Prof.
Dr. Werner Gitt
Ein
Auszug aus dem Buch: „Fragen, die immer wieder gestellt werden“
16.
Auflage
Es gibt meiner Meinung nach auch nach dem Tode noch die Möglichkeit der
Rettung. Die Gnade Gottes muss doch größer sein als das, was Sie vorgetragen
haben?
Diese Frage wird sehr häufig gestellt, weil sie uns
wirklich zutiefst bewegt, wenn wir echt um die Errettung von Menschen bangen, die uns persönlich nahe stehen bzw.
-standen. Es tun sich in der Tat viele Fragen auf: Was ist mit den Menschen,
- die nur in verwässerter oder entstellter Weise von Jesus Christus
gehört haben?
- die in ihren Kirchen als christliche Botschaft ausschließlich
diesseitig orientierte, häufig politisch eingefärbte Vorstellungen zu
hören bekamen und dann das Thema Christsein ganz abgehakt haben?
- die sich einen christlichen Schein gaben, aber im Kern ihres Lebens
anders orientiert waren als es die Bibel sagt?
- bei denen unsere evangelistischen Bemühungen offenbar ergebnislos
blieben, weil wir nicht den Zugang zum Herzen des anderen fanden oder weil
der andere das Evangelium nicht gewollt hat?
- die zum bewussten Atheismus oder in Sekten mit falschen Lehren
erzogen wurden?
- Was ist mit den vielen jungen Leuten unserer Tage, denen
ausgerechnet im Religionsunterricht der Schule eine angebliche
Unglaubwürdigkeit der Bibel vermittelt wird und die sich deswegen nie mehr
in ihrem Leben mit Fragen des Glaubens beschäftigen?
- Was ist schließlich mit den Menschen, die ohne ihr Verschulden nie
die Gelegenheit hatten, im Einflussbereich des Evangeliums zu stehen?
Alle diese Fragen haben viele Grübler auf den Plan
gerufen, und so sind die unterschiedlichsten Gruppen zu Antworten gekommen, die
sich entweder auf eine Rettung nach dem Tode beziehen oder aber ein
Verlorensein generell ausschließen. Nur einige der vielen sich untereinander
widersprechenden Ideen wollen wir hier beispielhaft nennen:
- Die Allversöhner behaupten, dass schließlich nach einer Zeit
begrenzter Gerichte ohne jede Ausnahme alle selig werden: Hitler
und Stalin ebenso wie die Nihilisten und die Spiritisten.
(Ausführlicher in [G3, 107-108] behandelt.)
- Nach katholischer Auffassung kommen die Seelen der Toten, die noch
der Läuterung bedürfen, ins Fegefeuer, ehe sie zum Himmel zugelassen
werden. Diese Lehre wurde besonders durch Augustinus und Papst Gregor
des Großen gefördert. Die Annahme, dass die Leiden der ,Armen Seelen‘
im Fegefeuer durch Fürbitte der Lebenden abgekürzt werden können, ließ im
Mittelalter das Ablasswesen und das Fest Allerseelen entstehen.
- Bei den Mormonen besteht die Möglichkeit, dass sich ihre
Mitglieder stellvertretend für Verstorbene taufen lassen können, um
dadurch Ungläubige – sogar aus früheren Generationen – zu retten.
- Nach der Lehre der Jehovas Zeugen gibt es für die Menschen
(außer den 144 000) weder einen Himmel noch eine Hölle. Für ihre Anhänger
ist eine runderneuerte Erde statt einer ewigen Gemeinschaft mit Gott dem
Vater und seinem Sohn Jesus Christus im Himmel vorgesehen. Die anderen
bleiben im Grab, oder die Toten können durch das sogenannte „Loskaufopfer“
freikommen.
- Die Neuapostolische Kirche hat einen „Todesdienst“
eingerichtet, wonach ihre selbsternannten Apostel bis in die Welt der
Toten hineinwirken sollen. Die Vermittlung der diesseits gewirkten
Heilsgaben an die Jenseitigen geschieht durch die verstorbenen Apostel,
die drüben ihre „Erlösungsarbeit“ fortsetzen.
- Andere Gruppierungen wiederum vertreten eine Lehre, wonach die an
Christus Gläubigen in den Himmel kommen, die Ungläubigen hingegen
endgültig vernichtet werden, so dass sie nicht mehr existent sind.
- Eine andere Auffassung bezieht sich auf die Textstelle in 1. Petrus
3, 18-20, aus der manche Ausleger eine Verkündigung im Totenreich mit dem
Ziel der Errettung ableiten. (Ausführlich in [G3, 146-153] behandelt).
Alle diese Auffassungen versuchen – sicherlich in guter Absicht – eine
Hoffnung für die eingangs genannten Personengruppen zu geben. Alles
Spekulieren hilft uns aber nicht weiter, und so wollen wir den befragen,
der uns allein hierin helfen kann: Gott in seinem Wort. So gilt es anhand
der biblischen Texte zu prüfen, ob es noch eine Rettungsmöglichkeit nach
dem Tode gibt. Da es sich hierbei um eine äußerst wichtige Fragestellung
handelt, können wir davon ausgehen, dass Gott uns in der Bibel darin nicht
im Unklaren lässt (vgl. Satz B51 im Anhang, Teil I). Ebenso hilft uns
allein die Schrift, Irrlehren in ihrem Kern zu erkennen, um nicht durch
falsche Lehre verführt zu werden.
