DER HERR ist König Vier Ansprachen von Pastor Wilhelm Busch nach Tonbandaufzeichnungen Verlag Schulte + Gerth Asslar © 1986 Verlag Schulte + Gerth, Asslar Best.-Nr. 15634 ISBN 3-87739-634-8 1. Auflage März 1986 2. Auflage Dezember 1986 Umschlaggestaltung: Gisela Scheer Satz: Jung, Lahnau Druck und Verarbeitung: Ebner Ulm Printed in Germany Der Herr ist König Ansprache über Psalm 93,1 6 Heimweh nach Gott Ansprache über Jesaja 51,5 19 Freiheit, die Jesus schenkt Ansprache über Galater 5,1 34 Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen 49 Ansprache über 2. Timotheus 1,10 Der Herr ist König Der Herr ist König und herrlich geschmückt; der Herr ist geschmückt und hat ein Reich angefangen, soweit die Welt ist, und zugerichtet, daß es bleiben soll. (Psalm 93,1) Die Epiphaniaszeit zwischen Neujahr und der Passionszeit ist bestimmt und geprägt von dem Bericht über die Weisen aus dem Morgenland. Von heiligen drei Königen steht nämlich nichts in der Bibel. Es heißt in Matthäus 2 nur: „Weise aus dem Morgenland“. Das ist eine wundervolle Geschichte, wie da aus der Völkerwelt des Ostens, diesen für uns immer etwas unheimlichen Menschenmassen des Orients, plötzlich eine Gruppe kluger und reicher Männer auftaucht. Über Land und Meer, an Königen vorbei, ziehen sie unaufhaltsam vorwärts und lassen sich durch nichts aufhalten, bis sie Jesus gefunden haben. Diese Geschichte bestimmt die Epiphaniaszeit. Sie sagt zweierlei aus, und zwar ganz deutlich. Erstens: Jesus ist der Heiland aller Völker, Nationen, Kontinente und Rassen. Er ist der Heiland für alle. Und zweitens: In der Völkerwelt ist eine Sehnsucht nach Jesus festzustellen, eine zwar unklare, dumpfe, aber starke Sehnsucht nach Ihm, dem Heiland der Welt. Auf diese merkwürdige Tatsache möchte ich nun etwas näher eingehen. Den ersten Teil meiner Predigt möchte ich deshalb überschreiben mit: Jesus - die Sehnsucht der Völker Es gibt eine seltsame Erscheinung in der Massengesellschaft. Es ist noch gar nicht lange her, daß ein Deutscher sagte: „Das höchste Glück der Menschenkinder ist doch die Persönlichkeit.“ Der Mensch von heute jedoch wird geradezu in die Masse eingestampft: Massenmedien, Massenveranstaltungen, Massenmeinung, Massenproduktion, Massenbetrieb. Wir sind eine Massengesellschaft geworden. Dabei zeigt sich eine eigenartige Erscheinung: Der Mensch bekommt eine unwiderstehliche Sehnsucht, sich selbst aufzugeben und sich ganz an einen Menschen zu hängen, an jemanden, dem man seine ganze Liebe, sein ganzes Vertrauen schenken und alle seine Gefühle und Gedanken anvertrauen kann. Es ist die Sehnsucht nach dem Einen. Das ist mir zum ersten Mal aufgefallen, als ich junger Hilfsprediger in Bielefeld war. Eines Tages lud mich ein Arbeiter zu einer Versammlung der Neuapostolischen Kirche ein. Vielleicht kennen Sie diese Gruppe. Die haben angeblich das Apostolat wieder erneuert und haben einen Oberapostel. Ich kam also in einen großen Saal, und nach einiger Zeit erschien der Oberapostel - ein Metzgermeister. Na ja, warum auch nicht. Schließlich waren die anderen Apostel auch Fischer. In dem Augenblick, wo dieser Mann den Saal betrat, fielen die meisten auf die Knie. Frauen schrien auf, schluchzten, Männer stammelten, und neben mir sagte der Arbeiter, der in die Knie gesunken war: „Man will doch auch sehen, was man anbetet!“ Das ist es: Man will sehen, was man anbetet. Und nun werde ich viele da und dort verletzen - ich kann es nicht ändern. Vor meiner Seele tauchen nämlich die Menschen auf, die zu Ersatzgöttern geworden sind, an die sich die Menschen unserer Tage verlieren. Vor ein paar Tagen stand in einer Essener Lokalzeitung ein geradezu hysterischer Bericht über einen neuen Bischof: Er kommt, bleibt stehen und beugt sich hinab zu einem Kind. Am nächsten Tag sucht man ihn wegen einer wichtigen Frage. Aber er ist nicht da. Man sucht ihn-wo ist er? Schließlich findet man ihn im Kolpinghaus unter den Arbeitern. Mir verwischt sich das Bild. Ich sehe plötzlich einen modernen Wunderheiler. Er kommt, bleibt stehen, beugt sich hinab zu einem süßen, kleinen Kind, und dann drückt er einem Arbeiter die schwielige Hand. Wieder verwischt sich das Bild, und ich sehe plötzlich den Mann mit der Stirnlocke und dem Bärtchen vor mir - Adolf Hitler. Heilgebrüll! „Er kommt - er kommt!“ Na, Ihre Herzen haben doch damals auch höher geschlagen! Wie war das denn? Er bleibt stehen-erin-nern Sie sich an die Photographien? -, beugt sich hinab zu einem Kind, das ihm Blumen geben will, und dann drückt er einem Arbeiter die schwielige Hand. Auch dieses Bild verwischt sich, und ich sehe plötzlich einen Mann mit Bart und glitzernden, kalten Augen - es ist Lenin. Er kommt, bleibt stehen, Arbeiter umdrängen ihn. Er beugt sich hinab zu einem Kind... Ob es Marx ist oder Hitler oder Perron oder sonst einer - das ist das Kennzeichen unserer Zeit! Die Demokratien wehren sich dagegen. Vergeblich. Sehen Sie nicht, wie alle unsere modernen Demokratien auf den Kult des Einen zusteuern? Wie wird er uns gezeigt? Umgeben von Kindern, einem Arbeiter drückt er die schwielige Hand. Wo ist denn da noch Demokratie? Es gibt schlichte Gemüter. Für sie braucht es gar kein Politiker zu sein. Für einen 16jährigen tut es auch Romy Schneider oder eine andere Schauspielerin. Neulich mußte ich in Nürnberg vor vielen Tausenden von jungen Leuten Vorträge halten. Da wird mir ein Zettel zugeschoben von einer Gruppe Halbstarker. Darauf steht: „Unser Gott heißt Elvis Presley“. Nicht: „Ich liebe ihn, ich verehre ihn“, sondern meiner Verkündigung von dem lebendigen Gott wird ihr Gott, Elvis Presley, gegenübergestellt. Wenn eine von den Großmüttern nicht wissen sollte, wer das ist: das ist ein amerikanischer Schlagersänger mit heiserer Stimme. „Unser Gott...“ Das heißt: „Hör auf mit deinen Worten! Wir haben einen, an den wir uns verloren haben!“ Die Bibel spricht davon, daß sich die Menschen hoffnungslos an einen einzelnen verlieren können. Es ist ein Zeichen der Endzeit, daß je mehr die Weltzeit ihrem Ende entgegengeht, die Menschheit zu einer Massengesellschaft wird und sich an einzelne Menschen verliert. Und das wird sich steigern, so sagt die Bibel, bis zum Antichristen, zu dem letzten großen Weltenherrscher, der aus dem Völkermeer aufsteht, und der neben sich einen falschen Propheten hat, die falsche Kirche. Sie werden Wunder tun, und die Menschen fallen auf sie herein. „Das Tier aus dem Abgrund“ nennt ihn die Bibel. Diese Ereignisse gehen der Wiederkunft Christi voraus. Das müssen Sie wissen, weil die apokalyptischen Linien heute schon deutlich sichtbar werden. An den Antichristen wird sich die Welt verlieren, an seine Macht und seine Erfolge. Und die Kinder werden ihm entgegeneilen und Blumen bringen. Den Arbeitern wird er die schwielige Hand drücken. Achten Sie einmal darauf! Warum drückt man mir nicht meine nichtschwielige Hand? Das gehört eben dazu, weil das Volk nicht sehen will, daß hinter ihren Idolen der kalte Wille zur Macht steht. Doch das Ende dieses Sich-Verlierens an Menschen ist immer Enttäuschung, Pleite, Leere. Was meinen Sie, warum junge Menschen so um 25 herum schon so ausgebrannt sind? Sie haben einmal an den einen Großen geglaubt, bis sie bitter enttäuscht wurden und resignierten. „Wir wollen nichts mehr wissen! Laßt uns in Ruhe!“ Pleite! Leere! Enttäuschung! Es könnte einem das große Erbarmen mit dieser Welt ankommen, wenn man nicht selbst dazugehörte, wenn man nicht auch um diese Sehnsucht wüßte, sich in der Masse hinzugeben an den Einen. Und ich bin sehr froh, daß der lebendige Gott Erbarmen mit uns hat. Und nun bin ich beim zweiten Punkt. Dieser unserer Sehnsucht, jemandem zu gehören, uns an einen, irgendeinen, zu verlieren, kommt Gott entgegen. Wie antwortet Er? Ganz einfach so, daß Er der Welt einen gibt, an den man sich verlieren kann und darf, ohne daran zugrunde zu gehen. „Der Herr ist König“ -und sein Sohn Jesus ist herrlich geschmückt. „Der Herr ist geschmückt und hat ein Reich angefangen, so weit die Welt ist, und zugerichtet, daß es bleiben soll.“ Gott antwortet auf die Sehnsucht der Welt, indem Er sagt: Ich gebe euch einen, an den ihr euch verlieren dürft, den ihr lieben dürft, dem ihr zujauchzen dürft. Und darüber sollt ihr nicht kaputtgehen. Euer Menschentum soll nicht in den Schmutz gezogen werden! Er schenkt uns den Einen. Sehen Sie, das meine ich: Jesus, die Sehnsucht der Völker. In allen Ecken der Welt ist augenblicklich Verlangen nach diesem Einen. Im Grunde geht es um Jesus. Ich möchte gern, daß Sie herauskommen aus dem Massengrab und begreifen, was der lebendige Gott mit Ihnen vorhat. Er will, daß Sie Ihm gehören. Deshalb wollen wir jetzt hören, was hier über Jesus, den Sohn Gottes, gesagt wird. Ich rede nicht von Jesus, dem Religionsstifter. Ich darf das zum hundertsten Male sagen: Wenn ich einen gebildeten Studienrat treffe und von Jesus rede, lautet sein Kommentar: „Ja, ja, ich glaube an ihn! Jesus ist ein Religionsstifter wie Mohammed oder Buddha auch.“ Darauf entgegne ich: „Dann meinen Sie einen anderen!“ Ich habe keinen Bedarf an Religionsstiftern, aber ich habe einen großen Bedarf an dem Einen, den Gott uns aus der anderen Dimension geschickt hat, damit unsere Sehnsucht endlich gestillt würde: Jesus, den Sohn Gottes. Hören wir, was dieses Wort über ihn sagt: „Der Herr ist König.“ Gott sei Dank! Die Welt hat einen König, sie ist nicht herrenlos. Und warum ist der Herr König? Weil Er die Macht nicht für sich in Anspruch nehmen will! Jesus will nichts für sich, sondern alles für den Vater. Es heißt in der Bibel einmal ganz gewaltig: ,Am Ende wird Gott Ihm alles zu Füßen legen, auf daß Gott sei alles in allem.