Wilhelm Busch
1. Adventssonntag
Siehe, dein König
kommt zu dir.
Matthäus 21, 5
„Siehe!"
Ja, da heißt es "die Augen aufgemacht!"
Denn es ist mit dem Einzug dieses Königs ein eigenes Ding.
Wenn sonst ein Monarch Einzug halten will in einer Stadt, – dann müsste ja
einer blind oder taub sein, wenn er es nicht merken wollte. Da erscheinen große
Ankündigungen in der Zeitung. Da ist die Stadt ein Flaggenmeer.
Ganz anders ist es mit Jesus. Als Er in Jerusalem einzog, da
wehte keine Fahne. Nirgendwo waren Behörden zum feierlichen Empfang angetreten.
Keine Zeitung hatte die Sache angekündigt. Es war eine recht heimliche
Angelegenheit.
Darum steht hier "Siehe!" "Siehe, dein König
kommt zu dir!" „Siehe!" so heißt es auch heute noch. Denn bis zu
Seiner Wiederkunft wird es Jesu Art sein, heimlich und verborgen zu kommen. Da
muss man schon aufpassen!
Wie viel nimmt doch unsern Blick gefangen! Die bunten Farben
der Welt fesseln unsern Blick. Der laute Lärm der Welt fesselt unsere
Aufmerksamkeit. Und die Nöte der Welt und unseres Lebens wollen uns nicht
loslassen.
Da wird es wohl verständlich, dies Wörtlein „Siehe!"
Und wir sind ja so blind! – blind am inwendigen Menschen. Um
in Jesus den König zu sehen, sollte man offene Augen des Herzens haben. Aber
wir sind so blind für göttliche Dinge.
"Siehe!" Dies Wörtlein steht wahrhaftig nicht
umsonst über der Adventsgeschichte vom Einzug Jesu. Gott schenke uns allen
offene Augen für Jesu Gnade und Herrlichkeit! "Herr, gib Augen, die was
taugen, / rühre meine Augen an. / Denn das ist die größte Plage, wenn am Tage /
man das Licht nicht sehen kann." Amen.
(Melodie:
Von Gott will ich nicht lassen)
Ach, mache du mich Armen
Zu dieser heil'gen Zeit
Aus Güte und Erbarmen,
Herr Jesu, selbst bereit!
Zieh in mein Herz hinein
Vom Stall und von der Krippen,
So werden Herz und Lippen
Dir allzeit dankbar sein.
Montag nach dem 1.
Advent
Saget der Tochter
Zion: „Siehe, dein König kommt zu dir."
Matthäus 21, 5
Viele meinen, über den Herrn Jesus könne man sich
unterhalten wie über – nun sagen wir mal – über den Bürgermeister von New York,
also über einen Mann, von dem man – wenn's nötig ist – Kenntnis nehmen kann,
der einen im Grunde aber nicht interessiert.
Das geht nicht! „… dein König …"! Jesus tritt auf mit
dem königlichen Anspruch: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf
Erden."
Damit stellt dies Wort jeden Menschen vor die Entscheidung,
ob er dies Königtum anerkennen will oder nicht.
Erkennen wir es nicht an, dann sind wir Rebellen. Erkennen
wir es an, dann muss unser ganzes Leben unter Seine Gewalt gestellt werden.
Worauf beruht denn der Königsanspruch Jesu?
Darauf können wir einfach antworten: Gott hat Ihn zum König
eingesetzt. Im zweiten Psalm sagt Gott von Jesus: „Ich habe meinen König
eingesetzt auf meinem heiligen Berg Zion." Aber die Frage ist damit noch
nicht genügend beantwortet. Wenn wir den Herrn Jesus nach Seiner Legitimation
fragen, dann werden wir auf Sein. Kreuz verwiesen: „Er ward gehorsam bis zum
Tode am Kreuz. Darum hat ihm Gott einen Namen gegeben, der über alle Namen ist,
dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie …"
„Dein König!" Die Welt rebelliert offen gegen Ihn.
Aber im Text heißt es: „Saget der Tochter Zion …" Die
Tochter Zion – das ist die Gemeinde. In Seiner Gemeinde ist Er als König
erkannt.
„Dein König!" Können wir antworten: „Ja, mein
König!"? Amen.
(Melodie:
Aus meines Herzens Grunde)
Auf, auf, ihr Reichsgenossen,
Euer König kommt heran!
Empfanget unverdrossen
Den großen Wundermann.
Ihr Christen, geht herfür,
Lasst uns vor allen Dingen
Ihm Hosianna singen
Mit heiliger Begier.
Dienstag nach dem 1.
Advent
Siehe, dein König
kommt zu dir, sanftmütig, und reitet auf einem Esel.
Matthäus 21, 5
Ein Königszug!
Höchste Prachtentfaltung, schimmernde Wehr und glänzende
Rüstungen! Und inmitten all des Prunks im Galawagen Seine Majestät, der König.
Der Text erzählt uns, wie der König aller Könige und Herr
aller Herren in Seine Stadt einzog. Aber von all dem, was nach unserem Begriff
zu einem Königseinzug gehört, ist bei Jesus wenig zu sehen: „Er reitet auf
einem Esel."
Das ist wirklich eine anstößige Sache.
Warum wurde denn Jesus, der König, so niedrig?
Ich stelle mir vor: Da saß am Wegesrand ein verlorener Sohn.
Er war fertig. Aber in seinem Herzen glomm die Hoffnung auf: Dieser Jesus
könnte dir Zurechthelfen!
Meint ihr, der verlorene Sohn hätte den Mut gefunden, sich
an einen König im Galawagen heranzumachen? Bestimmt nicht!
Aber dem Mann gegenüber, der dort auf dem Esel heranreitet,
„sanftmütig und von Herzen demütig", – dem gegenüber fasst er ein Herz.
Und nicht nur er, sondern auch der Hirte, der des Weges kommt, und das Kind und
der Bettler und all das Volk, das Jesus nachfolgt.
Ein König, hoch zu Ross – gewiss, er imponiert uns. Aber
Jesus will uns nicht imponieren. Er will uns heilen und helfen.
Man muss sich bücken, wenn man etwas aus dem Staube aufheben
will. Und der Herr Jesus musste tief heruntersteigen, damit Er uns verlorene
Leute aus Sünde und Schuld aufheben konnte. Wir preisen Seine Niedrigkeit!
Amen.
(Melodie:
Aus meines Herzens Grunde)
Ihr Armen und Elenden
Zu dieser bösen Zeit,
Die ihr an allen Enden
Müßt haben Angst und Leid:
Seid dennoch wohlgemut,
Laßt eure Lieder klingen,
Dem König Lob zu singen,
Der ist euer höchstes Gut.
Mittwoch nach dem 1.
Advent
Siehe, dein König
kommt zu dir.
Matthäus 21, 5
Das ist das Wunder: In Jesus kommt Gott zu uns!
Es gibt zwei Klassen von Menschen, die das nicht glauben.
Es glauben diese Botschaft nicht die sicheren Sünder und
Weltmenschen. Da ist man so gefangen in den Geschäften der Welt, da ist man so
verstrickt im Diesseitigen und Sichtbaren, dass man das Kommen des lebendigen
Gottes einfach nicht merkt.
Man leugnet Ihn nicht. Aber Er steht so am Rande des
Denkens, dass es in der Tat ein Leben ohne Gott ist. So sieht und weiß man
nicht, dass man ein verlorener Mensch in einer verlorenen Welt ist. Man will
nicht wissen, dass man unter dem Fluch steht.
Wie sollte man in solch einem Zustand Acht haben auf den, „der
da kommt im Namen des Herrn"!
Noch andere aber gibt es, die es nicht fassen, dass ihr
Heiland zu ihnen kommt: das sind die erweckten und unruhig gewordenen Herzen;
das sind die, welche sich vor dem heiligen Gott fürchten; die, welche gehört
haben im Gewissen: „Schaffet eure Seligkeit mit Furcht und Zittern!"
Da zerarbeitet man sich daran, „gut" zu sein. Man
kämpft mit Verzweiflung gegen seine Sünden und bösen Anlagen. Man quält sich,
den Zaun zwischen Gott und uns abzureißen. Man setzt seine letzte Kraft daran,
vor Gott gerecht zu sein.
O gebt es auf! „Siehe, dein König kommt zu dir." Wozu
hätte wohl Jesus den Weg aus der Ewigkeit über Bethlehem, Golgatha und Ostern
gehen müssen, wenn es an „unserem Laufen oder Wollen" läge? Jesus kommt!
Er kommt zu uns, die wir nicht zu Ihm kommen konnten, und trägt ein volles Heil
in Seinen Händen. Amen.
(eigene
Melodie)
Jauchzt, ihr Kräfte, freuet euch,
Seid ermuntert, meine Sinnen!
Jesus und sein Gnadenreich
Wird bei euch nun Raum gewinnen.
Kommt und schwört den Huldigungseid,
Kommt und küsst den Sohn der Liebe!
Ach, dass niemand außen bliebe:
Hier, ach hier ist Seligkeit!
Donnerstag nach dem 1.
Advent
Siehe, dein König
kommt zu dir.
Matthäus 21, 5
Stellt euch doch einmal vor, der Herrscher eines großen
Landes käme eines Tages in ein armes, einsames Dorf. Würde da nicht jeder
erschrocken oder erfreut fragen: „Ja, warum kommt er gerade zu uns?" Und
wenn der Herrscher nun gar in das ärmste Haus des Dorfes hineinginge – würde da
nicht erst recht jeder fragen: "Was will er denn dort?" –
„Siehe, dein König kommt zu dir!" wird uns zugerufen.
Der König der Herrlichkeit, der eingeborene Sohn Gottes, kommt zu uns herein,
in unsere Niedrigkeit.
Welche Ehre! Welches Aufsehen!
Was will Er denn? Warum kommt Er? Das muss doch einen Grund
haben?!
Hat Er vielleicht einen Nutzen davon? Kann Er etwas lernen
von uns klugen und aufgeklärten Leuten?
O nein! Wie sollte Der von uns lernen wollen, von dem es
heißt: „Er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand.“
Oder braucht Er uns vielleicht? Schließlich ist ja der
größte Herrscher nichts ohne sein Volk. Ja, ist es so? Braucht Er uns? Hat Er
uns nötig?
O nein! Wie sollte Der uns nötig haben, den der Vater
„gesetzt hat über alle Fürstentümer, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was
genannt mag werden". Es steht nur einmal in der Bibel: "Der Herr
bedarf sein." Und da handelt es sich um – einen Esel.
Ja, warum kommt Er denn? Warum wird uns zugerufen:
"Siehe, dein König kommt zu dir"?
Es gibt nur eine Antwort: Unser Elend, unsere Sünde, unsere
Verlorenheit haben Ihn hergezogen. Unser Sündenelend! Jawohl! Unsere Sünde! Darum geht es jetzt.
Amen.
(Melodie: Vom Himmel hoch)
Sei mir willkommen, edler Gast!
Den Sünder nicht verschmähet hast
Und kommst ins Elend her zu mir;
Wie soll ich immer danken dir?
Freitag nach dem 1.
Advent
Durch die herzliche
Barmherzigkeit Gottes hat uns besucht der Aufgang aus der Höhe.
Lukas 1, 78
Es ist etwas Wundersames um den Golfstrom, eine
Meeresströmung, die die Wärme des Südens in den kalten Norden trägt.
Wenn der Golfstrom eines Tages ausbliebe, dann würden die
nordischen Länder in kurzer Zeit vereisen. Alle würden erfrieren. Aber der
Golfstrom bringt Leben und Wärme.
Es gibt einen anderen Golfstrom, der in die Eiseskälte
dieser Welt hineinfließt. Und wo er hinkommt, da gehen Herzen auf, da fängt die
Welt neu an zu blühen. Dieser Strom bringt Leben und Wärme. Das ist der Strom
der Liebe Gottes, der in Jesus in die Welt gekommen ist.
Ohne Ihn ist die Welt kalt und tot. Ja, ohne Ihn wäre die
Welt längst zugrunde gegangen in Sünde und Selbstsucht.
Wohl trägt die gefallene Welt noch die Spuren der
Schöpferhand Gottes. Wie lieblich kann im Sonnenglanz die Natur sein! Aber wie
viel Leid ist da!
Wie viel Tränen! Wie viel weinende Kinder! Wie viel
zerrüttete Ehen! Wie viel angstvoll sorgende Herzen! Wie viel Streit! Wie viel
Einsamkeit! Wie viel unruhige Gewissen! Wie viel Gottesferne!
Und in diese kalte, harte, unbarmherzige Welt kommt nun
ununterbrochen der Strom der Barmherzigkeit Gottes. Im Herzen Gottes entspringt
er: „Barmherzig und gnädig ist der Herr." Und in Jesus kommt dieser Strom
in die Welt herein: „Es hat uns besucht der Aufgang aus der Höhe." – Und
durch den Heiligen Geist will dieser Strom sich in unser Herz ergießen. Amen.
(Melodie: Ach, was soll ich Sünder machen)
Kommst du, kommst du, Licht der Heiden?
Ja, du kommst und säumest nicht,
Weil du weißt, was uns gebricht;
O du starker Trost im Leiden,
Jesus, meines Herzens Tür
Steht dir offen, komm zu mir.
Sonnabend nach dem 1.
Advent
Wer mich liebt, der
wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm
kommen und Wohnung bei ihm machen
Johannes 14, 23
Da war einmal ein Haus. Das war verwahrlost und schmutzig.
Eines Tages kaufte es ein vermögender Mann. Die Nachbarn merkten das zunächst
daran, dass Maurer, Anstreicher, Gärtner kamen und eine große Umgestaltung
begannen.
Denn es war ja klar: Wenn der Mann hier einziehen wollte, dann konnte die Wohnung nicht
bleiben, wie sie war.
Wenn der Mann
einziehen will – ja, in unser Herz und Leben will der Mann einziehen, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf
Erden". „Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen", sagt
der Herr Jesus.
Ja, wenn der Mann
einziehen will, dann können Herz und Leben nicht bleiben, wie sie sind. Da muss
allerdings alles neu werden.
Der Herr Jesus drückt das so aus: „… der wird mein Wort
halten"; d. h.: der wird in dem Wort Gottes nach dem Willen Gattes
forschen und ihn tun.
Allerdings: Die Hauptfrage ist ja, ob wir überhaupt wollen, dass
Gott in Jesus durch den Heiligen Geist bei uns Wohnung nimmt; ob wir Ihn
lieben. Jesus beginnt mit dem Worte: „Wer mich liebt …" Möchten wir eine
solche Liebe zu Ihm haben, die die Herzenstür weit aufreißt! Amen.
(Melodie:
Macht hoch die Tür)
Komm, o mein Heiland Jesu Christ,
Meins Herzens Tür dir offen ist;
Ach zieh mit deiner Gnade ein.
Dein Freundlichkeit auch uns erschein,
Dein heilger Geist uns führ und Zeit
Den Weg zur ew'gen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
Sei ewig Preis und Ehr.
2. Adventssonntag
Und alsdann werden sie
sehen des Menschen Sohn kommen in der Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Lukas 21, 27
Der zweite Adventssonntag predigt von einer Sache, die in
den Augen eines Weltmenschen als eine völlig verrückte und überspannte Idee
gelten muss. Unser Text spricht nämlich davon, dass Jesus wiederkommen wird in
großer Kraft und Herrlichkeit. Fragt doch einmal eure Bekannten oder die Leute
auf der Straße draußen, was sie davon halten! Sie werden euch verständnislos
ansehen.
Aber woher sollte auch die ungöttliche Welt einen Sinn haben
für göttliche Dinge! Viel schlimmer ist es, dass heute viele Glieder der
Gemeinde Jesu im Grunde mit der Botschaft vom Wiederkommen des Herrn nichts
Rechtes anzufangen wissen. Sie sagen: „Ich freue mich an meinem Heiland. Ich
bin froh, dass Er mich versöhnt hat. Aber diese zukünftigen Dinge – ach, davon
verstehe ich nichts."
Doch je mehr uns Christen in der Welt der Boden entzogen
wird, desto mehr werden wir uns freuen lernen an dem, was Gottes Wort uns
deutlich sagt von den zukünftigen Dingen.
Der Herr Jesus hat zu Seinen Jüngern gesagt: „Mir ist
gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden." Nun, davon ist doch heute
noch kaum etwas zu sehen. Ist denn nun Jesus ein Narr, der seine Kraft
überschätzt hat? O nein, ganz gewiss nicht! Noch gilt heute: „Er will hier
seine Macht / und Majestät verhüllen / bis er des Vaters Willen / im Leiden hat
vollbracht." Er wartet, bis die Gemeinde völlig gesammelt ist aus der
verlorenen Welt. Dann aber wird vor aller Augen offenbar werden, dass Ihm alle
Gewalt längst gegeben ist. Amen.
(Melodie: Was Gott tut, das ist wohlgetan)
Wir warten dein, o Gottessohn,
Und lieben dein Erscheinen.
Bald ist die Wartezeit entflohn,
Dann kommst du zu den Deinen.
Wer an dich glaubt,
Erhebt sein Haupt
Und sieht dir froh entgegen,
Du kommst uns ja zum Segen.
Montag nach dem 2.
Advent
"Dieser Jesus,
welcher von euch aufgenommen ist gen Himmel, wird kommen, wie ihr ihn gesehen
habt gen Himmel fahren.
Apostelgeschichte 1, 11
Alle religiöse Diskussion führt nur in Verwirrung statt in
Klärung, wenn wir nicht deutlich unterscheiden zwischen Religion und
Evangelium. „Religion", das ist etwas ganz und gar Menschliches: hohe
Gefühle, fromme Gedanken, Gottsuchen. „Evangelium" aber ist das Zeugnis
von den großen Taten Gottes, die Er in Jesus getan hat zu unserer Errettung.
Das ist die erste große Tat Gottes, dass Gottes Sohn Mensch wurde. „Er schämt sich nicht,
uns Brüder zu heißen." – Dieser Sohn Gottes nahm unsere Schuld auf sich
und starb an unserer Statt. Das ist
die zweite Tat Gottes. – Gott hat Jesus auferweckt
von den Toten. Das ist die dritte Tat Gottes. – Und Er hat Jesus erhöht zu Seiner Rechten. Das ist die
vierte Tat. – Und dieser Jesus sammelt
sich durch den Heiligen Geist aus der gefallenen Welt eine Gemeinde. Das ist die fünfte Tat Gottes.
Aber die letzte Tat steht noch aus: dass dieser Jesus, der
als Schöpfer und Erlöser der Herr ist, die Macht ergreift.
Oder meinen wir, Gott fange etwas an und sei zu schwach, es
zu vollenden?
Ein paar Kinder wollten einmal „Hausputz" spielen. Sie
räumten ein Zimmer aus und fingen an zu schrubben. Aber mitten drin ging ihnen
die Kraft aus. Und die Mutter konnte sehen, wie sie fertig wurde.
Halten wir Gott für so ein Kind? O nein! Er hat's in Jesus
angefangen und wird's auch vollenden. Amen.
(Melodie: Was Gott tut, das ist wohlgetan)
Wir warten dein, du kommst gewiss,
Die Zeit ist bald vergangen;
Wir freuen uns schon über dies
Mit kindlichem Verlangen.
Was wird geschehn,
wenn wir dich sehn,
Wenn du uns heim wirst bringen,
Wenn wir dir ewig singen!
Dienstag nach dem 2.
Advent
Und es werden Zeichen
geschehen an Sonne, Mond und Sternen, und auf Erden wird den Leuten bange sein,
und sie werden zagen, und das Meer und die Wasserwogen werden brausen, und die
Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die kommen
sollen auf Erden … Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn…
Lukas 21, 25-27
Die Weltgeschichte ist der grandiose Versuch der Menschen,
fertig zu werden ohne den Gott, der in Jesus unser Vater ist: Und es wird immer
deutlicher werden, dass das nicht geht. Immer mehr werden alle Grundlagen des
Lebens ins Wanken geraten. „Das Völkermeer und die Wogen des Völkermeeres
brausen." Selbst die Natur wird hineingezogen werden in die beginnende
Katastrophe.
Aus diesem Bankrott der Menschen wird aber immer mehr
aufwachen ein Hass gegen den, von dem man sich nicht helfen lassen will, gegen
Jesus Christus. Wir erleben heute schon hin und her in der Welt die ersten
Sturmzeichen dieses Bankrotts und des Christushasses.
Gott hat Zeit, viel Zeit. Er lässt das alles ganz ausreifen.
Er lässt die Tragödie der Weltgeschichte sich abrollen bis zum Ende.
Aber dann setzt Er auch das Ende der Tragödie und den Anfang
einer neuen Welt. Wenn Menschheitsbankrott und Christushass vollendet sind,
dann kommt Jesus wieder „in großer Kraft und Herrlichkeit". Dann werden
alle den sehen, den sie verachtet haben. Sie werden den sehen, „in welchen sie
gestochen haben": Jesus, ohne den kein Mensch und kein Volk leben kann,
ohne Schiffbruch zu erleiden. Amen.
(Melodie: Es ist gewisslich an der Zeit)
O weh dem Menschen, welcher hat des Herren Wort verachtet
Und nur auf Erden früh und spat nach ird'schem Gut getrachtet!
Er wird fürwahr gar schlecht bestehn und mit dem Satan
Müssen gehr von Christo in die Hölle.
O Jesu, hilf zur selben Zeit, von wegen deiner Wunden,
Dass ich im Buch der Seligkeit werd angezeichnet funden.
Daran ich denn auch zweifle nicht, denn du hast ja dein'
Feind gericht't und meine Schuld bezahlet.
Mittwoch nach dem 2. Advent
Wenn aber dieses
anfängt zu geschehen, so sehet auf und erhebet eure Häupter, darum dass sich
eure Erlösung naht.
Lukas 21, 28
Inmitten einer taumelnden Welt steht das Wunder aller
Zeiten, das „Geheimnis", wie Paulus sagt: die Gemeinde Jesu Christi. Wie
die Arche über den empörten Wogen der Sintflut, so ist die Gemeinde Jesu in der
Welt.
Je näher es dem Ende dieser Weltzeit entgegengeht, desto
mehr werden die Menschen „verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge,
die kommen sollen". Da wird die Gemeinde ihr gutes Teil mittragen. Ja, sie
wird überdies von der Feindschaft der antichristlichen Zeit umbrandet sein.
Und doch: Erhebet eure Häupter, darum dass sich eure
Erlösung naht."
Die Gemeinde steht in der Welt in der frohen Gewissheit: „Er
wird nun bald erscheinen / in seiner Herrlichkeit / der all unser Klag und
Weinen / verwandeln wird in Freud.“
Es saßen einmal ein paar Christen zusammen. Sie besprachen
ernst die Nöte der Zeit. Da sagte einer: „Brüder, wir wollen nicht klagen! Wir
wollen ausschauen auf den Tag der Herrlichkeit Jesu!"
So steht ein rechter Jünger Jesu. Er spricht: „Und wenn ich
darüber sterben sollte! Ich lege mich ins Grab in der frohen Gewissheit: Jesus
wird kommen. Und ich werde im Grabe Seine Stimme hören und mit Ihm leben in
Ewigkeit.“ Amen.
(Melodie: Wachet auf, ruft uns die Stimme)
Zion hört die Wächter singen,
Das Herz tut ihr vor Freude springen,
Sie wachet und steht eilend auf.
Ihr Freund kommt vorn Himmel prächtig,
Von Gnaden stark, von Wahrheit mächtig,
Ihr Licht wird hell, ihr Stern geht auf.
Nun komm, du werte Kren,
Herr Jesu, Gottes Sohn! Hosianna!
Wir folgen all zum Freudensaal
Und halten mit das Abendmahl.
Donnerstag nach dem 2.
Advent
Der Herr sprach zu
meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel
deiner Füße lege."
Psalm 110, 1
Wie hat doch der Heilige Geist dem David die Augen geöffnet,
dass er im Geist schon den kommenden Heiland sah! Und obwohl dieser dem
Fleische nach sein Nachkomme war, nannte er Ihn seinen „Herrn".
Wie freute er sich im 110. Psalm, als er im Geist die
Erhöhung und Thronbesteigung Jesu sah! Und ein anderer Großer im Reiche Gottes,
den auch die Herrlichkeit Christi gewaltig freute, hat den David da so recht
verstanden und ihm gewissermaßen ins Herz gesehen. Es ist Martin Luther. Er
sagt dazu:
„David pranget also daher: Lass fahren Krone und Herrlichkeit
und was ich habe! Das ist meine Ehre
und Ruhm, daher ich groß und über alle Herren und Könige auf Erden zu rühmen
habe, dass ich den Herrn habe, der
da heißt mein Herr. Der soll mein Herr sein und heißen, und ich habe Ihn auch
von Herzen gerne. Er ist auch von einem Größeren und Höheren zum König
eingesetzt, denn ich und alle Könige und Herren auf Erden sind … „Setze Dich zu
meiner Rechten!" Das heißt ja mit einem Wort: hoch gehoben – nicht über
das Bettlerschloss zu Jerusalem noch Kaisertum zu Babylon, Rom oder
Konstantinopel oder den ganzen Erdboden – welches ja eine große Macht wäre; – ja
auch nicht über den Himmel, Sterne und alles, was man mit den Augen sehen kann;
sondern viel höher und weiter. Setze Dich, spricht Er, neben Mich! Nicht zu
Meinen Füßen, sondern zur Rechten, d. h. in die göttliche Majestät und
Gewalt."
Wie liegt über diesem Lutherwort eine Freude, die sich
entzündet an Davids Rühmen! So freuen sich alle rechten Christen an der
Herrlichkeit ihres Herrn und singen ihre Loblieder – dem Teufel und der Welt
zum Trotz. Amen.
(Melodie: Alle Menschen müssen sterben)
Seh ich dich gen Himmel fahren,
Seh ich dich zur Rechten da,
Seh ich, wie der Engel Scharen
Alle rufen Gloria:
Sollt ich nicht zu Fuß dir fallen
Und mein Herz vor Freude wallen,
Da der Himmel jubiliert,
Weil mein König triumphiert?
Freitag nach dem 2.
Advent
Von nun an wird's
geschehen, dass ihr sehen werdet des Menschen Sohn kommen in den Wolken des
Himmels.
Matthäus 26, 64
In Essen steht ein großes, helles Haus, das ein Freund der
Jugend, Pastor Weigle, gebaut hat für Jungen. Viele haben in diesem
„Jugendhaus" eine Heimat, Freunde und vor allem ihren Heiland gefunden.
Als ich zum ersten Mal dieses Haus betrat, fesselte ein Bild
meine Aufmerksamkeit. Es hing als einziger Wandschmuck in dem großen Saal, wo
jeden Sonntag in paar hundert Jungen versammelt sind. Da sieht man in den
Wolken den Herrn Jesus. Er sitzt auf einem weißen Pferde. Auf Seinem Haupt
glänzt eine goldene Krone.
„Warum", fragte ich den alten Pfarrer, „hängt dies
seltsame Bild als einziges hier im Saal?"
Er wurde sehr ernst: „Die Jungen, die am Sonntag hier von
Jesus gehört haben, sind am Montag wieder in ihrem Alltag, in Schulen,
Fabriken, Kaufhäusern. Und da haben sie als Jünger Jesu viel Spott und Hohn zu
ertragen. Und viele Versuchungen zur Sünde treten in der Großstadt an sie
heran. Da will dann oft der Mut sinken. Das Herz will schwach werden.
Wenn sie aber nun sonntags hier im Saal sind, dann ruft dies
Bild ihnen zu: Jesus bleibt Sieger! Er wird wiederkommen in Herrlichkeit!
Haltet aus, ihr Seine Streiter! – Dies Bild hat schon vielen Menschen neuen Mut
gemacht."
So sprach der Alte. Ich aber musste denken: Wenn doch alle
Christen das Bild des wiederkommenden Herrn immer so vor Augen hätten wie diese
Jungen! Amen.
(Melodie: Fahre fort, fahre fort)
Halte aus, halte aus,
Zion, halte deine Treu,
Lass doch ja nicht lau dich finden.
Auf, das Kleinod rückt herbei;
Auf, verlasse, was dahinten;
Zion, in dem letzten Kampf und Strauß
Halte aus, halte aus!
Sonnabend nach dem 2.
Advent
Was er ordnet, das
ist löblich und herrlich.
Psalm 111, 3
Wir Menschen bilden uns ein, wir verständen etwas vom Ordnen
und Organisieren. Wir haben eine reiche Erfahrung darin, denn wir sind ja
immerdar am Ordnen und Organisieren.
Ununterbrochen sind kluge Leute damit beschäftigt, das
Verhältnis der einzelnen Nationen noch besser zu ordnen. – Und es gibt kein
Land in der Welt – und sei es das primitivste –, das nicht immer neue Gesetze
und Ordnungen herausbrächte. – Der kleinste Geschäftsbetrieb ist beständig
daran, seinen Betrieb noch besser zu organisieren. Und jeder kleine Gesangverein
hat immer Organisationsfragen auf der Tagesordnung seiner Sitzungen.
Aber die Tatsache, dass wir immer neu ordnen und
organisieren müssen, beweist gerade, dass wir es nicht können. Wir organisieren
uns – auch in der Kirche – zu Tode. Und das Ende ist Unordnung.
Ganz anders ist es bei Gott. „Was er ordnet, das ist löblich
und herrlich."
Warum?
Darum, weil Gott Seine Dinge organisch ordnet. Er hat ein
Zentrum geschaffen, einen Mittelpunkt gesetzt, einen Eckstein gelegt, von dem
aus alle Seine Ordnungen ausgehen. Dieses Zentrum, dieser Mittelpunkt, dieser
Eckstein ist Sein eingeborener Sohn.
Wie sagt der Epheser-Brief? „… auf dass alle Dinge zusammengefasst
würden in Christus, beides, das im Himmel und auf Erden ist, durch ihn."
Von Christus, dem Haupte her, ordnet Gott Seine Gemeinde.
Von Christus her wird einmal alle Unordnung überwunden. Und in der zukünftigen
Welt wird es ganz offenbar sein: „Was er ordnet, das ist löblich und
herrlich." Amen.
(Melodie: Eins ist Not, ach Herr, dies eine)
Aller Weisheit höchste Fülle in dir ja verborgen liegt;
Gib nur, dass sich auch mein Wille fein in diese Schranken fügt,
Darinnen die Demut und Einfalt regieret
Und mich zu der Weisheit, die himmlisch ist, führet.
Ach, wenn ich nur Jesum recht kenne und weiß,
So hab ich der Weisheit vollkommenen Preis.
3. Adventssonntag
Und Maria sprach: „Meine
Seele erhebet den Herrn; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd
angesehen."
Lukas 1, 46+48
Wie kann denn ein Menschenherz den Herrn erheben? Es ist ja
ein gefangener Adler, gefesselt in Sünde und Schuld, gebunden in den
Niedrigkeiten dieser Welt. Wie sollte unsere Seele den Herrn erheben können!
Nein, damit fängt es nicht an: „Meine Seele erhebet den
Herrn!" Mit etwas ganz anderem fängt es an. Nämlich damit: „Der Herr
erhebt meine Seele aus dem Staube." Oder wie Maria sagt: „Er hat meine
Niedrigkeit angesehen."
Das ist Jesu Werk: Er beugt sich herab zu denen, die
verloren sind, und hebt sie auf. Die Bibel ist voll von Zeugnissen von diesem
gnädigen Tun Gottes. „Wer ist so hoch, wie der Herr, unser Gott, der den
Geringen aufrichtet aus dem Staube."
So ging es Simon Petrus und Matthäus. Das erlebten Zachäus
und der Schächer am Kreuz. Das erfuhren die große Sünderin und der
Gichtbrüchige. Und wir dürfen es auch erfahren und erleben, dass der Herr Jesus
uns aus Schuld, Sünde und Niedrigkeit erhebt und uns zu Kindern Gottes macht.
Wer nun dieses Wunder der Gnade in Jesus Christus glaubt,
erkennt und erfahren hat, der bezeugt nicht nur: „Der Herr erhebt meine Seele“,
sondern er frohlockt nun auch: „Meine Seele erhebt den Herrn."
Der Herr helfe uns zu solch seliger Erfahrung, dass wir einstimmen
dürfen mit allen Heiligen in den Lobgesang der Maria. Amen.
(Melodie: Aus
meines Herzens Grunde)
Ihr Armen und Elenden
Zu dieser bösen Zeit,
Die ihr an allen Enden
Müsst haben Angst und Leid:
Seid dennoch wohlgemut,
Lasst eure Lieder klingen,
Dem König Lob zu singen,
Der ist euer höchstes Gut.
Montag nach dem 3.
Advent
Da fing Jesus an zu
reden zu dem Volk von Johannes: „… Er ist's, von dem geschrieben steht:
Siehe, ich sende meinen Engel vor deinem Angesicht her, … denn ich sage euch, dass
unter denen, die von Weibern geboren sind, ist kein größerer Prophet denn
Johannes der Täufer; der aber kleiner ist im Reich Gottes, der ist größer denn
er."
Lukas 7, 27-28
In der Schule lernten wir das Steigern: groß, größer, am
größten. Hier lehrt uns der Herr Jesus die göttliche Grammatik. Er zeigt, was
in den Augen Gottes „groß" – „größer" – „am größten" ist.
Groß ist der Knecht
Gottes.
Johannes der
Täufer war ein Mann, der sein ganzes Leben in den Dienst Gottes stellte mit
entschlossener Selbstverleugnung, mit ganzer Hingabe seines Willens. „Er ist
der größte von allen, die von Weibern geboren sind", sagt Jesus.
Bei Gott gilt nicht das, was wir Menschen „groß"
nennen. Groß ist in Gottes Augen ein treuer Knecht Gottes.
Größer ist ein Kind
Gottes.
„Der Kleinste
im Himmelreich, das geringste Kind Gottes, ist größer." Bei uns Menschen
ist es schon so, dass der Sohn des Hauses über einem Knecht steht. Und so ist
es im Reiche Gottes auch. Es ist etwas Wunderbares um dies „Reich Gottes",
das mit Jesus kam, in dem auch der Elendste zu Gott sagen darf: „Abba, lieber
Vater."
Und am größten? Am größten ist der Mann, dem Gott
selbst den Weg bereitet unter den Menschen, ist der Mann, vor dessen „Angesicht
Johannes als Bote und Engel herging": Jesus, der Sohn Gottes, – der König
des Himmelreiches, – der Heiland, der unter den Seinen allezeit „der
Dienende" war (Lukas 22, 27), Er ist am größten! Ihm gehört aller Ruhm,
alle Ehre und Anbetung! Amen.
(Melodie: Seelenbräutigam)
Glanz der Herrlichkeit,
Du bist vor der Zeit
Zum Erlöser uns geschenket
Und in unser Fleisch versenket
In der Füll' der Zeit,
Glanz der Herrlichkeit.
Dienstag nach dem 3.
Advent
Denn ich sage euch, dass
unter denen, die von Weibern geboren sind, ist kein größerer Prophet denn
Johannes der Täufer; der aber kleiner ist im Reich Gottes, der ist größer denn
er.
Lukas 7, 28
„Groß ist der Knecht Gottes", sagt Jesus. „Aber größer
ist ein Bürger des Himmelreiches, – ein Kind Gottes."
Hier deutet der Herr Jesus an, wie man ein Kind Gottes wird.
Er sagt: „Johannes war der Größte unter allen, die von Weibern geboren werden." Das
allergrößte, was ein „vom Weibe Geborener" werden kann, ist also – Knecht Gottes sein.
Doch es gibt Größeres: ein Kind Gottes sein. Damit wird aber
ganz deutlich, dass man ein Kind Gottes noch nicht ist durch die natürliche
Geburt „vom Weibe".
Kind Gottes wird man durch eine andere Geburt: durch
Wiedergeburt. Ja, es gibt eine neue Geburt durch das Wort Gottes und den Geist
Gottes. Jesus selbst sagt: „Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde,
sonst kann er nicht in das Reich Gottes kommen" (Johannes 3).
Kind unserer Eltern werden wir durch die natürliche Geburt.
Kinder Gottes werden wir durch Wiedergeburt. Bürger dieser Welt und unseres
Volkes werden wir durch die natürliche Geburt. Bürger im Reiche Gottes werden
wir durch Wiedergeburt.
Von solcher Wiedergeburt spricht das Johannes-Evangelium: „Die
Jesum aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, welche nicht von
dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes,
sondern von Gott geboren sind" (Johannes 1, 13) Amen.
(eigene Melodie)
Zieh ein zu deinen Toren,
Sei meines Herzens Gast,
Der du, da ich geboren,
Mich neu geboren hast,
O hochgeliebter Geist
Des Vaters und des Sohnes,
Mit beiden gleiches Thrones,
Mit beiden gleich gepreist.
Mittwoch nach dem 3.
Advent
Und das Volk wartete
auf Zacharias und verwunderte sich, dass er so lange im Tempel verzog.
Lukas 1, 21
Wie bei einem Tonstück erst eine Geige leise beginnt und
dann immer mehr Instrumente einfallen, so ist es mit den Geschichten um Jesus.
Im Tempel begegnet dem Zacharias Gottes Engel. Dann werden
die Kreise des Geschehens größer, bis schließlich Himmel und Erde bewegt
werden.
All das aber ist so seltsam, dass jeder, der irgendwie hineingezogen
wird, sich verwundern muss.
Die Menschen verwundern sich über das Geschehen um
Zacharias. – Maria verwundert sich über den Gruß des Engels. „Welch ein Gruß
ist das?" – Als die Hirten aus Bethlehem ihr Erlebnis berichteten, „verwunderten
sich alle, vor die es kam." – Die Menschen wundern sich über Jesu
Sündenvergebung, über Seine Vollmacht gegenüber den Dämonen, über Seine Wunder;
die Jünger über den gestillten Sturm; die Pharisäer über Jesu Antworten; der
römische Hauptmann über Sein Sterben; Pontius Pilatus über Seinen Tod und die
Soldaten über Sein Auferstehen.
Und wir?
Wollen wir sagen: „Das ist mir zu seltsam! Ich bleibe lieber
bei dem, was man verstehen und messen kann!"? – Oder wollen wir versuchen,
das Wunder zurechtzustutzen, bis es in unsere Berechnung passt?
Nein, wir wollen vor dem Wunder stehen bleiben, bis wir
bekennen können: „Was in keines Menschen Herz gekommen ist, das Gott bereitet
hat denen, die ihn lieben, – das hat uns Gott geoffenbart durch seinen
Geist" (1. Korinther 2, 9-10). Amen.
(Melodie: Vom Himmel hoch)
Wenn ich dies Wunder fassen will,
So steht mein Geist vor Ehrfurcht still;
Er betet an und er ermisst,
Dass Gottes Lieb unendlich ist.
Donnerstag nach dem 3.
Advent
Und alsbald ward sein
Mund und seine Zunge aufgetan, und er redete und lobte Gott.
Lukas 1, 64
So, nun hat es Zacharias begriffen!
Das war eine seltsame Stunde gewesen, wo ihm im Tempel der
Engel Gottes erschien und ihm die Erhörung seiner Gebete verhieß: „Zacharias,
dein Gebet ist erhört; dein Weib Elisabeth wird dir einen Sohn gebären, … der
wird groß sein vor dem Herrn…"
Das war mehr, als Zacharias zu erbitten gewagt hatte. Nicht
nur einen Sohn soll er haben, sondern einen Sohn, der vor dem verheißenen Heiland
und Herrn hergeht als dessen Bote.
Und was tat nun Zacharias? Statt anzubeten und zu loben,
fragte er ängstlich und zweifelnd: „Wobei soll ich das erkennen?"
Da kam Gottes Ernst und Gericht zutage. Der Mund, der nicht
loben wollte, musste verstummen. Als stummer Mann musste er nach Hause ziehen.
Als stummer Mann musste er die Erfüllung des göttlichen Versprechens erleben.
Aber dann kam die Stunde, da sein Mund aufgetan ward. Und
was tat nun Zacharias? Er lobte Gott.
Jetzt hat er es verstanden: Die großen Taten Gottes sollen
wir nicht begreifen, sondern loben. Gott will nicht unseren armseligen Zweifel
und unsere kümmerliche Kritik, sondern unseren Dank und unsere Anbetung.
Größer als Johannes der Täufer ist Jesus. Wie viele stehen
vor Jesus, vor Seinem Kreuz und Seinem Auferstehen – zweifelnd, kritisch,
fragend – wie Zacharias damals im Tempel.
Anbeten dürfen wir! Danken dürfen wir! Loben und preisen und
nehmen und reich werden dürfen wir in Ihm, der arm war um unsretwillen. Amen.
(Melodie: Mein Herzensjesu, meine Lust)
So kommet vor sein Angesicht
Mit jauchzenvollem Springen;
Bezahlet die gelobte Pflicht
Und lasst uns fröhlich singen:
Gott hat es alles wohl bedacht
Und alles, alles recht gemacht.
Gebt unserm Gott die Ehre!
Freitag nach dem 3. Advent
Was, meinst du, will
aus dem Kindlein werden?
Lukas 1, 66
Wunderbare Geschichten waren geschehen bei der Geburt dieses
Kindes, dem Gott selbst den Namen „Johannes" gegeben hatte. Und wir können
es verstehen, dass die Leute fragten: „Was, meinst du, will aus dem Kindlein
werden?"
In dieser Frage liegt ja ein Doppeltes: Da liegt das
Verwundern, dass Gott offenbar mit diesem Kinde etwas ganz Besonderes vorhabe.
Und in der Frage liegt die Sorge, ob dies Kind wohl auch diesen Plan und die
besondere Berufung Gottes erfülle. Denn wenn wir Menschen auch selbst keine
Wunder tun können, so können wir doch Gottes Wirken und wunderbares Walten in
unserem Leben hindern und aufhalten.
„Was, meinst du, will aus dem Kindlein werden?"
Diese Frage können wir eigentlich bei jedem Menschenleben
stellen; denn wenn auch bei unserer Geburt nicht so seltsame Dinge geschahen
wie bei dem Johannes, so ist doch jedes Menschenleben ein großes und
anbetungswürdiges Wunder.
Und mit einem jeden Menschenleben hat Gott Seinen ganz besonderen
Plan.
Und in jedem Menschenleben besteht die Gefahr, dass Gottes
Plan, Gottes Führung und Gottes wunderbares Walten gehindert und aufgehalten
werden durch unsere Verkehrtheit und Sünde.
Johannes wurde, was er werden sollte: ein Bote des Herrn. Dass
man doch das auch von unserem Leben sagen könnte! Amen.
(Melodie: Wie wohl ist mir, o Freund der Seelen)
Ach, mach einmal mich treu und stille,
Dass ich dir immer folgen kann;
Nur dein, nur dein vollkommner Wille
Sei mir hier Schranke, Lauf und Bahn.
Lass mich nichts mehr für mich verlangen,
Ja lass mir nichts am Herzen hangen
Als deines großen Namens Ruhm;
Der sei allein mein Ziel auf Erden;
Ach, lass mirs nie verrücket werden,
Denn ich bin ja dein Eigentum.
Sonnabend nach dem 3.
Advent
Da sprach Maria zu
dem Engel: „Wie soll das zugehen, sintemal ich von keinem Manne weiß?"
Lukas 1, 34
Unsere unerleuchtete Vernunft reicht in keiner Weise zu, das
Tun Gottes zu begreifen und zu erfassen.
Wenn darum eine Verheißung Gottes zu den Menschen kommt,
dann ist die erste Antwort ein ablehnendes, erstauntes Fragen.
Als Gott zu Abraham sagte (1. Mose 15, 7): „Ich habe dich
aus Ur in Chaldäa geführt, dass ich dir dies Land zu besitzen gebe", da
antwortete Abraham: „Herr, Herr, woran soll ich merken, dass ich's besitzen
werde?"
Als der Engel des Herrn dem Zacharias im Tempel die Geburt
des Johannes ankündigte, da erwiderte Zacharias ungläubig: „Wobei soll ich das
erkennen?" (Lukas 1, 18)
Und als Maria, die Mutter Jesu, den Besuch des Engels und
die Verheißung empfing, da war ihre Antwort: „Wie soll das zugehen?"
„Wie soll das zugehen?" Die Frage ist so
charakteristisch für den natürlichen Menschen. Denn in der Bibel redet Gott ja
von lauter unmöglich scheinenden Dingen.
Wie soll das zugehen, dass Gottes Sohn Mensch wird? Wie soll
das zugehen, dass Tote lebendig werden? Wie soll das zugehen, dass verdammte
Sünder unter dem gerechten Fluch Gottes versöhnte Kinder Gottes werden?
„Wie mag solches zugehen?" fragt Nikodemus, als Jesus
ihm von Wiedergeburt spricht. „Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt
ist?"
Wie mag solches zugehen, dass die große Sünderin keusch und
der Zöllner ehrlich wird; dass der Stolze demütig und der Verzagte getrost
wird; dass der brave Pharisäer verdammt und der Schächer selig wird?
Wie mag all das zugehen? Wir können es uns nicht denken.
Aber es geht zu. Gottes Reich ist voller Wunder. Amen.
(Melodie: Alles ist an Gottes Segen)
Wunderanfang, herrlich Ende, wo die Wunderweisen Hände
Gottes führen ein und aus.
Wunderweislich ist sein Raten, wunderherrlich seine Taten
Und du sprichst: Wo will's hinaus?
4. Adventssonntag
Und Maria sprach:
„Meine Seele erhebet den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines
Heilands."
Lukas 1, 46-47
Das ist eine herrliche Beschäftigung der Seele, den Herrn
erheben!
Unsere Seele ist so erfüllt von nichtigen Dingen. Wie können
uns die Alltäglichkeiten der Welt doch gefangen nehmen! Und wenn es nur das
wäre! So oft ist unsere Seele erfüllt mit Zorn und Streit oder mit dunklen und
schmutzigen Dingen, die aus dem Reich der Finsternis stammen.
Wie herrlich ist es da, wenn der Herr selbst sich unserer
Seele annimmt, dass wir preisen können: „Meine Seele erhebet den Herrn."
Da reihen wir uns schon hier im Erdenland ein in die Chöre der himmlischen
Heerscharen und der vollendeten Gemeinde. Da singt unser Geist mit das ewige
Loblied, das dem zu Ehren erklingt, dessen Gnadenreich ewig währt.
Unsere Seele aber kann den Herrn nicht erheben, wenn sie
nicht stille wird vor dem, „den aller Weltkreis nie beschloss", vor Jesus.
Darum sagt Maria: „Mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes." Unser
Geist wird nur fröhlich, wenn er hinabsteigt in die Tiefen des Erbarmens
unseres Gottes, das in Jesus erschienen ist. „Mit Maria will ich sinnen / ganz
verschwiegen und tief innen / über dem Geheimnis zart: / Gott im Fleisch
geoffenbart."
Die Menschwerdung Gottes in Jesus ist eine wundersame Sache,
welche die unerleuchtete Vernunft nie fassen kann. Darum wird sie den Klugen
dieser Welt immer ein Ärgernis sein. Aber die zerschlagenen Gewissen, die
zerbrochenen Herzen und die Seelen, die nach dem lebendigen Gott verlangen, werden
hier fröhlich, weil Gottes Erbarmen wie ein Licht in ihrer Finsternis aufging.
Amen.
(Melodie: Nun komm der Heiden Heiland)
Sei willkommen, o mein Heil!
Hosianna, o mein Teil!
Richte du auch eine Bahn
Dir in meinem Herzen an.
Zieh, du Ehrenkönig, ein,
Es gehöret dir allein,
Mach es, wie du gerne tust,
Rein von allem Sündenwust.
Montag nach dem 4.
Advent
Es begab sich aber zu
der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt
geschätzt würde … Da machte sich auf auch Josef zur Stadt Bethlehem … auf dass
er sich schätzen ließe mit Maria.
Lukas 2, 1+4-5
Überall sind Weihnachtsvorbereitungen: Väter schleppen
Weihnachtsbäume, Mütter überschlagen, wie viel sie noch ausgeben können. Und
die Straßenmusikanten spielen: „Stille Nacht …"
Unser Bibelwort spricht auch von Weihnachtsvorbereitungen:
von denen, die Gott getroffen hat, der Welt Weihnacht zu bereiten.
Es gab in Judäa ein Dörflein Bethlehem. Das heißt zu Deutsch
„Haus des Brotes". Hier im „Brothaus" sollte Jesus, der das wahre
„Brot des Lebens" ist, zur Welt kommen. So hatte Gott beschlossen. So war
es Jahrhunderte vorher durch den Propheten Micha verheißen: „Du Bethlehem, die
du klein bist unter den Tausenden Judas, aus dir soll mir kommen der Herzog.“
Aber wie soll das nur wahr werden? Maria wohnt hoch im
Norden des Landes. Wie will Gott sie nach Bethlehem bringen?
Unser Gott ist sehr mächtig. Will Er Seine Pläne ausführen,
müssen Ihm Kaiser und ihre Macht zu Gebote stehen. Da muss Augustus befehlen:
„Jeder gehe in die Heimat seiner Sippe." Ohne es zu ahnen, muss Augustus
einen Riesenapparat in Bewegung bringen, nur damit Maria nach Bethlehem kommt,
damit eine Verheißung wahr wird.
Das sollen die Großen der Welt wissen, dass sie
Schachfiguren Gottes sind. Und wir sollten wissen, die wir oft so ratlos vor
den Zeitereignissen stehen: Es muss Ihm alles dienen. Amen.
(Melodie: Aus meines Herzens Grunde)
Ihr Mächtigen auf Erden, nehmt diesen König an,
Wollt ihr beraten werden und gehn die rechte Bahn,
Die zu dem Himmel führt; sonst, wo ihr ihn verachtet
Und nur nach Hoheit trachtet, des Höchsten Zorn euch rührt.
Dienstag nach dem 4.
Advent
Da machte sich auf
auch Josef … mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger.
Lukas 2, 4-5
Zwei Menschen wandern durch das Land. Zwei Menschen, die
alle ihre Wünsche und Pläne in den Tod gegeben haben und nur noch Gottes
Werkzeug sein wollen.
Maria! Es ist schon immer ein wundersames Ding, wenn ein
Menschenleben unter dem Herzen der Mutter wird. Aber um das werdende Leben
unter dem Herzen der Maria spann sich ein besonderes göttliches Geheimnis.
Da war ein Engel zu der reinen Magd gekommen und hatte ihr
verkündigt: „Der Heilige Geist wird dich überschatten. Darum wird das Heilige,
das von dir geboren wird, Gottes Sohn genannt werden."
Was mag durch Marias Seele gegangen sein in dieser Stunde?
Sie hatte sich ein kleines, irdisches Glück erträumt an der Seite des geliebten
Mannes. Nun war sie aus all dem herausgerissen. Ja, vielleicht ahnte sie etwas
von den schmutzigen Verleumdungen, die spätere Geschlechter auf sie werfen
sollten?
Maria sagt nur ein
herrliches Wort: „Siehe, ich bin des Herrn Magd. Mir geschehe, wie du gesagt
hast."
Auch Josef hat seinen Kampf gekämpft. Matthäus erzählt uns:
Als er hört, dass Maria Mutter wird, will er sie heimlich verlassen. Aber Gott
befiehlt ihm: „Nimm Maria, dein Gemahl, zu dir. Denn das von ihr geboren wird,
ist vom Heiligen Geist."
Zwei Menschen wandern durch's Land; zwei Menschen, die alle
eigenen Wünsche geopfert haben und nur noch Gottes Werkzeuge sind.
Ob Gott heute in der „Christenheit" wohl noch solche
Leute findet? Amen.
(Melodie: Von Gott will ich nicht lassen)
Ach, mache du mich Armen zu dieser heilgen Zeit
Aus Güte und Erbarmen, Herr Jesu, selbst bereit!
Zieh in mein Herz hinein vom Stall und von der Krippen,
So werden Herz und Lippen dir allzeit dankbar sein.
Mittwoch nach dem 4.
Advent
Da machte sich auf
auch Josef … mit Maria, seinem vertrauten Weibe.
Lukas 2, 4-5
Kennen wir unsre Bibel? Dann wissen wir: Es gibt im Alten
Testament eine ganz ähnliche Stelle: „Da nahm Abraham sein Weib Sara und zog
aus."
Seht, so ist das mit den Menschen Gottes: Sie sind herausgerufene
Leute. Sie streben nicht mehr nach hohen Dingen. Sie sind auf den wundersamen
Weg Gottes gestellt.
Es ist das meist ein rauer Weg. Es gibt ein Bild von Fritz
von Uhde. Da sieht man, wie der Abend sich herabsenkt auf eine Tiefverschneite
Landschaft. Erschöpft lehnt Maria sich an einen Zaun. Durch den tiefen Schnee
strebt Josef einem fernen Licht zu. Er will irgendwo Unterkommen suchen.
Nun, wenn wohl auch damals kein Schnee gelegen hat – es war
eine harte und schwere Reise für Maria, die das Kind unter dem Herzen trug.
Und diese Reise fand ihr Ende nicht in Bethlehem. Sie führte
in die Flucht vor Herodes, nach Ägyptenland.
Abraham und Sara, Josef und Maria – seltsame Leute! Die Welt
in ihrer toten Sicherheit wird sie nie verstehen. Die Weltgeschichte hat sie
nicht aufgenommen unter ihre Helden. Aber bei Gott sind ihre Namen herrlich
angeschrieben, die Namen dieser Menschen, die in Gottes Gewalt kamen und die
darin selig waren.
Mit solchen Leuten tut Gott Seine Taten, mit solchen Leuten,
die Seinem Ruf folgen, die nichts, gar nichts anderes mehr wünschen, als Ihm
zur Verfügung zu stehen. Amen.
(Melodie: Werde munter, mein Gemüte)
Nur allein, dass du mich stärkest
Und mir treulich stehest bei;
Hilf, mein Helfer, wo du merkest,
Dass mir Hilfe nötig sei.
Brich des bösen Fleisches Sinn,
Nimm den alten Willen hin,
Mach ihn aller Dinge neue,
Dass mein Gott sich meiner freue.
Donnerstag nach dem 4.
Advent
Es begab sich aber zu
der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt
geschätzt würde. … Der Engel sprach zu den Hirten: „Ich verkündige euch große
Freude, die allem Volk widerfahren wird. Denn euch ist heute der Heiland
geboren."
Lukas 2, 1+10-11
Zwei Herrscher treten auf: der lebendige Gott und Augustus.
Beide Herrscher nennen sich „Der Erhabene". In Jesaja
57 heißt es von Gott: „So spricht der Hohe und Erhabene." – Der römische
Kaiser nannte sich: „Augustus" = der Erhabene.
Beide Herrscher finden Gehorsam. Augustus befiehlt und:
„Jedermann ging, dass er sich schätzen ließe." – Gott befiehlt: Und die
Engel tragen Seine Botschaft aus, die Hirten eilen nach Bethlehem.
Beide Herrscher gründen ein Reich. Beide Herrscher haben es
dabei auf „alle Welt" abgesehen. „Allem Volk" heißt es in der
Gottesbotschaft. „Alle Welt" heißt es in der Augustus-Botschaft. Soweit finden
wir eine seltsame Parallelität. Aber nun gehen die Wege der beiden Herrscher
auseinander. „Meine Wege sind nicht eure Wege", spricht der himmlische
Herrscher.
Was will Augustus? Zählen will er; sich an der Macht
berauschen; Steuern erheben. Was will Gott? Erretten will Er; selig machen. O herrlicher
Plan Gottes!
Des Augustus Plan bringt Verwirrung und Not. Gottes Plan
bringt Friede und Freude. Des Augustus Plan ist eine laute Sache. Gottes Plan
ist heimlich und still. Des Augustus Reich war ein Stücklein Weltgeschichte. Es
verging wie ein Rauch. Gott aber begann in Jesus Sein ewiges Reich. Amen.
(Melodie: Gelobet seist du, Jesu Christ)
Den aller Weltkreis nie beschloss,
Der liegt in Mariens Schoß;
Er ist ein Kindlein worden klein,
Der alle Ding erhält allein.
Kyrieleis.
Das hat er alles uns getan,
Sein groß Lieb zu zeigen an.
Des freut sich alle Christenheit
Und dankt ihm das in Ewigkeit.
Kyrieleis.
Freitag nach dem 4.
Advent
… zu der Zeit, da
Cyrenius Landpfleger in Syrien war.
Lukas 2, 2
Als Kinder haben wir uns oft gefragt, wie denn der Cyrenius
in die Weihnachtsgeschichte gekommen sei. Maria, die Hirten, die Engel und vor
allem das Kind – die gehören in die Geschichte. Aber Cyrenius? Warum ist der
genannt?
Und doch! Der gehört auch dahin. Vor allem, damit wir
merken: hier werden Tatsachen
erzählt und nicht Märchen.
Am Schluss der Weihnachtsgeschichte heißt es: „Und alle, vor
die es kam, wunderten sich der Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten."
Es war ja auch zu wunderbar, was die Hirten zu berichten hatten. Und darum ist
es zu allen Zeiten bis zum heutigen Tage so gewesen, dass „alle, vor die es
kam, sich wunderten".
Weil nun die Menschen über all dem Verwundern mit der
Geschichte nicht fertig wurden, waren sie schnell bei der Hand und sagten: „Das
ist ein hübsches Märchen für unsere Kinder."
„Nein!“ sagt der Evangelist Lukas, „nein, es ist kein
Märchen! Es ist die Wahrheit. Ein Märchen fängt so an: ,Es war einmal.' Meine
Geschichte war aber nicht irgend einmal, sondern damals, ,als Cyrenius
Landpfleger in Syrien war'."
Große Taten Gottes zu unserm Heil werden uns in der
Weihnachtsgeschichte verkündigt: „Euch ist heute der Heiland geboren, welcher
ist Christus." Gewaltig große und selige Wirklichkeit ist es: „Gott wird
Mensch, dir Mensch zugute, Gottes Kind, das verbind't sich mit unsrem
Blute."
(eigene Melodie)
Gelobet seist du, Jesu Christ,
Dass du Mensch geboren bist
Von einer Jungfrau, das ist wahr,
Des freuet sich der Engel Schar.
Kyrieleis.
Das ew'ge Licht geht da herein,
Gibt der Welt einen neuen Schein;
Es leucht't wohl mitten in der Nacht
Und uns des Lichtes Kinder macht.
Kyrieleis.
24. Dezember
… zu der Zeit, da
Cyrenius Landpfleger in Syrien war.
Lukas 2, 2
Warum der Cyrenius wohl in der Weihnachtsgeschichte steht?
Als Warnung für
uns! Er war ganz nahe dabei, als die Engel die Frohbotschaft verkündigten und
Gottes Wort Fleisch wurde. Und Cyrenius hat von all dem nichts gemerkt.
Der Cyrenius war ja ein kleines Stücklein Weltgeschichte.
Und da nahm er sich selbst nun so wichtig, dass er von der Gottesgeschichte,
die nahebei geschah, gar nichts bemerkte.
Das geschieht auch heute noch, dass der Mensch sich selbst
so groß vorkommt, dass er für Gottes Heil blind ist. Wer aber in seinen eigenen
Augen klein geworden ist, bekommt offene Augen und preist dankbar vor der
Krippe:
„Ich lag in tiefer Todesnacht,
Du wurdest meine Sonne …“
Und auch wohl darum steht der Cyrenius in der Geschichte,
damit wir etwas merken von der Freiheit der Erwählung Gottes.
Was war denn der großmächtige Cyrenius in Gottes Augen? Ein
armer, eitler Wicht, an dem Er vorübergeht – um Sein Heil den armen Hirten zu
bringen. „Was nichts ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, auf dass sich vor
ihm kein Fleisch rühme."
Dass wir doch auf der Seite der Hirten stehen möchten, dass
wir mit ihnen „Gott preisen und loben um alles, was wir gehört und gesehen
haben. Amen.
(Melodie: O dass ich tausend Zungen hätte)
Lass dich erleuchten, meine Seele,
Versäume nicht den Gnadenschein;
Der Glanz in dieser kleinen Höhle
Streckt sich in alle Welt hinein;
Er treibet weg der Höllen Macht,
Der Sünden und des Kreuzes Nacht.
1. Weihnachtstag
Uns ist ein Kind
geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter;
und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig-Vater, Friedefürst.
Jesaja 9, 5
Da ist ein kleiner Junge eines Morgens jäh erwacht. Am Bett
steht der Vater. „Büblein", sagt er, denk dir, du hast ein Brüderlein
bekommen."
Und dann darf der Junge das Brüderlein ansehen. Da steht er
an der Wiege und staunt das Neugeborene an. Und durch sein Herz zieht eine
große Liebe zu dem Brüderlein.
Vielleicht aber wird dieses Entzücken ein ganz klein wenig
verdunkelt von dem bösen Gedanken: „Nun bin ich nicht mehr der Einzige! Nun muss
ich alles mit dem da teilen.“
Die Jahre gehen dahin. Liebe und Abneigung gegen den Bruder
streiten miteinander. Aber eins bleibt für das Büblein fest bestehen: Ob er den
Bruder liebt oder ablehnt – er bleibt sein Bruder.
„Uns ist ein Kind geboren." Das Kind heißt Jesus. Der
Sohn Gottes ist unser Bruder geworden. Das Weihnachtsfest führt uns wieder an
die Krippe, in der Er liegt.
Wie stehen wir zu diesem Jesus? Vielleicht lieben wir Ihn.
Vielleicht haben wir uns praktisch herzlich wenig um Ihn gekümmert. Vielleicht
rebelliert unser Herz gegen Ihn.
Wie dem auch sei – eins werden wir nie, nie beehr los:
Jesus, der Sohn Gottes, ist unser Bruder. Er gehört zu uns und wir zu Ihm. Er
hat sich zu uns gestellt, und wir sind Ihm verhaftet.
Dass es doch alle hören möchten. Alle! Die Verzagten und die
Trotzigen, die Sünder und die Moralischen, die Zweifler, die Gottsucher, die
Gebundenen – wir alle: Jesus ist unser Bruder geworden! Selige, große Tatsache!
Amen.
(Melodie: Vom Himmel hoch)
Sei mir willkommen, edler Gast!
Den Sünder nicht verschmähet hast
Und kommst ins Elend her zu mir;
Wie soll ich immer danken dir?
2. Weihnachtstag
Und sie gebar ihren
ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe.
Lukas 2, 7
Die Windeln und die Krippe – die spielen eine merkwürdig
wichtige Rolle in der Weihnachtsgeschichte.
Man könnte zuerst noch meinen: Es macht dem Erzähler Freude,
die Sache recht anschaulich zu berichten. Aber diese Ansicht fällt hin, wenn
man entdeckt, dass „die Windeln und die Krippe" genau in dieser
Reihenfolge noch einmal vorkommen, nämlich in der Botschaft der Engel: „Ihr
werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen."
Da wird man nachdenklich: „Das muss doch einen besonderen
Sinn haben." Und es hat ihn in der Tat.
Die Weihnachtsgeschichte erzählt uns vom Herabsteigen Gottes
in die Menschenwelt. Und nun ist in dem Wort von „den Windeln und der
Krippe" die Leiter gezeigt, auf der Er herabsteigt.
„In Windeln gewickelt." Wir alle sind Menschen, vom
Weibe geboren, und wurden in Windeln gewickelt. Da hören wir also, dass Jesus
uns gleich wurde. Er wurde unser Bruder. Diese Leiterstufe steht neben uns.
„In einer Krippe liegen." Die Stufe steht unter uns.
Wir alle hatten einen „Raum in der Herberge" der Welt, als wir geboren
wurden. Nur der Sohn Gottes nicht. Er ging unter uns hinunter.
Wir finden diese Stufenleiter noch einmal in der Bibel. Im
2. Kapitel des Philipper-Briefes steht: „Er, der Gott gleich war, ward wie ein
Mensch" – das ist die erste Stufe. „Er ward gehorsam bis zum Tode am
Kreuz." Das ist die zweite Stufe.
Er wurde nicht nur unser Bruder. Er wurde der, der sich
unter unsere Last stellte, um sie wegzutragen. Schon von der ersten Stunde
Seines Lebens an stellt Er Seine Schultern unter der Welt Last. Amen.
(Melodie: Lobe den Herren, den mächtigen König)
Sehet dies Wunder,
Wie tief sich der Höchste hier beuget!
Sehet die Liebe,
Die endlich als Liebe sich zeiget.
Gott wird ein Kind,
Träget und hebet die Sünd:
Alles anbetet und schweiget.
27. Dezember
Euch ist heute der
Heiland geboren.
Lukas 2, 11
Es gibt ein köstliches Bild von Rudolf Schäfer. Da stehen
die rauen Hirten mit ihren groben Schuhen und lauten Stimmen vor dem Stall. Und
Josef, der ihnen die Tür öffnet, winkt ihnen, leise zu sein.
Wir können uns wohl vorstellen, wie andächtig und still
diese Hirten bald darauf uni die Krippe her standen.
Diese Stille um Jesus hat schnell aufgehört. Schon bald gab
es um Ihn Lärm, der bis in unsere Tage nicht verstummt ist: „Was dünkt euch um
Christus?"
Es haben sich viele eine so genannte Meinung über Jesus
gebildet, damit sie in diesem Lärm auch ihr Wörtlein sagen können. Aber ich
meine: Wer Jesus ist, das kann uns der Engel Gottes doch am besten sagen. Und
er gibt eine helle, klare Antwort: „Er ist der Heiland."
Die Soldaten des Weltkrieges wissen, wie schrecklich ein
Schlachtfeld ist; da stöhnen die Sterbenden, da rufen hilflose Verwundete.
Die Welt ist so ein schreckliches Schlachtfeld. Furchtbare
Wunden schlägt das harte Leben. Da quälen sich die verwundeten Gewissen; da
knirschen Verbitterte mit den Zähnen; da seufzen die, denen die Lasten der Welt
zu schwer sind; da stöhnen die Enttäuschten.
Aber über dies Schlachtfeld geht „der Heiland", der
große Sanitäter, der Retter, der allen helfen kann. Wohl dem, der bekennen
kann: „Du hast dich meiner Seele herzlich angenommen." Amen.
(Melodie: Ich steh an deiner Krippen hier)
Ich lag in tiefer Todesnacht,
Du wurdest meine Sonne,
Die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht
Des Glaubens in mir zugericht't,
Wie schön sind deine Strahlen!
28. Dezember
Und alsbald war da
die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: „Ehre sei
Gott in der Höhe."
Lukas 2, 13-14
Diese himmlischen Sänger kamen aus einer Welt, in der alles
Gott die Ehre gibt.
Alles, was dich preisen kann,
Cherubim und Seraphinen
Stimmen dir ein Loblied an.
„In seinem Tempel gibt ihm alles Ehre, sagt die Bibel von
dieser wundersamen Welt.
Aber auch in unserer gefallenen Welt preist die Schöpfung
Gottes Ehre.
Dich predigt Sonnenschein und Sturm,
Dich preist der Sand am Meere.
Bringt, ruft auch der geringste Wurm,
Bringt meinem Schöpfer Ehre!
Mich, ruft der Baum in seiner Pracht,
Mich, ruft die Saat, hat Gott gemacht,
Bringt unserm Schöpfer Ehre!
Nur ein einziges Geschöpf, das in besonderer Weise Gott
ehren sollte, hat sich ausgeschlossen von dem allgemeinen Lobpreis: Das ist der
Mensch. Er hat sich selbstherrlich losgerissen von Gott. Und damit versank er
in Nacht, Sünde und Tod.
Aber, seht, der gnädige Gott ist uns nachgegangen in Jesus.
Und wer von Herzen an Jesus glaubt, der ist zurückgekehrt in den Frieden mit
Gott.
Die Engel sehen schon im Geist an Seinem Geburtstag diese
versöhnte Gemeinde Jesu. Und in ihren Lobgesang stimmt die versöhnte Gemeinde
ein: „Ehre sei Gott in der Höhe." Amen.
(Melodie: O dass ich tausend Zungen hätte)
Ach nimm das arme Lob auf Erden,
Mein Gott, in allep Gnaden hin.
Im Himmel soll es besser werden,
Wenn ich bei deinen Engeln bin.
Da sing ich dir im höhern Chor
Viel tausend Halleluja vor.
29. Dezember
Da die Hirten aber
Jesus gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem
Kinde gesagt war.
Lukas 2, 17
Nein, Christen können und dürfen nicht schweigen. Sie müssen
„das Wort ausbreiten". Das Wort von Jesus hat eine innere Gewalt. Und wer
es angenommen hat, den macht es zum Zeugen.
Das erfuhren die Hirten. Sie hatten eine ganz einfache
Botschaft. Die hieß: „Welt ging verloren. Christus ist geboren." Und diese
Botschaft sagten sie.
Es gibt viel verworrenes religiöses Geschwätz in unseren
Tagen. Auch christliches Geschwätzt Das hören wir bei den Hirten nicht. Sie
haben nicht ihre Gedanken und Meinungen über Jesus verbreitet, sondern „das,
was zu ihnen von diesem Kinde gesagt war."
Nicht was wir denken und meinen, sollen wir ausbreiten. Davon
hat kein Mensch etwas. Sondern das, was uns im Worte Gottes von Jesus gesagt
ist.
