hochachtung. Eine steile Karriere.

 

Toleranz, die überrascht

 

Offenbar steht es auch einem Imam gut, Auslandserfahrungen zu sammeln. Deshalb hat Yohanas Vater ihn zusammen mit einer Gruppe anderer Imame als Missionar nach Griechenland geschickt. Weil er als Imam dort kein Geld verdienen konnte, brauchte Yohana einen Job. So ist er als Aushilfe in einem Athener Bekleidungsgeschäft gelandet. Lieber hätte er bei Muslimen gearbeitet, statt bei Griechen – die sind Christen und damit Ungläubige. Bei Muslimen hatte er jedoch keine Arbeit gefunden.

 

Schon das Einstellungsgespräch lief anders als Yohana es erwartet hätte. Er hat der Ladenbesitzerin erklärt: „Ich bin Muslim und muss fünfmal am Tag beten. Dafür muss ich das Geschäft verlassen. Sie können mir die Fehlzeit vom Lohn abziehen.“ Doch die Chefin winkte ab. „Gehen Sie ruhig beten, wenn Sie das müssen. Ich zahle Ihnen trotzdem den vollen Lohn.“ Überrascht hat Yohana den Laden verlassen. Warum war diese Christin so nachsichtig mit ihm, dem Muslim, gewesen? Hätte sie ihn nicht genauso hassen müssen, wie Muslime in seiner Heimat die Christen hassen?

 

Verstörende Berichte aus der Heimat

 

Immer wieder überraschte ihn das Leben in Griechenland. Seine Chefin und ihr Mann haben ihn herzlich behandelt, ihr Essen mit ihm geteilt und ihn sogar an seine Gebetszeiten erinnert, wenn er sie vergessen hatte. Diese Freundlichkeit hat ihn berührt. Mit mehreren Tausend Kilometern Abstand beginnt er, seine Heimat mit neuen Augen zu sehen. Als er durch einem Fernsehbericht erfahren hat, wie ein muslimischer Mob ein christliches Dorf anzündete und viele Menschen bei lebendigem Leib verbrannten, hat ihn plötzlich Abscheu erfüllt. Was hatten diese Menschen denn getan, um solche Grausamkeit zu verdienen?

 

Yohana hat seine Imam-Kollegen gefragt, was sie davon hielten. Doch die konnten das Problem nicht verstehen: Es waren Ungläubige getötet worden – nach ihrer Vorstellung war das völlig legitim. Auch ein Bericht über eine pakistanische Christin namens Asia Bibi hat Yohana verstört. Die Mutter von fünf Kindern saß in der Todeszelle, weil sie in einem lächerlichen Streit mit einer Muslimin den Propheten beleidigt haben sollte. Yohana hat das Urteil als zu hart empfunden und deswegen wieder mit den anderen Imamen diskutiert. Doch die haben nur gesagt: „Du bist doch selbst Imam und weißt, was im Koran steht. Wer den Propheten beleidigt, muss sterben.“

 

Yohanas Frage nach Vergebung blieb unbeantwortet. Alles, was er zu hören bekam, war: „Lies den Koran!“. Das hat er getan. Und festgestellt: Seine Kollegen hatten Recht. Angewidert hat er den Koran wieder zugeschlagen. Was ist das für eine Lehre? Stammt sie tatsächlich von Gott? Gibt es Liebe, Frieden und Vergebung nur für Muslime? Das konnte Yohana nicht mehr glauben, denn er hat erlebt: Menschen, die keine Muslime sind, sind gut zu ihm gewesen.

 

Wo ist Gott?

 

Seine Zweifel am Koran haben Yohana in eine Krise gestürzt. Er hat aufgehört zu beten und in die Moschee zu gehen. Das ist schnell aufgefallen und die anderen Imame haben ihn als „Ungläubigen“ beschimpft. Auch seine Chefin hat bemerkt, dass sich etwas verändert hat. „Yohana“, hat sie zu ihm gesagt: „Warum gehst du nicht mehr beten?“ Da hat er ihr seine Zweifel anvertraut und sie gebeten: „Kannst du mir helfen? Ich will wissen, wo ich Gott finden kann!“ – „Dann musst du dafür beten, dass er sich dir zeigt“, hat ihm seine Chefin geraten. Sie hat vorgeschlagen, er könne ja eine Kirche besuchen, aber das kam für Yohana nicht infrage.