“ Auf dieses Ende der Weltgeschichte hin arbeitet der unsichtbare Sohn Gottes. Wie kann man Vertrauen fassen zu diesem König, der die Macht nicht für sich haben will, der mich nicht dumm machen will, der mich nicht unterwerfen will, sondern der mich für den lebendigen Gott, die Quelle allen Lebens gewinnen will. Wie kann ich Vertrauen fassen zu diesem Jesus? Hier steht: „Der Herr ist König und herrlich geschmückt.“ Ja, mein Herr Jesus ist herrlich geschmückt. Aber nicht so, wie die Großen der Welt sich schmücken, um Bewunderung zu erlangen. Mein Heiland ist nicht geschmückt mit Uniformlametta, Ordensblech oder mit schönen Gewändern und auffallendem Gefolge. Nein, mein Herr ist ganz anders geschmückt. Sein Schmuck sind die Nägelmale in seinen Händen, die davon sprechen, daß Er für mich in des Todes Rachen gesprungen ist. Sein Schmuck ist die Dornenkrone, die Krone des Spotts. Das ist Jesu Schmuck! Und dieser Schmuck spricht davon: Er hat sich meiner Seele herzlich angenommen, daß sie nicht verdürbe. Er wirft alle meine Sünden hinter sich zurück. Dieser Schmuck Jesu spricht davon, daß Er alle meine Schmerzen, meine Probleme, meine Nöte, meine Schuld, mein Unvermögen auf sich genommen und ans Kreuz getragen hat, auf daß ich Frieden hätte. Wenn ich die Nägelmale meines Heilands und die Dornenkrone ansehe, dann weiß ich, an wen ich mich verlieren darf. ,Wem anders sollt’ ich mich ergehen, o König, der am Kreuz verblich? Hier opfre ich dir mein Gut und Leben, mein ganzes Herz ergießet sich.“ Oder wie ein anderer Liederdichter sagt: „Sollt’ ich dem nicht angehören, der sein Leben für mich gab? Sollt' ich ihm nicht Treue schwören, Treue bis zum Tod und Grab?“ Gehören Sie Ihm an? Wo schwirren Sie herum? Sie müssen Jesus kennenlernen! „Der Herr ist König und ist herrlich geschmückt. Der Herr hat ein Reich angefangen, so weit die Welt ist.“ Das ist etwas sehr Wichtiges. Dieser Jesus, den Gott uns gibt, damit wir einen haben, an den wir uns verlieren können, der hat ein Reich angefangen, so weit die Welt ist, d. h. Er ist der Mann für alle Länder und Zeiten. Wir sind sehr verschieden von den Chinesen. Oder unterhalten Sie sich einmal mit einem Basuto-Neger! Wir haben so verschiedene Erziehungen, so verschiedene Gedanken. Und doch - die Chinesen dort im Osten und wir hier im Westen -, wir brauchen dieselbe Erlösung und denselben Erlöser. Denn der Chinese, der Basuto-Neger, der Mitteleuropäer braucht nichts so nötig wie die Vergebung seiner Schuld. Wollen Sie weiterleben ohne Vergebung Ihrer Sünden? Nur einer gibt sie Ihnen: Jesus. Er gibt sie dem Chinesen, dem Basuto-Neger, allen. Kein anderer kann Ihnen Ihre Sünden vergeben. Nur Er kann Frieden schenken. Darum ist Er es, der ein Reich gegründet hat, das so weit wie die Welt ist. Das ist aber nicht nur räumlich gemeint, sondern auch zeitlich. Wir sind ganz andere Leute als die Apostel. Die hatten zum Beispiel kein Auto. Ich sah eben draußen ein paar von unseren Jungen, wie sie immer um einen Mercedes 300 herumschlichen. Sie kamen gar nicht weg von ihm. Der Apostel Paulus hat so ein Ding überhaupt nie gesehen! Wir leben in einer ganz anderen Zeit als er. Und doch, meine Freunde, unser Herz schlägt wie das Herz der Apostel. Und unsere Sünde ist dieselbe Sünde wie die der Apostel. Und dieselbe Hölle wartet auf uns, die auf die Menschen der damaligen Zeit wartete. Und es gibt damals wie heute keinen anderen Erretter und Seligmacher als den, den Gott geschickt hat, der am Kreuz hing und auferstanden ist: der Sohn Gottes. Deshalb ist Er der Heiland für alle Länder und Zeiten. „Er hat ein Reich angefangen, das so weit wie die Welt ist, und zugerichtet, daß es bleiben soll.“ Bei Jesus erleben Sie kein 1945! Bei Jesus erleben Sie keinen Bankrott, keine Pleite! „Zugerichtet, daß es bleiben soll.“ Wenn einem jemand leid tun kann, dann sind es alle die Leute, die gegen Jesu Herrschaft kämpfen. Wir haben alle nur ein Leben. Ich denke an den Osten, wo man Jesu Herrschaft bekämpft. Das muß doch schrecklich sein, wenn man mit dem einen Leben, das man hat, etwas tut, das von vornherein zum Scheitern verurteilt ist! „Er hat ein Reich zugerichtet, daß es bleiben soll.“ Sehen Sie, darum ist Jesus der Eine. Alle Sehnsucht der Menschen nach dem Einen, an den man sich verlieren kann, richtet sich im Grunde auf Jesus. Sie suchen auch diesen Einen, ob sie sich dessen bewußt sind oder nicht. Sie fragen: An wen kann ich mich hängen? Nur an Jesus! Alles andere geht bankrott. Unsere Väter sagten: „Er ist es wert, daß man ihn ehrt und in seinem Dienst verzehrt.“ Ich las in den letzten Tagen einen interessan- ten Aufsatz von Professor Heim. Lassen Sie mich ein paar Sätze daraus zitieren. Er sagt: „Es ist das Kennzeichen der Menschen in der Bibel, daß ihnen in einer entscheidenden Stunde ihres Lebens Jesus begegnete. Und von da an waren sie Ihm verfallen. Und nun (das ist ein biblisches Wort) folgen sie dem Lamme nach, wo es hingeht. Sie versöhnen sich mit ihren Feinden, sie lieben Ihn, sie haben ihr Leben und Denken unter die Leitung dieses Führers Jesus gestellt, den sie nicht selbst erwählt haben, sondern den Gott ihnen gegeben hat.“ Gehören wir dazu? „In einer entscheidenden Stunde begegnete ihnen Jesus. Und nun sind sie Ihm verfallen.“ Das ist Christentum. Ich wünsche Ihnen, daß Ihnen das auch geschieht. Ich komme jetzt zum dritten Teil. Hoffentlich können Sie mir den noch abnehmen, denn er ist außerordentlich wichtig. Diese Botschaft: Jesus, die Sehnsucht der Völker! hat eine harte und herrliche Seite. Lassen Sie mich zunächst einmal von der harten sprechen. Wenn die Menschen sich an Menschen verlieren, sei es Mao Tse-tung oder sonst jemand, ist das Massenschwärmerei. Bei Jesus ist das anders. Bei Jesus wird man nüchtern gemacht. Wenn Sie in die Nähe Jesu kommen, sagt Er: „Komm, mein Kind, ich muß jetzt mit dir über deine Sünden reden. Mein Blut wäscht dich rein. Aber zunächst mußt du deine Sünden sehen und bekennen. Siehe, ich will dich freima- chen. Nur mußt du zunächst einmal sehen, daß du gebunden bist. Und das ist hart. Das heißt nämlich, in den Tod gehen, der Natur und den eigenen Wünschen sterben. Aber dann wirst du frei sein!“ So sagt Jesus. Wenn ein Mensch in die Nähe Jesu kommt, ist er zunächst begeistert, aber dann fährt er auf: „Was? Sünde? In den Tod gehen? Ich suchte einen, an den ich mich verlieren kann. Und jetzt kommst du an und sagst, daß ich mich erst einmal in meiner Verlorenheit richtig entdecken soll! Nein, Herr Jesus!“ Doch dann antwortet Jesus: „Du darfst auch gehen. Ich zwinge niemanden. Du darfst auch in die Hölle laufen. Du darfst auch den Massen folgen. Du darfst dein Herz an Menschen verlieren. Du darfst tun, was du willst.“ Das Reich Gottes ist das einzige Reich, in dem es keine Polizei gibt. Und wenn Pfarrer sich ab und zu so aufspielen, tun sie es zu Unrecht. Du darfst gehen, du darfst ohne Jesus leben, du darfst weiter ein armer Mensch bleiben. „Du darfst...!“ sagt Jesus. Aber dann muß ein Christenmensch immer überlegen: „Herr, wohin sollen wir gehen?“ Und nun kann ich nur noch persönlich sagen: Ich habe mich in den Krisenstunden meines Lebens immer wieder für Jesus entschieden. Warum? „Der Herr ist König und herrlich geschmückt. Der Herr ist geschmückt und hat ein Reich angefangen, so weit die Welt ist, und zugerichtet, daß es bleiben soll.“ Wem anders sollte ich mich ergeben? Tun Sie, was Sie wollen. Suchen Sie Ihr Leben aus und tun Sie, was Ihnen gefällt. Aber das eine weiß ich hundertprozentig: es lohnt sich nur, diesem einen, von Gott gegebenen Heiland und Erlöser zu gehören. Ich muß schließen. Aber lassen Sie mich diese Sache noch einmal von einer anderen Seite beleuchten. Jesus hat einmal so treffend über unsere Situation gesagt: „In der Welt habt ihr Angst.“ Ich glaube, daß ist der Grund, warum sich die Menschen einen suchen, an den sie sich hängen können. „In der Welt habt ihr Angst.“ Darum suchet den Einen. Aber es gibt keinen einzigen neben Jesus Christus, der fortfahren kann: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwundenJesus befreit und rettet in der Angst der Welt. Und darum zielt alle Sehnsucht der Völker im Grunde auf Ihn. Und nun wünsche ich Ihnen und mir, daß Sie Ihn wirklich finden, daß Sie Ihn wirklich hören und Menschen werden, die es anderen bezeugen können: Was ihr sucht, ist nur in Ihm zu finden. Dort, in dem Mann von Golgatha! Heimweh nach Gott Die Inseln harren auf mich und warten auf meinen Arm (Jesaja 51,5) Meine Freunde, wie Sie sicher wissen, lehrt die Bibel, daß alle Völker der Erde auf einen Stammvater zurückgehen - auf Adam. Das heißt, daß alle Völker und Rassen im Grunde miteinander verwandt sind. Paulus drückt das so aus: „Gott hat gemacht, daß von einem Blut aller Menschen Geschlechter auf dem Erdboden wohnen“ (Apg. 17,26). Demnach ist jeder Krieg ein Bruderkrieg. Und jeder Rassenhaß ist Bruderhaß. Daraus folgt zum Beispiel, daß die Schuld eines Volkes die Schuld aller wird. Wenn einer in der Familie Schulden macht, muß schließlich die ganze Familie dafür geradestehen. Damit hängt auch zusammen, daß der eine aus dem Menschengeschlecht - Jesus - für alle sterben konnte. Weil alle Völker miteinander verwandt sind, haben sie sehr viel gemeinsam. Und zwar nicht nur das Menschenantlitz, sondern auch - und darum geht es mir jetzt - ein dumpfes Verlangen nach der Offenbarung des lebendigen Gottes. Die Offenbarung Gottes heißt Jesus. Und Jesus ist im Grunde die Sehnsucht aller Völ- ker. Das will ich als Überschrift über diesen Text und diese Predigt schreiben. Ich lese den Text noch einmal: „Die Inseln harren auf mich und warten auf meinen Arm.