Aber diese göttliche Wahrheit haben die Hirten erst sagen
und verbreiten können, als „sie das Kind gesehen hatten". Jetzt konnten
sie aus eigener Erfahrung heraus Jesum bezeugen. Können wir das auch? Nur ein
solches Zeugnis hat Gewalt über die Herzen.
Das ist das rechte Christenzeugnis: Gottes Wort auf Grund
eigener Erfahrung. Gott schenke uns allezeit solch wahres, lebendiges
Christenzeugnis! Amen.
(Melodie: Wachet auf, ruft uns die Stimme)
Deine Liebe, deine Wunden,
Die uns ein ew'ges Heil erfunden,
Dein treues Herz, das für uns fleht,
Wollen wir den Seelen preisen
Und auf dein Kreuz so lange weisen,
Bis es durch ihre Herzen geht.
Denn kräftig ist dein Wort,
Es richtet und durchbohrt
Geist und Seele;
Dein Joch ist süß, dein Geist gewiss,
Und offen steht dein Paradies.
30. Dezember
Trübsal bringt
Geduld; Geduld aber bringt Erfahrung; Erfahrung aber bringt Hoffnung; Hoffnung
aber lässt nicht zu Schanden werden. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in
unser Herz.
Römer 5, 3-5
Von Natur sind wir nicht geduldig. Und weil wir so
ungeduldig sind, können wir keine Erfahrungen mit unserem Gott machen. Die
macht man nämlich in der Stille. Wir ungeduldigen Leute aber laufen Gott immer
weg.
Weil der Herr es jedoch gut mit uns meint, hält Er uns fest.
Das Mittel, durch das Er uns festhält, ist Trübsal.
Wenn der Herr uns in die Trübsal stellt, schlagen wir zuerst
aus wie ein wildes Pferd. Aber Gott hält uns in der Trübsal fest, bis wir
stille werden. Trübsal bringt Geduld."
Wenn das Herz still geworden ist und – vielleicht voll
Angst, Not und Furcht – auf den harten Herrn schaut, der es in die Trübsal
stellt, dann „bringt die Geduld Erfahrung".
Da tut Gott Sein Herz auf und zeigt der erschrockenen Seele
Seine Liebe, Seine Barmherzigkeit, Sein Heil in Jesus. Das sind selige
Erfahrungen.
Und aus solchen Erfahrungen lernt das Herz die Trübsal
gering achten. Es lernt: Es geht dem Herrn nicht um die Trübsal, sondern um
mein Heil. Die Trübsal ist nur ein vorübergehendes „Mittel zum Zweck". ja,
sie geht vorüber.
So kommt aus der Erfahrung der Liebe Gottes die Hoffnung.
Das ist aber keine trügerische Scheinhoffnung. Denn sie gründet sich ja auf die
Liebe Gottes, die am Kreuze offenbar wurde und in unser Herz ausgegossen ist:
Er wird's gut zu Ende bringen mit mir und mit Seiner Gemeinde.
Selige Stufenleiter! Von Segen zu Segen! Amen.
(Melodie: Alles ist an Gottes Segen)
Wunderanfang, herrlich Ende,
Wo die wunderweisen Hände
Gottes führen ein und aus.
Wunderweislich ist sein Raten,
Wunderherrlich seine Taten,
Und du sprichst: Wo will's hinaus?
31. Dezember
Sie warteten nicht
auf seinen Rat.
Psalm 106, 13
Das alttestamentliche Volk Gottes kannte Gott wohl. Es
traute Gott auch viel zu. Denn der Herr hatte sich unter ihnen mächtig gezeigt.
Sie kannten auch die Gebote Gottes. Jedes Kind konnte sie hersagen. An all dem
fehlte es nicht.
Aber – sie warteten nicht auf Gottes Rat.
Wo man stille werden und fragen sollte: „Was will der
Herr?" – da hatten sie längst einen eigenen Plan und Rat fertig, bei dem
Gott nur Beistand tun sollte. Ja, sie wollten viel klüger sein als der Herr.
Und ungeduldig waren sie dabei. Wenn nun der Herr ihren Rat
nicht ausführen wollte, dann haderten sie mit Ihm.
Sind wir etwa anders?
Ach, es ist ja auch gar nicht so leicht für unser Herz, auf
Seinen Rat zu warten. Denn Sein Rat ist so ganz anders als unsere Pläne. Wir
wollen die satte Ruhe – und Er führt in die Wüste. Wir wollen Frieden – und Er
führt uns in den Kampf. Wir wollen die Mauern Jerichos umrennen – und Er heißt
Sein Volk tagelang nur vor den Mauern warten. Wir wollen große Dinge – und Er
verordnet uns die geringen Dinge. Wir wollen hoch hinaus – und Er führt uns in
die Tiefen.
Und er hat so viel Zeit. Warten" muss man auf Seinen
Rat. Es währt oft „bis in die Nacht und wieder an den Morgen."
Und doch – Sein Rat ist gut. Jenseits der Wüste liegt
Kanaan. Und auf dies Gute zielt Sein Rat mit uns. Selig, wer auf Seinen Rat
warten kann. Amen.
(Melodie: Es ist das Heil uns kommen her)
Wie Gott mich führt, so bin ich still
Und folge seinem Leiten,
Obgleich im Fleisch der Eigenwill
Will öfters widerstreiten.
Wie Gott mich führt, bin ich bereit,
In Zeit und auch in Ewigkeit
Stets seinen Schluss zu ehren.
1. Januar
Ich hebe meine Augen
auf zu den Bergen, von welchen mir Hilfe kommt.
Psalm 121, 1
Wenn unsere Väter eine Chronik schrieben, dann setzten sie
vor die Jahreszahl ein „Anno Domini". Das heißt auf Deutsch: „Im Jahre des
Herrn." Sie nannten ihre Jahre „Gottesjahre".
Nun bricht das neue Gottesjahr an. Lasst uns dafür sorgen, dass
es wirklich ein Gottesjahr wird.
Das Psalmwort spricht von unseren Augen. Ja, wohin sind
unsere Augen gerichtet beim Beginn des neuen Jahres?
Der Weltmensch schaut ängstlich oder trotzig in das Dunkel,
das seinen Weg verhüllt. Da sind die Augen nach vorwärts gerichtet. Und dann
sind da die Alten. Deren Augen schauen zurück. Sie kramen in Erinnerungen. Und
sie sind sehr einsam darin.
Was tun unsere Augen? „Ich hebe meine Augen auf."
Die Christen schauen aufwärts, zu ewigen Höhen. Sie richten
ihren Blick auf den, der in Jesus ihr lieber, gnädiger Vater ist.
In diesem Psalmwort ist alles gesagt, was über das neue Jahr
zu sagen ist. Da kommt das Wörtlein „Hilfe" vor. O gewiss, so wird es
sein, dass wir Hilfe brauchen. Es wird gehen „durch Angst und Plagen",
durch Anfechtung, Not und Versuchung.
Aber das andere ist eben auch da, dass wir unsere Augen aufheben
dürfen zu dem Herrn. Und ob wir das tun, davon hängt es ab, ob das neue Jahr
für uns ein „Gottesjahr" wird. Amen.
(Melodie: Nun lass uns Gott dem. Herren)
Wir gehn dahin und wandern
Von einem Jahr zum andern,
Wir leben und gedeihen
Vom alten bis zum neuen
Durch so viel Angst und Plagen,
Durch Zittern und durch Zagen,
Durch Krieg und große Schrecken,
Die alle Welt bedecken.
Gelobt sei deine Treue,
Die alle Morgen neue,
Lob sei den starken Händen,
Die alles Herzleid wenden.
2. Januar
Ich will den Herrn loben
allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein.
Psalm 34, 2
Ein Eisenbahnzug fährt aus der Bahnhofshalle. Da geht's zuerst
durch ein Gewirr von Schienen und Weichen. Der Blockwärter muss scharf
aufpassen, dass die Weichen richtig gestellt sind. Wenn sie bei der Ausfahrt
richtig gestellt sind, dann ist viel gewonnen für die Fahrt. Dann geht's schon
recht weiter.
Für uns beginnt auch so ein neuer Abschnitt unserer
Lebensreise. Da müssen die Weichen am Anfang des Jahres richtig gestellt
werden. Dann ist schon viel gewonnen für das neue Jahr.
Unser Bibelwort zeigt uns eine feine Weichenstellung: „Ich
will den Herrn loben allezeit." Das gibt die rechte, himmlische Richtung.
„Den Herrn". Ja, darauf kommt alles an, dass Jesus
dabei ist im neuen Jahr. Wir wollen doch ganz neu unser Leben in Seine Hand
stellen. Wir wollen uns ganz einhüllen lassen in Seine Barmherzigkeit, Güte,
Liebe und Gnade.
Und wir wollen Ihn den „Herrn" sein lassen. Er soll
wirklich alles regieren und beherrschen.
„Ich will den Herrn loben allezeit." Das will doch
sagen: Ich will täglich Sein Angesicht suchen. Ich will jeden Tag neu meine
schwache Hand in Seine durchgrabene Hand legen.
Und loben will ich Ihn. Ja, loben! Ich will Ihm glauben, dass
Er es überaus gut mit mir meint, auch wenn Er mich ganz dunkle, schwere Wege
führt. Und darum will ich Ihn loben, auch wenn ich Ihn unter Tränen loben müsste.
Amen.
(Melodie: O dass ich tausend Zungen hätte)
Ich hab es ja mein Lebetage
Schon so manch liebes Mal gespürt,
Dass du mich unter vieler Plage
Zwar wunderbar, doch wohl geführt;
Denn in der größesten Gefahr
Ward ich dein Trostlicht stets gewahr.
Wie sollt ich nun nicht voller Freuden
In deinem steten Lobe stehn?
Wie sollt ich auch im tiefsten Leiden
Nicht triumphierend einhergehn?
Und fiele auch der Himmel ein,
So will ich doch nicht traurig sein.
3. Januar
Der Friede Gottes, welcher
höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu.
Philipper 4, 7
Nach zwei Seiten hin stehen die Menschen Gottes in einem
geistlichen Kampf.
Von zwei Seiten her droht die Gefahr. Diese zwei Gefahrstellen
sieht der Apostel, wenn er wünscht, dass „Herzen
und Sinne" bewahrt bleiben mögen.
Durch die Sinne dringt die Welt in uns ein. Die Welt! Nicht
nur, was Gott, der Schöpfer, geschaffen hat zu Seiner Ehre, sondern auch all
das, was die Schöpfung entstellt. Viel Dunkles, Grelles, Schmutziges, Unreines,
Widergöttliches.
Und je mehr die Sinne davon. aufnehmen, desto unersättlicher
werden sie. Es ist aber nun so: Menschen, die ihre Sinne befriedigen wollen,
verlieren den Sinn für die göttlichen Dinge. Darum mahnt der Apostel Johannes: „Habt
nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat, in
dem ist nicht die Liebe des Vaters. Denn alles, was in der Welt ist: des
Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom
Vater."
Aber nicht nur von außen droht Gefahr. Die größere kommt von
innen, aus dem Herzen. Jesus sagt
uns: „Aus dem Herzen kommen arge Gedanken."
Wie wollen wir erhalten bleiben in solcher Bedrängnis?
Gottes Wort zeigt uns die herrliche Hilfe. Wie ein gewappneter Wächter wird der
Friede Gottes an der Pforte unseres Herzens stehen und unsere Sinne bewahren,
wenn wir nur in Jesus bleiben. Amen.
(Melodie: Erquicke mich, du Heil)
Mein Wirken, Wollen und Beginnen
Sei kindlich folgsam deinem. Trieb;
Bewahr mein Herz und alle Sinnen
Untadelig in Gottes Lieb;
Dein in mir Beten, Lehren, Kämpfen
Lass mich auf keine Weise dämpfen.
4. Januar
Der Herr hilft denen,
die ein zerschlagenes Gemüt haben.
Psalm 34, 19
Wenn ein Groß-Flugzeug über den Ozean nach Amerika fliegt,
dann steht es in beständiger Verbindung mit vielen meteorologischen Stationen.
Dauernd empfängt es Wettermeldungen. Dadurch ist es imstande, Sturmzonen
einfach zu umgehen.
Wenn wir das doch auf unserer Lebensfahrt auch könnten! Es
mag sein, dass es Menschen gibt, die es können. Eins aber ist sicher: Menschen,
die in Gottes Gewalt gekommen sind, können es nicht. Seine Leute führt Gott
mitten in die Nöte und Stürme hinein. „Wir müssen durch viel Trübsal in das
Reich Gottes gehen."
Darum sind sie Menschen mit einem zerschlagenen Gemüt.
Mich hat auf meinen Wegen
Manch harter Sturm erschreckt;
Blitz, Donner, Wind und Regen
Hat mir viel Angst erweckt;
Verfolgung, Hass und Neiden,
Ob ich's gleich nicht verschuld't,
Hab ich doch müssen leiden
Und tragen mit Geduld.
Aber der Herr zerschlägt nicht nur – Er hilft. Er hilft so
wundersam und herrlich, dass Christenleute mitten in den Stürmen der Not
fröhlich rühmen:
Fahre hin, was helfen kann.
Unsre Hilfe ist der Mann,
Dem, soweit die Schöpfung geht,
Alles zu Gebote steht.
So wird das Leben eines Kindes Gottes ein seltsames Wunder:
Gott zerschlägt ihm im Sturm sein Boot und hält es doch über den Wogen, dass es
nicht untergeht. Gott verzäunt ihm seinen Weg, dass nirgendwo ein Ausweg ist.
Und dann trägt Er es selbst hinüber über alle Hindernisse. Und so lehrt Er uns
Seine Macht kennen. Amen.
5. Januar
Der Herr ist nahe bei
denen, die zerbrochenen Herzens sind.
Psalm 34, 19
Was ein zerbrochenes Herz ist – kann man das einem Menschen
klar machen, der die gewaltige Wirkung des Heiligen Geistes nicht kennt? Wer
aber die Kraft des Geistes Gottes kennt, der weiß auch, was ein zerbrochenes
Herz ist.
Auf einer Bergeshöhe im Schwarzwald stand eine hohe, stolze
Tanne. Eines Nachts tobte ein furchtbarer Sturm. Am nächsten Tag fand man die
stolze Tanne am Boden. Ihre Wurzeln waren aus dem Erdreich gerissen. Und über
den Wurzeln war der Stamm zerbrochen.
Unser natürliches Herz will auch so gerade und aufrecht
stehen wie die Tanne. In fröhlichem Glauben an uns selbst, in natürlicher
Selbstsucht wachsen wir in den Tag hinein.
Wenn aber der heilige Gott über unser Leben kommt mit dem
Sturm Seines Heiligen Geistes, dann ist es mit der Herrlichkeit zu Ende.
In der Bibel tritt ein Mann auf und sagt ein seltsam tiefes
Wort: „Meine Sünden gehen über mein Haupt. Wie eine schwere Last sind sie mir
zu schwer geworden.“ Der hatte ein zerbrochenes Herz.
Und einen anderen finden wir, einen hochgemuten Mann namens
Petrus. Der ging eines Tages in die Einsamkeit und weinte – über sich selbst.
Das ist ein zerbrochenes Herz.
Wer ein zerbrochenes Herz hat, erlebt ein großes Wunder. Er
glaubt sich Gott ganz fern, er dünkt sich von Gott verstoßen. Und sieh, wenn er
Gott am fernsten glaubt, ist Er am nächsten, in Jesus. Der Herr Jesus ist nahe bei
denen, die ein zerbrochenes Herz haben. Amen.
(Melodie: O dass ich tausend Zungen hätte)
Ich hatte nichts als Zorn verdienet
Und soll bei Gott in Gnaden sein;
Gott hat mich mit sich selbst versühnet
Und macht durchs Blut des Sohns mich rein.
Wo kam dies her, warum geschieht's?
Erbarmung ist's und weiter nichts.
6. Januar
(Epiphaniasfest)
Ich habe dich auch
zum Licht der Heiden gemacht, dass du seiest mein Heil bis an der Welt Ende.
Jesaja 49, 6
In einem Buch, in dem die Geschichte der deutschen Missionen
dargestellt wird, steht am Anfang ein Abschnitt über die Entstehung der
Mission. Da wird ganz köstlich berichtet, wie Gott dem Grafen Zinzendorf keine
Ruhe ließ über die Not und Finsternis der Heiden. Und nun ordnet er Brüder als
Missionare ab. Die ziehen los ohne Sprachkenntnis, ohne Geld, ohne Kenntnis des
Reiseweges. Streiter Jesu Christi!
Und doch – wenn wir die allerersten Anfänge der Mission
feststellen wollen, müssen wir weiter zurückgehen, vor diese merkwürdigen und
kühnen Männer.
Wo liegt der Ursprung der Mission?
Unser Bibelwort sagt es: Im Herzen Gottes selbst. Der Vater
sagt in der Ewigkeit zum Sohne: „Ich habe dich zum Licht der Heiden gemacht, dass
du seiest mein Heil bis an das Ende der Welt."
Das muss nun aber ein herrliches, wunderbares und großes
Werk sein, das seinen Ursprung im Herzen Gattes hat. Und darum ist die Mission das eigentliche Werk der Gemeinde. Es
ist einfach nicht möglich, dass ein Kind Gottes das Missionswerk nicht als
seine eigene Sache und Ehre ansähe.
Weil die Mission ihren Ursprung im Herzen Gottes hat, darum
ist sie auch frei von Wohlwollen oder Missfallen der Welt. Es wird sich
allerdings meist um Missfallen handeln. Denn wie sollte eine gottlose Welt
Wohlgefallen haben an dein, was aus dem Herzen Gottes kommt!
Um ihres Ursprungs willen hat die Mission so große
Verheißungen. Und wer hier mithilft und mitbetet, der läuft so recht in den
Bahnen Gottes. Amen.
(Melodie: Dir, dir, Jehova, will ich singen)
Ach lass dein Wort recht schnelle laufen;
Es sei kein Ort ohn dessen Glanz und Schein.
Ach führe bald dadurch mit Haufen
Der Heiden Füll zu allen Toren ein.
Ja, wecke doch auch Israel bald auf
Und also segne deines Wortes Lauf.
7. Januar
Da sie den Stern
sahen, wurden sie hoch erfreut.
Matthäus 2, 10
Es war ja so etwas ganz und gar Neues, was diese Weisen aus
dem Morgenland erlebten. Gewiss, sie hatten auch Religion. Wahrscheinlich sogar
eine sehr tiefsinnige und ernsthafte Religion. Aber dabei war es doch immer so,
dass der Mensch sich Gedanken über Gott machte – doch Gott schwieg. Es war so, dass
der Mensch. Gott anrief und suchte – doch Gott schwieg. Es war, als wenn man in
ein feierliches, leeres Gewölbe hineinrief. Das einzige Echo war – die eigene
Stimme.
Und nun war diesen Weisen aus dem Morgenland ein Neues
begegnet. Gott schwieg nicht mehr. Er rief. Er rief sie in der Sprache, die
diese Astronomen verstanden: durch den Stern.
Und Gott rief nicht nur: Er führte. Er führte durch den
Stern, und Er führte sie durch das Wart, das ihnen geschenkt wurde: „Du Bethlehem
Ephrata, aus dir soll mir kommen der Herzog, der über mein Volk ein Herr
sei."
Das Wort weist sie, und der Stern führt sie. Das war etwas
Gewaltiges und Neues. Sollten sie nicht fröhlich sein über diesem Ziehen, Rufen
und Führen des lebendigen Gottes!? Sollten sie diesem Rufen und Führen nicht
folgen bis hin zu der Offenbarung Gottes, dem König des Volkes Gottes: zu
Jesus!
Auch unter uns hat Gott so Sein Werk. Er redet durch Sein
Wort und ruft und führt durch Seinen Geist. Aber – und das ist traurig und
beschämend – dies lebendige Wirken Gottes macht nicht nur „hocherfreute"
Leute. O nein, es findet Widerstand und Widerstreben. Auch bei uns?
Es ist ja so groß, dass Gott uns zu Jesus führen will, dass
wir alles stehen und liegen lassen sollten, wenn Er ruft, und „hocherfreut"
folgen sollten bis zum seligen Finden des Heiles Gottes in Jesus. Amen.
(Melodie: Dir, dir, Jehova, will ich singen)
Zieh mich, o Vater, zu dem Sohne,
Damit dein Sohn mich wieder zieh' zu dir;
Dein Geist in meinem Herzen wohne
Und meine Sinne und Verstand regier,
Dass ich den Frieden Gottes schmeck' und fühl'
Und dir darob im Herzen sing und spiel.
8. Januar
Der Herr ist König
und herrlich geschmückt; der Herr ist geschmückt und hat ein Reich angefangen,
soweit die Welt ist, und zugerichtet, dass es bleiben soll.
Psalm 93, 1
Es wird der Welt immer wunderlich bleiben, was die Christen
an ihrem Heiland haben.
In diesem Lobpsalm spricht ein alttestamentlicher Sänger
aus, was er an seinem Herrn gefunden hat.
Er ist ein herrlicher
König. „Der Herr ist herrlich geschmückt." Und noch einmal wiederholt
er es: „Der Herr ist geschmückt."
Ja, es werden uns einmal in der Ewigkeit die Augen übergehen
von der Herrlichkeit Jesu. Aber ein anderer Schmuck ist es, der die
Sünderherzen recht tief erfreut und erquickt. Das ist der Schmuck, den die
Kriegsknechte zum Hohn unserem Herrn und Heiland gegeben haben, die
Dornenkrone.
Wenn die Welt den Gekreuzigten ansieht, dann findet sie
dieses Bild niederschmetternd und bedrückend. Ein zerschlagenes und bußfertiges
Herz aber sieht zu dem gekreuzigten Mann mit der Dornenkrone auf und weiß: „Er
ist meine Gerechtigkeit und mein Friede." Und es bekennt: „Alle Tage wird
dies Bild schöner meinem Blick enthüllt."
Und ein mächtiger
König ist der Herr. „Er hat ein Reich angefangen, soweit die Welt
ist."
Es haben je und dann mächtige Könige dieser Welt die Grenzen
ihrer Reiche weit gesteckt. Aber sie fanden immer irgendwo eine Grenze ihrer
Macht. Nur Jesus ist der König, dessen Reich ist, „soweit die Welt ist".
Zu allen Völkern muss Sein Name dringen. Und wenn allen Völkern Sein Name
verkündigt ist, dann kommt Er wieder und vollendet Sein Reich.
Und ein ewiger König
ist der Herr. „Er hat ein Reich zugerichtet, dass es bleiben soll."
Menschen haben je und dann versucht, den Thron Seiner
Herrlichkeit zu stürzen. Ja, mit List und Gewalt sucht der Fürst der Finsternis
dem Reiche des Herrn ein Ende zu bereiten. Aber alle Feindschaft gegen den
Herrn muss zerschellen vor diesem Worte: „Er hat ein Reich zugerichtet, dass es
bleiben soll." Amen.
9. Januar
Jesus ist um unserer
Sünde willen dahingegeben und um unserer Gerechtigkeit willen auferweckt.
Römer 4, 25
In einem Wort sind hier die großen Taten Gottes zu unserem
Heil zusammengefasst.
An den Externsteinen im Teutoburger Wald ist ein uraltes
Steinbild aus der Zeit, als das Evangelium zu unseren Vorfahren kam. Man muss
es recht lange studieren, bis man versteht, was der Steinbildhauer mit diesem
Steinbild sagen wollte. Da sieht man zunächst, wie Jesus vom Kreuze genommen
wird. Jesu Gestaltrist gebeugt und zusammengebrochen. Es sieht aus, als wenn
unsichtbare, riesige Lasten Ihn erdrückt hätten.
Aber auf demselben Bild sieht man denselben Heiland noch
einmal. Da schaut Er königlich und strahlend und schwingt in Seiner Hand eine
Siegesfahne.
Was wollte der alte Bildner damit sagen? Er wollte seinen
Landsleuten damit predigen, dass sie den ganzen Rat Gottes zu unserem Heile in
eins sehen sollten. Jesu Tod für uns und Jesu Auferstehung gehören zusammen.
Wir glauben an den Herrn, der „um unserer Sünden willen dahingegeben und um
unserer Gerechtigkeit willen auferweckt ist".
Es gibt Menschen, die kennen nur Jesu Kreuz, aber nicht
Seine Auferstehung. So aber kann man die Heilsbedeutung des Kreuzes Jesu nicht
verstehen. Dann sieht man in Jesus im besten Fall einen Märtyrer, der um einer
edlen Sache willen die Ungerechtigkeit der Welt erfuhr. Wir müssen wissen, dass
der Jesus, der starb, auch auferstanden ist. Nur dann können wir begreifen, dass
Sein Tod unsere Versöhnung und unsere Errettung ist.
Und es gibt andere Christen, die wollen sich nur am
erhöhten, siegenden Heiland freuen und wollen einen Bogen um das Kreuz herum
machen. So aber kommt es in unserem Leben zu keiner Buße. Und damit auch zu
keinem rechten, fröhlichen Heilsglauben.
Jesus starb für uns und – Jesus lebt für uns. Darin steht
unser Heil. Amen.
(Melodie: Wenn wir in höchsten Nöten sein)
Ich trau auf dich, o Gott, mein Herr;
Wenn ich dich hab, was will ich mehr?
Ich hab ja dich, Herr Jesu Christ,
Du mein Gott und Erlöser bist.
10. Januar
Es ist vorhanden, dass
Herodes das Kindlein suche, dasselbe umzubringen.
Matthäus 2, 13
Das sagt Gott, als Er dem Josef befiehlt, das Kind Jesus in
Ägyptenland in Sicherheit zu bringen.
„Es ist vorhanden, dass Herodes das Kindlein suche, es umzubringen."
Eine einfache, sachliche Feststellung. Und doch lässt uns dies Wort tief
hineinschauen in Gottes Herz.
Es zeigt uns Gottes Geduld.
Es wäre Ihm ja ein Geringes, den Herodes auf seinem bösen Wege aufzuhalten. Er
tut es nicht. Er macht dem Herodes gleichsam die Bahn frei. Er weicht ihm still
aus. Gott lässt dem Bösen Zeit, umzukehren oder – auszureifen.
Dies Wort zeigt uns Gott auch als Herzenskündiger. Noch hat Herodes keinem Menschen von seinem
Mordplan etwas gesagt. Im Gegenteil – er hat sich als Freund Jesu aufgespielt.
Aber Gottes Augen haben ihn erkannt, wie sie uns erkannt haben mit den
geheimsten Wünschen und Plänen unseres Herzens.
Und ist es uns nicht doch, als sei in diesem Sätzlein Gottes
ein Verwundern: „Es ist vorhanden …"
Nun erreicht die Rebellion des Menschen gegen den lebendigen Gott den
Höhepunkt, dass der Mensch den Sohn Gottes aus dem Wege räumen will. An den
Knechten Gottes hat der rebellische Mensch sich schon seit Abels Zeiten immer
vergriffen. Aber nun geht es an den Sohn. – Das ist der Mensch, den Gott zu
Seinem Ebenbild schuf! O Jammer! Bis zu diesem Tage ist es „vorhanden", dass
Menschen diesen Jesus aus dem Wege räumen wollen.
Auf den Armen Josefs zieht das Kind Jesu in die Fremde. Es
ist der Anfang des Kreuzesweges. Josef zieht mit. Und Maria. Und alle, die
Jesum lieb haben. Amen.
(Melodie: Hilf Gott, dass wir's gelinge)
Mein Kreuz und meine Plagen,
Sollt's auch sein Schmach und Spott,
Hilf mir geduldig tragen;
Gib, o mein Herr und Gott,
Dass ich verleugne diese Welt
Und folge dem Exempel,
Das du mir vorgestellt.
11. Januar
Sie sind gestorben,
die dem Kinde nach dem Leben standen.
Matthäus 2, 20
So steht es immer am Ende, wenn irgendwo der Kampf gegen
Jesus begonnen wurde: „Sie sind gestorben …"
Es war ein anderer Herodes, der den Jakobus hinrichten ließ
und den Petrus ins Gefängnis warf. Aber am Ende heißt es doch: „Da schlug ihn
der Engel des Herrn, darum dass er Gott nicht die Ehre gab. Und er ward
gefressen von den Würmern und gab den Geist auf. Das Wort Gottes aber wuchs und
mehrte sich." (Apostelgeschichte 12, 23 folgende)
Wo sind sie alle: Nero, DiokIetian, die Inquisitoren, der
Bischof Firrnian, und wie sie alle heißen, die den Kampf gegen Jesus begannen!
„Sie sind gestorben…
So wird auch einmal der letzte, große Streit des
Antichristen gegen den Herrn der Herrlichkeit ausgehen.
Wie sollte es auch anders sein? Dies „Kind" ist ja
nicht irgendeiner, sondern der, zu dem Gott gesagt hat: „Ich habe meinen König
eingesetzt auf meinem heiligen Berge Zimt" (Psalm 2).
Weil die Gemeinde Jesu das weiß, geht sie sehr getrost in
solche Kämpfe und auch in das Leiden.
Wir haben ja gar nie die Sorge, was aus der Sache Jesu werden
soll. Diese Sache Jesu ist ein- für allemal entschieden. Nein, wir haben eine
ganz andere Sorge: dass wir bei Jesus bleiben; dass die Stürme der Zeit und die
drohenden Herodese uns nicht verführen oder unser Herz weich machen, dass wir
Ihn verlassen.
Seine Sache ist schon gerettet. Es geht nur darum, dass Er
uns errettet, dass wir nicht mit jenen sterben. Amen.
(eigene Melodie)
Verzage nicht, du Häuflein klein,
Obschon die Feinde willens sein,
Dich gänzlich zu verstören,
Und suchen deinen Untergang,
Davon dir wird recht angst und bang;
Es wird nicht lange währen!
1. Sonntag nach Epiphanias
Gehet hin in alle
Welt und lehret alle Völker.
Matthäus 28, 19
Als ich noch zur Schule ging, führte mich mein Schulweg an
dem Verwaltungsgebäude einer großen Firma vorüber, die in allen Erdteilen ihre
Ingenieure hatte. über diesem Gebäude standen, in Stein gehauen, ein Europäer,
ein Indianer, ein Neger, ein Asiat und ein Australier. Und darüber die stolzen
Warte: „Die Welt ist mein Feld."
Das Wort hat damals dem kleinen Jungen mächtig imponiert.
„Die Welt ist mein Feld." Welcher Stolz spricht aus diesem Worte des
wagenden Kaufmannes und Technikers.
„Die Welt ist mein Feld", so sagen erst recht wir
Jünger Jesu. Seitdem der Herr Jesus auf dem Berge der Himmelfahrt Seinen
Jüngern den Befehl gab: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker",
seitdem muss es in der Gemeinde Jesu heißen: „Die Welt ist mein Feld."
Es ist im Laufe der Zeiten je und dann so gewesen, dass der
Blick der Gemeinde sich verengte. Eigene Nöte, Sorgen und Kämpfe nahmen sie
gefangen, dass sie ihre Welt-Aufgabe nicht mehr sah. Aber dann hat der Herr
immer selbst wieder eingegriffen und den Missionsgeist neu erweckt. Da war es,
als schrecke die gläubige Gemeinde aus dem Schlaf auf, dass sie wieder hörte
das Wort und den Befehl ihres Herrn: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle
Völker."
„Die Welt ist mein Feld." Jünger Jesu – heraus aus den
Unterständen! Reibt euch die Augen! Schaut euch um! In allen Erdteilen wehen
die Kreuzesfahnen unseres Königs. Überall sind heiße Schlachten im Gange
zwischen Licht und Finsternis. Auf vielen Straßen ziehen die Boten unseres
Heilandes.
Es ist unsere Sache! Wir sind gerufen, teilzunehmen. Es geht
uns an! Wir dürfen mithelfen beten, kämpfen und – lieben. Amen.
(Melodie: Dir, dir, Jehova, will ich singen)
O dass doch bald dein Feuer brennte,
O möcht es doch in alle Lande gehn.
Ach Herr, gib doch in deine Ernte
Viel Knechte, die in treuer Arbeit stehn.
O Herr der Ernte, siehe doch darein:
Die Ernt' ist groß, die Zahl der Knechte klein.
Montag in der 1. Epiphaniaswoche
Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel
und auf Erden.
Matthäus 28, 18
Ist das denn
wahr?
Davon sehen wir
ja gar nichts. Wohl sehen wir überall das Evangelium im heißen Kampf. Und wir
sehen gewaltige und starke Mächte in dieser Welt, die viel mächtiger scheinen
als Jesus und Sein Werk.
Wie kann denn
Jesus sagen: „Mir ist gegeben alle Gewalt"? Nun, es hat Ihm gefallen,
diese Seine Macht und Gewalt nach außen zu verhüllen. Aber Er richtet sie auf
und beweist sie still und heimlich in Menschenherzen.
Als Jesus dies
Wort sagte: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden", da sah
Er im Geiste die himmlischen Heerscharen und die vollendete Gemeinde, die im
Himmel Ihm, dem Lamm Gottes, Ehre und Anbetung geben. Aber Er sah auch all die
vielen Herzen, die, von der Gewalt Seiner Liebe bezwungen, Ihn als ihren König
anerkennen.
Darum wollen
wir mit Freuden hier die frohe Botschaft bezeugen, weil wir wissen: Er hat
Gewalt über die Herzen. Und in dieser Gewissheit gehen die Boten Jesu in die
Welt hinaus auf die Missionsfelder in allen Erdteilen: Jesus ist Gewalt gegeben
über die Herzen.
So breitet sich
Sein Königtum heimlich aus. Keine Landkarte nennt es. Und wenn die Mächtigen
der Erde um Länder streiten, wird Jesus nicht genannt. Aber heimlich erobert Er
die Herzen derer, die verzagt sind; derer, die unter Sünde und Schuld seufzen.
Doch nicht
immer wird Jesus so heimlich und verborgen bleiben. Es kommt der Tag, wo Er
hervorbricht in Herrlichkeit. Da werden die Schleier vor der ewigen Welt
zerreißen, und alle Zungen müssen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist.
Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gottes Segen)
Jesus Christus herrscht
als König,
Alles wird ihm untertänig,
Alles legt ihm Gott zu
Fuß;
Aller Zunge soll bekennen,
Jesus sei der Herr zu
nennen,
Dem man Ehre geben muss.
Dienstag in der 1. Epiphaniaswoche
Ein Mensch war zu Jerusalem mit Namen
Simeon; der war gottesfürchtig, und der heilige Geist war in ihm. Er kam aus
Anregen des Geistes in den Tempel.
Lukas 2, 25+27
Es fällt uns
Menschen furchtbar schwer zu gehorchen. Wie lehnt sich in einem jungen oft
alles auf, wenn er gehorchen soll! Wie sauer wird es manchem Rekruten, Befehle
zu befolgen!
Und wie schön
ist darum der Urlaub! Wie willkommen sind die Ferien!
Weil es so mit
dem Menschenherzen steht, ist es kein Wunder, dass viele es als hart empfinden,
dass da ein Herr ist, der unseren Gehorsam fordert: der lebendige Gott. Die
meisten Menschen wollen Urlaub von Ihm nehmen und ihr eigener Herr sein.
Wie anders der
Simeon! Fast in jedem Satz, der von ihm gesagt ist, kommt zum Ausdruck: Dieser
Mann hat sich freudig mit seinem ganzen Leben unter den Gehorsam gegen Gott
gestellt!
„Der war
gottesfürchtig." Das ist es! Er nahm Gott ganz ernst. – Tun wir das auch?
„Der Heilige
Geist war in ihm." Es ist klar: Der Heilige Geist wohnt nicht in einem
Herzen, das Gott widerstrebt. Ist unser Inneres wie eine Räuberhöhle, wo
Leidenschaften, Sinnenlust, Ehrgeiz, Gottlosigkeit, Geldgier, Lieblosigkeit
toben, wüten, dann ist für den Heiligen Geist kein Raum.
„Er kam auf
Anregen des Geistes in den Tempel." – Wir kennen auch solch innere
Mahnungen. Auch uns hat Gott durch Seinen Geist im Gewissen manchmal gerufen.
Wie oft haben wir solches Mahnen des Heiligen Geistes überhört!
Gott schenke
uns ein gehorsames Herz. Amen.
(Melodie: Schmücke dich, o
liebe Seele)
Herrsche auch in meinem
Herzen
Über Zorn, Furcht, Lust
und Schmerzen,
Lass mich deinen Schutz
genießen,
Gläubig dich ins Herze
schließen,
Ehren, fürchten, loben,
lieben
Und mich im Gehorsam üben,
Hier mit ringen, dulden,
streiten,
Dort mit herrschen dir zur
Seiten.
Mittwoch in der 1. Epiphaniaswoche
Ein Mensch war zu Jerusalem mit Namen
Simeon. Derselbe wartete auf den Trost Israels … Und da die Eltern das Kind
Jesus in den Tempel brachten, da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott.
Lukas 2, 25 folgende
Offene Augen
sollten wir haben!
„Na!“ denken
wir, „die habe ich doch."
Gewiss, es geht
den meisten Menschen nach den Worten des Dichters Gottfried Keller: „Trinkt,
ihr Augen / was die Wimper hält / von dem goldnen Überfluss der Welt.“
Aber wenn die
Bibel von offenen Augen spricht, dann meint sie nicht die Augen, die wir im
Kopf haben. Dann spricht sie meist von den Augen des inwendigen Menschen.
Der Simeon
hatte solche offenen Augen. Das wird ganz deutlich aus dem Wenigen, was von ihm
erzählt wird.
Offene Augen hatte er zunächst einmal für Gottes Wort. „Er
wartete auf den Trost Israels.“ Er hatte also im Alten Testament gelesen, dass
Gott Seinem Volke einen lieblichen Trost senden wollte. Er glaubte das von
ganzem Herzen und wartete in fester Zuversicht auf seinen Heiland. So wurde
sein ganzes Leben von der Bibel bestimmt. – Wie gut, wenn Gott einem Menschen
die Augen für die Bibel auftut! Dann spricht man fröhlich: „Dein Wort ist
meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“
Der Simeon
hatte aber auch offene Augen für Jesus selbst. Wir müssen uns das richtig
vorstellen: Da ist der Tempelplatz in Jerusalem. Ein großes Volksgewühl! Durch
die Menge kommt eine schlichte Frau und trägt ein Kind auf dem Arm. Keinem
fällt das besonders auf.
Aber der Simeon hat offene Augen. Und er sieht: Dies Kind
ist der Heiland, der Erretter, der Seligmacher. Simeon stößt sich nicht an der
Niedrigkeit dieses Kindes. Er „sieht seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als
des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit."
Gott helfe uns
dazu, dass auch wir in Jesus unseren Herrn und Heiland erkennen und Ihn mit
allen Heiligen loben und preisen. Amen.
Donnerstag in der 1. Epiphaniaswoche
Ein Mensch war zu Jerusalem mit Namen
Simeon. Dem war eine Antwort geworden von dem heiligen Geist, er sollte den Tod
nicht sehen, er hätte denn zuvor den Christus des Herrn gesehen.
Lukas 2, 25-26
In Württemberg
gibt es einen köstlichen Ausdruck für Leute, die sich um Kleinigkeiten
verzanken. Da sagt man zu solchen Leuten: „Du bist ein
Kleinigkeitskrämer." Dieser Ausdruck will sagen: Du verlierst das Große
aus dem Auge und bist einer, der sich in Kleinigkeiten verliert.
Wer möchte wohl
gern ein „Kleinigkeitskrämer" sein? Wohl keiner! Und doch: die meisten
Menschen sind kümmerliche Kleinigkeitskrämer. Lasst uns nur einmal eine
Rundfrage veranstalten: „Was ist dir in deinem Leben die Hauptsache?"
Beförderung? Ehre bei Menschen? Eine sichere Stellung? Geld? Vergnügen? Lust?
Ach, das sind
ja Kleinigkeitskrämereien! Wir sollten beten lernen: „Ewigkeit / in die Zeit /
leuchte hell herein / dass uns werde klein das Kleine / und das Große groß
erscheine. / Selige Ewigkeit!" Dem Simeon war das Große groß geworden, ihm
war die Hauptsache: Friede mit Gott für Zeit und Ewigkeit.
Es steht da im
Text: „Ihm war eine Antwort geworden.“ Wo eine Antwort ist, ist gefragt worden.
Ja, der Simeon hatte geforscht und gefragt, wie man Frieden mit Gott bekommen
könnte.
Und er bekam
eine vorläufige Antwort: „Den Frieden mit Gott kannst du dir nicht erringen.
Den bringt dir einer frei und umsonst: der Christus Gottes."
Und nun geht es
diesem Mann ein Leben lang um die Hauptsache: um den Christus Gottes. Und als
er Ihn gesehen hat, da jubelt er: „Herr, nun läsest du deinen Diener in Frieden
fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen."
Gott mache aus
uns Kleinigkeitskrämern Leute, wie der Simeon war! Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Seele, was ermüd'st du
dich
In den Dingen dieser
Erden,
Die doch bald verzehren
sich
Und zu Staub und Asche
werden:
Suche Jesum und sein
Licht,
Alles andre hilft dir
nicht.
Freitag in der 1. Epiphaniaswoche
Es war eine Prophetin, Hanna, die war
wohl betagt und hatte gelebt sieben Jahre mit ihrem Manne nach ihrer
Jungfrauschaft … die kam nimmer vom Tempel und diente Gott.
Lukas 2, 36 folgende
Hanna – das
heißt „Anmut". Hanna war also wohl ein hübsches, anmutiges Mädchen.
Ein junges hübsches Mädchen in der Großstadt Jerusalem, wo
viele Fremde hinkamen, wo viel Luxus und Üppigkeit war durch den Hof des römischen
Landpflegers, wo eine große Garnison war – ja, Hanna stand in einer Welt voll
Versuchung. Das Bibelwort deutet uns an, dass die anmutige Hanna rein durch
diese Großstadt ging. Gottes Gesetz und heiliger Wille waren ihr von früher
Jugend an wichtig. Vielleicht liest dies jemand, der eine beschmutzte Jugend
hinter sich hat: Wie wird dir beim Anblick dieser reinen Hanna?!
Dann kam in dem
Leben der Hanna eine kurze glückliche Ehe. Sie lebte sieben Jahre – nicht neben ihrem Manne, sondern mit ihrem Manne. Und dann bricht das
Leid in das Leben dieser jungen Frau. Der Mann stirbt. Tiefer Schmerz!
Was tun die
meisten Menschen, wenn ihr Herz verwundet ist? Sie suchen Trost bei der Welt.
Nun, die Hanna weiß Besseres. Sie lässt ihre Augen nicht in die Welt laufen.
Sie flieht an das Herz Gottes.
Es gibt keinen
anderen Weg, unser Leid zu stillen, als diesen Weg zum Herzen Gottes. Er
verspricht: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet."
Und Gott
erkannte Hanna an. Er schenkte ihr besondere Offenbarungen. Es heißt in der
Bibel: „Sie war eine Prophetin." Es werden in der ganzen Bibel nur vier
Prophetinnen genannt. Eine von diesen vieren ist die Hanna.
Ein Leben aus
einem Guss: Von Gott bewahrt in den Versuchungen, unter den segnenden Händen
des Herrn im Glück, vom lebendigen Gott getröstet im Leid, in der Armut reich
geworden in Gott. Amen.
(Melodie: Ringe recht,
wenn Gottes Gnade)
Gott wills machen, dass
die Sachen gehen, wie es heilsam ist.
Lass die Wellen sich
verstellen; wenn du nur bei Jesu bist.
Sonnabend in der 1. Epiphaniaswoche
Es war eine Prophetin, Hanna, die kam
nimmer vom Tempel und diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht.
Lukas 2, 36 folgende
Es ist etwas
Großes um solche treuen Knechte und Mägde Gottes, die nur einen Willen und eine
Leidenschaft kennen: dem Herrn zu dienen. Und Gott hat solche Leute lieb.
Und doch, es
liegt ein Seufzen über solchem Knechtsdienst, denn kein Mensch kann vor Gott
durch Werke gerecht werden. Auf dem Weg, wo man Gott durch Werke gefallen will,
bleibt man ewig ein Schuldner Gottes. Im Galaterbrief lesen wir das harte Wort:
„Die mit des Gesetzes Werken umgehen, die sind unter dem Fluch. Denn es steht
geschrieben: Verflucht sei jedermann, der nicht bleibt in alle dem, was
geschrieben steht in dem Buche des Gesetzes, dass er's tue. Dass aber durchs
Gesetz niemand gerecht wird vor Gott, ist offenbar."
So liegt es wie
ein Seufzen über dem Leben der Hanna: „Sie diente Gott mit Beten und Fasten Tag
und Nacht." Ein treuer Gottesdienst und doch – obwohl Gott ihr
Offenbarungen schenkt und sie Beweise Seiner Liebe erfahren darf – sie bleibt
eine Magd Gottes. Aber sie ist kein Kind Gottes. Ihr Gewissen und das Gesetz
bezeugen ihr, dass sie vor Gott so nicht gerecht sein kann.
Aber nun weiß
Hanna aus mancherlei Verheißungen des Alten Testamentes: Dieser Magddienst ist
nicht das Letzte. Es steht noch aus die größte und herrlichste Offenbarung
Gottes, die uns zu Kindern Gottes macht. Sie wartet auf den neuen Weg zu Gott:
„Der Gerechte wird seines Glaubens leben." Und sie hat nicht umsonst
gewartet. Es kam die Stunde, da sie den Heiland schauen durfte.
Wir können gar
nicht dankbar genug sein, dass uns in Jesus dieser neue Weg des Glaubens und
der Gnade eröffnet ist. Nun fängt unser Verhältnis zu Gott nicht mehr so an, dass
wir Ihm dienen. Nun ist es vielmehr so, dass Er uns dient und Sein Leben zu
unserer Erlösung hingibt. Amen.
2. Sonntag nach Epiphanias
Hanna trat auch hinzu zu derselben
Stunde.
Lukas 2, 38
Das war die
Stunde, die Gott der Hanna schon lange zugedacht hatte. Die Maria trägt
ahnungslos das Kind Jesus in den Tempel. Sie weiß nicht, dass das die
Gottesstunde für die alte Hanna ist. Die Gottesstunde, wo Gott der Hanna den
Heiland zeigt und schenkt und offenbart. Die Stunde, wo Gott dieser treuen Magd
die letzte Tür aufschließt, dass sie eingehen darf als Kind Gottes, wo die
Gnade sie umfängt.
O diese Stunde,
die Gott einem Menschen bereitet, wo Er einem Menschen selber die Tür zum
Himmelreich öffnet!
Die Hanna hat
demütig auf die Stunde gewartet und sich nach ihr ausgestreckt. Sie war also
gerüstet und bereit für diese ihre Gnadenstunde.
Der
Erweckungsprediger Henhöfer, der im vorigen Jahrhundert wirkte, brachte einmal
dafür ein drastisches Beispiel. Damals gab es noch keine Eisenbahnen. Einmal am
Tag fuhr die Postkutsche. Die steht bereit und wartet auf Fahrgäste. Da kommen
ein paar rechtzeitig und steigen ein. Jetzt muss der Postillion eigentlich
abfahren. Aber er denkt: Vielleicht hat sich einer verspätet. Also macht er
langsam. Er nimmt dem Pferd die Decke ab. Richtig, da kommt einer gelaufen.
Jetzt setzt
sich der Postillion auf den Bock. Da kommt noch einer gerannt und steigt ein. –
Der Postillion zögert. Er nimmt sein Horn und bläst noch ein Stücklein. Dann
fährt er ab. Kaum ist der Wagen zum Stadttor hinaus, kommen noch zwei gerannt.
Sie hatten sich in der Stadt aufhalten lassen. Da stehen sie nun. Die Post ist
weg. Es ist zu spät.
So ist es mit
dem. Gnadenwagen deines Heilandes! Er wartet lange auf dich. Er zögert deine
Stunde hinaus, so lange Er kann. Aber es kann auch zu spät sein.
Die Hanna war
bereit zu ihrer Stunde.
Erkenne die
Zeit, darin der Herr dich heimsucht! Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Wahr ist's: Gott ist wohl
stets bereit
Dem Sünder mit
Barmherzigkeit;
Doch wer auf Gnade sündigt
hin,
Fährt fort in seinem bösen
Sinn
Und seiner Seele selbst
nicht schont,
Dem wird mit Ungnad'
abgelohnt.
Montag in der 2. Epiphaniaswoche
Hanna trat auch hinzu zu derselben
Stunde und pries den Herrn.
Lukas 2, 38
Früher einmal
heißt es von dieser Hanna: „Sie diente Gott mit Beten und Fasten Tag und
Nacht." Das klingt wie ein Seufzen. Es war ein Ringen um Gott. Da war die
tägliche Furcht vor Ihm. Es war die Angst, man könnte Ihm missfallen und
verloren gehen. Ja, viel Tränen und Furcht stehen hinter diesem ernsten
Gottesdienst.
Wie anders
heißt es jetzt! „Sie pries den Herrn."
Jetzt hat sie
gelernt: Ich kann meine Seligkeit nicht schaffen und verdienen. „… es ist doch
unser Tun umsonst / auch in dem besten Leben." Aber – so weiß jetzt Hanna
– der Herr Jesus, den ich da gefunden habe, der hat mir mein Heil und meine
Seligkeit frei und aus Gnaden gebracht.
Das heißt ja
glauben: Man schaut nicht mehr auf sich, nicht auf seine Tüchtigkeit und seine
guten Werke – auch nicht auf sein Elend und seine Sünde. Man schaut auf den
Heiland, den Erlöser und Seligmacher, und preist Gott.
Es gibt viele so
genannte Christen, die kommen innerlich nicht weiter, weil sie immer bei sich
selbst stehen bleiben, weil sie immer wieder sich ansehen, Gelingt es ihnen ein
wenig, den Willen Gottes zu tun, dann werden sie gleich stolz und sicher. Hat
es aber eine Niederlage in ihrem Leben gegeben, dann sind sie verzweifelt. Die
Bibel jedoch lehrt uns (Römer 4, 5): „Dem aber, der nicht mit Werken umgeht,
glaubt aber an den, der die Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube
gerechnet zur Gerechtigkeit."
Ein
Liederdichter sagt: „Wenn ich mich selbst betrachte / so wird mir angst und
weh. / Wenn ich auf Jesum achte / so steig ich in die Höh'. / So freut sich
mein erlöster Geist / der durch des Lammes Wunden / gerecht und selig
heißt."
Lasst uns
täglich den Herrn preisen, dass wir Verlorenen einen Heiland haben. Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Aus Gnaden! merk dies
Wort: Aus Gnaden!
So oft dich deine Sunde
plagt,
So oft dir will der Satan
schaden,
So oft dich dein Gewissen
nagt.
Was die Vernunft nicht
fassen kann,
Das heut dir Gott aus
Gnaden an.
Dienstag in der 2. Epiphaniaswoche
Hanna trat auch hinzu zu derselben
Stunde und pries den Herrn und redete von ihm zu allen, die da auf die Erlösung
zu Jerusalem warteten.
Lukas 2, 38
Wenn jemand
irgendeine Kleinigkeit entdeckt hat, dann nennt ihn die Welt schon einen
„glücklichen Finder".
Wie viel mehr
ist der ein glücklicher Finder, der in Jesus seinen Herrn und Heiland gefunden
hat!
Die Hanna, von
der Lukas uns erzählt, gehört zu diesen glücklichen Findern. An ihr wird uns in
ein paar Strichen gezeigt, woran man die glücklichen Finder des Heilandes
erkennt. „Sie pries den Herrn."
Die Welt preist
anderes. Sie rühmt Menschen. Menschen rühmen sich selbst. Bei den Ausgrabungen
in Babylonien hat man alte Königsschlösser gefunden. Dort haben die Könige ihre
großen Heldentaten an den Wänden der Säle aufgezeichnet. Das ist typisch für
die Art der Welt.
Wer in Jesus
seinen Heiland gefunden hat, der preist den Herrn. Dem ist es ein täglich neues
Wunder, dass der Herr mit armen Sündern Geduld und Erbarmen hat; dass „Er
seines eigenen Sohnes nicht hat verschonet, sondern hat ihn für uns alle
dahingegeben."
Weiter heißt es
von der Hanna: „Sie redete von Jesus zu allen, die da auf die Erlösung zu
Jerusalem warteten."
Ob das wohl
viele waren? Wohl kaum! Es sind immer nur wenige, die bereit sind für Gott.
Aber im Reiche Gattes kommt es nicht auf die Zahl an. Den Wenigen konnte Hanna
das Heil bezeugen, das durch Jesus kam. Es war sicher ein schlichtes Zeugnis.
Aber an solchem Zeugnis erkennt man die „glücklichen Finder". „Wir
können's ja nicht lassen, dass wir nicht reden sollten, was wir gehört und
gesehen haben."
Sind auch in
unserem Leben die Kennzeichen der glücklichen Finder? Amen.
(Melodie: Wachet auf, ruft
uns die Stimme)
Deine Liebe, deine Wunden
/ die uns ein ew'ges Heil erfunden,
Dein treues Herz, das für
uns fleht / wollen wir den Seelen preisen
Und auf dein Kreuz so lange
weisen / bis es durch ihre Herzen geht.
Denn kräftig ist dein Wort
l es richtet und durchbohrt
Geist und Seele. Dein Joch
ist süß / dein Geist gewiss,
Und offen steht dein
Paradies.
Mittwoch in der 2. Epiphaniaswoche
Sie haben ein härter Angesicht denn ein
Fels und wollen sich nicht bekehren.
Jeremia 5, 3
Das
Erschütternde ist, dass der Prophet Jeremia diese Feststellung machen musste
nicht bei Heiden, sondern bei einem Volk, das den Namen Gottes kannte. O ja, in
Israel kannte man den Namen Gottes. Man hatte auch einen Tempel, in dem Gott
angebetet wurde. Man hatte wunderbare Gottesdienste und einen großartigen
Kultus. Und Feste hatte man! Feste, bei denen die Großtaten Gottes gefeiert
wurden.
Und doch: „Sie
haben ein härter Angesicht denn ein Fels und wollen sich nicht bekehren."
Das ist wichtig
für uns. Unser Gott will nicht in steinernen Gotteshäusern wohnen, sondern in
Herzen, die sich zu Jesus, dem Heiland, bekehrt haben. – Es kommt unserem Gott
nicht auf Gottesdienste an, in denen wir Ihm dienen. Er will, dass wir uns zu
Ihm bekehren und uns von Jesus helfen und dienen lassen. – Die großen Taten
Gottes, die Er durch Jesus getan hat, sollen wir nicht nur feiern an
Weihnachten, Karfreitag, Ostern und Pfingsten. Nein, diese Großtaten Gottes
wollen uns zur Buße rufen. – Es ist auch nichts getan mit einem schönen Kultus,
bei dem wir „seelische Erhebungen" haben. Unser Gott will eine klare
Bekehrung.
Sie wollen sich
nicht bekehren", sagt der Herr. In diesem Wort sagt Er uns, dass eine
Bekehrung nicht eine Angelegenheit des Verstandes ist oder des religiösen
Gefühls. Eine Bekehrung ist eine Sache unseres Willens. Gottes Heiliger Geist
verklärt Jesus und ruft dadurch unseren Willen auf, uns dem Herrn völlig
auszuliefern.
Es gab in
Israel viel Frömmigkeit und Religiosität. Aber „sie wollen sich nicht
bekehren". Mit diesem Wort deckt der Herr den tiefsten Schaden auf.
Vielleicht ist
das auch unser tiefster Schade. Es gibt so viele Menschen, die sind wohl
„christlich", aber nicht bekehrt. Möchten wir doch Seine Stimme nicht
vergeblich hören. Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, meins Lebens Licht)
Schaff in mir, Herr, den
neuen Geist,
Der dir mit Lust Gehorsam
leist't
Und nichts sonst, als was
du willst, will;
Ach Herr, mit ihm mein
Herz erfüll!
Donnerstag in der 2. Epiphaniaswoche
So ich im Finstern sitze, so ist doch
der Herr mein Licht.
Micha 7, 8
Welch eine
Paradoxie! Welch ein unmöglicher Gegensatz! Die Vernunft sagt: „Wie kann ich im
Finstern sitzen und doch Licht haben?"
Es ist schon
so, dass der Verstand des unerleuchteten Menschen dies Wort nie begreifen kann.
Und doch: Es
spricht die tiefste, seligste Erfahrung des Christenstandes aus.
„Wenn ich im
Finstern sitze …" – Ja, das wird immer mehr der Platz derer, die Gott zum
ewigen Leben erwählt hat. Ob sich auch das Herz entsetzt – es geht hinein ins
Dunkel. Liebgewordene Pläne zerschlagen sich. Menschen bekommen Gewalt, uns
Herzeleid anzutun. Der Tod nimmt uns die, ohne die wir fast nicht leben zu
können glauben. Krankheit lähmt unser Schaffen.
Ach! wenn das
alles wäre! Es gibt ein viel, viel tieferes Dunkel. Das ist die Finsternis der
Gerichtswolke Gottes. Unser Gewissen will nicht mehr schweigen. Wir schauen
zurück auf unseren Weg, suchen etwas Gutes, was uns helfen, uns decken könnte.
Aber da sind nur Versäumnisse, Schulden, Verfehltes. Alle unsere Sünden gehen
über unser Haupt.
In dies Dunkel
führt Gott die, die Er retten will. – Die Er retten will?! Muss es nicht
heißen: die Er verderben will? – Nein, die Er retten will! „… ist doch der Herr
mein Licht." Denn hier in der Finsternis wartet Jesus auf uns, das Licht
der Welt, voller Gnade, der Erbarmer, der Heiland.
„So ich im
Finstern sitze…" – es wird immer dunkler bis zum Ende – „so ist doch der
Herr mein Licht." Lasst uns um des herrlichen Lichtes willen getrost ins
Dunkle gehen und darin bleiben. Amen.
(eigene Melodie)
Ach mein Herr Jesu, dein
Nahesein
Bringt großen Frieden ins
Herz hinein;
Und dein Gnadenanblick
macht uns so selig,
Dass Leib und Seele
darüber fröhlich
Und dankbar wird.
Freitag in der 2. Epiphaniaswoche
Darum so seht euch vor vor eurem Geist!
Maleachi 2, 16
Eine
Warnungstafel wird hier aufgerichtet: „Achtung! Vorsehen!" – Nun, das
Leben ist ja von so vielen Gefahren bedroht, dass wir es gelernt haben, uns
vorzusehen vor allerlei Gefahren, vor schnell fahrenden Autos und vor Bazillen,
vor Ansteckung und vor Unglücksfällen.
Nun wird hier
noch eine Warnungstafel aufgerichtet. Wer sie besinnlich liest, stutzt. „Wie?
Vor meinem Geist soll ich mich vorsehen? Alle Gefahren kommen doch von außen!
Wie sollte mein Geist für mich eine Gefahr sein?"
Aber diese
Warnungstafel ist sehr, sehr ernst gemeint. Der lebendige Gott selbst hat sie
aufgerichtet. Darum können und dürfen wir nicht an ihr vorübergehen.
„Darum so seht
euch vor vor eurem Geist!" – Da sagt uns Gott also, dass unser eigener
Geist uns in große Gefahr bringen kann. Unser Geist ist wohl imstande, große
technische Fragen zu läsen. Er kann die Vergangenheit erforschen. Er kann uns
zu tüchtigen, fähigen Leuten im Leben machen.
Aber nun fängt
unser Geist an, uns über Gott zu belehren. Er denkt sich einen harmlosen Gott
aus und betrügt uns mit diesem Götzen, der doch nicht der lebendige Gott ist.
Ja, unser Geist fängt an zu bestimmen, was gut und böse sei. Und wenn unsere
Sünden gen Himmel schreien, dann ist unser Geist nicht faul, schwarz
„weiß" zu nennen und alles zu erklären und zu entschuldigen. Unser Geist
denkt sich gar einen Weg zur Seligkeit aus und meint, Gott müsse „Ja" dazu
sagen.
So betrügt uns
unser Geist um Gott und Sein ewiges Heil. „Darum so seht euch vor vor eurem
Geist." Wir wollen Gott bitten, dass Er uns gebe „den Geist der Wahrheit
und der Offenbarung zu seiner selbst Erkenntnis", den Heiligen Geist von
oben, der uns in alle Wahrheit leitet. Amen.
(Melodie: Warum sollt ich
mich denn grämen?)
Geist der Weisheit, gib
uns allen
Durch dein Licht
Unterricht,
Wie wir Gott gefallen.
Lehr uns, recht vor Gott
zu treten,
Sei uns nah und sprich Ja,
Wenn wir gläubig beten.
Sonnabend in der 2. Epiphaniaswoche
Ich will die
Finsternis vor ihnen her zum Licht machen.
Jesaja 42, 16
Das scheint auf
den ersten Blick ein sehr tröstliches Wort zu sein. In Wirklichkeit aber ist es
für den natürlichen Menschen ein sehr hartes Wort: ein Wort, das uns sagt, dass
der Herr anders mit uns handelt, als wir es möchten.
„Ich will die
Finsternis vor dir her licht
machen." Wir Menschen wandeln nicht gern in der Finsternis. Wir gehen gern
im hellen Tageslicht, wo man seinen Weg vor sich sieht. Wir haben gern
übersichtliche Verhältnisse, wo man Pläne machen und sich auf lange Sicht einrichten kann. Und wir fürchten die dunklen
Verhängnisse, wo der Abend sich vor dem Morgen fürchten muss und der neue Tag
in banger Ungewissheit steht.
Darum ist dies
Gotteswort so ein hartes Wort. Denn es spricht vom Wandern in der Finsternis
und Ungewissheit. Und es sagt uns, dass Gott uns nur für den nächsten Schritt
Licht geben will. Das dünkt uns hart.
Und doch ist es
ein so köstliches, tröstliches Wort. Es stellt das Evangelium hinein in die
harte Wirklichkeit unseres Lebens. Das ist nämlich die harte Wirklichkeit, dass
wir Wanderer in der Nacht und ihrer Finsternis sind. Oder bilden wir uns etwa
in unserer Torheit ein, wir hätten eine helle, überschaubare Straße vor uns?
Wer weiß denn, was morgen sein wird? Es gibt zerstörende Mächte genug, die
morgen bereits alle unsere Pläne über den Haufen werfen können. Es ist schon
so: Wir tappen durch Nacht und Ungewissheit.
Aber wohl dem,
der den Heiland kennt, welcher sagt: Ich will die Finsternis vor dir her licht
machen." „Vor dir her!" Ja, wie etwa einer auf einem dunklen Weg mit
einer Laterne herleuchtet. Das gibt nur zaghaftes Schreiten. Aber was tut es!
Es gibt gewisse Tritte im Licht.
Licht nur für einen Schritt. Mehr braucht's nicht. „Es ist
genug, dass ein jeder Tag seine eigene Plage habe." Amen.
(Melodie: Von Gott will
ich nicht lassen)
Kommt, Kinder, lasst uns
gehen, der Vater gehet mit;
Er selbst will bei uns
stehen bei jedem sauren Tritt;
Er will uns machen Mut,
mit süßen Sonnenblicken
Uns locken und erquicken;
ach ja, wir haben's gut.
3. Sonntag nach Epiphanias
Das ist das wahrhaftige Licht, welches
alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.
Johannes 1, 9
Seltsames Wort!
Ist das denn wahr?
Es ist doch nur
die „kleine Herde", die sich von dem Licht erleuchten lässt.
Wie kann
Johannes schreiben, Jesus sei das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet?
An diesem Wort
aber geht uns – wenn wir es fassen – gerade das Heil recht auf. Dies Wort sagt
uns: Das Heil ist da! Ganz abgesehen von unserem Glauben oder Unglauben – von
unserem Gehorsam oder unserer Sünde ist das Heil für alle Menschen da.
Wie die Sonne
aufgeht, so ist „der Aufgang aus der Höhe" gekommen. Ja, wie die Sonne
aufgeht! Sie scheint über alle und „erleuchtet alle". Nun können natürlich
Eulen sich verkriechen und Menschen, die das Dunkel lieben, die Läden zumachen.
Ja, wenn einer ganz närrisch ist, kann er sogar behaupten, der Sonnenschein sei
nur Einbildung. Wer will den Narren daran hindern?
Die Sonne
nicht. Sie widerlegt Eulen und Finsterlinge und Narren einfach, indem sie
scheint und leuchtet und strahlt.
So ist es mit
Jesus. Das ist allerdings das Unheimliche und Furchtbare, dass es so viel
Eulen, Finsterlinge und Narren gibt, dass „die Menschen die Finsternis mehr
lieben als das Licht".
Aber das Licht
ist da. Es leuchtet für alle. Es ist strahlend aufgegangen in der Krippe, es
ist hell geworden auf Golgatha und leuchtet seit der Auferstehung in lebenschaffendem,
herrlichem Glanz.
Lasst uns doch
im Licht wandeln! Amen.
(Melodie: Unser Herrscher,
unser König)
Dunkelheit die musste
weichen,
Als dies Licht kam in die
Welt,
Dem kein andres zu
vergleichen,
Welches alle Ding erhellt.
Die nach diesem Glanze
sehen,
Dürfen nicht im Finstern
gehen.
Montag in der 3. Epiphaniaswoche
Und siehe, da kam Saul vom Felde hinter
den Rindern her und sprach: „Was ist dem Volk, dass es weinet?"
1. Samuel 11, 5
Schon diese
Frage des Saul war eine Anklage.
Aus dieser
Frage klingt heraus die Beschämung: „Wie kann Gottes Volk so verzagt sein?!
Haben wir nicht d e n zum Vater, der die Seinen wie auf Adlerflügeln trägt?!
Ihr tut ja, als sei Gott gestorben!"
Da stürzen sie
auf ihn zu und erzählen ihm das Furchtbare: „Der Feind ist eingefallen in
Gottes Land! Nirgendwo ist Hilfe!"
So, nun wird
Saul ihr Weinen verstehen und auch verzagen! Aber nein! Im Gegenteil! Die Bibel
erzählt: „Da geriet der Geist des Herrn über Saul." Er tut, was zu tun
ist. Und all sein Tun ist erfüllt von Glaubenszuversicht, dass das Volk
getröstet wird, den Kampf wagt und auch gewinnt. ‑
Es wird immer
so sein, dass Gottes Volk in Not gerät. Das Volk Gottes im Neuen Bund hat
geradezu den Auftrag, dem Herrn das Kreuz nachzutragen. Und da wird es auch zu
allen Zeiten so sein, dass Gottes Volk darüber sehr verzagt und mutlos wird.
Dass doch der
Herr in solchen Zeiten Seiner Gemeinde immer den Saul schenke, den Einen, der
„sein Licht brennend" erhält und seine „Lenden gegürtet" hat!
Es braucht das
nicht immer der Stärkste oder Klügste zu sein. Ein Knabe kann es sein wie David
bei Goliath. Oder eine Frau wie Debora.
Auf die innere
Stellung kommt's an: auf die klare Bekehrung, auf den völligen Gehorsam und den
rechten Glauben. Dann kann man tun, was die Schrift befiehlt: „Stärket die
müden Hände und erquickt die strauchelnden Knie." Amen.
(Melodie: Warum sollt ich
mich denn grämen?)
Unverzagt und ohne Grauen
Soll ein Christ, Wo er
ist,
Stets sich lassen schauen.
Wollt' ihn auch der Tod
aufreiben,
Soll der Mut Dennoch gut
Und fein stille bleiben.
Dienstag in der 3. Epiphaniaswoche
Hiskia hing dem Herrn an.
2. Könige 18, 6
Es ist in den
Königsbüchern der Bibel von vielen Königen nur sehr kurz die Rede. Vieles, was
ihrer Zeit an ihnen groß erschien, ist belanglos in Gottes Büchern. Aber von
Hiskia handeln drei Kapitel. Sein Leben ist in Gottes Augen wichtig.
Warum? „Er hing
dem Herrn an."
Dieser kurze
Satz rührt an die Frage unseres
Lebens. Es gibt ja nur diese beiden Möglichkeiten: Entweder kann von uns
dasselbe gesagt werden wie von Hiskia – und dann hat unser Leben seinen ewigen
Sinn und Inhalt bekommen, und unser Name steht in Gottes Büchern, oder wir
hangen dem Herrn nicht an – und dann gehören wir zu denen, von denen der 1.
Psalm sagt: „Aber der Gottlosen Weg vergeht. ‑
„Hiskia hing
dem Herrn an." Dieser Satz spricht von Kraft. Hiskia brach damit mit der Tradition seiner Väter. Ja,
dieser fünfundzwanzigjährige junge König stellte sich damit gegen den Geist
seines ganzen Volkes. Es gehörte schon – und es gehört heute noch – kraftvoller
Trotz dazu, dem Herrn anzuhängen.
„Hiskia hing
dem Herrn an." Seltsam! Dieser kraftvolle Satz spricht von letzter,
tiefer, verzweifelter Schwachheit.
