Wilhelm Busch - Kleine Erzählungen

 

Auferstehung

 

Ein Gespräch in der Vorortbahn

 

„Quatsch!"

Ärgerlich knüllt Herr A. seine Zeitung zusammen. Sein Nach­bar schrickt ordentlich zusammen.

„Nanu? Was ist denn Quatsch?"

„Ach, diese blödsinnigen Osterbetrachtungen! Hören Sie bloß mal: ,Auferstehung! Der Frühling ist da! Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, sagte der große Dichter Goethe. Oberall feiert die Natur Auferstehung. Lieblicher rauschen die Bäche, die Blümlein erwachen, die Vöglein kehren zurück. Es ist Ostern. Überall . . .!' — ist das ein Quatsch!"

„Na, aber erlauben Sie, das ist doch kein Quatsch! Wieso soll denn das Quatsch sein? Ist denn Ostern vielleicht nicht das Fest der Auferstehung?"

„Ja, sicher! Aber nicht um die Auferstehung in der Natur geht es, so herrlich sie ist, sondern um die Auferstehung Jesu!"

„Na, aber erlauben Sie: Was sagen Sie da? Ich höre wohl nicht recht. Auferstehung Jesu?!"

„Doch! Sie hören recht! Um die Auferstehung Jesu handelt es sich! Darum, daß der Sohn Gottes, von Menschen gekreuzigt und ins Grab gelegt, von den Toten auferstanden ist."

„Gibt's denn das heute noch, daß Menschen so etwas glau­ben? Die Wissenschaft hat —!"

„Wie? Was hat die Wissenschaft?"

„Widerlegt hat sie die Auferstehung Jesu. Das weiß doch jedes Kind."

„Nun, dann weiß leider jedes Kind etwas sehr Dummes. Meine Kinder singen aber immer noch: ,Weil ich Jesu Schäflein bin, freu' ich mich . . .' Aber sagen Sie, wieso hat die Wis­senschaft die Auferstehung Jesu widerlegt? Ich fürchte, Sie ha­ben phantastische Vorstellungen von der Wissenschaft."

„Bitte, ich habe erst vor einiger Zeit gelesen, daß man die Auferstehung Jesu geistig verstehen muß. In seinen Worten lebt er weiter!"

„Das klingt ja ganz nett. Nur haben die Apostel Jesu den größten Wert darauf gelegt, daß Er leiblich auferstanden ist. Sie betonen, daß sie Ihn betastet haben und daß Er vor ihnen gegessen hat."

„Ach, mein lieber Herr, die Apostel! Was die schon sagen! Die hatten doch nur eine Vision! Die dachten Tag und Nacht an nichts anderes als an die Auferstehung. Na, und schließlich bildeten sie sich ein, sie hätten Jesus gesehen. Das habe ich auch in einem wissenschaftlichen Artikel gelesen."

„Komische Wissenschaft! Machen Sie sich doch mal die Mühe und lesen Sie im Neuen Testament nach! Die Jünger dachten gar nicht Tag und Nacht an die Auferstehung. An das Gegen­teil dachten sie. Als Jesus aus dem Grabe kam, wollten sie es nicht glauben. Sie waren sehr kritisch und sehr nüchtern. Nein, so entsteht keine Autosuggestion!"

„Aber ich kann doch nicht glauben, daß einer von den Toten aufersteht?"

„Die Leute in Jerusalem, die Jesus gekreuzigt hatten, woll­ten es auch nicht glauben. Nun hatten die jedoch ein gutes Mit­tel, sich zu überzeugen, ob dies auch wirklich so sei."

„Nun?"

„Sie brauchten nur das Grab zu öffnen und nachzusehen, ob Jesus noch drin liege. Das werden sie sicher auch getan haben. Wäre der Leichnam noch drin gewesen, hätten sie gewiß ein großes Geschrei erhoben. Davon aber hören wir nichts. Also — das Grab war leer. Jesus ist auferstanden!"

„Aber, mein lieber Herr — beinahe hätte ich Sie rückständig genannt —, das beweist doch gar nichts. Ich erinnere mich, daß ich darüber einmal einen sehr interessanten Vortrag gehört habe. Da wurde klar bewiesen, daß Jesus nur scheintot war. Und so ist er eben am dritten Tag aus dem Grab herausgegan­gen. Da haben Sie eine sehr gute, natürliche Erklärung für die Auferstehung."

„Na, Sie haben ja eine ganze Serie von Erklärungen bereit. Wenn die eine nicht zieht, dann holen Sie die nächste vor. Sie sind ein seltsamer Wahrheitssucher! — Aber — nehmen Sie mir's nicht übel — was Sie da gesagt haben, ist auch — Quatsch!"

„Aber bitte —!"

„Na, nichts für ungut ... — also passen Sie mal auf: Am Ostermorgen gingen drei rüstige Frauen zum Grabe Jesu, so erzählt die Bibel. Das war ja bekanntlich eine Felsenhöhle, die durch einen schweren Felsblock verschlossen war. Die Frauen

wollten den Leichnam Jesu einbalsamieren, wie es damals üblich war. Unterwegs kamen ihnen Bedenken: ,Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?' Der Stein war also so schwer, daß drei gesunde Frauen ihn nicht wegwälzen konnten. Und den soll ein Scheintoter weggewälzt haben, und zwar einer, der drei Tage nichts gegessen hat, der eine grausame römische Geißelung und eine Kreuzigung hinter sich hat? Bei der Kreuzigung wur­den die Hände durchbohrt, also der Schlagaderbogen verletzt. So ein Leichnam war stark ausgeblutet. So ein Scheintoter reißt keine Felsblöcke mehr um. Außerdem hatten sich ja die Römer vorher überzeugt, daß er wirklich tot war. Nein, nein, mit so primitven Erklärungen kommen Sie der Sache nicht bei!"

„Ja, mein Herr, dann ist der Leichnam eben auf andere Weise verschwunden. Ich erinnere mich, gehört zu haben, daß die Jün­ger ihn gestohlen haben."

„So, davon haben Sie gehört? Davon spricht sogar die Bibel selbst."

„Na, sehen Sie, da klärt sich ja —"

„Ja, es klärt sich. Die Bibel erzählt nämlich, daß die Feinde Jesu diese Lüge ausstreuten, als das leere Grab nicht mehr zu verheimlichen war. Natürlich glaubte das schon damals kein Mensch; denn bekanntlich wurde Jesu Grab von römischen Sol­daten bewacht. Und den Dieb möchte ich sehen, der römischen Soldaten einen Leichnam stiehlt!"

„Hören Sie mal: Glauben Sie wirklich an die Auferstehung Jesu?"

„Allerdings! Vor allem glaube ich deshalb daran, weil mir Jesus in meinem Leben begegnet ist. Ich wollte nicht mehr leben ohne die Gewißheit, daß ich einen lebendigen Heiland habe. Auch Sie können ihn in Gottes Wort finden. Lesen Sie doch mal heute, am Ostertag, die Auferstehungsgeschichte!"