“ Jesus - die Sehnsucht der Völker. Ich habe meine Predigt wie üblich in drei Abschnitte unterteilt. Erstens: Die Welt hat Heimweh nach Gott. Das wird hier gesagt. Ein armer Kuli in Shanghai sehnt sich genauso nach Gott wie Sie auch. Um das Wort hier in unserem Text zu verstehen, müssen wir einmal die biblische, die alttesta-mentliche Weltanschauung befragen. Im Alten Testament war Jerusalem die Zentrale des Volkes Israel. Hier war der Tempel Gottes, das Gesetz Gottes. Da war die Bundeslade, die Erkenntnis Gottes. In Jerusalem war der Altar der Versöhnung, der Hohepriester. Das alles war in Jerusalem. Und je näher die Menschen bei Jerusalem wohnten, desto mehr Erkenntnis hatten sie. Und je weiter von Jerusalem weg, desto weniger Licht. „Die Inseln“ bedeuten in der alttestamentlichen Bildersprache die äußersten Enden der Erde, wo die Menschen so wenig wußten, daß sie nicht einmal eine leise Ahnung hatten von einem Tempel des Herrn und einem Altar Gottes zur Versöhnung. Und nun sagt der Herr selbst: Diese fernsten Völker haben Heimweh nach mir. Sie hungern nach mir, harren auf mich und meinen Arm. In den zwanziger Jahren war in Ostfriesland eine Erweckung, wo Hunderte und Aberhunderte zum Glauben kamen, Buße taten, umkehrten. Es gab Dörfer, wo die Kneipenwirte bankrott machten, weil das junge Volk statt auf dem Tanzboden auf den Dielen zusammenkam, um die Bibel zu lesen. Und da kam einmal ein bekannter Pfarrer in ein kleines Dorf, das noch nicht von der Erweckung erreicht war, und fand dort eine merkwürdige Unruhe. Er fragte die Bauern: „Warum seht ihr denn so schlecht aus? Warum seid ihr so bleich? Warum ist so eine merkwürdige Unruhe im Dorf?“ Da antwortete der älteste Bauer: „Herr Pastor, wir haben Heimweh nach Gott!“ Und daher stammt dieses Wort. Dieser wunderbare Satz jenes alten ostfriesischen Bauern drückt das aus, was unser Text sagt. „Die Inseln (die fernsten Völker) harren auf mich“, sagt Gott. Aber nicht nur die Inseln, auch die Stadt Essen. Glauben Sie mir, ich hätte in Essen längst den Mut verloren, Pfarrer zu sein, wenn ich nicht überzeugt wäre, daß ein schreiender Hunger nach Gott im Lande ist. Das, was man uns zeigt, ist nur eine lächerliche Fassade. Wissen Sie, was Heimweh ist? Haben Sie schon einmal Heimweh gehabt? Die heutige Jugend hat merkwürdigerweise kein Heimweh mehr. Ich habe als kleiner Junge mal in den Ferien Heimweh gehabt. Tagsüber war ich ganz vergnügt, da bin ich gewandert, und es ging mir gut. Aber wenn dann der Abend kam, war ich krank vor Heimweh. Ich habe geheult und konnte es fast nicht mehr aushalten. So ist das mit dem Heimweh. Die Völker können eine Zeitlang Allotria treiben, aber dann bricht auf einmal - völlig unerklärlich - das Heimweh nach Gott auf. Warum gibt es denn so viele Religionen, so viele Tempel? Warum so viele Altäre? Darin kommt das Heimweh nach Gott zum Ausdruck. Ich war vor einiger Zeit mal in einer größeren Gesellschaft. Dort erwähnte ich: „Die Religionen der Welt beweisen, daß die Völker Heimweh haben nach Gott!“ Da unterbrach mich ein Herr, der lange Zeit in Ostasien gelebt hatte, und sagte: „Sie irren, Pastor Busch! Die Religionen sind nicht Ausdruck von Heimweh nach Gott, sondern sie sind ein Stück Flucht vor Gott. Die Menschen flüchten in die Religionen. Da werden ein paar religiöse Übungen gemacht, und dann ist alles gut. Man will Gott nicht begegnen, man hat ja seine Religion. Die Religionen sind also ein Stück Flucht vor Gott.“ Und ich muß sagen, er hat recht. Mögen die Religionen der Völker Heimweh nach Gott sein oder Flucht vor Ihm, ich möchte sagen: Und wenn der Mensch noch soweit vor Gott flieht, er wird Ihn nicht los! Die Bibel erzählt dazu eine ergreifende Geschichte: Da kommt der Apostel Paulus nach Athen. Athen war ja der geistige Mittelpunkt der damaligen Welt. Der Apostel geht durch die Stadt. Dabei fallen ihm eine Menge von Altä- ren für alle möglichen Götter und Göttinnen auf. Er ergrimmt über diesen Götzendienst. Doch auf einmal stößt er auf einen Altar, der ihn erschüttert. Darauf stehen die Worte: „Dem unbekannten Gott“! Da wird ihm plötzlich deutlich, wie in dem ganzen religiösen Wirrwarr das Heimweh nach einem lebendigen Gott, der so ganz und gar unbekannt ist, aufbricht. Ich bleibe dabei: die Welt hat immer wieder Heimweh nach Gott. Die Inseln harren auf ihn, so sagt Er es. Ja, die Welt hat Heimweh nach Gott. Meine Freunde, ich habe das in unserem Sonntagsblatt „Der Weg“ kürzlich einmal behauptet und geschrieben: „Unter uns ist ein Hunger nach Gott.“ Da wurde mir in einer der folgenden Nummern aufs heftigste widersprochen. Und bitte, hören Sie jetzt genau zu, damit es nicht zu Mißverständnissen kommt. Da schrieb einer: „Mensch, was ist das für ein Unsinn! Sehen Sie sich doch die leeren Kirchen an! Sehen Sie, wie wenig Leute in den Bibelstunden sind! Das ist doch kein Hunger nach Gott! Das ist doch genau das Gegenteil!“ Meine Freunde, ich hatte nicht den Mut, die schreckliche Antwort, die man jetzt geben müßte, zu veröffentlichen. Aber ich will es jetzt sagen: Allem äußeren Schein zum Trotz ist Gott in der Welt, nur haben die Menschen weithin das Vertrauen verloren, daß der Hunger in unseren Kirchen gestillt wird. Menschenweisheit, Kultus, Feierlichkeit, Kirchenmusik stillen nicht den Hunger nach Gott. Ich bleibe dabei: es ist ein Hunger nach Gott in der Welt - Heimweh nach Gott! Der Herr Jesus, wohl der größte Meister auch der geistlichen Rede, hat dieses Heimweh nach Gott unter den Völkern einmal wunderbar dargestellt in der Gestalt eines jungen Mannes, der gleichsam die gesamte Menschheit repräsentiert: in der Gestalt des sogenannten „verlorenen Sohnes“. Darf ich einmal diese Geschichte als bekannt voraussetzen? Ich tue das normalerweise nicht, aber ich glaube, hier kann ich es tun. Wenn Sie sie nicht kennen sollten, lesen Sie sie zu Hause nach. Sie steht in Lukas 15. Und wenn Sie keine Bibel haben, kommen Sie zu mir, ich schenke Ihnen eine. In dieser Gestalt des verlorenen Sohnes hat der Herr Jesus gleichsam das Heimweh der Völker nach Gott dargestellt. Dieser verlorene Sohn ist fern vom Vater. Aber das macht er sich zunächst nicht klar. Auch die Völker machen es sich noch nicht klar. Der junge Mann ist sehr, sehr elend - und die Völker sind es auch. Er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit denTrebern der Schweine. Der Mensch füllt seine Seele mit den Trebern der Schweine. Oder können Sie Karneval anders ansehen? Oder meinetwegen edlere Dinge? Der Mensch muß seine Seele mit Ersatz füllen. Aber satt macht nur Gott allein! Und es geht den Völkern wie dem verlorenen Sohn, der sich fragte, wo er steht. „Mein Vater hat Brot in Fülle, und ich verderbe im Hunger.“ So ist es auch manchmal zwischen den Völkern: Mein Vater hat Brot in Fülle, und ich verderbe im Hunger. Unsere Seelen hungern! Was bieten denn unsere Zeitungen, das Radio? Was bietet das Fernsehen oder unsere Illustrierten? Davon kann doch kein Mensch leben! Sie vegetieren, verderben vor Hunger. Da bricht auf einmal das Heimweh auf und nimmt Gestalt an: „Mein Vater hat Brot in Fülle. Gott macht satt, und ich verderbe im Hunger.“ Ich bleibe dabei, die Völker haben Heimweh nach Gott. Auch wenn ich es nicht sehen könnte, wenn ich nur leere Tempel und Gottesdienste sähe, würde ich es glauben, weil Gott sagt: „Die Inseln harren auf mich und warten auf meinen Arm!“ Und nun das zweite: Die Antwort auf alle Sehnsucht der Völker heißt: Gott ist in Christus. Das sagt Paulus: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber!“ Gott ist in Christus Auf diesem Hintergrund, den ich Ihnen eben gezeigt habe, muß man jetzt das Jubelgeschrei aus dem Neuen Testament hören. Ich kann nur sagen, es ist ein „Jubelgeschrei.“ Während der Nazizeit hatte einer meiner jungen Freunde seine Bibel mit ins Arbeitslager genommen. Sie wurde ihm aus dem Spind geklaut und dem Oberfeldwebel gebracht. Der rief ihn am Abend zu sich und sagte: „Hören Sie mal, ge- hört die Bibel Ihnen?“ „Ja!“ „Das ist ein gefährliches Buch! Das gibt Unruhe!“ Da sagte der junge Mann: „Allerdings. Die Bibel bringt sogar Unruhe, wenn sie im Schrank eingeschlossen ist!“ Ja, es ist ein wunderbares Buch. Man hört förmlich das Jubelgeschrei auf die Sehnsucht der Völker, und dieses Geschrei heißt Jesus! Jesus! Was ihr sucht, ist in Jesus da! In Ihm ist der lebendige Gott zu uns gekommen. Sie denken vielleicht, ich hätte einen Spleen, wenn ich dauernd von Jesus rede. Aber es stimmt: In Jesus ist der lebendige Gott zu uns gekommen. In Jesus ist Gott da. Wagen Sie noch, an Ihm vorüberzugehen? In Jesus begegnen wir dem lebendigen Gott. Das ist kein Dogma! Ich bekomme oft gesagt, das sei „Kirche“ und „Dogma“. Aber das stimmt nicht. Es geht mir wie Petrus, der einmal sagte: ,Wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Oder wie dem Apostel Thomas, der eines Tages vor dem Auferstandenen niedersinkt und ausruft: „Mein Herr und mein Gott!“ Wir können mit dem Mann des Alten Bundes sagen: „Bei dir ist die Quelle des Lebens! In deinem Licht sehen wir das Licht!“ Denn wir haben erlebt, daß wir niedersanken, erkannten und glaubten: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Ich rede von dem Jesus, der in der Fülle der Zeit Fleisch und Blut annahm und in der Krippe in Bethlehem lag. Der aus einer anderen Welt kam und in die Weltgeschichte ein- trat. Ich rede von dem Jesus, der an das schauerliche Kreuz angenagelt wurde und dort unter qualvollen Schmerzen starb, um für Ihre und meine und aller Welt Schuld zu bezahlen. Er trug das Gericht Gottes, auf daß wir Frieden hätten. Ich rede von dem Jesus, der am drittenTage aus dem Grab glorreich auferstanden ist und jetzt lebt und regiert bis in Ewigkeit. Wem für diesen Jesus die Augen aufgehen, der weiß: Hier wird mein Heimweh gestillt. Ich habe in den letzten 14 Monaten zwei gebildete Männer getroffen, die mir erklärten: „Ich suche Gott!