„Er hing an." Es ist wie ein Anklammern, wie ein verzweifeltes
Nicht-Loslassen. Das tut nur der, der zuvor erschrocken erkannt hat: „Ich kann
allein nicht gehen / nicht einen Schritt!" Wer in sich keine Kraft, keine
Heiligkeit, kein Leben, keinen Frieden hat, von dem kann es wohl heißen: „Er
hing dem Herrn an."
Und zum Schluss
spricht dieses Wort von der Barmherzigkeit
Gottes, der es sich gefallen lässt, dass Sünder sich an Ihn hängen. O nein,
Er schüttelt sie nicht ab; Er nimmt sie mit und rettet sie. Amen.
(Melodie: Valet will ich
dir geben)
Möcht ich an dir nur
hangen, o Gott, allein an dir!
Du hast es angefangen, das
gute Werk in mir;
O möcht'st du mir nur
senden zur Hilfe deinen Geist
Und gnädig so vollenden,
was mir dein Wort verheißt!
Mittwoch in der 3. Epiphaniaswoche
Und der König von Assyrien sandte den
Tharthan zum König Hiskia mit großer Macht gen Jerusalem. Und sie zogen herauf.
2. Könige 18, 17
Das war für den
König Hiskia eine furchtbare Enttäuschung. Denn in den Versen vorher wird
erzählt, dass Hiskia dem assyrischen König einen ungeheuren Tribut geschickt
hatte, um ihn zum Frieden zu bewegen. „Also gab Hiskia all das Silber aus dem
Hause des Herrn. Und er zerbrach die Türen am Tempel des Herrn und die
Goldbleche, die er selbst hatte drüberziehen lassen, und gab sie dem König von
Assyrien."
Betrogener
Hiskia! Alles nahm ihm dieser König der Weltmacht, durch den im Alten Testament
die selbstherrliche, gottlose Satansmacht abgebildet wird. Und nachdem er alles
genommen hat, macht er sich mit „großer Macht" auf, das Volk Gottes im
Alten Bunde zu vernichten.
„Und sie zogen
herauf.“ – Wie mag es Hiskia zumute gewesen sein! Nun lernt er etwas, was wir
alle lernen müssen: Zwischen der Macht des Satans und dem Volke Gottes gibt es
keinen Frieden.
Es hat auch im
Neuen Bunde manch ein Christ versucht, sich den Frieden zu erkaufen, indem er
allerhand preisgab. Er machte dem „Fürsten dieser Welt" Zugeständnisse.
Und er stellte sich – um des Friedens willen – der Welt so gleich wie Hiskia,
der – Tribut zahlend sich in nichts von den weltlichen Fürsten seiner Zeit mehr
unterschied.
Es hilft
nichts! Satan nimmt; und am Schluss zieht das Heer der Welt herauf, um dein
machtloses Herz in die Hölle zu bringen.
Volk Gottes, es
gibt keinen Frieden! Satan will deine Vernichtung. Darum seid Kriegsleute in
Gottes Macht! Stehet! Ziehet an den Harnisch Gottes! Amen.
(Melodie: Verzage nicht,
du Häuflein klein)
Tröste dich nur, dass
deine Sach' Ist Gottes!
Dem befiehl die Rach'
Und lass es ihn nur
walten.
Er wird durch einen
Gideon,
Den er wohl weiß, dir
helfen schon,
Dich und sein Wort
erhalten.
Donnerstag in der 3. Epiphaniaswoche
Und da Hiskia den Brief gelesen hatte,
ging er hinauf zum Hause des Herrn und breitete ihn aus vor dem Herrn und
betete: "Herr, du bist allein Gott über alle Königreiche…"
2. Könige 19, 14
„Nun hat Hiskia
völlig die Nerven verloren!" wird ein Weltmensch sagen. Erst wollte er
sich von der Weltmacht Assyrien durch einen ungeheuren Tribut den Frieden
erkaufen. Und als nun der König der Weltmacht trotzdem zur Vernichtung sich
anschickt und ihm einen hohnvollen Drohbrief schreibt, da – ja, was hätte
Hiskia denn nach der Meinung der Welt da tun sollen? Törichte Frage! Sein Heer
rüsten, Kriegsrat halten, Verhandlungen einleiten – fast hätte ich gesagt:
Telefongespräche fahren.
Nun, das alles
tat Hiskia später auch. Aber zuerst tat er etwas ganz anderes: „Er ging hinauf
zum Hause des Herrn…"
Nein, hier hat
einer nicht die Nerven verloren, sondern seinen Gott und Heiland wieder
gefunden.
Was sollte wohl
das bedrängte Volk Gottes anders tun, als dass es sich mit Ernst besinnt auf
den, der es erlöst und zu Seinem Eigentum gemacht hat?
„Hiskia
breitete den Brief aus vor dem Herrn." Er drückte damit aus: „Herr,
Drohungen gegen dein Volk sind Drohungen gegen dich." In einem Lied sagt
August H. Francke: „Denn mein Leiden ist das deine, weil ich dein bin, o mein
Gott."
Solches
Aufsehen auf den Herrn gibt neue Augen: Wie unheimlich sah vorher Assyriens
Heer aus! Aber wie gering wird es, wenn man weiß: „Herr, du bist allein Gott
über alle Königreiche." Amen.
(Melodie: Jesus, meine
Zuversicht)
Stark ist meines Jesu
Hand,
Und er wird mich ewig
fassen,
Hat zu viel an mich
gewandt,
Um mich wieder
loszulassen.
Mein Erbarmer lässt mich
nicht;
Das ist meine Zuversicht.
Freitag in der 3. Epiphaniaswoche
Nun aber, Herr, unser Gott, hilf uns aus
seiner Hand, auf das alle Königreiche auf Erden erkennen, dass du, Herr, allein
Gott bist.
2. Könige 19, 19
Ein königliches
Gebet!
Draußen droht
der Assyrerkönig mit seiner unheimlichen Macht. Und im Heiligtum betet Hiskia.
Es ist ein
königliches Gebet, das aus einem durch den Heiligen Geist geadelten Herzen
kommt, weil es ein so großes Ziel im Auge hat: die Ehre Gottes.
„Nun aber,
Herr, unser Gott, hilf uns…", so beten viele. Aber hier bricht Hiskias
Gebet nicht ab. Die Befreiung vom Druck ist ihm erst das Vorletzte. Das
Wichtigste ist ihm: „… auf dass alle Königreiche auf Erden erkennen, dass du,
Herr, allein Gott bist."
Nicht ein
einzelnes kleines Leben, sondern die Ehre Gottes ist die Achse, um die das
Leben der Gemeinde Jesu Christi schwingt.
Es geht dem Feind ja auch nur um die Ehre Gottes.
Die will er zertreten und schänden. Darum tastet er die Gemeinde an. So lästert
der Assyrer: „Wo ist ein Gott unter aller Lande Göttern, die ihr Land haben von
meiner Hand errettet, dass der Herr sollte Jerusalem von meiner Hand
erretten?"
Um die Ehre
Gottes geht es dem Feind. Und darum hat er sein Ziel fast erreicht, wenn es der
Gemeinde Gottes nicht mehr um Gottes Ehre geht, wenn sie angstvoll nur noch um
sich besorgt ist.
Darum ist dies
Gebet Hiskias ein königliches Gebet, weil es Gottes Ehre im Auge hat. Solchen
großen Sinn schenkt der Heilige Geist. Amen.
(Melodie: Wunderbarer
König)
Majestätisch Wesen, möcht
ich recht dich preisen
Und im Geist dir Dienst
erweisen!
Möcht ich wie die Engel
immer vor dir stehen
Und dich gegenwärtig
sehen!
Lass mich dir für und für
trachten zu gefallen,
Liebster Gott, in allem.
Sonnabend in der 3. Epiphaniaswoche
Das Geheimnis des Herrn ist unter denen,
die ihn fürchten; und seinen Bund lässt er sie wissen.
Psalm 25, 14
Es gehört zu
der wundersamen Botschaft der Bibel, dass Gott sich gern Menschen anvertrauen
möchte. So hat sich Gott dem Abraham anvertraut, als Er mit ihm auf dem Wege
vom Hain Mamre nach Sodom war. „Wie kann ich Abraham verbergen, was ich
tue!" sagt Er. (1. Mose 18, 17.) – So hat sich Gott dem Mose anvertraut,
wenn Er mit ihm redete, „wie ein Freund mit seinem Freunde redet". Und der
103. Psalm weiß das als ganz besonders anbetungswürdig zu rühmen: „Er hat seine
Wege Mose wissen lassen."
Auch unter uns
sucht Gott Menschen, denen Er sich anvertrauen kann, denen Er Sein
„Geheimnis" mitteilen kann, die Er „seinen Bund wissen" lassen kann.
Nun ist es uns
wohl allen klar: Gott kann sich nicht jedem Beliebigen anvertrauen. Er sagt uns
selbst, dass dazu wenigstens eine
Voraussetzung erfüllt sein muss.
Das ist ja nun
eine überaus wichtige Frage: Welche Voraussetzung müsste bei mir erfüllt
werden, damit Gott in meinem armen Leben das Wunder tun könnte, mich zu Seinem
Vertrauten zu machen?
Gott sieht
dabei nicht darauf, welche Stellung einer in der Welt einnimmt. Er fragt auch
nicht danach, ob wir besonders klug sind oder welchen Bildungsgang wir haben.
Er sieht auch nicht auf unsere „moralischen Qualitäten". Er sieht nur nach
einem: ob man Ihn fürchtet. Die Furcht vor Gott spielt eine große Rolle im
geistlichen Leben.
Gott
verschließt sich den Oberflächlichen, den Selbstgeredeten, den Schwätzern, den
Kraftmeiern, den Sicheren. Aber die erschrockenen Gewissen und aufrichtigen
Herzen, die Bußbereiten und die, welche aus der Wahrheit sind, erfahren Sein
Geheimnis: dass Er in Jesus einen Bund gemacht hat und in Jesus eine Gemeinde
der Zukunft sammelt für eine neue Welt. Möchten wir doch zu Gottes Vertrauten
gehören! Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, meins Lebens Licht)
Schaff in mir, Herr, den
neuen Geist,
Der dir mit Lust Gehorsam
leist't
Und nichts sonst, als was
du willst, will;
Ach Herr, mit ihm mein
Herz erfüll.
4. Sonntag nach Epiphanias
Gott ruhte am siebenten Tage von allen
seinen Werken, die er machte.
1. Mose 2, 2
„Gott
ruhte." – Das war nicht die Ruhe der Erschöpfung, welcher der Mensch sich
hingibt nach einem arbeitsreichen Tag. Gott ist nie „erschöpft“. „Der ewige
Gott wird nicht müde noch matt“ (Jesaja 40, 28).
„Gott ruht…" Das heißt: Hier ist Vollendung! Gott hat
ein Werk vollbracht. „Gott ruht." Die von Ihm erschaffene Welt liegt im
Sonnenglanz des siebenten Tages in herrlicher Vollendung, und alle Kreaturen
preisen den, der sie geschaffen hat.
Gottes Ruhen
bedeutet: Hier ist Vollendung!
So wird dieser
erste Sabbat der Welt ein Vorbild und Hinweis auf einen anderen Sabbat, an dem
Gott wieder ein Werk „vollendet" hatte, auf den Sabbat nach dem
Karfreitag. Da hat Er nach dem Werk der Schöpfung das noch wunderbarere Werk
unserer Erlösung vollbracht. Wir spüren etwas von diesem göttlichen Ruhen nach
dem Kampf, wenn es sogar von den Freunden Jesu heißt: „Den Sabbat über waren
sie stille nach dem Gesetz."
„Gott ruhte am
siebenten Tage." Welcher Freudenglanz lag wohl an jenem Tage über der
vollendeten Welt! Unendlicher Jubel liegt über diesem ersten „siebenten
Tag".
Und so wird er
ein Vorbild und Hinweis auf unseren Sabbat, auf den ersten Sonntag der
Christen. Das ist der Auferstehungstag Jesu Christi: „Christ ist erstanden /
von der Marter alle I des soll'n wir alle froh sein…"
Weil Gott in
Schöpfung und Erlösung alles für uns getan und vollendet hat, darum dürfen wir
nun heute recht Sabbat halten. Wir dürfen ruhen und uns freuen in Seinem
herrlichen Tun für uns. Amen.
(Melodie: Jesus, meine
Zuversicht)
Meine Seele senket sich
hin in Gottes Herz und Hände
Und erwartet ruhiglich
seiner Wege Ziel und Ende,
Liegt fein stille, nackt
und bloß
In des liebsten Vaters
Schoß.
Montag in der 4. Epiphaniaswoche
Jesus sprach: „Ich bin das Licht der
Welt."
Johannes 8, 12
Wie tröstlich
kann ein Licht sein!
Wer einmal so
recht durch die Nacht geirrt ist, der weiß es, wie das Herz neuen Mut gewinnt,
wenn man irgendwo ein Licht sieht. Auch wenn man noch gar nicht weiß, was das
für ein Licht ist – man glaubt doch: Da muss Hilfe sein und Wegleitung und das
Ende aller Not und allen Verirrtseins.
Wenn der Herr
Jesus hier nun ruft: „Ich bin das Licht der Welt", dann will Er uns damit
Vertrauen erwecken und Mut machen, doch zu Ihm zu kommen, auch wenn wir Ihn
noch gar nicht kennen und wenig von Ihm wissen und verstehen. Ehe einer den
Reichtum Seines Heiles und die Tiefen Seiner Erlösung begreift, darf er
glauben: Bei Jesus ist Hilfe und Wegleitung und das Ende aller Not und allen
Verirrtseins.
So ist dies
Wort Jesu ein freudenvolles Wort, gefüllt mit Trost.
Aber es ist
auch ein hartes Wort. Ein Gerichtswort für die Welt. Ein Licht brauchen wir
nur, wenn es finster ist. Wenn Gott Seinen eingeborenen Sohn als „Licht"
in die Welt gesandt hat, dann spricht Er damit aus, dass in der Welt die Nacht
hereingebrochen ist. Die Welt ist eine Welt der Finsternis und Sünde.
Dies harte
Urteil Gottes will unserm stolzen Sinn nicht passen. Aber wer nun leugnet, dass
die Welt voll Finsternis sei, der lästert Gott und sagt, Gott sei ein Narr,
weil Er am hellen Tag ein Licht gegeben habe. –
Wir müssen auch
darauf achten, dass der Herr Jesus nicht sagt: „Ich bin ein Licht in der Welt." Er sagt: „Ich bin das Licht." Damit sind wir in die letzte Entscheidung
gedrängt. Entweder bleiben wir in der Nacht, oder wir laufen zu Jesus. Amen.
(Melodie: Gelobet seist
du, Jesu Christ)
Das ew'ge Licht geht da
herein,
Gibt der Welt ein' neuen
Schein.
Es leucht't wohl mitten in
der Nacht
Und uns des Lichtes Kinder
macht. Halleluja!
Dienstag in der 4. Epiphaniaswoche
Betet für mich, den Boten des
Evangeliums in der Kette, dass ich freudig handeln möge.
Epheser 6, 20
Christen sind
hochgemute, unüberwindliche Leute, wenn sie wirklich „in Christus“ sind. Das
wird an diesem ungeheuer großen Wort des Paulus deutlich.
„In der
Kette" ist er, als Gefangener in Rom.
Das heißt, er
ist getrennt von der Gemeinschaft, die einem Christen Lebensbedürfnis ist. Er
hat nicht mehr die Möglichkeit, seine Brüder in Ephesus aufzusuchen, mit ihnen
zu reden und ihre Liebe zu erfahren. – Ist es wirklich so?
„Nein",
sagt Paulus, „ich bin nicht getrennt von der Gemeinschaft. Meine Brüder beten
für mich. Vor dem Thron der Gnade treffen wir uns. Ihre Fürbitte ist ein
spürbares, lebendiges Band der Gemeinschaft." –
„In der Kette“
ist Paulus. Er, der dem Herrn die Welt erobern wollte, ist lahm gelegt.
Lahm gelegt?
„Nein", sagt Paulus, „ich bin in Amt und Dienst auch hier. Ich bin auch in
der Kette ein Bote des Evangeliums. Mit Zeugnis vor allen denen, die mich
sehen, und mit Fürbitte für alle Gemeinden und für alle Menschen richte ich
meinen Dienst aus."
„In der
Kette" ist Paulus. Er ist ein Gefangener. Und Gefangenschaft ist
schrecklich. Sie ist ungeheuer schwer gewesen für so einen feurigen,
temperamentvollen Menschen wie Paulus. Und wie hat wohl sein Stolz als
römischer Staatsbürger unter der endlosen Haft gelitten!
Da sollte man
doch meinen, es sei genug, wenn Gott Tag für Tag Kraft gibt zum Leiden.
„Nein", sagt Paulus, „der Herr gibt mehr. Ich darf und soll freudig
handeln."
Dass wir doch
durch Gottes Gnade zu so hochgemuten Leuten würden! Amen.
(Melodie: Es glänzet der
Christen)
Sie wandeln auf Erden und
leben im Himmel,
Sie bleiben ohnmächtig und
schützen die Welt;
Sie schmecken den Frieden
bei allem Getümmel,
Sind arm, doch sie haben,
was ihnen gefällt.
Sie stehen in Leiden und
bleiben in Freuden,
Sie scheinen ertötet den
äußeren Sinnen
Und führen das Leben des
Glaubens von innen.
Mittwoch in der 4. Epiphaniaswoche
Lass dir nicht grauen vor ihnen; denn
der Herr, dein Gott, ist unter dir, der große und schreckliche Gott.
5. Mose 7, 21
Das ist ein
Wort Gottes, mit dem sehr viele Menschen zeit ihres Lebens nichts anfangen
können. Denn längst nicht alle Menschen werden auf ihren Lebenswegen an die
furchtbaren Abgründe herangeführt, wo „das Grauen" beginnt. Aber für die,
welche so geführt werden, ist dies Wort aus Gottes Mund ein herrliches Wort.
„Lass dir nicht grauen!" sagt der Herr zu Seinem
alttestamentlichen Volk. Gott wird sie also in solche Lagen kommen lassen, wo –
menschlich gesprochen – die Verzweiflung beginnt. So führt Gott Seine Leute. In
die tiefsten Tiefen können sie kommen, wo die Nerven einfach versagen; wo man
gar keinen Sinn und Verstand in all dem Geschehen mehr sieht; wo – wie bei
Israel – hinter uns die tödliche Wüste und vor uns nur die unübersteigbaren
Mauern Jerichos sind; wo einem entsetzlich aufgeht, was es heißt, in einer
gefallenen Welt des Todes leben. In solche unheimlichen Lagen können Gottes
Kinder kommen. Aber hier, an der Grenze des Schreckens und des Grauens, wo das
dunkle Reich der Verzweiflung und des Wahnsinns beginnt – unsere Brüder und Schwestern
in Russland kannten diese unheimliche Grenze –, da tritt uns der Herr entgegen,
der große und schreckliche Gott, unser Heiland und Vater in Jesus Christus: „Lass
dir nicht grauen!"
Wenn wir den
Herrn an dieser Grenze treffen, dann entdecken wir, dass auch um Ihn her Grauen
und Entsetzen ist. Er ist ein „schrecklicher Gott". Aber das Grauen und
der Schrecken, die von Ihm ausgehen, gelten ja nicht Seinen erschrockenen und
gequälten Kindern. Die überschüttet Er mit lauter Schutz, Trost, Frieden, Gnade,
Liebe, Freude und Seligkeit.
Schrecklich
aber ist Er den Mauern Jerichos und allen Seinen Feinden. Die Hölle und der
Teufel, die verlorene Welt und alle Feinde Jesu müssen vor Ihm erschrecken.
Aber Sein Volk wird mitten in der Angst in den Hütten des Friedens wohnen.
Amen.
(Melodie: Jesu, ewge
Sonne)
Schenk uns deinen Frieden
alle Tag hienieden;
Gib uns deinen guten
Geist, der uns stets zu Christo weist!
Donnerstag in der 4. Epiphaniaswoche
Ich habe Lust zu deinen Zeugnissen; die
sind meine Ratsleute.
Psalm 119, 24
In einer
westdeutschen Stadt steht am Rathaus schön in Stein gehauen der Satz: „Geht dir
Rat aus – geh aufs Rathaus!“
Hübsch, nicht
wahr?! Und so einfach. Ja, so einfach! Zu
einfach!
Denn die Sache
ist. so: Wenn wir in Lagen kommen, wo uns wirklich der Rat ausgeht – da hilft
uns meist kein Rathaus mehr.
Oder an welches
Rathaus etwa hätte Josef sich wenden sollen, als seine Brüder ihn als Sklaven
nach Ägypten verkauften? – An welches Rathaus hätte Moses sich wenden können,
als er mit dem verzweifelten Volk am Roten Meer stand, verfolgt von Pharao? – An
welches Rathaus wohl hätte David sich wenden können, als der Prophet Nathan ihm
seine Sünde vorhielt: „Du bist der Mann!" – Und zu welchem Rathaus hätte
Petrus sich wenden können, als dort im Hofe des hohepriesterlichen Palastes der
Hahn zum dritten Male krähte? – An welches Rathaus soll sich ein Sünder wenden,
den die Fesseln der Sünde in Banden halten, dass er mit Paulus bekennt: „Wollen
habe ich wohl – aber vollbringen das Gute finde ich nicht!"
Kurz, das ist
eben unsere Lage: Wo die wirklichen Verlegenheiten und Nöte anfangen, da hilft
uns kein Mensch mehr, da stehen wir ganz allein. –
Aber nun kommt
der Sänger des 119. Psalms und hat ein Zeugnis abzulegen, ein fröhliches,
jubelndes Bekenntnis: "Ich habe Lust zu deinen Zeugnissen; denn sie sind
meine Ratsleute." Ja, Gottes Wort ist Rat für uns, wirklicher, guter Rat –
Heilsrat Gottes. Hier ist unsere Hilfe. Amen.
(Melodie: Gott des Himmels
und der Erden)
Hilf, dass alle meine Wege
Nur nach dieser
Richtschnur gehn;
Was ich hier zum Grunde
lege,
Misse wie ein Felsen
stehn,
Dass mein Geist auch Rat
und Tat
In den größten Nöten hat.
Freitag in der 4. Epiphaniaswoche
Und der Sehenden Augen werden sich nicht
blenden lassen.
Jesaja 32, 3
Ein Schauspieler,
der auf der Bühne steht, kann die Zuschauer nicht erkennen. Das grelle
Rampenlicht blendet seine Augen.
So ist es in
der Welt. Es gibt viel Aufdringliches und Grelles, das uns blendet. Und wir
sehen nicht, was dahinter ist.
Es gibt viele oberflächliche Leute, die geben sich damit
zufrieden. Sie leben völlig vordergründig und lassen die hintergründigen Dinge
auf sich beruhen. Das sind die Leute, die eine letzte, geheime Furcht vor dem
Tode haben, denn dort kann man den ewigen und hintergründigen Dingen nicht mehr
ausweichen. Im Sterben löscht Gott alle Rampenlichter dieser Welt aus, und man muss
sehen, was man nicht sehen wollte.
Es gibt aber
auch sehr viele, denen bereitet die Blendung dieser Welt große Not und Unruhe.
Und mit brennenden Augen suchen sie die Verblendung zu durchbrechen. Doch – wir
können das nicht.
Wir können es
nicht. Gott aber kann es und will es an uns tun. Er tut es durch Seinen
Heiligen Geist! Wo der Heilige Geist in ein Herz kommt, da werden die grellen
Dinge dieser Welt abgeblendet. Da sind sie auf einmal nur noch armselige,
kleine Lichtlein.
Und nun wird
das innere Auge frei für die göttlichen Dinge.
„Das ist das
ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt
hast, Jesum Christum, erkennen" (Johannes 17, 3). Amen.
(Melodie: Nun bitten wir
den Heiligen Geist)
Du wertes Licht, gib uns
deinen Schein,
Lehr uns Jesum Christ
kennen allein,
Dass wir an ihm bleiben,
dem treuen Heiland,
Der uns bracht hat zum
rechten Vaterland.
Kyrieleis.
Sonnabend in der 4. Epiphaniaswoche
Wir wissen die Zeit, dass die Stunde da
ist, aufzustehen vom Schlaf.
Römer 13, 11
Es gibt immer
und zu allen Zeiten „Nachtvögel", die den lieblichsten und schönsten
Morgen verschlafen. Draußen ist herrlicher Morgenglanz. Sie aber haben die
Läden geschlossen und – schlafen.
Sollte man da
nicht ins Zimmer treten, die Fenster aufstoßen und rufen: „Die Stunde ist da,
aufzustehen vom Schlaf!"?
Sieh, so
macht's die Bibel: „Die Stunde ist da."
Lange Zeit war
die Stunde nicht da. Da hieß es: „Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel
die Völker." Da schien natürlich auch die Sonne, die den Tag regiert. Aber
in die dunklen Herzen und in die beladenen Gewissen fiel kein Strahl
erbarmender Gottesliebe.
Und dann traten
in der Nacht Leute auf. Die verkündigten den kommenden Tag: ein Jesaja und all
die anderen Propheten.
Und wieder
vergehen Jahrhunderte, nur Sekunden auf Gottes Uhr. Da tritt Johannes der
Täufer auf: „Der Tag bricht an! Ich sehe schon den ersten Schimmer!"
Und nun – nun
ist der Tag da! Das helle Licht der Sonne scheint in die Finsternis hinein. Die
Sonne ist Jesus, der Welt Heiland. „Ich bin das Licht der Welt!" ruft Er.
Nun ist aber
auch die Stunde da, aufzustehen vom Schlaf. O ihr, die ihr in der Sünde
schlaft! O ihr Leute mit dem schlummernden Gewissen! O ihr, die ihr wie im
Traum durchs Leben jagt oder tändelt! Wacht auf!
Es ist
schrecklich und furchtbar, wenn ein Mensch den Heilstag Gottes, der in Jesus
Christus angebrochen ist, verschläft. „Wache auf, der du schläfst, und stehe
auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten!" Amen.
(Melodie: Morgenglanz der
Ewigkeit)
Gib, dass deiner Liebe
Glut
Unsre kalten Werke töte,
Und erweck uns Herz und
Mut
Bei erstandner Morgenröte,
Dass wir, eh wir gar
vergehn,
Recht aufstehn.
5. Sonntag nach Epiphanias
Und es begab sich, da Jesus in einer
Stadt war, siehe, da war ein Mann voll Aussatz. Da der Jesum sah, fiel er auf
sein Angesicht.
Lukas 5, 12
Was fiel denn
nur diesem Manne ein? Hatte der denn ganz vergessen, dass er mit seinem Aussatz
sich nicht sehen lassen durfte? Wusste denn der nicht mehr, dass er als
Aussätziger sich von allen Menschen fernzuhalten hatte?
Oh, das wusste
dieser Mann sehr gut. Und er hat sich wohl, wie es von ihm verlangt wurde, mit
seinem Elend verborgen bis zu dieser Stunde.
Aber das war
nun eine besondere Stunde. Nun war Jesus da. Jesus, der Heiland und Retter
verlorener Menschen.
Wenn Jesus da
war, dann hatte es keinen Sinn mehr, sein Elend zu verbergen. Wenn der Helfer
kommt, muss das Elend ans Licht. Nun gab es nur noch eins: Er musste sich mit
seinem Elend Jesus in den Weg stellen.
Es gibt auch
für uns keine andere Hilfe.
Die Welt ist im
Grunde immer ratlos. Die Welt will mit unserem Elend, unserer Not, unserer Friedlosigkeit,
unserer Unruhe nicht behelligt werden. Sie müsste ja sonst ihre Ohnmacht eingestehen.
Ganz erschütternd hat das der jünger des Herrn, Judas, erfahren müssen. Er
erlebte die tiefste Not, die ein Mensch erleiden kann: Seine Sünden gingen über
sein Haupt; wie eine schwere Last waren sie ihm zu schwer geworden. Und als er
es nicht mehr aushielt, ging er zu Menschen: „Es ist nicht recht, dass ich
unschuldig Blut verraten habe." Die Menschen empfanden das als eine
Taktlosigkeit: „Da siehe du zu!"
Weil die Welt
unser Elend nicht wissen will, lernen wir es, unsere tiefsten Nöte zu verhüllen
wie der Aussätzige.
Aber nun ist
Jesus da. Vor Ihm brauchen wir nichts zu verbergen. Ihm dürfen wir all unsre
Not zeigen. „Schüttet euer Herz vor ihm aus, liebe Leute." Amen.
(Melodie: Valet will ich
dir geben)
Das schreib dir in dein
Herze, du hochbetrübtes Heer,
Bei denen Gram und Schmerze
sich häuft je mehr und mehr;
Seid unverzagt, ihr habet
die Hilfe vor der Tür;
Der eure Herzen labet und
tröstet, steht allhier.
Montag in der 5. Epiphaniaswoche
Der Aussätzige bat Jesum: „Herr, willst
du, so kannst du mich reinigen." Und Jesus sprach: „Ich will's tun; sei
gereinigt.
Lukas 5, 12-13
Wir Menschen
haben alle einen zerspalteten Willen. Bald haben wir die besten und größten
Vorsätze. Kurz nachher sind wir wieder ganz mutlos und lassen uns treiben.
Einmal geht es „himmelhochjauchzend" – und bald nachher sind wir wieder
„zu Tode betrübt". Heute möchten wir singen: „Seid umschlungen, Millionen …"
Am nächsten Tag fallen uns wieder alle Menschen auf die Nerven. – Einmal wollen
wir ernsthaft Gott dienen. Und bald nachher reißen uns wieder unsere Triebe und
Leidenschaften auf Wege, die wir nicht gehen wollen.
Wie ganz anders ist Jesus! Jesus ist der Einzige, wirklich
der Einzige, der einen klaren, unzerteilten, ganzen und niemals abgelenkten Willen hat.
„Ich
will", sagte Er zu dem Aussätzigen. Und dieses „Ich will" ist die
Parole Seines ganzen Lebens, Seines Lebens nicht nur während Seiner Erdenzeit,
sondern auch Seines Lebens, das Er als der Erhöhte zur Rechten Seines Vaters
führt.
„Ich
will", sagt Jesus. Was will Er denn? Helfen will Er! Nichts als helfen!
Wirklich helfen und erretten.
Was ist das für
eine wundersame und herrliche Sache, dass in dieser Welt dieser starke und
unzerteilte Gotteswille steht, der in Jesus Fleisch wurde, – dieser
Gotteswille, der helfen und heilen will. „Ich will das Verlorene wieder suchen
und das Verirrte wiederbringen und das Verwundete verbinden und des Schwachen
warten" (Hesekiel 34, 16).
Das ist in
Wahrheit „frohe Kunde“! Amen.
(Melodie: Seelenbräutigam)
Großer Friedefürst, wie
hast du gedürst't
Nach der Menschen Heil und
Leben
Und dich in den Tod
gegeben, da du riefst:
Mich dürst't! Großer
Friedefürst.
Nun ergreif ich dich, du
mein ganzes Ich;
Ich will nimmermehr dich
lassen,
Sondern gläubig dich
umfassen,
Weil im Glauben ich nun
ergreife dich.
Dienstag in der 5. Epiphaniaswoche
Ich aber sprach: „Ach Herr, ich tauge
nicht, zu predigen; denn ich bin zu jung."
Jeremia 1, 6
Ein unendlicher
Schrecken befällt gerade die ernstesten Christen, wenn sie den Auftrag
bekommen, Zeugen ihres Herrn in einer widerstrebenden und gottlosen Welt zu
sein.
So ging es auch
dem Jeremia, als das Wort des Herrn zu ihm geschah. Jeremia ist zu Tode
erschrocken: „Ach, Herr, Herr, ich tauge nicht zu predigen, denn ich bin zu
jung.“
„Ich bin zu
jung im Glauben“, sagen wir, wenn der Auftrag an uns ergeht, und wollen uns
erschrocken zurückziehen.
Und wie war es
hei Mose? Als der Herr ihn in der Wüste am Horeb berief, da entschuldigte er
sich: „Ich habe eine schwere Zunge." – „Mir liegt das nicht", sagen
wir, wenn der Ruf des Herrn an uns ergeht, Seine Zeugen zu sein.
Wie gut
verstehen wir den Propheten Jona, der einfach die Flucht ergriff, als der Herr
ihn zum Zeugen berief!
„Ich tauge
nicht!" Das ist ein wahres Wort. Wer sollte auch wohl tauglich sein,
Gottes Mitarbeiter zu werden!
Aber seltsam – so
richtig dieses Wort ist – Gott lässt es trotzdem nicht gelten. Gott überwand
den Jeremia und machte ihn zu einem gewaltigen Zeugen. Und so überwand Gott den
Mose. Und den Jona?
Und so lässt
auch uns der Herr nicht los mit Seiner Forderung: „Ihr sollt meine Zeugen
sein!" Und wenn wir tausendmal nicht taugen – durch diese Forderung macht
der Herr offenbar, dass Er Sein Reich bauen will mit untauglichen Mitteln und
Leuten, auf dass Er allein den Ruhm habe. Das ist Gottes Art, „dass mit
zerbrochenen Stäben / er seine Wunder tat / und mit geknickten Reben / die
Feinde untertrat." Amen.
(Melodie: Ein feste Burg
ist unser Gott)
Mit unsrer Macht ist
nichts getan, wir sind gar bald verloren;
Es streift für uns der
rechte Mann, den Gott selbst hat erkoren;
Fragst du, wer der ist? Er
heißt Jesus Christ,
Der Herr Zebaoth, und ist
kein andrer Gott,
Das Feld muss er behalten.
Mittwoch in der 5. Epiphaniaswoche
Denn ich wusste nicht, dass sie wider
mich beratschlagt hatten.
Jeremia 11, 19
Ein Wanderer
durchstreift das Hochgebirge. Plötzlich stockt sein Fuß. Die blühende
Wiesenmatte, über die er so fröhlich und sorglos dahinschreitet, senkt sich vor
ihm in eine grauenvolle Tiefe.
So erging es
dem Jeremia, als ihm Gott die Augen öffnete für den Hass seiner Feinde. „Denn
ich wusste nicht…" Diese furchtbaren Feinde sind ja seine Spielgenossen
aus der Jugendzeit.
Seitdem er dem
Herrn dient, ist eine Entfremdung zwischen ihnen entstanden. Aber dass es so
stand, wusste er nicht. Nun beratschlagen sie Mordpläne. Jeremia ist auf das
tiefste erschrocken. Nein, das wusste er nicht, dass die Knechte Gottes so
schwere Wege gehen müssen.
Wie vielen
Jüngern des Herrn Jesus geht es ebenso! Sie haben mit Freuden Sein Heil
ergriffen! Aber wenn der Herr nun zu ihnen sagt: „Wer mir nachfolgen will,
nehme sein Kreuz auf sich", dann sind sie aufs tiefste erschrocken.
Schon der
Apostel Petrus musste seinen Brüdern schreiben: „Ihr Lieben, lasset euch die
Hitze, die euch begegnet, nicht befremden, als widerführe euch etwas Seltsames.
Sondern freuet euch, dass ihr mit Christus leidet" (1. Petrus 4, 12).
Die blinde Welt
muss ja Jesus hassen. Und da sie ihren Zorn an Ihm nicht auslassen kann, hält
sie sich an Seine Jünger.
Wollen wir gute
Tage haben in der Nachfolge eines Herrn, der das Kreuz trug? Er wird uns auch
Kraft gehen, Ihm unser Kreuz nachzutragen. Amen.
(Melodie: Mach's mit mir,
Gott, nach deiner Gut)
So lasst uns denn dem
lieben Herrn
Mit unserm Kreuz nachgehen
Und wohlgemut, getrost und
gern
Bei ihm im Leiden stehen;
Wer nicht gekämpft,
Trägt auch die Kran'
Des ew'gen Lebens nicht
davon.
Donnerstag in der 5. Epiphaniaswoche
Denn ich habe dir meine Sache befohlen.
Jeremia 11, 20
Da ist ein
Kaufmann. Sein Geschäft steht schlecht. Krampfhaft bemüht er sich, seine Sache
zu retten. Er geht viele schwere Wege. Unzählige Pläne wälzt er in schlaflosen
Nächten.
Aber eines
Tages ist der Bankrott da. Nun muss er die Hände in den Schoß legen. Und nun
kommen andere Hände und nehmen sich seiner notvollen Bücher an.
Das ist der Weg
der Christen. Es gibt wohl kaum einen unter ihnen, der es nicht versucht hat,
seine Sache vor Gott selbst in Ordnung zu bringen. Es ging ihnen wie dem
Apostel Paulus, der in Römer 7 die qualvolle Geschichte dieses
„Selbstfertigwerden-Wollens" beschrieben hat: „Denn das Gute, das ich
will, das tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
Denn ich habe Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber
ein ander Gesetz in meinen Gliedern, das da widerstreitet dem Gesetz in meinem
Gemüt und nimmt mich gefangen in der Sünde Gesetz." Das ist der Weg der
Christen, bis eines Tages der Bankrott kommt. Ihr naiver Lebensoptimismus hat versagt.
Ihre guten Vorsätze und ihr Idealismus sind zerbrochen.
Was nun?
Da kommen
andere Hände und nehmen sich ihrer Sache an. Aber – und das ist nun das große
Wunder ihres Lebens – diese Hände besiegeln nicht die Verzweiflung. Diese Hände
bringen die Rettung. Es sind ja die Hände Jesu, die um unserer Rettung willen
durchbohrt wurden.
Nun wissen sie
einen neuen Weg: „Ich habe dir meine Sache befohlen." Nun ist ihr Leben
und ihre Sache in guten Händen, in den durchgrabenden Händen ihres Heilandes
Jesus Christus. Nun wandern sie fröhlich ihre Straße wie Kinder: „Du führst die
Sache meiner Seele.“ Amen.
(Melodie: Was mein Gott
wild, das gscheh allzeit)
Ei nun, mein Gott, so fall
ich dir getrost in deine Hände.
Nimm mich und mach es du
mit mir bis an mein letztes Ende,
Wie du wohl weißt, dass
meinem Geist
Dadurch sein Heil
entstehe,
Und deine Ehr' je mehr und
mehr
Sich in ihr selbst erhöhe.
Freitag in der 5. Epiphaniaswoche
Etliche Männer brachten einen
Gichtbrüchigen, und sie suchten, wie sie ihn hineinbrächten und vor Jesus
legten.
Lukas 5, 18
„Etliche Männer
–", kleine, unbekannte Leute.
Aber sie haben ein großes, heiliges Anliegen: „Unser
kranker, friedeloser Freund muss zu Jesus kommen!" Das ist doch eine
Sache, für die ein Einsatz lohnt.
Wir verzehren
unsere Kraft so oft in Dingen, die im Lichte der Ewigkeit betrachtet unsagbar
armselig und nichtig sind.
Wie anders
diese unbekannten Männer: „Unser Freund muss zu Jesus!" Sie ließen sich
nicht stören durch die Unruhe, die
sie verursachten. Vielleicht hat der Kranke selber sich gewehrt. Und dann gab's
Unwillen bei den vielen Menschen, die um Jesus versammelt waren, um Ihn zu
hören. Wie mögen die gemurrt haben über diese Unruhestifter mit ihrer Bahre!
Sie ließen sich
nicht stören: „Unser kranker Freund muss zu Jesus!"
Welche Mühe brachte das mit sich: Man musste
den Kranken auf eine Matratze betten, musste schwer schleppen, um ihn herzutragen.
Und dann fingen die Schwierigkeiten erst recht an. „Da sie vor dem Volk nicht
fanden, an welchem Ort sie ihn hineinbrächten; stiegen sie auf das Dach und
ließen ihn durch die Ziegel hernieder mit dem Bettlein, mitten unser sie."
Die Männer
sahen die Mühe nicht an: „Unser Freund muss
zu Jesus!" Unser Herr schenke uns doch allen solch einen Eifer, dem nichts
zuviel ist, wenn nur Menschen zu Jesus kommen. Amen.
(Melodie: Fahre fort,
fahre fort)
Brich herfür, brich
herfür,
Zion, brich herfür in
Kraft,
Weil die Bruderliebe
brennet;
Zeige, was der in dir
schafft,
Der als seine Braut dich
kennet;
Zion, durch die dir
gegeb'ne Tür
Brich herfür, brich
herfür!
Sonnabend in der 5. Epiphaniaswoche
Gott hat uns errettet von der Obrigkeit
der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes.
Kolosser 1, 13
Wie doch der
Teufel alles verdrehen kann! Er ist wirklich ein Lügner von Anfang an! Er hat
es fertig bekommen, in Tausenden von Köpfen die Dinge völlig zu verwirren.
Es gibt
Unzählige, die fürchten ganz schrecklich eine Bekehrung. Sie fürchten, damit
kämen sie aus der hellen, frohen Welt in eine finstere, enge Höhle. Ja, man
nennt geradezu die Jünger Jesu „Finsterlinge" und „Dunkelmänner".
In Wirklichkeit
ist es gerade umgekehrt. Die unbekehrte Welt ist unter der „Obrigkeit der
Finsternis". Solange wir nicht Jesum aufgenommen haben und „von Gott
geboren" sind, sind wir in Wahrheit „Dunkelmänner" und
„Finsterlinge". Wir sind Sklaven der Sünde, wir haben kein Licht über Gott
und über uns selbst, wir leben ohne Hoffnung, wir halten uns an arme,
vergängliche Dinge.
Und eine
Bekehrung führt uns nicht aus der Sonne in die Dunkelheit, sondern umgekehrt:
von der Finsternis ins Licht. Wer sich dem Herrn Jesus klar ausliefert, der ist
wie ein Gefangener, dem die Türen aufgetan sind, wie einer, der aus düsterer
Zelle in die helle Sonne läuft.
Denn es gibt
nichts Helleres, Freundlicheres und Schöneres, als das „Reich des lieben Sohnes
Gottes". Amen.
(Melodie: Wie schön
leuchtet der Morgenstern)
Von Gott kommt mir ein
Freudenlicht,
Wenn du mit deinem
Angesicht
Mich freundlich tust
anblicken.
O Herr Jesu, mein trautes
Gut,
Dein Wort, dein Geist,
dein Leib und Blut
Mich innerlich erquicken.
Nimm mich freundlich in
die Arme;
Herr, erbarme dich in
Gnaden;
Auf dein Wort komm ich
geladen.
Sonntag Septuagesimä
So spricht der Herr zu mir: „Gleichwie
ein Löwe brüllt über seinem Raub, – wenn der Hirten Menge ihn anschreit, so
erschrickt er vor ihrem Geschrei nicht und ist ihm auch nicht leid vor ihrer
Menge: also wird der Herr Zebaoth herniederfahren zu streiten."
Jesaja 31, 4
Die Gemeinde
Jesu Christi ist wohl ein armer und schwacher Haufe. Da ist es denn kein
Wunder, dass unser Herz erschrickt, wenn die Welt und die Hölle sich aufmachen
gegen die Gemeinde.
Die Gemeinde
des Herrn muss es lernen, auf ihren Herrn zu sehen. Das Wort aus Jesaja ist in
seiner wundervollen Anschaulichkeit ein herrliches Trostwort für die Gemeinde.
Ein Löwe lässt
seinen Raub nicht los. Da mag der Hirten Menge noch so toben und schreien, „er
erschrickt vor ihrem Geschrei nicht und ist ihm auch nicht leid vor ihrer
Menge."
So steht es mit
unserem Herrn. Er lässt Seinen Raub nicht los. Und Seine Gemeinde ist ja in
Wahrheit Sein Raub. Jesus hat sterbend für Gott die Gemeinde erworben. Und nun
gehört sie dem Herrn, und Er lässt sie nicht mehr los.
Mag die Welt
noch so laut schreien – und sie schreit sehr laut –: „Der im Himmel sitzt,
lachet ihrer.“
„Es ist ihm
auch nicht leid vor ihrer Menge." Mögen sich Millionen gegen Ihn
verbünden, wie es einmal in der antichristlichen Zeit sein wird – Ihn
erschreckt ihre große Zahl nicht. „Und wenn gleich alle Teufel / hier wollten widerstehn
/ so wird Gott. ohne Zweifel / doch nicht zurückegehn." Der Herr weiß
Seine Beute wohl zu bewahren. Amen.
(Melodie: Jesu, meine
Freude)
Unter deinem Schirmen
Bin ich vor den Stürmen
Aller Feinde frei.
Lass von Ungewittern
Rings die Welt erzittern,
Mir steht Jesus bei.
Ob's mit Macht gleich
blitzt und kracht,
Obgleich Sünd' und Hölle
schrecken,
Jesus will mich decken.
Montag nach Septuagesimä
Er war der Allerverachtetste und
Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das
Angesicht vor ihm verbarg. Darum haben wir ihn nichts geachtet.
Jesaja 53, 3
So hat Jesaja
im Geist den kommenden Christus gesehen. Und so geschah es dann auch, als
Christus kam: „Er war der Allerverachtetste und Unwerteste." Lärmender
Spott umgab Jesus, als Er am Kreuze hing. Sie haben Ihn für nichts geachtet,
die Obersten des Volkes ebenso wie der Pöbel, die römischen Soldaten ebenso wie
der gehenkte Schächer.
Und all diesem
Spott gegenüber steht ein Jünger Johannes und bezeugt: „Wir sahen seine
Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller
Gnade und Wahrheit." Da wird deutlich: Jesus ist die verhüllte
Herrlichkeit.
Verhüllte
Herrlichkeit ist Er auch heute noch. Da klagte einst jemand einem ernsten
Christen: „Die Kirche Jesu Christi auf Erden ist doch ein armseliges Ding. Sie
hat keine Macht und keine Herrlichkeit. Ihre Vertreter sind wenig überzeugende
Leute. Von allen Seiten ist sie der Bedrängnis und dem Spott der Welt
ausgesetzt. Wie soll da noch jemand an Jesus glauben können!"
Da erwiderte
der Christ sehr nachdrücklich: „Er will hier seine Macht und Majestät
verhüllen."
So ist es in
der Tat. Jesus offenbart Seine Herrlichkeit nicht den Augen und nicht den
Sinnen und nicht der Vernunft. Darum wird es so bleiben während dieser
Weltzeit, dass Er der Allerverachtetste und Unwerteste ist; dass man sein
Angesicht vor Ihm verbirgt und an Ihm vorübergeht; dass man jedes irdische Ding
für wichtiger erachtet als Ihn.
Aber die
verhüllte Herrlichkeit wird erkannt von bußfertigen Sündern, die Vergebung
wollen und Frieden mit Gott; von heilsbegierigen Herzen, die vom Geist Gottes
sich erleuchten lassen. Amen.
(Melodie: Aus meines
Herzens Grunde)
Kein Zepter, keine Krone
sucht er auf dieser Welt;
Im hohen Himmelsthrone ist
ihm sein Reich bestellt.
Er will hier seine Macht
und Majestät verhüllen,
Bis er des Vaters Willen
im Leiden hat vollbracht.
Dienstag nach Septuagesimä
Er begehrt mein, so will ich ihm
aushelfen.
Psalm 91, 14
Da ist ein sehr
reiches Mädchen. Ein junger Mann wirbt glühend und mit großem Eifer um sie. Und
die beiden heiraten einander.
Aber schon bald
nach der Hochzeit merkt die junge Frau mit Schrecken und Betrübnis: „Mein Mann
hat mich ja gar nicht lieb. Es ging ihm überhaupt nicht um mich. Es ging ihm um mein Geld."
Wir finden das
Verhalten dieses Mannes abscheulich. Wir empfinden alle, dass er eine große und
heilige Sache, die Ehe, erniedrigt und in den Schmutz getreten hat.
Und doch – handeln
wir dem heiligen Gott gegenüber nicht ebenso? Wir kennen Gott, trauen Ihm viel
Gutes zu. Und darum wenden wir uns zu Ihm. Aber es geht uns dabei meistens gar
nicht um Ihn selbst. Nein, wir wollen etwas von Ihm. Wir wollen Seine Hilfe, Seinen Segen, Seinen Schutz. Wir erbitten
von Ihm Gesundheit und Wohlfahrt. Nur – Ihn selber haben wir nicht lieb.
Verstehen wir, dass
ein solches Verhalten unseren Gott betrüben, ja beleidigen muss?
Wie ganz anders
steht es mit dem Mann, der den herrlichen 91. Psalm gedichtet hat! Er ist ein
Mann, der die Nöte der gefallenen Welt wohl kannte. Er weiß zu reden vom
„Strick des Jägers und von der schädlichen Pestilenz". Er kennt „das
Grauen der Nacht" und „die Pfeile, die des Tages fliegen", die
tausend Pfeile, mit denen das Leben uns verwundet. Und wir könnten es wohl verstehen,
wenn dieser Mann dies und jenes von Gott begehrte und erbäte.
Aber Gott
stellt ihm das wundervolle Zeugnis aus: „Er begehrt mein." Ein Verlangen hat er: dass er in
Frieden mit Gott stehe, dass der Herr sein Herr und Heiland sei. Der Herr
selbst ist ihm das höchste Gut. Er weiß: Wenn ich sprechen kann: „Der Herr ist
mein Teil", dann ist alles gut. Dann darf ich nicht erschrecken „vor dem
Grauen der Nacht" und „vor den Pfeilen, die des Tages fliegen".
Um den Herrn muss es uns gehen, der uns in Jesus liebt.
Amen.
Mittwoch nach Septuagesimä
Wir sind geachtet wie Schlachtschafe.
Aber in dem allen überwinden wir weit um deswillen, der uns geliebet hat.
Römer 8, 36-37
So schrieb Paulus.
Ich glaube
nicht, dass wir Christen von heute das so ohne weiteres nachsprechen können.
Wir überwinden
nicht weit; wir überwinden auch nicht knapp. Wir überwinden überhaupt nicht.
Wir werden vielmehr über-wunden. Wenn Gott unsere Pläne durchkreuzt, wenn
Schweres in unser Leben bricht, ja, wenn wir gar „geachtet sind wie
Schlachtschafe", wenn die Welt uns verspottet oder verfolgt um unseres
Glaubens willen, – dann lassen wir uns überwinden.
Das ist aber
nicht in Ordnung, da stimmt etwas nicht.
Warum konnte
Paulus „weit überwinden"? Er sagt es selbst: „um deswillen, der uns
geliebt hat". Der Mann, der uns bis in den Tod und in alle Ewigkeit
geliebt hat und liebt, ist Jesus. Die Liebe Jesu, die vor allem in Seinem
Kreuzestod hervorbricht, ist die Kraftquelle für alles Überwinden.
Wenn es nun bei
uns mit dem Überwinden nicht weit her ist, dann liegt das an unserer
gebrochenen Stellung zu Jesus. „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser
Herz." Ist das bei uns der Fall? Wenn die Leitungen verstopft sind, kann
das Wasser nicht fließen. Wenn die Kabel zerrissen sind, kreist der Strom nicht
durch den Draht.
Das ist sicher:
Lassen wir der Liebe Jesu Raum in unserem Leben, dann „überwinden wir
weit".
Weit! Nicht so,
dass wir gerade noch durchkommen. O nein! Weit! Es bleibt noch Kraft übrig zum
Loben, zum Freuen – zum Weitergeben an andere. Amen.
(Melodie: Komm, o komm, du
Geist des Lebens)
Liebe, die für miede
gelitten
Und gestorben in der Zeit,
Liebe,
die mir hat Erstritten
Ew'ge Lust und Seligkeit:
Liebe, dir ergeb' ich
mich,
Dein zu bleiben ewiglich.
Donnerstag nach Septuagesimä
Wir sind geachtet wie Schlachtschafe.
Aber in dem allen überwinden wir weit um deswillen, der uns geliebet hat.
Römer 8, 36-37
Gott ist ein
starker und wundersamer Gott. Das erfahren die Kinder Gottes, die mit Gott
versöhnt sind, in ihren Führungen. Gott
zwingt Seine Kinder in die Not hinein. „Wir sind geachtet wie
Schlachtschafe", sagt der Apostel Paulus. Er hat diesen Satz übernommen
von dem Sänger des 44. Psalms. Und die Männer Gottes im Alten wie im Neuen Bund
haben die Bitterkeit dieser Wahrheit bis zum Zerbrechen am eigenen Leibe
erfahren.
Christenweg ist
Kreuzesweg. So wird es bleiben bis zum Ende. Und wenn wir uns auch wehren:
Unser Gott ist stark. und zwingt uns unter das Kreuz.
Ja, unser Gott
ist stark. Darum kann Er aus der Not
herausreißen.
Die ganze Bibel
und die Geschichte der Gemeinde ist voll von Zeugnissen, dass unser Herr retten
kann, wo keine Rettung mehr ist. Es ist Ihm „ein Geringes, durch viel oder
wenig zu helfen".
Aber unser Gott
ist so stark, dass Er noch Größeres als dies kann. Er kann Seine Kinder in der Not überwinden lassen.
Davon rühmt
Paulus in unserem Wort. Furchtbar klingt es zu-erst: „Wir sind geachtet wie
Schlachtschafe." Und dann kommt nicht ein Sterbenswörtlein, dass dieser
Zustand abgestellt würde. Stattdessen kommt ein Jubelwort: Wir wissen von
Einem, der uns überschwänglich liebt. Der liebt uns so, dass Er unsere Schuld
wegtrug. Nun ist Seine Liebe ausgegossen in unser Herz. Und um deswillen
überwinden wir weit – mitten in der Not. Amen.
(eigene Melodie)
Was Gott tut, das ist
wohlgetan,
Er ist mein Licht und
Leben,
Der mir nichts Böses
gönnen kann;
Ich will mich ihm ergeben
In Freud und Leid,
Es kommt die Zeit,
Da öffentlich erscheinet,
Wie treulich er es meinet.
Freitag nach Septuagesimä
Wir wissen aber, dass denen, die Gott
lieben, alle Dinge zum Besten dienen.
Römer 8, 28
Zunächst muss
einmal darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sich hier nicht um eine
tröstliche Vermutung handelt – was übrigens auch Unsinn wäre; denn eine
Vermutung ist nie tröstlich –, sondern um eine felsenfeste Gewissheit derer,
„die nach dem Vorsatz Gottes berufen sind".
Man hat sich
oft den Kopf darüber zerbrochen, ob ein dunkles Geschehnis, ein schweres
Erlebnis von Gott oder vom Teufel komme; ob es von Gott gewollt sei, oder ob es
nur „zugelassen" sei von Ihm.
Diese Frage ist für den geistlichen Menschen überflüssig
geworden. „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten
dienen."
Das ist schwer
zu fassen. Es geschieht doch so viel, was uns zum Schaden ist. Wenn ein Jünger
Jesu um seines Glaubens willen leiden muss – wenn in einer gläubigen Familie
der Hausvater durch ein Unglück herausgerissen wird – das ist doch ein Schade!
„Nein",
sagt der Glaube, „es ist zum Besten."
Das sagt der
Glaube gegen alle Vernunft. Denn er kann es nicht beweisen. Er sagt es in der
Hoffnung, dass es einmal am Tag Christi offenbar werden wird. Aber er sagt es
in großer Gewissheit: „Wir wissen aber…"
Dies
„Aber" erklärt dem Augenschein und der rechnenden Vernunft den Krieg und fasst
die Hand Gottes.
Wie getrost
können wir sein: Nichts ist uns ein Schade. Amen.
(Melodie: So nimm denn
meine Hände)
Wenn ich auch gleich
nichts fühle
Von deiner Macht,
Du führst mich doch zum
Ziele
Auch durch die Nacht:
So nimm denn meine Hände
Und führe mich
Bis an mein selig Ende
Und ewiglich!
Sonnabend nach Septuagesimä
Und ihr sprecht: „Siehe, es ist nur
Mühe!" und schlaget's in den Wind, spricht der Herr Zebaoth.
Maleachi 1, 13
Es ist
erstaunlich, wie der Herr das Menschenherz kennt und wie Sein Wort die
heimlichen Gedanken des Herzens aufdeckt. Da redet Gott mit Seinem
alttestamentlichen Volke über ihre Gottesdienste und Opfer. Wahrscheinlich sind
die Leute bei diesem Reden des Propheten Maleachi zuerst sehr ärgerlich aufgefahren:
„Was will denn der? Die Gottesdienste werden doch gehalten! Und die Opfer
finden regelmäßig statt."
Da zieht Gott
den Vorhang von ihren Herzen: „Ihr sprecht: Es ist nur Mühe." Was euch
größte Lust sein sollte: das Beten, Loben, Opfern, – es ist euch eine Last,
eine Mühe, eine Zeitversäumnis, die ihr euch am liebsten ersparen möchtet. – Dass
ihr im Opfer Versöhnung und freien Zugang zum Herzen Gottes habt – euch ist
diese Gabe nichts, ihr schlagt sie in den Wind.
Das
Menschenherz hat sich seit den Zeiten, Maleachis nicht geändert, trotz aller Fortschritte.
Es ist unlustig zu allen geistlichen Dingen.
Das MaIeachi-Wort richtet sich auch an die heutige
„Gemeinde". „Ja, gesteht nur", sagt es, „ihr haltet wohl
Gottesdienste. Aber sie sind euch keine Lust, sondern Last. Ihr wisst, dass ihr
stille werden solltet vor Gott – aber ihr habt keine Lust. Ihr wisst, dass ihr
Hauspriester sein solltet in euren Familien – aber ihr habt keine Zeit. Ihr wisst,
dass Gottes Wort ein Schatz ist. Aber die Schätze der Welt reizen euch
mehr."
Unsere
geistliche Trägheit richtet der Herr. Lasst uns erschrecken und Buße tun. Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Eine Stunde, da man ihn
Recht ins Herze sucht zu
schließen,
Gibt den seligsten Gewinn,
Gnad' und Friede zu
genießen;
Ein nach ihm geschickter
Blick
Bringt viel tausend Lust
zurück.
Sonntag Sexagesimä
Und ihr bringt her, was geraubt, lahm
und krank ist… Sollte mir solches gefallen von eurer Hand? spricht der Herr.
Maleachi 1, 13
Sie taugen
nichts, unsere Opfer! Nein sie taugen alle nichts! Es ist nicht ein einziges
Werk in deinem Leben, das nicht „krank und lahm" wäre und über dem nicht
Gottes Urteil stünde: „Sollte mir solches gefallen von eurer Hand?"
Das ist nicht
ein trostloser Pessimismus, sondern einfach eine wahre Tatsache. Wer sich der
Wucht dieser Tatsache entziehen will, kann das natürlich tun. Er kann seine
Werke und Lebensopfer mit den Jupiterlampen seines eigenen Wohlgefallens und
des Menschenbeifalls anstrahlen. Aber am Jüngsten Tage wird er nun erst recht
hören: „Sollte mir solches gefallen? spricht der Herr."
Es ist vor Gott
alles so hoffnungslos verdorben durch die Sünde, dass es mit allen unseren
Opfern nichts ist.
Aber Gott ist
ja der, von dem es heißt, dass Er sich unserer Seele herzlich angenommen hat.
Weil es mit uns nichts ist, muss Er selbst sorgen. Auch für ein wohlgefälliges
Opfer, das nicht „geraubt, krank und lahm" ist; für ein Opfer, das uns
wirklich versöhnt und nicht neu belastet; für ein Opfer, das den Zorn stillt
und das Gericht zum Stehen bringt – und nicht neues Gericht herbeiführt.
Ja, für solch
ein Opfer hat Gott gesorgt. Jesaja sah es im Geiste, als er sprach: „Die Strafe
liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten. Und durch seine Wunden sind wir
geheilt."
Johannes der
Täufer sah und erkannte als erster dies von Gott geschenkte Opferlamm. Jubelnd
sagt er zu seinen Jüngern – und deutet auf Jesus –: „Siehe, das ist Gottes
Lamm, welches der Welt Sünde trägt!"
Sollte mir
solches gefallen – von meiner
Hand?" spricht der Herr. Ja, das ist das Opfer, das allein Ihm wohlgefällt.
Und wer im Glauben dies Opfer Jesu sein
Opfer sein lässt, den nimmt Gott um dieses Opfers willen an. So haben wir vor
Gott nichts zu rühmen als das Verdienst Jesu. Aber dessen dürfen wir uns
rühmen. Amen.
Montag nach Sexagesimä
Und die Pharisäer und Schriftgelehrten
murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isset mit ihnen.
Lukas 15, 2
So, nun ist es
endlich heraus!
Sie haben sich
über vieles geärgert an Jesus. Aber nun haben sie das Entscheidende gefunden:
Ein Mann, der den Anspruch macht, Gottes Sohn zu sein, Christus zu sein, – der lässt
sich ein mit Sündern! Das ist ja unerhört! Das macht Ihn unmöglich! Damit ist
Er erledigt!
Laut sagen sie
ihre vernichtende Entdeckung heraus: „Dieser nimmt die Sünder an und isset mit
ihnen." Und damit verkündigen die Feinde. Jesu –. ohne es zu wissen und zu
wollen – die „frohe Kunde“, das Evangelium. Denn allerdings – das ist das
Entscheidende an Jesus: „Dieser nimmt die Sünder an und isset mit ihnen."
Die Pharisäer
verstehen das nicht. Ja, wer versteht es denn in unseren Tagen? Da meint man,
wenn man nur recht ordentlich und tapfer im Leben stehe, dann sei mit Gott
schon alles recht und in Ordnung. Wenn man so steht, muss man natürlich den
Sünderheiland und das arme Häuflein, das sich um Ihn schart, verachten.
Und da sind
andere. Die nehmen es ernster. Es ist ein Licht von Jesu Angesicht in ihr Herz
gedrungen. Da möchte man so gerne mit diesem Jesus sein. Man möchte so gerne
mit Ihm ein Kind Gottes sein. Aber man meint, der Heiland wäre ein Heiland der
Frommen und Guten. Und da gibt man sich viel Mühe, fromm und gut zu werden. Und
man kann es doch nicht. Im Gegenteil. Es wird immer schlimmer. Man entdeckt auf
einmal Sünde ringsum. Nichts als Sünde. Da läuft man verzweifelt hinter Gott
her – und hat doch Sein Gericht im Gewissen.
„Dieser nimmt
die Sünder an." Jesus ist ein Heiland der Sünder, die gerne selig werden
möchten und gar keine Möglichkeit dazu sehen. Welche Seligkeit geht auf in
einem erschrockenen Herzen, wenn man das erfährt: „Er nimmt mich an.“ Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Jesus nimmt die Sünder an,
mich hat er auch angenommen
Und den Himmel aufgetan, dass
ich selig zu ihm kommen
Und auf den Trost sterben
kann: Jesus nimmt die Sünder an.
Dienstag nach Sexagesimä
Und Johannes kam in alle Gegend um den
Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.
Lukas 3, 3
Es gibt Dinge,
die gehören untrennbar zusammen: zum Beispiel die zwei Seiten einer Münze. Wer
die Zahl auf der Münze haben will, muss auch das Wappen mit in Kauf nehmen.
Oder wer um
seiner Gesundheit willen Höhenluft braucht, der muss in die Berge gehen. Es
gibt auch sonst schöne und gesunde Plätze. Aber Höhenluft und Berge – das
gehört zusammen.
So gibt es auch
im geistlichen Leben innere, notwendige Zusammengehörigkeiten. Johannes der
Täufer nennt in seiner Predigt zwei Worte, von denen eins nicht ohne das andere
bestehen kann: Buße und Vergebung der Sünden.
Wo keine
gründliche Buße ist, da gibt es keine Vergebung der Sünden. Da bleibt man unter
seiner Schuld und fährt in seinen Sünden dahin – ohne Gnade und ohne Erbarmen.
Wir möchten wohl, Gott sei so ein freundlicher, gütiger alter Vater, der gegen
unsere Sünden ein Auge zudrückt und „nicht so kleinlich" ist.
Täuschen wir uns doch ja nicht! Gott schließt keinen Frieden
mit irgendeiner Sünde. Und ehe wir uns nicht unter Gottes Urteil beugen und
Buße tun, gibt es keine Vergebung. Und wo keine Vergebung ist, da ist kein
Leben und keine Seligkeit!
Aber wie es
keine Vergebung ohne Buße gibt, so gibt es keine Buße ohne das Wissen um die
Gnade. Zum Buße-Tun gehört ein großes Vertrauen. Aber dies Vertrauen, mich
bußfertig ganz in Gottes Hand zu geben, bekomme ich, weil ich weiß, dass Gott
in Jesus gnädig ist.
Gott schenke
uns ein rechtes geistliches Leben in Buße und Vergebung. Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Keiner Gnade sind wir
wert;
Doch er hat in seinem
Worte
Eidlich sich dazu erklärt.
Sehet nur, die
Gnadenpforte
Ist hier völlig aufgetan:
Jesus nimmt die Sünder an.
Mittwoch nach Sexagesimä
Zu der Zeit kam Johannes der Täufer… Und
er ist der, von dem der Prophet Jesaja gesagt und gesprochen hat…
Matthäus 3, 1+3
Die Erfüllung
beginnt!
Es ist ja etwas
so Wunderbares um den Zusammenklang des Neuen mit dem Alten Testament! Wie die
Präzisionsarbeit zweier Zahnräder greifen die beiden ineinander.
Seltsame Dinge
hat Jesaja im Geist gesehen und verkündigt. Er starb. Jahrhunderte gingen ins
Land.
Da kommt der
Täufer. „Er ist der, von. dem Jesaja gesagt und gesprochen hat.“ Die Erfüllung
uralter Weissagungen und Prophezeiungen hat ihren Anfang genommen.
Und nun geht es
weiter. Es bleibt ja nicht stehen bei Johannes dem Täufer.
Da ist ein
anderer, von dem Jesaja auch gesagt und gesprochen hat: „Der Herr warf unser
aller Sünden auf ihn.“
Auch der kommt!
Die Erfüllung geht weiter. Johannes zeigte auf Ihn und sagte seinen Jüngern:
„Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünden trägt.“
Aber die
Erfüllung geht noch weiter. Jesaja hat ja nicht nur vom Täufer und von Jesus
geweissagt. Er hat auch „gesagt und gesprochen" – von uns, jawohl, von
mir!
Was hat er denn
da gesagt? „So spricht der Herr: Ja, mir hast du Arbeit gemacht mit deinen
Sünden, und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten. Siehe, ich tilge deine
Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht."
So sind auch
wir mit eingeschlossen in die alte Verheißung. Und nun liegt alles daran, dass
wir selbst ein Stück Erfüllung der Verheißung werden. Amen.
(Melodie: Von Gott will
ich nicht lassen)
Mit Ernst, o
Menschenkinder,
Das Herz in euch bestellt,
Bald wird das Heil der
Sünder,
Der wunderstarke Held,
Den Gott aus Gnad allein
Der Welt zum Licht und
Leben
Versprochen hat zu geben,
Bei allen kehren ein.
Donnerstag nach Sexagesimä
Bereitet dem Herrn den Weg!
Matthäus 3, 3
Wir können ja
gar nichts dazu tun, dass der Herr Jesus mit all Seinem Heil zu uns kommt.
Wie haben die
Männer des Alten Bundes Ihn erwartet! Es ist wie ein Schrei aus gequältem
Herzen, wenn Jesaja ruft: „O dass du den Himmel zerrissest und führest
herab!" Aber es gab wirklich gar keine Möglichkeit, gen Himmel zu fahren
und den Herrn herabzuholen.
Und ebenso
wenig können wir etwas dazu tun, dass
Er zu uns kommt. Wenn Er an uns vorübergehen und uns in all unserer
Gottlosigkeit sitzen lassen wollte – wer wollte Ihn hindern?
Aber Er kommt!
Er kommt ganz von selbst und freiwillig! Und wenn wir ganz elend und verlassen
wären – Er kommt!
Wenn wir nun
aber auch nichts dazu tun können, dass Er kommt – eins vermögen wir zu tun: Wir
können Ihm den Weg bereiten.
Und das wollen
wir! Sonst tun wir nämlich etwas Schreckliches. Sonst verbauen wir Ihm den Weg.
Und weil Er sich niemand aufdrängt, geht Er dann vorbei. Bedenkt – unser
einziges, ewiges Heil geht vorbei! Wie finster muss es uns dann werden! Nein, lasst
uns Ihm den Weg bereiten!
Wie man das
macht? Oh, das wissen wir ja ganz genau. Unser Gewissen, das uns verklagt, und
unsere Sehnsucht nach Gott sagen es uns. Und der Heilige Geist, der vor Jesus
her vorbereitend wirkt, lehrt es uns.
Gebt nur den
Willen her: „Bereitet dem Herrn den Weg!" Amen.
(Melodie: Valet will ich
dir geben)
Wie soll ich dich
empfangen
Und wie begeg'n ich dir,
O aller Welt Verlangen,
O meiner Seele Zier?
O Jesu, Jesu setze
Mir selbst die Fackel bei,
Damit, was dich ergötze,
Mir kund und wissend sei.
Freitag nach Sexagesimä
Alle Berge und Hügel sollen erniedrigt
werden.
Lukas 3, 5
Dem Heiland und
Herrn soll die Bahn bereitet werden. Dazu sollen „alle Berge und Hügel
erniedrigt werden".
Es ist ja klar,
dass Johannes hier nicht ein Straßenbauprogramm entwerfen wollte. Es geht ihm
um geistliche Dinge.
