„Aaron aber und seine Söhne waren im Amt, anzuzünden auf dem
Altar... und zu versöhnen mit Israel, wie Mose, der Knecht Gottes, geboten
hatte."
1. Chronik 6, 34
Vor kurzem las ich in einer Kunstbetrachtung einer großen
Tageszeitung den Satz: „Wir leben in einem Zeitalter, das sich planmäßig vom
Schöpfergott absetzt."
Alte Soldaten verstehen diesen Kriegsausdruck. Wenn man
einem Gegner nicht mehr standhalten kann oder will, dann „setzt man sich
ab", d. h. man legt einen großen Raum zwischen sich und den Feind.
Jawohl, so hat es unsere Zeit mit Gott gemacht; sie hat Ihn
als Störenfried und Feind empfunden und sich planmäßig abgesetzt von Ihm.
Das ist nichts Neues. Es war schon so vor 3000 Jahren, als
unser Textwort geschrieben wurde. Die Völker der Erde hatten sich vom
lebendigen Gott abgesetzt.
Doch mitten in dieser Situation gab es ein Israel, ein Volk
Gottes. Und von dem heißt es: Aaron aber war im Amt, zu versöhnen Israel."
Dies Israel hatte sich nicht abgesetzt von Gott. Im Gegenteil, diese Leute
waren mit Gott versöhnt und darum Kinder Gottes. Solch ein Volk Gottes gibt es
auch heute. Es hat eine andere Lebensrichtung als die ganze Welt ringsum.
Während die Welt immer mehr und immer planmäßiger von Gott weggeht, sucht dies
Volk Gottes seinen Hohenpriester und in Ihm die Versöhnung mit Gott. Davon
lasst uns reden!
1. Ohne Versöhnung ist kein Weg zu Gott
Seit die Menschen sich planmäßig von Gott abgesetzt haben,
können sie auch ganz gemütlich und harmlos von Ihm reden. Genau so, wie am Ende
des letzten Krieges die „Werwölfe", mit Spazierstöcken bewaffnet, den
Feind nicht fürchteten — bis seine Panzer da waren. Da war der Mut verflogen.
So geht es auch mit Gott. Erst wenn ein moderner Mensch in
die Nähe Gottes kommt, dann merkt er: „Unser Gott ist ein verzehrendes
Feuer." Da wird es unheimlich.
Vor ein paar Tagen kam ich ins Gespräch mit einem Manne und
sagte ihm dabei ein Wort Gottes. Aber darauf winkte er erschrocken ab und
erwiderte: „Damit kann ich mich nicht befassen! Ich habe ein paar
Evangelisationsversammlungen besucht, und davon bekam ich einen
Nervenzusammenbruch. Nun hat mir der Arzt jeden religiösen Gedanken
verboten." Der Mann war in die Nähe des „verzehrenden Feuers"
geraten, wo die Nerven wohl erschüttert werden können. Noch ein anderes
Beispiel: Mein Vater erzählte uns einst, wie er eine todkranke Frau besuchte.
Kaum hatte er das Zimmer betreten, als die Frau erregt abwinkte. Auf die Frage
meines Vaters nach dem Grunde erklärte sie: „Die Pfarrer jagen einen immer so
rum!" Diese Frau hatte begriffen, dass Gott sehr beunruhigend ist. Da hat
sich nun
mein Vater an ihr Bett gesetzt und hat ihr erzählt, dass es
eine Versöhnung mit Gott gibt und dass man Frieden mit Gott finden kann. Und
bei dieser Botschaft hat sie begierig aufgehorcht. Das ist es: Kein Mensch hält
es ungeschützt aus bei dem lebendigen Gott, dem verzehrenden Feuer. Darum kann
man schon verstehen, dass die Menschen sich von Ihm absetzen. Aber das ist
Wahnsinn. Gott trifft uns ja doch eines Tages. Die Bibel zeigt den besseren
Weg: Versöhnung mit Gott.
Also: Wer Gott wirklich will, der braucht Versöhnung! Das
hebräische Wort, das in unserem Text steht, heißt „kafar". Das bedeutet
zunächst „bedecken", dann „vergeben", und schließlich hat es die
Bedeutung „versöhnen". Daraus wird uns klar, warum eine Versöhnung nötig
ist: um unserer Schuld vor Gott willen. Betrügt doch eure Seelen nicht, dass
ihr euch einredet, ihr hättet vor Gott keine Schuld. Diese Schuld muss
„bedeckt" werden, wir müssen „Vergebung" der Sünden haben. Und so
geschieht die „Versöhnung" mit Gott.