“ Darauf sagte ich ihnen: „Kommen Sie mal in den Gottesdienst. Da kriegen Sie Auskunft!“ Aber sie wollten lieber beim Suchen bleiben. Solche Leute suchen einen Weg, bis sie sich schließlich völlig verlaufen haben. In Jesus wird die Sehnsucht, das Heimweh der Seele nach Gott gestillt. Der Apostel Johannes sagt: ,Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade undWahrheit.“ Aber bitte, es geht nicht nur ums Erkennen, es geht auch ums Nehmen. ,Von seiner Fülle haben wir genommen Gnade um Gnade.“ Ich könnte nicht leben, wenn ich nicht Tag für Tag von Jesus Gnade um Gnade nehmen dürfte. Das ist ein herrliches Nehmen! Ach, meine Freunde, wie klingt dieses gestillte Heimweh nach Gott aus unseren Liedern! Sie haben das eben gesungen, vielleicht ein bißchen gedankenlos: „Ich lief verirrt und war verblendet, ich suchte dich und fand dich nicht. Ich hatte mich von dir gewendet und liebte das geschaffne Licht. Nun aber ist’s durch dich geschehn, daß ich dich hab' ersehn.“ Jesus ist die Antwort Gottes auf das Heimweh der Völker nach Gott. In Ihm darfst du finden, haben, zu Hause sein. Es gibt eine große Zeitung „Die Welt“. Die hat vor einiger Zeit angefangen, eine Artikelreihe zu veröffentlichen unter der Überschrift: „Was ist das Christentum noch wert?“ Ich finde diese Fragestellung ja eine beachtliche Unverschämtheit, nicht gegen mich, sondern gegen Gott. Aber das ist deren Sache. „Was ist das Christentum noch wert?“ Auf diese Frage haben dann ein Dutzend Intellektuelle geantwortet: „Es ist nichts wert!“ Daraufhin begann eine große Diskussion, und in der gestrigen Nummer hat „Die Welt“ wiederum eine ganze Seite Antworten auf die Frage gebracht, was das Christentum noch wert ist. Wenn Sie das lesen, genieren Sie sich, daß Sie noch in die Kirche kommen. Ich bin seit 35 Jahren Pfarrer und mache viele Hausbesuche. Und alles, was ich an Phrasen bei Hausbesuchen je serviert bekommen habe, ist da auf einer Seite der „Welt“ von intellektuellen Leuten zusammengetragen. Es wird einem schlecht, wenn man das liest, und der Respekt vor der Intelligenz des deutschen Volkes geht dabei ziemlich in die Binsen. Eine ganze Seite lang wird kommentiert, daß das Christentum für unsere Zeit mehr oder weni- ger überholt sei. Man erklärt Jesus für Albert Schweitzer und schreibt, das Ewige müsse man schweigend verehren oder ähnlichen Blödsinn. Es lohnte sich nicht, darauf einzugehen, auf diese Projektion der deutschen Denker, wenn nicht eines interessant wäre: mit welcher Leidenschaft diese Frage, was das Christentum noch wert ist, erörtert wird. Diese Leidenschaft beweist, daß wir von Gott nicht loskommen! Wenn ein alter Seekapitän sagt, das Christentum sei nichts mehr wert, dann zeigt das, daß er nicht davon loskommt. Denn warum regt er sich sonst so auf, der Heini? Man kommt von Gott nicht los! Selbst aus diesen negativen Urteilen spüre ich das Heimweh nach Gott. Als ich diese Seite gelesen hatte, kam ich mir vor wie, na - ich will es Ihnen an einem Beispiel deutlich machen: Bei einem Tagesangriff im Krieg wurde ein Keller, in dem viele Unterschlupf gesucht hatten, verschüttet. Der Eingang war zu. Panik brach aus. Die Leute liefen da unten herum, schimpften und beteten. Doch einer, der gelassen war, fand einen Spalt, durch den er sich hindurchquetschen konnte. Auf einmal stand er draußen im Freien, im Leben, im Licht. Beglückt zog er die frische Luft ein. Hinter sich im Keller hörte er die Verschütteten schreien, rumoren, beten und schimpfen. Doch er stand im Licht. Und meine Freunde, Sie haben alle, ob Sie nun beten oder fluchen, Sehnsucht nach dem Licht. Aber Sie sind verschüttet. Und einer steht draußen im Licht. Wer Jesus gefun- den hat, der gleicht diesem einen Mann. Er steht im Licht, er hat Frieden mit Gott. Jene Zuschriften aus der „Welt“ gleichen dem Geschwätz der Leute im Keller, dem Fluchen und Beten der Verschütteten, die vom Licht keine Ahnung haben und nicht wissen, wie sie herauskommen sollen! Aber wer Jesus gefunden hat, steht im Licht. Der wird sich auch aufmachen und die Eingeschlossenen herausholen. Ich würde all den Leuten, die geschrieben haben, am liebsten ein Neues Testament schicken und sagen: „Lesen Sie mal! Schweigen Sie und lesen Sie erst mal! Dann reden wir weiter.“ Ich möchte jenen Schreibern sagen: Die Welt hat Heimweh nach Gott! Auch in Ihren besten Stunden haben Sie Heimweh nach Ihm. Bitte hören Sie, verstehen Sie doch! Es geht nicht darum, daß es religiöse Menschen gibt, die religiöse Bedürfnisse haben. Als Jesus auf der Erde war, hatten die Pharisäer und Schriftgelehrten eigentlich am wenigsten Heimweh nach Gott. Aber die Zöllner und Dirnen und Schächer, die hatten unbändiges Heimweh - nach Gott, nicht nach einem Tempel, nicht nach einem Priester, nicht nach einem Pastor, nicht nach Religion, nicht nach dem Christentum, sondern nach dem lebendigen Gott. Jesus ist Gottes Antwort. In Ihm wird das Heimweh nach Gott gestillt. Ist das deutlich? Und jetzt möchte ich noch kurz ein Drittes sagen. Sie fragen sich vielleicht: „Was habe ich nun zu tun?“ Es sitzen ja Menschen hier, die noch nicht im Licht, noch nicht Kinder Gottes sind und die sich überlegen: „Was muß oder soll ich jetzt praktisch tun?“ Ich meine jetzt die, die etwas wissen von dem Heimweh nach Gott, die mit dem Psalmisten sagen können: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, nach dir!“ Zu denen möchte ich sprechen. Jesus selbst gibt ihnen die Antwort, und zwar in der Geschichte von dem jungen Mann, der die ganze Menschheit repräsentiert, dem verlorenen Sohn! Als dieser verlorene Sohn das brennende Heimweh bekam, sagte er: „Mein Vater hat Brot in Fülle, und ich verderbe hier im Hunger!“ Das ist das erste. Er macht sich seine erbärmliche Situation klar. Wenn junge Menschen mir heute entgegnen, was sie alles zu tun haben, könnte ich heulen. Damit fängt's an, daß ich sehe, wie arm ich bin, und daß nur Gott reich und satt machen kann. Und dann sagt der verlorene Sohn weiter: „Ich will mich aufmachen!“ Liebe Freunde, so geht es weiter. Ich muß mich aufmachen! Fühlst du dich noch gebunden? Mach doch endlich Schluß mit deinen Lieblingssünden! Schluß mit dem Verlorensein an die Welt! Mach mal Schluß mit deinem lächerlichen Intellektualismus! Mach Schluß mit deinem Weglaufen vor Gott! Das imponiert keinem! „Ich will mich aufmachen!“ Man kann sitzenblei- ben bei den Schweinen und geht dann schließlich verloren. „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen!" Das kann ich Ihnen nicht abnehmen. Der Vater ist in Jesus da, das haben wir eben gehört. Gehen Sie in die Stille! Gehen Sie zu Jesus! Er ist da, auch wenn Sie Ihn nicht sehen. Ihr Herz sagt es Ihnen, daß Er da ist. „Kommet her zu mir alle, “ ruft Er, „die ihr mühselig und beladen seid!" Und wie sagt der verlorene Sohn weiter? „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und will ihm sagen: Ich habe gesündigt!" Ohne dieses Bekenntnis geht es nicht. Unsere Sünde hat uns so weit weggebracht von Gott, daß wir Heimweh haben müssen. „Ich habe gesündigt!" Haben Sie das schon einmal zu Ihm gesagt? Wenn nicht, gehen Sie jetzt in die Stille und sagen Sie: „Herr Jesus, ich habe gesündigt!“ Neulich traf ich einen, der fragte: „Sünde? Herr Pastor, was ist denn eigentlich Sünde? Darüber kann man doch streiten!“ Nein, meine Freunde, darüber kann man nicht streiten! Ich bin überzeugt, daß der verkommenste Mensch weiß, was Sünde ist. Auch Sie wissen ganz genau, was Ihre Sünde ist. Das braucht Ihnen kein Mensch zu erklären, das wissen Sie selbst. Vielleicht ist es etwas, was die Welt gutheißt. Aber jeder weiß, was seine Sünden sind. Da gibt es nichts zu diskutieren. Der verlorene Sohn sagte: „Ich will zu meinem Vater sagen: Ich habe gesündigt!" Tun Sie das mal! Gehen Sie zu Jesus und sagen Sie: „Ich habe gesün- digt!“ Probieren Sie es aus! Das ist das Tor zum Leben! Das ist das Tor zur Freiheit und zum Licht. Tun Sie es! Und Sie werden erfahren, daß Jesus die Erfüllung Ihrer tiefsten Sehnsucht ist. Freiheit, die Jesus schenkt So bestehet nun in der Freiheit, zu der Christus uns befreit hat. (Galater 5,1) Es ist eine alte Sitte, daß wir am Neujahrstag das Wort betrachten, das die evangelische Christenheit als Jahreslosung hat. Diesmal ist es ein Wort aus Galater5, Vers 1, ein Brief, den Paulus an die Gemeinde in Kleinasien schreibt: „So besteht nun in der Freiheit, zu der Christus uns befreit hat.“ Wörtlich heißt es im Griechischen: „Christus hat uns zur Freiheit befreit, so steht nun.“ Wer überhaupt ein Gefühl hat für Einschnitte im Fluß der Zeit, der geht, glaube ich, mit einem beklommenen Gefühl über die Schwelle eines neuen Jahres. Wir erleben diesen Jahresanfang ja in einer Welt, die schwankt, die einem Vulkan gleicht, der jeden Augenblick ausbrechen kann, einer Welt, bei der man nicht den Eindruck hat, daß sie mit einem Übermaß an Weisheit regiert wird. Ich muß immer an mich halten, daß ich an so einer Stelle keine politische Rede halte. Aber das ist nicht meine Aufgabe. Meine Aufgabe ist es, Ihnen zu sagen und zu bezeugen, daß ich sehr glücklich bin, daß ich in dieses Jahr hineingehen darf mit dem Lied auf den Lippen: „Jesus soll die Losung sein.“ Das ist nicht ein bißchen christliche Weltanschauung, sondern darin wird der Name genannt, vor dem die Hölle zittern und schweigen muß - und vor dem alle Trauergeister fliehen. „Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister Jesus tritt herein.