„Berge und Hügel" – das sind die Herzen, die sich
erheben, weil sie hoch von sich denken. Es ist nun anzunehmen, dass wir das
auch tun. Warum sollten wir auch nicht hoch von uns denken?! Sind wir nicht
Leute, die etwas leisten? Sind wir nicht nützliche Glieder der
Volksgemeinschaft? Sind wir nicht christlich? Sollten nicht Gott und Menschen –
von kleinen Schwächen abgesehen – mit uns zufrieden sein?
Also – warum sollten wir nicht hoch von uns denken? Und wenn
wir uns auch in aller Bescheidenheit vielleicht nicht gerade für „Berge"
halten, so sehen wir uns doch wenigstens als „Hügel" an.
Da hinein fährt
das harte Wort des Täufers: „Bereitet dem Herrn den Weg! Alle Berge und Hügel
sollen erniedrigt werden!"
Wo Jesus, das
Heil, gehen und hinkommen soll, da kann kein Berg, ja nicht der kleinste Hügel
stehen bleiben. Sie „sollen erniedrigt werden".
Darum demütigt
uns Gott. Darum führt Er uns in Not und Angst. Darum lässt Er's uns nicht
gelingen. Darum überführt Sein Geist uns von unserm ganzen großen Sündenelend,
das wir vorher gar nicht sahen.
Gott trägt
Berge ab. Preis Ihm, dass Er es tut! Amen.
(Melodie: Von Gott will
ich nicht lassen)
Ein Herz, das Demut
liebet,
Bei Gott am höchsten
steht;
Ein Herz, das Hochmut
übet,
Mit Angst zugrunde geht;
Ein Herz, das richtig ist
Und folget Gottes Leiten,
Das kann sich recht
bereiten,
Zu dem kommt Jesus Christ.
Sonnabend nach Sexagesimä
Alle Täler sollen voll werden.
Lukas 3, 5
Ein Wort aus
der Verkündigung des Täufers!
Oh, etwas
Wundervolles will Johannes sagen. Unter den Vielen, die zu ihm an den Jordan
kamen, sah er manch einen mit einem gedemütigten Geist. Der hatte Ideale gehabt
– die waren zerbrochen. Der hatte moralische Vorsätze gehabt – die waren
zersplittert wie Glas. Der hatte nach Gotteserlebnissen gesucht – und es war
nur Enttäuschung geblieben. Der hatte groß von sich gedacht – und war sehr
klein geworden. Menschen mit einem gedemütigten Geist, der in sich selber nicht
mehr hoch sein will und kann – das sind die „Täler", von denen Johannes
redet.
David, dem
Nathan seine Sünde gezeigt hat und der nun vor Gott im Staub liegt – die große
Sünderin, die vor Jesus niedersinkt – Zachäus, der sehnsüchtig auf dem
Maulbeerbaum sitzt – Petrus, der den Hahn krähen hört und bitterlich weint – das
sind solche „Täler".
Die sollen
„voll werden". Ja, womit soll denn so ein gedemütigter Geist ausgefüllt
werden, so dass dem Heiland, dem Herrn Jesus, der Weg bereitet wird. Womit?
Mit einem ganz
großen Vertrauen, dass dieser Jesus der Mann ist, der alles gut machen wird,
der alles Zurechtbringen wird, der jeden Schaden heilen und jede Sehnsucht
stillen wird.
Solch ein Vertrauen schenkt der Heilige Geist. Ja, wie
gestaute Wasser in ein Talbecken, so ergießt sich der Heilige Geist in einen
gedemütigten Geist. Und da tut Er Sein Werk, bis die Bahn bereitet ist dem, der
da kommen soll. Amen.
(Melodie: Nun komm der
Heiden Heiland)
Sei willkommen, o mein
Heil!
Hosianna, o mein Teil!
Richte du auch eine Bahn
Dir in meinem Herzen an.
Tritt der Schlangen Kopf
entzwei,
Dass ich aller Ängsten
frei
Dir im Glauben um und an
Selig bleibe zugetan.
Sonntag Estomihi
Du bereitest vor mir einen Tisch.
Psalm 23, 5
Da ist
Jahrmarkt! Die Händler haben ihre Tische aufgebaut und ihre Waren ausgebreitet:
„So, ihr Leute, nun kommt und glaubt, dass all die ausgebreiteten Waren
auserlesene Herrlichkeiten sind!"
Machen wir es
nicht auch so? Wir bauen gleichsam einen Tisch auf und breiten darauf aus alle
unsere Vorzüge und guten Werke: „Ich glaube an Gott", und „Ich tue recht
und scheue niemand." Wir breiten aus unsere Verdienste um unser Volk. Wir
breiten aus unsere Mildtätigkeit und alles das, was wir für andere getan haben.
Es ist eine ganze Menge, was wir so auszubreiten wissen.
Wir Menschen
haben untereinander, einen stillen Vertrag geschlossen, dass wir uns
gegenseitig unsere Auslagen anerkennen wollen. So meinen wir schließlich, Gott
müsse unseren „Tisch" auch anerkennen.
Aber – das ist
das Furchtbare – Er denkt nicht daran. „Ihr Tisch werde vor ihnen zum
Fallstrick" (Psalm 69, 23), sagt Sein Wort so ernst. Er stößt uns unseren
Tisch um und zieht ans Licht, was wir hinter dem Tisch verborgen haben: all
unsere Sünde und Schuld und Flucht vor Gott.
Wäre es nicht
viel besser, wir würden auf dieses ganze Spiel mit unserem Tisch verzichten?
Wir können Gott ja doch nicht damit betrügen.
Wer es aufgibt,
seinen „Tisch" aufzustellen, der erlebt: „Du bereitest vor mir einen
Tisch." Da liegen nicht mehr unsere Vorzüge und unsere Verdienste. Da ist
etwas Besseres: Da sind die guten Werke und Verdienste unseres Herrn und
Heilandes. Und dieser „Tisch", den Gott selbst bereitet hat, der hat ewige
Geltung. Amen.
(Melodie: Der am Kreuz ist
meine Liebe)
Auf dich setz ich mein
Vertrauen,
Du bist meine Zuversicht;
Dein Tod hat den Tod
zerhauen,
Dass er mich kann töten
nicht.
Dass an dir ich habe teil,
Bringet mir Trost, Schutz
und Heil;
Deine Gnade wird mir geben
Auferstehung, Licht und
Leben.
Montag nach Estomihi
Darum schämt er sich nicht, sie Brüder
zu heißen.
Hebräer 2, 11
Darüber muss
man ja immer wieder neu nachdenken: Warum kam der Sohn Gottes in die Welt?
Warum hat Er Sein Leben für uns in den Tod gegeben? Warum geht der Erhöhte bis
zu dieser Stunde mit Seiner suchenden Liebe uns nach? – Kurz, was hat Er nur an
uns für ein Wohlgefallen gefunden, dass Er soviel an uns gewendet hat und noch
heute soviel an uns. wendet? Unser Wort gibt uns Licht: Jesus sieht die
Menschen an als Seine Brüder.
Er sah nicht an
unsere Sünde. Er sah nicht an unseren Trotz und Ungehorsam. Wenn Er das
angesehen hätte, wäre es nie zu der großen Heilstat Gottes gekommen.
Jesus sah uns
vielmehr an als Söhne und Töchter Seines Vaters, als Kinder Gottes. Gerade weil
Er diesen unseren Adel sah, sah Er tiefer als ein anderer die furchtbare
Verlorenheit. Aber Er sah uns eben an – wenn auch als verlorene Kinder Gottes,
so eben doch als Kinder Gottes, „geschaffen ihm zum Bilde".
„Darum schämt
er sich nicht, uns Brüder zu heißen."
Das ist die
Verheißung, die über jedem Menschenleben steht, solange man sich nicht bewusst
gegen diese Gnade verstockt. Nun mag ein Menschenkind noch so ferne von Gott
sein, nun mag sich jemand in die tiefsten Abgründe der Sünde verloren haben,
nun mag einer gegen Gott toben und lästern wie Saulus – das letzte Band mit dem
Himmel ist noch nicht zerrissen. Wohl steht furchtbar der Zorn Gottes über ihm.
Aber über ihm steht auch wie eine gnädige Verheißung: Jesus schämt sich nicht,
ihn Bruder zu heißen.
Wer das
begreift, der hält es in der Finsternis nicht mehr aus. Der macht sich auf und
sucht Jesus, der sein Retter und Versöhner ist. Amen.
(Melodie: Komm, o komm, du
Geist des Lebens)
Liebe, die du mich
erkoren,
Eh' ich noch geschaffen
war,
Liebe, die du Mensch
geboren
Und mir gleich wardst ganz
und gar:
Liebe, dir ergeb ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.
Dienstag nach Estomihi
Da aber Herodes seinen Jahrestag beging,
da tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen.
Matthäus 14, 6
O dies wilde
Fest! – Dies ausgelassene Fest!!
Für viele war
es nichts anderes, als dass sie zu ihren alten Sünden neue hinzutaten. Aber für
Herodes wurde dies Fest zu einer Entscheidung. Zu einer entsetzlichen
Entscheidung! Zur Entscheidung gegen Gott, gegen Gottes Wort, gegen Gottes
Gnade. Er entschied sich gegen seiner Seele Seligkeit.
So kam es:
Der Herodes
lebte in Sünden, bis eines Tages Johannes der Täufer ihn ins Gesicht hinein
strafte: „Es ist nicht recht, dass du deines Bruders Weib habest!" Das
brachte den König maßlos auf, und er warf Johannes ins Gefängnis.
Aber nun war
sein Gewissen aufgewacht und unruhig. Er merkte wohl auch, dass es dieser
Johannes im Grunde besser mit ihm meinte, als all die Schmeichler an seinem
Hofe.
So stieg er
manches Mal die Stufen zum Kerker des Johannes hinunter und hörte dem
Gefangenen zu. Ja, „Herodes fürchtete den Johannes. Denn er wusste, dass er ein
frommer und heiliger Mann war; und er gehorchte ihm in vielen Sachen und härte
ihn gerne."
Welch eine
Gnadenzeit! Da arbeitete der Geist Gottes am Herzen des Königs. Er wurde hin
und her gerissen. Sein Gewissen gab dem Johannes Recht. Alles konnte gut
werden.
Da – kam das Fest. Das wilde, zuchtlose,
ausgelassene Fest. Da gewann Satan das Spiel. Da bekam die Sünde Macht. Der
durch Sinnenlust und Alkohol berauschte Herodes entscheidet sich gegen Johannes
und lässt ihn am selben Tage noch enthaupten. Er entscheidet sich gegen seiner
Seele Seligkeit. Eine furchtbare Geschichte! Diese Geschichte hat sich oft
wiederholt bis in unsere Tage. Viele vom Geist Gottes gewirkte Pflänzlein des
Glaubens und der Heilserkenntnis sind zerstört worden in wenigen Stunden der
Lust. „Fliehe die Lüste der Jugend." Amen.
(Melodie: Ringe recht)
O du Abgrund aller Güte,
Zieh durchs Kreuz in dich
hinein
Geist, Seel, Herz, Sinn
und Gemüte,
Ewig mit dir eins zu sein!
Mittwoch nach Estomihi
Siehe, der Himmel und aller Himmel
Himmel können dich nicht fassen; wie sollte es denn dies Haus tun, das ich
gebaut habe?
1. Könige 8, 27
Ob wir in China
oder Südamerika, in Ägypten, Italien oder Griechenland reisen, überall finden
wir Tempel und Trümmer von Tempeln. Die zeugen davon, wie der Mensch immer wieder
versucht hat, Gott gleichsam einzufangen und Ihm eine Wohnung in unserer Mitte
zu bereiten.
Da war in uralter zeit ein junger König Salomo. Der hat auch
mit ganzer Liebe und großem Eifer ein „Gotteshaus" gebaut. Aber bei der
Einweihung dieses wundervollen Tempels sprach er es klar aus: Dieser Tempel
kann niemals Gottes Wohnung sein. Er ist nur Opfer- und Gebetsstätte. Denn „der
Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen, wie sollte es denn
dies Haus tun, das ich gebaut habe!"
Salomo hatte Recht.
Unser Gott ist so unendlich groß, herrlich und gewaltig, dass die ganze
Schöpfung Ihn nicht fassen und beherbergen kann.
Und doch – und
das ist wunderbar! – diesem großen Gott hat es Wohlgefallen, sich ein Heim und
eine Wohnung zu suchen in dem kleinsten Raume, der nur denkbar ist: im Herzen
von Menschenkindern.
Der Sohn
Gottes, Jesus, hat gesagt: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein
Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm
machen."
Das ist ein
wunderbares und anbetungswürdiges Ding, dass unser Herz sein soll, was der
schönste Tempel nicht sein konnte: Gottes Wohnung. Amen.
(Melodie: Jesu, meine
Freude)
Wem du dich gegeben,
Kann in Frieden leben,
Er hat, was er will;
Wer im Herzensgrunde
Lebt mir dir im Bunde,
Liebet und ist still.
Bist du da und innig nah,
Muss das Schönste bald
erbleichen
Und das Beste weichen.
Donnerstag nach Estomihi
Der Stein, den die Bauleute verworfen
haben, ist zum Eckstein geworden.
Lukas 20, 17
Ununterbrochen
baut der Mensch. Er baut Tempel und Denkmäler, Städte und Staaten, Kasernen und
Reiche. Er baut Philosophien und Weltanschauungen, Religionen und Theorien. Und
in all dem Bauen der Generationen sind sich die Menschen darin einig: Jesus ist
ganz und gar ungeeignet, eingebaut zu werden in das menschliche Bauen. Ob man
Reiche baut oder Gedankensysteme: mit Jesus weiß der Mensch nichts anzufangen.
Er ist in Wahrheit der Stein, den die Bauleute dieser Welt verworfen haben.
Aber damit ist der „Fall Jesus" nicht entschieden. Es
ist nämlich noch ein anderer da. Der baut auch. Der baut durch Jahrhunderte und
Jahrtausende, stetig und ungehindert. Dieser gewaltige Bauherr ist der
lebendige Gott. Er baut Seine Gemeinde als Seinen heiligen Tempel.
Dieses stille
Bauen Gottes ist der Welt oft unheimlich. Ihr eigenes Bauwerk bleibt Stückwerk,
Torso. Oder es fällt in Trümmer. Ein Bauplan löst den anderen ab. Und ein
Bauherr den anderen. – Kein Wunder, dass es der Welt unheimlich ist, dass es
Einen gibt, dessen Bauen nicht unterbrochen wird, dessen Bau nicht stecken
bleibt und nicht veraltet.
Und darum
versucht die Welt je und dann, Gottes Bauen zu hindern. Aber solches Tun ist
vergeblich. Gottes Bauen wird nicht mehr erschüttert. Denn Er hat einen starken
und unbeweglichen Grund- und Eckstein gelegt: Jesus Christus.
Diesen Jesus,
den die Schriftgelehrten als ungeeignet verwarfen beim Bau ihrer Religion,
diesen Jesus, den Pilatus verachtete, weil Er nichts bedeutete für den Bau des
römischen Reiches – diesen Stein, den die Bauleute verworfen haben – den hat
Gott zum Eckstein Seines Tempels, Seiner Gemeinde, Seines ewigen Reiches
gemacht. Amen.
(Melodie: Sonne glänzt auf
deinen Fluren)
Einst wie lauter
Morgenröte
In der Welten dunkle Nöte
Bricht dein Tag voll
Herrlichkeit.
Dann wirst du dein Reich
vollenden,
Alle Kampfesnot beenden:
Herr, wir steten für dich
bereit.
Freitag nach Estomihi
…erbaut auf den Grund der Apostel und
Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist.
Epheser 2, 20
Was Gott tut,
das tut Er gründlich.
Wenn es Gott
gefallen hat, sich Seine Gemeinde als Seinen Tempel zu erbauen, dann baut Er
so, dass dieser Bau auf festen Grundlagen ruht und unerschütterlich steht.
Der Eckstein
dieses Baues ist Jesus. Er ist wohl der Stein, „den die Bauleute verworfen
haben." Aber es gefällt Gott, den heiligen Geistesbau Seines Tempels zu
bauen, ohne die Bauleute in der Welt um ihren Rat zu fragen. Er hat das auch
nicht getan, als Er die Fundamente für den Bau legte. Die Fundamente sind die
geistesgeweckten Zeugnisse der Apostel und Propheten, wie wir sie in der
Heiligen Schrift finden.
Die Welt ist
wieder außer sich. „Wie können denn diese Schriften der Bibel ein unbewegliches
Fundament sein für einen ewigen Gottesbau?" Das kann doch schon ein
kleiner Junge mit großen Worten nachweisen, dass diese Apostel und Propheten
anfechtbare Leute seien und dass auch ihr Zeugnis recht wohl anfechtbar sei und
vor den Augen einer kritischen Vernunft nicht bestehen könne.
So ist nun
unser Gott, dass Er auch dieses Gelärme sich nicht anfechten lässt. Ihm hat es
nun einmal gefallen, dies Buch, diese umstrittene, arme, verachtete Bibel, zum
Grund und Fundament Seiner Gemeinde zu machen.
Wenn es aber so
steht, dann kann dies Fundament, dieser Grund der Bibel, doch nicht so schlecht
sein, wie die blinde Welt behauptet. Dann dürfen wir uns doch wohl getrost diesem
Fundament anvertrauen.
Ja, das dürfen
wir! Versucht es nur einmal. Und ihr erlebt: Dies Wort ist stark, unendlich
stark. Es trägt mich. Es ist Verlass darauf. Ein gutes Gottes-Fundament! Amen.
(Melodie: O Jesu Christ,
meins Lebens Licht)
Dein Wort ist unsres
Herzens Trutz
Und deiner Kirche wahrer
Schutz.
Dabei erhalt uns, lieber
Herr,
Dass wir nichts andres
suchen mehr.
Sonnabend nach Estomihi
Und auch ihr, als die lebendigen Steine,
bauet euch zum geistlichen Hause!
1. Petrus 2, 5
Unser Gott
handelt wirklich merkwürdig und jedenfalls ganz anders als Menschen.
Dass Gott einen
Tempel haben müsse hier auf Erden – das ist uns allen klar. Wenn wir das Wort „Tempel“
hören, dann steht vor unserer Seele das Bild eines herrlichen Bauwerkes, mit
geschmückten Hallen und stolzen Säulen.
Gott aber
verschmäht solchen Tempel. „Gott wohnt nicht in Tempeln, von Menschenhänden
gemacht." Er will in einem seltsamen Tempel wohnen, in einem Tempel, aus
lebendigen Bausteinen erbaut. Dieser Tempel ist Seine Gemeinde.
Und wie
wundersam ist dieser Tempel der Gemeinde! So ganz anders, als Menschen es sich
hätten ausdenken können! Der Eckstein ist „der Stein, den die Bauleute
verworfen haben". Das Fundament ist das umstrittene Zeugnis der Apostel
und Propheten, die tausendmal verworfene und verachtete Bibel. Und die
Bausteine?
Sind sie nun
wenigstens so, dass die Welt und die Vernunft sich ein wenig mit diesem Bauen
Gottes zufrieden geben könnten? Sind es die Klugen? Die Schriftgelehrten? Die
Weltweisen? Sind es die Obersten dieser Welt? Sind es „die Edlen nach dem
Fleisch“? (1. Korinther 1, 26).
Ach nein! Auch
hier bei den Bausteinen hat Gott ganz und gar nicht die Menschen gefragt, hat
Er sich ganz und gar nicht um ihre Meinung gekümmert. Denn die Bausteine sind
ein Zöllner Matthäus – ein ungetreuer Petrus – ein hingerichteter Schächer – eine
große Sünderin. Sünder sind es – Sünder, die ins Licht der Wahrheit kamen.
Sünder, die Gott Recht gaben und begnadigt wurden.
Weil aber
Gottes Wort auch uns zu Sündern macht, darum ermahnt es uns, die Gnade Gottes
in Jesu zu ergreifen und so uns zu erbauen „als lebendige Steine zum
geistlichen Hause". Amen.
Sonntag Invocavit
Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: „Will
mir jemand nachfolgen, der nehme sein Kreuz auf sich."
Matthäus 16, 24
Der
württembergische Erweckungsprediger Fricke hat gesagt: „Ein Christ muss die
beschwerlichen Dinge lieben."
Wenn wir Jesus
lieb haben, dann geht es ja wohl nicht anders, als dass wir auch Seinen Weg lieb
haben. Und dieser Weg ist der Weg des Kreuzes.
Das Kreuz, von
dem Jesus spricht, sind nicht irgendwelche Nöte, die uns auf dem Acker der Welt
erwachsen, der ja seit dem Sündenfall „Dornen und Disteln" trägt. Das
„Kreuz" sind die beschwerlichen Dinge, die uns um Jesu willen treffen. Wir
regen uns auf über die beschwerlichen Dinge, wir empfinden das Kreuz als Last.
Unser Herz rebelliert. Und wir beweisen damit, wie wenig wir nach dem Reich
Gottes und nach seiner Gerechtigkeit trachten.
Da muss die
Sinnesänderung kommen!
Einst war ein
U-Boot gesunken. Zehn Mann der Besatzung lebten noch. Da nur acht Tauchretter
vorhanden waren, beschlossen sie, gemeinsam zu sterben. Als der Kommandeur
davon hörte, sagte er erschüttert: „Zu leben verstehen wir vielleicht schlecht
– zu sterben aber – fabelhaft!"
Das muss erst
recht von der Gemeinde Jesu gelten. „Zu leben verstehen wir vielleicht schlecht…"
„Wir mangeln des Ruhmes, den wir vor Gott haben sollten." Aber geistlich
sterben! Sein Ich und seinen Willen in den Tod geben und den Kreuzesweg lieben…!
Die alten
Christen konnten es. Und wir? Unser Kreuz kommt aus Jesu Händen. Lasst es uns
gern tragen! Amen.
(Melodie: Mach's mit mir,
Gott, nach deiner Gilt)
So lasst uns denn dem
lieben Herrn
Mit unserm Kreuz nachgehen
Und wohlgemut, getrost und
gern
Bei ihm im Leiden stehen;
Wer nicht gekämpft, trägt
auch die Kron'
Des ew'gen Lebens nicht
davon.
Montag nach Invocavit
Denn die mit des Gesetzes Werken
umgehen, die sind unter dem Fluch.
Galater 3, 10
„Wenn ich meine
Pflicht tue, kann ich vor Gott bestehen." Oder: „Ich tue recht und scheue
niemand. Das genügt vor Gott." Wie oft kann man diese oder ähnliche Sätze
hören! Haben sie Recht, die so reden?
Wir könnten
sagen: „Ja!" Wenn ein Mensch vollkommen ist und alle Pflicht erfüllt und
allezeit recht tut – dann kann er vor Gott bestehen.
Aber – wir
müssen uns klarmachen, dass Gott es ist, der nach Seinen Maßstäben das Urteil
spricht. Gott gibt das letzte Urteil ab, ob wir recht getan und alle Pflicht
erfüllt haben. Gottes Gebote und Gottes Maßstäbe gelten da.
Wer so redet:
„Ich will mit meiner Pflichterfüllung vor Gott bestehen", der hat sich vor
Gott auf das Gesetz berufen. Und nach dem Gesetz wird er gerichtet – von Gott
am Jüngsten Tage. Nach Gottes Gesetz. Und wehe, wenn er in einem Stück nur schuldig gefunden wird! Dann verurteilt ihn das
Gesetz. Das ist ja klar. Wenn ein Mensch gestohlen hat, dann verurteilt ihn das
Gesetz, auch wenn er sonst tausendmal ein braver und treuer Mann war.
Mir wird immer
unheimlich, wenn Menschen sich so vor Gott auf das Gesetz berufen. Denn wo ist
der Mensch, der vor Gott bestehen könnte, der in keinem Stück schuldig wäre! Nein,
einen solchen Menschen gibt es nicht. Und darum nennt die Bibel alle die
werkgerechten Leute schon „verurteilt" oder „verflucht".
Darum, weil es
so steht, gibt es – Gott sei Dank – einen anderen Weg und nur diesen anderen Weg, selig zu werden: die freie Gnade Gottes in
Jesus Christus. Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Aus Gnaden! Hier gilt kein
Verdienen,
Die eig'nen Werke fallen
hin.
Er, der aus Lieb' im
Fleisch erschienen,
Hat diese- Ehre zum
Gewinn,
Dass uns sein Tod das Heil
gebracht
Und uns aus Gnaden selig
macht.
Dienstag nach Invocavit
Und als Jesus nahe hinzukam, sah er die
Stadt an und weinte über sie.
Lukas 19, 41
„… dem allemal
das Herze bricht / wir kommen – oder kommen nicht", singt der
Liederdichter.
Es sind bittere
Tränen, welche die göttliche Liebe weint über die, „die nicht kommen". Diese
Tränen reden von großer Liebe Gottes, von geduldiger und suchender Liebe. Aber
diese Liebe wurde vergeblich verschwendet. Jerusalem ist verstockt.
Jawohl, so ist
das: Gott verschwendet eine Unmenge Liebe an die Welt. Ein Strom suchender und
rettender Liebe ergießt sich in Jesus über die Welt. Auch an uns verschwendet
Gott Seine Liebe. Wo diese Liebe vergeblich verschwendet ist – wo das Herz sich
dagegen verschließt, – da bricht Jesus das Herz. Nicht um der verschwendeten
Liebe willen – sondern um der verstockten Herzen willen. Denn wer Gottes Liebe
in Jesus verschmäht, der ist für Zeit und Ewigkeit „Gott-Verlassen". Keine
Versöhnung, keine Hoffnung, keine Hilfe, keinen Trost für Zeit und Ewigkeit hat
der, der nicht erkannte, was zu seinem Frieden dient.
„Er sah die
Stadt an." Leuchtend und herrlich lag vor Ihm der Tempel. Vielleicht stieg
dort gerade der Rauch auf vom Abendopfer. Seht doch, wie religiös die Stadt
war! Jawohl, religiös – aber ohne Buße. Da war Religion – aber Jesus war
draußen vor der Stadt und weinte. Man hielt Feste und Gottesdienste, aber „sie
erkannten nicht die Zeit, darin Gott sie heimsuchte".
Die Tränen Jesu
waren Gottes Todesurteil über Jerusalem. Gewiss – Gottes Reich ging damit nicht
zugrunde. Im Gegenteil! Der Fall Jerusalems wurde das Heil der Völker. Gottes
Sache fällt nicht mit der Untreue der Menschen. Und doch weint Jesus. Und Er
enthüllt damit ganz und gar Sein Herz gegen Sünder. Er will nicht, dass jemand
verloren gehe. „… dem allemal das Herze bricht / wir kommen – oder kommen
nicht." Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hatte)
Wir sollen nicht verloren
werden,
Gott will, uns soll
geholfen sein;
Deswegen kam der Sohn auf
Erden
Und nahm hernach den
Himmel ein;
Deswegen klopft er für und
für
So stark an unsres Herzens
Tür.
Mittwoch nach Invocavit
Wenn doch auch du erkenntest zu dieser
deiner Zeit, was zu deinem Frieden dient.
Lukas 19, 42
Tausende mühen
sich mit Fleiß, zu erkennen, was unser Volk in der Welt vorwärts bringt. –
Tausende von Wissenschaftlern mühen sich mit Emsigkeit um die Erkenntnis, was
in der Vergangenheit war – oder wie die fernen Welten der Sterne beschaffen
sind – oder welches die letzten und geheimen Kräfte der Natur sind.
Um so
mancherlei Erkenntnisse bemühen wir uns alle. Und doch, gilt nicht vielleicht
auch uns das traurige Wort des Heilandes: Wenn du doch erkenntest, was zu
deinem Frieden dient"? Das ist die wichtigste Erkenntnis, die es geben
kann, dass man weiß, wie man Frieden mit Gott bekommt. Diese Erkenntnis ist
göttliche Weisheit. Aber nur wenige bemühen sich um diese göttliche Weisheit.
Gebe Gott uns
die Gnade, dass wir zu diesen wenigen gehören, die nach dieser göttlichen
Erkenntnis und Weisheit trauten!
Diese Erkenntnis allerdings ist grundverschieden von aller
menschlichen Erkenntnis. Sie erfordert nicht eine Vorbildung auf irgendwelchen
Schulen, sondern sie erfordert nur ein demütiges und gehorsames Herz, das
begierig auf Gottes Wort lauscht.
Diese göttliche Erkenntnis wird auch nicht auf irgendwelchen
Schulen gewonnen und bei menschlichen Lehrern. Der Lehrer dieser göttlichen
Weisheit ist der Heilige Geist. Der zeigt uns nicht „das", sondern „Den",
der uns dient, „auf dass wir Frieden hätten“ – nämlich Jesus, der Frieden
gemacht hat mit Gott durch Sein Blut. Amen.
(Melodie: Valet will ich
dir geben)
Der, der hat ausgelöschet,
Was mit sich führt den
Tod.
Der ist's, der rein mich
wüschet,
Macht schneeweiß, was
blutrot.
In ihm darf ich mich
freuen,
Hab einen Heldenmut,
Darf kein Gerichte
scheuen,
Wie sonst ein Sünder tut.
Donnerstag nach Invocavit
Und Jesus ging in den Tempel und fing an
auszutreiben, die darin verkauften und kauften.
Lukas 19, 45
Es ist doch
merkwürdig, dass ein Mann solch eine
Austreibung vornehmen kann! Warum ließen sie es sich gefallen? Warum schwiegen
sie und duckten sich?
Da waren doch gewiss
Leute dabei, die oft mit Jesus und über Jesus diskutiert und gestritten hatten.
Ja, es waren gewiss Leute darunter, die sich oft innerlich gegen Sein Wort
gewehrt hatten. Wo war nun ihr Mut? Sie sahen sicherlich etwas von Seiner
verborgenen Herrlichkeit.
Und so wird es
einmal bei der Wiederkunft Jesu sein. Jetzt kann die Welt sich gegen Ihn
innerlich verstocken. Jetzt kann sie über und gegen Jesus reden und streiten.
Aber jeder Mund wird verstummen, wenn Er wiederkommt in Herrlichkeit.
„Und er fing an
auszutreiben." – Warum tut Er das? Warum gerät Er, der Barmherzige, hier
in heiligen Zorn?
Wir sind meist
gewohnt, nur das eine Motiv des Handelns Jesu zu sehen: Sein abgründiges
Erbarmen mit verlorenen Sündern. Hier sehen wir dahinter ein anderes Motiv:
Sein Eifern um die Ehre Gottes. Um Gottes Ehre geht es Jesus. Gottes Ehre ist
geschändet durch diesen Handel im Tempel. Wenn dies Volk Gott schon nicht
liebt, dann sollen sie sich wenigstens vor Ihm schämen. Darum setzt Jesus dies
„Austreiben im Tempel" bis zu diesen Tagen fort. Allerdings – der Tempel
zu Jerusalem fiel in Trümmer. Eine Moschee steht an seiner Stelle. Aber in
einem besseren Tempel treibt Jesus Sein Werk der Reinigung: Das ist der heilige
Tempel Gottes aus lebendigen Bausteinen – die Gemeinde. Auch hier will das
Wesen der Welt sich oft breit machen. Aber der Herr sorgt durch Führung und
Wirken Seines Geistes dafür, dass dieser Geist der Welt ausgetrieben wird. Gott
soll allein regieren und die Ehre haben in Seiner Gemeinde. Amen.
(Melodie: Ich bete an die
Macht der Liebe)
Entdecke alles und
verzehre,
Was nicht in deinem Lichte
rein,
Wenn mir's gleich noch so
schmerzlich wäre;
Die Wonne folget nach der
Pein.
Du wirst mich aus dem
finstern Alten
In Jesu Klarheit
umgestalten.
Freitag nach Invocavit
Er sah aber auch eine arme Witwe, die
legte zwei Scherflein ein.
Lukas 21, 2
Was hat doch,
der Herr Jesus für wundersame Augen! Er. sieht das, was wir nicht sehen. Und
das, worauf unsere Augen gerichtet sind, das übersieht Er.
Die Welt war
voll von den Taten des römischen Kaisers. Jesus aber dachte: „Der Mensch ist
wie eine Blume auf dem Felde. Wenn der Wind darüber geht, ist sie nimmer da.
Und ihre Statte kennet sie nicht mehr."
Wer aber
beachtete die arme Witwe! Wie belanglos waren vor den Augen der Menschen ihre
zwei Scherflein!
Doch gerade
diese Frau sieht Jesus. Und Er nimmt sie so wichtig und macht ein solches
Aufsehen um sie, dass wir heute noch von ihrer Gabe wissen.
Jesus sieht die
Dinge hinter den Kulissen dieser Welt.
Wie viel
prunkvolle Kunst war in dem Tempel in Jerusalem! Jesus hat nur ein Wort dafür: „Es
wird kein Stein auf dem anderen bleiben." Aber ein Menschenherz, das so
innig seinen Gott liebt, dass es fröhlich und heimlich alles opfert, wie diese
Witwe, – das ist Ihm so wichtig, dass Er es vor aller Welt preist.
Jesus sieht
hinter die Kulissen. Auch in unserem Leben. Mögen wir immerhin der Welt ein
buntes und geschicktes Theater vorführen, das sieht Jesus nicht an. Aber unsere
versteckte Not, unsere stillen Gebete, unsere verzweifelte Selbstsucht und
unsere heimliche Liebe zu Ihm – all dies Verborgene sieht Er an.
„Der Mensch
siehet, was vor Augen ist, Gott aber siehet das Herz an." Amen.
(Melodie: Dir, dir,
Jehova, will ich singen)
Lass mich, o Herr, in
allen Dingen
Auf deinen Willen sehn und
dir mich weih'n;
Gib selbst das Wollen und
Vollbringen
Und lass mein Herz dir
ganz geheiligt sein.
Nimm meinen Leib und Geist
zum Opfer hin;
Dein, Herr, ist alles, was
ich hab und bin.
Sonnabend nach Invocavit
Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches
eine große Belohnung hat.
Hebräer 10, 35
Wir sind
manchmal doch rechte Narren. Und Gott muss viel Geduld mit uns haben.
Was wir
wegwerfen sollten, das halten wir krampfhaft fest. Und was wir festhalten sollten,
das werfen wir leichtsinnig weg.
Ja, es gibt eine Menge Dinge, die wir wegwerfen sollten. Zum
Beispiel unsere Sorgen. Das Wort Gottes mahnt uns: „Alle eure Sorgen werfet auf
ihn; denn er sorget für euch." So könnten wir unsere quälenden Sorgen und
kleinen Lasten wegwerfen an einen guten Platz. Aber wer tut das?
Wegwerfen
sollten wir unsere Liebe zu uns selbst, unsere Launen, unsere schlechten
Gewohnheiten, unseren Geiz, unsere Lieblingssünde! Aber – nicht wahr? – das
halten wir fest, da will das Wegwerfen gar nicht gelingen.
Aber da gelingt uns das „Wegwerfen" nur zu gut, wo wir festhalten
sollten. „Werfet euer Vertrauen nicht weg!" Hier ist nicht die Rede vom
Vertrauen zu uns selbst – das gehört vielmehr zu den Dingen, die wir getrost
wegwerfen können. Nein, hier ist die Rede vom Vertrauen zu dem allmächtigen
Gott, der in Jesus unser Vater ist.
Es ist wohl so,
dass wir ein gewisses „Gottvertrauen" haben. Aber wenn nun eine schwere
Not kommt, wenn durch unsere Lieblingspläne ein. Strich gemacht wird, wenn uns
bitteres Ungemach trifft, wenn sich Trübsal oder Verfolgung um des Wortes
Gottes willen erheben – dann schiebt sich das Misstrauen in unser Herz: „Gott
kennt mich nicht." „Er hat mich vergessen." Ja, wir rechnen dann wohl
gar nicht mehr im Ernst mit Ihm. Wir schauen nach Menschen aus, nach
menschlicher Hilfe und irdischen Auswegen.
Weggeworfenes
Vertrauen! Wegwerfen kann man ja nur, was man hat. Und so meint unser
Bibelwort, dass ernste Christen oftmals ihr Vertrauen wegwerfen wollen.
Das ist
schlimm. Denn wir müssen wissen: Gerade die Stunde, in der wir das Vertrauen
wegwerfen wollen, ist die Stunde, wo wir es erst richtig lernen sollen. Amen.
Sonntag Reminiszere
Darum gedenke ich an die Taten des
Herrn; ja, ich gedenke an deine vorigen Wunder.
Psalm 77, 12
Da ist ein
Wanderer in stürmischer Nacht verirrt. Er will sich nach den Sternen
orientieren. Aber Wolken haben die Sterne verhüllt. Nun ist er ratlos und
verlassen.
So geht es
einem Weltmenschen, wenn die Nacht des Lebens ihn überfällt. Die Sterne, die
ihm leuchteten, sind erloschen. Ein Christ aber kommt nie in diese Lage. Ihm
leuchten alle Zeit die Sterne, die ihm Trost und Frieden geben und nach denen
er sein Leben orientieren kann.
Die Sterne sind
die großen Taten Gottes.
Dunkle Nacht
des Leides umgab den Sänger des 77. Psalms. Wir wissen nichts Näheres darüber.
Aber dunkle Wolken der Schwermut lagen über ihm: „Wird denn der Herr ewiglich
verstoßen und keine Gnade mehr erzeigen? Ist's denn ganz und gar aus mit seiner
Güte…?"
Aber da
beginnen die stillen Sterne zu funkeln: „Darum gedenke ich an die Taten des
Herrn; ich gedenke an deine vorigen Wunder."
So spricht der
Mann aus dem Alten Bund. Wie viel mehr können wir so sprechen! Wir wissen von
der Barmherzigkeit Gottes, die im Kreuze von Golgatha sich offenbarte. Wir
wissen von der wunderbaren Macht, die in der Auferstehung Jesu, unseres
Heilandes, sich zeigte.
Sieh, das sind
die Sterne, die in der dunkelsten Nacht leuchten: Gottes Taten in Jesus
Christus. Taten Gottes für uns! Welch reichen Trost gewinnen Christen aus dem
Schauen auf Jesus. Da wird die Nacht hell, Gottes Liebe gewiss. Und das Herz
spricht: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein
Unglück." Amen.
(Melodie: Mein
Herzensjesu, meine Lust)
Der Herr ist noch und nimmer
nicht
Von seinem Volk
geschieden;
Er bleibet ihre
Zuversicht,
Ihr Segen, Heil und
Frieden.
Mit Mutterhänden leitet er
Die Seinen stetig hin und
her.
Gebt unserm Gott die Ehre!
Montag nach Reminiszere
Gedenke an mich, wenn du in dein Reich
kommst.
Lukas 23, 42
Wer möchte
nicht eine Spur seines Lebens hinterlassen? Es wäre uns doch sehr schmerzlich,
wenn wir uns sagen müssten, dass wir schon ein paar Tage nach unserem Tode
vergessen wären. Wir möchten gern, dass man unser gedenkt.
Was haben
Menschen für gewaltige Anstrengungen gemacht, um im Gedenken der Nachwelt
unvergessen zu sein! Die babylonischen Könige haben ihre Taten auf die Mauern
ihrer Paläste geschrieben. Die römischen Kaiser haben sich steinerne
Triumphpforten gebaut.
Und doch – es
gilt von allem Menschlichen: „Der Mensch ist in seinem Leben wie eine Blume auf
dem Felde. Wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da und" – das ist
erschütternd wahr – „ihre Stätte kennet sie nicht mehr."
Es ist darum so
sinnlos, sich um ein Gedenken bei den Menschen zu bemühen. Eines Tages hat der
Wind endgültig unsere Spur verweht.
Es gibt etwas
Besseres als das mehr oder weniger freundliche Gedenken der Menschen. Das ist
das Gedenken unseres Heilandes. Darauf kommt es an, dass Er unser gedenkt. „Herr,
gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst", sprach der Schächer am
Kreuz, „Herr, gedenke an mich!" Das ist eine sinnvolle Bitte.
Es wird einmal
sehr gleichgültig sein, ob unser Name irgendwo in den Büchern dieser Welt
steht. Aber daran wird uns einmal sehr viel liegen, ob unser Name in dem Buche
des Lebens verzeichnet steht.
Darauf sollte
unser Sinnen und Trachten gerichtet sein, dass der Herr uns kennt, dass Er
unser gedenkt, – heute, morgen, in der Stunde unseres Todes und in alle
Ewigkeit. Amen.
(Melodie: Ach, Gott und
Herr)
Zieh uns nach dir
Nur für und für
Und gib, dass wir
nachfahren
Dir in dein Reich,
Und mach uns gleich
Den auserwählten Scharen!
Dienstag nach Reminiszere
Gedenke, wovon du gefallen bist.
Offenbarung 2, 5
Ein Wort des
erhöhten Herrn an eine Gemeinde!
Hätten Menschen
diese Gemeinde in Ephesus besichtigt, sie hätten alles in Ordnung gefunden. „Du
kannst die Bösen nicht tragen; du hast die falschen Apostel entlarvt. Du
beweist Geduld. Du trägst Lasten um meinetwillen. Du arbeitest
unermüdlich." All das bescheinigt der Herr Jesus selbst dieser Gemeinde.
Wenn doch
einmal alle christlichen Gemeinden in Deutschland so aussehen wollten! Die
Gemeinde in Ephesus ist ja doch geradezu vorbildlich.
Und doch – ein
Warnruf aus Jesu Mund: „Gedenke, wovon du gefallen bist."
Wovon denn
gefallen?
„Ich habe wider
dich, dass du die erste Liebe verlässest."
Tief verborgen
im Innersten, keinem Menschen sichtbar, sitzt ein geheimer, tödlicher Schade:
Die erste Liebe stirbt.
„Gedenke, wovon
du gefallen bist!" Wie köstlich waren jene geistlichen Frühlingstage, als
das Gewissen durch Jesu Gnade frei wurde vom Druck der Schuld; als Friede mit
Gott wie ein neuer, heller Tag über dem Leben aufging; als die Liebe zu Jesus
und die Freude am Herrn das beherrschende Motiv des Lebens war; als man die
„Gemeinde" entdeckte und als die Bruderliebe brannte.
Frühlingstage!
Aber „es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht". Es tut uns ab und zu Not,
solch ein „Gedenken" abzuhalten. Gerade darum, weil die Gnade Jesu uns so
hoch stellt, aus verlorenen Menschen Kinder des lebendigen Gottes macht, gerade
darum können Christen so tief fallen.
„Tue
Buße!" sagt Jesus. Das ist das Herrliche, dass wir wieder ganz neu
anfangen dürfen, weil der Herr geduldig ist. Amen.
(eigene Melodie)
Fahre fort, fahre fort,
Zinn, fahre fort im Licht,
Mache deinen Leuchter
helle, lass die erste Liebe nicht,
Suche stets die
Lebensquelle;
Zion, dringe durch die
enge Pfort, fahre fort, fahre fort!
Mittwoch nach Reminiszere
Die Kinder Israel gedachten nicht an den
Herrn, ihren Gott.
Richter 8, 34
Es kann sehr
schlimm sein, wenn wir etwas Wichtiges vergessen, etwa eine Verabredung, eine
Verpflichtung, einen dringenden Brief. Wir haben alle schon solche unangenehmen
Lagen erlebt. Wie muss man da Vorwürfe einstecken! Und die meisten Vorwürfe muss
man sich ja selbst machen.
In unserem
Bibelwort aber wird von einem Vergessen berichtet, das sich geradezu
vernichtend und tötend auswirken muss: „Sie gedachten nicht an den Herrn, ihren
Gott."
Es steht da
nicht, dass sie Gott leugneten. Es steht auch nicht da, dass sie Ihm
absichtlich den Rücken kehrten und Ihm trotzten. O nein, „sie gedachten nicht
an den Herrn, ihren Gott". Es schob sich soviel anderes dazwischen. Die
Zeit war so ausgefüllt mit Geschäften, Beruf, Politik, Familie, Verpflichtungen
und Zerstreuungen, dass man gar nicht mehr dazu kam, vor Gott stille zu werden.
Und dann – Gott
selbst verhielt sich so still. Die Dinge dieser Welt dagegen waren so laut.
Gott war unsichtbar. Die Dinge der Welt grell und bunt, aufdringlich und
gewaltig.
So kam es: „Sie
gedachten nicht an den Herrn, ihren Gott."
Ist das nicht
die Geschichte von unzähligen „Christen"? Vielleicht ist es unsere
Geschichte!?
Da leugnet man
Gott nicht. Da will man an Gottes Heil in Jesus teilhaben. Da bildet man sich
selber noch ein, es sei alles in Ordnung. Und in Wahrheit führt man längst ein
Leben ohne Gott. Nirgendwo ist das Tun bestimmt von heiliger Furcht vor Gott
oder von Liebe zu Jesus.
Gott helfe uns,
dass die Hauptsache wieder Hauptsache wird in unserem Leben. Amen.
(Melodie: Seelenbräutigam)
Steure meinen Sinn,
Der zur Welt will hin,
Dass ich nicht mög von dir
wanken,
Sondern bleiben in den
Schranken;
Sei du mein Gewinn,
Gib mir deinen Sinn.
Donnerstag nach Reminiszere
Gedenket an den großen, schrecklichen
Herrn!
Nehemia 4, 8
O unsere
Gedanken!
Sie bauen sich so gern Luftschlösser, zimmern sich eine Welt
zurecht, wie wir sie gern hätten.
Und dann kommt
die Wirklichkeit. Da stürzen die Luftschlösser zusammen. Die Ernüchterung ist
eine schmerzhafte Sache. Besonders schlimm ist das, wenn es sich dabei um die
Wirklichkeit des lebendigen Gottes handelt.
Auch wo es sich
um Gott handelt, sind unsere Gedanken geschäftig. Ja, hier besonders, weil Gott
ein unsichtbarer Gott ist. Da sind die Gedanken emsig, einen Gott
zurechtzumachen, wie er uns behagt. Etwa einen lieben Gott", der der
Knecht aller unserer Wünsche sein soll. Oder einen „harmlosen Gott", in
dem wir irgendein Idealbild dargestellt sehen wollen.
Wie furchtbar
ist da das Aufwachen, wenn wir auf die Wirklichkeit Gottes stoßen! Er ist ja so
ganz anders. Ein „großer und schrecklicher" Gott. Oder ist das nicht ein
großer und schrecklicher Gott, an dem ein Pharao zerschellte? Ist das nicht ein
großer und schrecklicher Gott, der Sein eigenes Volk in Gerichte gibt um seines
Ungehorsams willen? Ist das nicht ein großer und schrecklicher Gott, der die
Sünde der Welt so gewaltig richtete am Kreuz von Golgatha?
„Gedenket an
den großen und schrecklichen Herrn!"
Dies Wort hat
Nehemia gesprochen. Und er hat es seltsamerweise gesagt als ein Trostwart, ehe
die Männer die Mauern Jerusalems verteidigen mussten gegen grimmige Feinde.
Wer mit der
Größe und Gewalt des lebendigen Gottes rechnet und darum rechtzeitig Seine
Gnade und Sein Heil ergriffen hat, dem ist Seine gewaltige Wirklichkeit nicht
Schrecken, sondern Trost und Kraft. Amen.
(Melodie: Großer Gott, wir
loben dich)
Heilig, Herr Gott Zebaoth!
Heilig, Herr der
Kriegesheere!
Starker Helfer in der Not!
Himmel, Erde, Luft und
Meere
Sind erfüllt von deinem
Ruhm;
Alles ist dein Eigentum.
Freitag nach Reminiszere
Du wirst an deine Wege gedenken und dich
schämen.
Hesekiel 16, 61
So ist es mit
unseren Wegen: Wenn wir sie einmal im Lichte Gottes sehen, dann möchten wir vor
Scham versinken.
Es kann sein, dass
wir dies Wort des Propheten Hesekiel in dieser Stunde noch gar nicht verstehen,
weil wir noch blind auf unsern Wegen laufen. Aber es steht über uns, dies Wort.
Es wird in Erfüllung gehen: „Du wirst an deine Wege gedenken und dich
schämen." Und wenn es bis zum Jüngsten Tage dauern sollte: Das Wort wird
sich erfüllen.
„Du wirst an
deine Wege gedenken!" – Unsere Wege – das können Wege sein, wie sie die
große Sünderin ging: voll Übertretung und Sündenschmutz, voll wilder Sinnenlust
und Verachtung Gottes.
Unsere Wege – das
können auch Wege sein, wie Paulus sie als Saulus ging: voll Selbstgerechtigkeit
und innerem Hochmut.
In jedem Falle
gilt: „Du wirst an deine Wege gedenken und dich schämen."
Es ist ein unheimlicher Ton in diesem Wort: „Du wirst an
deine Wege gedenken." Das heißt doch, dass die Vergangenheit nicht tot
ist; dass nicht vergessen ist, was wir so gern vergessen wollen; dass alle
Schuld ein zähes, unheimliches Leben hat. Wir sagen: „Was vergangen, kehrt
nicht wieder…" Gottes Wort sagt: „Doch, es kehrt wieder. Du wirst an deine
Wege gedenken – und dich schämen."
Es gibt nur
einen Ausweg: dass ich meine Wege jetzt schon vor Gott stelle, Buße tue und
mich durch Jesu Blut reinigen lasse. Was Er vergibt, ist in Ewigkeit abgetan.
Amen.
(Melodie: Auf meinen
lieben Gott)
Durch dein unschuldig
Blut,
Vergossen mir zugut,
Wasch ab all meine Sünde,
Mit Trost mein Herz
verbinde
Und ihrer nicht gedenke,
Ins Meer sie tief
versenke.
Sonnabend nach Reminiszere
Danach goss Jesus Wasser in ein Becken,
hob an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz,
damit er umgürtet war.
Johannes 13, 5
„Er wird ein
Knecht und ich ein Herr / das mag ein Wechsel sein!"
Hier führt der
Herr Jesus uns die Wirklichkeit des Evangeliums vor Augen: „Des Menschen Sohn
ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene." Er,
der ein Herr ist über alles, – Er wird unser Knecht und dient uns. Es steht
ausdrücklich vorher da: „Da Jesus wusste, dass ihm der Vater hatte alles in
seine Hände gegeben, nahm er einen Schurz und umgürtete sich." Also in
einer Stunde, in der Jesus Seiner Herrlichkeit als Sohn Gottes inneward, ward
Er zum Knecht.
Wir müssen
darauf achten, wem der Herr Jesus hier diente.
Er diente
Seinen Jüngern, deren Schwachheit und Untreue Er doch kannte.
Das Überwältigendste
ist aber, dass Er sogar dem Judas die Füße wusch. Er diente sogar Seinem
Verräter. Er hörte nicht auf, ihn zu lieben.
Davon leben die
Christen, und davon lebt die Gemeinde Jesu Christi, dass sie sich den Dienst
der Reinigung durch Jesus gefallen lässt. Es gibt stolze Herzen, die wollen
sich diesen Dienst nicht gefallen lassen. Die sprechen mit Petrus: „Nimmermehr
sollst du mich waschen!" Aber ihnen gilt das ernste Wort des Heilandes:
„Werde ich dich nicht waschen, so hast du kein Teil mit mir."
Aber fröhlich
werden über diesem Dienen Jesu die beladenen Gewissen, die ihre
Erlösungsbedürftigkeit erkannt haben. Amen.
(eigene Melodie)
Ich bete an die Macht der
Liebe,
Die sich in Jesu
offenbart;
Ich geb' mich hin dem
freien Triebe,
Wodurch ich Wurm geliebet
ward;
Ich will, anstatt an mich
zu denken,
Ins Meer der Liebe mich
versenken.
Sonntag Okuli
Des Herrn Augen schauen alle Lande, dass
er stärke die, so von ganzem Herzen an ihm sind.
2. Chronik 16, 9
Der König Asa
kannte den Herrn und wollte Ihm auch angehören. Aber dann kam auf einmal eine
schreckliche Zeit. Der feindliche König Baesa bedrohte ihn und Gottes Land.
Da verlässt Asa
den Weg, den er bisher gegangen ist. Bisher hat er gemeint, er fahre am besten,
wenn er seinem Herrn und Heiland vertraue. Aber als nun die Schwierigkeiten
kommen, da kommt ihm sein Glaube kindlich vor: Er sucht Hilfe bei dem
heidnischen Syrerkönig. Er handelt schlau, nach der Weise der Welt, – aber sein
Weg ist Ungehorsam gegen seinen Gott.
Und da
erscheint eines Tages der Seher Hanani in seinem Schloss und spricht zu ihm im
Auftrag Gottes: „Des Herrn Augen schauen alle Lande, dass er stärke die, so von
ganzem Herzen an ihm sind."
Ein
unheimliches Wort für Leute wie Asa. An diese Augen über ihm hat Asa gar nicht
mehr gedacht. Seine Geschäftigkeit nahm ihn gefangen. So wie wir diese Augen
vielleicht vergessen über all unserem „Rennen und Laufen". – Aber sie sind
da, diese Augen, ungeblendet von dem Glanz, den wir uns und unserem Werk geben
wollen. Sie prüfen und – verwerfen.
Oder aber – sie schauen voll Liebe und Barmherzigkeit die,
so von ganzem Herzen an Ihm sind und mit Ihm rechnen und Ihm vertrauen.
Lasst uns doch
diese prüfenden Augen Gottes über uns nicht vergessen in allem, was wir tun.
Amen.
(Melodie: Wie wohl ist
mir, o Freund der Seelen)
Du führest mich, ich kann
nicht gleiten,
Dein Wort muss ewig feste
stehn;
Du sprichst, dein Auge
soll mich leiten,
Dein Angesicht soll vor
mir gehn;
Ja, deine Güt' und dein
Erbarmen
Soll mich umfangen und
umarmen.
O dass ich nur recht
kindlich sei,
Bei allem gläubig zu dir
flehe
Und stets auf deinen Wink
nur sehe,
So spür' ich täglich neue
Treu'.
Montag nach Okuli
Und der Herr wandte sich und sah Petrus
an.
Lukas 22, 61
Wilde,
hohnlachende Gesichter schauen auf den Petrus.
Wütend fährt er
einen Knecht des Hohenpriesters an: „Was sagst du da? Ich gehöre auch zu dem
Jesus, den sie da drinnen im Palast des Hohenpriesters verhören?! Bei Gott!
Mensch, ich weiß nicht, was du sagst! Ich kenne den Menschen nicht." – Und
alsbald krähte der Hahn.
„Und der Herr
wandte sich und sah Petrus an."
Was liegt nicht
alles in diesem Blick Jesu! Traurigkeit über die Untreue des Treuesten;
Erbarmen mit dem schwachen Menschenherz; Liebe, die den Verlaufenen zurechtbringt;
ernste Forderung, nun Schluss zu machen mit diesem unwürdigen Treiben.
„… und Petrus
ging hinaus und weinte bitterlich."
Es ist doch
etwas Großes, wie hier Jesus über Seinen Jünger wacht. Während Er selbst in die
dunkle Nacht du Leidens geht, macht Er an Seinem Jünger die Verheißung wahr: „Ich
will dich mit meinen Augen leiten."
Aber schön ist
es auch, dass Petrus sich von Jesu Blick zur Buße rufen lässt. So hat Jesus
auch den Judas angesehen. Aber der hat sein Herz verstockt. Und wir?
In der „Johannes-Passion"
von Johann Sebastian Bach findet sich ein unbekannter Choralvers: „Petrus, der
nicht denkt zurück / seinen Gott verneinet / der doch auf den ersten Blick /
bitterlich jetzt weinet. / Jesu, blicke mich auch an / wenn ich nicht will
büßen. / Wenn ich Böses hab' getan / rühre mein Gewissen."
Jesu Augen, die
uns zur rechten Stunde ansehen – und ein Herz, das sich von Seinen Augen leiten
lässt –: So mag es wohl geschehen, dass ein verlorenes, irrendes Menschenherz
doch schließlich zurechtkommt und noch etwas wird „zu Lobe seiner
Herrlichkeit". Amen.
(Melodie: Ich will dich
lieben, meine Starke)
Erhalte mich auf deinen
Stegen
Und lass mich nicht mehr
irre gehn;
Lass meinen Fuß in deinen
Wegen
Nicht straucheln oder
stille stehn;
Erleucht' mir Leib und
Seele ganz,
Du starker Himmelsglanz.
Dienstag nach Okuli
Hast du denn auch fleischliche Augen,
oder siehst du, wie ein Mensch sieht?
Hiob 10, 4
Ja, das meinen
wir manchmal! Wir bilden uns ein, Gott habe fleischliche Augen und sehe, wie
ein Mensch sieht.
Das hat Jana
gemeint, als er vor dem lebendigen Gott floh. Als wenn man sich vor Gottes
Augen verstecken könnte! Vor Menschen-Augen kann man flüchten. Aber Gott! „Von
allen Seiten umgibst du mich." Es gibt keinen Platz, wo Seine Augen uns
nicht sähen.
„Siehst du, wie
ein Mensch sieht?" Das haben Ananias und Saphira gemeint, als sie mit
ihrer Gabe vor Gott und Menschen glänzen wollten und doch dabei nicht ganz
aufrichtig waren. Wie haben sie sich getäuscht! Schrecklich zog Gott ihren
Betrug ans Licht. Er hat göttliche und nicht „fleischliche" Augen.
Nein, Gott
sieht nicht, wie ein Mensch sieht.
Das erfuhr
Zachäus, als er mit seinem unruhigen Gewissen auf dem Baume saß und von ferne
nach Jesus ausschaute. Kein Mensch sah, was in ihm vorging. Aber der Herzenskündiger
sah es: „Zachäus, steig eilend herab! Ich muss heute in deinem Hause
einkehren."
Und der Kranke
am Teich Bethesda erfuhr es. Achtunddreißig Jahre hat er in den Krankenhallen
gelegen. Kein Mensch hat sich um ihn gekümmert. Niemand beachtete den Mann im
Winkel. Aber Jesu barmherzige Augen entdecken ihn: „Willst du gesund
werden?"
Der Herr hat
göttliche Augen und nicht „fleischliche". Er sieht nicht, wie ein Mensch
sieht. Warum spielen wir denn so oft Verstecken vor Ihm mit unserer Sünde und
mit unseren Lasten? Lasst uns wandeln im Licht vor Seinem Angesicht! Amen.
(Melodie: Wie nach einer
Wasserquelle)
Lass in deinem Licht mich
wandeln,
O du heller Morgenstern.
Lehr mich, dass ich recht
zu handeln
Aus dem Wort des Lebens
lern;
Und gleichwie du für und
für
Bist des Vaters Bild und
Zier,
Also lass, Herr, deine
Strahlen
In mir auch dein Bildnis
malen.
Mittwoch nach Okuli
Ich will dich mit meinen Augen leiten.
Psalm 32, 8
Wenn zwei
Menschen sich recht gut verstehen, dann braucht es zwischen ihnen nicht viele
Worte. Ein Knecht, der seinem Herrn gern dient und ihn verehrt, versteht den
Auftrag, wenn der Herr ihn nur mit den Augen ruft. – Eine Mutter, die ein recht
inniges Verhältnis zu ihren Kindern hat, kann mit einem Blick oft mehr
erreichen, als eine andere mit vielen Worten. – Und wie gut erst verstehen es
zwei Menschen, die sich herzlich lieb haben, mit den Augen sich zu leiten und
zu rufen.
Und nun sagt
unser himmlischer Herr zu den Seinigen: „Ich will dich mit meinen Augen
leiten."
So nahe will der große Herr den Seinen in Jesus kommen, so
einen innigen und herzlichen Bund will Er mit ihnen eingehen, dass Er sie rufen
und leiten kann wie ein Bräutigam die Braut – mit einem Wink Seiner Augen.
„Sehet doch da / Gott will so freundlich und nah / zu den Verlornen sich
kehren."
Dies Wort legt
uns aber auch eine große Verantwortung auf. Man muss schon ein Herz haben, das
auf den Herrn gerichtet ist, wenn man in einem solchen Bund mit dem Herrn
stehen will. Nicht umsonst steht in dem nächsten Vers des 32. Psalms: „Seid
nicht wie Rosse und Maultiere, die nicht verständig sind, weichen man Zaum und Gebiss
muss ins Maul legen."
Wo man
leichtfertig sündigt und sein Gewissen abstumpft, wo man nicht im Gebet und am
Worte Gottes bleibt, da kann der Herr nicht mit den Augen leiten. Da redet Er
eine andere Sprache.
Der Herr
schenke uns ein gutes Gewissen und einen feinen Sinn für Ihn. Amen.
(Melodie: Erquicke mich,
du Heil der Sünder)
Mein Wirken, Wollen und
Beginnen
Sei kindlich folgsam
deinem Trieb;
Bewahr mein Herz und alle
Sinnen
Untadelig in Gottes Lieb;
Dein in mir Beten, Lehren,
Kämpfen
Lass mich auf keine Weise
dämpfen.
Donnerstag nach Okuli
Herr, deine Augen sehen nach dem
Glauben.
Jeremia 5, 3
Jawohl, Gott
hat andere Maßstäbe und andere Gesichtspunkte als wir. Uns imponiert ein großer
Titel, ein hoher Rang. Uns blenden Macht, Geld, Ruhm, Einfluss.
Aber das wiegt
leicht bei Gott.
Wir machen Ihm
auch nicht Eindruck mit wirklichen oder scheinbaren Verdiensten. Wie armselig
erschien Ihm der Pharisäer, der im Tempel all seine Tüchtigkeit und Frömmigkeit
ausbreitete!
Wonach sehen
Gottes Augen? – Nach, dem Glauben!
Seine Augen
durchgehen die Welt, wo ein Herz sei, das sich aufrichtig zu Ihm kehrt und Ihm
alles Gute zutraut. Darum hat Er Seinen lieben Sohn, den Herrn Jesus,
dahingegeben, dass wir Ihm ganz und gar vertrauen.
Da steht der
Zöllner im Tempel. Von allen Seiten umgeben ihn seine Sünden. Er wagt gar nicht
aufzuschauen. Und doch traut er Gott zu, dass bei Ihm viel Vergebung sei:
„Gott, sei mir Sünder gnädig!" Sieh, diesen Mann sahen Seine Augen gnädig
an.
Es fällt
unserem Herzen so schwer, recht zu glauben. Wir sind voll Misstrauen. Wir
meinen, wir könnten zu kurz kommen oder betrogen sein, wenn wir all unser
Vertrauen auf Ihn stellen. Wir meinen, wir müssten allerlei mitbringen, wenn
wir zu Ihm kommen. Wir fürchten, Er könne den verlorenen Sohn so einfach nicht
annehmen.
Wie wenig
kennen wir Gottes Herz! In Jesus ruft Er und lädt ein. Möchte der Heilige Geist
uns recht glauben lehren, damit dann all unser Vertrauen Ihm gehört. Amen.
(Melodie: Wer nur den
lieben Gott lässt walten)
Wie wohl ist mir, wenn
mein Gemüte
Hinauf zu dieser Quelle
steigt,
Von welcher sich ein Strom
der Güte
Zu mir durch alle Zeiten
neigt,
Dass jeder Tag sein
Zeugnis gibt:
Gott hat mich je und je
geliebt.
Freitag nach Okuli
Jesus sprach zu ihm: Judas, verrätst du
des Menschen Sohn mit einem Kuss?"
Lukas 22, 48
Eines Tages
sahen die Augen Jesu den Mann aus Karioth an. Dieser Blick gewann Macht über
ihn. Er hätte nicht sagen können, was denn nun eigentlich an diesen Augen ihn
so zog. Sah er die Gewalt des Messias? Oder war es die Barmherzigkeit, die ihm
da entgegenleuchtete? Jedenfalls verließ er alles und folgte Jesus nach.
Diese Augen
Jesu! Wie haben sie den Judas angesehen, wenn er ungeduldig wurde über die
Niedrigkeit des Messias. Es war, als wollten sie ihm zurufen: Glaube nur!
Aber eines
Tages fing Judas an, sich von Jesus zu lösen. Ganz heimlich geschah das. Es
begann damit, dass er von dem anvertrauten gemeinsamen Geld etwas beiseite
legte. Wie haben die Augen Jesu ihn dann wohl angeschaut? Voll abgrundtiefer
Traurigkeit. Judas senkte den Blick. Aber – das Geld behielt er.
Und er senkte
nicht mehr den Blick, sondern schaute frech in diese Augen Jesu hinein, als
diese im heiligen Zorn ihn ansprühten. Das war in Bethanien. Da hatte ein Weib
in großer Dankbarkeit Jesus gesalbt. Dem Judas hatte das nicht gepasste Aber da
fuhren diese Augen ihn an: „Lass sie in Frieden!"
Wie schwer
wurde dem Judas sein Verrat! Diese Augen wussten alles. Und es war ihm, als
wollten sie ihn rufen mit unendlicher Barmherzigkeit.
Aber eines
Tages hörten diese Augen auf, ihn zu rufen. Es war beten Abendmahl. Da wiesen
sie ihn hinaus. Furchtbar!
Und zum letzten
Mal schauten diese Augen ihn an in der Nacht des Verrates: Judas, verrätst du
des Menschen Sohn mit einem Kuss?" Da erlebte Judas: Dieser Blick war – das
Gericht. Keiner achtete mehr auf ihn, als er entsetzt floh. Grauenvolle Tage
und Nächte folgten. Er wurde den Blick dieser Augen nicht mehr los. Da nahm er
einen Strick und erhängte sich.
Auch auf uns
ruhen Jesu Augen. Sie decken das Verborgene des Herzens auf: Aber sie sind ein
Meer voll Gnade und Liebe. So rufen uns diese Augen. Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, dich zu uns wend)
Lass deines guten Geistes
Licht
Und dein hellglänzend
Angesicht
Erleuchten mein Herz und
Gemüt,
O Brunnen unerschöpfter
Güt.
Sonnabend nach Okuli
Alsbald fiel es von seinen Augen wie
Schuppen.
Apostelgeschichte 9, 18
Saulus, der
Pharisäer aus Tarsus, war nicht ein Mann, der in den Tag hineinlebte. Er setzte
sich ernsthaft auseinander mit den Dingen und Geistesströmungen.
Also auch mit
der so genannten „Frohbotschaft", dem Evangelium, das da einige Fischer
und Zöllner verkündeten. Saulus war überzeugt, dass man diese Sache nicht leicht
nehmen dürfte, gewann sie doch täglich Anhänger.
Also setzte er
sich mit dem Christentum „auseinander". Alle Gründe seiner
Gotteserkenntnis, der Philosophie, der Moral, der Vernunft, der Tradition
setzte er ein. Und dann war die Sache so klar, dass er dem Evangelium den
schärfsten Kampf ansagte, – bis zu einer stillen Stunde in Damaskus: „Da fiel
es ihm wie Schuppen von den Augen." Da erkannte er, dass Jesus, der Herr
der Herrlichkeit, sein Heiland, sein Helfer; Erlöser, Freund und Erretter sei.
O Saulus,
kluger, großer Saulus! Wo sind deine Gründe? Wo sind alle deine guten Gründe
und Einwände gegen das Evangelium?! Wo sind sie?!
Vergangen sind
sie, wie der Glanz der Sterne erlischt, wenn die Sonne aufgeht. Dahin sind sie,
wie die Schatten der Nacht, wenn das Morgenlicht anbricht.
Das ist eine
gewaltige und selige Sache, wenn der Herr selbst einem Menschen die blinden
Augen auftut durch den Heiligen Geist, wenn man offene Augen bekommt für den
Herrn der Wahrheit, für den „Aufgang aus der Höhe", für Jesus, den Heiland
und Herrn!
Gott helfe uns
aus all unseren Gründen zu Seiner Wirklichkeit, aus allen Zweifeln zu Seiner
Herrlichkeit, aus Blindheit zum klaren Sehen. Amen.
(Melodie: Ach was bin ich,
mein Erretter)
Jesus, gib gesunde Augen,
Die was taugen.
Rühre meine Augen an;
Denn das ist die größte
Plage,
Wenn am Tage
Man das Licht nicht sehen
kann.
Sonntag Lätare
Vor dir wird man sich freuen, wie man
sich freuet in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.
Jesaja 9, 2
Ernte! Etwa die
Weinernte am Rhein! Da ist ein lauter, froher und glückseliger Betrieb. Hier
ist die Freude zu Hause!
„Wenn man Beute
austeilt", geht es auch so zu. Stellt euch nur ein Kriegslager vor, wo
nach einem siegreichen Zug die Beute verteilt wird. Das singt und lärmt und
lacht und jauchzt.
So wird man
sich freuen vor dem Herrn. So!
Kommen uns die
beiden Vergleiche nicht etwas seltsam vor? Die Freude am Herrn ist doch eine
stille, tiefinnerliche Angelegenheit. Sie kommt heraus aus der Vergebung der
Sünden und der Versöhnung. Und diese stille, tiefe Freude vergleicht Jesaja mit
diesen beiden Vorgängen: Ernte und Beute austeilen.
„So wird man sich freuen", sagt
Jesaja. Also laut! Jawohl, laut! Die Welt wird und muss es hören, dass die
Kinder Gottes ihren Herrn loben und preisen und dass sie fröhlich sind in Ihm.
