Es war vor Jahren am
Vorabend des ersten Advent.
In dem Heim unsres
Jugendkreises ist fröhliches, quirlendes Leben: Da wird noch einmal tüchtig geübt
und geprobt für die Adventsfeier, zu der sich immer eine große Gemeinde aus
Jungen und Alten zusammenfindet.
Der Hausmeister, der den Adventskranz
aufgehängt hat, trägt eben die Leiter weg. Er kann manchmal recht verdrießlich
brummen, wenn's die Jungen gar zu toll treiben. Aber heute summt er leise das
liebe alte Adventslied: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit …“
Und als ich ihm lächelnd
nachsehe, fällt mein Blick auf einen jungen Mann. Dieser schlanke, hochgewachsene Junge ist mir besonders lieb. Ich weiß, wie schwer
er es hat. Seine Eltern sind überzeugte Freidenker. Da steht er zu Hause sehr
allein. Denn schon früh hat er erkannt, dass er nicht ohne Jesus leben kann.
Mit Petrus sagte er zum Herrn Jesus: „Wir haben geglaubt und erkannt, dass du
bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“
An jenem Abend also fällt er
mir auf. Denn sein Gesicht strahlt ganz unbeschreiblich.
„Was ist mit dir?“ frage
ich. Da atmet er tief auf und sagt: „Jetzt fängt wieder die schöne Zeit an, wo es
heißt: Er kommt, Er kommt mit Willen …“ Und dann geht er schnell davon, dass
ich seine Bewegung nicht sehen soll. Ich aber muss nun diesen Vers leise vor
mich hinsingen:
Er
kommt, Er kommt mit Willen,
Ist
voller Lieb und Lust,
All
Angst und Not zu stillen,
Die
Ihm an euch bewusst.
„Jetzt fängt wieder die
schöne Zeit an!“ So oft Advent herannaht, ist mir, als höre ich den jungen Mann
diesen Satz sagen.
Kurz nach Weihnachten
erfasste auch ihn die Kriegsmaschine. Er wurde eingezogen. Und der Krieg ging
über unser Jugendheim. Es wurde zur Ruine.
Als wir unter armseligen
Umständen doch wieder unsre Adventsfeier hielten, brachte die Post einen Brief
von unserem jungen Freund. Da schrieb er aus Russland. Man spürte aus jeder
Zeile das Heimweh und die furchtbare Einsamkeit. Aber es stand auch noch etwas
andres in dem Brief. Und das war die Freude, dass „jetzt wieder die schöne Zeit
anfängt“. „Ich vereinige mich im Geist mit euch“, schrieb er, „und singe mit
euch: Er kommt, Er kommt mit Willen / Ist voller Lieb und Lust / All Angst und
Not zu stillen …“
Als wir im Jahre darauf
Advent feierten, kam kein Brief mehr von ihm. Da war er irgendwo im fernen
Osten gefallen.
Ja, „gefallen“ in die Hand
seines Heilandes, von dem er sich erkauft und gerettet wusste. Und ich weiß:
Als die tödliche Kugel ihn traf, wurde das für ihn zum rechten Advent. Da kam
sein Heiland und holte ihn nach Hause, wo Er endgültig und für immer „alle
Angst und Not des Herzens stillt“.