“ Auch in unserem heutigen Text wird uns Jesus vor die Augen gestellt. Es ist doch wohl ganz klar: nicht Religion, nicht Kirche, nicht Pastor, nicht Christentum, nicht ein Herrgott - das sind alles billige Münzen, mit denen man nicht viel anfangen kann -, nein, Jesus Christus wird uns vor die Augen gestellt, der geoffenbarte Gott. Und zwar sehen wir Ihn heute von einer besonderen Seite: als Freiheitskämpfer. „So besteht nun in der Freiheit, zu der euch Christus befreit hat.“ Jesus, der Freiheitskämpfer. Wenn ich dieses Wort Freiheitskämpfer höre, stellen sich sofort Assoziationen ein. Da sehen wir Barrikaden, flatternde Fahnen, heroische Posen, Menschenmassen und Geschrei. Oder ich sehe Lastwagen, auf deren Trittbrettern ein paar Kerls stehen und „Freiheit“ brüllen. Das war meine erste Begegnung mit sogenannten „Freiheitskämpfern“. Wir haben ja mehrere „Befreiungen“ erlebt, so daß wir fast froh sind, wenn wir nichts damit zu tun haben! Unser Bedarf ist gedeckt. Meine Freunde, bei Jesus geht es sehr viel nüchterner zu. Da sind keine Barrikaden, keine flatternden Fahnen und keine großen Parolen. Wenn wir nach Jesus als dem Freiheitskämpfer fragen, dann wird uns ein Kreuz ge- zeigt, ein Galgen, der hoch hinausragt über das Meer von Menschen, über die Römer und über den brüllenden Pöbel. An diesem Galgen hängt ein einsamer Mann mit einer Dornenkrone. Dort hat uns Jesus die Freiheit erkämpft. Wenn wir dieses Kreuz sehen, geht uns sofort auf, daß diese Freiheit prinzipiell etwas anderes sein muß, als das, was in derWelt so unter dem Namen Freiheit läuft, nicht wahr? Das macht Luther in seiner Übersetzung so schön deutlich: „So bestehet nun in der Freiheit.“ Damit ist nicht die gemeint, die ihr euch einbildet und die ihr euch ausdenkt, sondern die „Freiheit, zu der Christus euch befreit hat.“ Das ist also offenbar eine andere Freiheit, als sie sich ein Halbstarker vorstellt, der randaliert. Und unsere Aufgabe wäre, einmal nachzufragen: „Was ist das für eine Freiheit, zu der Christus befreit? Welche Sorte von Freiheit ist damit gemeint? Es hat keinen Sinn, daß ich jetzt über Freiheit rede. Die Antwort lautet: Was hier mit Freiheit gemeint ist, können wir nur verstehen, wenn wir den ganzen Galaterbrieflesen, diesen großartigen Brief, den Paulus an die Gemeinden in Galatien schreibt. Ich habe ihn durchgelesen und festgestellt, daß es da um heiße innere Kämpfe geht. Und im Kernstück dieses Briefes steht: „Besteht in der Freiheit, zu der Christus euch befreit hat“, oder „Christus hat euch befreit, so steht nun.“ Ich möchte deshalb diese Predigt mit dem Satz überschreiben: Und ich darf vorausschicken: Dabei geht es um die ernste Frage, ob diese Freiheit für uns etwas Erstrebenswertes ist. Es könnte ja sein, daß jemand von Ihnen sagt, daß er diese Freiheit gar nicht haben will, die Jesus schenkt. Im Galaterbrief ist von einer dreifachen Freiheit die Rede. Zunächst und am eindrück-lichsten geht es um die Freiheit von Schuld. Das ist das erste. Freiheit von - ich hätte fast gesagt, von der Vergangenheit. Freiheit, die Jesus schenkt, ist erstens Freiheit von Schuld. Ich habe neulich in einer alten Predigt, die vor hundertfünfzig Jahren gehalten wurde, den interessanten Satz gelesen, man könnte die Menschen einteilen in solche, die wissen, was in ihrem Leben Sünde ist, und solche, die das nicht wissen. Millionen von Menschen sagen: „Sünde - ich nicht! Ich tue recht und scheue niemand!“ Da hört jedes Gespräch auf. Mit solchen Leuten hat selbst Jesus nichts anfangen können. Er läßt die 99 gerechten Schafe in der Wüste ihrer Selbstgerechtigkeit. Es kann Ihnen nichts Schlimmeres passieren, als daß Sie kein Gewissen mehr haben über Ihre Schuld, daß Sie keine Angst mehr haben vor der Hölle und dem Gericht Gottes. Das ist das Schrecklichste, was Ihnen passieren kann! Freiheit von Schuld. Wir, die wir hier sitzen, wissen wohl, daß Gott lebt. Und je ernster wir Gott nehmen, desto mehr ist es uns ein Anlie- gen, seinen Willen zu tun. Und je ernster wir seinen Willen tun wollen - und ich möchte es wirklich desto mehr geht es uns auf, wie sehr wir damit im Rückstand bleiben. Man möchte Liebe schenken, aber man kriegt es nicht hin. Man möchte rein sein, aber der Schmutz klebt an uns. Wieviel Dreck ist hier in der Kirche! Man möchte wahrhaftig sein, und doch lügen wir, daß es bald unheimlich ist. Man möchte die Wirklichkeit Gottes sehen und vor Seinen Augen leben und lebt dauernd so, als wenn Er gar nicht da wäre. Je entschlossener wir den Willen Gottes tun wollen, um so deutlicher merken wir unser Versagen. Der Herr Jesus hat einmal ein Gleichnis erzählt, das fing so an: „Das Himmelreich ist gleich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, da kam einer vor ihn, der war ihm 10000 Pfund schuldig. Und da er es nicht hatte zu bezahlen ..Sehen Sie, das ist meine und Ihre Lage. Was meinen Sie, warum so viele Menschen auf der Flucht vor Gott sind? Weil sie Angst davor haben, einmal sagen zu müssen: „Ich habe gesündigt, ich bin des Todes schuldig.“ So war der Mensch zur Zeit des Apostels Paulus in Galatien. Und so sind wir heute noch. Die Zeit ändert sich - der Mensch bleibt immer derselbe. Nun waren also in die Gemeinden von Galatien Leute gekommen, die sagten: „So, nun paßt mal auf: Ihr müßt endlich mal euer Schuldkonto bei Gott ausgleichen. Ihr müßt jetzt dies und das und jenes tun!“ Und da hinein spricht der Galaterbrief. Es ist sehr wichtig, daß Sie das verstehen. Paulus will zunächst sagen: Du kannst deine Sünde nicht kompensieren. Das ist es, was der Mensch nicht verstehen will. Selbst in der evangelischen Kirche habe ich das vor kurzem erlebt. Da war ein Mann, der im Nazireich viel Schuld auf sich geladen hatte. Er war verblendet und hatte eine große Sünde getan. Nach dem Krieg hatte er sich um Kriegsgefangene gekümmert. Und da wurde mir neulich gesagt: „Er hat doch seine Schuld abgegolten durch das, was er an den Kriegsgefangenen getan hat!“ Aber das ist nicht wahr! Wir können keine einzige Sünde wiedergutmachen. Sie können keine Lüge, keine Gottlosigkeit, keine Unreinigkeit aus Ihrem Leben jemals ausradieren. Es geht nicht. Wir haben im letzten Jahr erlebt, wie eine Reihe von Leuten vor Gericht kamen, wobei auf einmal alte Dinge aus der Vergangenheit wieder auftauchten. Da ist mir so deutlich geworden, wie real die Schuld ist. Paulus sagt diesen Leuten: „Da wird nichts kompensiert! Du kannst nichts mehr gutmachen!“ Aber dann weist er gewaltig auf den Mann am Kreuz hin, auf den Freiheitskämpfer, und sagt: „Es gibt nur eine Möglichkeit: Er hat für dich bezahlt! Sein Blut macht rein von aller Sünde.“ Entweder wir bleiben in unserer Schuld, dann zieht sie uns in die Hölle hinein, oder wir kommen zum Kreuz Jesu, bekennen sie dort und erfahren im Gewissen Ver- gebung unserer Sünden. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht. Wenn Sie es nicht glauben, werden Sie am Jüngsten Tag sehen, daß ich recht habe. Paulus sagt: „Nichts wird gutgemacht! Freiheit von Schuld gibt es nur durch den Freiheitskämpfer vom Kreuz. Lege ihm deine Schuld hin, dann erfährst du Freiheit von Schuld!“ Unerhört ist das! Darf ich es einmal ganz persönlich sagen? Ich habe mich in meinem 18. Lebensjahr bekehrt aus einem Leben in Schuld und Sünde. Als ich in diesem Sommer in einem badischen Ort evangelisierte, stellte mich einesTages auf der Straße ein Mann, der ein Zeuge meiner Jugend war. Wir waren zusammen Offiziere in einem Regiment. Er fragte erstaunt: „Was? Du evangelisierst?“ Da stand auf einmal die Vergangenheit auf, und es war für mich erschütternd groß, daß ich ihm sagen konnte: „Mann, ich habe den gefunden, der Vergebung der Sünden schenkt, wirklich und real, nämlich Jesus Christus! Und ich bitte dich, such du ihn auch!“ Der Liederdichter Woltersdorf sagt in einem seiner Lieder, was die Freiheit von Schuld bedeutet: „Die Handschrift ist zerrissen (die gegen mich stand). Die Zahlung ist vollbracht. Er hat mich’s wissen lassen, daß er mich frei gemacht.“ Sehen Sie, da ist von Freiheit die Rede - in diesem Zusammenhang Freiheit von Schuld. „Er hat mich’s lassen wissen, daß Er mich frei gemacht. Er, der versank im bittern Tod und der für meine Seele sein Blut zum Opfer gab.“ Vergebung der Sünden im Gewissen zu erfahren, ist die größte Befreiung, die man sich denken kann. „Die Sünden sind vergeben“, sagte Hiller, „das ist ein Wort zum Leben für den gequälten Geist!“ Ein Paulus, dieser große Mann mit dem gewaltigen Aktionsradius und dem feurigen Temperament, sitzt in einem Kerker angekettet, so daß er kein Glied regen kann. Und da wird erzählt, daß er um Mitternacht mit seinem Freund Loblieder singt. Hier wird deutlich, daß ein Mann, der durch Jesus Vergebung seiner Sünden erfahren hat, freier ist als einer, der zwar in äußerer Freiheit lebt, aber in Ketten unvergebener Schuld umhergeht. Gott schenke Ihnen, daß Sie diese Freiheit finden, zu der Christus uns befreit hat, die Freiheit, die Vergebung von Sünden heißt, Freiheit von Schuld. Und nun ein Zweites: Freiheit von Menschen Wer den Galaterbrief aufmerksam liest, meine Freunde, merkt, daß sich dieses Thema wie eine Melodie durch den ganzen Brief zieht: Frei von Menschen. Lassen Sie mich nur zwei Stellen lesen. Gleich im ersten Kapitel sagt Paulus: „Wenn ich den Menschen noch zu Willen wäre, dann wäre ich Christi Knecht nicht.