Der Welt passt
das nicht. Sie ermahnt uns vielleicht sogar, wir möchten doch stiller sein. Es
hätte ja niemand etwas gegen innerliche Religiosität. Aber man könne es nicht
als passend ansehen, wenn die Christen die Welt erfüllten mit dem Ruhm ihres
Herrn.
Ach, die Welt!
Sie ahnt ja nicht, dass wir nicht über unsere „Religion" froh sind,
sondern an unserem Herrn, der so Großes für uns und an uns getan hat.
„Vor dir wird
man sich freuen wie in der Ernte…" Ach nein, viel mehr! Denn alle Freude
der Welt ist vergänglich. Die Freude am Herrn aber ist eine ewige Freude. Amen.
(eigene Melodie)
Nun preiset alle Gottes
Barmherzigkeit!
Lob ihn mit Schalle,
werteste Christenheit!
Er lässt dich freundlich
zu sich laden.
Freue dich, Israel, seiner
Gnaden.
Montag nach Lätare
… wie viel mehr wird das Blut Christi,
der sich selbst ohne allen Fehl durch den ewigen Geist Gott geopfert hat, unser
Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott!
Hebräer 9, 14
In seinem
Cäsar-Roman lässt Mirko Jelusich den Cäsar am Ende seines Lebens zu Marcus
Antonius die erschütternden Worte sagen: „Merk dir's, Antonius: Du kannst den
Menschen, was immer du willst, geben, du kannst dir die Adern aufschneiden und
ihnen dein Herzblut schenken, du wandelst sie nicht im kleinsten. In allem
Neuen ringsum bleiben sie die alten. Alles umsonst! Alles umsonst!"
Nun, Cäsar wird
wohl Recht haben.
Und doch – es
gibt einen Mann – im Blick auf den hat Cäsar nicht recht. Dieser Eine hat das
getan, wovon Cäsar als Höchstes redete: Er hat den Menschen Sein Herzblut
geschenkt. Und – es war nicht vergeblich.
Dieser eine
Mann ist Jesus, der Christus, der Sohn Gottes. Sein Blut hat sich als mächtiger
erwiesen als der innere Tod des Menschen. Jesus hat Menschenherzen überwunden.
Er hat sie befreit von ihrer Vergangenheit. Er hat ihnen ein neues Leben in
Gott und aus Gott und für Gott geschenkt. „Er reinigt", sagt das Neue
Testament, unser Gewissen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen
Gott."
Darum hat
dieser Jesus am Ende auch nicht gesagt: „Alles umsonst! Alles umsonst!"
obwohl auf Golgatha es so aussah, als sei all Sein Tun vergeblich gewesen.
Sondern Er hat gerufen: „Es ist vollbracht."
Möchten wir
doch recht die heilende, vergebende, befreiende und erneuernde Kraft Seines
Blutes erfahren! Amen.
(Melodie: Wie schön
leuchtet der Morgenstern)
Durch deines Blutes Kraft,
o Herr,
Befreie du mich mehr und
mehr
Von Sünde und Verderben.
Du hast mich dir,
Immanuel,
Gar teur erkauft mit Leib
und Seel,
Die Seligkeit zu erben.
Kleiner, reiner muss ich
werden
Noch auf Erden, bis ich
droben
Dich kann ohne Sünde
loben.
Dienstag nach Lätare
Es war aber der Satan gefahren in Judas,
der da war aus der Zahl der Zwölf.
Lukas 22, 3
Es ist keine
Frage: Es geschehen teuflische Dinge in der Welt. Wer die Bibel kennt, den
nimmt das nicht wunder. Wie sollten in der Welt, die sich von Gott gelöst hat,
nicht furchtbare Dinge geschehen!
Aber mit Judas
war es anders. Er war ja einer von den zwölf Jüngern. Er war ja aus der Welt
herausgerufen.
Es ist, als
spüre man die Erschütterung, mit der der Evangelist Lukas das ausdrücklich noch
einmal feststellt: „… der da war aus der Zahl der Zwölf."
Es ist, als
höre man aus diesem Sätzlein das Schluchzen der Gemeinde: Es war ja einer von
uns, in den Satan gefahren ist.
Einer von uns!
Ja, war denn Jesus nicht stark genug, ihn zu bewahren? Hatte Jesus den Judas
denn nicht lieb?
Doch, Jesus
hatte den Judas lieb. Und Er ist mächtig, Seine Leute zu bewahren. Aber gerade
darum heißt es viel – sehr viel, wenn Jesus einen Menschen aufgibt. Da geht
eine lange, lange Geschichte des Widerstrebens und des Ungehorsams voraus.
Und wenn Jesus
ein Herz aufgibt – aufgeben muss, dann rückt Satan in die verlassene Stellung
ein und besetzt sie. Wie wichtig ist es, dass der Herr unser Leben ganz in
Seine Gewalt nimmt. „Hand, die nicht lässt / halte mich fest." Amen.
(Melodie: Straf mich nicht
in deinem Zorn)
Ja, er will gebeten sein,
Wenn er was soll geben;
Er verlanget unser
Schrein,
Wenn wir wollen leben
Und durch ihn unsern Sinn,
Feind, Welt, Fleisch und
Sünden
Kräftig überwinden.
Mittwoch nach Lätare
Judas, verrätst du des Menschen Sohn mit
einem Kuss?
Lukas 22, 48
Deutlich sehen
wir das Bild aus dem Garten Gethsemane vor uns: Hier die wilde Schar der
Männer, die ausgezogen sind, Jesum zu fangen, blutrot beleuchtet vom zuckenden
Fackellicht. – Dort drüben, unter den alten Bäumen des Gartens, die andere
Gruppe: Jesus und Seine Jünger.
Aber da ist ja
noch einer!?
Wo gehört denn
der hin? Man sieht ihn zwischen beiden Gruppen laufen. Er kam mit den Feinden
des Herrn Jesus. Also wird er wohl zu ihnen gehören.
Aber sieh“ er
läuft hinüber zu der anderen Gruppe. Mit freundlichem Lächeln tritt er auf
Jesus zu. Er tut wie einer, der sich verspätet hat. Jetzt grüßt er den Herrn
Jesus sogar mit einem Kuss.
Wir haben uns
offenbar geirrt: Er gehört doch nicht zu den Feinden Jesu. Er ist doch wohl
einer von Jesu Jüngern. Aber nun sieh, er taumelt zurück, als habe er einen
Schlag bekommen. „Verräter" hat ihn Jesus genannt. –
O dieser
unglückliche Mann zwischen den Fronten! Er tut, als gehöre er Jesus an. Und
heimlich hält er zu der Welt. Sie gab ihm ja 30 Silberlinge, warum sollte er es
nicht mit der Welt halten! Aber er wollte es auch mit Jesus nicht verderben.
Darum verriet er Ihn nicht offen, sondern mit einem Kuss.
Erkennen wir
uns nicht wieder im Bild des Judas? Ein Mann, der einer Entscheidung aus dem
Wege gehen will!
Und nun stoßen
ihn beide von sich. Jesus nennt ihn Verräter. Und als er später bei der Welt
Trost sucht, da stößt auch die ihn von sich. Da nahm er sich das Leben.
Hüten wir uns,
dem Mann zwischen den beiden Fronten zu gleichen! Jesus hat sich ganz für uns
gegeben zur Erlösung. Nun will Er uns auch ganz haben. Amen.
(eigene Melodie)
Ringe recht, wenn Gottes
Gnade dich nun ziehet und bekehrt,
Dass dein Geist sich recht
entlade von der Last, die ihn beschwert.
Ringe, denn die Pfort ist
enge, und der Lebensweg ist schmal;
Hier bleibt alles im
Gedränge, was nicht zielt zum Himmelssaal.
Donnerstag nach Lätare
Da nun Jesus seine Mutter sah und den
Jünger dabeistehen, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Weib,
siehe, das ist dein Sohn."
Johannes 19, 26
Es ist seltsam,
wie Jesus hier Seine Mutter anredet: „Weib!" Bis zu dieser Stunde war
Jesus der Sohn Marias, der Mann aus Nazareth, der Bruder Seiner Brüder. Nun
aber löst Er sich aus dem natürlichen Lebenskreis. Er sagt: „Weib, ich bin
nicht mehr dein Sohn. Du hast jetzt keine natürlichen Ansprüche mehr an mich."
Jesus wurde in
dieser Stunde in Wahrheit zum Heiland der Welt.
Wir können uns
die Bedeutung des Sterbens Jesu gar nicht umfassend genug vorstellen. Sein Tod
ist das Heil für alle Jahrhunderte, für alle Völker und Erdteile, für alle
Menschen.
Der Schächer am Kreuz kam zum Frieden mit Gott durch den
gekreuzigten Herrn Jesus. Aber ebenso gibt es für uns Menschen im modernen
Zeitalter der Technik keinen anderen Weg zum Seligwerden als Jesu Kreuz.
Es gibt für uns
kein anderes Heil als das, welches auch für die Chinesen gilt: der Opfertod
Jesu für Sünder.
Der gelehrteste
Akademiker und der Schwachbegabteste, der reichste Milliardär und der ärmste
Bettler müssen denselben Weg gehen, wenn sie Frieden mit Gott und Vergebung der
Sünden wollen: den Weg über Golgatha.
Man hat je und dann gesagt: „Wie, wenn auf anderen Sternen
Menschen wären? Wie würden die denn selig?" Wir wissen nur eine Antwort:
„Wir müssten sehen, dass wir ihnen so schnell wie möglich verkündigen: Jesus
errettet alle Welt."
Jesus ist der
Heiland aller Welt. Darum – Gott sei Dank! – auch unserer. Amen.
(Melodie: Jesu, meines
Lebens Leben)
Jesu, der du wollen büßen
für die Sünden aller Welt
Durch dein teures
Blutvergießen, der du dich hast dargestellt
Als ein Opfer für die
Sünder, die verlornen Adamskinder:
Ach, lass deine Todespein
nicht an mir verloren sein.
Freitag nach Lätare
Da nun Jesus seine Mutter sah und den
Jünger dabeistehen, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: „Weib,
siehe, das ist dein Sohn."
Johannes 19, 26
Das ist so wunderbar:
In derselben Stunde, in der Jesus zum Heiland der Welt wird – in derselben
Stunde zeigt Er: „Es geht mir um den einzelnen Menschen."
Im politischen
Leben ist es umgekehrt. Da ist der einzelne nichts. Das Volk ist alles! Ganz
anders ist es im Reiche Gottes. Es geht Jesus um Maria, um Johannes, um dich
und mich.
Als der Heiland am Kreuze hing, starb Er zur Versöhnung der
ganzen Welt. Da überschaute Er im Geiste Völker und Erdteile, Jahrhunderte und
Jahrtausende, für die Er der Erlöser sein wollte.
Aber in den
Jahrtausenden und in den Völkern sah Er den Einzelnen. Ein Sänger, der das
recht verstanden hat, bezeugt in einem Lied so herrlich: „…Er hat auch an mich
gedacht / als Er rief: Es ist vollbracht."
Johannes ist
der einzige, der diese kleine Episode unter dem Kreuz erzählt. Selbst Lukas,
der doch „mit Fleiß" alles zusammengetragen hat, hielt sie nicht für
erwähnenswert. Aber Johannes hat sie berichtet. Denn er selbst erfuhr es
beglückend: „Der Heiland der Welt hat mich sterbend angesehen."
„Er hat mich angesehen!" So dürfen auch wir wissen,
glauben und bekennen.
Wir sind nicht
nur „ein bald verwelkt Geschlechte, eine Blum' und fallend Laub." Nein,
wir sind angesehen von Jesus, geliebt mit einer ewigen Liebe; wir sind wert
geachtet über alles. Amen.
(Melodie: Eines wünsch ich
mir vor allem andern)
Ewig soll er mir vor Augen
stehen,
Wie er als ein stilles
Lamm
Dort so blutig und so
bleich zu sehen,
Hängend an des Kreuzes
Stamm,
Wie er dürstend rang um
meine Seele,
Dass sie ihm zu seinem
Lohn nicht fehle,
Und dann auch an mich
gedacht,
Als er rief: „Es ist
vollbracht!"
Sonnabend nach Lätare
Jesus aber sprach: „Vater, vergib ihnen;
denn sie wissen nicht, was sie tun!"
Lukas 23, 34
Tobender Lärm
um das Kreuz. Spott, Hass, Gelächter! Zankend teilen die Kriegsknechte die
ärmliche Beute. Andere stehen von ferne und schauen unbeteiligt zu.
Da öffnet Jesus
den Mund: „… sie wissen nicht, was sie tun."
„… was sie
tun!" Wer sind denn die „sie"? Nur die Juden? O nein, auch die Römer,
in deren Legionen damals viele Deutsche standen. – Wer sind die „sie"? Nur
der Pöbel? O nein, auch die Angesehenen des Volkes. – Wer sind die „sie"?
Nur die Gottlosen? O nein, auch die Frommen und Schriftgelehrten. – Wer sind
die „sie"? Nur die Menschen von damals? O nein, auch die Menschen von
heute, – wir!! „Ich, ich und meine Sünden / die sich wie Körnlein finden / des
Sandes an dem Meer / die haben dir erreget / das Elend, das dich schläget …"
Ober uns alle
ruft Jesus Sein Urteil: „Sie wissen nicht, was sie tun.“
Entsetzen spricht
aus diesem Wort, abgrundtiefes Entsetzen! Warum dies Entsetzen?
Weil Jesus den
Menschen kannte vor dem Sündenfall.
Er war dabei, als Gott den Menschen schuf „Ihm zum Bilde", den freien
Menschen, der „wusste, was er tat".
Und nun sieht
Jesus den Menschen so, wie die Sünde ihn gestaltet hat: blind, getrieben von
Leidenschaften, unwissend in der Erkenntnis Gottes, entzündet von der Hölle.
Ja, wir sind
heilsbedürftig! Amen.
(Melodie: Jesu, meines
Lebens Leben)
Du, ach du hast
ausgestanden
Lästerreden, Spott und
Hohn,
Speichel, Schläge, Strick
und Banden,
Du gerechter Gottessohn,
Nur mich Armen zu erretten
Von des Teufels
Sündenketten.
Tausend- tausendmal sei
dir,
Liebster Jesu, Dank dafür.
Sonntag Judika
Jesus aber sprach: „Vater, vergib ihnen,
denn sie wissen nicht, was sie tun!"
Lukas 23, 34
Entsetzen
spricht aus diesem Wort Jesu: „Was hat der Abfall von Gott aus dem Menschen
gemacht!"
Aber gerade in
diesem Wort offenbart sich uns das Wunder der Liebe Jesu – das unfassbare
Wunder der Barmherzigkeit Jesu.
Vielleicht
haben wir uns schon einmal über einen Menschen entsetzt, der uns unbegreiflich
und ganz unbegründet Unrecht zufügte. Vielleicht haben wir uns schon einmal
entsetzt über die unvorstellbare Gemeinheit und Bosheit, die aus einem
Menschenherzen kommen kann.
Dann wissen wir
auch, dass Entsetzen die Liebe tötet. Solch ein Entsetzen ist wie ein Eishauch,
der jedes Mitgefühl, der die zarten Blümlein der Liebe mordet.
Jesus entsetzt
sich über uns. Wir könnten verstehen, wenn Er die Hände von den Nägeln risse
und vom Kreuz spränge und riefe: „Vater, lass sie dahinfahren! Sie wissen
nicht, was sie tun! Sie sind ganz und gar verstockt, verblendet,
verloren!"
Aber höre: So
ruft Jesus nicht. Was ruft Er? „Vater, vergib ihnen!"
Das Wunder ist
geschehen: Das Entsetzen hat die Liebe nicht getötet. Das Entsetzen hat die
Barmherzigkeit nicht getilgt. „Darum preist Gott seine Liebe gegen uns, dass
Christus für uns gestorben ist, da wir noch Sünder waren" (Römer 5, 8).
Ja, – in der
Tat! – „diese Liebe kann erretten." Amen.
(eigene Melodie)
Ich bete an die Macht der
Liebe,
Die sich in Jesu
offenbart;
Ich geb' mich hin dem
freien Triebe,
Womit ich Wurm geliebet
ward;
Ich will, anstatt an mich
zu denken,
Ins Meer der Liebe mich
versenken.
Montag nach Judika
Da antwortete der andere, strafte ihn
und sprach: „Und du fürchtest dich auch nicht vor Gott?"
Lukas. 23, 40
Seltsame Zeugen
Seiner Wahrheit hat Gott je und dann gehabt: ehrsame Handwerker und verachtete
Zöllner, Könige und Bettler, Gelehrte und ehemalige Verbrecher.
Aber der
seltsamste von allen ist ja wohl der eine Schächer, der mit Jesus gekreuzigt
wurde. Es ist nicht von ungefähr, dass die Maler diesen Menschen meist als
einen jungen Menschen dargestellt haben. Wir können uns das gut vorstellen:
eine Jugend in. Rausch, – Sünde, – schließlich das Verbrechen. Und dann das
bittere Ende!
Da kam er zu
sich. Er erfährt: „Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu
fallen!" Die Furcht vor Gott ist über ihn gekommen.
Er merkt gar
nicht, wie weit er damit sich entfernt hat von seinem Kumpan. Jesus ist
zwischen die beiden getreten. Jesus hat sie voneinander getrennt! Jesu Kreuz
ist die Scheidelinie zwischen beiden.
Wie gesagt: Der Schächer hat es selbst nicht bemerkt, bis
die lästerlichen Worte des anderen an sein Ohr dringen. Da entsetzt er sich:
Kann denn ein Mensch mitten im Gericht noch so verstockt sein? Und in solchem
Schrecken ruft er: „Und du fürchtest
dich auch nicht vor Gott?"
Eine gewaltige
Predigt mitten im Getümmel von Golgatha! Eine Predigt aus dem Munde eines
seltsamen Predigers! Und
das Kreuz ist
die Kanzel.
Man möchte die
Predigt hineinrufen in unser Volk, in die Jugend, in die Häuser der
Namenchristen, in die Stätten der Sünde: „Wie? Fürchtet ihr euch denn nicht vor
Gott?"
Fürchten wir denn Gott? Dass wir diese Predigt
hören möchten! Amen.
(Melodie: Der Tag ist hin,
mein Jesu, bei mir bleibe)
Gott rufet noch: Sollt'
ich nicht endlich hören?
Wie lass ich mich
bezaubern und betören?
Die kurze Freud', die
kurze Zeit vergeht,
Und meine Seel' noch so
gefährlich steht.
Dienstag nach Judika
Wir zwar sind billig darin, denn wir
empfangen, was unsere Taten wert sind.
Lukas 23, 41
Golgatha, ein
Ort voller Wunder!
Oder ist es kein Wunder?: Der Gesetzlose verkündet das Gesetz. Der Rechtlose verkündigt das
Recht!
Der Schächer,
der neben Jesus am Kreuz hing, war ein Gesetzloser. Er hatte nicht nur das
menschliche Gesetz, sondern auch das Gesetz Gottes verachtet und mit Füßen
getreten. Er hatte sich außerhalb der göttlichen Ordnungen und Rechte gestellt.
Und nun – welche
Veränderung hat Gott im Herzen dieses Mannes bewirkt! Dieser Gesetzlose
verkündet das Gesetz: „Der Sünder hat das Gericht und den Tod verdient."
Nicht als eine
theoretische Erkenntnis spricht er das aus. O nein! Er selbst beugt sich unter
das göttliche Gesetz: „Ich, der Sünder, habe das Gericht Gottes und den Tod
verdient."
Unter dem
Kreuze standen viele Menschen. Wo war einer, der solche Erkenntnis gehabt
hätte? Der so sich unter Gottes Gerichtsurteil gebeugt hätte? Der so Gott recht
gegeben hätte? Weil sie das nicht taten, konnten sie auch Gottes Heil in Jesus
nicht erkennen.
Denn nur wo ein
Mensch Gott Recht gibt, wo ein Mensch seinen verlorenen Zustand erkennt und
Buße tut, kann auch rechte Heilserkenntnis anbrechen.
So wird dieser
aufrichtige Schächer für uns zum Bußprediger. Dass wir doch mit ihm sprechen
lernten: „Herr, wir haben deine Gerichte verdient. Unsere Taten taugen nicht
vor dir." Dann dürfen wir auch mit ihm an Jesus froh werden. Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Erbarm dich deiner bösen
Knecht',
Wir flehn um Gnad' und
nicht um Recht;
Denn so du, Herr, den
rechten Lohn
Uns geben wollst nach
unserm Tun,
So müsst die ganze Welt
vergehn,
Und könnt kein Mensch vor
dir bestehn.
Mittwoch nach Judika
Und er sprach zu Jesus: Herr, gedenke an
mich, wenn du in dein Reich kommst."
Lukas 23, 42
Golgatha!
Wunderbare
Dinge geschehen dort: Der Verirrte
findet den richtigen Weg.
Ja, ein
Verirrter war er, der Mann dort neben Jesus am Kreuz. Er hatte den rechten Weg
und jeden Halt verloren. Dunkle Leidenschaften hatten ihn mitgerissen, falsche
Freunde hatten ihn verführt – so war das Schiff seines Lebens steuerlos dahingetrieben.
Nun kam der Schlussstrich
– ein Leben versinkt in ewiger Finsternis!
Aber nein – da
geschieht die Wendung, die Rettung! Neben dem Verirrten, dessen Fuß nie einen
geraden Weg fand, hängt ein anderer. Der hat ein paar Stunden vorher gesagt:
„Ich bin der Weg… niemand kommt zum Vater denn durch mich!" Der Schächer
hat es nicht gehört. Aber es ist, als habe er es gehört. Er erkennt es, glaubt
es, fasst es und – geht den einzigen Weg, der zum Vater führt.
Keinem unter
all denen, die unter dem Kreuz stehen, sind so hell die Augen aufgetan. Keiner
sieht so klar den guten Weg zum Vater wie – der Verirrte.
Wie ist das
möglich?
Ach, die
anderen haben alle noch genug an ihren eigenen Wegen; sie sind noch zu
zufrieden und sicher auf ihren selbstgewählten Pfaden. Wie sollten sie
begreifen, dass ihre Wege verloren sind!
Aber der,
welcher keinen Weg mehr sieht, dessen Pfad in Nacht versinken will, der sieht:
Es gibt nur einen rechten Weg. Und das ist der Weg, den Gott in Jesus gegeben
hat. Möchten wir ihn sehen und gehen! Amen.
(Melodie: Ich will dich
lieben, meine Stärke)
Ich lief verirrt und war
verblendet,
Ich suchte dich und fand
dich nicht,
Ich hatte mich von dir
gewendet
Und liebte das geschaffne
Licht.
Nun aber ist's durch dich
geschehn,
Dass ich dich hab' ersehn.
Donnerstag nach Judika
Dieser hat nichts Unrechtes getan.
Lukas 23, 41
Wunderbares
geschieht: Die Steine schreien!
„Wenn diese
schweigen, dann werden die Steine schreien!" So hatte Jesus den. Obersten
Seines Volkes erklärt, als sie Ihn aufforderten, den Lobpreis Seiner Jünger
abzustellen.
Nun schweigen
die Jünger. Nun war es Zeit, dass die Steine schrieen und Jesus lobten. Und
sieh! es geschieht. Oder vielmehr etwas, was noch viel stummer und härter ist
als die Steine, erhebt seine Stimme zu einem Zeugnis für Jesus: ein hartes, in
der Sünde hart gewordenes Menschenherz. Der Schächer, der neben Jesus am Kreuz
hängt, legt laut ein Zeugnis für Ihn ab: Dieser hat nichts Unrechtes
getan!" Damit ergreift er Partei für Jesus gegen alle die, die unter dem
Kreuz standen, gegen Römer und Pharisäer und Hohepriester.
Das ist etwas Großes. Man, ist es gewohnt, dass ein
Verurteilter seine Unschuld
beteuert. Das ist weiter nichts Verwunderliches. Aber das tut dieser Schächer
nicht. Seine Sünde hat er bekannt:
„Wir empfangen, was unsere Taten wert sind." Aber nun rühmt er Jesus: „Der
ist gut! Der ist heilig! Der ist rein!" Wahrlich, die Steine schreien für
Jesus!
„Dieser hat
nichts Unrechtes getan!" sagt der Schächer. Warum er selbst da hängt, weiß
er nur zu gut. Aber warum hängt der Unschuldige am Kreuz?
„Ich trage
meine Schuld", denkt der Schächer. „Aber wessen Schuld trägt der dort, der
Reine, der Unschuldige?"
Und durch sein
Herz zieht wohl eine Erinnerung an alte Bibelworte, die er in seiner Jugend
härte, von einem, der „der Welt Sünde trägt", von einem, „auf den Gott
unser aller Sünde warf". Und er erfasst glaubend: „Die Strafe liegt auf
ihm, auf dass wir Frieden hätten" (Jesaja 53). Amen.
(Melodie: Herzliebster
Jesu)
Wie wunderbarlich ist doch
diese Strafet
Der gute Hirte leidet für
die Schafe,
Die Schuld bezahlt der
Herre, der Gerechte,
Für seine Knechte.
Freitag nach Judika
Jesus sprach zu ihm: Heute wirst du mit
mir im Paradiese sein."
Lukas 23, 43
Hier sehen wir
das größte Wunder von Golgatha: Der Ausgeschlossene
schließt auf!
Ausgeschlossen
ist Jesus, wie nie ein Mensch ausgeschlossen war. Die Menschen haben Ihn aus
ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen. „Die Menschen liebten die Finsternis mehr
als das Licht." Die Erde hat keinen Raum mehr für den Sohn Gottes. Schon
bei der Geburt blieb Ihm nur der geringste Raum: ein Stall. Nun ist Er ganz
ausgeschlossen: Zwischen Himmel und Erde hängt der Sterbende.
Und auch der
Himmel hat Ihn ausgestoßen. Gott warf unser aller Sünden auf Ihn. Nun ruft der
Sündenbeladene – und doch Schuldlose: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen!" Ja – es ist unfassbar und doch wahr: Auch der Himmel hat Ihn,
den Sohn, ausgeschlossen, damit Er an unserer Statt ganz von Gott verlassen
sei.
So war niemals
ein Mensch ausgeschlossen von Himmel und Erde, von Gott und Menschen, wie
Jesus, als Er am Kreuze hing.
Und dieser
Ausgestoßene schließt dem. bußfertigen Schächer den Himmel auf!
Er tut es. Und
Er ist der Einzige, der es tun kann. „Er hat die Schlüssel Davids. Er tut auf,
und niemand schließt zu. Und er schließt zu, und niemand tut auf", sagt
Offenbarung 3 von Jesus.
Es gibt auch
für uns keinen anderen, der uns wirklich auftun könnte, als „das Lamm Gottes,
das der Welt Sünde trägt". Amen.
(Melodie: Mein
Herzensjesu, meine Lust)
Ach, sucht doch den, lasst
alles stehn,
Die ihr das Heil begehret;
Er ist der Herr und keiner
mehr,
Der euch das Heil
gewähret.
Sucht ihn all Stund' von
Herzensgrund,
Sucht ihn allein; denn
wohl wird sein
Dem, der ihn herzlich
ehret.
Sonnabend nach Judika
Da nun Jesus seine Mutter sah und den
Jünger dabeistehen, den er lieb hatte, sprach er zu seiner Mutter: „Weib,
siehe, das ist dein Sohn!" Darnach spricht er zu dem Jünger: „Siehe, das
ist deine Mutter!"
Johannes 19, 26-27
Natürliche
Blutsbande waren es nicht, die Maria und Johannes verbanden. Was in aller Welt
ging den jungen Fischer vom Galiläischen Meer die leidgeprüfte Witwe an! Und
was hatte diese Frau mit dem jungen Menschen zu tun!
Und doch – nun
gehören sie zusammen in einer neuen und wunderbaren Gemeinschaft.
So stiftete
Jesus die neue „Gemeinschaft unter dem Kreuz".
Es gibt
mancherlei Bande unter den Menschen: Verbundenheit der Blutsverwandtschaft,
Volksgemeinschaft, Interessengemeinschaft, Gemeinschaft in der Sünde und
Verbundenheit in frohem gemeinsamen Erleben.
Ganz anders
aber ist diese Gemeinschaft, die, von Jesus selbst gestiftet, unter Seinem
Kreuz entsteht. „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Mann noch
Weib …", sagt der Apostel Paulus.
Nicht, als wenn
hier eine öde Gleichmacherei wäre. Alle Unterschiede bleiben bestehen. Maria
wird eine „Mutter" in dieser neuen Gemeinschaft. Und Johannes, der junge
Mann, ein „Sohn".
Und doch sind
alle Unterschiede zusammengefaßt in der höheren Einheit: in Christus.
„Er das Haupt –
wir seine Glieder / Er das Licht – und wir der Schein." Diese neue
Gemeinschaft, die Gemeinde, ist es, der Jesus die Verheißung gab: „Ich bin bei
euch alle Tage bis an der Welt Ende." Amen.
(Melodie: Herz und Herz
vereint zusammen)
Ach, du holder Freund,
vereine
Deine dir geweihte Schar,
Dass sie es so herzlich
meine,
Wie's dein letzter Wille
war.
Ja, verbinde in der
Wahrheit,
Der du selbst die Wahrheit
bist,
Alles, was von deiner
Klarheit
In der Tat erleuchtet ist.
Palmsonntag
Aber viel Volks breitete die Kleider auf
den 'Weg; die anderen hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den
Weg. Das Volk aber schrie und sprach: „Hosianna …"
Matthäus 21, 8-9
Welch ein
herrliches, liebliches Bild: Eine große Menge, die Jesus die Ehre gibt. Wie
mischt sich dieses Lobgetön in den Gesang der himmlischen Heerscharen, die den
Sohn Gottes preisen, der, gehorsam dem Vater, zum Kreuze zieht!
Nun müssen wir
darauf achten, dass jeder in seiner
Weise den Herrn ehrte. Ehren wollen sie Ihn alle! Aber jeder tut es nach seiner
Weise.
„Etliche heben
Zweige von den Bäumen."
Es ist nicht
jedermanns Sache, auf Bäume zu steigen. Für die Alten war das nichts. Aber für
die jungen Männer, für die Übermütigen und Verwegenen war das die rechte Weise,
Jesum zu ehren.
„Viel Volks
breitete die Kleider auf den Weg."
Es gab Arme,
die nicht viel mehr trugen unter dem Obergewand. Die konnten da nicht mittun.
Und den Frauen und Mädchen verbot die Scham solche Ehrung.
Aber für „viel
Volks" war das eben die rechte Weise, Jesum zu ehren.
Und wer nicht
auf Bäume steigen konnte und wer seinen Rock nicht ablegen konnte, der
„schrie" wenigstens: „Hosianna!"
Und die Alten,
die nicht mehr schreien konnten, sprachen: „Gelobt sei, der da kommt im Namen
des Herrn!"
So fand jeder
seine Weise, Jesum zu ehren. Und die mancherlei Weisen klangen zusammen zu
einem herrlichen Lob auf den Sohn Gottes.
Dass wir doch
auch unsere Weise fänden, Ihn zu
ehren und Ihm den Weg zu bereiten! Amen.
(eigene Melodie)
Lobet den Herren, alle,
die ihn ehren,
Lasst uns mit Freuden
seinem Namen singen
Und Preis und Dank zu
seinem Altar bringen:
Lobet den Herren!
Montag in der stillen Woche
Von dem Ort will ich mich dir bezeugen
und mit dir reden, nämlich von dem Gnadenstuhl.
2. Mose 25, 22
Gottes Volk war
umgeben von Völkern und Menschen, die nach ihren eigenen Gedanken sich Götter
schufen, an denen sie dann enttäuscht und zu Schanden wurden.
Schon das
alttestamentliche Volk Gottes aber war dieser Not und Verwirrung enthoben: Der
lebendige Gott war unter ihnen! In der Stiftshütte, im Allerheiligsten, war der
Ort, an dem Er sich ihnen bezeugte.
„Darf ich Sünder denn daran teilhaben?" fragte manch
erschrockenes Gewissen. „Jawohl, du darfst!" hieß es. „In der Bundeslade
liegt das Gesetz. Und das verdammt dich. Lass dich verdammen! Aber sieh, über
der Bundeslade ist der ,Gnadenstuhl’. Hier ist Gottes gnädige Gegenwart. Glaube
und komm!" Dieser Gnadenstuhl in der Stiftshütte war Vorbild und
Verheißung. Gott hat vor aller Welt einen neuen „Gnadenstuhl" aufgestellt:
Das Kreuz Jesu Christi. (Römer 3, 25.)
Nun braucht die
hungrige Seele nicht mehr hin und her zu irren, vor Gott zu fliehen oder Gott
hier und da zu suchen. Wir dürfen zum Kreuze gehen! „Von dem Ort", sagt
Gott, „will ich mich dir bezeugen und mit dir reden!"
Ja, im Kreuz bezeugt sich Gott. Im Gericht, das der Sohn
stellvertretend für uns trug, bezeugt sich Gott als Todfeind der Sünde.
Aber Gott bezeugt sich an diesem Ort noch herrlicher. Das
Kreuz ist ja der Gnadenstuhl. Gottes Herz tut sich auf, Seine Liebe zum
verlorenen Kind wird hier sichtbar. Ja, von hier redet Er freundlich und
tröstlich mit uns: „Ich habe dich erlöst!" Amen.
(Melodie: Jesu,
Gnadensonne)
Gnade und Vergeben heißt
das süße Wort;
Das trägt mich durchs
Leben, nimmt den Jammer fort,
Bringet Heil und Frieden
in mein Herz hinein,
Dass ich schon hienieden
kann recht selig sein.
Dienstag in der stillen Woche
Da aber sahen, die um ihn waren, was da
werden wollte, sprachen sie zu ihm: Herr, sollen wir mit dem Schwert
dreinschlagen?" Und einer aus ihnen schlug des Hohenpriesters Knecht.
Lukas 22, 49-50
Eine
tumultartige Szene im Garten Gethsemane!
Trauriges Bild:
Der Ton empört sich gegen den Töpfer; der Mensch nimmt seinen Heiland gefangen.
Das Traurigste
ist aber, dass der Herr in dieser Stunde kämpfen muss mit der Verkehrtheit
Seiner Jünger.
Petrus zieht
das Schwert. Er meint, er müsse den Herrn Jesus, Seine Sache und Sein Reich
retten, wie man wohl ein irdisches Reich rettet mit dem Schwert. Gewaltiger
Irrtum! Wir haben nicht einen Herrn, den wir retten müssten. Er rettet vielmehr
uns.
Petrus hätte
wohl wissen können, dass Jesu Weg der Kreuzesweg ist. Den Kreuzesweg aber
wollte er nicht. So kämpfte er in Wahrheit gegen den Heiland. Sein Kampf war
Flucht vor dem Kreuz. Unsere Art ist aber von Natur nicht anders als die des
Petrus.
Man muss darauf
achten, dass Petrus vor seinem Dreinschlagen den Herrn fragt: „Herr, willst du,
dass wir mit dem Schwert dreinschlagen?"
Aber ehe eine
Antwort erfolgt, legt er los. Er denkt ohne weiteres, sein Wille müsse auch der
Wille seines Herrn sein. Das meinen wir auch. immer. Wenn wir etwas gut meinen,
dann soll es gleich auch Gattes Wille sein.
Aber so ist es
nicht. Petrus hat es noch sehr lernen müssen, seinem Herrn ganz gehorsam zu
werden. Und wir müssen es auch lernen.
Wie groß ist
Jesu Geduld, nicht nur mit der Welt, sondern auch mit Seinen Jüngern! Amen.
(Melodie: Nun ruhen alle
Wälder)
Ich will ans Kreuz mich
schlagen
Mit dir und dem absagen,
Was meinem Fleisch
gelüst't;
Was deine Augen hassen,
Das will ich fliehn und
lassen,
Soviel mir immer möglich
ist.
Mittwoch in der stillen Woche
Darum dass seine Seele gearbeitet hat…
Jesaja 53, 11
„Aktiv" – „Passiv".
Das sind zwei
große Gegensätze!
Aktiv bin ich,
wenn ich etwas tue. Passiv, wenn an mir etwas getan wird, wenn ich etwas
erleide.
Da wird ein Verurteilter hingerichtet. Bei diesem Vorgang
ist der Henker aktiv. Der Verurteilte „erleidet" den Tod, er ist passiv.
Wie war es denn nun bei Jesus, als Er Seine Passion erlitt?
Als Er sich kreuzigen ließ, als Er kein Wort zu Seiner Verteidigung sagte, als
Er alles mit sich tun ließ, als Er „seinen Mund nicht auftat wie ein Lamm, das
zur Schlachtbank geführt wird": War Er da aktiv oder passiv?
Ach, diese
Antwort scheint ja so einfach: Er erlitt den Tod; Er war passiv in Seiner
Passion.
So sehen die
meisten Menschen den Tod Jesu an. Darum bringen sie es höchstens zu einem Mitleid
mit dem Unschuldigen.
Aber – das ist falsch gesehen. Das ist das Wunder von
Golgatha: Jesus ist in Seinem Leiden – aktiv. Er lässt alles mit sich machen – und
doch: In Wahrheit tut Er etwas. Er handelt. „Seine Seele arbeitet."
Jesu Leiden war nicht ein „Erleiden", sondern ein
„Tun".
Was Er getan
hat? Er hat die Welt mit Gott versöhnt. Er hat mit der Hölle gekämpft und
gesiegt. Er hat den völligen Gehorsam geleistet. Er hat das Lösegeld bezahlt.
Er hat die Schuld der Welt weggetragen.
Was Er tat,
verstehen wir, wenn wir aus Seinem Munde das Wort hören: „Ich habe dich
erlöst." Amen.
(Melodie: O Jesu Christ,
meins Lebens Licht)
Wir danken dir, Herr Jesu
Christ,
Dass du für uns gestorben
bist
Und hast uns durch dein
teures Blut
Gemacht vor Gott gerecht
und gut.
Gründonnerstag
Desselbigengleichen nahm er auch den
Kelch, nach dem Abendmahl, und sprach: „Das ist der Kelch, das neue Testament
in meinem Blut, das für euch vergossen wird."
Lukas 22, 20
Es liegt dem
Herrn Jesus so viel daran, dass Seine Leute ihres Heiles gewiss sind. Darum hat
Er uns auch das heilige Abendmahl gegeben.
Ein Beispiel
soll uns den Sinn des Abendmahls verdeutlichen: Im Mittelalter eine belagerte
Stadt. Sie kann sich gegen den Feind nicht mehr halten. Und darum wird auf den
Stadttoren die weiße Fahne, das Zeichen der Ergebung, gezeigt.
Im feindlichen
Lager hat sich der Feldherr mit seinen Offizieren versammelt. Es öffnet sich
das Stadttor. Heraus kommt der Kommandant. Er überreicht dem feindlichen
Feldherrn den Schlüssel zum Haupttor der Stadt.
Dieser
Schlüssel ist dem Feldherrn das sichtbare Zeichen: „Die Stadt gehört mir."
So hat Jesus
uns in Brot und Wein ein sichtbares Zeichen gegeben, dass Er ganz uns gehören
will, dass Er Sein Leben ganz für unsere Erlösung gegeben hat, dass Sein Heil
uns gehört.
Wie in dem
Schlüssel die ganze Stadt dem Feldherrn gegeben wird, so gibt sich der erhöhte
Herr wirklich und ganz uns im Brot und Wein des Abendmahls.
Wenn wir uns
das klarmachen, dann lernen wir verstehen, dass das Abendmahl in der ersten
Gemeinde eine Lob- und Dankfeier war. Das sollte es bei uns wieder werden. Beim
Abendmahl darf die Gemeinde fröhlich werden über dem gewissen Heil Gottes in
Jesus Christus für Sünder. Amen.
(Melodie: Schmücke dich, o
liebe Seele)
Will hinfort mich etwas
quälen, oder wird mir etwas fehlen,
Oder wird die Kraft
zerrinnen, so will ich mich nur besinnen,
Dass ich einen Heiland
habe, der vom Kripplein bis zum Grabe,
Bis zum Thron, wo man ihn
ehret, mir, dem Sünder, zugehöret.
Karfreitag
Da aber der Hauptmann sah, was da
geschah, pries er Gott.
Lukas 23, 47
In ergreifender
Weise schildert Frau von Bethmann-Hollweg in einem Lied, wie durch die
verlorene, Sündenbeladene Welt eine Schar Menschen zieht, die auf ihren Lippen
einen wundersamen Lobgesang hat: „Es ist das Lied vom Lamme/ das herrlich neue
Lied / das von dem Kreuzesstamme / durch Ewigkeiten zieht / das Lied von Jesu
Wunden / von Jesu Sieg und Macht / wie er ein Heil gefunden / das hier schon
selig macht."
Unzählige sind
es, die diesen Labgesang unter dem Kreuz anstimmen, die fröhlich geworden sind
über der Erkenntnis: „Ich glaube, dass Jesus Christus mich verlorenen und
verdammten Menschen erlöst hat, erworben und gewonnen von allen Sünden, vorn
Tode und von der Gewalt des Teufels … mit seinem heiligen, teuren Blut und mir
seinem unschuldigen Leiden und Sterben."
So hat es
Luther bekannt. Und so rühmt die Gemeinde Jesu zu allen Zeiten.
Habt ihr einmal
daran gedacht, wer dies Bekenntnis unter dem Kreuz Christi zuerst gesprochen
hat?
Ein heidnischer
Hauptmann war es. „Da aber der Hauptmann sah, was da geschah, pries er
Gott."
Lobgesänge und
Anbetung unter dem Kreuz! Während die Jünger sich erschrocken verstecken,
während die Menge verstört heimeilt, während die Schriftgelehrten in Hass sich
verstocken – „preist er Gott".
Wie kommt er
dazu? „Da der Hauptmann sah, was da geschah…" Der Hauptmann sah. Ja, das ist es! „Sehet auf mich,
aller Welt Enden, so werdet ihr errettet", sagt der Herr. Der Hauptmann
blieb nicht allein. Seit 2000 Jahren haben viele auf das Kreuz gesehen. Und sie
wurden errettet.
Es ist rettende
Kraft im Kreuz. Und darum werden sie nie mehr verstummen, die Lobgesänge unter
dem Kreuz. Amen.
(Melodie: Ach was bin ich,
mein Erretter)
Jesu, gib gesunde Augen,
die was taugen, rühre meine Augen an;
Denn das ist die größte
Plage, wenn am Tage man das Licht nicht sehen kann.
Karfreitag Nachmittag
Wir gingen alle in der Irre wie Schafe,
ein jeglicher sah auf seinen Weg; aber der Herr warf unser aller Sünde auf ihn.
Jesaja 53, 6
Im 5. Kapitel
der Offenbarung wird uns die vollendete Gemeinde gezeigt. Mit „großer
Stimme" betet die Gemeinde das „erwürgte Lamm" an.
Mit dieser
vollendeten Gemeinde versammelt sich die „streitende Kirche" um das „Lamm
Gottes, das der Welt Sünde trägt" zur Anbetung. Sie sagen:
Es ist wahr: Wir gingen alle in der Irre wie Schafe. Herr,
wir sahen auf unseren Weg. Wir waren blind und wussten nicht, dass unser Weg
ein Weg in ewiges Verderben ist. Ja, Herr, wir waren trotzig und bestanden auf
unserm Weg. Und wir häuften Schuld auf Schuld auf diesem bösen Weg.
O Herr – wo ist nun unsere Schuld? Du hast sie fortgetragen.
Du wirfst alle unsre Sünden hinter dich zurück. Du hast uns herausgerettet aus
Irre und Verlorensein. Du hast unsere Füße auf den Weg des Heils gestellt. Du hast
die verschmachtende Seele zurückgeholt. Du hast uns den Kelch des Heils
gereicht.
Und warum,
Herr? Warum? Dein barmherziges Herz trieb dich. „Erbarmung ist's und weiter
nichts."
Nun danken wir
dir. Nun wollen wir, dein mit Blut erkauftes Volk, dich rühmen. Wir wollen dich
preisen in Ewigkeit. Ja, Herr, in der Ewigkeit wollen wir dich besser preisen.
Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Ach, nimm das arme Lob auf
Erden,
Mein Gott, in allen Gnaden
hin.
Im Himmel soll es besser
werden,
Wenn ich bei deinen Engeln
bin.
Da bring' ich mit der
obern Schar
Viel tausend Halleluja
dar.
Stiller Sonnabend
Und Josef nahm den Leib Jesu und legte
ihn in sein eigenes neues Grab, welches er hatte lassen in einen Fels hauen.
Matthäus 27, 60
Er war sicher
ein besinnlicher Mann, der Josef von Arimathia. Manches Mal wohl ging er durch
seinen Garten bis dahin, wo in einer Felswand die Gräber seiner Familie lagen.
Da liegt der
Großvater, der den Reichtum des Hauses begründete – dort der Vater – hier die
Mutter – – und hier – hier werde ich einmal liegen.“
Dann kam ihn wohl ein leises Grauen an, wenn er vor seinem
eigenen Grabe stand: „Ach, wie ist der Tod doch so bitter!“ -
„Ich muss mir
ein anderes Grab hauen lassen", denkt Josef am Karsamstagabend. Und es will
ihm seltsam und schwer zumute werden, dass nun ein anderer in seinem Grabe liegt:
Jesus von Nazareth, der Mann, an den er so große Hoffnungen knüpfte. –
Und wieder
steht er wenige Tage später vor der Grabeskammer. Es sieht hier nach Zerstörung
aus: Die Beete sind zertrampelt von römischen Soldaten, der Rasen zertreten,
die Felsplatte, die das Grab abschloss, liegt wie weggeschleudert an der Seite.
Jesus lebt!
Josef schaut in
sein Grab. „Nun werde ich doch hier liegen", denkt er. Und seltsam – er
empfindet gar kein Grauen mehr. Die Furcht ist vergangen. Fast fröhlich schaut
er in sein Grab.
Wo mein Heiland
lag, kann ich mich getrost zur Ruhe betten", denkt er. „Ich werde in einem
Grabe liegen, über dem der Fürst des Lebens seine Siegesfahne aufgepflanzt hat."
Und das gilt
nicht nur für Josefs Grab; das gilt auch für unser Grab. Amen.
(Melodie: Dieweil wir sind
versammelt)
Ich geh zu deinem Grabe,
du großer Osterfürst,
Weil ich die Hoffnung
habe, dass du mir zeigen wirst,
Wie man kann fröhlich
sterben und fröhlich auf erstehn,
Auch mit des Himmels Erben
ins Land des Lebens gehn.
Erster Ostertag
Der Herr ist wahrhaftig auferstanden.
Lukas 24, 34
Es war wohl
eine späte Nachtstunde, als die Emmaus-Jünger froh bewegt in Jerusalem in den
Kreis der Jünger traten, um den Ängstlichen und Betrübten ihre wundersame
Begegnung mit dem Auferstandenen zu berichten.
Aber sie kamen
zuerst gar nicht zu Wort. Gar nicht mehr ängstlich und betrübt, sondern voll
Siegesfreude finden sie die Jünger vor. Und es war wohl ein rechter Tumult, als
es jeder zuerst berichten wollte: „Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem
Simon erschienen.“
Was liegt nicht
alles in dem Wörtlein „wahrhaftig"!
Da spricht die Vernunft, die sich lange, lange gewehrt
hat und sich nun geschlagen gibt vor der Wirklichkeit des lebendigen Gottes:
„Er ist wahrhaftig auferstanden!"
Da spricht die Seele. Lange hieß es: „Wie der Hirsch
schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir!" Nun
hat Gott geantwortet. Und Sein herrliches Tun unter den Menschenkindern schenkt
uns den Retter und Todesüberwinder. Nun heißt es: „Mein Leib und meine Seele
freuen sich in dem lebendigen Gott.“
Da spricht das Herz. Es hat gezittert und sich
gefürchtet, als es am Karsamstag so aussah, als wolle Menschenmacht und
Menschenbosheit triumphieren. Nun ist das Herz froh und getrost: „Mein Herze
geht in Sprüngen und kann nicht traurig sein I ist voller Freud und Singen,
sieht lauter Sonnenschein."
Da spricht der Mund, der nicht mehr schweigen kann,
der es aller Welt bezeugen muss: „Er ist wahrhaftig auferstanden." Amen.
(Melodie: Christ ist
erstanden)
Christ ist erstanden
Von der Marter alle;
Des soll'n wir alle froh
sein,
Christ will unser Trost
sein.
Kyrieleis.
Wär er nicht erstanden,
So wär die Welt vergangen;
Seit dass er erstanden
ist,
So lob'n wir den Vater
Jesu Christ.
Kyrieleis.
Ostermontag
Und sie gingen wieder vom Grabe und
verkündigten das alles den elf Jüngern und den anderen allen. Und es deuchten
sie ihre Worte eben, als wären's Märlein.
Lukas 24, 9+11
Die armen
Jünger! Das war eine ihrer dunkelsten Stunden! Alle ihre religiösen Erwartungen
vom Reiche Gottes waren zusammengebrochen, als Jesus, ihr Meister, am Kreuze
starb. Nun sitzen sie am hellen, lichten Ostermorgen hinter verschlossenen
Türen.
Da klopft es.
Zögernd machen sie auf. Ein paar Frauen stehen da und erzählen ihnen atemlos:
„Jesus lebt!"
Die Jünger winken ab: „Weibererzählungen! Das sind ja
Märlein!"
Ach, wie elend
und trostlos sah es bei diesen Jüngern aus! Aber das Merkwürdige war, dass sie
sich dabei sicher noch sehr erhaben, klug und weise vorkamen, als sie die
Berichte der Frauen als Märlein abtaten.
Und die Frauen,
die doch den Herrn selbst gesehen hatten, werden sich sicher recht verwundert
haben über solchen Unverstand, der sich selbst noch klug und erhaben vorkommt.
So wie die
Jünger damals waren, so ist die blinde Welt zu allen Zeiten bis auf unsere
Tage: ungläubig, blind und aufgeblasen gegenüber den großen Taten Gottes.
Und da ist es
schon eine große und frohe Tatsache, dass der Herr Jesus Seine Jünger nicht in
ihrer Finsternis ließ. Als Er unter sie trat und sprach: „Friede sei mit
euch", da wurden sie beschämt und überfroh zu gleicher Zeit.
Und ich weiß auch für uns nichts Herrlicheres, als dass der
Herr in unsere Nacht hereinbricht und sich offenbart als der Lebendige. Amen.
(Melodie: Es ist das Heil
uns kommen her)
Wach auf, mein Herz, die
Nacht ist hin,
Die Sonn' ist aufgegangen.
Ermuntre deinen Geist und
Sinn,
Den Heiland zu empfangen,
Der heute durch des Todes
Tür
Gebrochen aus dem Grab
herfür,
Der ganzen Welt zur Wonne.
Dienstag nach Ostern
Siehe, ich bin bei euch alle Tage.
Matthäus 28, 20
Wir haben es gewiss
schon erlebt, dass sich ein Mensch in seltsamer Abhängigkeit an andere bindet.
Das kann allerlei Gründe haben. Aber es wird immer so sein, dass so ein Mensch
allein nicht recht fertig wird und die anderen braucht zur Hilfe, zur Stütze,
zum Trost.
Nun bindet sich
hier der auferstandene Herr Jesus an Seine Jünger. Aber wir dürfen daraus nicht
schließen, dass Er uns nötig habe oder irgendwie auf uns angewiesen sei.
Ja, aber warum
bindet Er sich denn so an uns?
Ein Beispiel
soll es uns erklären: Da war ein junger Mensch zum ersten Mal von Hause weg.
Beim Abschied hat ihm sein Vater gesagt: „Ich kann dich in den ersten vier
Wochen nicht besuchen, weil meine Arbeit mich hier festhält."
Es ist noch
keine Woche verflossen. Der junge Mensch steht am Haustor. Wenn er's auch nicht
merken lassen will, er hat mächtig Heimweh. Er findet sich nicht leicht zurecht
in der Fremde und leidet innerlich Not.
Auf einmal hört
er Schritte. Er sieht auf – da kommt sein Vater. „Vater, Du hier?" fragt
er glücklich. „Du wolltest doch nicht … warum kommst Du?" Da sagt der
Vater nur schlicht: „Ich habe gemerkt, dass mein Junge mich braucht."
Darum bindet
sich Jesus an uns, und darum will Er allezeit bei uns sein, weil Er weiß, dass
Seine Jünger Ihn brauchen.
Wie sollten wir
auch fertig werden ohne Ihn? „Ohne dich, wo käme / Kraft und Mut mir her? /
Ohne dich, wer nähme / meine Bürde? Wer?" Gott sei Dank! Er ist bei uns
alle Tage! Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Kein bess're Treu auf
Erden ist
Denn nur bei dir, Herr
Jesu Christ.
Ich weiß, dass du mich.
nickt verlässt;
Dein’ Wahrheit bleibt mir
ewig fest.
Du bist mein rechter,
treuer Hirt,
Der ewig mich behüten
wird.
Mittwoch nach Ostern
Da sie aber davon redeten, trat er
selbst, Jesus, mitten unter sie… sie erschraken aber und meinten, sie sähen
einen Geist.
Lukas 24, 36-37
Unverständliches
Verhalten der Jünger!
Die zwei
traurigen Emmaus-Jünger waren dem auferstandenen Herrn Jesus begegnet. Eilig
liefen sie zurück und suchten die Freunde auf. Aber ehe sie ihren Bericht loswerden
konnten, erzählten die ihnen ganz aufgeregt: Wir wissen alles, „der Herr ist
wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen." Und dann erzählen die
beiden den aufhorchenden Jüngern ihr Emmaus-Erlebnis: ihre Begegnung mit dem
Manne Jesus, der von den Toten auferstanden ist.
„Und als sie
noch davon redeten…" so erzählt der Text – „trat er selbst, Jesus, mitten
unter sie."
Man sollte doch
nun wirklich annehmen, diese Jünger seien nach all den Berichten genügend
vorbereitet gewesen auf das Erscheinen Jesu. Die Auferstehung war ihnen
verkündigt. Sie hatten der Verkündigung geglaubt. Sie redeten davon.
Nun trat Jesus
mitten unter sie. Jetzt müsste der Bericht doch weitergehen: „Sie aber
jubelten, fielen ihm zu Füßen…" Zu unserem Erstaunen aber hören wir etwas
ganz anderes: „Sie erschraken und meinten, sie sähen einen Geist." Und es
dauerte sehr lange, bis der Herr Jesus sie von der Wirklichkeit Seines Lebens
und damit von der Wirklichkeit ihres Heils überzeugen konnte.
Diese Jünger
sind ein Bild der Christenheit. Man weiß von Gott und von Jesus. Man weiß von
Sünde und Errettung. Aber man weiß davon eben nur theoretisch, nur vom
Hörensagen. Wie würden wir erschrecken, wenn Jesus jetzt unter uns träte! Und
wir werden erschrecken. Denn Er kommt wieder.
Wir brauchen
ein Christentum der göttlichen Wirklichkeiten, wo man den lebendigen Herrn
wirklich kennt und in Ihm Seines Heils gewiss geworden ist. Amen.
(Melodie: Gelobt sei Gott
im höchsten Thron)
Er ist erstanden von dem
Tod,
Hat überwunden alle Not;
Kommt, seht, wo er gelegen
hat.
Halleluja.
Donnerstag nach Ostern
Sie erschraken aber und fürchteten sich,
meinten, sie sähen einen Geist. Und er sprach zu ihnen: „Was seid ihr so
erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz?"
Lukas 24, 37-38
„Sie meinten,
sie sähen einen Geist!"
Das ist ja zum
Erschrecken! Leute, die drei Jahre mit dem Heiland lebten, glauben an
Gespenster! Da wird offenbar, wie tief in uns Menschen der Aberglaube sitzt.
Es gibt
mancherlei Aberglaube: Die Jünger meinten, sie sähen einen Geist. Nun, es gibt gewiss
unheimliche Mächte zwischen Himmel und Erde. Und viele Menschen kommen mit
ihrem Glauben nicht weiter als zu solchem Spiritismus oder Glauben an die
Gestirne.
Die Bibel aber
richtet jeden Aberglauben.
Wie viele
glauben an Geld und Macht! „Aberglaube", sagt Jesus. „Ihr könnt nicht Gott
dienen und dem Mammon."
Und nun erst
der unheimliche Aberglaube, wo man an Menschen oder an sich selbst glaubt.
Gottes Wort sagt: „Verflucht ist, wer sich auf Menschen verlässt und hält
Fleisch für seine Stärke und mit seinem Herzen vom Herrn weicht."
Und nun seht
unseren Text! Wie führt der Herr Jesus Seine Jünger voll Barmherzigkeit heraus
aus all dem dunklen Wust, der das Herz knechtet, – hinein in die einzige,
strahlende Gewissheit: Wir haben einen lebendigen Heiland.
Jesus macht uns
frei von den Kräften und Elementen dieser Welt, von aller Finsternis – und von
allen Sündenmächten.
Wenn die Sonne
aufgeht, verschwinden alle Fledermäuse, Eulen und anderes Nachtgetier. Wohin
Jesus kommt, da wird es Licht. Er macht frohe und freie Gotteskinder. Amen.
(Melodie: Es ist das Heil
uns kommen her)
Wach auf, mein Herz, die
Nacht ist hin,
Die Sonn' ist aufgegangen.
Ermuntre deinen Geist und
Sinn,
Den Heiland zu empfangen,
Der heute durch des Todes
Tür
Gebrochen aus dem Grab
herfür,
Der ganzen Welt zur Wonne.
Freitag nach Ostern
Da sie aber davon redeten, trat er
selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: „Friede sei mit
euch." Sie erschraken aber und fürchteten sich, meinten, sie sähen einen
Geist.
Lukas 24, 36-37
Durch viel
Furcht mussten die Jünger gehen!
Erst saßen sie
hinter verschlossenen Türen aus Furcht vor den Juden. Dann hören wir, wie die
Emmaus-Jünger dem Herrn erzählen: „Auch haben uns erschreckt etliche Weiber der
Unsern."
Und nun kommt
Jesus. Und da heißt es: „Sie erschraken und fürchteten sich."
Wir dürfen
jetzt nicht gleich aufbrausen und sagen: „Ach, das waren feige Leute!"
Nein, das waren sie gar nicht. Denkt nur einmal daran, wie tapfer der Petrus im
Garten Gethsemane ganz allein gegen die große Schar losging.
Es ist vielmehr
so: Der natürliche Mensch ist immer voll Furcht, solange er nicht im Frieden
Gottes steht.
Da ist die
Furcht vor Menschen! Da ist die Furcht vor Verlusten, Furcht vor Krankheit,
Furcht vor Ansteckung, Furcht vor Schwierigkeiten. Ja, und da ist die Furcht
vor dem Tode. Gottes Wort sagt, dass wir „durch Furcht des Todes Knechte
sind".
Und wenn erst
Gottes Licht unser Gewissen trifft, dass wir aufwachen und die Größe unserer
Schuld und die Macht der Sünde erkennen – wie viel Furcht entsteht da erst!
Jesus trat
mitten unter sie und sprach: „Friede sei mit euch!" Und Er blieb bei
Seinen Jüngern so lange, bis alle Furcht aus-getrieben, bis alle Furcht in
Freude verwandelt war.
So macht Er's
auch heute noch. Amen.
(Melodie: Auf, auf, mein
Herz, mit Freuden)
Das ist mir anzuschauen
Ein rechtes Freudenspiel;
Nun soll mir nicht mehr
grauen
Vor allem, was mir will
Entnehmen meinen Mut
Zusamt dem edlen Gut,
So mir durch Jesum Christ
Aus Lieb erworben ist.
Sonnabend nach Ostern
Da sie aber noch nicht glaubten vor
Freuden und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: „Habt ihr hier etwas zu
essen?“
Lukas 24, 41
Der
Schriftsteller Josef Wittig schreibt so köstlich in seinem Buch „Leben Jesu in
Palästina, Schlesien und anderswo" von der Auferstehung Jesu: „Er hätte
aufwachend die ganze Apostel und Jüngerschar, das ganze Priester-Kollegium von
Jerusalem samt der römischen Beamtenschaft um das Grab versammeln können, um
vor aller Augen die Tür zu sprengen und glorreich aus dem Grabe hervorzugehen…
Ich zum Beispiel, da ich noch sehr von dieser Welt bin, hätte mir gleich eine
polizeiliche oder wenigstens pfarramtliche Bescheinigung verschafft, schon um
meinen späteren Verteidigern ihre großen Mühen zu erleichtern.“
Jesus hat es nicht getan. Gestorben ist Er so, dass es in
die Akten der Welt kam. Auferstanden ist Er so, dass es in die Akten des
Glaubens kommt.
Aber wie ungläubig ist das Menschenherz! Wie wenig ist es
imstande, die großen Taten Gottes zu begreifen! Als die Jünger Jesus sahen,
glaubten sie zuerst nicht aus Furcht, es sei ein Gespenst. Nachher glaubten sie
nicht aus Freuden.
Aber der Herr Jesus ruhte nicht, bis Er ihren Unglauben
überwunden und sie zur Gewissheit geführt hatte. Er ließ sich betasten. Er aß
und trank vor ihnen.
Denn es liegt Ihm soviel daran, dass wir gewiss werden. Gewissheit
müssen wir haben im Kampf des Lebens, Gewissheit in den Anfechtungen, Gewissheit,
wenn das Gewissen uns verklagt, Gewissheit im Sterben.
Uns zeigt sich Jesus nicht mehr wie Seinen Jüngern. Aber wir
haben das gewisse Zeugnis der Apostel. Und wir haben einen Heiligen Geist, der
es in unseren Herzen versiegelt: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Amen.
(Melodie: Erschienen ist
der herrlich Tag)
Für diesen Trost, o großer
Held,
Herr Jesu, dankt dir alle
Welt.
Dort wollen wir mit größ'rem
Fleiß
Erheben deinen Ruhm und
Preis. Halleluja.
Sonntag Quasimodogeniti
Seid begierig nach der vernünftigen,
lautern Milch als die jetzt geborenen Kindlein.
1. Petrus 2, 2
Um 1920 gab es
eine verrückte Kunstrichtung, „Dadaismus" genannt. Da sagte man: Nur die
unverbildeten Kinder wissen, was schön und gut ist. – Und so dichtete und
stammelte und kleckste man wie kleine Kinder.
Ich könnte mir
denken, dass dies Bibelwort manchen recht dadaistisch anmutet. Aber so hat man
es total falsch verstanden. Die Apostel reden keine „Eia-popeia-Sprache".
Sie sagen vielmehr gewaltige, göttliche Wahrheit.
So sagt der Apostel Petrus hier: „Wenn ich mit Christen
rede, dann muss ich es zu tun haben mit Leuten, die von neuem geboren sind, die
eine Wiedergeburt erfahren haben." Das sagt der Herr selbst: „Es sei denn,
dass jemand von neuem geboren werde, sonst kann er nicht in das Reich Gottes
kommen" (Johannes 3, 5). Es kann sein, dass jemand christliche
Anschauungen hat, dass er sich zur Kirche hält, dass er christliche
Gewohnheiten hat (das ist schön und ein guter Anfang), – aber er gehört doch
nicht als Geretteter in das Reich Gottes. Es fehlt das Entscheidende: die
Wiedergeburt.
Der
Erweckungsprediger Volkening sagte einmal: „Am Zaun meines Gartens steht ein
Apfelbaum. Der streckt fast all seine Äste in meinen Garten. Man könnte meinen,
er gehöre zu meinem Garten. Aber er steht draußen. Er ist draußen gepflanzt.
Und so gibt es Leute, die machen den Eindruck, als stünden sie im Reich Gottes.
ja, sie selbst bilden es sich ein. Aber ihre Wurzeln sind draußen. Sie sind
noch nicht umgepflanzt in Gottes Garten."
Sind wir Christen? Sind wir umgepflanzt? Können wir sagen, dass
wir „errettet sind von der Obrigkeit der Finsternis und versetzt in das Reich
des lieben Sohnes Gottes"? Hier ist jeder Selbstbetrug sehr gefährlich. Er
kann uns die ewige Seligkeit kosten. – Der Herr helfe uns zu einer gründlichen
Wiedergeburt. Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, meins Lebens Licht)
Schaff in mir, Herr, den
neuen Geist,
Der dir mit Lust Gehorsam
leist't
Und nichts sonst, als was
du willst, will;
Ach Herr, mit ihm mein
Herz erfüll!
Montag nach Quasimodogeniti
Das sagt der Erste und der Letzte, der
tot war und ist lebendig geworden.
Offenbarung 2, 8
Da war die
kleine, bedrängte Gemeinde in Smyrna.
Der Herr will
sie trösten. Gibt es für Christen einen größeren Trost als den Blick auf den
Herrn? Nein! „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt, und ihr Angesicht wird
nicht zu Schanden", sagt David schon.
Darum besteht
auch für uns das Leben darin, dass wir Jesus so sehen, wie Er selbst sich uns
zeigt.
„Ich bin der Erste."
Jesus war vor
allen Kreaturen. Seinem ungläubigen Volk bezeugte Er: „Ehe denn Abraham war,
bin ich –."
Das hat viel
für uns zu bedeuten! Zweifler haben oft die Frage aufgeworfen: „Wie konnte Gott
es unternehmen, Menschen zu schaffen? Er musste doch voraussehen, dass sie in
Sünde fallen würden!"
Nun, Gott ist
uns keine Rechenschaft schuldig. Aber auf diese Frage gibt es eine klare und
helle Antwort. Gott hat es unternommen, Menschen zu schaffen, weil schon vor
aller Zeit Der da war, der alles Zurechtbringen und heilen kann, nämlich Jesus,
der Erstgeborene vor allen Kreaturen. Ehe die Not anhob, war der Helfer schon
vorhanden.
Ich bin der
Erste." Das ist ein tröstliches Wort für erlösungsbedürftige Sünderherzen.
Es sagt uns, dass unser Heil eine Sache ist, die längst schon vor aller Zeit
bei Gott beschlossen war. „Er hat uns in Jesus Christus erwählt, ehe der Welt
Grund gelegt war.“ „O Abgrund der Barmherzigkeit!" Amen.
(Melodie: Wer nur den
lieben Gott lässt walten)
Sein Ratschluss war, ich
sollte leben
Durch seinen eingebornen
Sohn;
Den wollt er mir zum
Mittler geben,
Den macht er mir zum
Gnadenthron,
In dessen Blute soll ich
rein,
Geheiliget und selig sein.
Dienstag nach Quasimodogeniti
Das sagt der Erste und der Letzte.
Offenbarung 2, 8
Alles in dieser
Welt ist dem Gesetz des Todes unterworfen. Königreiche und Weltmächte kommen
und vergehen. Weltanschauungen wachen auf, beherrschen eine Zeitlang die
Geister und – vergehen. Menschen werden geboren, „blühen wie eine Blume auf dem
Feld" und – vergehen. Ja, Religionen, von Menschen erdacht, kommen und
vergehen.
Nur Einer ist
diesem Gesetz von Werden und Vergehen durch Gott entnommen. Nur Einer hat den
Tod überwunden und kann von sich sagen: „Ich bin der Letzte!" Das ist
Jesus, der Sohn des lebendigen Gottes, unser Heiland.
Sein Thron steht ewig, weil Gott von Ihm gesagt hat: „Ich
habe meinen König eingesetzt auf meinem heiligen Berge Zion." Wie sind die
Mächte der Welt und der Hölle Sturm gelaufen gegen den Thron Jesu! Wie viele
haben sich gegen Ihn aufgemacht seit Kaiphas Zeiten!
In einer
bolschewistischen Zeitung war der Satz zu lesen: „Wir haben die irdischen
Könige beseitigt. Nun kommen die himmlischen dran!" Und dazu war ein Bild
gezeichnet. Da sah man auf dem Boden zerbrochene Throne und zerschmetterte
Kronen. Und ein Mann stieg auf einer Leiter in den Himmel, um mit einem großen
Hammer Christi Thron zu zerschmettern.
Törichtes
Beginnen! Wenn diese Welt in Trümmer geht, dann steht über den Trümmern der
erhöhte Herr. Er ist der Letzte. Er ist unbesieglich. Und in Ihm steht unser
Heil auf ewigem Grund. Amen.
(Melodie: Da Christus
geboren war)
Du bist ja der Held und
Mann,
Der den Kriegen steuern
kann,
Der da Spieß und Schwert
zerbricht,
Der die Bogen macht
zunicht,
Der die Wagen gar
verbrennt
Und der Menschen Herzen
wendt,
Dass der Krieg gewinnt ein
End.
Mittwoch nach Quasimodogeniti
Das sagt der Erste und der Letzte, der
tot war und ist lebendig geworden.
Offenbarung 2, 8
„Der tot
war."
Das gerade
rühmen wir Christenleute: Jesu Tod! Denn dieser Tod Jesu am Kreuz von Golgatha
ist „unseres Todes Tod", ist unser Heil.