 

Er hatte gelernt, dass Gott keinen Sohn hatte. Der christliche Glaube konnte also nicht stimmen! Da hat er sich lieber auf die Religionen zweier Freunde aus Indien eingelassen, die er zuvor zu bekehren versucht hatte. Doch weder im Tempel der Sikhs noch bei den Hindus hat er Erfüllung gefunden. Wann immer Yohana Zeit gefunden hat, hat er Gott gebeten: „Bitte zeig dich mir! Ich will wissen, wo ich dich finden kann!“

 

Die Antwort auf die Gebete ließ nicht lange auf sich warten. Eines Nachts hat Yohana geträumt, er laufe eine Straße mit vielen Geschäften entlang. Aus einem der Läden hat ein gleißend helles Licht gestrahlt. Yohana hat neugierig das Geschäft betreten und gestaunt: Dort haben unzählige Juwelen, Gold und Silber gefunkelt. Einen solchen Reichtum hatte er noch nie gesehen! Im Laden hat ein junger Mann mit einem wunderschönen Gesicht und weißer Kleidung gesessen. Er hat die Hand nach ihm ausgestreckt und gesagt: „Yohana, komm zu mir!“ Yohana hat sich gewundert: „Woher kennt dieser reiche Mann meinen Namen?“

 

Als Yohana nachfragte, hat der Mann gelächelt. „Ich weiß alles über dich.“ Dann hat er auf den Reichtum ringsum gezeigt und gesagt: „Du musst das alles hier kaufen.“ Yohana hat nur den Kopf geschüttelt. „Mein Herr, wenn Sie alles über mich wissen, dann wissen Sie auch, dass ich arm bin und mir das alles hier niemals leisten könnte.“ Wieder hat der Mann gelächelt. „Aber das ist doch alles schon für dich bezahlt!“ Dann hat er eine große Tasche genommen, sie mit allen Kostbarkeiten, die es im Laden gab, gefüllt und Yohana überreicht. Überglücklich hat Yohana den Laden verlassen: Jetzt war er der reichste Mann der Welt!

 

„Imam, wach auf!“ Seine beiden Zimmergenossen haben Yohana wachgerüttelt. „Hast du das nicht gesehen? Unser ganzes Zimmer war plötzlich hell erleuchtet! Und ein Mann war hier. Und es hat so wunderbar geduftet!“Yohana hat sie gebeten, ihn in Ruhe zu lassen. Sein ganzer Reichtum war futsch! Trotzdem hat er eine Freude gespürt. Plötzlich kam ihm der Gedanke: „Ich muss eine Kirche besuchen.“ Vielleicht würde er Gott doch dort finden?

 

Der Start in ein neues Leben

 

Zwei Tage später, an einem Sonntag, hat Yohana zum ersten Mal in seinem Leben eine Kirche betreten. Viele Menschen hatten sich zum Gottesdienst versammelt. Er ist die Bankreihen entlang bis nach vorne gelaufen. Dort hat er sich das große Kreuz an der Wand angesehen. Plötzlich hat er sich gefühlt, als wäre er ganz alleine in der Kirche. Vor seinen Augen hat sich das Kreuz in einen Thron verwandelt, auf dem ein König saß. Es war derselbe Mann wie in seinem Traum! Der Mann hat beide Arme nach Yohana ausgestreckt und gerufen: „Yohana, ich bin dein Gott. Komm zu mir!“ Yohana hat beschämt an sich herab geschaut.