- Nach dem Tod folgt das Gericht: Im Licht der Bibel
erweisen sich alle Vorstellungen, wonach dem Menschen nach dem Tode noch
eine Rettungsmöglichkeit angeboten wird, als Irrlichter menschlicher
Phantasie, denn „es ist den Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach
aber das Gericht“ (Hebräer 9, 27). Das gilt für Leute, die in irgendeiner
Form mit der Botschaft Gottes in Berührung gekommen sind ebenso wie für
solche, die es nie gehört haben: „Wir werden alle vor dem Richterstuhl Gottes dargestellt werden“ (Römer
14, 10). Dieses Gericht hat Gott dem Sohn übergeben. Beurteilt wird nicht,
was jenseits der Todesmauer noch geschehen ist, sondern nur das im Hier
und Heute Erwirkte „auf dass ein jeglicher empfange, wie er gehandelt hat bei
Leibesleben, es sei gut oder böse“ (2. Korinther 5, 10). Von diesem
Gerichtstermin ist niemand ausgenommen: Gläubige, Gleichgültige,
Freidenker, Verführte, Heiden … kurz: der gesamte Erdkreis
(Apostelgeschichte 17, 31).
- Die Gerichtskriterien: Die Kriterien des
göttlichen Gerichts unterliegen keiner Willkür; niemand wird bevorzugt
oder benachteiligt (1. Petrus 1, 17; Römer 2, 11). Die Maßstäbe hat uns
Gott bekannt gegeben. Wir werden ausschließlich nach den biblisch
offenbarten Regularien beurteilt: „Das Wort, welches ich geredet habe, das
wird ihn richten am Jüngsten Tage“ (Johannes 12, 48). So wollen wir die
wichtigsten Kriterien aus der Schrift zusammenstellen:
a)
Nach Gottes Gerechtigkeit: Wir dürfen gewiss sein: „Gott verdammt niemand mit
Unrecht“ (Hiob 34, 12), denn er ist ein gerechter Richter (2. Timotheus 4, 8).
Hier gibt es keine Verdrehungen und Entstellungen, weil Wahrheit und
Gerechtigkeit voll zum Zuge kommen: „Ja, Herr, allmächtiger Gott, deine
Gerichte sind wahrhaftig und gerecht“ (Offenbarung 16, 7).
b)
Nach
dem Maß des uns Anvertrauten: Kein Mensch ist dem anderen gleich, und jedem ist
unterschiedlich viel anvertraut. Die nicht evangelisierten Heiden haben eine
geringere Erkenntnis von Gott, nämlich nur aus der Schöpfung (Römer 1, 20) und
vom Gewissen her (Römer 2, 15), als jene Menschen, die das Evangelium hören
konnten. Einem Reichen stehen andere Möglichkeiten zur Verfügung, Gutes zu tun
und die Ausbreitung des Evangeliums zu unterstützen als einem Armen. Ein mit
mancherlei geistigen Fähigkeiten Begabter steht in
einer besonderen Verantwortung. Es ist ein Unterschied, ob jemand in einer
Diktatur mit zahlreichen Einschränkungen leben musste oder in einem freien Land
wirken konnte. Der Herr sagt in Lukas 12, 48: „Denn welchem viel gegeben ist,
bei dem wird man viel suchen, und welchem viel befohlen ist, von dem wird man
viel fordern.“
c)
Nach
unseren Werken: Gott kennt die Handlungen eines jeden, und „er wird geben einem
jeglichen nach seinen Werken“ (Römer 2, 6). Werke sind sowohl die ausgeführten
Taten (Matthäus 25, 34-40) als auch die unterlassenen (Matthäus 25, 41-46). Die
Handlungen aller Menschen sind in den Büchern Gottes verzeichnet und bilden die
Grundlage der Bewertung im Gericht (Offenbarung 20, 12-13).
d)
Nach
unserer Frucht: Alles, was wir im Namen Jesu tun (Lukas 19, 13), – unser Verhalten,
unser Wirken – deutet die Bibel als unvergängliche Frucht (Johannes 15, 16).
Diese ist ein grundlegender Beurteilungsmaßstab im Gericht (Lukas 19, 16-27).
Während alle toten Werke verbrennen (1. Korinther 3, 15), wird alles Bleibende
belohnt (1. Korinther 3, 14).
e)
Nach
unserer Liebe: Die Liebe ist eine besondere Frucht, denn sie ist die größte (1.