Es gibt in all
der Not, die die Welt, unser Gewissen, ja wir selbst uns bereiten, nichts
Tröstlicheres als den Blick auf den gekreuzigten Heiland. Da lernen wir es und
können es täglich studieren, was es heißt: „Fürchte dich nicht! Denn ich habe
dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein." In
einem alten Lied heißt es: „Dein Kampf ist unser Sieg / dein Tod ist unser
Leben. / In deinen Banden ist / die Freiheit uns gegeben. / Dein Kreuz ist
unser Trost / die Wunden unser Heil / das Blut das Lösegeld / der armen Sünder
Teil."
„… und ist
lebendig geworden!"
Wir Christen
glauben, rühmen und verkündigen ja nicht irgendwelche religiösen Gedanken,
sondern die großen Taten Gottes. Und das ist etwas, was täglich neu unser Herz
fröhlich machen kann: „Gott hat Jesum von den Toten auferweckt! Wir haben einen
lebendigen Heiland!"
Jünger Jesu
sind Menschen, die die Todeslinie überschritten haben, die aus dem Tode in das
Leben gekommen sind. Denn sie sind ja ein Eigentum dessen, der von den Toten
auferstanden ist.
„… der tot war
und ist lebendig geworden.“ In diesem Sätzlein fasst sich unser Heil zusammen.
Darauf wollen wir leben und sterben, glauben und vertrauen, kämpfen und
überwinden. Amen.
(Melodie: Erschienen ist
der herrlich Tag)
Die alte Schlange, Sünd
und Tod,
Die Böll', all Jammer,
Angst und Not
Hat überwunden Jesus
Christ,
Der heut vom Tod erstanden
ist. Halleluja.
Donnerstag nach Quasimodogeniti
Am Abend aber desselben ersten Tages der
Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor
den Juden, kam Jesus.
Johannes 20, 19
Eigentlich
hatte Jesus gar keine Veranlassung, zu Seinen Jüngern zu kommen.
Sie hatten Ihn
doch in Gethsemane schmählich im Stich gelassen. Ja, Petrus hatte Ihn dreimal
ganz offen verleugnet.
Und wie
ungehorsam waren sie! Ausdrücklich hatte Er Seinen Jüngern befohlen, sie
sollten nach dem Norden des Landes, in die Einsamkeit von Galiläa, gehen. Dort
sollten sie Ihn sehen. Und der Engel, der am Grabe den Weibern erschien, hatte
diesen Befehl ausdrücklich wiederholt. Stattdessen saßen sie hier in Jerusalem.
Und wie
ungläubig waren sie! Wie oft hatte Jesus ihnen gesagt, dass des Menschen Sohn
solches leiden müsse und dass Er am dritten Tage auferstehen werde. Und nun war
Maria Magdalena zu ihnen gekommen und hatte ihnen ihre Begegnung mit dem
Auferstandenen erzählt. Ja, Petrus und Johannes hatten selbst das leere Grab
schon angesehen. Trotzdem sitzen sie hinter verschlossenen Türen.
Und wie
furchtsam waren sie! Statt auf ihren siegreichen Herrn zu vertrauen, dachten
sie nur an die Gefahren, die ihnen drohten.
Man könnte es
wahrhaftig verstehen, wenn der Herr Jesus diese ungetreue Jüngerschar ganz und
gar hätte fallen lassen. Und nicht nur diese Jüngerschar, sondern auch uns;
denn der Unglaube und die Menschenfurcht und der Ungehorsam sind ja bei uns
genauso zu finden wie bei den Jüngern.
Aber – wie treu
ist Jesus! Er geht Seinen Jüngern nach. Er lässt sie nicht fallen. Er sucht sie
immer und immer wieder auf. Er zerbricht das zerstoßene Rohr nicht und löscht
den glimmenden Docht nicht aus.
Von Rechts
wegen haben wir kein Anrecht an den Herrn der Herrlichkeit. Von Rechts wegen hätte unser Heiland uns
längst verstoßen müssen. Aber es geht bei Ihm von Gnaden wegen. Was würde aus uns, wenn Jesus nicht so treu wäre!
Gelobt sei der gute Hirte Seiner Schafe! Amen.
Freitag nach Quasimodogeniti
Die Hüter erschraken vor Furcht und
wurden, als wären sie tot. Aber der Engel antwortete und sprach zu den Weibern:
"Fürchtet euch nicht!"
Matthäus 28, 4-5
Die Botschaft
von der Auferstehung Jesu hat deutlich zwei Seiten.
Die eine Seite
richtet sich nach der verlorenen, gottlosen Welt hin. Diese Seite bekommen die
Grabeswächter, die römischen Soldaten, zu spüren. "Sie wurden vor Furcht,
als wären sie tot."
Die verlorene
Welt sieht nur die beunruhigende Seite der Auferstehungsbotschaft. Es ist
allerdings sehr beunruhigend für die Welt, zu denken, Gott könne sich so
deutlich bezeugt haben, und der Herr Jesus könnte Herr und Richter der Welt
sein, und es könnte eine Auferstehung der Toten geben.
Wenn für diese
furchtlosen, tapferen und Gefahren gewohnten Kriegsknechte die Auferstehung
Jesu schon so furchtbar war, wie erschreckend wird für die Welt Jesu
Wiederkunft in Herrlichkeit sein!
"Die Hüter
wurden vor Furcht, als wären sie tot." Aber nun ist unser Text sehr
merkwürdig. Da heißt es: "Die Hüter. erschraken vor Furcht … aber der
Engel antwortete: Fürchtet euch nicht!" Wenn man das oberflächlich liest,
könnte man meinen, das Engelwort sei zu den Hütern gesagt. Aber es steht
ausdrücklich da: "Der Engel sprach zu den Weibern: Fürchtet euch
nicht!" Die Welt hat von der Auferstehung Jesu Unruhe und Furcht, die
Jünger Jesu aber Trost und Freude.
Ja, was der
Welt die größte Beunruhigung ist, das ist den Jüngern Jesu größte Freude und
herrlichster Trost: Wir haben einen Heiland, der lebt und der wiederkommen wird
in Ewigkeit. Sie jubilieren und singen:
„Christ ist erstanden
Von der Marter alle,
Des solln wir alle froh
sein.
Christ will unser Trost
sein.
Halleluja!"
Die
Auferstehung Jesu ist Tatsache. Nun kommt es nur noch darauf an, auf welcher
Seite dieser Tatsache wir unsere Stellung beziehen wollen. Amen.
Sonnabend nach Quasimodogeniti
Ich habe Lust, abzuscheiden und bei
Christo zu sein, was auch viel besser wäre; aber es ist nötiger, im Fleisch
bleiben um euretwillen.
Philipper 1, 23-24
Der natürliche,
unbekehrte Weltmensch schwankt im Blick auf den Tod zwischen zwei furchtbaren
Extremen:
Bald packt ihn
die Furcht vor dem Tode. Da klammert er sich in wilder Lebensgier an die Welt
und ihre Lust. „Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot." –
Bald aber graut ihm vor der Welt und ihrem Jammer, vor ihrer Verständnislosigkeit
und Lieblosigkeit. Da sehnt sich der Mensch dann in weltflüchtiger Stimmung
nach seinem „Freund Tod". Von beidem macht Jesus Seine Jünger frei. Er
gibt ihnen die rechte Stellung auch dem Tode gegenüber. Das wird an diesem Wort
des Apostels Paulus ganz deutlich.
Trotz aller
tiefen Einsicht in den großen Jammer und die Verlorenheit der Welt verachten
sie den „Weltschmerz", denn sie wissen: Wir müssen Dienst tun, solange es
Tag ist. „Es ist nötig", sagt Paulus, „zu leben und im Fleisch zu bleiben
um euretwillen." Christen sind von Gott an ihren Platz gestellt. Und darum
überwinden sie alle Weltflucht durch treuen Dienst. Aber sie fürchten auch
nicht den Tod, wie die Welt ihn fürchtet; denn sie wissen, dass sie in Jesus
Christus, der sie versöhnt hat mit Gott, das ewige Leben haben. Ihnen ist der
Tod „der Eingang in das Leben". Darum kann Paulus sagen: „Ich habe Lust,
abzuscheiden und bei Christo zu sein."
Nein,
Christenleute. haben es nicht nötig, sich in wilder Gier an das Leben zu
klammern. Sie haben ja eine große und herrliche Zukunft, der sie fröhlich und
getrost entgegenwandern. „Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so
sterben wir dem Herrn; darum: wir leben oder sterben, so sind wir des
Herrn." Amen.
(Melodie: Herzlich tut mich
verlangen)
So will ich zwar nun
treiben mein Leben durch die Welt,
Doch denk ich nicht zu
bleiben in diesem fremden Zelt.
Ich wandre meine Straßen,
die zu der Heimat fahrt,
Da mich ohn alle Maßen
mein Vater trösten wird.
Sonntag Miserikordias Domini
Als Jesus nahe an das Stadttor kam, da
trug man einen Toten heraus, der ein einziger Sohn war seiner Mutter, und sie
war eine Witwe. Und da sie der Herr sah, jammerte ihn derselben.
Lukas 7, 12-13
Menschenland
ist Todesland.
Darum ist der
Sohn Gottes aus der ewigen Weh Gottes zu uns gekommen, weil die Welt ein
Todesland ist. Er wusste also, wie es um uns stand. Und doch hat es Ihn immer
wieder überwältigt. „Es jammerte ihn."
Es gingen wohl
manche im Trauerzuge mit, die sich schon „trostreiche Worte am Grabe"
überlegten.
Jesus hat nicht
einen Teppich von großen Worten über das Leid gebreitet. „Es jammerte
ihn."
In dieser
kleinen Szene sah Jesus das Bild der gefallenen Welt sich spiegeln. Er sah hier
die Welt, wie sie ist: eine Welt unter dem Gesetz der Sünde und des Todes. „Und
es jammerte ihn." Jesus brach fast das Herz über dem Jammer. Aber Er hielt
ihm stand. Er sah nicht den Sonnenschein an, der immer wieder das Elend der
Welt trügerisch vergoldet. Er schaute nicht auf die Blumen, die auch aus Gruben
wachsen. Er half sich nicht mit ein paar Worten aus der peinlichen Lage. Er
trat auch nicht beiseite, um den Elendszug vorbeizulassen. Nein! Er stellte
sich dem Jammer der Welt. Er blieb davor stehen, und „es jammerte ihn."
Kann uns aber
etwas Trostreicheres und Besseres geschehen, als dass Jesus unsern Jammer und
unser Leid ansieht? Leid, das vor Jesu Augen kommt, ist fast schon gestilltes
Leid. Unser Leid und Jesus müssen zusammenkommen! Das ist der Weg zum Leben.
Amen.
(Melodie: Seelenbräutigam)
Glanz der Herrlichkeit! Du
bist vor der Zeit
Zum Erlöser uns geschenket
und in unser Fleisch versenket
In der Füll' der Zeit;
Glanz der Herrlichkeit!
Montag nach Miserikordias Domini
Und da sie der Herr sah, sprach er zu
ihr: „Weine nicht!"
Lukas 7, 13
„Durch ein
kleines Loch in der Hecke kann man einen weiten Platz übersehen." Es war
eine unbedeutende Sache: Ein toter Sohn, eine weinende Witwe! Wie oft mag das
vorkommen!
Aber für Jesus wird diese kleine Geschichte zum „Loch in der
Hecke". Er überschaut die Welt „in ihren tausend Plagen und großen
Jammerlast“.
Jesus sieht
hier das eherne Gesetz der gefallenen Welt: „Das Gesetz der Sünde und des
Todes."
Sünde und Tod gehören zusammen. Zuerst riss sich die Welt
von Gott los. So kam sie unter das Gesetz der Sünde. Nun wurden wir alle – jawohl,
alle! – Sünder.
Und der „Sold
der Sünde" ist der Tod. Nun sind wir alle Leute geworden, deren
Todesurteil schon bei der Geburt unterschrieben ist.
Wir singen es
wohl an leuchtenden Frühlingstagen: „Wie bist du doch so schön, du weite, weite
Welt!" Aber das Lied bleibt uns in der Kehle stecken vor der schrecklichen
Wirklichkeit: Sünde – Tod.
Wie tapfer
packen wir Menschen immer wieder die großen sozialen, wirtschaftlichen und
politischen Fragen an. Und doch! Den eigentlichen Nöten gegenüber müssen wir
die Waffen strecken: vor der Sünde, dem Herzeleid und dem Tod!
Stellt euch
vor, man hätte alle großen Geister, alle Philosophen, Politiker, Gelehrte und
Organisatoren im Stadttor von Nain versammelt. Vor der weinenden Witwe hätten
sie verstummen müssen.
Nur Einer
streckt nicht die Waffen vor Sünde und Tod. Nur Einer kann sagen: „Weine nicht!"
Aber Er kann es mit Vollmacht sagen: Jesus! Amen.
(Melodie: Seelenbräutigam)
Großer Siegesheld, Tod,
Sünd', Höll' und Welt
Hast du mächtig überwunden
und ein ew'ges Heil erfunden
Durch das Lösegeld deines
Bluts, o Held.
Dienstag nach Miserikordias Domini
Und Jesus sprach zu ihr: „Weine
nicht." Und trat hinzu und rührte den Sarg an. Und die Träger standen.
Lukas 7, 13-14
Im Stadttor von
Nain begegnet Jesus einem Leichenzug, einem Demonstrationszug der gefallenen
Welt. Der unumschränkte Herrscher der Welt, der König Tod, begegnet dem
„Fürsten des Lebens". Eine unerhörte Begegnung!
Aber ehe nun
etwas geschieht, ja, ehe etwas geschehen kann, tritt Jesus zu der weinenden
Mutter, der alles zerschlagen und genommen ist. „Weine nicht!" sagt Er.
Das war viel
verlangt. Sie sah ja noch gar nichts vor Augen. „Weine nicht!" Das hieß:
„Vertraue mir! Glaube an mich! Vertraue, dass alles gut ist, weil Ich, Jesus,
da bin!"
Mitten im
Todesland, mitten im Jammer der Welt, mitten im Herzeleid, mitten in Sündennot
die Tränen abwischen und froh werden, weil Jesus da ist – seht, das ist
Christenglaube. Nicht nur die Witwe, sondern auch die Träger glaubten. Wir
kennen ihre Namen nicht. Und doch – sie sind es wert, dass wir sie betrachten.
Ich hätte mir wohl denken können, dass sie dem Mann aus Nazareth gesagt hätten:
„Geh uns aus dem Weg! Halte uns nicht auf! Wir haben keine Zeit für dich."
So sagten sie
nicht. Jesus winkte. Und die Träger standen. Sie gehorchten Ihm willig. Und so
wurden sie Zeugen, wie wunderbar Jesus helfen und erretten kann.
Wenn wir das
doch lernen wollten: Jesus ganz vertrauen und Jesus ganz gehorchen. Dann werden
wir Seine Herrlichkeit sehen. Amen.
(eigene Melodie)
Wie wohl ist mir, o Freund
der Seelen,
Wenn ich in deiner Liebe
ruh.
Ich steige aus der
Schwermutshöhlen
Und eile deinen Armen zu.
Da muss die Nacht des
Trauerns scheiden,
Wenn mit so angenehmen
Freuden
Die Liebe strahlt aus
deiner Brust.
Hier ist mein Himmel schon
auf Erden;
Wer wollte nicht vergnüget
werden,
Der in dir suchet Ruh und
Lust?
Mittwoch nach Miserikordias Domini
Jesus sprach: „Jüngling, ich sage dir,
stehe auf!" Und der Tote richtete sich auf und fing an zu reden; und er
gab ihn seiner Mutter. Und das Gerücht von ihm erscholl in das ganze Land.
Lukas 7, 14-15+17
Eine Botschaft
geht durch's Land: „Jesus macht Tote lebendig." Du sagst: „Das kann nicht
wahr sein"? Ja, wenn's nun doch wahr wäre?! Dann hieße das: Das Gesetz der
Sünde und des Todes ist durchbrochen! Das eherne Weltgesetz ist gesprengt! Dann
hieße das: Jesus reißt Kerkertüren auf! Das Leben ist erschienen! Dann hieße
das: Das Reich Gottes auf Erden ist angebrochen!
Und so ist es
in der Tat!
Der Herr Jesus hat einmal ein feines Gleichnis gebraucht: Da
ist ein grausamer Raubritter. Eine Menge Gefangener hält er in seinem Raubschloss
gefangen. Kein Mensch kann diesem Mächtigen wehren, – bis eines Tages ein noch
Mächtigerer und Stärkerer kommt. Der berennt das Schloss. Der öffnet die
Kerker. Der führt die Gefangenen in die Freiheit.
Wir alle, wir
Menschen in der gefallenen Welt, wir sind die Gefangenen unter dem „Gesetz der
Sünde und des Todes". Wir sind es, auch wenn wir tun, als sähen wir die
Ketten nicht und als seien wir frei.
Aber Jesus ist der „Stärkere, der dem gewappneten Starken
ins Haus bricht". Er ist der Held, der Befreier, der Erretter. Als Er auf
Golgatha sterbend rief: „Es ist vollbracht!" – da brachen Kerkertüren auf,
da war der „Mächtige", der „alt-böse Feind" überwunden. Da begann die
Heißzeit. Bis zu diesem Tag geht die Botschaft durchs Land: „Jesus ist kommen,
Grund ewiger Freude." Amen.
(Melodie: Einer ist König,
Immanuel sieget)
Jesus ist kommen, nun
springen die Bande,
Stricke des Todes die
reißen entzwei.
Unser Durchbrecher ist
nunmehr vorhanden;
Er, der Sohn Gottes, der
machet recht frei,
Bringet zu Ehren aus Sände
und Schande;
Jesus ist kommen, nun
springen die Bande!
Donnerstag nach Miserikordias Domini
Von seiner Fülle haben wir alle genommen
Gnade um Gnade.
Johannes 1, 16
Die erste
Christengemeinde, die Johannes in unserem Wort anredet, war doch eine sehr
seltsame Vereinigung verschiedenster Leute.
Da waren alte, ehrwürdige Leute wie Simeon und ganz junge
Menschen wie Johannes oder Markus. Da waren Gebildete und Gelehrte wie Paulus
oder Stephanus und arme, unwissende Menschen wie der Sklave Onesimus oder die
große Sünderin. Da waren reiche Leute wie Barnabas oder Josef von Arimathia und
ganz Arme wie der blinde Bettler Bartimäus. Da waren Griechen und Juden und
stolze Römer.
Man sollte doch
meinen, so etwas könne gar nicht zusammenhalten. Und doch war diese Gemeinde
„ein Herz und eine Seele".
Unser Bibelwort
sagt, was diese erste Gemeinde verband und was seitdem die Gemeinde aller Zeiten
verbindet. Alle bekennen: „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um
Gnade."
Arme und
Reiche, Starke und Schwache, Alte und Junge, Kluge und Törichte: Sie alle haben
erkannt: Wir brauchen Seine Gnade! Und nun stoßen sie sich nicht an Jesu Niedrigkeit.
Im Gegenteil! Sie verstehen und fassen: „Er ward arm um unsretwillen, auf dass
wir durch seine Armut reich würden." Nun sind sie auch nicht schüchtern.
In Jesus ist der Himmel aufgetan. Nun nehmen sie aus Seiner Fülle. Selig, wer
so bekennen kann: Aus Seiner Fülle nehmen wir Gnade um Gnade. Amen.
(Melodie: Einer ist König,
Immanuel sieget)
Jesus ist kommen, die
Quelle der Gnaden,
Komme, wen dürstet, und
trinke, wer will.
Holet für euren
verderblichen Schaden
Gnade aus dieser
unendlichen Füll'.
Hier kann das Herze sich
laben und baden.
Jesus ist kommen, die
Quelle der Gnaden!
Freitag nach Miserikordias Domini
Von seiner Fülle haben wir alle genommen
Gnade um Gnade.
Johannes 1, 16
In Alaska lebte
einst ein Pelzjäger. Der Mann führte ein hartes, mühseliges Leben. Monatelang
war er in der Einsamkeit des unwirtlichen Landes allein, um das Pelzwerk zu
erjagen, das er dann an der Küste verkaufte.
Da hat er nun
eines Tages eine stattliche Menge wertvoller Pelze beieinander und macht sich
auf den weiten Marsch zur Stadt. Unterwegs trifft er einen anderen Einsamen.
Der hält ihn an: „Du, Kamerad, ich habe eine schwere Goldader entdeckt. Wollen
wir sie zusammen ausbeuten?"
Da lässt der
Jäger seine Pelze, die ihm vorher noch so wertvoll schienen, liegen – einfach
liegen – und wird Goldgräber.
So geht es den
Jüngern Jesu: Was ihnen vorher wertvoll war, verliert seine Bedeutung, wenn
Jesus kommt. So sagt der Apostel Johannes in einem seiner Briefe: „Habt nicht
lieb die Welt, noch was in der Welt ist." Wie kann einer so etwas sagen?
Nur darum, weil er etwas Besseres weiß: „Von Jesu Fülle haben wir genommen
Gnade um Gnade."
Und der Apostel
Paulus berichtet von sich im Philipperbrief: „Was mir Gewinn war, das habe ich
um Christi willen für Schaden geachtet."
So ist das, wenn jemand Jesus findet: Was ihm lieb war, das
Wesen der Welt, die Sünde, die eigene Gerechtigkeit – alles das wirft man weg, lässt
es liegen, „auf dass ich Christus gewinne".
Und das ist gewiss:
Nur wer frisch wegwerfen kann, der kann „von seiner Fülle nehmen Gnade um
Gnade". Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Ach sagt mir nichts von
Gold und Schätzen,
Von Pracht und Schönheit
dieser Welt;
Es kann mich ja kein Ding
ergötzen,
Was mir die Welt vor Augen
stellt.
Ein jeder liebe, was er
will:
Ich liebe Jesum, der mein
Ziel.
Sonnabend nach Miserikordias Domini
Von seiner Fülle haben wir alle genommen
Gnade um Gnade.
Johannes 1, 16
Dies Zeugnis
ist eine Frage an uns: „Hast du schon genommen von Jesu Fülle?"
Es gibt so
viele so genannte Christen, die kennen Jesus nur vom Hörensagen. Sie wissen
vielleicht eine ganze Menge über Ihn. Und doch – sie sind arme, friedlose,
sündengebundene Leute!
Es gibt ein
feines, packendes Bild zu der Nibelungensage: Da sieht man Siegfried auf dem
Wagen stehen, in dem der reiche Nibelungenschatz nach Worms gebracht wurde. Er
steht auf all den unermesslichen Schätzen und teilt aus an das Volk. „Wer will
ein gutes Schwert? – Du? – Hier!" „Eine Kette willst du? – Hier!"
So steht Jesus
unter uns und teilt aus. Und wir? – Du standest bisher abseits und empfingst
nichts? „Gnade um Gnade" teilt Er aus.
Und du bleibst
in deinem alten Elend? Du läufst noch mit deinem beladenen Gewissen umher? Und
du kennst noch nicht die Freude der Sünden-Vergebung? Kennst nicht den Strom
des Friedens mit Gott? Nicht die Kraft des Heiligen Geistes? Nicht die frohe Gewissheit
des ewigen Lebens? Nicht den Frieden, der höher ist als alle Vernunft? Du weißt
nichts von dem Beistand des lebendigen Gottes in allen Nöten und Lebenslagen?
Nichts von der gnadenvollen Führung des Herrn im Alltag? – Du weißt noch nichts
davon zu sagen, dass man als notvoller, zerbrochener Mensch vor dem Herrn auf
die Knie fällt und als neuer Mensch aufsteht?
Wir wollen
begreifen: Dies Zeugnis des Johannes ist eine Aufforderung: „Nehmet doch aus
Seiner Fülle Gnade um Gnade!" Amen.
(Melodie: Mein Herzensjesu,
meine Lust)
Ach, sucht doch den, lasst
alles stehn,
Die ihr das Heil begehret;
Er ist der Herr und keiner
mehr,
Der euch das Heil
gewähret.
Sucht ihn all Stund von
Herzensgrund,
Sucht ihn allein; denn
wohl wird sein Dem,
der ihn herzlich ehret.
Sonntag Jubilate
Spricht Jesus zu ihr: „… Ich fahre auf
zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott."
Johannes 20, 17
Was ist das für
ein Jubel, wenn Matrosen nach langer Reise den Heimatwimpel setzen. „Nach
Hause!"
Solcher Jubel
klingt aus dem Wort Jesu: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu
meinem Gott und zu eurem Gott."
Glaubt ihr, dass
Jesus, der Sohn Gottes, Heimweh gehabt hat, solange Er auf Erden war? O ja!
Schon als Zwölfjähriger blieb Er im Tempel Gottes zurück und sagte zu Maria: „Muss
ich nicht sein in dem, was meines Vaters ist?" Dieses Heimweh Jesu spüren
wir, wenn Er nächtelang in die Einsamkeit der Berge ging, um mit dem Vater zu
reden. Und dies Heimweh brach erschütternd heraus, als Er am Kreuz rief: „Mein
Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!"
Nun aber ist
das Werk der Erlösung vollbracht: „Ich fahre auf!"
Dies Wort wurde
zuerst zu Maria Magdalena gesprochen. Die Magdalena hätte erschrocken denken
können: „Und was soll denn aus mir werden? Und aus den Jüngern? Und aus all
denen, die Jesus lieb haben? Sollen wir traurig zurückbleiben?"
Es ist
merkwürdig, dass weder Maria Magdalena noch die anderen Jünger, denen Jesus
erschien, so dachten oder sagten. Sie begriffen: Die große Liebe, die den Sohn
Gottes in die Welt Hereintrieb, die den König des Himmels in Tod und Grab
brachte, die wird das angefangene Werk auch zu Ende führen. Der Heiland, der
als Erniedrigter die Seinen geliebt hat bis ans Ende, der wird auch als
Erhöhter die Hand nicht ablassen von den Seinen, bis Er alles zum letzten Ziel
gebracht hat. Amen.
(Melodie: Ach, Gott und
Herr)
Zeuch uns nach dir für und
für
Und gib, dass wir
nachfahren
Dir in dein Reich, und
mach uns gleich
Den auserwählten Scharen.
Montag nach Jubilate
Spricht Jesus zu ihr: „…Ich fahre auf zu
meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott."
Johannes 20, 17
Man muss darauf
achten, dass der Auferstandene nicht sagt: „Ich fahre auf zu meinem
Vater." Mit großem Nachdruck sagt Er: „Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott." Hiermit sagt
Jesus etwas Wunderbares: Dass Seine Jünger zum lebendigen Gott dasselbe
Verhältnis haben dürfen wie Er selbst. Wir dürfen zu Gott stehen wie Jesus! Das
ist die Frucht Seines Todes, mit dem Er unsere Sünde weggetragen und uns
versöhnt hat. Um das recht zu verstehen, müssen wir zurückdenken an die
Anfänge: Nach dem Sündenfall trieb Gott die Menschen aus dem Garten Eden. Das
Tor zu Gott wurde verschlossen.
Als aber Jesus
in die Welt kam, da tat sich das Tor auf. Wir singen an Weihnachten: „Heut
schließt er wieder auf die Tür / zum schönen Paradeis…"
Und als Jesus
zurückkehrte zum Vater, da ließ Er nach Seiner Himmelfahrt die Tür hinter sich
offen.
Darum spricht
Paulus von dem „offenen Zugang zu dieser Gnade, darin wir stehen". Und der
Hebräer-Brief sagt: „So wir nun haben die Freudigkeit zum Eingang in das
Heilige durch das Blut Jesu, so lasset uns hinzugehen."
Christen sind
Leute, die eine offene Tür zum Himmel haben. Sie wandeln im „Morgenglanz der
Ewigkeit", der aus der offenen Tür bricht. Und sie wissen, dass sie selbst
einmal hindurchgehen werden. Amen.
(Melodie: Auf diesen Tag
bedenken wir)
Drum sei Gott Lob, der Weg
ist gmacht,
Uns steht der Himmel
offen.
Christus schließt auf mit
großer Pracht,
Vorhin war alls
verschlossen.
Wer's glaubt, des Herz ist
freudenvoll,
Dabei er sich doch rüsten
soll,
Dem Herren nachzufolgen.
Halleluja.
Dienstag nach Jubilate
Spricht Jesus zu ihr: „Rühre mich nicht
an! denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater."
Johannes 20, 17
Die Maria war
so erfreut, Jesus wieder zu sehen. Und da wollte sie sich mit den Händen
überzeugen, ob es wirklich keine Einbildung sei. Sie wollte einen
handgreiflichen Glauben.
Jesus aber
sagt: Rühre mich nicht an!" Der Glaube der Christen geht auf Den, den man
nicht betasten, ja, den man nicht einmal mehr sehen kann.
Das ist uns oft
schwer, dass wir so gar nichts Handgreifliches haben. Ein Christ saß einmal um
seines Glaubens willen im Gefängnis. Treue Freunde gaben für ihn einen kleinen
Blumenstrauß ab. Und ein barmherziger Wächter brachte den in seine Zelle. Dem
Gefangenen war der Strauß ein sichtbares Zeichen für die Verbundenheit mit der
Gemeinde Jesu.
Da kommt auf
einmal ein anderer Wächter, sieht den Strauß, sagt: „Das dürfen Sie nicht haben“
und trägt ihn fort. Nun hat der Gefangene gar nichts Sichtbares und Greifbares
mehr. Er ist ganz arm.
Aber auf einmal
fällt ihm ein: „Ich habe mehr. Ich habe
Jesu Gegenwart im Geist."
Jesus sagt:
„Rühre mich nicht an." Der Glaube hat nichts Greifbares. Wo er sich auf
sichtbare Dinge, auf Menschen und Ereignisse stützt, wird er zuschanden. Wir
müssen uns an das halten, was wir haben: an das Wort und an Jesu Gegenwart im
Wort und im Geist. Amen.
(Melodie: Alle Menschen müssen
sterben)
Deine Auffahrt bringt mir
eben
Gott und Himmel innig nah.
Lehr mich nur im Geiste
leben
Als vor deinen Augen da,
Fremd der Welt, der Zeit
und Sinnen,
Bei dir abgeschieden
drinnen,
In den Himmel schon
versetzt,
Da mich Jesus nur ergötzt.
Mittwoch nach Jubilate
Spricht Jesus zu ihr: „Weib, was weinest
du?"
Johannes 20, 15
Hier lernen
wir, was dem Sohne Gottes das Allerwichtigste ist.
Es ist am Morgen
Seiner Auferstehung. Die Heilstat von Golgatha ist vollbracht. Nun beginnt ein
Kriegszug von geradezu gigantischem Ausmaß. Denken wir nur einmal daran, welch
ein Kampf um das Evangelium in aller Welt heute gekämpft wird.
Nun seht den
großen, siegreichen Feldherrn am Auferstehungsmorgen!
Wo finden wir
Ihn? Finden wir Ihn etwa auf dem Marktplatz von Jerusalem, wo Er Tausende mit
hinreißenden Worten zu einem heiligen Feldzug aufruft? Oder sehen wir Ihn
umgeben von Seinen Getreuen über die Landkarte der Welt gebeugt in ernster
Beratung?
Nichts
dergleichen! Er ist in den stillen Garten des Joseph zurückgekehrt, weil das
Weinen der Magdalena Ihn gezogen hat.
Eine weinende
Seele, ein Herz, das sich nach Ihm sehnt, ein zerbrochenes Herz und ein
zerschlagenes Gemüt – das geht bei dem Herrn Jesus allem andern vor.
Es müsste der
Welt doch unheimlich werden, in welch souveräner Hoheit Jesus an ihr, ihrer Art
und ihren Anliegen vorübergeht und sich in abgründiger Barmherzigkeit einer weinenden
Seele zuwendet.
So ist Jesus.
Das ist die frohe Botschaft für die Elenden: Wenn jemand ganz in der Tiefe ist,
wenn alle Sünden gegen einen aufstehen, wenn ein Herz verzweifeln will, weil
Gott so schrecklich ferne zu sein scheint – da ist der Heiland da und beugt
sich herab: „Was weinest du?“ Amen.
(Melodie: Warum sollt' ich
mich denn grämen?)
Herr, mein Hirt, Brunn
aller Freuden,
Du bist mein, ich bin
dein,
Niemand kann uns scheiden!
Ich bin dein, weil du dein
Leben
Und dein Blut mir zugut
In den Tod gegeben.
Donnerstag nach Jubilate
Jesus trat mitten ein und spricht zu
ihnen: Friede sei mit euch."
Johannes 20, 19
Mit diesem Wort
zeigt uns Jesus, was uns fehlt.
Zur Zeit
Luthers regierte in Deutschland ein mächtiger Kaiser, Karl V. Als er auf der
Höhe seiner Macht war, legte er zur Verwunderung der Welt Krone und Hermelin ab
und ging in das Kloster St. Just. Warum? Alle Macht und Herrlichkeit der Welt
konnten ihm nicht geben, was sein Herz suchte: Frieden.
Es hat kaum
einen Menschen gegeben, der so vom Glück begünstigt war wie der Geheimrat
Goethe. Reichtum, Schönheit, Lust der Welt, Ruhm – alles fiel ihm zu. Und – es
ist fast erschreckend zu lesen – dieser Mann dichtete: „Ach, ich bin des
Treibens müde! / Was soll all der Schmerz und Lust? / Süßer Friede / Komm, ach
komm in meine Brust!" – Er hatte alles – nur keinen Frieden.
„Ach, ich bin des Treibens müde", sagte Goethe. Das
werden wohl die wenigsten von uns sagen. Wir sind des Treibens noch nicht müde.
Vor vielen von uns liegt das Leben noch mit seinen tausend Möglichkeiten, mit
seinen Aufgaben, mit Lust und Leid.
Aber das müssen
wir wissen: Und wenn wir das Höchste erreichten, – und wenn wir alle Lust der
Welt an uns rissen, – und wenn unser Leben reich wäre und voll von Erlebnissen,
– eins kann die Welt uns nie geben: den Frieden, nach dem unsere Seele hungert.
Und darum kommt
Der zu uns, der in Wahrheit uns grüßen kann: „Friede sei mit euch!" Er
bringt den Frieden, „der höher ist als alle Vernunft". Möchten wir doch
alle darin recht reich werden! Amen.
(eigene Melodie)
Ach, mein Herr Jesu, dein
Nahesein
Bringt großen Frieden ins
Herz hinein;
Und dein Gnadenanblick
macht uns so selig,
Dass Leib und Seele
darüber fröhlich
Und dankbar wird.
Freitag nach Jubilate
Jesus trat mitten ein und spricht zu
ihnen: „Friede sei mit euch."
Johannes 20, 19
Als für die
Jünger die Not anfing, am Gründonnerstagabend, hat der Herr Jesus lange mit
ihnen geredet, ehe sie nach Gethsemane gingen. Diese Abschiedsworte Jesu
sollten alle angefochtenen Seelen lesen. Sie stehen Johannes 14 bis 16. Dort
schon hat Jesus gesagt: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich
euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt."
Die Jünger fassten
es wohl noch nicht recht an jenem Abend. Aber als der Sohn Gottes nach Seiner
Auferstehung zu den Jüngern kommt, die aus Furcht hinter verschlossenen Türen
sitzen, da bringt Er ihnen den Frieden als herrliche Frucht Seines Todes.
Es ist ein
großer Unterschied zwischen Jesus und uns. Wir können einander auch manches
Gute und Schöne wünschen. Wenn jemand krank ist, wünschen wir ihm auch „gute
Besserung". Aber davon wird der Kranke nicht gesund. Wir haben keine
Möglichkeit, unsere Wünsche für die andern in die Wirklichkeit umzusetzen,
unsere Wünsche bleiben Schall und Rauch. Wir können sie nicht realisieren.
Ganz anders ist
es bei Jesus. „So er spricht, so geschieht's – so er gebeut, so steht's
da", sagt die Bibel. Und wenn Er sagt: „Friede sei mit euch“, dann ist der
Friede, nach dem unsere Seele hungert, mit uns.
So kann nur
Einer, Jesus, uns das edelste Gut geben, den Frieden. Nur Jesus! Er allein! Wer das versteht und erfahren hat, der
begreift den Radikalismus eines Liederdichters, der sagt: „Ach sagt mir nichts
von Gold und Schätzen / von Pracht und Schönheit dieser Welt; / es kann mich ja
kein Ding ergötzen / was mir die Welt vor Augen stellt. / Ein jeder liebe, was
er will: / Ich liebe Jesus, der mein Ziel.“ Amen.
(Melodie: Ach mein Herr
Jesu, dein Nahesein)
O wer nur immer bei Tag
und Nacht
Dein zu genießen recht
wär' bedacht;
Der hätt' ohne Ende von
Glück zu sagen,
Und Leib und Seele müsst
immer fragen:
Wer ist wie du?
Sonnabend nach Jubilate
Am Abend, da die Jünger versammelt und
die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat
mitten ein und spricht zu ihnen: „Friede sei mit euch." Und als er das
gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite… Da sprach Jesus
abermals zu ihnen: „Friede sei mit euch."
Johannes 20, 19-21
Einen
unbeschreiblichen Frieden bringt der Herr Jesus in Herz und Haus. Dass wir doch
alle davon ein reichliches Teil bekämen!
Aber dieser
Friede ist nicht ein grundlosseliges Gefühl. O nein! Dieser Friede Jesu hat
seinen Grund. Und er wird erfahren im Gewissen.
Das Seufzen und
Wimmern: „Süßer Friede, komm, ach komm in meine Brust!" kann man in der
Welt oft hören. Aber es ist im Grunde zwecklos. Damit kommt der Friede nicht.
Jesus bringt ihn nur zu denen, die den Grund ihrer Friedlosigkeit sehen und
sehen wollen: die Wirklichkeit der Sünde. Darum bleiben die allermeisten
Menschen friedlose Leute, weil sie ihren verlorenen Zustand vor Gott nicht
erkennen und wahrhaben wollen.
Der Friede, den
Jesus bringt, hat einen tiefen Grund. Und dieser Grund heißt: Vergebung der
Sünden. Weil der Friede Jesu aus der Vergebung der Sünden kommt, darum wird er
im Gewissen erfahren.
Wollen wir
Vergebung? – Dann müssen wir sehen, wie Jesus
in unserem Text
sich zeigt: „Da zeigte er ihnen die Hände und seine Seite." Was zeigte
denn Jesus da? Er zeigte Seine durchgrabenen Hände. Diese Hände haben die
Handschrift zerrissen, die gegen uns war. Diese Hände haben unsere Sünde ans
Kreuz getragen. Diese Hände wurden um unsertwillen durchbohrt.
Es ist nicht
von ungefähr, dass Jesus zweimal sagt: „Friede sei mit euch!" Und dass Er
dazwischen Seine Nägelmahle zeigt. Der gekreuzigte Heiland der Sünder – der ist
es, der den Frieden bringt. Der allein. Der aber wirklich. Gelobt sei Er! Amen.
Sonntag Kantate
Das wäre meines Herzens Freude und
Wonne, wenn ich dich mit fröhlichem Munde loben sollte.
Psalm 63, 6
Ja, das wäre
allerdings eine herrliche Sache, wenn unser armes Leben eine Orgel würde, in
der alle Töne zusammenklingen zum Lobe Gottes.
Wir sind weit
entfernt davon, solch ein Instrument zu Seiner Ehre zu sein. Unser Leben gibt
einen andern Klang. So einen arg kümmerlichen Klang.
Da wird wohl
auch gerühmt. Aber wir rühmen uns selbst. Und mit unserm elenden Selbstruhm
wollen wir ja nur unsere Armut und Schuld zudecken.
Und wenn wir
nicht rühmen, dann klagen wir: über Menschen, über Verhältnisse, über dies und
das.
Und wenn wir
nicht klagen, dann spotten oder lästern wir. Und all das, dies üble Rühmen,
dies Klagen und Lästern und Schwätzen, ist eine abscheuliche Musik.
Aber ganz tief
im Herzen wissen wir etwas Besseres: „Das wäre meines Herzens Freude und Wonne,
wenn ich dich mit fröhlichem Munde loben sollte."
Ja, das wäre meines Herzens Freude! Es wäre so schön, Gottes
Lob zu singen. Warum tun wir es nicht? Nicht wahr, es steht so: Wir können
nicht.
Da wird recht deutlich, dass wir gefallene Schöpfung sind.
Die Orgel ist hoffnungslos verstimmt. Und aller guter Wille bringt keinen guten
Klang hervor.
Aber „was bei Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott
möglich“. Lasst nur den Herrn Jesus recht wirken! Er wird etwas aus uns machen
„zu Lobe seiner Herrlichkeit". Amen.
(Melodie: Dir, dir,
Jehova, will ich singen)
Zieh mich, o Vater, zu dem
Sohne,
Damit dein Sohn mich
wieder zieh zu dir;
Dein Geist in meinem
Herzen wohne
Und meine Sinne und
Verstand regier,
Dass ich den Frieden
Gottes schmeck' und fühl'
Und dir darob im Herzen
sing' und spiel'.
Montag nach Kantate
Ich will den Herrn loben allezeit; sein
Lob soll immerdar in meinem Munde sein.
Psalm 34, 2
Wann soll ein
Christ seinen Herrn loben?
Die Vernunft
sagt: „Natürlich dann, wenn man dazu in Stimmung ist, wenn es sich aus einer
allgemeinen fröhlichen Gemütsstimmung ergibt."
Oder: „Dann,
wenn man eine besondere Durchhilfe des Herrn erfahren hat, dann soll und kann
der Christ seinen Herrn loben."
So sagt die
Vernunft. David aber ist durch den Heiligen Geist anders belehrt worden: „Ich
will den Herrn loben allezeit. Sein
Lob soll immerdar in meinem Munde
sein."
„Allezeit"
und „immerdar" sollte ein Christ seinen Herrn loben.
Ja, ist denn so
etwas möglich? Ist denn das nicht zuviel verlangt? Es gibt doch so viele graue
Alltage, wo das Herz gar nicht auf „Lob" gestimmt ist. Es gibt doch so
viele dunkle Tage, wo schwere Wolken am Himmel unseres Lebens sind. Es gibt
doch Nächte des Leides und der Traurigkeit. Es gibt doch so viel Kampf, Not,
Sünde, Tränen, Herzeleid. – Ist es da nicht überspannt, so zu reden: „Ich will
den Herrn loben allezeit"?
Nun, David ist
durch den Heiligen Geist so belehrt worden. Und wir müssen da achten auf das
Wörtlein: „den Herrn“. Der Herr Jesus ist immer und allezeit anbetungswürdig.
Er gibt das Wasser des Lebens auch im grauesten Alltag. Er ist der „Stern in allen Nächten" und „der Held in
jedem Streit". Es gibt keine Lage, wo wir nicht Jesus loben könnten und
sollten. Amen.
(Melodie: Jesu, meine
Freude)
Weicht, ihr Trauergeister,
Denn mein Freudenmeister,
Jesus, tritt herein.
Denen, die Gott lieben,
Muss auch ihr Betrüben
Lauter Freude sein.
Duld' ich schon hier Spott
und Hohn,
Dennoch bleibst du auch im
Leide,
Jesu, meine Freude.
Dienstag nach Kantate
Meine Seele soll sich rühmen des Herrn, dass
es die Elenden hören und sich freuen.
Psalm 34, 3
Lass doch die
arme Welt etwas mitbekommen von dem Licht, das der Herr den Seinen gibt!
Wir Christen
haben ja nicht eine fromme Gefühlsreligion, die in hauchfeiner Zartheit nicht
mit der rauen Welt der „Elenden" in Berührung kommen darf.
Wir haben auch nicht mystische Erlebnisse, die wir im
Schrein unseres Herzens vor der Welt der „Elenden" verbergen müssten. Ach
nein! Wir haben einen „Herrn, der vom Tode errettet". Wer sollte da nicht
rühmen, „dass es die Elenden hören und sich freuen“!
"Wir können's ja nicht lassen, dass wir nicht reden
sollten, was wir gehört und gesehen haben", sagten Petrus und Johannes vor
dem „Hohen Rat", als man ihnen nahe legte, nicht so öffentlich den Namen
Jesu zu bezeugen. „Wir können's nicht!“ Auch wenn sie schweigen wollten (aber
sie wollten nicht schweigen) – sie könnten es nicht. Und wenn sie es fertig
brächten zu schweigen – es hülfe ja nichts; dann „würden die Steine schreien“.
Als Paulus und Silas im Gefängnis zu Philippi waren, geschlagen
und entehrt, da haben sie wohl einige Zeit gebraucht, bis sie Zorn und Not
innerlich überwunden hatten. Aber um Mitternacht brach der Herr durch. Da
„beteten Paulus und Silas und lobten Gott im Gefängnis. Und es hörten sie die
Gefangenen.“
Ja, „dass es die Elenden hören und sich freuen".
Hinausdringen lasst es! Lasst doch die arme Welt etwas mitbekommen von dem
Licht, das der Herr den Seinen gibt! Amen.
(Melodie: Mein
Herzensjesu, meine Lust)
Ich will dich all mein
Leben lang,
O Gott, von nun an ehren;
Man soll, Gott, deinen
Lobgesang
An allen Orten hören.
Mein ganzes Herz ermuntre
sich,
Mein Geist und Leib
erfreue dich.
Gebt unserm Gott die Ehre!
Mittwoch nach Kantate
Meine Seele soll sich rühmen des Herrn, dass
es die Elenden hören und sich freuen. Preiset mit mir den Herrn und lasst uns
miteinander seinen Namen erhöhen.
Psalm 34, 3-4
Wenn man einen
Stein in das stille Wasser eines Sees wirft, dann gibt's Kreise. Diese Kreise
dehnen sich aus, wachsen in die Weite. Und es ist am Schluss nicht mehr recht
festzustellen, wo sie eigentlich zu Ende gehen.
Mit jedem durch
Jesus erretteten Kind Gottes ist es ebenso. Tief im Herzen fängt es an, das
Licht der Heilserkenntnis, das der Geist Gottes anzündet. Aber dann bricht es
heraus, wird zum Zeugnis. Das Zeugnis erreicht andere Menschen; immer weitere
Kreise zieht dies neue Leben. Und nur Gott sieht, wo die Grenzen und wo das
Ende der Wirkungen eines solchen Zeugnisses sind.
In unserem
Psalmwort spricht David hiervon: „Meine Seele soll sich rühmen des Herrn."
Tief im Herzen beginnt es. Die Seele, die erschrocken war vor Gott und begraben
lag unter der Sündenschuld, hat den Retter erkannt. Wer könnte davon schweigen?
„… dass es die Elenden hören." Sind nicht die anderen Seelen in gleicher
Lage? Hört es, ihr Elenden: „Jesus ist kommen, Grund ewiger Freuden!" – „…
und sich freuen." Jetzt wird es da und dort hell in anderen Herzen. „Wollt
ihr nun schweigen?" fragt David. „Auf, preiset mit mir den Herrn!"
Und nun entsteht die Gemeinde Jesu, die Gemeinde geretteter und durch Jesu Blut
erkaufter Menschenkinder, in der man „miteinander seinen Namen erhöht".
Ist es um uns
her ruhig und tot? Es liegt an uns! Sorgen wir dafür, dass unser Zeugnis Kreise
zieht! Der Herr will es! Amen.
(Melodie: Nun danket all
und bringet Ehr)
Ich singe dir mit Herz und
Mund,
Herr, meines Herzens Lust;
Ich sing und mach auf
Erden kund,
Was mir von dir bewusst.
Donnerstag nach Kantate
Ich wandle fröhlich, denn ich suche
deine Befehle.
Psalm 119, 45
Ein lieblicher
Morgen. Der Tau glitzert auf allen Gräsern.
Da klingts
fern, ein frohes Lied fröhlicher Gesellen: „Wer recht in Freuden wandern. will,
der geh' der Sonn' entgegen …"
Wir sind ja
alle miteinander auf einer Wanderung. Unser ganzes Leben ist „ein Wandern zur
großen Ewigkeit".
Frisch und
fröhlich marschieren die einen. „Der Himmel hängt ihnen voller Geigen."
Sie wissen noch nichts von mittagheißen Straßen und von dunklen Nächten des
Leides. – Trotzig und verbissen marschieren andere daher. Sie sind
entschlossen, allen Widerständen zum Trotz „ihren" Weg zu gehen. – Und wieder andere schleppen sich müde
daher. – Und dann die gedankenlosen, die mit dem großen Haufen auf
ausgetretenen Bahnen dahertrotten – so rechte Alltagsmenschen! –
Da redet nun in
unserem Bibelwort ein Mann, der das Lied: „Wer recht in Freuden wandern will…"
sicher nicht kannte. Aber – und das ist viel wichtiger – er, konnte „recht in Freuden
wandern". Sein Leben war nicht mehr ein naiver Lebensrausch. Es war aber
auch nicht ein müdes Trotten oder trotziges Rennen. „Ich wandle fröhlich."
– Warum? – „Denn ich suche deine Befehle." Da spricht einer, der mit
seinem Gott in Ordnung gekommen ist. Da spricht einer, der „seine" Wege aufgegeben hat. Und er
hat sich und sein Leben, Lust und Leid in die ewigen Hände der Gnade gegeben,
wo Vergebung, Freiheit und Frieden ist.
Das ist der Weg
zum fröhlichen Wandern. Auch für uns! Amen.
(Melodie: O Jesu Christ,
meins Lebens Licht)
Wohl einem Haus, da Jesus
Christ
Allein das All in allem
ist.
Ja, wenn er nicht darinnen
wär,
Wie elend wär's, wie arm
und leer!
So mach' ich denn zu
dieser Stund'
Samt meinem Hause diesen
Bund:
Wenn alles Volk vom Herrn
abwich,
Doch dienen wir ihm
ewiglich.
Freitag nach Kantate
Sie bekehren sich, aber nicht recht.
Hosea 7, 16
Da irrt eine
Karawane durch die Wüste. Längst müssten sie ihr Ziel, eine fruchtbare Oase,
erreicht haben. Aber Stunde um Stunde verrinnt. Die Oase ist nicht zu sehen.
Vor ihnen ist nichts als erbarmungslose Wüste.
Wie kam das?
Sie hatten sich beim letzten Aufbruch ein ganz klein wenig in der Richtung
geirrt. Es war nur ein ganz kleiner Fehlerwinkel. Aber auf dem langen Marsche
genügte diese geringe Abweichung von der rechten Richtung, um sie völlig in die
Irre und ins Verderben zu führen.
Das ist ein
Bild für das, was bei vielen Menschen im geistlichen Leben sich abspielt: „Sie
bekehren sich, aber nicht recht."
Ein Judas! Er
zieht mit Jesus. Aber er nimmt die Wendung nicht ganz. Seine Buße und seine
Auslieferung sind nicht völlig. Ein kleiner Abweichungswinkel nach der Welt
hin, die Liebe zum Mammon.
Im Anfang fällt
es gar nicht auf. Er unterscheidet sich gar nicht von den anderen Jüngern. Aber
je länger es dauert, desto mehr entfernt er sich von ihnen und von Jesus, bis
es schließlich furchtbar offenbar wird: Der Judas hat den schmalen Weg, der zum
Leben führt, verfehlt. Er kommt ewig um.
Eine ernste
Sache: „Sie bekehren sich, aber nicht recht." Auf dem breiten Wege gibt es
viele Möglichkeiten, verloren zu gehen. Es gibt aber nur einen schmalen Weg, nur eine
Spur zum Seligwerden.
Es ist darum so
überaus wichtig, dass wir ein ungeteiltes Herz bekommen, dass Jesus wirklich
ganz unser Herr wird. Er hat Sein Leben ganz für uns gegeben. Nun will Er uns
auch ganz. Amen.
(eigene Melodie)
Ringe recht, wenn Gottes
Gnade
Dich nun ziehet und bekehrt,
Dass dein Geist sich recht
entlade
Von der Last, die ihn
beschwert.
Ringe, dass dein Eifer
glühe
Und die erste Liebe dich
Von der ganzen Welt
abziehe;
Halbe Liebe hält nicht
Stich.
Sonnabend nach Kantate
Seid nicht wie Rosse und Maultiere, die nicht
verständig sind, welchen man Zaum und Gebiss muss ins Maul legen, wenn sie
nicht zu dir wollen.
Psalm 32, 9
Es ist sehr
viel Leid in der Welt. Auch in unserem Leben. Aber nun ist es doch wohl so:
Sehr vieles, was wir als Leid und Not ansehen, wäre es gar nicht, wenn wir
nicht unverständig wären – wie Rosse und Maultiere.
Ein Beispiel
aus der Kinderstube soll es deutlich machen.
„Margret",
sagt die Mutter, „komm, wir gehen zusammen spazieren." „Ich will aber
nicht", sagt Margret, „ich will mit meinen Puppen spielen." „Aber du musst
an die frische Luft!" sagt die Mutter und nimmt ihr Kind einfach mit. Das
heult, zappelt und ist sehr unglücklich.
Mit Recht?
Nein, es ist doch wirklich nicht schwer, mit der Mutter spazieren zu gehen. Nur
der eigene trotzige Wille macht daraus ein Leid.
Ist's mit uns
nicht oft auch so? Gott führt unser Leben, wie Er will. Gewiss – Er führt wunderlich. „Er führt in die Hölle und
wieder heraus." Wenn wir jetzt als in Christo versöhnte Kinder recht
willig und gehorsam mit Ihm gingen, wäre alles leicht.
Aber – wir
haben unsere eigenen Pläne. Nun muss Gott uns zwingen. Da weinen und zappeln
Fleisch und Blut und rebellieren und widerstreben. Und die närrische Vernunft
sucht Gott klar zu machen, dass Er mit uns auf dem falschen Wege sei. So kommt
Leid in unser Leben, wo Gott Seinen Segen bereit hatte.
Gäben wir uns
gelassen in Seinen Willen, so wäre manche Zeit, die wir für eine Leidenszeit
ansehen, eine Segenszeit. „Glaub' nur feste / dass das Beste / über dir
beschlossen sei. / Wenn dein Wille / nur wird stille / wirst du von dem Kummer
frei."
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Meine Seele murret nicht,
Ist mit allem wohl
zufrieden;
Was der eigne Wille
spricht,
Ist zum Tode schon
beschieden;
Was die Ungeduld erregt,
Ist in Christi Grab
gelegt.
Sonntag Rogate
Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.
Matthäus 6, 10
Der große
Philosoph Fichte soll einmal das Wort gesagt haben: „Das Kind betet, der Mann
will."
Das ist ein
stolzes Wort. Und es gibt sicher Tausende von Menschen, die diesem Wort
begeistert zustimmen.
Und doch – es
ist ein ganz törichtes Wort. Dies Wort zeigt so recht, dass der natürliche
Mensch, der von göttlichen Dingen nichts versteht, auch vom rechten Beten keine
Ahnung hat.
Wer betet, der
will auth. Im Gebet geht es um den Willen. Man kann nicht Beten und Wollen als
zwei Gegensätze nebeneinander stellen. Der unbekehrte willensstarke Mann will.
So sagt Fichte. Und wir erwidern: Der Beter will auch. Der Unterschied liegt
nur in dem, was wir wollen.
„Der Mann will."
Was will er denn? Seinen eigenen Willen will er. Was „Vernunft" und „Fleisch"
ihm sagen, das will er. Oder was die Menschen ihm gesagt haben, das will er.
Und der Beter?
Er will den Willen Gottes erfahren und tun. Darum betet er. Jede Bitte, die wir
vor den Thron Gottes bringen, muss unter diesem Wort stehen: „Dein Wille
geschehe auf Erden wie im Himmel"
Wir Christen
wissen, dass unser Wille und der Wille Gottes meistens in heißem Streit
miteinander liegen. Und nur so kann in unserem Leben der Wille Gottes die
Oberhand bekommen, dass wir im Gebet vor Seinem heiligen Angesicht unseren
eigenen Willen in den Tod geben und mit Jesus beten lernen: „Nicht mein,
sondern dein Wille geschehe!"
Das ist eine
köstliche und selige Sache, wenn unser Wille ganz unter den Willen Gottes
gestellt ist und wir nun Seinen Willen wollen dürfen. So hat es Jesus selbst
geübt, als Er im Garten Gethsemane betete. Und so hat Er Seine Jünger und uns
beten gelehrt: „Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel" Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Dein Will' gescheh, Herr
Gott, zugleich
Auf Erden wie im
Himmelreich.
Gib uns Geduld in
Leidenszeit,
Gehorsam sein in Lieb und
Leid;
Wehr' und steur' allem
Fleisch und Blut,
Das wider deinen Willen
tut.
Montag nach Rogate
Da dieser Elende rief, hörte der Herr
und half ihm aus allen seinen Nöten.
Psalm 34, 7
Beim Gebet
hängt so viel von der rechten Herzensstellung ab. Als der Herr Jesus am Kreuz
hing, riefen beide Übeltäter, die mit Ihm gekreuzigt waren, Ihn an. Der eine
forderte frech und höhnisch: „Bist du Christus, so hilf dir selbst und
uns!" Der redete, als hätte er ein Recht, etwas zu fordern. Und während er
forderte, sprach doch aus jedem Wort der Unglaube. Es war, als wenn er sagen
wollte: „Ich will dir, Herr Jesus, mal eine Gelegenheit geben, Glauben zu
wecken oder doch dich beliebt zu machen. Aber ich vermute, es wird wohl nichts
werden."
Auf dieses
Gebet hat der Herr nicht geantwortet. „Da dieser Stolze rief, hörte der Herr nicht und ließ ihn in allen seinen
Nöten." So könnten wir sinngemäß das Psalmwort umkehren.
Auf die
Forderungen ungebeugter Herzen antwortet der Herr mit Schweigen.
Aber dem
anderen Schächer, der gebeugten Herzens Ihn anrief, öffnete Er die Tore des
Himmelreichs. „Da dieser Elende
rief, hörte der Herr und half ihm aus allen seinen Nöten."
Darauf kommt
alles an, ob wir klein geworden sind in unseren eigenen Augen. Darauf sieht
Gott, ob einer zerschlagenen und elenden Herzens ist.
Das freche,
stolze Reden des Pharisäers im Tempel war ein vergebliches Reden. Aber das
Rufen aus der Tiefe eines Sünderherzens, das Gebet des Zöllners: „Gott sei mir
Sünder gnädig!" ward erhört.
Die Gebete aus
der Tiefe hört unser Gott gern. Amen.
(Melodie: Sieh, hier bin
ich, Ehrenkönig)
Ich begehre nichts, o
Herre,
Als nur deine freie Gnad',
Die du gibest, den du
liebest
Und der dich liebt in der
Tat.
Lass dich finden, lass
dich finden,
Der hat alles, der dich
hat.
Dienstag nach Rogate
Da dieser Elende rief, hörte der Herr
und half ihm aus allen seinen Nöten.
Psalm 34, 7
Es gibt sehr
viele Menschen, die überall zu erzählen wissen, wie das Christentum sie
enttäuscht habe. „Ich habe auch einmal gebetet", heißt es da, „aber es
hatte doch keinen Wert."
Hier im Psalm
34 erzählt David von gegenteiligen Erfahrungen. Er berichtet von wunderbaren
Gebetserhörungen. Und wir tun gut, auf solche Berichte zu hören; denn da können
wir lernen, wie man recht beten soll.
„Ich
rief", sagte David.
Das ist etwas
sehr Wichtiges. Er wünschte nicht nur etwas. Er gab auch nicht diesen Wünschen
nur eine allgemeine Richtung auf Gott. Nein, er brachte die Sache wirklich vor
den Herrn. Er ging in sein Kämmerlein und schloss die Türe hinter sich zu und
redete mit seinem himmlischen Vater im Verborgenen.
Und zwar war
dies Reden ein sehr ernst gemeintes Reden. David berichtet nicht: „Ich
sprach", oder „ich sagte". Nein, „ich rief". Die Tonstärke gab
zwar nicht so sehr der Mund an als vielmehr das Herz.
So hat es Jesus
in Seinen Erdentagen auch gemacht: „Jesus rief
laut und sprach: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!"
So lehrt uns
auch der Heilige Geist beten. Paulus sagt: „Wir haben einen kindlichen Geist
empfangen, durch welchen wir rufen:
Abba, lieber Vater." Und im 50. Psalm fordert uns der Herr auf: „Rufe mich an in der Not, so will ich
dich erretten…"
Es bleibt schon
so – und viele Knechte Gottes haben die Wahrheit dieses Wortes erfahren: „Des
Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist." Amen.
(Melodie: Dir, dir,
Jehova, will ich singen)
Wenn dies aus meinem
Herzen schallet
Durch deines heil'gen
Geistes Kraft und Trieb,
So bricht dein Vaterherz
und wallet
Ganz brünstig gegen mich
vor heißer Lieb',
Dass mir's die Bitte nicht
versagen kann,
Die ich nach deinem Willen
hab' getan.
Mittwoch nach Rogate
Da dieser Elende rief, hörte der Herr
und half ihm aus allen seinen Nöten.
Psalm 34, 7
„Dieser!"
Da deutet David auf sich selbst.
Wer ist denn „dieser" David, der so herrliche
Gebetserfahrungen machte?
Er war ein
Mann, der von Jugend auf dem Herrn angehörte. Als er noch ein Knabe war, hütete
er die Herden seines Vaters Isai bei Bethlehem. Und in seinem aufgeschlossenen
Herzen bewegte der Junge die Geschichten, die er in seinem Elternhaus gehört
hatte: Wie Gott die Welt erschuf; wie Abraham berufen wurde; wie Gott Sein Volk
erlöste.
Und da kam der
Herr zu ihm und klopfte bei ihm an. Und Er fragte ihn wohl: „Willst du nicht
auch so ein Gottesmann werden wie Abraham und Moses?"
Und der Junge
tat sein Herz weit auf und machte mit dem Herrn einen ewigen Bund.
Er tat auf, als
der Herr bei ihm anklopfte. Nun durfte er auch im Gebet bei dem Herrn anklopfen
und Erhörung finden.
„Da dieser Elende rief, hörte der Herr und
half ihm aus allen seinen Nöten."
Es gibt so
viele, die widerstreben dem Geist Gottes. Sie lehnen eine klare Bekehrung für
sich ab. Sie verschließen ihr Herz, wenn der Herr anklopft. – Aber wenn die
Nöte kommen, dann soll der Herr sie hören und erretten. Wir dürfen uns nicht
wundern, wenn der Herr den Unbußfertigen Sein Ohr verstopft.
Aber das Rufen
Seiner Kinder hört Er. Und es ist Ihm eine Lust, ihnen Gutes zu tun. Amen.
(Melodie: Wunderbarer
König)
Halleluja bringe, wer den
Herren kennet,
Wer den Herren Jesum
liebet;
Halleluja singe, welcher
Christum nennet,
Sich von Herzen ihm
ergibet.
O wohl dir! Glaube mir,
Endlich wirst du droben
Ohne Sünd' ihn loben.
Himmelfahrtstag
Und da Jesus solches gesagt, ward er
aufgehoben zusehends, und eine Wolke nahm ihn vor ihren Augen weg.
Apostelgeschichte 1, 9
Dieser Tag ist
ein wundervoller Festtag für die Gemeinde Jesu. Allerdings nur für die
Gemeinde. Die Welt steht diesem Tag sehr hilflos gegenüber und weiß nichts
Rechtes mit ihm anzufangen.
Im Alten
Testament wird erzählt, wie Samuel den Hirtenknaben David heimlich zum König
salbte. Nun war er nach Gottes Willen König.
Doch nur wenige
wussten davon: Samuel, der Vater Isai und vor allem David selbst.
Aber die übrige
Welt wusste nichts davon. Ja, sie wollte es nicht wissen. Und soweit sie es
ahnte, wie etwa Saul, hasste sie den David darum und verfolgte ihn.
So war er lange
Zeit ein heimlicher König.
So ist es mit
Jesus. Der Himmelfahrtstag ist der Tag, da Ihm Gott „einen Namen gegeben hat,
der über alle Namen ist." Aber noch ist Sein Königtum ein Geheimnis. Er
ist ein heimlicher König. Die Welt erkennt Ihn nicht an. Und die Sein Königtum
ahnen, hassen Ihn.
Die mit Blut
erkaufte Gemeinde aber feiert diesen Tag mit herzinniger, stiller Freude. Sie
preist:
„Wir wissen dich auf
deinem Thron
Und nennen uns die
Deinen."
So wollen auch
wir diesen Tag begehen. Wir wollen den heimlichen König suchen, loben und
anbeten. Wir wollen Ihm neu huldigen und Ihm als Huldigungswerk unsere Herzen
und unseren Willen zu Füßen legen.
Und freuen
wollen wir uns auf jenen Tag, da Sein Königtum aller Welt offenbar machen wird
– bei Seiner Wiederkunft. Amen.
(Melodie: Erschienen ist
der herrlich Tag)
Nun freut sich alle
Christenheit
Und singt und springt ohn'
alles Leid.
Gott Lob und Dank ins
höchsten Thron,
Weil unser Bruder Gottes
Sohn. Halleluja.
Freitag nach Rogate
Und es geschah, da er sie segnete, schied
er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.
Lukas 24, 51
Der letzte
Eindruck!
Wie mag sich
den Aposteln dies Bild ihres Herrn und Heilandes eingeprägt haben: „Da er sie
segnete…"
In mancherlei
Lagen hatten sie Ihn gesehen: Sie hatten Ihn zornig gesehen, als Er den Tempel
reinigte. Gewaltig hatte Er vor ihnen gestanden, als Er den Sturm stillte. In
herzlicher Liebe hatte Er unter ihnen geweilt, als Er ihnen das Abendmahl
austeilte. Als das „Lamm, das seinen Mund nicht auftut" war Er ihnen am
Karfreitag erschienen.
Der letzte
Eindruck aber war so: durchgrabene Hände, aufgehoben zum Segnen. Unauslöschlich
hat sich dies Bild ihnen eingeprägt. Und wir verstehen, dass sie dann „mit
großer Freude nach Jerusalem zurückkehrten“.
„Mit großer
Freude!" Denn es ist eine herrliche Sache, unter den aufgehobenen
Segenshänden des Herrn Jesu zu stehen.
Es werden
nachher in der Apostelgeschichte seltsame Dinge von diesen Männern erzählt:
Furchtlos trotzen sie der Welt und ihren Drohungen; in Gefängnissen singen sie
Loblieder; getröstet gehen sie in den Tod; freudig greifen sie eine ganze Welt
an; mutig tragen sie Jesu Fahnen unter die Völker.
Das kann man ja
nur verstehen, wenn man bedenkt: Sie wussten sich unter diesen segnenden,
durchgrabenen Händen Jesu. Und dort dürfen auch wir stehen und zum Frieden
kommen. Es gibt keinen besseren, sichereren, fröhlicheren Platz als unter
diesen Segenshänden. Amen.
(Melodie: Alle Menschen
müssen sterben)
Nun ist dieses dein
Geschäfte
In dem obern Heiligtum,
Die erworbnen Segenskräfte
Durch dein Evangelium
Allen denen mitzuteilen,
Die zum Thron der Gnade
eilen,
Nun wird uns durch deine
Hand
Heil und Segen zugewandt.
Sonnabend nach Rogate
Da dieser Elende rief, hörte der Herr
und half ihm aus allen seinen Nöten.
Psalm 34, 7
Wer ist
„dieser", der so herrliche Gebetserhörungen erlebte? Und wie kam er dazu?
„Dieser"
Mann ist David. Und er machte darum so wunderbare Erfahrungen, weil er seinem
himmlischen Herrn wirklich alles Gute zutraute.
Das können wir
so fein sehen in der Geschichte von Goliath. Alles fürchtete den schrecklichen
Riesen. Nur der Knabe David war bereit, mit ihm zu kämpfen. Als er gewarnt
wurde, antwortete er: „Der Gott, der mich von den Bären und Löwen errettete,
der wird mich auch erretten von diesem Philister."
Unsere Gebete sind
oft wie geknickte Pfeile. Wir beten wohl. Doch die Vernunft spricht dazwischen:
„Du kannst es ja mal versuchen. Aber es wird wohl nicht viel helfen." Wir
trauen dem Herrn nicht recht zu, dass Er Wunder tun könne. Und wenn wir Ihm das
auch zutrauen, dann glauben wir doch nicht recht, dass Er auch helfen wolle.
So fehlt unserem Gebet die Kraft des Glaubens. Wir dürfen
uns dann nicht wundern, wenn der Herr auf solches Gebet des Unglaubens nicht
antwortet.
Dieser Elende", dieser David, hat es anders gemacht. Er hat wohl zuerst
recht erwogen, ob er seine Bitte vor Gott bringen dürfe, ob sie auch nach
Seinem Willen sei. Aber als er darüber klar war, da hat er sich voll Vertrauen
in Gottes Arme geworfen. Und er ist mit diesem kindlichen Glauben nicht zu
Schanden geworden.
So wollen auch
wir beten lernen. Amen.
(Melodie: Befiehl du deine
Wege)
Dem Herren musst du
trauen,
Wenn dir's soll
wohlergehn;
Auf sein Werk musst du
schauen,
Wenn dein Werk soll
bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen
Und mit selbsteigner Pein
Lässt Gott sich gar nichts
nehmen.
Es muss erbeten sein.
Sonntag Exaudi
Ich bin bei euch alle Tage.