“ Und dann erzählt er von sich: „Als es Gott gefiel, Seinen Sohn in mir zu offenbaren, da besprach ich mich nicht mit Fleisch und Blut..Also ich fragte nicht nach Tante Amalie und Onkel August, was sie von der Sache halten. Da fiel die Kette ab, die mich an die Menschen fesselte. Ich wurde frei von Menschen. Freiheit von Menschen - meine Freunde, das ist für uns Deutsche ein sehr aktuelles Thema. Wir haben eine verfluchte Neigung, Menschen hörig zu sein. Wir können nicht alleine stehen. Und wie stark ist die Furcht vor Menschen in uns! Wie oft erlebe ich das bei jungen Leuten, die in irgendeinem Club von Freunden und Arbeitskollegen sind! Neulich, als ich die Evangelisation in Eppin-gen hatte, von der ich schon sprach, haben wir auf dem Marktplatz eingeladen. Gegenüber am Kino stand eine Gruppe von 30 Halbstarken. Und die luden wir speziell ein - durch Lautsprecher. Dann unterhielten wir uns mit ihnen - mit einem Lautsprecher, der durch das ganze Städtchen dröhnte. Am zweiten Tag ging ich hin und begrüßte sie. Doch da brummte einer: „Mir kommet net!“ Ich sagte zu ihm: „Du kämst ja schrecklich gern, nicht? Wenn du nur nicht so viel Angst hättest vor dieser ganzen Bagage hier!“ „Du kämst also gern?“ sagte ich zum zweiten. „Ja, aber die lachen einen doch aus!“ Diese Burschen gaben glatt zu, im Angesicht ihrer Genossen: „Ich würde ja gern die Wahrheit hören, aber ich kann es nicht riskie- ren. Der Terror der dreißig anderen ist zu stark!“ Es gibt unter uns Leute, die selbst mit grauem Haar oder Glatze noch Menschenknechte sind. Das ist ein sehr aktuelles Thema. Und sehen Sie, das ist die Melodie des Galaterbriefes: Jesus macht frei von Menschenfurcht. Paulus erzählt gerade im Galaterbrief ein erschütterndes Beispiel von seinem Amtsbruder Petrus. Dieser Petrus war ein starker Mann, ein gewaltiger Mann, aber offenbar gerade als starker Mann anfällig für Menschenfurcht. Sie kennen alle die Geschichte, wie er in der Nacht vor Karfreitag von einem Mädchen angesprochen wird: „Du gehörst auch zu Jesus!“ „Ich? Im Leben nicht! Ich denke da freier drüber!“ So reden wir alle. Und Paulus erzählt hier im Galaterbrief folgende Geschichte: Petrus war nach Antiochien gekommen, wo eine große Gemeinde aus Heidenchristen war. Und Petrus aß und trank mit ihnen. Sie waren eins in Jesus Christus. Auf einmal kommen ein paar Christen aus Jerusalem. Petrus hat Angst und denkt: „Wenn die in Jerusalem erzählen, daß ich hier mit Heiden zusammensitze - was für einen Juden ja fast unmöglich ist dann kann ich einpacken!“ Da zieht er sich so langsam von den Heidenchristen zurück und richtet die alte Trennmauer wieder auf. Paulus stellt ihn darüber zur Rede und sagt: „Fürchtest du deine christlichen Brüder? Du bist Menschengefällig, aber nicht mehr Christi Knecht.“ Doch dieser selbe Petrus liefert uns ja auch ein Beispiel dafür, wie Jesus von Menschenfurcht frei macht. Ich habe die Geschichte schrecklich gern, wie Petrus und sein junger Freund Johannes einesTages verhaftet und vor den Hohen Rat gestellt werden. Der Hohe Rat in Israel war sowohl politisch als auch kirchlich die oberste Behörde. Das waren die „Väter in Israel“. Vor denen hatte jeder Respekt, weil es ihnen von Jugend an eingeimpft wurde. Nun sagen also diese Väter in Israel: „Du darfst im Namen Jesu nicht mehr laut predigen! Das gibt nur Verwirrung und Durcheinander. Willst du klüger sein als wir?“ Aber da richtet sich Petrus auf, blitzt sie an und sagt: „Richtet selbst! Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ Das ist Freiheit, die Jesus geschenkt hat. Die Welt hat es nicht gern, wenn einer aus dem Herdentrott ausbricht. Ich bin jetzt ein alter Mann geworden und habe es immer wieder erlebt, daß, wenn ein Mensch seinem Gewissen folgt und vielleicht einen einsamen Weg geht, man keinen Respekt vor ihm hat, so daß alles über ihn herfällt. „Bitte, in Reih und Glied! In Viererreihen wollen wir in die Hölle marschieren! Meinetwegen mit christlichem Weihwasser drüber.“ Aber das gibt es nicht, daß einer sagt: „Ich habe ein Gewissen, das an Gott gebunden ist, und gehe meinen eigenen Weg.“ Wir stehen vielleicht da und sagen: „Luther stand vor 400 Jahren auf dem Reichstag in Worms. Allerhand!“ Aber wehe, wenn es heute einer wagt! Wahrscheinlich hätten wirdamals alle gesagt: „Ja, das geht doch nicht! Ein Mensch kann doch nicht einfach meinen, er allein hätte die Weisheit für sich gepachtet!“ Hinterher kann man gut sagen: Das war allerhand! Jetzt kommt ein sehr wichtiger Punkt: Wer Jesus im Glauben am Kreuz erblickt, bekommt eine ganz neue Richtung und wird frei von Menschenfurcht und Menschenknechtschaft. Zinzendorf drückt das in einem Vers aus, den ich so gern habe. Er sagt: „Christen sind so einfältig!“ Das heißt nicht doof, sondern nicht so vielgestaltig, nicht so schizophren. Einfältig - eine Falte. Einfalt sieht nur auf das eine, in dem alles steht. Einfalt hängt sich ganz allein an den ewigen Magnet. Das ist Freiheit von Menschen. Freiheit, die Jesus schenkt, ist Freiheit von Schuld und Freiheit von Menschen. Der Galaterbrief nennt noch ein Drittes: Freiheit von der Macht der Sünde Die Bibel sagt, daß der natürliche Mensch unter der Macht der Sünde steht. Wer das kapiert hat und sein eigenes Herz kennt, der lacht über das Geschwätz der Menschen, die sich selber für gut halten und rechtfertigen .Der natürliche Mensch steht unter der Macht der Sünde. Eines Tages steht ein Mann vor mir und erklärt, wie gut er sei. Er ahnt nicht, daß es so- Zusagen seine Ursünde ist, daß er Gott in seinem Leben abgesetzt hat. Und nun bedeutet die Freiheit, die Jesus schenkt, daß die Macht der Sünde gebrochen wird. Ich möchte Ihnen einen Satz aus dem Galaterbrief vorlesen. Da sagt Paulus: „Ihr seid zur Freiheit berufen, zu der Christus euch befreit hat. Allein seht zu, daß ihr durch die Freiheit nicht dem Fleisch Raum gebt. Offenbar sind die Werke des Fleisches, als da sind Ehebruch, Hurerei, Unreinigkeit, Unzucht, Abgötterei, Zauberei und Aberglaube, Feindschaft, Hader, Neid-, Zorn, Zank, Zwietracht, Haß, Mord, Saufen, Fressen und dergleichen.“ Jesus, der Gekreuzigte, macht frei von der Macht der Sünde. Das geschieht so: Wenn ich mich zu Jesus bekehre - und billiger kriegen Sie es nicht -, dann zieht der Geist Gottes in mein Leben ein und gibt ihm eine neue Willensrichtung. Aber jetzt muß ich noch etwas sagen, damit keine Mißverständnisse aufkom-men. Das bedeutet nicht, daß Menschen, die Jesus gehören, sündlos sind. Das werden sie einmal in der Ewigkeit sein. In ihren eigenen Augen werden sie immer kleiner und schlechter. Und doch sind sie befreit von der Macht der Sünde. Sie dienen ihr nicht - nicht mehr dem Geld, dem Mammon, den Trieben, dem Fleisch -, sie dienen der Sünde nicht mehr, sondern liegen mit ihr im Kampf. Preußen hat sich unter Napoleon geduckt, hat ihm gedient. Doch eines Tages begannen die Freiheitskriege. Dann hörte die Herrschaft des Franzosenkaisers auf. Es gab Niederlagen, es gab Kampf. Aber man diente ihm nicht mehr, man hatte den Kampf aufgenommen. So ist es mit der Freiheit, zu der Jesus befreit. Die Macht der Sünde wird gebrochen. Das, was ich früher liebte, wird mir zum Feind. Es gibt eine eindrucksvolle Geschichte im Alten Testament, die ich sehr gern habe. Sie berichtet von dem großen, gesegneten, geisterfüllten Manne Simson, der ein Geweihter des Herrn war und den die Feinde des Volkes Gottes eines Tages gefangennahmen. Sie hatten ihn mit neun Stricken gefesselt und führten ihn aus einer Höhle ins Lager der Philister. Und als die Philister den gefesselten Knecht Gottes sehen, erheben sie ein Freudengeschrei. Die Welt freut sich immer, wenn sie Knechte Gottes in Sündenketten sieht. Doch in diesem Augenblick kommt Simson zu sich und überlegt: „Ich, Eigentum des Herrn, in schmählichen Fesseln!“ Da gerät der Geist des Herrn über ihn, und mit einem Ruck zerreißt er die Fesseln. Meine Freunde, das ist das Beste, was Ihnen geschehen kann. Wachen Sie auf und sehen Sie, mit welchen Fesseln die Sünde und der Teufel und die Welt Sie gebunden haben. Hören Sie auf, sich über Ihr eigenes Leben Illusionen zu machen. Sehen Sie die schändlichen Fesseln an, mit denen jeder heimlich oder vielleicht auch ganz öffentlich gebunden ist. Es ändert nichts daran, wenn Sie die Fesseln mit Ro- sen umkränzen, es bleiben Fesseln der Sünde. Sehen Sie auf Jesus! Mit dem Blick auf Ihn kann man Fesseln zerreißen. So bestehet n un in der Freiheit, zu der Jesus euch befreit hat. Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen und unvergängliches Leben ans Licht gebracht durch das Evangelium. (2. Timotheus 1,10) „Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Großen Frieden haben, die dein Gesetz lieben. Sie werden nicht straucheln.“ Wir wollen beten: Herr, du kennst unser Herz und Leben, und du weißt, wie wenig wir dein Gesetz lieben und wie wir uns selber unsere Gesetze machen wollen, nach denen wir leben. O vergib uns doch! Wir legen alle unsere Sünden, womit wir dich betrübt haben, unter dein Kreuz. Deck sie zu mit deinem Blute, Herr! Und gib uns einen neuen, gewissen Geist, daß wir Freude haben an deinem Wort, Freude an deinen Wegen und eine ganz große Freude an deiner Gnade und an deinem Heil. Amen. Ich lese ein Wort der Heiligen Schrift aus Lukas 8: Und siehe, da kam ein Mann mit Namen Jairus, der ein Synagogenvorsteher war. Der fiel Jesus zu Füßen und bat ihn, daß er wollte in sein Haus kommen. Denn er hatte eine einzige Tochter bei 12 Jahren, die lag in den letzten Zügen. Und da er in das Haus ging, drängte ihn das Volk. Und siehe, es kam einer vom Gesinde des Obersten der Schule und sprach zu ihm: „Deine Tochter ist gestorben. Bemühe den Meister nicht!“ Da aber Jesus das hörte, antwortete er ihm und sprach: „Fürchte dich nicht! Glaube nur! So wird sie gesund!