Prof. Dr. Werner Gitt

Ein Auszug aus dem Buch: „Fragen, die immer wieder gestellt werden“

16. Auflage

 

Ich habe ständig wiederkehrende Träume, die mich belasten. Was habe ich von diesen Träumen zu halten?

 

Es lassen sich drei Traumarten unterscheiden:

 

  1. Träume von Gott: Die Bibel berichtet von einigen Träumen, in denen Gott mit Menschen geredet hat (z. B. Joseph: Matthäus 1, 19-25). Entweder erkannte der Träumende Gott als den unmittelbar Mitteilenden (z. B. Salomo: 1. Könige 3, 5-15; Daniel: Daniel 7, 1-27), oder aber Gott sandte einen Deuter seiner Botschaft (z. B. Joseph deutete im Gefängnis die Träume des Bäckers und des Mundschenks: 1. Mose 40, 1-23). Träume, in denen Gott zu uns redet, sind daran erkennbar, dass sie uns weder belasten noch ängstigen; sie werden sich gar bald als eine besondere Hilfe in Lebenssituationen herausstellen. Solches Reden Gottes bleibt jedoch nach aller Erfahrung Ausnahmesituationen vorbehalten.

 

  1. Bedeutungslose Träume: Die meisten Träume sind flüchtig und nichtssagend, so wie es auch in Hiob 20, 8 zum Ausdruck kommt: „Wie ein Traum vergeht, so wird er (= der Ruhm des Gottlosen) auch nicht zu finden sein, und wie ein Gesicht in der Nacht verschwindet.“ Die gängige Praxis der symbolischen Traumdeutung ist abzulehnen: „Die Wahrsager sagen Lüge und reden vergebliche Träume“ (Sacharja 10, 2). Auch in dem apokryphen Buch Sirach 34, 1-8 finden wir eine hilfreiche Erklärung: „Unweise Leute betrügen sich selbst mit törichten Hoffnungen, und Narren verlassen sich auf Träume. Wer auf Träume hält, der greift nach dem Schatten und will den Wind haschen. Träume sind nichts anderes denn Bilder ohne Wesen… Eigene Weissagung und Deutung und Träume sind nichts, und machen einem doch schwere Gedanken; und wo es nicht kommt durch Eingebung des Höchsten, da halte nichts davon. Denn Träume betrügen viele Leute, und es geht denen fehl, die darauf bauen.“

 

  1. Träume als nicht verarbeitete Erlebnisse: Aus dem Unbewussten, das dem bewussten Willen und Verstand entzogen ist, können Traumbilder aufsteigen, deren Ursachen einen deutlich erkennbaren Lebensbezug haben: unbewältigte Ängste, nicht eingestandene Schuld, nicht überwundene Erlebnisse (z. B. Kriegseindrücke, Examensängste, Ehekrisen). Von dieser Art sind wohl die Träume des obigen Fragers. Eine Befreiung hiervon ist in der begleitenden Seelsorge möglich. Da es sich in den meisten Fällen um Schuldprobleme handelt, ist die Erfahrung der Vergebung der angezeigte Lösungsweg.