Matthäus 28, 20
Der Herr Jesus
führt Seine Leute, die Er sich erkauft und erworben hat, nicht aus der Welt
heraus. Er sendet sie vielmehr als Seine Zeugen in die kalte, gottfeindliche
Welt hinein.
Schon im
hochpriesterlichen Gebet vor Seinem Sterben sagt Jesus: „Ich bitte nicht, dass
du sie von der Welt nehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Argen.“
Und ehe Er gen
Himmel fuhr, gab Er Seinen Jüngern den Auftrag: „Gehet hin in alle Welt!' Ja,
Christen sollen sich nicht nur in ihrem Christenstand behaupten in dieser Welt.
Sie sollen vielmehr die Fahnen Jesu vorantragen. Sie sollen für den Herrn Jesus
zeugen. „… und lehret alle Völker!"
Den Jüngern Jesu
kann dabei angst und bange werden. Wie sollen sie denn diese Aufgabe erfüllen
in einer Welt, die den Heiland immer wieder neu kreuzigt? Sollte die Gemeinde
Jesu dazu nicht alle Weltweisheit besitzen? Müssten die Jünger Jesu nicht, um
ihre Aufgabe zu erfüllen, Meister der Taktik sein? Müssten sie nicht über die
glänzendste Redegabe verfügen, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden wollen?
O nein! Wenn
das alles nötig wäre, dann wären die ersten Jünger wohl kaum geeignet gewesen
zu Aposteln. Der Herr Jesus gab ihnen eine andere Ausrüstung mit. Er versprach
ihnen: „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende."
Und das
glaubten die Jünger. Sie gingen in die feindliche Welt hinein in der fröhlichen
Gewissheit, dass Jesus bei ihnen stehe. Und wo heute im Reiche Gottes Siege
erfochten und Kämpfe ausgekämpft werden, da kann es nur geschehen in der Gewissheit:
„Der Herr selbst ist gegenwärtig.“ Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gottes Segen)
Jesu, der du bist alleine
Haupt und König der
Gemeine,
Segne mich, dein armes
Glied;
Wollst mir neuen Einfluss
geben
Deines Geistes, dir zu
leben;
Stärke mich durch deine
Güt.
Montag nach Exaudi
Wer ist wie der Herr, unser Gott? der
sich so hoch gesetzt hat und auf das Niedrige sieht; der den Geringen
aufrichtet aus dem Staube und erhöht den Armen aus dem Kot.
Psalm 113, 5-7
Ein großes
Staunen spricht aus diesem Wort.
Wie ganz anders
ist doch der lebendige Gott als wir Menschen: Je höher ein Mensch gekommen ist,
desto weniger kann er sich kümmern um die Kleinigkeiten. Je erhabener er ist,
desto weniger sieht er „das Niedrige". Wie könnte etwa der Generaldirektor
eines großen Industriewerkes sich kümmern um den kleinen Laufjungen! Es ist
unmöglich, dass der Divisionsgeneral jeden kleinen Rekruten beachtet.
Ganz anders ist
es bei unserem Gott! „Er hat sich hoch gesetzt und sieht auf das
Niedrige."
Es gibt in der
lateinischen Sprache das Wort despicere. Dies Wort heißt seinem Stamm und
seiner wörtlichen Bedeutung nach: „herabsehen“. Aber es ist doch bezeichnend, dass
dieses selbe Wort in der lateinischen Sprache den Sinn bekommen hat von
„verachten".
Das ist
bezeichnend für die Art des Menschen. „Herabsehen" und „verachten"
ist für ihn dasselbe.
Wie anders ist
es bei unserem Gott! Wenn einer „herabsehen" kann, dann ist Er es. „Wer ist
wie der Herr, unser Gott? der sich so hoch gesetzt hat!" Wie gering und
armselig ist alles Menschenwesen vor Ihm! Wie unheilig und unrein sind wir vor
Seinen Augen! Der Psalmist sagt so drastisch: „Wir sind Arme, Niedrige und
Geringe im Kot."
Und doch: Gott
verachtet uns nicht. Bei Ihm heißt „herabsehen" nicht „verachten".
Bei ihm heißt „herabsehen" wunderbarerweise ebensoviel wie „lieben"
und „erretten".
Nun verstehen
wir das Staunen des Psalmisten. Je mehr wir die Größe, Macht und Herrlichkeit
unseres Gottes erkennen – je deutlicher uns in Seinem Lichte unsere
Niedrigkeit, unsere Armut und der Schmutz der Sünde wird, in der wir stehen – desto
unbegreiflicher und wunderbarer ist uns Sein gnädiges Herabsehen in Jesus
Christus, durch den Er uns aufrichtet und erhöht. Amen.
Dienstag nach Exaudi
Ihr werdet die Kraft des heiligen
Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein
zu Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.
Apostelgeschichte 1, 8
Hier wurde der
größte und seltsamste Kriegszug beschlossen, den die Weltgeschichte je gesehen
hat.
Jesus, der Sohn
Gottes, hat Sein Leben für die Welt dahingegeben. Jetzt nimmt Er den Kampf um
die verlorene Welt auf. Nachdem Er selbst auf Golgatha den Einbruch in das Reich
der Finsternis gemacht hat, sendet Er nun Seine Streiterscharen aus.
Eine seltsame
Armee ist es, die auszieht zum Kampf! Schon die Zahl ist auffallend: Elf
Männer! Noch nie hat eine so kleine Streiterschar einen so großen Krieg
begonnen. Aber es sind elf Männer mit Jesus. Elf Männer – das wäre nichts. Elf
Männer mit Jesus – das ist eine große Macht.
Und die
Ausrüstung dieser Streiterschar? „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes
empfangen!" Das ist keine Ausrüstung, die die Welt fürchtet oder ernst
nimmt. Aber es ist eine göttliche Ausrüstung von oben. Und darum ist sie
machtvoll.
Und die Taktik
dieser Streiterschar Jesu? „Ihr werdet meine Zeugen sein." Die Gemeinde
Jesu hat keine andere Taktik und darf keine andere haben als die, dass sie überall
und immer, zurzeit und zur Unzeit, ihren Herrn und Sein Kreuz und Auferstehen
verkündigt und bezeugt.
Und der
Kriegsschauplatz? „Bis an die Enden der Erde." Soweit die Erde ist, soweit
gehen auch die Aufgaben und das Ziel der Gemeinde Jesu Christi.
Bis in unsere
Tage geht dieser Kriegszug. Auch wir sind gerufen zum Streit. Amen.
(Melodie: Erschienen ist
der herrlich Tag)
In deiner Kraft wir liegen
ob,
Dass weit erschall dein'
Eh? und Lob
Und alle Welt des inne
werd',
Dass du noch lebst und
herrschst auf Erd'.
Halleluja.
Mittwoch nach Exaudi
Ich will euch ein neues Herz und einen
neuen Geist in euch geben.
Hesekiel 36, 26
Überall wird
auf Pfingsten gerüstet. Bei manchen ist noch großer Hausputz. Die Jungen
richten ihr Rad für eine Pfingstfahrt. Das junge Mädchen läuft zur Näherin, ob
das Frühlingskleid fertig ist. Und alle schauen jeden Morgen zum Himmel, ob
denn nun wirklich die Frühlingssonne da sei.
Überall
Zurüstung für Pfingsten! Es ist nichts zu sagen gegen diesen fröhlichen Eifer.
Aber wir Christen sollten wissen, dass es an Pfingsten um mehr geht als um zwei
freie Tage. Es geht um den Heiligen Geist. Und darum besteht alle rechte
Pfingstzurüstung darin, dass wir uns bereit machen für diesen Heiligen Geist.
Wenn man einen
Blick tut über die Christenheit in Deutschland, dann muss man wohl dankbar
sagen: Es ist viel Fragen nach Gott vorhanden, viel Liebe zu Jesus und viel
Opferbereitschaft für die Werke des Reiches Gottes.
Und doch – wir
gleichen so vielfach den Jüngern nach Ostern. Bei denen war auch Liebe zu Jesus
und Bereitschaft zu Opfer und Dienst. Aber es fehlte ihnen die neu gestaltende
Kraft des Heiligen Geistes, die das Herz wirklich neu macht und feste Heilsgewissheit
gibt. Wir sind trotz allem dürres Land. Aber dürres Land, auf das Gott den
Regen Seines Geistes gießen will. Ja, Gott will. An Ihm fehlt es nicht: „Ich
will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben." Die Frage
ist nur, ob wir wollen. Da fehlt es meist. Wir fürchten uns vor der totalen
Gottesherrschaft in unserem Leben. Dass wir doch wollten! Amen.
(Melodie: Komm, o komm, du
Geist des Lebens)
Komm, o komm, du Geist des
Lebens,
Wahrer Gott von Ewigkeit,
Deine Kraft sei nicht
vergebens,
Sie erfüll uns jederzeit;
So wird Geist und Licht
und Schein
In dem dunklen Herzen
sein.
Donnerstag nach Exaudi
Da wandten sie um gen Jerusalem von dem
Berge, der da heißt der Ölberg, welcher ist nahe bei Jerusalem und liegt einen
Sabbatweg davon.
Apostelgeschichte 1, 12
Die glorreiche
Thronbesteigung und Himmelfahrt unseres Heilandes war ein gewaltiges Erlebnis
für die Jünger!
Nun kehren sie
um. Dies Umkehren, das doch so selbstverständlich ist, wird hier merkwürdig
umständlich erzählt. Es ist, als spüre man den Jüngern an, wie schwer ihnen
dies Umkehren wird. – Vom Ölberg nach Jerusalem!
Hier am Ölberg
waren heilige Erinnerungen. Hier hatte Jesus mit ihnen gesprochen. Hier hatten
sie Ihm in Sein Herz geschaut, als Er über Jerusalem weinte. Von hier war der
frohe Einzug nach Jerusalem geschehen. Hier war Stille, Ruhe, Frieden.
Und dort
Jerusalem. Da waren Kampf, Anfechtung, Feindschaft, Lärm, Aufgaben. Man kann
schon verstehen, dass dies Umkehren schwer war.
Ja, warum
gingen sie denn nach Jerusalem? Warum gingen sie nicht nach Bethphage oder
Bethanien? Sie waren doch hier wie dort fremd? Warum?
Weil sie einen
klaren Befehl Jesu hatten. „Und als er sie versammelt hatte, befahl er ihnen, dass
sie nicht von Jerusalem wichen, sondern warteten auf die Verheißung des
Vaters."
Damit fing ihre
Pfingstzurüstung an, dass sie Jesus gehorchten. Der Weg nach Jerusalem war
keine sportliche Leistung: „Er ist nahe bei Jerusalem und liegt einen Sabbatweg
davon." Nur eine halbe Stunde Wegs! Eine Kleinigkeit! Und doch keine
Kleinigkeit! Denn hieran entschied es sich, ob die jünger Jesus ihren Herrn
sein lassen wollten oder nicht. Wollen wir den Heiligen Geist? Dann werden wir
gefragt, ob wir entschlossen sind, Gottes Willen bedingungslos zu tun. Wollen
wir in den kleinen Entscheidungen des Lebens den Gehorsam wählen? Völliger
Gehorsam ist die rechte Vorbereitung für den Empfang des Heiligen Geistes.
Amen.
(Melodie: Es kostet viel,
ein Christ zu sein)
Dein Vater fordert nur das
Herz,
Dass er es selbst mit
reiner Gnade fülle;
Der fromme Gott macht dir
gar keinen Schmerz,
Die Unlust schafft in dir
dein eigner Wille;
Drum übergib ihn willig in
den Tod,
So hat's nicht Not.
Freitag nach Exaudi
Sie stiegen auf den Söller, da sich
aufhielten die Apostel. Diese alle waren stets beieinander einmütig samt den
Weibern.
Apostelgeschichte 1, 13-14
Wollen wir den
Heiligen Geist? Dann müssen wir uns zur Gemeinde Jesu halten. Wenn damals ein
Apostel sich abgesondert hätte, hätte er die Pfingstgabe nicht bekommen. Denn
der Heilige Geist wird der Gemeinde gegeben.
Wie sieht diese
„Gemeinde" aus?
Die verschiedensten
Leute, Berufe, Alter und Temperamente waren beieinander. Was hielt denn diese
Leute zusammen? Vor allem eins: Sie alle hatten Jesus lieb und glaubten an Ihn
als den Sohn Gottes. Das ist das entscheidende Kennzeichen der Gemeinde.
Es waren weiter Leute, die Vergebung der Sünden hatten. In
dieser Schar war keiner, in dessen Leben nicht Sünde und Schuld lag. Da war
Petrus, der Verleugner, – Magdalena, die große Sünderin, – Matthäus, der
frühere Zöllner und Betrüger. Sünder waren hier beieinander und warteten auf
den Heiligen Geist, – aber begnadigte Sünder, rein gemacht im Blute Jesu.
„Einmütig" waren sie versammelt. Nun, diese Leute waren
nicht immer einmütig gewesen. Wir wissen, dass die Jünger sich einst gezankt
hatten, wer der Größte unter ihnen sei. Dabei waren sicher harte Worte gefallen
Nun sind sie „einmütig" beieinander. Sie haben sich
vergeben. Solche Gemeinde, in der man vergeben kann, hat die Verheißung des
Heiligen Geistes.
Wer sich zu
solcher Gemeinde hält, dem will Gott den Heiligen Geist schenken. Amen.
(Melodie: Lob Gott getrost
mit Singen)
O komm, du Geist der
Wahrheit,
Und kehre bei uns ein,
Verbreite Licht und
Klarheit,
Verbanne Trug und Schein.
Gieß aus dein heilig
Feuer,
Rühr Herz und Lippen an,
Dass jeglicher getreuer
Den Herrn bekennen kann.
Sonnabend vor Pfingsten
Und als sie hineinkamen, stiegen sie auf
den Söller … diese alle waren stets beieinander einmütig mit Beten und Flehen.
Apostelgeschichte 1, 13-14
Menschen, die
auf den Heiligen Geist warten!
Es ist wichtig,
darauf zu achten, wo sie versammelt 'waren. Wir wollen es einmal modern sagen:
Nicht im Kino und nicht im Café, nicht in einer Wirtschaft oder sonst an einer
lauten Stelle. – Nein! „Auf dem Söller"! In der Stille waren sie
zusammengekommen. Da waren einmal keine Zeitung und kein Radio. Da ging es
nicht um Geschäft und Politik. Da war das Herz verschlossen gegen den Lärm der
Welt und offen für den Herrn und Sein Wirken.
Nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich waren es stille
Leute, die auf den Heiligen Geist warteten. Die Apostelgeschichte nennt uns
einige Namen dieser Leute. Da war Petrus, der ungeduldige Brausekopf, da war
Simon, der Zelot. Die Zeloten waren wilde Eiferer gegen die Römer, eine Partei
der Ungeduldigen.
Nein, von Natur
waren diese Leute nicht still. Aber nun haben sie ihr Herz stille gemacht:
„Zions Stille soll sich breiten / um mein Sorgen, meine Pein / denn die Stimmen
Gottes läuten / Frieden, ew'gen Frieden ein. / Ebnen soll sich jede Welle /
denn mein König will sich nah'n; / nur an einer stillen Stelle / legt Gott
seinen Anker an."
Wollen wir
nicht auch so bereit werden für die Pfingstgabe des Heiligen Geistes?
„Mit Beten und Flehen“ waren sie versammelt. Wer Wasser
haben will, der muss ein Gefäß aufhalten. Es hat keinen Sinn, dass man sich hinsetzt
und an Wasser denkt. Man muss ein Gefäß aufhalten. – Und wer den Heiligen Geist
haben will, der muss „beten und flehen".
Diese Apostel
haben in großer Gewissheit gebetet, denn sie dachten an Jesu Verheißung (Lukas
11, 13): „So denn ihr, die ihr arg seid, könnt euren Kindern gute Gaben geben, wie
viel mehr wird der Vater im Himmel den heiligen Geist geben denen, die ihn
bitten." Diese Verheißung hat auch heute noch für uns Geltung. Amen.
Erster Pfingsttag
Da ging's ihnen durchs Herz.
Apostelgeschichte 2, 37
Der Heilige
Geist, der im Alten Bunde schon hier und da still und heimlich in den Herzen
einzelner Männer und Frauen gewirkt hatte, wurde ausgegossen „auf alles
Fleisch". So erklärt Petrus in der Pfingstpredigt das, was geschah.
,Auf alles
Fleisch"! Wer jetzt nur immer in der weiten Welt bereit ist, Gottes Wort
zu hören, Buße zu tun und an den Herrn Jesus zu glauben, der darf diese Gabe
des Heiligen Geistes empfangen.
Auf alles
Fleisch" ! Eine ungeheure Breitenwirkung
des Angriffs Gottes auf die Welt!
Und doch – Tiefenwirkung: „Da ging's ihnen durchs
Herz."
Es ist wirklich
etwas ganz Großes und Erstaunliches, wenn es einem Menschen „durchs Herz"
geht. Wir wollen es ruhig zugeben: Wie oft haben wir von Jesus gehört, wie oft
haben wir den Ruf zur Buße vernommen! Aber es blieb alles beim alten. Es lief
an uns herunter wie Wasser am Ölmantel.
Zwei Bilder
kennt die Bibel, um die Unempfindlichkeit des natürlichen Herzens zu schildern.
In Hesekiel 36 spricht der Prophet von dem „steinernen Herzen“ des natürlichen
Menschen. Und in Psalm 119 heißt es: „Ihr Herz ist wie Schmer." So ist es:
Ohne den Heiligen Geist ist alles vergeblich. Die schönsten Predigten laufen an
solchen Schmer-Herzen ab. Die Hagelschauer der Gerichte Gottes und der Tau
Seiner Güte lassen die steinernen Herzen unbewegt.
Aber nun ist
der Heilige Geist da. Er deckt unseren unheilbaren Schaden auf und verklärt den
Herrn Jesus, dass es „ihnen durchs Herz ging".
„Ihnen"!
Sind wir auch bei diesen „ihnen"? Gebe Gott, dass wir unsere Pfingstgeschichte
erleben: „Da ging's mir durchs Herz." Amen.
(Melodie: Nun bitten wir
den Heiligen Geist)
Du wertes Licht, gib uns
deinen Schein,
Lehr uns Jesum Christ
kennen allein,
Dass wir an ihm bleiben,
dem treuen Heiland,
Der uns bracht hat zum
rechten Vaterland. Kyrieleis.
Zweiter Pfingsttag
Die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das
Haus des Herrn.
1. Könige 8, 11
Welch eine
Stunde!
Salomo hat dem lebendigen
Gott ein Haus gebaut. Viel Eifer und Fleiß, Geld und Schätze hat er an dies
Haus gerückt. Nun ist es fertig. Der Tag der Einweihung ist gekommen. Viel Volk
ist versammelt.
Und da
geschieht es: „Da erfüllte die Wolke das Haus des Herrn, dass die Priester
nicht konnten stehen und des Amts pflegen vor der Wolke; denn die Herrlichkeit
des Herrn erfüllte das Haus des Herrn." –
Dieser Tempel
ist zerfallen. Eine Moschee des falschen Propheten Mohammed steht an seiner
Stelle und zeugt von dem ernsten Gericht Gottes, das über diesen Tempel und
über ein abtrünniges Volk ging.
Aber einen
neuen, herrlicheren Tempel hat Gott sich am Pfingsttage erbaut: Das ist die
Gemeinde Jesu Christi.
In diesem
Tempel ist Jesus Christus der Eckstein. „Einen andern Grund kann niemand legen
außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus" (1. Korinther 3,
11).
Die Fundamente
sind die Zeugnisse der Apostel und Propheten in der Heiligen Schrift. „Gebaut
auf den Grund der Apostel und Propheten" ist dieser neue Tempel Gottes
(Epheser 2, 20). Und wir sind auch dazu berufen: „Und auch ihr, als die
lebendigen Steine, bauet euch zum geistlichen Hause" (1. Petrus 2, 5). In
diesem Tempel will Gott wohnen. Ja, Er, der schon den alttestamentlichen Tempel
erfüllte mit Seiner Herrlichkeit, Er will noch vielmehr, dass dieser neutestamentliche
Tempel, Seine Gemeinde, ein geistliches Haus Seiner Herrlichkeit sei.
Gottes
Herrlichkeit unter uns! Die Gemeinde Jesu erfüllt mit Seiner Herrlichkeit!
Amen.
(eigene Melodie)
Heil'ger Geist, du Tröster
mein,
Hoch vom Himmel uns
erschein'
Mit dem Licht der Gnade
dein.
Dienstag nach Pfingsten
… die wir nicht nach dem Fleisch wandeln,
sondern nach dem Geist.
Römer 8, 1
Darum geht es:
Was ist der geheime Motor meines Lebens? Was ist es, das mein Reden, Denken,
Tun bestimmt? „Fleisch“ oder „Geist"?
Wir können sehr
„fromm", sehr „christlich" sein und doch – regiert und bestimmt vom
„Fleisch". Ja, man kann in den Augen der Welt ein „guter und edler"
Mensch sein und doch – regiert und bestimmt vom „Fleisch".
„Fleisch"
– mit diesem Wort bezeichnet die Bibel das natürliche Wesen des gefallenen
Menschen. „Fleisch" – das ist unsere natürliche Art, die zu den gröbsten
Sünden jederzeit fähig ist. „Fleisch" – das ist auch unser Temperament.
„Fleisch" – das ist die elende Art, die je und dann moralisch ist und sich
dann mit Vergnügen selbst beschaut und bespiegelt.
„Fleisch"
– das ist … ach, wer könnte damit fertig werden, den gefallenen Menschen und
seine Art zu schildern?
Aber eins ist
sicher: „Fleischlich gesinnt sein ist eine Feindschaft wider Gott!" Und
darum gilt das andere: „Fleischlich gesinnt sein ist der Tod!"
Aber wie ein
Jubelruf klingt es, wenn nun Paulus das B. Kapitel des Römerbriefes anfängt mit
den Worten „… die wir nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem
Geist!"
Ein Neues ist
durch Jesus gekommen! Wir dürfen unsere natürliche Art mit dem Gekreuzigten in
den Tod geben. Und dann tritt der Heilige Geist die Herrschaft an. Wohl gibt es
dann täglich heiße Kämpfe zwischen „Geist" und „Fleisch" in unserem
Leben. Und doch – wir dürfen es selig erfahren: „Geistlich gesinnt sein ist
Leben und Friede." Amen.
(Melodie: Werde munter, in
ein Gemüte)
Nur allein, dass du mich
stärkest
Und mir treulich stehest
bei;
Hilf, mein Helfer, wo du
merkest,
Dass mir Hilfe nötig sei.
Brich des bösen Fleisches
Sinn,
Nimm den alten Willen hin,
Mach ihn allerdinge neue,
Dass mein Gott sich meiner
freue.
Mittwoch nach Pfingsten
Welche der Geist Gottes treibt, die sind
Gottes Kinder.
Römer 8, 14
Wenn ein
reicher Mann ein armes Findelkind adoptiert, dann nimmt er sich auch um dies
Kind an. Er nimmt ihm seine Lumpen und kleidet es lieblich und schön. Er
schickt es in die Schule und lässt ihm eine sorgfältige Erziehung angedeihen.
Nicht anders
macht es unser Gott.
In Jesus,
unserm Heiland, macht Er uns zu Seinen Kindern. Aus verlorenen „Kindern des
Zorns“ werden wir durch Jesu Verdienst zu versöhnten Gotteskindern – durch den
Glauben. Aber nun soll nur ja keiner meinen, das ginge ohne eine ganze
Umstellung unseres Lebens. Nun bilde sich nur ja keiner ein, der starke Herr
lasse Seine Kinder einfach in ihrem alten, elenden und gottlosen Wesen
weitermachen! O nein!
Wer ein Kind
Gottes geworden ist, der kommt nun recht in die Erziehung und Schule des guten
Heiligen. Geistes.
Dieser Heilige
Geist Gottes ist ein sehr ernster und beunruhigender Lehrmeister. Die Bibel
sagt: Er „treibt" uns. Er nimmt es genau. Er lässt uns über keiner Sünde
und Unart ruhig werden. Er mahnt und Er straft. Er zerbricht und demütigt. Und
zugleich führt Er uns immer tiefer in die Erkenntnis des Heiles Gottes, immer
tiefer in das Verständnis des Wortes Gottes, immer tiefer in das Meer des
Friedens und der Liebe Jesu.
Wie ein
Bildhauer ein Modell vor Augen hat, nach dem er arbeitet, so hat der Heilige
Geist in all Seinem Wirken, Tun und „Treiben" ein Bild, nach dem Er uns
gestalten will: das Bild Jesu. Gebe Gott, dass wir uns völlig in die Zucht des
Heiligen Geistes geben! Amen.
(Melodie: Zieh ein zu
deinen Toren)
Zieh ein, lass mich
empfinden
Und schmecken deine Kraft,
Die Kraft, die uns von
Sünden
Hilf' und Errettung
schafft.
Entsünd'ge meinen Sinn,
Dass ich mit reinem Geiste
Dir Ehr und Dienste
leiste,
Die ich dir schuldig bin.
Donnerstag nach Pfingsten
Jesus antwortete und sprach zu
Nikodemus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von
neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen."
Johannes 3, 3
Ist dieser Satz
Jesu nicht unerträglich?
Wenn irgendein
Verbrecher oder gemeiner Kerl vor Ihm gesessen hätte, dann würde uns Sein Wort
von der Wiedergeburt wohl einleuchten.
Aber da saß ja ein edler Mann vor Ihm. Dieser Nikodemus war
ein Idealist, ein Mann, der „stets strebend sich bemühte", das Gute, Edle
und Wahre zu tun.
Ja, ist denn das nichts? Sollte so ein Mann denn nicht vor
Gott bestehen können? Ist es nicht einfach unfassbar, dass Jesus gerade diesem
Mann das Wort von der Notwendigkeit der Wiedergeburt sagt?
Ein Beispiel
soll es uns klarmachen: Da kommt ein Reisender aus Holland nach Deutschland
zurück. Er hat in seinem Geldbeutel noch einen holländischen Gulden. Das ist
ein gutes Geld und er kann in Rotterdam allerlei dafür kaufen.
Aber als er nun
in einer deutschen Stadt den Gulden ausgeben will, wird er abgewiesen: „Gewiss,
der Gulden ist gut. Aber er gilt hier nicht. Hier gilt nur Geld, welches das
deutsche Hoheitszeichen trägt."
So ist es mit dem Reiche Gottes. „Nikodemus", sagt
Jesus, „du bist gewiss ein edler Mann. Aber im Reiche Gottes gilt nur das Herz,
in das der Heilige Geist mein Bild geprägt hat. Darum musst du wiedergeboren
werden."
Dies Wort
spricht das Urteil über all unseren menschlichen Hochmut und treibt uns in die
Arme Jesu. Amen.
(Melodie: O Jesu Christ,
meins Lebens Licht)
Erneure mich, o ew'ges
Licht,
Und lass von deinem
Angesicht
Mein Herz und Seel' mit
deinem Schein
Durchleuchtet und erfüllet
sein.
Freitag nach Pfingsten
Ich will dich zur ehernen Mauer machen.
Jeremia 1, 18
Auf der Insel
Borkum ist eine Stelle, wo das Inselland im Winkel vorspringt. Tag und Nacht
rennt die See gegen dies Sturmeck an.
Da hat man zum
Schutz eine hohe, steile Mauer errichtet. Brüllend kommen die Wogen an. Oder schmeichelnd
und nagend. Aber sie müssen zerbrechen.
Den Fluten des Zeitgeistes in der gefallenen Welt setzt Gott
eine Mauer entgegen. Dies Wort: „Ich will dich zur ehernen Mauer machen".
ist nur an einem Einzigen ganz Wahrheit geworden: an Jesus Christus. Wie sind
die Sturmfluten der Versuchung und des Hasses, wie sind die Wogen der Hölle
gegen Ihn angestürmt! Aber als Er rief: „Es ist vollbracht!" da war es
offenbar, dass Er eine „eherne Mauer" war.
Weil aber Jesus
in Seiner Gemeinde, die „Sein Leib" ist, gegenwärtig lebt, gilt dies Wort
von der „ehernen Mauer" auch der Gemeinde.
Dies Wort
spricht unsere hohe Berufung aus: Wir brauchen nicht mehr kümmerliche und
furchtsame Knechte der Welt und der Zeit zu sein. Wir sind im Dienste des
Herrn.
Aber dies Wort spricht
auch die Schwere des Christenstandes aus: Trotz sollen wir bieten – und sind
doch so schwach! Stehen sollen wir – und sind doch so haltlos!
Es ist gut, dass Gott sagt: „Ich will dich machen zur ehernen. Mauer." „Ich will dich
machen…“ „Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht
durch Gnade." Amen.
(Melodie: O Durchbrecher
aller Bande)
Gib uns der Apostel hohen,
Ungebeugten Zeugenmut,
Aller Welt trotz Spott und
Drohen
Zu verkünden Christi Blut.
Lass die Wahrheit uns bekennen,
Die uns froh und frei
gemacht;
Gib, dass wir's nicht
lassen können,
Habe du die Übermacht.
Sonnabend nach Pfingsten
Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten
unter die Wölfe.
Matthäus 10, 16
Wie seltsam und
merkwürdig ist doch die Lage der Gemeinde Jesu!
Sie ist – nach
dem Willen ihres Herrn, aus dessen Mund dies Textwort stammt – das Hilfloseste
und Wehrloseste, das man sich denken kann.
Man stelle sich
vor: Ein Rudel gieriger, hungriger Wölfe. Grauenvoll tönt ihr Geheul;
unheimlich leuchten die Augen; schreckenvoll ist ihr Gebiss.
Und mitten in
dem Kreis dieser Bestien ein Lamm. Kann man sich etwas Verloreneres vorstellen?
Das ist die
Lage der Gemeinde Jesu Christi. „Wir sind geachtet wie Schlachtschafe",
sagte der Apostel Paulus. Wer meint, die Gemeinde könne durch Macht, Klugheit,
durch Massen oder Mächtige gerettet werden, der kennt die wirkliche Lage nicht.
„Schafe unter den Wölfen".
Aber – es geht
ja gar nicht darum, dass das Lamm gerettet wird. Die Gemeinde ist ja die Schar
derer, die schon gerettet sind.
Das Lamm – das
ist das Seltsame – ist im Angriff. „Ich sende euch!" sagt Jesus im
Textwort. Das Lamm ist nicht durch einen unglücklichen Zufall unter die Wölfe
geraten. Es hat seine Sendung unter den Wölfen.
„Ich sende
euch!" Das heißt: Beständiger Angriff! Nicht verstummendes Zeugnis! Immer
neuer Sieg!
Jawohl, immer
neuer Sieg. „Wir ziehen fort von Sieg zu Sieg, weil Jesus überwand."
So triumphiert
die so verloren scheinende Gemeinde mitten unter den blinden, erstaunten und
erschrockenen „Wölfen". Amen.
(Melodie: Der Tag bricht
an und zeiget sich)
Sei du Hauptmann in diesem
Streit,
Dein siegreich Hand helf
uns beizeit,
Damit der Feind, wie groß
er ist,
Muss sehen, dass du
stärker bist.
Trinitatisfest
Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und
die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!
2. Korinther 13, 13
Wenn im
Konfirmandenunterricht von der Dreieinigkeit die Rede ist, brauche ich gern ein
schlichtes Beispiel. Ich zeichne ein Kleeblatt an die Tafel und frage: „Wie
viel Blätter hat das?" „Drei!" rufen die meisten. Aber ein paar
werden stutzig. Sie rufen: „Eins!" „Nein, drei!" behaupten die
anderen.
„Wie oft müsst Ihr denn pflücken, um so ein Kleeblatt zu
haben?"
„Einmal!"
„Also, wie viel
Blätter?"
„Eins", meinen zögernd ein paar. „Es sind aber doch
drei", bleiben manche fest. Bis schließlich eins der Kinder sagt: „Drei in
einem sind's!"
„Richtig! Drei in einem!" Und nun erkläre ich ihnen
dies Gleichnis. Das gilt vom lebendigen Gott. „Drei in einem: der Vater, der
Sohn und der Heilige Geist."
Nun, trotz all
unseres Erklären wird uns die Dreifaltigkeit Gottes ein verborgenes Ding
bleiben, solange wir fern von Gott und Seinem Heil sind. Wie sollte unsere
unerleuchtete Vernunft imstande sein, dies Wunder und Geheimnis der
Dreieinigkeit zu verstehen!
Denen aber, die von der Finsternis zu Seinem wunderbaren
Licht gekommen sind, ist die Dreieinigkeit kein dunkles Rätsel mehr. Sie kennen
„die Gnade unseres Herrn Jesu Christi", durch die sie errettet wurden. Sie
preisen „die Liebe Gottes, des Vaters", durch die sie erwählt wurden und
die sie täglich umgibt. Und sie stehen in der „Gemeinschaft des Heiligen
Geistes", der in ihnen und der ganzen Gemeinde Jesu Sein herrliches Werk
tut. Amen.
(Melodie: Herr Gott, dich
loben alle wir)
Jehova, Vater, Sohn und
Geist,
O Segensbrunn, der ewig
fleußt,
Durch fleuß Herz, Sinn und
Wandel wohl,
Mach uns dein's Lob' und
Segens voll.
Montag nach dem Trinitatisfest
Siehe, die Völker sind geachtet wie ein
Tropfen, so im Eimer bleibt.
Jesaja 40, 15
In Bildern nur
können wir uns die unendliche Größe Gottes deutlich machen.
Es gibt wenig
Worte, die so erschütternd uns diese Größe Gottes vor Augen führen wie dies
Gleichnis, das Jesaja braucht.
Da ist die
Haustochter. Sie hat geschrubbt und geputzt. Nun leert sie den Eimer aus. Dabei
geschieht es, dass ein Tropfen Wasser im Eimer hängen bleibt. Nun wird das
Mädchen nicht etwa einen Lappen suchen, um diesen Tropfen abzuwischen. Er ist
so gering und belanglos, dass er getrost an dem geleerten Eimer hängen bleiben
kann.
„Siehe, die
Völker sind geachtet wie ein Tropfen, der im Eimer bleibt." Wie wichtig
ist uns unser eigenes liebes Volk! Wie gewaltig erscheinen uns die Völker und
ihr Leben! Wie überwältigend ist das Brausen des Völkermeeres!
Gott aber ist
so groß, dass vor Ihm all dies nicht bedeutungsvoller ist als „ein Tropfen, der
im Eimer bleibt".
Das schrieb ein
Mann, der mit glühender Seele sein Volk liebte, der mit seinem Volk litt und
fröhlich war. Er wollte, wir sollten ermessen lernen: So groß ist Gott! So
unvorstellbar groß, mächtig und gewaltig!
Aber gerade
darum ist es wunderbar, dass derselbe Prophet in demselben Kapitel von
demselben Gott bezeugt: „Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem
Unvermögenden."
Dieser große
Gott hat Zeit, Liebe und genaues Aufmerken für den Geringsten unter uns. Ein
wunderbarer Gott! Amen.
(Melodie: Allein Gott in
der Höh' sei Ehr)
Wir loben, preisen,
anbeten dich;
Für deine Ehr wir danken,
Dass du, Gott Vater,
ewiglich
Regierst ohn alles Wanken.
Ganz ungemessen ist deine
Macht,
Fort g'schieht, was dein
Will hat bedacht.
Wohl uns des feinen
Herren!
Dienstag nach dem Trinitatisfest
Und Gott der Herr rief Adam und sprach
zu ihm: „Wo bist du?"
1. Mose 3, 9
Seltsam
zwiespältig ist das Menschenherz! Das kommt nirgendwo so deutlich zum Ausdruck
wie in der Stellung zu Gott.
Einerseits ist
der natürliche Mensch immer auf der Flucht vor Gott. Er stürzt sich in Arbeit,
Zerstreuung, sogar in Religionsbetrieb – nur um ja nicht still stehen zu müssen
vor dem heiligen, lebendigen Gott.
Zugleich aber
kommen wir nicht los von Gott. Es ist schon so, wie Augustinus sagt: „Unser
Herz ist unruhig in uns, bis es ruht, Gott, in dir." Und so ist der Mensch
auf seiner Flucht beständig gequält vom Heimweh nach Gott und Seinem Frieden.
Der natürliche Mensch gleicht immer irgendwie dem Adam. Da versteckt er sich
hinter den Bäumen und hat nur eine Angst, Gott könne ihn stellen. Zugleich aber
ist sein Herz zerrissen vor Heimweh und Sehnsucht nach den vergangenen Tagen,
da zwischen seinem Gott und ihm nichts stand und er ein Freund Gottes war.
Angelus
Silesius hat diesen elenden Zustand des Menschen in einem Lied geschildert:
„Ich lief verirrt und war
verblendet,
ich suchte dich und fand
dich nicht."
Das ist die
Sehnsucht und das Heimweh nach Gott.
„Ich hatte mich von dir
gewendet
und liebte das geschaffne
Licht."
Das ist die
Flucht vor dem heiligen Gott, die Flucht in die Welt.
Wohl uns, wenn
Gott diesem traurigen, zwiespältigen Wesen ein Ende macht und uns ruft: „Adam,
wo bist du?" Dann haben die Flucht vor Gott und das Heimweh nach Ihm ein
Ende, und es kann das geschehen, womit Angelus Silesius seinen Vers schließt:
„Nun aber ist's durch dich
geschehn,
dass ich dich hab' ersehn“
Amen.
Mittwoch nach dem Trinitatisfest
Herr, Gott Israels, es ist kein Gott,
weder droben im Himmel noch unten auf Erden, dir gleich.
1. Könige 8, 23
Es ist nur ein Gott. Er hat den Namen Jehova, das
ist „der Ewige", „der Seiende". Er ist allmächtig, „Schöpfer Himmels
und der Erden". Er ist der starke Gott, „Herr Gott Zebaoth", das ist
„Herr der Heerscharen".
„Kein Gott ist
dir gleich."
Ja, wir
Menschen machen uns immer wieder andere und eigene Götter. Wir bauen und
zimmern und modellieren mit unseren Gedanken, bis wir einen neuen Gott
fabriziert haben, einen Gott, wie wir ihn uns denken, einen Gott, wie er
unserer Weltanschauung oder unserem Temperament entspricht.
Aber es ist
nichts dran an diesen Göttern. „Nichtse" nennt die Bibel alle Götzen, alle
von Menschen gemachten Götter. Ja, unsere armseligen Gedanken können an Gott
immer nur vorbeigreifen. Darum ist es eine frohe Botschaft, dass Gott sich
offenbart hat in Jesus Christus. Der sagt: „Wer mich siehet, der siehet den
Vater."
Unser Textwort
stammt aus einem Gebet Salomos, das er bei der Einweihung des Tempels sprach.
Es ist kein
Gott dir gleich", sagt Salomo, „weder droben im Himmel noch drunten auf
Erden."
Da denkt Salomo
wohl daran, dass es viele unsichtbare und starke Mächte gibt. Und er denkt wohl
daran, dass – wie die Bibel sagt – das Heidentum eine Anbetung dieser starken,
unheimlichen Mächte ist. „Was die Heiden ihren Götzen opfern, das opfern sie
den Dämonen", sagt das Neue Testament. Ja, Satan selbst wird der „Gott
dieser Welt" genannt.
Wie hell und
froh macht es da, den zu kennen, dem
kein Gott auf Erden und im Himmel gleich ist. Und wie selig ist es, Ihn durch
Jesus Vater zu nennen! Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gottes Segen)
Gott ist Herr, der Herr
ist einer,
Und demselben gleichet
keiner,
Nur der Sohn, der ist ihm
gleich;
Dessen Stuhl ist
unumstößlich,
Dessen Leben unauflöslich,
Dessen Reich ein ewig
Reich.
Donnerstag nach dem Trinitatisfest
Ach dass du den Himmel zerrissest und
führest herab!
Jesaja 64, 1
Wer offene
Ohren hat, der hört diesen Ruf aus vielen Hunderten von Religionen aufsteigen
zum Himmel.
Gott ist ein
unsichtbarer Gott. „Dem unbekannten Gott" bauten die Athener einen Altar.
Gott ist gleichsam hinter einer Nebelwand verborgen.
Weil wir
Menschen aber nicht von Ihm loskommen, darum haben wir uns aufgemacht, Ihn zu
suchen. Hände strecken sich aus in die Nebelwand hinein – nach Gott.
Hände strecken
sich aus nach dem verborgenen Gott. Das sind die Religionen der Völker. Weiße
Hände streckt der Europäer aus, rote der Indianer, gelbe der Asiat und schwarze
der Afrikaner. Das heißt: Jedes Volk hat seine eigene, artgemäße Religion.
Aber über all diesen Religionen, über all diesem Händeausstrecken
liegt eine tiefe Tragik: Wir erreichen Gott nicht. Wir sind zu tief gefallen.
Die Hände greifen ins Leere. Wir sind zu fern von Gott.
Darum dringt aus Millionen Herzen der Schrei: „Gott, wo bist
du? Wir suchen dich! Wir erreichen dich nicht! O dass du den Himmel zerrissest
und führest herab!"
Gott, der
Schöpfer der Welt, der Ewige, hat dies Schreien gehört. Er hat den Himmel
zerrissen. Er ist herabgefahren in Jesus, Seinem Sohn.
Das ist die
frohe Kunde: Jesus ist die Antwort Gottes auf alle Religionen. Gott ist unter
uns in Jesus! „Sehet doch da! Gott will so freundlich und nah / zu den
Verlor'nen sich kehren!" Amen.
(Melodie: Nun komm der
Heiden Heiland)
Was der alten Väter Schar
Höchster Wunsch und Sehnen
war
Und was sie geprophezeit,
Ist erfüllt in
Herrlichkeit.
Freitag nach dem Trinitatisfest
Dennoch bleibe ich stets an dir; denn du
hältst mich bei meiner rechten Hand.
Psalm 73, 23
Es gibt sehr
viele Leute, die im geistlichen Leben allerlei Pläne erwägen: „Man sollte sich
bekehren!" „Man sollte seine Bibel lesen!" – Aber wenn aus diesen
Plänen nie ein Entschluss wird, dann ist es ein elendes Leben.
Wie anders
Asaph! Der kommt zu einem Entschluss: „Dennoch bleibe ich stets an dir."
Mit dem
Wörtlein „dennoch" schiebt er eine ganze Menge Einwände des eigenen
Herzens und alle Widerstände beiseite. „Dennoch!" Obwohl man vielleicht
Schaden davon haben kann. Oder hat etwa Paulus nicht seine ganze Karriere
verdorben, als er sich auf die Seite Jesu stellte?!
„Dennoch!"
Obwohl man vielleicht Spott und Hohn tragen muss. Denn es hat ja wohl nie eine
Zeit gegeben, in der die törichte Welt nicht ihren Spott ausgegossen hätte über
die, die es mit dem unsichtbaren Herrn halten.
„Dennoch!"
Obwohl es nun in tausend Anfechtungen hineingeht.
„Dennoch!"
Trotz der Anklage des eigenen Gewissens. Wie oft heißt es in uns: Du mit deiner
Sünde und Schuld darfst dem Herrn ja gar nicht mehr gehören. „Dennoch bleibe
ich stets an dir!"
Allerdings – kein
Mensch könnte diesen Entschluss durchhalten, wenn der Herr nicht selbst auf
dein Plane wäre. „Denn du hältst mich bei meiner rechten Hand." Das ist
das Geheimnis des Sieges, daß Seine durchgrabene Hand uns hält. Amen.
(Melodie: O du Liebe
meiner Liebe)
Ja, Herr Jesu, bei dir
bleib ich
So in Freude wie in Leid;
Bei dir bleib ich, dir
verschreib ich
Mich für Zeit und
Ewigkeit.
Deines Winks bin ich
gewärtig,
Auch des Rufs aus dieser
Welt;
Denn der ist zum Sterben
fertig,
Der sich lebend zu dir
hält.
Sonnabend nach dem Trinitatisfest
Da sie aber davon redeten …
Lukas 24, 36
Es gibt ein
Bibelwort, das heißt: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über."
Das Wort will
sagen: Was ein Mensch in seinem Herzen bewegt, was ihn bedrängt oder erfreut,
was ihn ängstet oder was er ersehnt – davon redet er.
Wovon reden
wir?
Es gibt Leute,
die reden immer nur von sich selbst: wenn sie alt sind – von ihren Krankheiten,
wenn sie jung sind – von ihren Taten. Da ist das Herz ganz erfüllt von sich
selbst. Angenehm sind solche Leute nicht.
Andere gibt es,
deren Herz ist erfüllt mit Unkeuschheit. Ihr Mund geht über von Zoten und
schmutzigen Witzen. Sie sind eine Plage und ein Verderben für ihre Umgebung.
Und mancher Mutter Sohn wurde durch sie verdorben.
Wieder andere
wissen nur von Eierspeisen zu reden und von Essen und Trinken. Ihr Herz ist der
reinste Lebensmittelladen, angefüllt mit Alltagsdingen. Und wieder andere
verstehen sich auf den Klatsch. Da wird mit ernster Miene der Nächste durchgehechelt.
Und solches Reden verrät ein armseliges Herz. –
Im Text heißt
es: „Da sie davon redeten…" Wovon redeten diese Jünger? – Sie sprachen
miteinander von den großen Taten Gottes, vom Kreuz und von der Auferstehung
Jesu. Welch herrliches Gesprächsthema!
Diese Jünger
waren Leute wie wir. Die Alltagsdinge bewegten sie auch. Aber es ging ihnen wie
einem nächtlichen Wanderer. Der sieht die Sterne und freut sich daran. Doch auf
einmal geht die Sonne auf, und dann sind die Sterne unwichtig. Als die Jünger
die großen Taten Gottes sahen, als Jesus in ihr Leben kam, da wurde alles
überstrahlt von diesem hellen Licht.
Lasst uns doch
miteinander von den großen Taten Gottes reden! Amen.
(Melodie: Lob Gott getrost
mit Singen)
O komm, du Geist der Wahrheit,
und kehre bei uns ein,
Verbreite Licht und
Klarheit, verbanne Trug und Schein.
Gieß aus dein heilig
Feuer, rühr Herz und Lippen an,
Dass jeglicher getreuer
den Herrn bekennen kann.
1. Sonntag nach Trinitatis
Da kam Hanani, einer meiner Brüder, mit
etlichen Männern aus Juda.
Nehemia 1, 2
Im Königsschloss
in Susan wohnte Nehemia. Er hat eine hohe Stellung im Perserreich.
Da kommt eines
Tages Besuch. Es sind Leute vom alttestamentlichen Gottesvolk, ehemalige
Verbannte aus der babylonischen Gefangenschaft, die in Jerusalem in „großem
Unglück und Schmach" leben.
Wir können uns
gut denken, dass dieser Besuch dem hohen Staatsbeamten Nehemia gar nicht
angenehm war. Diese Leute erinnerten ja alle Welt daran, aus welch armen
Verhältnissen Nehemia selbst kam. Er war doch Glied eines verachteten Volkes.
Und diese Leute brachten durch ihren Besuch vor allen Leuten in Erinnerung, dass
Nehemia nicht den Göttern Persiens diente, sondern dem Gott Israels.
Und war ihr
Besuch nicht schon dadurch peinlich, dass diese Armen gar nicht zu dem
vornehmen Nehemia passten!?
Wir könnten uns
gut denken, dass Nehemia diesen Leuten aus dem Wege ginge.
Aber – er tut
es nicht. Im Gegenteil: Er nimmt sie auf, er macht ihre Sorge zu seiner Sorge.
Er hilft ihnen und bekennt sich offen zu ihnen.
Dieser Mann
Nehemia stand recht. Daran zeigt sich der Christenstand, wie man zu den „Brüdern"
steht. Johannes sagt: „Wir wissen, dass wir vom Tode zum Leben gekommen sind;
denn – wir lieben die Brüder."
Wer Jesus
liebt, liebt auch die Gemeinde. Wer den Herrn will, muss auch „die Brüder"
wollen. Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gottes Segen)
O wie lieb ich, Herr, die
Deinen,
Die dich suchen, die dich
meinen;
O wie köstlich sind sie
mir!
Du weißt, wie mich's oft
erquicket,
Wenn ich Seelen hab erblicket,
Die sich ganz ergeben dir.
Montag nach dem 1. Trinitatissonntag
Die Mauern Jerusalems sind zerbrochen
und seine Tore mit Feuer verbrannt.
Nehemia 1, 3
So berichtet
Hanani dem Nehemia.
Eine furchtbare
Nachricht! Doppelt fühlbar für diesen Nehemia, der am Königsschloss in Susan
lebt. Hier war doch Heidentum! Geschehen hier unter diesen Heiden nicht viel
schlimmere Sünden und bösere Dinge als in Jerusalem?
Warum ließ der
Herr hier alles laufen? Und bei Seinem Volk übt Er so schreckliche Gerichte. Sollte
man nicht vielmehr annehmen, Gott ließe Seinen Leuten dies oder jenes durchgehen?
Nehemia erfährt
hier – was wir auch erfahren müssen –: Gott fängt mit Seinen Gerichten an in
Seiner Gemeinde. Die Bibel sagt, dass „Gottes Gericht anfängt am Hause Gottes".
Wir Christen
regen uns wohl schrecklich auf über die Sünden der bösen Welt. Gewiss, die
Gemeinde Jesu hat Abstand von der Welt! Aber – wir haben die Welt nicht zu
richten. Gott wird es zu. Seiner Zeit tun.
Vorher jedoch
will Er uns richten, will Er Seine Gemeinde richten, will Er Seine Kinder Zurechtbringen.
Und wenn Gott
zu den Sünden der Welt auch tausendmal schweigt – zu den Sünden Seiner Gemeinde
schweigt Er nicht.
Die
zerbrochenen Mauern und die verbrannten Tore Jerusalems sind ein ernster Ruf an
die Christen: Wir dürfen nicht meinen, Gottes Erwählung und Gottes Gnade in
Jesus gäben uns das Recht, es mit dem Herrn und Seinem Willen nicht mehr ernst
zu nehmen. Im Gegenteil: Gottes Erwählung und Gottes Gnade wollen uns zu Leuten
machen, die Gott ganz gehorsam sind. Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Wahr ist's: Gott ist wohl
stets bereit
Dem Sünder mit
Barmherzigkeit;
Doch wer auf Gnade sündigt
hin,
Fährt fort in seinem bösen
Sinn
Und seiner Seele selbst
nicht schont,
Dem wird mit Ungnad' abgelohnt.
Dienstag nach dem 1. Trinitatissonntag
Da ich aber solche Worte hörte, saß ich
und trug Leid etliche Tage und betete vor dem Gott des Himmels.
Nehemia 1, 4
Nehemia hat
einen Plan: Der König von Persien soll ihm helfen, die Mauern Jerusalems wieder
zu bauen.
Aber nun fährt
er nicht mit diesem Plan heraus, so eilig die Sache auch ist und so sehr sie
ihm auf dem Herzen brennt. Nein, er erwägt diesen Plan erst in der Stille vor
Gott.
Vom Gerechten
heißt es im ersten Psalm: „Was er macht, das gerät wohl." Dem Nehemia
gerät sein Plan auch wohl. Und das lag wohl daran, dass dieser Plan vor Gott
erwogen wurde, dass über diesen Plan gebetet wurde, dass dieser Plan die Probe
im Lichte Gottes bestanden hatte.
Der Teufel hat
immer Eile. Er drängt immer. Er hat's gern, wenn wir „gar keine Zeit“ haben.
Denn das fürchtet er, dass ein Mensch Gottes seine großen und kleinen Pläne in
das Licht Gottes stellt, darüber stille wird und darüber betet.
Es stünde
manches besser, wenn wir uns mehr „Zeit" für die „Ewigkeit" nähmen.
Eva hätte nicht
von der Frucht gegessen –- Judas wäre nicht zum Verräter und Selbstmörder
geworden – David hätte den tiefen Fall nicht getan – Absalom wäre nicht so
elend zugrunde gegangen -, wenn sie ihre Pläne vor dem Angesicht Gottes im Gebet
ausgebreitet hätten.
Aber dazu ließ
ihnen der Teufel gar keine Zeit. Er ist ein Hetzer. In der Hetze, im Tempo, im
Rausch bringt er uns zu Dingen, die nicht gut sind.
O dass wir doch
gesammelte und betende Leute wären, die unter Gottes Führung bleiben! Amen.
(Melodie: Sieh, hier bin
ich, Ehrenkönig)
Dieser Zeiten Eitelkeiten,
Reichtum, Wollust, Ehr und
Freud,
Sind nur Schmerzen meinem
Herzen,
Welches sucht die
Ewigkeit.
Lass dich finden, lass
dich finden,
Großer Gott, ich bin
bereit!
Mittwoch nach dem 1. Trinitatissonntag
Da ich aber solche Worte hörte, weinte
ich und trug Leid.
Nehemia 1, 4
Ein Mann weint!
– Nicht irgendein sentimentaler, weichlicher Mann, sondern ein Fürst in
Persien, ein Mann, der es als armer Verbannter zu etwas Großem gebracht hat.
Der weint! – Warum? Wie kann denn ein solcher Mann weinen?!
– Es sind edle Tränen, Tränen, die ganz selten sind: Er weint, weil Gottes Ehre
geschändet ist. Er weint, weil die Kirche – davon ist im Alten Testament
Jerusalem ein Abbild – weil die Kirche Jesu so elend, arm und unwürdig ist.
Hat auch jemand
von uns schon einmal geweint über die innere und äußere Armut der Kirche Jesu?!
Die Kirche erzählt uns je und dann von Männertränen: Der
alte Jakob weinte vor Freude, als er
seinen verlorenen Sohn wieder fand.
Und David
weinte vor Schmerz, weil er seinen
Sohn Absalom ewig verloren hatte.
Das sind
Tränen, wie sie in der Welt wohl je und dann geweint werden.
Dann erzählt
die Bibel von selteneren Tränen, von Tränen, die Petrus in der Nacht des
Verrates geweint hat – über sich selbst.
Das sind edle Tränen, die Gott wägt.
Aber die
edelsten Tränen und die seltensten sind die des Nehemia: Er weint um das Reich
Gottes, er weint um Gottes Ehre.
Wir sollten
über solche Tränen nicht die Achseln zucken. Dass wir solche Tränen nicht
haben, liegt nicht daran, dass wir in einem unsentimentalen Zeitalter leben, sondern
daran, dass uns so wenig an Gottes Ehre und Reich liegt. Dass es uns doch so um
den Herrn ginge wie dem Nehemia! Amen.
(Melodie: Herr, nun selbst
den Wagen halt)
Gott, erhöh dein's Namens
Ehr,
Wehr und straf der Bösen
Grimm,
Weck die Schaf' mit deiner
Stimm,
Die dich lieb haben
inniglich.
Donnerstag nach dem 1. Trinitatissonntag
Herr, Gott, der da hält den Bund denen,
die ihn lieben…
Nehemia 1, 5
Da spricht
Nehemia in seinem Gebet aus, worin das geistliche Leben eines Christen besteht:
Liebe zu Gott.
Das klingt so
einfach, so selbstverständlich. So unheimlich selbstverständlich, dass die
große Gefahr besteht: Wir lesen gedankenlos darüber hinweg, ohne zu merken, dass
wir gefragt sind.
Haben wir Gott
lieb? Habe ich Gott lieb? – Keine Rede davon! Ich habe mich lieb. Und meine Angehörigen und Freunde habe ich lieb! Und
meine Ehre und mein Geld und meine Wohnung und vieles andere! Aber Gott?!
Ach, ich habe
viel geistliche Erkenntnisse und Gedanken über Gott. Ich habe den guten Willen,
Ihm zu dienen. Aber danach bin ich ja jetzt gar nicht gefragt.
Haben wir Gott
lieb? Habe ich Gott lieb?
Sieh, wir haben
sicherlich allerlei an inneren und äußeren Vorzügen aufzuweisen. Aber das ganz
Einfache, worauf es allein ankäme, das ist nicht vorhanden: Liebe zu Gott!
Das können wir
uns auch nicht selber geben. So wenig ein Stein brennen kann, so wenig kann
unser natürliches Herz Gott lieben.
Wie arm sind
wir doch, dass wir das kleine Blütlein der Liebe zu Gott nicht hervorbringen
können aus dem harten Boden unseres Herzens! – Aber eins können wir tun: Wir
können vor dem Herrn unsere Armut aufdecken. Wir dürfen Ihn bitten: Herr,
erwecke in mir Liebe zu Dir! Ja, wir können auf das Zeichen Seiner großen
Liebe, das Kreuz Jesu, so aufsehen, bis unser Herz daran zur Liebe entzündet
wird. Lasst uns unsere erloschene Fackel am Feuer Gottes anzünden! Amen.
(Melodie: Herr Christ, der
einig Gotts Sohn)
Ach, zünde deine Liebe
In meiner Seele an,
Dass ich aus innerm Triebe
Dich ewig lieben kann,
Und dir zum Wohlgefallen
Beständig möge wallen
Auf rechter Lebensbahn.
Freitag nach dem 1. Trinitatissonntag
Ich aber fürchtete mich gar sehr und
sprach zum König: „Sollte ich nicht übel sehen? Jerusalem liegt wüste…“
Nehemia 2, 2-3
Sieh da, welch
ein Eingeständnis!
"Ich
fürchtete mich sehr!" – Wer das Leben dieses starken Mannes von außen her
ansieht, der sieht nur kühne Zielstrebigkeit, klare männliche Entschlossenheit
und einen großen Glaubensmut.
Und da lässt
uns dieser Mann in sein Herz sehen: „Ich fürchtete mich sehr!" Er will die
zerstörten Mauern Jerusalems wieder bauen. Aber dazu braucht er die Hilfe des
persischen Königs, dazu braucht er Urlaub vorn Königshof. Wenn er dies nun erbittet
– kommt er nicht in den Verdacht, es mit den Feinden des Perserreiches zu
halten? Wird es nicht Verwunderung hervorrufen, wenn er, Nehemia, der hohe
Beamte, sich für das arme Volk Gottes einsetzt?
„Ich fürchtete
mich sehr."
Es ging also
auch dem Nehemia, wie es allen Knechten Gottes geht: Es geht durch Furcht und
Erschrecken; es geht durch innere Verzagtheit und Armut.
Ja, der Sohn
Gottes selbst zitterte und zagte in Gethsemane. Und wer diese tiefe Furcht
nicht kennt, den hat Gott offenbar noch nicht einsetzen können an den
Frontstellen des Reiches Gottes, wo es ernst wird.
Es muss also
durch Furcht gehen. Aber – die Furcht darf uns nicht bestimmen und beherrschen.
„Ich sprach zum König …", erzählt Nehemia. Er bricht durch .die Furcht
hindurch. Nein – sein Herr und Heiland reißt ihn durch die Furcht hindurch.
David sagt im 34. Psalm: „Da ich den Herrn suchte, antwortete er mir und
errettete mich aus aller meiner Furcht." Amen.
(Melodie: Warum sollt' ich
mich denn grämen?)
Unverzagt und ohne Grauen
Soll ein Christ, wo er
ist,
Stets sich lassen schauen.
Wollt ihn auch der Tod
aufreiben,
Soll der Mut dennoch gut
Und fein stille bleiben.
Sonnabend nach dem 1. Trinitatissonntag
Und der König gab mir nach der guten
Hand meines Gottes über mir.
Nehemia 2, 8
Es ist wie ein
Verwundern in der Stimme des Nehemia, wenn er uns immer wieder berichtet von
der „guten Hand" seines Gottes.
Was will er
denn? Er will das zerstörte Jerusalem wieder bauen.
Und wer hatte
solch eine furchtbare Zerstörung angerichtet? Die starke Hand Gottes hat es getan. Ja, Gottes Hand kann schrecklich
sein!
Nehemia weiß
das. Das verbrannte Jerusalem zeugt ihm davon: „Schrecklich ist es, in die
Hände des lebendigen Gottes zu fallen."
Wissen wir auch
davon? Wissen wir, dass das die letzte geheime Unruhe der Welt ist, dass über
ihr Gottes Hand aufgehoben ist zum Gericht?
Drohend kann
Gottes Hand sein und schrecklich, wenn sie Gericht übt. Doch es gibt noch etwas
Furchtbareres: Gottes Hand kann –
wie die Bibel sagt – „dahingeben".
Das heißt: Nun segnet die Hand Gottes nicht mehr, nun droht sie nicht und
straft auch nicht mehr, nun hat Gott die Hand ganz und gar abgezogen. Das ist
das Ende über ein Volk oder einen Menschen.
Wie wunderbar
ist es da, dass die Kinder Gottes sprechen dürfen von der „guten Hand Gottes über mir". Diese gute Hand meines Gottes – das
ist die Hand Jesu, die für mich am Kreuz durchbohrt wurde, die zum Segen
aufgehoben ist über die Gemeinde. Selig, wer unter dieser „guten Hand"
lebt! Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Leit uns mit deiner
rechten Hand
Und segne unser Stadt und
Land.
Gib uns allzeit dein
heilig Wort,
Behüt vors Teufels List
und Mord,
Verleih ein selig
Stündelein,
Auf dass wir ewig bei dir
sein.
2. Sonntag nach Trinitatis
Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern
deinem Namen gib Ehre.
Psalm 115, 1
Wir wissen
nicht, von wem der 115. Psalm gedichtet wurde. Aber es muss ein gewaltiger Mann
voll heiligen Geistes gewesen sein. Denn gleich im ersten Vers stoßen wir auf
das Granitgestein biblischer Weltanschauung. Und damit ist dieser erste Vers
eine krasse Absage an die Denkweise dieser Welt.
In dieser Welt
geht es immer und überall um die Ehre des Menschen. Wie viel Streit ist in der
Welt entstanden, weil Menschen meinten, ihre Ehre sei angetastet! Wie glücklich
sind wir, wenn wir da oder dort geehrt werden! Wie viel Mühe verschwenden wir
darauf, angesehene und geehrte Leute zu werden! ja, so ist die Art des
natürlichen Herzens. Es ist interessant, dass schon eine der allerersten
Erzählungen der Bibel vom Turmbau zu Babel berichtet. Da sprachen die Menschen:
„Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, des Spitze bis an den
Himmel reiche, dass wir uns einen Namen
machen!"
Das ist in der
Tat das geheime und offene Anliegen unseres Herzens
Wie man nun aber
ein giftiges Gewürm mit einem Felsblock zerschmettert, so zerschmettert das
erste Wort des 115. Psalms solches Denken. „Nicht uns, Herr, nicht uns, sondern
deinem Namen gib Ehre."
Es geht ja gar
nicht um unsere Ehre. Es geht um die Ehre des lebendigen, dreieinigen Gattes.
Wie lächerlich ist das Streben nach Ehre beim Menschen, der doch eine
vergängliche Blume ist, die verwelkt. „… und ihre Stätte kennet sie nicht
mehr." Wie lächerlich ist das Streben nach Ehre, wo wir in Gottes Augen
immer nur Sünder sind, die Gnade bedürfen. „Nicht uns, Herr…!" „Dein Name
werde geheiligt!" – Deine Ehre werde erhöht! Amen.
(eigene Melodie)
Halleluja! Gott zu loben
Bleibe meine Seelenfreud.
Ewig sei mein Gott
erhoben,
Meine Harfe ihm geweiht.
Ja so lang ich leb und
bin,
Dank, anbet und preis ich
ihn.
Montag nach dem 2. Trinitatissonntag
Nun wir denn sind gerecht geworden durch
den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus.
Römer 5, 1
Eine laute,
lärmende Großstadtstraße am Samstagabend. Da – auf einmal ein ganz anderer
Klang: Die Glocken läuten den Sonntag ein.
So feierlich
klingt in die Unruhe unseres Lebens die Nachricht, dass es so etwas Herrliches
und Köstliches gibt: „Friede mit Gott."
Es war gegen
Ende des Dreißigjährigen Krieges. Da horchten in einem Dorfe eines Abends die
Menschen auf. Ein Reiter jagt ins Dorf. Atemlos ruft er: „Es ist Friede!
Friede!"
Da erschrecken
die Jungen, sie wissen ja gar nicht mehr, was Friede ist. „Frieden?"
fragen sie ängstlich. „Müssen wir da fliehen?"
Da lachen die
Alten. Die Freudentränen laufen ihnen übers Gesicht: „Frieden – das ist das
Ende aller Not, das Ende aller Schrecken und Angst."
Jetzt haben die
Jungen begriffen. Sie stürmen zur Kirche. Sie hängen sich an die GIockenseile
und läuten ins Land: „Friede! Es ist Friede!"
So geht es
heute noch. Wenn man Friede mit Gott“ sagt, erschrecken die Menschen: „Was ist
das für eine dogmatische Sache? Das verstehen wir nicht." Ach, sie wissen
nicht, was Friede ist.
Aber wer es
begreift, der läutet alle Glocken seines Herzens: „Nun danket alle Gott … Nun
ist groß Fried ohn Unterlass." Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Ich hatte nichts als Zorn
verdienet
Und soll bei Gott in
Gnaden sein.
Gott hat mich mit sich
selbst versühnet
Und macht durchs Blut des
Sohns mich rein.
Wo kam das her, Warum
geschieht's?
Erbarmung ist's und weiter
nichts.
Dienstag nach dem 2. Trinitatissonntag
Des Herrn Wort ist wahrhaftig; und was
er zusagt, das hält er gewiss.
Psalm 33, 4
Welch ein
Unterschied ist doch zwischen menschlichen und göttlichen Versprechungen!
Wenn wir Ohren
hätten, es zu hören – wir würden uns entsetzen über das Weinen, das Fluchen,
das Stöhnen und das Verwünschen, das aus enttäuschten Herzen kommt; aus Herzen,
die menschlichen Versprechungen vertraut haben und enttäuscht wurden.
Wie anders aber
steht es doch mit denen, die ihr Leben auf Gottes Wort gestellt haben. Sie
rühmen: „Des Herrn Wort ist wahrhaftig. Und was er zusagt, das hält er gewiss."
Es hat noch nie
einen Menschen gegeben, und es wird nie einen geben, der damit zuschanden
wurde, dass er sich auf Gottes Verheißungen und Zusagen verließ. Gottes Wort
ist das Zuverlässigste, was es gibt.
Gott ist eben
auch imstande, Seine Zusagen Wahrzumachen. Wir Menschen versprechen oft etwas
in guter Meinung. Aber dann sind die Verhältnisse stärker als wir. Und wir
können unser Versprechen nicht halten.
Man kann
manchmal lesen: „Im Falle höherer Gewalt" gilt diese oder jene Abmachung
nicht. Nun, für unseren Gott gibt es keinen „Fall höherer Gewalt". „Alles muss
pünktlich erfüllet werden, was er uns einmal zugedacht."
Wie ist die
Wahrheit doch so herrlich ans Licht gekommen in Jesus Christus! Die Väter des
Alten Bundes haben in wunderbarer Klarheit in Gottes Auftrag das Heil in Jesus
verkündigt. Dann gingen die Jahrhunderte ins Land. Die alten Verheißungen
Gottes schienen verschüttet und vergessen – bis Seine Stunde kam. Da wurden
alle Verheißungen „Ja und Amen" in Jesus. Ja, Gott hält Sein Wort. Amen.
(Melodie: O Durchbrecher
aller Bande)
Herr, dein Wort, die edle
Gabe,
Diesen Schatz erhalte mir;
Denn ich zieh es aller
Habe
Und dem größten Reichtum
für.
Wenn dein Wort nicht mehr
soll gelten,
Worauf soll der Glaube
ruhn?
Mir ist's nicht um tausend
Welten,
Aber um dein Wort zu tun.
Mittwoch nach dem 2. Trinitatissonntag
Wir können's ja nicht lassen, dass wir
nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben.
Apostelgeschichte 4, 20
Eine
erstaunliche Wendung in einem seltsamen Prozess! Der Hohe Rat ist bekümmert und
sorgenvoll:
Da hat man
diesen Jesus endlich zu Tode gebracht. Es war nicht leicht gewesen. Aber dann
hatten sie gesiegt. Jesus war tot! Bewacht im Grabe noch! Nun wird's wohl Ruhe
geben!
Aber es gab
keine Ruhe. Im Gegenteil! Immer neue Unruhe. Da kamen zuerst die Kriegsknechte
mit der ungeheuerlichen Nachricht: „Dieser Jesus hat das Grab gesprengt!"
Kaum zwei
Monate später bekennen 3000 Menschen in Jerusalem sich zum Gekreuzigten.
Und nun stehen
hier zwei kleine Handwerker vor Gericht. Sie sind auf frischer Tat ertappt
worden, wie sie im offiziellen Tempel diesen Jesus verkündigten.
Da muss
ernsthaft durchgegriffen werden. „Man wird doch wohl mit diesen kleinen Leuten
fertig werden!" Also werden sie ernstlich bedroht, jetzt doch abzulassen
von diesem Jesus. Sie kämen damit doch nicht durch. Und man sei zum Äußersten
entschlossen.