“ Und da er in das Haus kam, ließ er niemanden hineingehen denn Petrus und Jakobus und Johannes und des Kindes Eltern. Und sie weinten aber alle und klagten um sie. Er aber sprach: .Weint nicht! Sie ist nicht gestorben, sondern sie schläft.“ Und sie verlachten ihn, wußten wohl, daß sie gestorben war. Er aber trieb alle hinaus, nahm das Kind bei der Hand, rief und sprach: „Kind, stehe auf!“ Und ihr Geist kam wieder, und sie stand alsbald auf. Unser Heiland, Jesus Christus, hat dem Tod die Macht genommen. Vorigen Sonntag ging ich hier über die Kett-wicher Straße. Das passiert mir selten, weil ich ja sonst sonntagnachmittags im Weiglehaus bin. Ich war ganz erstaunt, wieviele Leute an einem Sonntagnachmittag in der Innenstadt sind. Und da hörte ich auf einmal Posaunenklang. Weil Posaunen mich immer anziehen, ging ich diesem Klang nach und fand am Handelshof ein Trüpplein Heilsarmeeleute. Die standen da und sangen Jesus-Lieder. Dabei war es interessant, die Reaktion der Menschen zu beobachten. Eine Reihe blieb stehen. Das waren die, die sagen: „Wir wollen uns nichts von dem entgehen lassen, was uns geboten wird!“ Die meisten aber gingen völlig gleichgültig vorbei. Auf einmal kamen zwei junge Burschen -so etwa 18 bis 20 Jahre alt - blieben einen Augenblick stehen und lachten dann brüllend los. „Ihr ahnt ja nicht“, habe ich gedacht, „daß diese kleine verachtete Schar von Menschen die Antwort weiß auf die brennendsten Fragen aller Völker. Sie haben die Antwort auf die größte Sehnsucht der Menschheit, denn in den Völkern lebt ein dumpfes Verlangen, eine verzweifelte Sehnsucht, die nur durch Jesus Christus gestillt wird. Wir überschreiben also diese Predigt mit den Worten: Jesus - die Sehnsucht der Völker Die Völker haben verzweifelt kapituliert vor der Tyrannei des Todes. Welch riesige Unterschiede bestehen doch zwischen den Menschen, etwa zwischen einem Norweger und einem Italiener oder einem Westfalen und einem Italiener! In der Zeit, in der der Westfale „Guten Tag“ sagt, hat der Italiener eine 7stündige Rede gehalten. Oder welch ein Unterschied ist zwischen einem Amerikaner und einem Chinesen und so weiter. Und doch, in einem Punkt sind alle Völker und alle Menschen und alle Rassen gleich: in der Ohnmacht gegen- über dem Tod. Die Griechen haben diese Ohnmacht in einer wunderschönen Sage geschildert - in der Sage von Orpheus. Orpheus ist ein begabter Sänger. Wenn er singt, bleiben die Tiere stehen und horchen. Die wildenTiere werden zahm. Doch einesTa-ges wird ihm seine geliebte Frau Eurydike vom Tod geraubt. Und sein Schmerz ist so groß, daß er sich aufmacht und ins Totenreich geht. So sagt die griechische Sage. Mit seinem zauberhaften Gesang überwältigt er die Wächter an den Pforten des Totenreiches, sodaßerein-dringen kann. Sein Gesang macht sogar den grausamen Höllenhund still. Er kuscht. Selbst den schrecklichen Herrscher des Totenreiches rührt sein Gesang so, daß er zu Orpheus sagt: „Gut, du darfst deine Eurydike mitnehmen. Geh, sie wird dir folgen! Aber unter einer Bedingung: du darfst dich nicht umsehen!“ Und nun geht er zurück auf dem schauerlichen Pfad des Totenreiches, und als er beinahe den Ausgang erreicht hat, packt ihn auf einmal die Angst, ob ihm Eurydike auch wirklich folge. Er hört nichts. Um ihn herum ist nichts als das grauenvolle Schweigen desTodes. Und da dreht er sich um. Eurydike schaut ihn schmerzvoll an und verschwindet wieder im Reich der Schatten. Das ist griechische Sage. In dieser Gestalt des Orpheus, der schmerzerfüllt und erschüttert seiner Eurydike nachschaut, ist gleichsam die ganze Menschheit repräsentiert und dargestellt, eine Menschheit, die es immer neu schmerzhaft lernen muß, daß der Tod sich kein Opfer entreißen läßt. So haben die meisten von uns schon dagestanden und nachgeschaut. Dieser Orpheus ist eine erschütternde Darstellung aller Menschen, die vor dem Tode kapitulieren müssen. In amerikanischen Zuchthäusern gibt es eine sogenannte Todeszelle. Da kommen die hin, die zum Tode verurteilt sind und auf die Hinrichtung warten. Sie bekommen eine rote Jacke an und leben in der Todeszelle. Sie wissen nicht, wieviele Stunden sie noch zu leben haben. Meine Freunde, ist nicht die ganze Welt eine einzige Todeszelle? Tragen wir nicht alle unsichtbar die rote Jacke? Besinnen wir uns darauf, daß wir eine Sammlung von Leuten sind, die zum Tode verurteilt sind. Und nun ist es einfach erschütternd und ergreifend, einmal darüber nachzudenken, wie die Völker der Welt versucht haben, mit dieser schrecklichen Tatsache fertig zu werden, wie sie es sich gleichsam in derTodeszelle der Welt eingerichtet haben. Das gäbe einen 7stündigen Vortrag. Ich will nur ein paar Bilder herausgreifen. Die Inder zum Beispiel sagen, um mit dem Tod fertig zu werden: Der Tod ist eine beständige Verwandlung in eine neue Lebensform. Wer hier brutal und gemein war, der kommt als Tiger wieder auf die Welt, und wer hier edel war, kommt in eine höhere Lebensform. Wir sind gebunden auf das Rad des Lebens, und das rollt unablässig mit uns weiter. Sterben, neue Verwandlungen, sterben, neue Existen- zen. Und dieses Immer-wieder-neu-Werden macht so müde, daß es das höchste Ziel dieser Leute ist, ins Nichts einzugehen. Die Ägypter sagten: Man wird mit der Tatsache desTodes nur fertig, indem man ihm einfach von Anfang an ins Auge schaut. Deshalb haben die Pharaonen, die ägyptischen Könige, ein Leben lang an ihrem Grab gebaut, an den Pyramiden. Sie haben gewissermaßen vom Tode her gelebt. Die Deutschen, die öfter mal etwas Besonderes haben, haben im vorigen Jahrhundert eine neue Form gefunden, mit dem Tod fertig zu werden. Sie haben den Tod verklärt. Sie haben dem Gerippe gleichsam einen Rosenkranz aufs Haupt gesetzt. Goethes „Werther“ ist eine ergreifende Verklärung desTodes. Im 19. Jahrhundert sprach man vom „Freund Hein“. Vielleicht kennen manche das Blatt von dem Maler Rethel „DerTod als Freund in derTurm-stube“. Und wie ist geschwärmt worden von dem „süßen Tod“! Und vom „süßen Tod für das Vaterland“. Kein schönerer Tod sei in der Welt als der, von Feinden erschlagen zu werden. Da muß der Atomtod ja geradezu ein entzückender Tod sein, nicht wahr? Denn da findet man Gesellschaft in rauhen Scharen. Alle diese Dinge spuken ja in der Gegenwart herum. Die Menschen unserer Zeit im Abendland - nein, überall auf der Welt - haben eine ganz neue Form gefunden, sich in der Todeszelle einzurichten, um mit dem Tod fertig zu werden, eine geradezu grausige Me- thode: Man ignoriert ihn. Man kümmert sich nicht um ihn. Man beachtet ihn nicht. Man betrachtet ihn wie eine Panne, über die man nicht gern spricht. Kann einem passieren - wie mit dem Wagen, daß der Kotflügel eingebeult wird. Und es kann passieren, daß man stirbt. Aber bitte - man spricht nicht darüber! Das Leben geht weiter. Das ist unsere Methode. Sie ist verständlich in einem Jahrhundert, in dem eine Bombe, wie in Hiroshima, 60000 Menschen umgebracht hat oder wo sechs Millionen Juden vergast wurden. Was soll da der Tod noch für eine Rolle spielen? Es lohnt nicht einmal mehr, ihn zu verklären. Gestorben! Das war früher eine feierliche Sache, wenn einer starb. Gestorben wird heute in Krankenhäusern, in stillen Zimmern, und mit einer Spritze wird dann dafür gesorgt, daß man nichts merkt. Und das Leben rauscht weiter! Das Geschäft wird nicht gestört! Deshalb erschüttert es mich so, daß in der Kirche ein Satz umgeht, vor dem mir graust. Man hört ihn immer wieder, auf jedem Kirchentag. Früher hat man den Leuten gesagt, wie sie selig sterben können. Heute wollen wir sie lehren, wie sie richtig leben können. Das heißt, auch wir in der Kirche beteiligen uns daran, den Tod zu ignorieren. Ob das wohl geht? Ich meine, wir Leute in der Todeszelle der Welt sollten sehr wohl ernsthaft davon reden, wie man mit dem Tod fertig wird. Mir scheint diese Methode des Ignorierens die grausigste und schrecklichste zu sein. Aber sehen Sie, hinter all diesen Versuchen, mit dem Tyrannen Tod fertig zu werden, steht im Grunde die verzweifelte Sehnsucht, der dumpfe Schrei nach dem Todesüberwinder. Und nun komme ich zum zweiten Teil: Jesus - der Todesüberwinder Unser Heiland Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen. Als Händel, der große Musiker, starb, sagte er ein Wort: „Todesüberwinder!“ Sonst nichts. Wir leben in einer Welt, die vor dem Tode kapituliert und diese Niederlage zu verbergen sucht, einer Völkerwelt, über die der Todesatem weht, die nicht nur grauenvoll stirbt, sondern wie berauscht diesem Henker Tod noch willig dient. Die subtilste Wissenschaft ist heute die Wissenschaft des Tötens en masse. Die größten Köpfe dienen der Kunst des Tötens. Und in diese Völkerwelt hinein ertönt der Ruf: „Unser Heiland Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen.“ Da verstehen wir, daß das Evangelium eine aufregende Botschaft ist. Wenn wir doch mal Schluß machten mit der Vorstellung, das wäre eine langweilige Geschichte! Ich hatte jetzt eine Evangelisation in Schüttdorf. Da lud ich auch einen Hotelwirt ein. Er entgegnete: „Ja, ich schicke meine Frau. Das Evangelium ist so eine sanfte Sache, das ist was für eine Frau. Die hat ein ganz anderes Bedürfnis als wir Männer.“ Er trinkt den Cognac - die Frau geht in die Kirche. Welch einWahnsinn, meine Freunde! Dabei haben wir eine so gewaltige Botschaft: „Jesus Christus hat dem Tode die Macht genommen.“ Sehen Sie, diese Bibel hier berichtet uns, daß aus der anderen Dimension, aus einer anderen Welt, der Sohn Gottes kam. Die zweite Person der Dreieinigkeit wurde Mensch. Er kam zu uns, nahm Fleisch und Blut an und wurde uns gleich. Er wurde Knecht wie wir. „Gott wird Mensch, dir Mensch zugute.