Markus 1, 12-13: „Und alsbald trieb
Jesum der Geist in die Wüste; und er war allda in der Wüste vierzig Tage und
ward versucht von dem Satan und war bei den Tieren, und die Engel dienten ihm.“
Diese
Geschichte macht auf den Menschen von heute einen unheimlichen und
phantastischen Eindruck. Was kommt darin alles vor: Dämonen, Tiere, Engel!
Je
länger ich aber diese seltsame Geschichte betrachtet habe, desto mehr ging mir
auf: Das ist die Geschichte für
unsere Zeit und für uns. Die Menschen heute sind so voll Unruhe, so leer, so
unbefriedigt, so umgetrieben. Bischof Lilje sagte kürzlich: „Es gibt eine Solidarität heute, die
mehr Menschen zusammenschließt als irgendeine Ideologie – das ist die
Solidarität der Angst.“
Es
scheint, als wenn eine geheime Krankheit an uns zehrte. Und so ist es in der
Tat.
Und
seht! Darum ist diese Textgeschichte so wichtig. Sie deckt nicht nur unseren
Schaden auf. Sie verkündet uns ein herrliches Evangelium. Sie sagt: Wie uns
wirklich geholfen wird.
1) Die ganze Wirklichkeit
Welch
eine Welt tut sich in unserm Text auf! Eine ganze Stufenleiter wird vor uns
aufgezeigt. Ich zähle sie auf von oben nach unten: Der Heilige Geist – Engel – Mensch
– Tiere – Satan.
Was
sollen wir davon halten? Sind wir in das Gebiet der Märchen geraten?
Ich
bin überzeugt, dass uns hier die Augen geöffnet werden für die wahre Wirklichkeit.
Es ist, als würden Vorhänge zurückgeschoben. Und nun sehen wir die Welt, wie sie
wirklich ist: Satan und Dämonen, tierisches Wesen in Gier und Triebhaftigkeit –
aber auch Engel und Heiliger Geist.
Und
der Mensch steht zwischen dem Heiligen Geist und den Dämonen.
Dieses
Weltbild verschlägt uns schon ein wenig den Atem. Ich erinnere mich: Gleich
nach dem ersten Weltkrieg studierte ich in Tübingen. Da las ein alter Professor
im Winter morgens zwischen 7 und 8 Uhr. Es gab weder Licht noch Heizung. So brachte
jeder Student ein Kerzlein mit. Das war so traulich und
nett – wie Weihnachten. Und nun höre ich im Geist noch seine Stimme in breitem
Schwäbisch:
,§ 27: Angelologie oder die Lehre von den Engeln: Engel kommen in
allen primitiven Religionsvorstellungen vor. Sie sind in das Gebiet der
Mythologie zu verweisen. –
§
28: Dämonologie oder die Lehre von den Teufeln. Hier
gilt das in § 27 Gesagte. –
§
29 …“
Nun,
ich glaube dem Wort Gottes und meiner Erfahrung mehr als diesem gelehrten
Manne.
Das
Weltbild, das unser Text zeigt, erinnert mich an eine unvergessliche Stunde
meines Lebens. Ich war ein junger Bursche, als ich zum ersten Mal ein
Schlachtfeld im Kriege sah. Das war so unheimlich, weil im weit und breit
keinen Menschen erblickte. Ringsum verlassene Öde. Nur – es knallte von allen Seiten!
Es dauerte einige Zeit, bis im die getarnten Batterien die Schützenlöcher und
verborgenen Stellungen entdeckte.
So
ist es mit dieser Welt. Unsere Augen sehen nur die dreidimensionalen Dinge.
Aber wir spüren, dass verborgene Mächte am Werke sind. Ja, wir wissen es im
Grunde genau, dass es einen Teufel und einen Heiligen Geist gibt. Wir wissen es
alle, dass wir zwischen den Dämonen und dem Heiligen Geist stehen.
2) Der Mensch in dieser Wirklichkeit
Unser
Text zeigt uns die ganze Wirklichkeit. Und er zeigt uns einen einzelnen
Menschen mitten zwischen Engeln und Teufel. Es ist nicht irgendein Mensch. Es
ist der Mensch gewordene Gott, Jesus. Im Anfang des Alten Testamentes wird uns
der erste Mensch, Adam, in genau derselben Lage gezeigt: Mensch zwischen Gott
und dem Teufel. Und nun beginnt das Neue Testament mit eben derselben
Situation: Jesus, der in der Bibel der ,zweite Adam'
genannt wird, zwischen den Dämonen und der Macht Gottes.
Und
nun müssen wir darauf achten, wie feierlich klar, wie wundervoll geordnet hier
alles ist. Satan ist machtlos. Sein Versuch, diesen Menschen Jesus zum Tier
herabzuziehen, ist erfolglos. Mensch bleibt Mensch, und Tier ist Tier. Der
Geist Gottes aber bestimmt die Situation. Er leitet und regiert. Und die
himmlischen Boten, die Engel, stehen dem Herrn Jesus zum Dienst bereit.