Korinther 13, 13). Sie ist des Gesetzes Erfüllung (Römer 13, 10). Gemeint ist
hier, was wir in der Liebe zu Gott (Matthäus 22, 37) und in der Liebe zu Jesus
(Johannes 21, 15) getan haben. Die selbstlose Liebe ist zu unterscheiden von
der berechnenden Liebe: „Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr
für Lohn haben?“ (Matthäus 5, 46). Der Pharisäer Simon hatte Jesus in sein Haus
geladen, aber er gab ihm noch nicht einmal Wasser, um die Füße zu waschen
(Lukas 7, 44). Die Sünderin salbte seine Füße mit kostbarer Salbe. Sie empfing
viel Sündenvergebung, darum hat sie dem Herrn viel Liebe erzeigt (Lukas 7, 47).
Die Liebe ist eine Frucht des Geistes (Galater 5, 22); sie hat
Ewigkeitsbedeutung.
f)
Nach
unseren Worten: Nach der Aussage Jesu haben unsere Worte ewigkeitsentscheidenden
Charakter. Dieser Aspekt im Gericht ist uns vielleicht am wenigsten bewusst:
„Ich sage euch aber, dass die Menschen müssen Rechenschaft geben am Tage des
Gerichts von einem jeglichen nichtsnutzigen Wort, das sie geredet haben. Aus
deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du
verdammt werden“ (Matthäus 12, 36-37).
g)
Nach
unserer Verantwortlichkeit: Von unserer schöpfungsmäßigen Persönlichkeitsstruktur sind
wir auf Verantwortung hin angelegt. Gott hat uns einen großen Freiraum
zugebilligt, in dem wir selbst die Verantwortung tragen. Auch im Falle der
Verführung sind wir für unser Tun verantwortlich. Obwohl Adams Ungehorsam nicht
aus eigenem Willen, sondern durch Verführung geschah, musste er dennoch die
Folgen tragen. Weil Glaubensverführung in Verlorenheit endet, sind die
biblischen Mahnungen hier besonders eindringlich (z. B. Matthäus 24, 11-13;
Epheser 4, 14; Epheser 5, 6; 2. Timotheus 2, 16-18). Aus diesem Grunde dürfen die
Irrlehren der Sekten in ihrer Auswirkung nicht unterschätzt werden.
h)
Nach
unserer Stellung zu Jesus Christus: Unser persönliches Verhältnis zu dem Sohn Gottes gibt
den alles entscheidenden Ausschlag: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige
Leben. Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der
Zorn Gottes bleibt über ihm“ (Johannes 3, 36). Die Sünde brachte die Verdammnis
über alle Menschen (Römer 5, 18). Der einzige Ausweg daraus ist unsere Bindung
an Christus: „So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus
sind“ (Römer 8, 1).
- Das Urteil im Gericht: Nach den o. g.
Kriterien wird jedermann individuell beurteilt. Es wird kein Aspekt im
Leben eines Menschen übersehen. Wie lautet das Gesamturteil? Es wird eine
Zweiteilung der Menschheit geben, die Jesus im Diesseits als Einladung
formuliert: „Gehet ein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit,
und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und ihrer sind viele, die
darauf wandeln. Und die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum
Leben führt, und wenige sind ihrer, die ihn finden“ (Matthäus 7, 13-14).
Es gibt keinen „goldenen Mittelweg“ für die Unentschiedenen und keinen
neutralen Aufenthaltsort zwischen Himmel und Hölle. Am Ende – wie schon in
diesem Leben erkennbar – wird nur zwischen Geretteten und Verlorenen
unterschieden. Der einen Gruppe wird der Herr sagen: „Kommt her, ihr
Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von
Anbeginn der Welt“ (Matthäus 25, 34) und die andere bekommt zu hören: „Ich
kenne euch nicht, wo ihr her seid… weichet alle von mir“ (Lukas 13,
25+27). In der letzten Gruppe befinden sich nicht nur die Freidenker und
Heiden, sondern auch Menschen, die um die Botschaft Jesu wussten, aber ihm
nicht im Gehorsam gedient haben. Erstaunt rufen sie aus: „Wir haben vor
dir gegessen und getrunken, und auf unseren Gassen hast du gelehrt“ (Lukas
13, 26).
- Unsere Konsequenzen: Nach dem Tode gibt es - biblisch gesehen - keine
Rettungsmöglichkeit mehr. Die Entscheidung fällt in diesem Leben, darum
sagt der Herr Jesus: „Ringet danach, dass ihr durch die enge Pforte
eingehet!“ (Lukas 13, 24). Im Gericht werden die Bücher Gottes mit allen
Details über unser diesseitiges Handeln aufgetan (Offenbarung 20, 12).
Wohl dem, der dann im Buch des Lebens steht. Die nichtchristlichen
Religionen haben keine rettende Kraft. Wie viele Menschen gerettet werden,
welche die Frohe Botschaft nie vernahmen, sich aber nach Gott ausgestreckt
(Apostelgeschichte 17, 27) und nach dem ewigen
Leben getrachtet haben (Römer 2,7), wissen wir nicht. Für uns aber, die
wir das Evangelium gehört haben, gibt es einmal keine Entschuldigung und
kein Entrinnen (Hebräer 2, 3), wenn wir an dem Heil vorübergehen. Wir
haben die Chance der Rettung gehabt. Wie dieses Heil angenommen werden
kann, ist im Anhang (Teil I, Pkt. 10) ausführlich dargelegt.