3. Sonntag nach Epiphanias
»Denn dein ist... die Herrlichkeit.« (Matthäus 6, 13)
Vor kurzem wurde in einem Kreis die Frage aufgeworfen: »Wie
kommt es, dass das Kino sich heute einer solch ungeheuren Beliebtheit erfreut?
Dass Tausende von Menschen das Kino fast wichtiger nehmen als das tägliche
Brot?« Da meinte einer: »Das kommt daher, weil die Menschen so viel
Niederdrückendes und Trauriges erleben. Wie niederdrückend ist schon der
tägliche Anblick der hässlichen Trümmer und der vielen Todesanzeigen. Und da
flüchtet sich der Mensch in den Glanz der flimmernden Leinwand. Da ist Pracht,
Lachen, Schönheit und Herrlichkeit!« Der Mann wird recht haben.
Aber seht, ich möchte euch, die ihr doch auch leidet unter den niederdrückenden Dingen, etwas Besseres zeigen als die Flucht in die Scheinwelt. Wisst ihr, was aufrichtet und erquickt? — Ein Blick in die Wirklichkeitswelt der Herrlichkeit des lebendigen Gottes.
In 2. Korinther 4, 6 steht, dass diese Herrlichkeitswelt
Gottes aus dem Angesicht Jesu Christi strahlt und dass sie in die Herzen der
Gläubigen einen hellen Schein gibt. So ist es! Unser Text aber weist uns
hinüber in die weite Welt Gottes, in den Himmel.
»Dein ist die Herrlichkeit!«
1. Unser Gott hat Herrlichkeit
Als ich noch ein Kind war, lernte ich das Lied: »Im Himmel,
im Himmel ist Freude so viel, da singen die Englein und haben ihr Spiel... «
Und dann habe ich mir mit kindlichem Verstand ausgemalt, wie
es im Himmel ist. Nun aber, wo ich als Mann auf der Kanzel bin, darf ich das
nicht tun. Gott bewahre mich, dass ich euch meine eigenen Gedanken vortrage!
Ich darf nur sagen, was wahr, gewiss und offenbart ist. Ist uns denn offenbart,
wie es im Himmel ist? Ja! Ihr müsst mal lesen, was in Offenbarung 4-5 steht.
Das fängt so an: »Danach sah ich, und siehe, eine Tür war aufgetan im Himmel...
«. Und durch diese offene Tür durfte Johannes hindurchsehen. Das müsst ihr
selber lesen, wie er da einen gewaltigen Thron sieht. Und auf diesem Thron
sitzt einer! Lichtglanz blendet Johannes. Und dann sieht er den himmlischen
Hofstaat: Die 24 Ältesten, die Vertreter der erwählten Gemeinde; die
Repräsentanten der Schöpfungsmächte, die Tag und Nacht ohne Ruhe ihm die Ehre
geben... Ach, ich kann das hier nicht alles schildern Nur zweierlei sei noch
erwähnt. Erstens: Das tobende Völkermeer erscheint vor Gottes Thron wie ein
stilles, durchsichtiges Kristallmeer. Was uns beängstigend und undurchsichtig
ist, ist vor Gott klar und still. Und das andere: Im Mittelpunkt des Himmels
steht ein Lamm — der Gekreuzigte! Nun, ohne ihn wäre uns auch der Himmel kein
Himmel. Aber wenn man die Schilderung des Johannes gelesen hat, dann muss man
mit niedersinken und mit anbeten, wenn er erzählt, wie nun der himmlische
Lobgesang aufbraust: »Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm sei Lob und
Ehre, Preis und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!«
2. Er beruft uns zur Herrlichkeit
Gott ist in sich selbst selig. Er ist sich selbst genug. Und
da wäre durchaus verständlich, wenn ich meine Predigt hier abschließen würde,
nachdem ich von Gottes Herrlichkeit gesprochen habe. Aber ich darf hier nicht
abschließen, denn ich muss euch die frohe Botschaft sagen. Und die heißt: Gott
will seine Herrlichkeit nicht für sich allein. Nein, seine Liebe treibt ihn,
sie mit Sündern zu teilen. Ausgerechnet mit Sündern? Ja, das ist das
wunderbare Geheimnis seiner Liebe. Darum beruft er Sünder zu seiner
Herrlichkeit. Davon redet die ganze Bibel. Da steht in 1. Petrus 5, 10: »Der
Gott aller Gnade hat uns berufen zu seiner ewigen Herrlichkeit.« Und l.