2. Der Hohepriester und das Opfer
Unser Textwort stammt aus einem Kapitel, in dem uns die Gemeinde
des Alten Testaments vor die Augen gestellt wird. Und da heißt es: „Aaron aber
und seine Söhne hatten das Amt... zu versöhnen Israel, wie Mose, der Knecht
Gottes, geboten hatte." O seliges Volk Gottes, das solch einen
bevollmächtigten Hohenpriester hatte! Nun, wir haben einen noch besseren und
mächtigeren Hohenpriester: Es ist der Sohn Gottes, der Herr Jesus selbst. dass
wir doch nicht so verblendet wären wie die Leute, die am ersten Karfreitag die
Straße nach Golgatha umsäumten und ihren Hohenpriester nicht erkannten! Wie
sie damals, so meinen heute noch viele fälschlich, Er sei ein Volksverführer.
Andere sehen in Ihm einen religiösen Schwärmer, die Dritten einen armen
Idealisten, der scheiterte, wie alle Idealisten seit Anfang der Welt.
Israel aber, die wahre Gemeinde, erkennt: Er ist der
bevollmächtigte Hohepriester Gottes. Lasst uns mit Ihm gehen auf Seinem
Opfergang! Jetzt steigt Er den Hügel Golgatha hinauf. Nun steht Er oben: „Aaron
aber stand im Amt, zu versöhnen..." Ein Opfer braucht unser großer
Hoherpriester, ein fehlloses, ewiggültiges Opfer. Wo ist das Lamm, das Ihm angemessen
wäre? O seht, da legt Er sich selbst auf den Altar des Kreuzes, Er opfert sich
selbst! „Siehe, da ist Gottes Lamm!" (Johannes 1, 29). Er
ist Hohenpriester und Opfer zugleich. Welch eine herrliche Versöhnung!
Nun muss ich für denkende Leute noch etwas Wichtiges
klarstellen. Man hat mir oft gesagt: Diese ganze Vorstellung von der Versöhnung
ist ja Gottes unwürdig; denn die Heiden stellen sich — so sagt man — die Götter
wie böse Mächte vor, die durch Opfer freundlich gestimmt werden müssen. Aber es
ist doch — so sagt man — ein unmöglicher Gedanke, dass Gott durch das Opfer
Seines Sohnes freundlich gestimmt werden soll!
Welches
Missverständnis! Es zeigt sich da wieder: „Der natürliche Mensch vernimmt
nichts vom Geiste Gottes." Die Sache ist doch so: Das Opfer Jesu ist ja
nicht unser Opfer, mit dem wir Gott besänftigen. Es ist vielmehr ein
Gnadengeschenk Gottes. Gott opfert Seinen Sohn. Um Seiner Gerechtigkeit willen.
Die Institution der Versöhnung aber kommt aus Gottes Liebe. Seine
Gerechtigkeit erfordert das Gericht über die Sünde. Seine Liebe aber kommt der
Gerechtigkeit zuvor und opfert den Sohn als Bürgen. So ist es: Im Versöhnungsopfer
Jesu ist die Liebe Gottes gleichsam der Gerechtigkeit Gottes zuvorgelaufen und
hat eine Versöhnung geschaffen, ehe der Zorn Gottes über uns kam. Durch die
Versöhnung entgehe ich der Offenbarung Seines Zornes und werde aufgenommen in
den Bund mit Gott.
3. Friede mit Gott durch Jesus allein
Einst hat ein katholischer Priester mein Buch über die
Heimkehr des „verlorenen Sohnes" gelesen. Nachher sagte er mir: „Genauso
würden wir in einer Volksmission auch reden. Nur da, wo Sie raten: Nun geh zu
Jesus! — da sagen wir: Nun geh in den Beichtstuhl. " — Ich fragte: „Muss
man denn nicht zu Jesus kommen?" Darauf erwiderte er: „Sicher! Aber — das
werden doch nur die Auserwählten begreifen. Sie sind unbarmherzig mit der
großen Masse, der doch auch in irgendeiner Weise geholfen werden muss."
Was sollen wir dazu sagen? Gott gebe, dass wir alle zu den Auserwählten
gehören, die es begreifen: „Jesus ist unser großer Hoherpriester, der uns durch
Sein Blut mit Gott versöhnt. Darum wollen wir zu Ihm gehen und Frieden mit Gott
finden."
Es gibt keinen anderen, keinen schwierigeren und keinen
bequemeren Weg, als dass man wirklich ernst macht mit Jesus und sich Ihm
ausliefert.
Ihr werdet es nicht bereuen. Versöhnung! Frieden mit Gott
für Zeit und Ewigkeit — im Leben und Sterben! Ich weiß nichts Größeres. Ein
Missionar erzählte uns von einem reichen Hindu, der Frieden suchte. Er badete
sich im heiligen Fluss, er machte mühselige Wallfahrten — sein Herz blieb ohne
Frieden. Bis ihm ein Missionar das
Kreuz zeigte. Da jubelte er: „Ich habe die Botschaft geschlürft wie Honig. Nun bin ich am Ziel aller Sehnsucht."