“ Und wenn der Sohn Gottes Mensch wird, dann muß es ja bald zu einer Begegnung zwischen diesem menschgewordenen Gott und dem Tyrannen Tod kommen, zu einer geradezu atemberaubenden Begegnung. Denn Jesus sagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“, und der Tod brüllt: „Mir ist gegeben alle Gewalt.“ Welch eine Begegnung! Es gibt eine Geschichte, die ich eben gelesen habe, da sieht diese erste Begegnung zwischen Jesus und dem Tod aus wie Spielerei. Jesus tritt in das Haus des Synagogenvorstehers Jai-rus, wo ein 12jähriges Mädchen gestorben ist. Welch ein großer Schmerz! Dennoch sage ich, das Ganze ist beinahe wie ein Spiel. Man hört sie sogar lachen und kichern im Sterbezimmer. Als Jesus sagt: „Sie schläft nur“, da lachen sie ihn aus. „Du Narr!“ Und einen Augenblick lang ist man selber unsicher. Schlief sie, oder war sie tot? Schließlich treibt Jesus alle hinaus, nimmt das Kind bei der Hand und sagt: „Mägdlein, ich sage dir, stehe auf!“ Und sie steht auf. Ich sage es noch einmal: Das Ganze sieht aus wie ein leichtes Spiel - als Jesus zum ersten Mal dem Tod einfach die Beute wegnimmt. Es steht aber noch eine andere Geschichte in der Bibel, die von der Begegnung zwischen Jesus und dem Tod berichtet. Da wird deutlich, daß dahinter ein grauenvoller Kampf wütet. Jesus steht vor einem Felsengrab, in dem ein junger Mann namens Lazarus liegt. Und um ihn herum steht eine große Volksmenge. Alle schauen gespannt und erstaunt auf ihn, als er sagt: „Hebt die Felsplatte weg!“ Die Schwestern sind entsetzt: „Nicht, Herr! Er verwest schon!“ „Tut die Felsplatte weg!“ Und dann geschieht es, während sie die Platte wegreißen, daß die Leute sehen, wie Jesus weint. Er, der später, als er am Kreuz hing, nicht geweint hat, weint jetzt. Spüren Sie, wie ihn die Tyrannei des Todes überfällt? Doch es geschieht noch nichts. Die Umstehenden hören nur, wie er mit seinem himmlischen Vater spricht. Und sie ahnen, daß hier ein hintergründiger Kampf stattfindet, bis Jesus das Lebenswort in die Todeswelt hineinruft und Lazarus, in Tücher gebunden, herausschwankt. Da wird etwas deutlich von einem gewaltigen Kampf. Aber der Kampf zwischen Jesus und dem Tod, den beiden Herrschern, wird noch härter. Und es sieht so aus, als ob der Tod triumphiert, später, als Jesus am Kreuz hängt. Wer eine Ahnung hat von der schrecklichen Macht des Todes, der erschrickt bis ins Innerste, daß es selbst von diesem Sohne Gottes, der dem Tod die Beute abnahm, heißt: „.. .er neigte sein Haupt und verschied.“ So ist also der Tod wirklich allmächtig und wirklich das Letzte? Im Grunde lohnte es sich dann gar nicht, mit dem Leben überhaupt anzufangen. Aber meine Freunde, dieser Höhepunkt, dieser Triumph des Todes ist zugleich sein Ende. Denn auf das Sterben Jesu folgt ein Ostermorgen. Der Stein wird weggerissen von seinem Grab, und die Kriegsknechte, römische Soldaten, Legionäre, fallen in Ohnmacht. Jesus steigt heraus aus dem Grabe und sucht seine Jünger. Der Auferstandene, der Lebensfürst, der Sieger über den Tod, der herrliche Heiland, der den Tod durchdrungen hat, der der Schlange den Kopf zertreten hat, der Siegerfürst Jesus lebt! Der Tod ist besiegt. Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen. Da hat ein Kampf stattgefunden, der unerhört ist. Ich hoffe, Sie sehen diese großen Linien! Ich möchte noch ein Wort sagen zu den Hintergründen - nur ein kurzes Wort. Worauf beruht eigentlich diese schreckliche Macht des Todes? Darüber gibt nur die Bibel Auskunft. DerTod ist der Sünde Sold. Adam und Eva haben gesündigt - und sind gestorben. Und wir, ihre Nachkommen, haben alle gesündigt. Deshalb ist der Tod als Folge der Sünde zu allen Menschen durchgedrungen. Wenn ich einem Mann begegne, der mir sagt: „Ich tue recht und scheue niemand“, dann sage ich ihm: „Sie werden sterben, und das wird beweisen, daß Sie ein Sünder sind! Denn da kriegen Sie Ihren Lohn ausgezahlt für Ihre Sünden!“ Doch Jesus hat die Sünde der Welt auf sich genommen und ans Kreuz getragen. Darum hat der Tod verspielt und unvergängliches Leben ans Licht gebracht. Und nun noch ein dritter Punkt: Ich sagte, Jesus sei die Sehnsucht aller Völker. Die Völker haben verzweifelt kapituliert vor der Macht desTodes. Aber Jesus hat dem Tode die Macht genommen. Wir alle stehen zwischen dem Leben und dem Tod. Wir stehen zwischen der Herrschaft des Lebensfürsten und der Herrschaft desTodes. Das ist die verhängnisvollste Wahl unseres Lebens, die wir treffen müssen. Lassen Sie mich dazu etwas Wichtiges sagen. Vor einiger Zeit habe ich mit zwei Freunden eine Fahrt nach Verdun gemacht, wo ich als Soldat im 1. Weltkrieg ein halbes oder dreiviertel Jahr gelegen habe. Mit Entsetzen erinnere ich mich an diese französische Festung, dieses furchtbare Camp. Das Schrecklichste an der Schlucht, in der ich ein halbes Jahr lag, einer sumpfigen Schlucht, war der gräßliche Leichengeruch und Todesatem. Wir haben ihn schließlich nicht mehr gemerkt, wir hatten uns daran gewöhnt. Aber als ich nun dort in Verdun war, tauchte ein Erlebnis vor mir auf. Ich hatte einmal Heimaturlaub bekommen. Meine Eltern waren damals in den Ferien in Baden- Württemberg, auf der Schwäbischen Alb. Deshalb fuhr ich gleich dorthin. Und der überwältigendste Eindruck dort war für mich nicht, daß dort nicht geschossen wurde oder daß man ausschlafen konnte - nein, es war die herrliche, reine Luft, der rauhe Wind, der über die Alb strich, in dem kein Todesgeruch enthalten war. Meine Freunde, so geht es uns, wenn wir uns wirklich zu Jesus bekehren. Alles in der Welt trägt diesen Todesgeruch an sich. In der Nacht von Freitag auf Samstag kam ich von einer Evangelisation zurück. Als ich morgens um halb zwei am Bahnhof ankam, standen da ein paar Karnevalsfiguren. Und da spürte ich den Todesatem. Alles in dieser Welt hat diesen Atem desTodes, diesen Leichengeruch an sich. Die Menschen merken es nicht, weil sie daran gewöhnt sind. Aber wenn einer den Schritt tut, hin zu Jesus, und es wagt, Ihm sein Leben zu geben, dann versteht er auf einmal, wovon ich rede. Hier weht die Morgenluft der Ewigkeit, der Lebensatem, der Atem des ewigen Lebens. Hier umgibt uns Himmelsluft. Und wie ich schon sagte: Wir müssen wählen. Das ist die gewaltigste, entscheidendste, schwerste Wahl unseres Lebens. Es soll ja keiner vor sich hindämmern und sagen: „Das geht mich nichts an!“ Ohne eine klare Übergabe an Jesus leben wir unter Tyrannei desTodes, in der Todesatmosphäre. Und da möchte ich Ihnen sagen: Der leibliche Tod ist noch das Geringste. Schlimmer sind die Werke desTodes, die wir tun. Und das Schrecklichste ist, daß die Bibel von einem „anderen Tod“ spricht, den man stirbt. Wissen Sie das? Ich zitiere wörtlich ein Wort aus der Offenbarung über das Gericht Gottes: „Und wessen Name nicht geschrieben war in dem Buch des Lebens, der ward geworfen (dorthin, wo Gott nicht mehr hinsieht) in die Feuerflut. Das ist der andere Tod." Sie können sich diesen Weg wählen. Im Reiche Gottes, möchte ich immer wieder sagen, gibt es keinen Zwang und kein Drängen. Aber die Entscheidung für den Mann von Golgatha führt in den Bereich und die Welt des Lebens. Und nun möchte ich Sie herzlich um etwas bitten. Es geht hier nicht um ein Dogma oder eine Lehre, sondern um Ihre Existenz, Ihre ewige Existenz. Gehen Sie in die Stille. Jesus ist da. Sie spüren es. Bekennen Sie Ihm Ihre Werke des Todes, Ihre Sünden. Sagen Sie Ihm auch, daß Ihr Herz tot ist und daß Sie die Sünde liebgehabt haben. Aber dann schauen Sie auf zu seinem Kreuz und glauben Sie, daß sein Blut Ihre Sünde zudeckt. Dann schenkt Er Ihnen das Leben, das ewige Leben. Denn das, was wir hier haben, ist nur der Anfang. Christen leben in einer anderen Existenz, in der Lebensexistenz, in der Lebensluft. Neulich sagte mir einer: „Warum müssen eigentlich die bekehrten Christen dauernd von Jesus reden?“ Ich antwortete: „Ja, Menschens-kind, bekehren Sie sich doch! Dann verstehen Sie es!“ Wer zu Jesus gehört, dem gehört Sein unerhörtes Wort, das eine Provokation für die ganze Welt ist, das den Tyrannen Tod besiegt hat. Wer zu Jesus gehört, dem gilt dieses Wort: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt“ - glauben heißt: völlige Hingabe -, „der wird leben, ob er gleich stürbe. Und wer das Leben bekommen hat und an mich glaubt, der wird nimmermehr sterben.“ Meine Seele soll sich rühmen des Herrn Best.-Nr. 15606 HERR - zeige uns den Vater Best.-Nr. 15626 Der Vogel hat ein Haus gefunden Best.-Nr. 15607 Ich bin bei euch Best.-Nr. 15627 Ist denn Liebe wirklich Sünde? Best.-Nr. 15628 Leben aus Gott Best.-Nr. 15618 Sie sollen blühen wie der Weinstock Best.-Nr. 15630 Wunderbar sind deine Werke Best.-Nr. 15633 Wilhelm Busch wurde 1897 in Elberfeld geboren und wuchs in Frankfurt/Main auf. Dort besuchte er bis zum Abitur das Gymnasium. Während des Ersten Weltkrieges kam er an der Front zum lebendigen Glauben an Jesus Christus. Nach dem Krieg studierte er Theologie in Tübingen und war anschließend Gemeindepfarrer in Bielefeld. Danach wurde er nach Essen berufen, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1966 als Jugendpfarrer wirkte. Dieses Büchlein enthält Ansprachen über Psalm 93,1, Jesaja 51,5, Galater 5,1 und 2. Timotheus 1,10, die wir von alten Tonbändern übernommen haben. Iteilie IIS» zeigt auf verschiedene Art und Weise das erstaunliche, oft verblüffende Eingreifen Gottes in das Weltgeschehen und in das ganz persönliche Leben unserer Mitmenschen. Entdecken Sie in diesen Taschenbüchern das machtvolle, umgestaltende Handeln Gottes in unserer Zeit und was er durch diese Berichte und Zeugnisse in Ihrem eigenen Leben bewirken kann. ISBN 3-87739-634-8