Thessalonicher 2, 12: »Ihr sollt würdig wandeln vor Gott, der euch berufen hat
zu seiner Herrlichkeit.«
Wie mächtig ruft der Heilige Geist diese himmlische Berufung
jetzt zu dieser Stunde in unser Herz. Mir krampft sich das Herz zusammen in
Gedanken an die vielen unter uns, die ihre himmlische Berufung in den Wind
schlagen. Oh Menschenkind! Du bist zur Herrlichkeit Gottes berufen! Warum
machst du es wie Esau, der um ein armseliges Linsengericht sein
Erstgeburtsrecht verkaufte? Warum lässt du dich fesseln von den Dingen dieser
Welt? Warum ist dir deine Sünde so lieb? Wirf sie doch heute dem Gekreuzigten
zu Füßen und sprich: »Ich will streben nach dem Leben, wo ich selig bin. Ich
will ringen einzudringen, bis dass ich's gewinn. Hält man mich, so lauf ich
fort, bin ich matt, so ruft das Wort: Fortgerungen! Durchgedrungen! Bis zum
Kleinod hin!«
3. Er bringt die Seinen zur Herrlichkeit durch
Wenn ein Sünder sich zum Heiland bekehrt von seinen Sünden,
dann treibt ihn seine Liebe, die ganze Allmacht einzusetzen, solch einen
durchzubringen bis zur Herrlichkeit.
Lasst mich ein Gleichnis gebrauchen: Während der Revolutionswirren
im Jahre 1920 im Ruhrgebiet gab es am Essener Schlachthof einen heißen Kampf
zwischen Polizei und bewaffneten Arbeitern. Schließlich erstürmten die Arbeiter
den Schlachthof. Da erfuhr ein Mann, sein Sohn sei als Polizist bei dem Kampf
gewesen. Und da machte sich der Vater auf, den Sohn zu suchen. Er fand ihn
schwerverwundet unter Möbeltrümmern. Er lud ihn auf seine Schultern, um ihn
heimzutragen. Er kam ans Tor. Da sah einer der Arbeiter diesen Mann, sprang
herzu und schoss dem Sohn auf der Schulter des Vaters eine Kugel durch den
Kopf. Der Vater hatte ihn nicht durchbringen können. Wenn der Herr Jesus einen
Sünder zur Beute genommen hat, dann versucht der Teufel auch alles, ihn
zurückzubekommen. Oh, solch ein eben Geretteter mag da allen Mut verlieren.
Aber nur getrost. Dem Herrn geht es nicht wie jenem Vater. Er bringt die Seinen
zur Herrlichkeit durch. Im Hebräerbrief heißt es von ihm, er habe »viele Kinder
zur Herrlichkeit geführt!« Und wenn ich nun bete: »Dein ist die Herrlichkeit«,
dann freue ich mich im Geist, weil ich dann dazusetzen darf: »Und durch Jesus
ist sie aus Gnaden auch mein!«
Das ist mir wichtig. Seht, in vielen Romanen wird erst ein
Knoten geschnürt, aber am Ende löst sich alles gut auf in Wohlgefallen. So aber
ist die Wirklichkeit nicht. Da gibt es lauter ungelöste Fragen. Da können die
Guten und Bösen triumphieren. Da vermisst einer seinen Sohn und stirbt darüber.
Aber ich weiß: In der Herrlichkeit lösen sich alle Fragen. Da erkenne ich jedes
Wort Gottes, das ich hier nur blind glauben kann: »Ich weiß wohl, was ich für
Gedanken über euch habe, Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich
euch gebe das Ende, des ihr wartet.« So wollen wir uns hier durchglauben, indem
wir recht die Herrlichkeit im Angesicht Jesu Christi ansehen - bis wir
zur vollen Herrlichkeit kommen.
»Im letzten Durst auf Erden erquickt dies meinen Geist, dass
man soll trunken werden von dem, was Gott verheißt. Wenn wir hier Tröpflein
nehmen, so leben wir davon. Was wird's erst sein mit Strömen vom Wasser aus dem
Thron!«