 

Er hat sich schmutzig gefühlt. Sein ganzes Leben lag wie ein offenes Buch vor ihm und jede einzelne schlechte Tat, jedes schlechte Wort stach hässlich hervor. Verzweifelt hat Yohana gerufen: „Wie kann ich zu dir kommen? Du bist heilig, aber ich bin voll Sünde!“ Doch der König hat wieder gerufen: „Yohana, komm zu mir! Ich wasche dich von deinen Sünden rein!“ Schließlich hat Yohana nachgegeben. Er hat seine Schuld dem König gegeben und ist dabei in Tränen ausgebrochen. An diesem Tag hat sein neues Leben begonnen.

 

Im Visier der Mörder

 

Nach diesem Erlebnis ist Yohana nach Pakistan zurückgekehrt. Er hat niemandem erzählt, dass er nun an Jesus glaubte. Heimlich hat er Kontakt zur Untergrundkirche aufgenommen, doch sein Geheimnis ist nicht lange unentdeckt geblieben. Nachdem Familienmitglieder ihn in einer Kirche aufgespürt haben, haben sie ihn nach Hause gezerrt und ihn mit Fragen überhäuft. Was er über Mohammed und den Koran sage. Yohana bekannte: „Ich habe überhaupt nichts gegen Mohammed oder den Koran. Aber ich glaube jetzt an Jesus Christus!“ Seine Verwandten haben ihn zusammengeschlagen und aus dem Haus geworfen.

 

Yohana fand Zuflucht bei christlichen Freunden. Von da an ist sein Leben in Gefahr, denn sein Vater hat bestimmt, ihn töten zu lassen. Eines Tages – Yohana ist mit dem Auto eines Freundes unterwegs gewesen – hat ein junger Mann ihn angehalten und ihn mit vorgehaltenem Maschinengewehr gezwungen, auszusteigen. „Du bist konvertiert. Du weiß, welche Strafe dich erwartet. Allahu akbar!“ Yohana schloss die Augen und betete: „Gott, er weiß nicht, was er da tut!“ Der Mann stand nur zwei Meter von ihm entfernt und hat die Waffe auf ihn gehalten. Yohana weiß nicht, wie lange dieser Moment gedauert hat – eine Minute, fünf Minuten? Da hat ihn plötzlich jemand gerüttelt und gerufen: „Hau ab, Mann! Seine Waffe funktioniert nicht!“ Yohana hat die Augen aufgerissen und gesehen, wie der Angreifer versucht hat, das Gewehr nachzuladen. Eine Kugel ist im Lauf steckengeblieben.

 

Dem nächsten Mordanschlag ist Yohana nur entkommen, weil ihn ein Freund vorher telefonisch gewarnt hat. Mit 20 Rupien in der Tasche und ohne Ausweis ist Yohana mitten in der Nacht aus der Stadt geflohen. Er ist von Ort zu Ort gezogen, doch er konnte nirgends länger bleiben. Also hat er sich zur Flucht entschlossen. Innerhalb von acht Monaten hat er sich nach Deutschland durchgeschlagen.

 

Von Liebe getrieben

 

Yohana lebt nun seit zwei Jahren in Deutschland. Jede freie Minute nutzt er, um anderen Menschen von Jesus zu erzählen – demjenigen, der ihm einen Neuanfang geschenkt hat. Yohana weiß, dass er Jesus viel zu verdanken hat. „Wann immer ich Probleme bekam, hat Jesus mich gerettet“, sagt er. Auch, als er vor seiner Asylbewerberunterkunft von vier Männern in einen Kleinbus gezerrt und mit dem Tod bedroht wurde, weil er Konvertit ist. Sie haben auf ihn eingeprügelt und ihn anschließend in den Straßengraben geworfen. Mit mehreren Schädelbrüchen und Messerstichen im Bauch ist er in der Klinik wieder aufgewacht. Yohana weiß, dass er auch in Deutschland nicht sicher ist. Doch die Liebe, die er erfahren hat, treibt ihn an, auch anderen davon zu erzählen. Er betont gerne: Das, was er erlebt hat, ist nicht seine eigene Geschichte. Es ist die Geschichte des Königs, der ihn gerettet hat.