Hier
ist alles in Ordnung, in herrlicher Ordnung.
Wie
aber war es beim ersten Adam? Da bestimmte Satan die Lage. Er machte den
Menschen zum Tier. Kain erschlug den Abel. Hass und Gier und Trieb und Jammer
und Leid und Tod brachen wie eine trübe Flut in die Welt. Die Engel stellten
sich feindlich gegen die Menschen. Einer von ihnen stand mit dem bloßen Schwert
vor dem Paradies. Und der Geist Gottes verließ eine verfluchte Menschheit.
Und
wie ist es nun mit uns? Jeder von uns steht ganz für sich allein zwischen dem
Geist Gottes und den Dämonen. Wie steht es nun mit uns?
Von
Natur sind wir Kinder des ersten Adam. Das heißt: Wir leben in einer
fürchterlichen Unordnung von der unsichtbaren Welt her. Die Dämonen haben die
Macht. Das tierische Wesen beherrscht uns. Der Geist Gottes ist still
weggegangen. Und die Engel Gottes stehen zum Gericht bereit.
Scheint
euch das übertrieben? Ich brauche ja nur aufzuzählen, was mir in den letzten
Tagen begegnete: Da werden politische Leidenschaften entfesselt, dass Treu und
Glaube zum Teufel gehen, da brechen Ehen auseinander, und weinende Kinder bleiben
zurück; da nimmt sich einer verzweifelt das Leben; da macht ein junger Bursche
einen Überfall und erklärt weinend, er wisse selber nicht, wie er dazu gekommen
sei; da kommt ein Mensch in jämmerliche sexuelle Hörigkeit, und dort ergibt sich
ein anderer dem Trunk.
Lasst
mich aufhören! Es war übertrieben, als ich sagte: Der Mensch steht zwischen dem
Teufel und dem Heiligen Geist. Nein! Seit dem Sündenfall ist die Sache längst
entschieden. Die Bibel redet von der „Obrigkeit der Finsternis“ in dieser Welt.
Sie sagt sogar, der Teufel sei „der Gott dieser Welt“. Die Dämonen spielen die
Flöte und der Mensch tanzt dazu. Das ist der Grund unserer Unruhe. Das ist
unsere Krankheit. Das ist der Mensch in der wirklichen Wirklichkeit.
3) Der Helfer
Man
muss sich einmal von allen Täuschungen befreien und die Welt sehen, wie sie
ist. Dann geht uns auf, wie überwältigend schön unsere Textgeschichte ist. Hier
ist die Ordnung hergestellt: Der Geist Gottes regiert, die Engel dienen dem
Sohne Gottes, das tierische Wesen bleibt in der Wüste, und der Teufel hat keine
Macht.
So
steht diese Kurzgeschichte vor uns in ihrer feierlichen Schönheit. Aber nun
hört doch, was sie sagen will! Der Sohn Gottes ist Mensch geworden – nicht nur,
um einmal zu zeigen, wie schön die Welt und der Mensch sein sollten. Nein! Er
ist ja als Heiland gekommen. Er ist am Kreuz gestorben, um uns aus der
Obrigkeit der Finsternis und aus der Gewalt Satans zu befreien. Je mehr wir in
die Gewalt des Herrn Jesus kommen, desto mehr kommen wir in diese schöne
Ordnung hinein: Der Geist Gottes regiert unser Leben, die Engel müssen uns dienen.
Ja, so steht in der Bibel: „Die Engel sind ausgesandt zum Dienst derer, die die
Seligkeit ererben sollen.“ Das tierische Wesen muss von uns weichen. Und Satan
wird machtlos.
Das
letzte sage im fast mit Furcht; denn der Teufel und seine Dämonen hören ja
jetzt zu. Und doch muss ich es sagen: Wer Im Glauben Jesus gehört, ist „errettet
von der Obrigkeit der Finsternis. Satans Macht beruht ja am meisten darauf, dass
wir Handgeld der Sünde von ihm genommen haben und nun schuldig sind. Das böse
Gewissen treibt uns immer neu zu ihm.
Aber
Jesus schenkt Vergebung der Sünde. Das ist die herrlichste Gabe, die er durch
seinen Tod für uns erworben hat. Vergebung aller Sünde! Nichts mehr zwischen
Gott und mir! Nun kann der Geist Gottes die Macht ergreifen. Und die Dämonen
haben das Spiel verloren.
Im
weiß nicht, ob ihr mich verstanden habt. Aber den Liedervers wird jeder verstehen:
„Jesus ist kommen, nun springen die Bande, / Stricke des Todes, die reißen entzwei
…“