So, das wird
genügen! Da richtet sich Petrus auf und sagt einfach: „Wir können's ja nicht
lassen…" – Armer, blinder Hoher Rat! Wer will das Lebenswort von Jesus
aufhalten?! Dies Wort – es „läuft den Weg gleich als ein Held". Gewalt,
List, Drohung, Überredung, – die ganze Welt und die Hölle vermögen nicht, das
Evangelium aufzuhalten. Und solange die Welt sein wird, wird es Sünder froh und
selig machen und die Gemeinde Jesu sammeln. Amen.
(Melodie: Triumphiere, Gottes
Stadt)
Wort von des Erlösers
Huld,
Der der Erde schwere
Schuld
Durch des heil'gen Todes
Tat
Ewig weggenommen hat:
Wort des Lebens, stark und
rein,
Alle Völker harren dein;
Walte fort, bis aus der
Nacht
Alle Welt zum Tag erwacht.
Donnerstag nach dem 2. Trinitatissonntag
Da sie das hörten, hoben sie ihre Stimme
auf einmütig zu Gott.
Apostelgeschichte 4, 24
Nun war es
entschieden!
Der Hohe Rat
hatte der Gemeinde den Krieg erklärt. Vor der versammelten Gemeinde standen
Petrus und Johannes und berichteten.
Jetzt begann
die Not.
Was ist nun
zuerst zu tun? Soll man diese ganze Sache mit Jesus nicht lieber lassen? Oder
soll man nicht wenigstens schnell eine Sitzung anberaumen? Oder man könnte eine
Protestschrift aufsetzen; oder – vielleicht hat ein einflussreiches Glied der
Gemeinde „gute Beziehungen", die man jetzt bemühen müsste; oder…
Die Gemeinde
tut nichts dergleichen. Sie weiß viel Besseres: Sie breitet ihre Not aus vor
dem Herrn. „Sie hoben ihre Stimme auf einmütig zu dem Herrn."
So hat es Moses
gemacht, der große Beter. – So tat es auch Hiskia, als er den Brief seiner
grimmigen Feinde im Heiligtum vor dem Herrn ausbreitete (2. Könige 19, 14). – So
handelten alle großen Gottesmenschen, von denen uns die Bibel berichtet. – Und
so taten alle, die in ihren Spuren gingen.
In Psalm 69
sagt David: „Die im Tor sitzen, schwatzen von mir, und in den Zechen singet man
von mir. Ich aber bete."
„Ich aber bete.“
Da wird das
Herz getröstet, da wird der Mut neu gestärkt, da beruhigen sich die zitternden
Nerven, da lernt das Herz den rechten Weg, wenn man seine Not vor dem Herrn
ausbreitet, vor dem Herrn, „der Himmel und Erde gemacht hat". Amen.
(Melodie: Straf mich nicht
in deinem Zorn)
Kann ein einiges Gebet
Einer gläubgen Seelen,
Wenns zum Herzen Gottes
geht,
Seines Zwecks nicht
fehlen:
Was wirds tun,
Wenn sie nun
Alle vor ihn treten
Und zusammen beten!
Freitag nach dem 2. Trinitatissonntag
Und nun, Herr, siehe an ihr Drohen und
gib deinen Knechten, mit aller Freudigkeit zu reden dein Wort!
Apostelgeschichte 4, 29
In höchster
Bedrängnis betet die erste Gemeinde. Wie betet sie?
Zuerst besinnt
sie sich darauf: Wir sind ja des Herrn Eigentum. „Deine Knechte" nennen
sie sich vor des Herrn Angesicht. Sie erinnern den Herrn und sich selbst daran,
dass sie Sein mit Blut erkauftes Eigentum sind.
Sollte der Herr
nicht über Seinem Eigentum wachen? jawohl, Er wird Sein Wort Wahrmachen: „Ich
will mich meiner Herde selbst annehmen."
Wenn man so aus
aller Furcht erst heraus ist und wieder einmal den Felsenboden des Heils unter
den Füßen hat, dann kann man auch so weiterbeten wie diese bedrohte, bedrängte
Gemeinde.
Wie beten die Jünger
weiter? In der Tat, dies Gebet ist seltsam: „Herr, sieh an ihr Drohen und…"
Nun erwarten wir, dass es so weitergeht: „… und gib uns wieder Frieden!"
oder „…rette uns vor unseren Feinden!" oder „… verstopfe den Wölfen den
Rachen!"
So beten sie
nicht. Sie bitten nicht, dass ihnen Kampf und Leiden erspart bleiben. Sie
bitten vielmehr, dass sie sich im Leiden als rechte Jünger Jesu und Zeugen des
Herrn erweisen möchten: „… und gib deinen Knechten, mit aller Freudigkeit zu
reden dein Wort!"
So wollen wir
beten lernen! Nicht um satte Ruhe wollen wir bitten, sondern darum, dass wir
rechte, tapfere, geheiligte Bekenner und Zeugen werden. Amen.
(Melodie: Dir, dir,
Jehova, will ich singen)
Wach auf, du Geist der
ersten Zeugen,
Die auf der Mau'r als
treue Wächter stehn,
Die Tag und Nächte nimmer
schweigen
Und die getrost dem Feind
entgegengehn,
Ja deren Schall die ganze
Welt durchdringt
Und aller Völker Scharen
zu dir bringt.
Sonnabend nach dem 2. Trinitatissonntag
Schmecket und sehet, wie freundlich der
Herr ist.
Psalm 34, 9
Irgendwo in
einer düsteren Kellerwohnung sitzt ein junger Mann. Fröstelnd zieht er die
Decke über die Schultern. Man sieht es ihm an, dass er schwer lungenkrank ist.
Er ist tief
versunken in ein Buch. Es ist die Beschreibung einer Reise durch die
französische Schweiz. Er sieht im Geiste die Bergriesen, fühlt die herrliche
Höhensonne, atmet die klare Bergluft.
Seufzend lässt
er das Buch sinken. Es macht ihn ja nicht gesund, wenn er von all dem nur liest
und hört. Er müsste es selbst schmecken und sehen, er müsste dort sein. Dann
könnte er genesen.
So meint es
auch David, wenn er uns auffordert: „Schmecket und sehet, wie freundlich der
Herr ist!"
Der
Psalmdichter David hat sicher eine Menge Leute gekannt, die über den Herrn viel
gehört hatten. Sie kannten Seine Wunder und Seine Taten. Und doch waren sie
arme, elende Leute, die „in Finsternis und Schatten des Todes" saßen.
Denn nicht das
Wissen vom Herrn macht uns selig. Nicht Gedanken an den Herrn oder religiöse
Ahnungen können uns helfen. Nein, nur der Herr selbst. Und der Weg zu Ihm ist
offen. Er ist nahe!
„Schmecket und
sehet!" Das ist derb gesprochen. Das klingt fast, als sollten wir
verspottet sein, weil wir in so viel Dunkelheit, Not und Sünde sitzen, wo
draußen die helle Sonne Jesus ist.
„Schmecket und
sehet!" Das will allen Verzagten und Zweifelnden Mut machen, doch dem
Worte des Heilandes zu glauben: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und
beladen seid. Ich will euch erquicken!" Amen.
(eigene Melodie)
Ach mein Herr Jesu, dein
Nahesein
Bringt großen Frieden ins
Herz hinein,
Und dein Gnadenanblick
Macht uns so selig,
Dass Leib und Seele
darüber fröhlich
Und dankbar wird.
3. Sonntag nach Trinitatis
Lasset uns aufsehen auf Jesum!
Hebräer 12, 2
Das ist ein
merkwürdiger Befehl! Wie können wir denn auf Jesum sehen? Der ist doch
unsichtbar. Ja, die Bibel sagt selbst: „Wir wandeln im Glauben und nicht im
Schauen." Hat sich da der Apostel nicht geirrt, als er schrieb: „Lasset
uns aufsehen auf Jesum"?
O nein, er hat
sich nicht geirrt. So paradox es klingt: Wir müssen auf Jesum sehen lernen, der
doch unsichtbar ist. Ja, es gibt sogar eine Stelle im zweiten Korintherbrief,
Kapitel 4, Vers 18, wo diese Paradoxie geradezu ausgesprochen ist: „Wir sehen nicht auf das Sichtbare, sondern
auf das Unsichtbare."
Wie soll das
nun wohl zugehen, dass ein Mensch das sieht, was das Auge nicht sieht?
Das ist
allerdings ein rechtes Wunder. Aber dies Wunder kann Gott tun und will Gott bei
uns tun durch Seinen guten Heiligen Geist. Der Heilige Geist öffnet uns die
Augen des inwendigen Menschen. Und Er stellt uns die göttlichen Dinge so vor
Augen, dass wir sie recht sehen und ganz davon erfüllt werden. Jesus hat Seinen
Jüngern gesagt, der Heilige Geist werde Ihn verklären. Damit meint Er, dass der
Heilige Geist uns den Heiland „vor die Augen malt", so, als sei Er unter
uns gekreuzigt und auferstanden.
Da sehen wir
das Kreuz von Golgatha, das uns vorher wie eine „Torheit" vorkam, mit
neuen Augen als den Altar, auf dem das Lamm Gottes der Welt Sünde trägt. Da
sehen wir den Auferstandenen in Seiner herrlichen Macht. Gott schenke uns
solche Augen, die vom Geist Gottes erleuchtet sind! Amen.
(eigene Melodie)
Nun bitten wir den
Heiligen Geist
Um den rechten Glauben
allermeist,
Dass er uns behüte an
unserm Ende,
Wenn wir heimfahrn aus
diesem Elende.
Kyrieleis.
Du wertes Licht, gib uns
deinen Schein,
Lehr uns Jesum Christ
kennen allein,
Dass wir an ihm bleiben,
dem treuen Heiland,
Der uns bracht hat zum
rechten Vaterland.
Kyrieleis.
Montag nach dem 3. Trinitatissonntag
Jesus sprach zu ihre: „Mensch, deine
Sünden sind dir vergeben."
Lukas 5, 20
Ein unermesslich
bedeutungsvolles Wort: „Dir sind deine Sünden vergeben!" Es gibt wohl kaum
ein zweites Wort, das eine solch tiefe und jubelnde Herzensfreude hervorrufen
kann, wie dies Jesus-Wort.
Wenn wir dieses
Wort gehört haben, dann ist uns geholfen. Nun muss das unruhige Gewissen
schweigen! „Das Alte ist vergangen."
Nun ist die Macht der Sünde in unserem Leben gebrochen, denn
Satan hat sein Recht verloren, das unsere Sünde ihm gab. Nun brauchen wir das
Sterben und das Gericht nicht mehr zu fürchten. Denn es ist ja alles, alles
gutgemacht.
Nun kann uns
keine Not und keine Bedrängnis mehr erschrecken: Wir sind ja heimgekehrt in die
Arme des himmlischen Vaters.
Haben wir dies
Wort gehört? Ist es uns gesagt? Haben wir es im Glauben ergriffen?
Man ist ja so
ein elender Mensch, solange man die Vergebung der Sünden nicht hat. Da ist die
Tiefe des Herzens erfüllt mit heimlicher Furcht.
Und man ist erst recht elend, wenn man diese Vergebung an
falschen Stellen sucht. – „Dir sind deine Sünden vergeben!" Das kann kein
Mensch uns sagen. Wir können es uns auch nicht selber zusprechen. Wie
schrecklich ist hier jede Täuschung und jeder Selbstbetrug!
Nur einer kann
so sagen: Jesus, der Sohn Gottes, der durch Sein Sterben unsere Sünde getragen
hat. Gelobt sei Er! Amen.
(Melodie: Vom Himmel hoch)
So fass' ich dich nun ohne
Scheu,
Du machst mich alles
Jammers frei.
Du trägst den Zorn,
erwürgst den Tod,
Verkehrst in Freud all'
Angst und Not.
Dienstag nach dem 3. Trinitatissonntag
Da sprachen seine Brüder zu Jesus: „Mache
dich auf und gehe nach Judäa, auf dass auch deine Jünger sehen die Werke, die
du tust. Niemand tut etwas im Verborgenen und will doch frei offenbar
sein."
Johannes 7, 3-4
Die
unerleuchtete Vernunft ist einfach nicht imstande, den Herrn Jesus und Sein
Wirken zu erfassen!
Die Brüder des
Heilandes sprechen hier etwas aus, was durchaus logisch und vernünftig ist. Es
ist doch klar: Wer „frei offenbar" sein will, der muss Lärm machen; der muss
Reklame machen; der muss Propaganda treiben.
Und Jesus will
doch „frei offenbar" sein. Er will doch, dass „alle Mühseligen und Beladenen"
Ihn erkennen und zu Ihm kommen. Er will doch, dass „allen Menschen geholfen
werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen". Also – so sagen mit
Recht die Brüder – muss Er Lärm und Reklame machen; also muss Er vor aller Welt
Seine Wunder tun. Also kann Er Seine Sache doch nicht im Verborgenen treiben.
Und doch – es
ist anders bei Jesus.
Er will
tatsächlich das Unmögliche möglich machen! Er will etwas „im Verborgenen tun
und doch frei offenbar sein".
So tut Er! – Oder
gibt es etwas Heimlicheres und Verborgeneres als Jesu Wirken in einem
Menschenherzen? Es sind ja so heimliche Vorgänge, wenn Er ein Herz in die Buße
führt und das zerbrochene Herz erfahren lässt, dass Er selbst die heilsame
Gnade" ist. Ja, Jesu Werk ist verborgen. – Und doch – Er wird frei
offenbar. Seine Leute, an denen Er Sein Werk tut, werden das Licht der Welt.
Und das Licht kann nicht verborgen bleiben. Amen.
(Melodie: Errett' mich, o mein
lieber Herre)
Verzehre Stolz und
Eigenliebe
Und sondre ab, was unrein
ist,
Und mehre jener Flamme
Triebe,
Die nur auf dich gerichtet
ist.
Beleb, erleucht, erwärm,
entflamme
Doch bald die ganze weite
Welt,
Und zeig dich jedem Völkerstamme
Als Heiland, Friedefürst
und Held.
Mittwoch nach dem 3. Trinitatissonntag
Und alles Volk, das Johannes hörte, und
die Zöllner gaben Gott Recht.
Lukas 7, 29
„Ich habe meine
eigene Ansicht über Gott …" – „Ich denke so über Gott: …"
So und ähnlich
kann man es überall hören. Jeder kleine Kerl kann schon davon reden, wie er
über Gott denkt. Und jeder halbwegs gebildete Mensch kann uns in schönen Worten
sagen, welche Ansicht er über Gott hat.
Und wir – wir
können es auch.
Aber es ist
ganz und gar belanglos, was wir über
Gott denken. Es ist völlig gleichgültig, welche Ansicht wir über Gott haben.
Darauf allein
kommt es an – und diese Frage müssen wir uns stellen, wenn wir zur Wahrheit
kommen wollen -: „Was denkt Gott über mich?" „Welche Ansicht hat Gott über
mich?" Warum fragen wir denn nicht so? Nicht wahr, diese Frage ist so beunruhigend. Diese Frage ist so unbequem. Diese
Frage bringt uns Furcht.
„Was ich über
Gott denke!" Du liebe Zeit! Darüber kann man stundenlang reden, ohne dass
das Herz auch nur ein wenig schneller schlägt.
„Was Gott über
mich denkt!" – Diese Frage ist geradezu revolutionierend. Denn sie lässt die
Wahrheit in unser Herz einbrechen, sie stellt uns „ins Licht vor seinem
Angesicht".
Was denkt Gott
über mich? – Dass es Zeit sei, Buße zu tun. Dass es Zeit sei, die Sünde zu
lassen und Ihm zu dienen. Dass nur Gnade mich retten könne! Das denkt Gott!
Die Zöllner
gaben Gott Recht. Dass wir es doch auch tun wollten! Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Hilf, o Herr Jesu, hilf du
mir,
Dass ich noch heute komm
zu dir
Und Buße tu den
Augenblick,
Eh' mich der schnelle Tod
hinrück,
Auf dass ich heut und
jederzeit
Zu meiner Heimfahrt sei
bereit.
Donnerstag nach dem 3. Trinitatissonntag
Der König sprach: „Sehe ich doch vier
Männer frei im Feuer gehen, und sie sind unversehrt; und der vierte ist gleich,
als wäre er ein Sohn der Götter."
Daniel 3, 25
Rasend vor Zorn
war der König von Babylonien, Nebukadnezar, gewesen, als drei junge Leute sich
geweigert hatten, ihre Knie vor seinem Götzenbild zu beugen. Und in seinem Zorn
hatte er eine entsetzliche Drohung wahr gemacht: Die drei jungen Männer waren
in den feurigen Ofen gestoßen worden.
Aber dann kam
das Unheimliche: Als der König sich überzeugt, ob der Befehl recht ausgeführt
ist, entdeckt er einen vierten Mann in den Flammen. Und der vierte Mann ist „wie
ein Sohn der Götter". Und an diesem vierten Mann mag es wohl liegen, dass
die drei anderen der Flammen spotten.
Dieser vierte
Mann, der der Welt so unheimlich und den drei Jüngern so tröstlich ist, ist
derselbe, der gesagt hat: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen,
da bin ich mitten unter ihnen."
Er ist derselbe, der gesagt hat: „Fürchte dich nicht, denn
ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! So
du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht
versengen, denn ich bin der Herr, dein Gott."
Dieser vierte
Mann ist Jesus. Die Welt kennt Ihn nicht. Und darum ist sie erschrocken, wenn
ihre Macht an Ihm zerschellt. Die Gemeinde aber kennt ihn. Und darum ist sie
allezeit getrost. Amen.
(Melodie: Jesu, meine
Freude)
Trotz dem alten Drachen,
Trotz des Todes Rachen,
Trotz der Furcht dazu!
Tobe, Welt, und springe;
Ich steh hier und singe
In gar sichrer Ruh.
Gottes Macht hält mich in
acht,
Erd und Abgrund muss sich
scheuen,
Ob sie noch so dräuen.
Freitag nach dem 3. Trinitatissonntag
Die da sitzen mussten… gefangen im Zwang
und Eisen, darum dass sie Gottes Geboten ungehorsam gewesen waren und das
Gesetz des Höchsten geschändet hatten … Und er führte sie aus Finsternis und
Dunkel und zerriss ihre Bande.
Psalm 107, 10 folgende
Gefangensein ist
schrecklich!
Was ist denn
daran so schrecklich? Ein Gefangener hat doch seine Kleidung, seine Nahrung. Er
hat sein Bett und viel freie Zeit. Was ist denn so schrecklich an der
Gefangenschaft?
Das ist es: Ein
Gefangener ist abgeschnitten vom Leben.
Ist es uns
schon einmal aufgegangen, dass alle Menschen von Natur Gefangene sind? Das
heißt: dass alle Menschen von Natur vom Leben abgeschnitten sind? Denn was wir
„Leben" nennen, das ist ja gar nicht Leben. Das ist ein Hineilen zum Tode,
das ist Unruhe und Herzeleid.
Nein, „Leben" ist etwas ganz anderes. Gott ist das
Leben. „Du bist die Quelle des Lebens", sagt ein Mann im Alten Bund mit
Recht zu Gott.
Gott ist das
Leben. Und von Gott sind wir abgeschnitten. Wir sitzen als Gefangene „im Zwang
und Eisen, weil wir Gottes Geboten ungehorsam gewesen sind und das Gesetz des
Höchsten geschändet haben."
Fester als die Riegel im dunkelsten Kerker sind die Riegel
unserer Schuld. Dicker als die Mauern des tiefsten Gefängnisses sind die
Mauern, die unsere Sünde zwischen Gott und uns aufgerichtet hat.
Aber daraus gibt es Befreiung: „Jesus ist kommen / nun
springen die Bande." Wer Jesus hat – nur wer Jesus hat – ist wirklich
frei. Er zerreißt Bande und führt zu Gott – in das Leben! Amen.
(Melodie: Einer ist König,
Immanuel sieget)
Jesus ist kommen, nun
springen die Bande,
Stricke des Todes die
reißen entzwei.
Unser Durchbrecher ist
nunmehr vorhanden;
Er, der Sohn Gottes, der
machet recht frei,
Bringet zu Ehren aus Sünde
und Schande;
Jesus ist kommen, nun
springen die Bande!
Sonnabend nach dem 3. Trinitatissonntag
Da sprach Jesus zu den Zwölfen: „Wollt
ihr auch weggehen?"
Johannes 6, 67
Eine Zeitlang
war es Mode gewesen, Jesus anzuhören oder gar Ihm nachzulaufen. Aber wie am
Meer die Ebbe das Wasser vorn Lande wegreißt, so war auf einmal eine Strömung
entstanden, die die Menschen von Jesus wegtrieb.
Von dem an
gingen seiner Jünger viele hinter sich und wandelten hinfort nicht mehr mit
ihm", berichtet das Johannes-Evangelium.
Es wurde
einsamer um Jesus. Der Schatten des Kreuzes fiel auf Seinen Weg.
In dieser Lage
nahm Jesus Seine zwölf Jünger besonders. Und nun machte Er es nicht wie ein
verzweifelter Vereinsführer, dem die Leute weglaufen. Der wendet sich wohl mit
einem zündenden Appell an die zögernden Überbleibsel seiner nicht so blühenden
„Sache": „O Ihr Letzten! Ihr Getreuen! Ihr dürft mich nicht im Stich
lassen!"
Nein, so macht
es Jesus nicht. Im Gegenteil: Jesus tut Seinen Jüngern die Tore auf. Er gibt
sie frei: „Wollt ihr auch weggehen?" Er gibt ihnen gleichsam das Stichwort,
mit dem sie sich von Ihm trennen können.
Hier macht
Jesus deutlich, dass es im Reiche Gottes keinen Zwang und keine Vergewaltigung
gibt. Die letzte Entscheidung, ob wir Jesus auf Seinem Kreuzweg folgen wollen, liegt
ganz bei uns selbst.
Und das ist
eine furchtbar ernste Entscheidung. Sie entscheidet über Zeit und Ewigkeit
unseres Lebens. Da stehen wir auf einem schmalen Grat zwischen Himmel und
Hölle. Gott helfe uns hindurch zur rechten Entscheidung! Amen.
(Melodie: O du Liebe
meiner Liebe)
Wo ist solch ein Herr zu
finden,
Der, was Jesus tat, mir
tut,
Mich erkauft von Tod und
Sünden
Mit dem eignen teuren
Blut?
Sollt ich dem nicht
angehören,
Der sein Leben für mich
gab?
Sollt ich ihm nicht Treue
schwören,
Treue bis in Tod und Grab?
4. Sonntag nach Trinitatis
Da sprach Jesus zu den Zwölfen: „Wollt
ihr auch weggehen?" Da antwortete ihm Simon Petrus: „Herr, wohin sollen
wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens."
Johannes 6, 67-68
Welche
Versuchungsstunde für die Jünger! Wer kennt diese Versuchung nicht: Noch einmal
heraus aus allen Bindungen, Kämpfen und Nöten, die aus der Nachfolge Jesu
kommen?!
„Wollt ihr auch
weggehen?" Offen liegt die Welt vor Petrus, und tausend Wege führen
hinein. In ein paar Sekunden überschaut er diese Wege:
Man kann sich
hemmungslos hineinstürzen in das buntfarbige Wesen der Welt, genießen und „sich
ausleben". Gewiss, das ist ein Weg. Aber am Ende steht der Ekel, steht – das
Gericht Gottes.
Nein, den Weg
nicht!
Man kann in den
Alltag zurück, in ein Leben satter Ruhe, wie es war, bevor Jesus rief. Gewiss,
das ist ein Weg. Aber – da müsste man seine Seele morden, die Jesus zum Leben
rief.
Nein, den Weg
nicht!
Man kann sich
an Menschen binden und hängen. Man kann Ehre und Einfluss zu gewinnen suchen.
Man kann den Weg der selbstgerechten Gesetzeserfüllung gehen. Man kann … man
kann.
Tausend Wege
führen in die Welt. In Sekunden überschaut sie Petrus. Sie enden alle im
Dunkel.
„Herr, wohin
sollen wir gehen?" fragt er bedrängt.
Während er aber
so fragt, schaut er den Einen, der von sich sagt: „Ich bin der Weg!" Und
da hat Petrus den Weg gefunden: „Du hast Worte des ewigen Lebens."
Alle Wege sind
in Wahrheit keine Wege. Jesus allein ist der
Weg, für den wir uns entscheiden dürfen. Amen.
(Melodie: Christus, der
ist mein Leben)
Wir sind mit dir
gestorben, so leben wir mit dir.
Was uns dein Tod erworben,
das stell uns täglich für.
Montag nach dem 4. Trinitatissonntag
Da trat Jesus in der Schiffe eines,
welches Simons war, und bat ihn, dass er's ein wenig vom Lande führte.
Lukas 5, 3
Das ist aber
wirklich eine seltsame und merkwürdige Sache, die da berichtet wird: „Jesus bat
den Simon."
Das ist doch
derselbe Jesus, der gesagt hat: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf
Erden."
Und dieser
Große, Gewaltige „fordert" nicht, Er „beschlagnahmt" nicht; Er „bittet"
den armen, geringen Fischer um einen Dienst.
Das ist die Art
des Herrn Jesus. Es gibt keinen Zwang im Reiche Gottes. Es geht da alles
lieblich und freundlich zu.
Jesus ist der
starke Held, der auf Golgatha mit der Hölle gerungen und sie besiegt hat. Er,
der als der Stärkere über den Satan gekommen ist, Er könnte wohl Menschenherzen
zwingen. Er tut es nicht. „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an",
sagt Er uns.
Der Herr aller
Dinge fordert nicht. Er bittet. Der König aller Könige bricht nicht ein. Er
steht vor der Tür und klopft an.
Jesus will die
Herzen nicht vergewaltigen, sondern überwinden und gewinnen. Er droht nicht, Er
lockt uns, „wie eine Henne ihre Küchlein".
Wie freundlich
und lieblich ist doch die Art des Reiches Gottes! Aber wir müssen begreifen, dass
gerade das unsere Verantwortung so schwer macht. Unser Herz muss sehr hart und
tot sein, wenn es dies freundliche Rufen überhört. Gott helfe uns, dass wir
Sein Anklopfen hören und auftun! Amen.
(eigene Melodie)
Seelenbräutigam, Jesu,
Gottes Lamm,
Habe Dank für deine Liebe,
Die mich zieht aus reinem
Triebe
Zu des Kreuzes Stamm,
Jesu, Gottes Lamm.
Dienstag nach dem 4. Trinitatissonntag
Da trat er in der Schiffe eines, welches
Simons war, und bat ihn, dass er's ein wenig vorn Lande führte.
Lukas 5, 3
Habt ihr schon
einmal Fabrikarbeiter oder Bergleute gesehen, wenn sie „von Nachtschicht"
kommen? Das sind müde Männer, die Kraft ist restlos verbraucht. Und der Leib
begehrt nur Ruhe.
So ein müder
Mann war der Simon Petrus an jenem Morgen, als Jesus in sein Boot trat. „Wir
haben die ganze Nacht gefischt", sagt er.
Der Petrus war
noch ärger dran als so ein Bergmann. Der hat doch wenigstens seinen Lohn
verdient. Aber Petrus musste bekennen: „Wir haben nichts gefangen."
Eine schwere Nachtschicht – und ganz vergeblich. Das gibt
verdrießliche Leute und beschwerte Herzen.
Man sollte meinen, der Herr Jesus habe sich an jenem Morgen
den Verkehrten herausgesucht. Und wir könnten uns wohl denken, dass Petrus ein
barsches „Nein" auf Jesu Bitte gehabt hätte.
Aber sieh,
Simon Petrus steigt in das Boot, ergreift die Ruder und dient so dem Herrn
Jesus. Und in dieser Stunde wurde ihm nicht nur ein reicher Fang geschenkt.
Diese Stunde wurde die Wende seines Lebens. In dieser Stunde berief ihn Jesus
zum Jünger und Apostel.
Auch uns ruft Jesus zum Dienst. Vielleicht haben wir
mancherlei Ausflüchte. Ach, vielleicht haben wir nicht einmal so viel Zeit, Ihn
ganz ernst zu nehmen.
Wie müssen wir
uns schämen vor Simon Petrus! Wir wollen doch von ihm lernen. Es ist nicht
auszusagen, wie viel Segen wir davon haben, wenn wir etwas für Jesus tun. Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, meins Lebens Licht)
Schaff in mir, Herr, den
neuen Geist,
Der dir mit Lust Gehorsam
leist't
Und nichts sonst, als was
du willst, will;
Ach Herr, mit ihm mein
Herz erfüll.
Mittwoch nach dem 4. Trinitatissonntag
Jesus setzte sich und lehrte das Volk
aus dem Schiff.
Lukas 5, 3
Das war eine
seltsame Schule, die dort am Ufer des Galiläischen Meeres ihren Unterricht eröffnete:
Die Schüler
waren erwachsene und verständige Leute. Und doch ließen sie sich belehren, als
seien sie Schulbuben.
Dazu gehört
Demut. Diese Demut bringen die meisten Menschen unserer Tage nicht mehr auf. So
wie man auf göttliche, ewige Dinge zu sprechen kommt, winken sie ab: „Ach, da
habe ich so meine eigenen Gedanken."
Das ist aber
eine große Torheit. Ein Beispiel soll uns das deutlich machen: Da ist ein
Schüler. Der soll Englisch lernen. Nun wird doch kein Mensch auf den Gedanken
kommen, den Jungen seinen eigenen Gedanken zu überlassen in der Hoffnung, er
werde das nötige Wissen schon aus seinem reichen Herzen hervorbringen. Nein,
der Junge muss lernen.
Noch viel
weniger aber können wir von den göttlichen und ewigen Dingen etwas wissen, wenn
wir uns selbst und unseren Gedanken überlassen bleiben. Denn hierbei handelt es
sich nicht um menschliches Wissen, sondern um Offenbarung der Geheimnisse des
Reiches Gottes.
Da müssen wir
demütige Schüler werden und lernen. Und wir müssen beim rechten Lehrer in die
Schule gehen: Der Lehrer ist Gottes Wort in der Bibel.
Dem Herrn Jesus
war Sein Lehren so wichtig, dass Er es nicht im Gedränge tat. Er setzte sich
ins Boot, und das Volk wurde stille. Solches Stillewerden über Seinem Wort
wollen wir üben. Dann rauschen auch uns die Lebensquellen. Amen.
(Melodie: Liebster Jesu,
wir sind hier)
Unser Wissen und Verstand
Ist mit Finsternis
umhüllet,
Wo nicht deines Geistes
Hand
Uns mit hellem Licht
erfüllet;
Gutes denken, tun und
dichten
Musst du selbst in uns
verrichten.
Donnerstag nach dem 4. Trinitatissonntag
Als er aufgehört hatte zu reden, sprach
Jesus zu Simon: „Fahre auf die Höhe und werfet eure Netze aus, dass ihr einen
Zug tut!"
Lukas 5, 4
„Tempo!"
das ist die Parole der modernen Zeit. Schon die Kinder haben „so viel zu
tun". Und nun erst die Erwachsenen!
Da können wir
uns wohl vorstellen, dass mancher in unseren Tagen mit mitleidigem Lächeln auf
den Simon Petrus herabsieht. Dieser Fischer ließ seine Netze liegen und hörte
dem Herrn Jesus zu. Solch eine stille Gnadenstunde, wo Jesus ihn ganz besonders
ansprach, schien ihm wichtiger als alles andere.
„Verlorene
Zeit", so denkt mancher Weltmensch, wenn er von diesem Simon Petrus hört.
„Verlorene Zeit! In der Zeit hätte er allerhand fertig bringen können! Wir Menschen
von heute können uns so was jedenfalls nicht leisten.“
Nun, der Petrus
hat das stille Horchen auf Gottes Wort nicht für verlorene Zeit angesehen. Und
der Herr Jesus hat ihm Recht gegeben. Er hat ihm und uns sehr deutlich vor
Augen geführt, dass wir gar nichts verlieren, wenn wir uns Zeit nehmen für
Gottes Wort: „Fahret auf die Höhe! Werfet eure Netze aus, dass ihr einen Zug
tut."
Petrus und
seine Gesellen haben's getan und dann einen Fang getan, wie nie zuvor in ihrem
Leben. War die Zeit bei Jesus nun verloren?
Unsere Väter
sagten: „Nehmt euch Zeit für Gottes Wort!" Und sie fuhren gut dabei. Sie
sagten; „Bete und arbeite!" Und sie lehrten ihre Kinder: „An Gottes Segen
ist alles gelegen!" Wir brauchten weniger „Tempo", wenn wir mehr
Stille hätten. Amen.
(Melodie: Ach mein Herr
Jesu, dein Nahesein)
O wer nur immer bei Tag
und Nacht
Dein zu genießen recht wär
bedacht,
Der hätt ohne Ende von
Glück zu sagen,
Und Leib und Seele müsst
immer fragen:
Wer ist wie du?
Freitag nach dem 4. Trinitatissonntag
Simon antwortete und sprach: „Meister,
wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen."
Lukas 5, 5
„O wie bist du
doch so schön, du weite, weite Welt!" hätte wohl ein fröhlicher
Wanderbursch singen können, der an jenem Morgen an den See Genezareth kam. Der
weite blaue See, die grünen Ufer, liebliche Städte und Dörfer um den See und
über allem der blaue Himmel – wem hätte an solchem Morgen nicht das Herz
aufgehen sollen!
Simon Petrus
sah nichts von all der Pracht. „Wir haben die ganze Nacht gefischt und nichts
gefangen."
Kennen wir sie,
die dunklen Tage, wo wir vergeblich arbeiten? Wo wir uns mühen – und der Erfolg
bleibt aus. Wo wir die Sonne nicht mehr sehen können, weil die Sorgen wie
dunkle Wolken am Himmel unseres Lebens aufgezogen sind?
Dornen und
Disteln soll dir der Acker tragen", hat Gott zu Adam gesagt. Ja,
wahrhaftig, sie haben uns oft genug um die Frucht unserer Mühen gebracht, die „Dornen
und Disteln".
„Wir haben die
ganze Nacht gefischt…" Immer neu wurde das Netz ausgeworfen. Immer neu flackerte
die Hoffnung auf einen endlichen Erfolg auf. Und immer neue Enttäuschung. Wie
langsam verrinnen solche dunklen, trostlosen Stunden!
Aber – wem
erzählt denn Simon Petrus die traurige Geschichte dieser Nacht? „Meister!"
sagt er und wendet sich damit zu Jesus, dem Heiland, dem alle Macht gegeben
ist.
O wohl dem, der
seine Not zu Jesus tragen kann; der sich mit seinen dunklen Stunden bei Ihm
bergen kann! Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Wo soll ich mich denn
wenden hin?
Zu dir, Herr Jesu, steht
mein Sinn;
Bei dir mein Herz Trost,
Hilf und Rat
Allzeit gewiss gefunden
hat.
Niemand jeweils verlassen
ist,
Der hat getraut auf Jesum
Christ.
Sonnabend nach dem 4. Trinitatissonntag
Aber auf dein Wort will ich das Netz
auswerfen.
Lukas 5, 5
„Auf dein
Wort!" Das wurde die Lebensparole des Simon Petrus.
Es sprachen
sehr viele Gründe dagegen, dem Rat des Herrn Jesus zu folgen, auf die Höhe zu
fahren und das Netz auszuwerfen. Das war weder der geeignete Platz noch die
geeignete Tageszeit zum Fischfang.
Aber: „Auf dein
Wort will ich das Netz auswerfen", sagt Petrus. Und so hat er es allezeit
gehalten.
Es sprachen sehr viele Gründe dagegen, „alles zu verlassen
und Jesus nachzufolgen". Wir brauchen diese Gründe gar nicht aufzuzählen.
Jeder sieht sie ohne weiteres ein. Viele Gründe sprachen dagegen, einer nur
dafür. Petrus folgt dein einen: „Auf dein Wort!"
Es sprachen
sehr viele Gründe dagegen, noch weiter die Auferstehung Jesu zu bezeugen,
nachdem der Hohe Rat die Apostel ernstlich bedroht und ein strenges Verbot
ausgesprochen hatte. Es war doch die Obrigkeit! Und man riskierte ja sein
Leben. Und man konnte ja schließlich anderswo hingehen.
Aber: „Auf dein
Wort will ich das Netz auswerfen." Und so warf der Menschenfischer Petrus
sein Netz im Gehorsam aus und tat auch hier einen großen Zug.
Seht, das ist
der rechte „Gehorsam des Glaubens", den die Apostel aufrichten wollten und
den sie selbst übten, dass man das zur Lebensparole macht: „Auf dein
Wort." Was Sein Wort sagt, soll gelten! Alle Verheißungen will ich
glauben, allen Befehlen will ich gehorchen.
Der Herr
schenke uns solchen Glaubensgehorsam! Amen.
(Melodie: Es kostet viel
ein Christ zu sein)
Dein Vater fordert nur das
Herz,
Dass er es selbst mit
reiner Gnade fülle;
Der fromme Gott macht dir
gar keinen Schmerz,
Die Unlust schafft in dir
dein eigner Wille;
Drum übergib ihn willig in
den Tod,
So hat's nicht Not.
5. Sonntag nach Trinitatis
Da sie das taten, beschlossen sie eine
große Menge Fische, und ihr Netz zerriss. Und sie winkten ihren Gesellen.
Lukas 5, 6-7
Alles drängte
sich am Ufer und starrte auf den See hinaus. Das war ja eine seltsame Sache,
die da draußen geschah! Und als nun die Rufe über den See hallten: „Kommt und
helft uns!" da nahm das Staunen kein Ende.
Während aber
alles auf den See hinausstarrt, wollen wir unsern Blick auf den Herrn Jesus
richten, der dort am Ufer steht.
Eine herzliche
Freude liegt über Seinem ganzen Wesen. Ja, eine Freude, dass Er dem Simon
Petrus jetzt diesen Reichtum bescheren darf. Er hat ja selbst gesagt: „Es soll
mir eine Lust sein, dass ich ihnen Gutes tue." Wo Er nur immer Menschen
findet, die im Gehorsam des Glaubens sich Ihm anvertrauen, wie Simon Petrus es
tat, da ist es Ihm eine Lust, die Schwierigkeiten zu lösen, die Nöte zu
beendigen, die Wolken zu verscheuchen und „seinem Volk seiner Gaben die
Fülle" zu geben.
Alte Ausleger
haben darauf hingewiesen, dass Jesus den Petrus ja mit sich nehmen wollte. Und
weil es dem Petrus vielleicht zu schwer geworden wäre, seinen Vater unversorgt zurückzulassen,
habe Jesus hier schon recht für den Vater gesorgt.
So kann es wohl
sein. jedenfalls zeigt uns dies Erlebnis, dass der Herr auch das äußere Leben
Seiner Kinder regeln und segnen will. Darum dürfen wir dem Rat getrost folgen,
den Petrus selbst später auf Grund solcher Erfahrungen gab: „Alle eure Sorgen
werfet auf ihn, denn er sorget für euch." Amen.
(eigene Melodie)
Befiehl du deine Wege
Und was dein Herze kränkt
Der allertreusten Pflege
Des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und
Winden
Gibt Wege, Lauf und Bahn,
Der wird auch Wege finden,
Da dein Fuß gehen kann.
Montag nach dem 5. Trinitatissonntag
Herr, gehe von mir hinaus! Ich bin ein
sündiger Mensch.
Lukas 5, 8
In einem
Gedicht von Eichendorff wird ein Mensch geschildert, der sich bedenkenlos in
den buntfarbigen Wirbel der Welt gestürzt hat.
„Und wie er
aufwacht vom Grunde, da ist er müde und alt. Sein Schifflein lag tief im Grunde
– und still ist's rings in der Runde – und über den Wassern weht's kalt."
Das ist eine
ernste Stunde, wenn der kalte Wind weht und uns aufweckt aus aller Träumerei
und uns unsere wirkliche Lage erkennen lässt: fern vom lebendigen Gott, beladen
mit viel Schuld und Sünde!
Dieser kalte
Wind der Wirklichkeit, der aller Weltseligkeit und allen religiösen Träumereien
ein Ende bereitet, hatte auch den Petrus aufgeweckt. „Ich bin ein sündiger
Mensch." Nun sah er zum ersten Mal, was sein Leben in Wirklichkeit vor
Gott wert war. Und wir können nur bitten, dass Gott uns allen zu solcher
Klarheit und Wahrheit verhelfe.
„Herr, gehe von
mir hinaus", sagt Petrus. Hat er da nicht ganz Recht? Ein sündiger Mensch
und der heilige Gott passen wirklich nicht zusammen!
Und doch – in
dein Augenblick sprach Petrus eine große Torheit. Wie, wenn Jesus gegangen
wäre? Wenn Jesus ihn in seinem verlorenen Zustand allein gelassen hätte?!
„Herr, komm zu
mir: denn ich bin ein sündiger Mensch!" So muss es heißen. So wollen wir
bitten. Und solche Bitte wird erhört. Amen.
(Melodie: Auf meinen
liehen Gott)
Wo soll ich fliehen hin,
Weil ich beschweret bin
Mit viel und großen
Sünden?
Wo soll ich Rettung
finden?
Wenn alle Welt herkäme,
Mein Angst sie nicht
wegnähme.
O Jesu voller Gnad,
Auf dein Gebot und Rat
Kommt mein betrübt Gemüte
Zu deiner großen Güte:
Lass du auf mein Gewissen
Ein Gnadentröpflein
fließen.
Dienstag nach dem 5. Trinitatissonntag
Die auf den Herrn harren, kriegen neue
Kraft.
Jesaja 40, 31
„Neue
Kraft!" Ja, das wäre eine feine Sache!
Was wissen die
anderen von unseren schwachen Stunden! Aber wir kennen sie: die Stunden, wo die
Sünde und die Leidenschaften mächtig werden wollen; oder die Tage, wo die
Sorgen wie Felsenlasten drücken; die Tage, wo der Mut fehlt zur Erfüllung der
Pflichten.
Und hier ist
nun die Rede von „neuer Kraft". Wird denn da wirklich ein Weg zu neuer
Kraft gezeigt?
Allerdings! Und
es ist ein ganz schlichter Rat, der uns in Gottes Wort gegeben wird: „Auf den
Herrn harren!" Ja, was heißt denn das?
Im
Original-Text steht für „harren" ein Wort, das auch gebraucht wird, wenn
ein Bogenschütze, der den Pfeil aufgelegt hat, das Ziel ins Auge fasst und
zielt. Mit gesammelter Konzentration schaut er auf das Ziel. Alles andere, was
ihn ablenken könnte, hat er für sein Auge abgeblendet.
„Die auf den
Herrn harren" – das sind nicht die, welche diese oder jene Möglichkeit für
ihr Leben ins Auge fassen und dabei auch noch ein bisschen Religion haben.
„Die auf den
Herrn harren" – das sind die, welche ganz
mit Ihm rechnen, nur mit Ihm; die
Ihn allein ihren Heiland sein lassen. Solche bekommen täglich neue Kraft. Amen.
(Melodie: Schwing dich auf
zu deinem Gott)
Nun Herr Jesu, all mein
Sach
Sei dir übergeben;
Es nach deinem Willen mach
Auch im Tod und Leben.
All mein Werk greif ich
jetzt an,
Herr, in deinem Namen;
Lass es doch sein
wohlgetan!
Ich sprech darauf: Amen.
Mittwoch nach dem 5. Trinitatissonntag
Paulus, ein Leibeigener Jesu Christi …
Römer 1, 1
Das ist ein
Wunder, wenn ein Mensch im Glauben so von sich sagen kann: „Ich bin ein
Leibeigener Jesu!" Denn ein. Leibeigener hat es nicht in der Hand, wem er
gehört.
Wir wollen uns
einen Sklavenmarkt vorstellen, um das Wort „Leibeigener Christi" zu
verstehen.
Da steht so ein
armer Sklave. Die Schamröte steigt ihm ins Gesicht, wenn er sich seiner
schmachvollen Sklaverei bewusst wird. Nun geht da ein freundlicher Herr über
den Markt. Der arme Sklave hat es nicht in der Hand, dass der Blick dieses
Mannes auf ihn fällt. Aber er erschrickt in Glück, als es geschieht.
Wir hatten es
nicht in der Hand, dass der Blick des Herrn Jesus auf uns fiel. Aber als es
geschah, da verstanden wir das dunkle Wort aus Epheser 1: „Er hat uns erwählt,
ehe der Welt Grund gelegt ward …"
Kehren wir
zurück zum Bild des Sklavenmarktes: Der freundliche Herr will den Sklaven
kaufen. Der arme Sklave kann nichts dazu tun, dass er aus der Hand des
grausamen Sklavenhändlers loskommt.
Und der Herr
kauft ihn.
Von welchem
Augenblick ab gehört der Sklave dem freundlichen Herrn? Von dem Augenblick an,
da das Lösegeld hingezahlt ist.
Auch für uns wurde ein Lösegeld bezahlt. Es ging einer über
den Sklavenmarkt der gefallenen Welt, der sagte von sich: „Des Menschen Sohn
ist gekommen, dass er sein Leben gebe zur Bezahlung für viele." Er gab es,
als Er auf Golgatha starb.
Nein, wir konnten nichts dazu tun. Wir können nur dankbar
glauben, dass es so sei, und dem Befreier folgen als „Leibeigene Christi".
Amen.
(Melodie: Nun ruhen alle
Wälder)
Ich bin, mein Heil,
verbunden
All Augenblick und Stunden
Dir überhoch und sehr;
Was Leib und Seel
vermögen,
Das soll ich billig legen
Allzeit an deinen Dienst
und Ehr
Donnerstag nach dem 5. Trinitatissonntag
Von seiner Fülle haben wir alle genommen
Gnade um Gnade.
Johannes 1, 16
Diesen Satz
bezeugt der Apostel Johannes nicht nur, um die Herrlichkeit Jesu und den
Reichtum der Gemeinde zu rühmen. Er will uns auffordern und locken, auch zu
nehmen „von seiner Fülle".
Es ist ja gar
nicht auszusprechen, was alles Jesus uns erworben hat, als Er auf Golgatha
starb. Seit Er von den Toten auferstanden ist, teilt Er von Seiner Fülle aus „Gnade
um Gnade". Ein kleines Märchen kann uns zum Verständnis helfen:
Es war einmal
ein sehr armer Mann. Der war am Verhungern. Da ging er zu einem sehr reichen
Manne, zu einem Millionär, und bat: „Helfen Sie mir!" Der Reiche zog sein
Scheckbuch heraus, gab es dem Armen und sagte: „Nehmen Sie von meinem Reichtum,
soviel Sie wollen."
Ist diese
Geschichte glaubhaft? O nein! – Aber so macht es der Herr Jesus mit uns. Er
gibt uns so ein Scheckbuch. Das ist die Bibel. Darin ist dem schlimmsten Sünder
Vergebung zugesagt, dem elendsten Sündenknecht die Freiheit, dem Ängstlichsten
ein gewisses Heil, dem Gottlosesten der Friede mit Gott, dem Sterbenden ewiges
Leben.
Es ist
wahrhaftig nicht die Schuld unseres Gottes, wenn wir so kümmerliche, elende und
verlorene Leute sind. Nein, es ist nicht Gottes Schuld. Es ist unsere Schuld,
die Schuld unseres Unglaubens und Ungehorsams.
Der Herr Jesus
hat alles für uns bereit. Dass wir doch auch zu den Leuten gehören möchten, die
rühmen und preisen: „Aus seiner Fülle haben wir genommen Gnade um Gnade!"
Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Er kann mich über alles
heben
Und seiner Klarheit machen
gleich;
Er kann mir soviel Schätze
geben,
Dass ich werd'
unerschöpflich reich.
Ein jeder liebe, was er
will:
Ich liebe Jesum, der mein
Ziel.
Freitag nach dem 5. Trinitatissonntag
Was verkündigst du meine Rechte und
nimmst meinen Bund in deinen Mund, so du doch Zucht hassest?
Psalm 50, 16-17
Es ist schon
eine ernste Sache, wenn der Hausvater alle seine Arbeit liegen lässt und seinen
Sohn besonders nimmt. Was geht in solchen Stunden in einem Vaterherzen vor,
wenn er mit dem schuldig gewordenen Sohn allein ist? Wie ringen da miteinander
Zorn, Enttäuschung, Schmerz und – Liebe!
Auch in der Haushaltung Gottes gibt es solche Stunden. Unser
Bibelwort stellt uns in diese Situation hinein. Versammelt mir meine Heiligen,
die den Bund mit mir gemacht haben“ (V. 5), spricht der Herr.
Was hat der himmlische Vater an Seinen Kindern zu strafen? „Du
hassest Zucht!" – Wie muss unser Gewissen diesem Vorwurf recht geben! Wir
wollen wohl recht gern selig werden. Wir wollen auf Adlerflügeln uns tragen
lassen. Wir wollen wohl „aus seiner Fülle nehmen Gnade um Gnade". Aber wir
sträuben uns, wenn der Heilige Geist uns nach dem Bilde Jesu gestalten will.
Der „alte Mensch", das „fleischliche Wesen" gewinnen so oft den Sieg.
Unsere Gedanken spielen um verbotene Dinge. Unsere Worte sind ungeistlich,
lieblos und fade. Unser Leben ist arm und ohne Liebe, ohne Frucht des Heiligen
Geistes.
Ja, es ist
wahr: Unser natürliches Herz hasst die Zucht des Heiligen Geistes. Wie haben
wir den Vater erzürnt, enttäuscht, betrübt!
Er straft uns, weil Er uns lieb hat. Lasst uns Ihm Recht
geben und in Buße uns vor Ihm beugen, dass Seine Liebe sich über zerbrochene
Herzen erbarmen kann! Amen.
(Melodie: Einer ist König,
Immanuel sieget)
Jesu, hilf siegen, wenn in
mir die Sünde,
Eigenlieb, Hoffart und Missgunst
sich regt,
Wenn ich die Last der
Begierden empfinde
Und sich mein tiefes
Verderben darlegt,
Hilf mir, dass ich vor mir
selbst mag erröten
Und durch dein Leiden mein
sündlich Fleisch töten.
Sonnabend nach dem 5. Trinitatissonntag
Gott hat uns errettet von der Obrigkeit
der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes.
Kolosser 1, 13
Im Evangelium
handelt es sich nicht um eine „Weltanschauung", über deren Wert oder Unwert
man diskutieren kann, von der man einiges gutheißen und anderes ablehnen kann.
O nein! Im
Evangelium handelt es sich um nicht mehr und nicht weniger als um eine neue
Existenz.
Im Evangelium
handelt es sich nicht um „seelische Erhebung" oder um fromme, andächtige
Gedanken. Es handelt sich auch nicht um innere, mystische Erlebnisse.
Im Evangelium
handelt es sich um Errettung!
Es ist dabei
ziemlich gleichgültig, ob wir es wissen, wie sehr errettungsbedürftig wir sind,
oder ob wir in Blindheit das bestreiten. Ein Ertrinkender, der bewusstlos auf
den Wellen treibt und nichts mehr von der Todesgefahr weiß, ist ebenso
errettungsbedürftig wie einer, der um sein Leben ringt und um die
Gefährlichkeit seiner Lage weiß.
Wir alle sind
von Natur unter der „Obrigkeit der Finsternis". Es ist eine große Gnade,
wenn Gott uns diesen unseren verlorenen Zustand aufdeckt.
Aber viel
größer noch ist es, wenn das Evangelium an uns seine Macht beweisen konnte und
wir mit allen Heiligen und Kindern Gottes rühmen können: „Er hat uns errettet
und versetzt in das Reich seines lieben Sohnes." Amen.
(Melodie: Schmücke dich, o
liebe Seele)
O ich Armer, ich
Verlorner,
Ich in Sünden schon
Geborner,
Was wollt' ich vom Troste
wissen,
Wäre, dies mir
weggerissen,
Dass ich einen Heiland
habe,
Dessen Blut mich Sünder
labe.
Besser wär es, nie
geboren,
Als dies teure Wort
verloren.
6. Sonntag nach Trinitatis
Geduld aber ist euch Not, auf dass ihr
den Willen Gottes tut und die Verheißung empfanget.
Hebräer 10, 36
Was ist denn
das: Geduld?
Die griechische
Sprache, in der das Neue Testament ursprünglich geschrieben ist, hat hier ein
feines Wort, das – wörtlich übersetzt – bedeutet: „Darunter-Bleibung".
Da legt uns der
Herr irgendeine Last auf. Er weiß schon, warum Er es tut. Er ist der gute
Hirte, auch wenn Er uns durch dunkle Täler führt. „Er weiß wohl, was uns
nützlich sei …"
Aber unser
unverständiges Herz meint es besser zu wissen. Wir halten die auferlegte Last
für einen Schaden. Wir wollen sie abschütteln oder drunter weglaufen.
„Geduld ist euch
Not!" „Darunter-Bleiben ist euch Not", sagt der Apostel. Unter der
Last bleiben wollen, weil Gott es will –- das dürfen wir lernen in der Schule
Jesu.
Unser Heiland
nämlich ist auch damit versucht worden, dem Kreuz wegzulaufen. Seine eigenen
Jünger haben Ihn immer wieder dazu bringen wollen.
Aber der Herr Jesus „blieb darunter". „Er war gehorsam
bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz." Er „blieb darunter", Er war
geduldig bis zum Letzten, als Er schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du
mich verlassen!"
Welches Heil ist doch für uns aus diesem Gehorsam und aus
dieser „Darunter-Bleibung" Jesu gekommen!
Meint ihr nicht, es sei für uns heilsam, wenn wir nun selbst
Geduld und „Darunter-Bleibung" lernten? Nur die Herzen, die unter ihren
Lasten stille geworden sind, können die „Verheißung des ewigen Lebens"
erlangen. Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gottes Segen)
Leiden macht das Wort
verständlich,
Leiden macht in allem
gründlich;
Leiden, wer ist deiner
wert?
Hier heißt man dich eine
Bürde,
Droben bist du eine Würde,
Die nicht jedem
widerfährt.
Montag nach dem 6. Trinitatissonntag
Petrus ward zwar im Gefängnis gehalten;
aber die Gemeinde betete ohne Aufhören für ihn zu Gott.
Apostelgeschichte 12, 5
Die Lage war
verzweifelt und völlig hoffnungslos.
Auf das ernsteste
war die Gemeinde in Jerusalem bedroht. Jakobus war zum Märtyrer geworden,
Petrus zum Tode verurteilt.
Es war das
alles wider jedes Recht geschehen. Aber nirgendwo war einer der Mächtigen
aufgestanden für die Gemeinde. Sie war vogelfrei. So lag Petrus in schweren
Ketten hinter eisernen Türen. Sechzehn auserlesene Kriegsknechte bewachten ihn
bis zur Hinrichtung.
Wie gesagt: Die
Lage war hoffnungslos.
Doch nun steht
hier ein „Aber" im Text. Und
dies „Aber" berichtet uns von dem Glauben der ersten Gemeinde.
Zwar war die
Lage hoffnungslos. Jawohl, für die Vernunft! Aber: „Wir haben einen Gott, der da hilft, und den Herrn Herrn, der
vom Tode errettet" (Psalm 68, 21). Die Gemeinde warf alle Bedenklichkeit
über Bord und warf sich selbst ihrem Gott in die Arme.
Mit diesem „Aber"
stellt sich die Gemeinde in herrlichem Glaubenstrotz gegen die ganze Welt. Was
kümmert es sie, dass diese „Welt" die Sache der Gemeinde verloren gibt.
Sie denkt nicht daran, die Waffen zu strecken und sich zu ergeben. „Alle Heiden
umgeben mich", so lasen sie in ihrer Bibel im Psalm 118, „aber im Namen des Herrn will ich sie
zerhauen."
Zinzendorf
singt:
„Gelobet sei die
Tapferkeit
Der Streiter unseres
Fürsten!
Verlacht sei die
Verwegenheit,
Nach ihrem Blut zu
dürsten…"
Dieses „Aber"
des Glaubens ist eine Frucht ganzer Hingabe an den Herrn. Wo man Ihm ganz
gehört, da lehrt der Heilige Geist das Wort Jesu: „Niemand soll sie mir aus
meiner Hand reißen." Amen.
(Melodie: Verzage nicht,
du Häuflein klein)
So wahr Gott Gott ist und
sein Wort,
Muss Welt, Teufel und
Höllenpfort
Und was dem tut anhangen,
Endlich werden zu Schand
und Spott;
Gott ist mit uns und wir
mit Gott,
Den Sieg woll'n wir
erlangen.
Dienstag nach dem 6. Trinitatissonntag
Petrus ward zwar im Gefängnis gehalten;
aber die Gemeinde betete ohne Aufhören für ihn zu Gott.
Apostelgeschichte 12, 5
„Ohne
Aufhören" betete die Gemeinde.
Man musste sehr
viel Geduld mitbringen und immer mehr Geduld lernen. Man musste abwarten
lernen, wann es dem Herrn wohlgefiel, einzugreifen. Denn unser Herr hat Seine Stunde. Und es hieß auch hier wie
bei der Hochzeit zu Kana: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen."
In solcher Lage
kann die Gemeinde eben nur „ohne Aufhören" im Gebet bleiben.
Da muss man es
üben, alles stürmische eigene Wünschen, alle zappelnde Ungeduld, alles Zerren
der Nerven in den Tod zu geben und zu lernen: „Es ist ein köstlich Ding,
geduldig sein und auf die Hilfe des Herrn hoffen."
Wer kann denn
so beten?
Nur die „Gemeinde"!
Es wird ja hier und da in der Welt auch gebetet. Aber das ist, als wenn bei
einem Zugunfall einer an der Notbremse reißt. Da tritt der Mensch herrisch vor
Gott und verlangt die Erfüllung seines Willens.
Hier aber betet
die „Gemeinde", Menschen, die
durch Jesus begnadigt sind, die durch Jesus versöhnt sind; Menschen, die
Frieden mit Gott haben; Menschen, die im Namen „Jesus" vor den Vater
treten; Menschen, denen der Geist Zeugnis gibt, dass sie Kinder Gottes sind.
Solche Menschen
können geduldig und „ohne Aufhören" beten; denn sie kennen den Vater, und
ihr Rufen aus tiefster Not hat schon immer den Jubel in sich: „Vater, ich danke
dir, dass du mich hörst." Amen.
(Melodie: Aus tiefer Not
schrei ich zu dir)
Und ob es währt bis in die
Nacht
Und wieder an den Morgen,
Doch soll mein Herz an
Gottes
Macht Verzweifeln nicht
noch sorgen.
So tu Israel rechter Art,
Der aus dem Geist erzeuget
ward,
Und seines Gott's erharre.
Mittwoch nach dem 6. Trinitatissonntag
Der König Zedekia sprach: „Siehe,
Jeremia ist in euren Händen." Da nahmen die Fürsten Jeremia und ließen ihn
an Seilen in die Grube, da Schlamm war.
Jeremia 38, 5-6
Die Gemeinde in
der Hand der Mächtigen dieser Welt!
Für die Fürsten
war es eine einfache Angelegenheit.
Dieser Bußprediger passte ihnen nicht. Also machte man kurzen Prozess mit ihm.
Mag er im Schlamm der Grube ersticken oder verhungern!
Für den König
Zedekia war es eine schwierige, geradezu
diplomatische Angelegenheit. Er schätzte den Jeremia und holte gern seinen Rat
ein. Andererseits konnte er nicht gegen die mächtigen Fürsten Partei für
Jeremia ergreifen. Also hielt er sich neutral.
Für Jeremia war
das eine schreckliche Angelegenheit.
Oder gibt es etwas Schrecklicheres, als in der Menschen Hände zu fallen?
So sieht die
Sache von außen aus, wenn die Gemeinde in die Hände der Mächtigen dieser Welt
gerät. In Wirklichkeit aber sah die Sache sehr anders aus, denn die Gemeinde
ist die Gemeinde des lebendigen Gottes. Und das verändert die Lage.
Zedekia irrte
zuerst, als er sagte: „Jeremia ist in eurer Hand." Jeremia und die
Gemeinde Jesu ist nie in der Menschen Hand; denn Gott gibt Sein Eigentum nicht
heraus.
Und Zedekia
irrte, als er meinte, man könne in dieser Sache neutral sein. Wer sich nicht zu
Jesus und Seiner Gemeinde stellt, hat sich gegen sie gestellt. Gott richtete
Zedekia mit den Fürsten.
Und die Fürsten
irrten, als sie meinten, das sei eine einfache Sache, diese Gemeinde zum
Schweigen zu bringen. Gott lässt Sein Eigentum nicht ungestraft antasten.
Jeremia irrte
sich nicht. Denn er vertraute seinem Gott. Amen.
(Melodie: O Jesu Christ,
meins Lebens Licht)
Die Sach und Ehr, Herr
Jesu Christ,
Nicht unser, sondern dein
ja ist;
Darum so steh' du denen
bei,
Die sich auf dich
verlassen frei.
Donnerstag nach dem 6. Trinitatissonntag
Ich warte und hoffe sehnlich, dass
Christus hoch gepriesen werde an meinem Leibe, es sei durch Leben oder durch
Tod.
Philipper 1, 20
O das wirre
Wünschen unseres Herzens!
Da sind die niedrigen Wünsche! Wir fühlen selbst,
wie armselig sie sind! Und doch – wer kann sie verbannen?
Und da sind die
großen Wünsche für unsere Kinder,
für Kirche, Volk und Vaterland, für die Welt und für Gottes Reich. In einem
englischen Liederbuch heißt es:
„Meiner Seele wildes
Wünschen
Reinige und läutre du!“
Dazu verhilft
uns obiges Wort des Paulus. Er sitzt im Kerker in Rom. Unablässig kreisen seine
Gedanken um die Gemeinden. Gigantische Pläne liegen im Geist dieses großen
Mannes.
Wenn wir fragen
wollten: „Paulus, was wünschst du dir?" – würden wir als Antwort doch
selbstverständlich erwarten: „Die Freiheit! Die Erfüllung meiner Pläne."
Und nun wünscht
hier Paulus. Was wünscht er? – Erstaunlich: Kein Wort von Freiheit! Kein Wort
von seinen Plänen! Kein Wort von all dem, was man erwarten könnte.
Aber das
wünscht er sich, dass er sich als Jünger Jesu erweise; dass er mit seinem Leben
Christum verherrliche.
So sollten
Christen wünschen lernen. Nicht: Ich möchte gern reich sein! Sondern: Ich
möchte in meiner Armut Jesu Reichtum offenbar machen. – Nicht: Ich möchte gern
mächtig sein! Sondern: Ich möchte gern in meiner Schwachheit die Kraft Christi
stark werden lassen. – Nicht: Ich möchte es gut haben! Sondern: Ich möchte mich
gern in Trübsalen als fröhliches Kind Gottes erweisen. – Nicht: Ich möchte gern
die Erfüllung meiner Pläne! Sondern: Ich möchte, dass Christus hoch gepriesen
werde, es sei durch Leben oder durch Tod! Amen.
(Melodie: Es kostet viel.
ein Christ zu sein)
Dein Vater fordert nur das
Herz,
Dass er es selbst mit
reiner Gnade fülle;
Der fromme Gott macht dir
gar keinen Schmerz,
Die Unlust schafft in dir
dein eigner Wille;
Drum übergib ihn willig in
den Tod,
So hat's nicht Not.
Freitag nach dem 6. Trinitatissonntag
Wachset in der Gnade und Erkenntnis
unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi!
2. Petrus 3, 18
Da ist in einem
Hause große Freude: Ein Kindlein ist zur Welt gekommen. Alles drängt sich um
die Wiege: „Wie süß! Wie niedlich!" Die kleinen Händchen und Füßchen
findet jeder entzückend.
Aber nun stelle
man sich einmal vor, wie die Bewunderung dieser niedlichen kleinen Gliederchen
sich wandeln würde in Entsetzen und Betrübnis, wenn sich nach drei Jahren herausstellte:
Heute sind diese Glieder noch genau so klein wie bei der Geburt.
So groß die
Freude ist und das Entzücken über das kleine Kind – das Kind muss wachsen!
So ist es auch
im geistlichen Leben. Es ist etwas wunderbar Schönes, wenn der innere Mensch
die Augen aufschlägt – wenn ein Mensch wiedergeboren wird in Buße und Bekehrung
zu einem neuen Leben aus Gott.
Aber es ist
schlimm, wenn so ein Mensch nach einem schönen Anfang stecken bleibt. Leider
gibt es eine ganze Menge anomaler und verkrüppelter Kinder Gottes. Gott bewahre
uns vor solch traurigem Fortgang eines guten Anfangs!
Darum schreibt
Petrus: „Wachset in der Gnade und
Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi!" Ja, der Herr Jesus
selbst hat Seinen Jüngern gesagt: „Eine jegliche Rebe an mir, die da Frucht
bringt, wird der Vater reinigen, dass sie mehr Frucht bringe." Amen.
(Melodie: Herr Christ, der
einig Gotts Sohn)
Befördre dein Erkenntnis
In mir, mein Seelenhort,
Und öffne mein Verständnis
Durch dein geheiligt Wort,
Damit ich an dich gläube
Und in der Wahrheit bleibe
Zu Trutz der Höllenpfort.
Nun, Herr, verleih mir
Stärke,
Verleih mir Kraft und Mut;
Denn das sind Gnadenwerke,
Die dein Geist schafft und
tut;
Hingegen meine Sinnen,
Mein Lassen und Beginnen
Ist böse und nicht gut.
Sonnabend nach dem 6. Trinitatissonntag
Die gepflanzt sind in dem Hause des
Herrn, werden in den Vorhöfen unseres Gottes grünen.
Psalm 92, 14
Ein Junge und
seine Schwester bekamen von ihrem Vater, der einen großen Garten hatte, jedes
ein eigenes Beet. Da durften sie anpflanzen, was sie wollten. Nun wurden mit
großem Eifer zunächst Stiefmütterchen gesetzt.
Am nächsten
Tage lagen die Pflanzen, die der Junge gesetzt hatte, elend und verwelkt im
Beet.
Wie kam das? – Der junge hatte seine Arbeit sehr
oberflächlich gemacht. Er hatte die armen Pflanzen nur eben in den Boden
gedrückt, ohne sie richtig einzupflanzen. Was aber nicht richtig gepflanzt ist,
kann auch nicht richtig wachsen.
Das gilt auch
für das geistliche Leben. Wer nicht wirklich gepflanzt ist im Garten Gottes,
kann nicht richtig wachsen und grünen zu Seiner Ehre.
Mit anderen Worten: Wenn unser Christenstand nicht eine
armselige Stümperei sein soll, dann muss unsere Bekehrung eine gründliche sein.
In ihr muss Gott zu Seinem Recht und zur vollen Auswirkung Seiner Stärke
gekommen sein, dass es wirklich zu einer Wiedergeburt kam.
Eine
Gemütsbewegung ist noch keine Bekehrung. Und ein starker religiöser Eindruck
ist noch keine Wiedergeburt. Und ein toter Kopfglaube oder ein wenig bürgerliche
Moral sind noch kein Christenstand.
Errettet von
der Obrigkeit der Finsternis – gepflanzt im Garten Gottes – wiedergeboren aus
Gott! Das sind große Wirklichkeiten. Sie machen uns zu rechten Christen. Amen.
(Melodie: Geh aus mein
Herz)
Mach in mir deinem Geiste
Raum,
Dass ich dir werd' ein
guter Baum,
Und lass mich Wurzel
treiben;
Verleihe, dass zu deinem
Ruhm
Ich deines Gartens schöne
Blum'
Und Pflanze möge bleiben.
7. Sonntag nach Trinitatis
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und
Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen.
Epheser 2, 19
Ein Fest wird
gefeiert in einem Hause. Fröhlich sitzen an der Festtafel Hausgenossen und
Gäste. Ein Fremder kann unmöglich feststellen, wer hier in das Haus gehört und
wer nur Gast ist.
Aber wenn die
Stunde des Aufbruchs kommt, dann wird's offenbar. Dann trennen sich die
Hausgenossen und die Gäste.
Die
Hausgenossen dürfen bleiben. Die Gäste müssen davon.
Da ist ein
Gottesdienst. Gemeinsam singt man die Lieder, gemeinsam hört man die Predigt,
gemeinsam tritt man im Gebet vor Gott.
Und doch ist
ein heimlicher Unterschied zwischen denen, die da versammelt sind. Die einen
sind „Gäste". Sie machen Gott gleichsam einen Besuch. Aber dann gehen sie
wieder in die Welt hinaus und leben ohne Gott in der Welt.
Die anderen
aber sind nicht „Gäste Gottes". Sie haben in Buße und Bekehrung das Heil
Gottes ergriffen. Sie sind durch Jesus versöhnt mit Gott. Sie haben Bürgerrecht
im Reiche Gottes – aus Gnaden. Ja, sie sind Kinder Gottes. Und so gewiss unsere
Kinder „Hausgenossen" sind, so gewiss sind „Kinder Gottes" Gottes „Hausgenossen".
Sie nennen Gott „Abba, lieber Vater!"
Da ist nun
wichtig, dass wir um diesen Unterschied wissen zwischen Gästen und
Hausgenossen. Es ist so überaus schmerzlich, wenn Menschen sich zu Gottes Wort
halten und doch im Gäste-Verhältnis bleiben.
Auch uns lädt
Gott in Jesus ein, Seine Kinder zu werden. Amen.
(Melodie: Valet will ich
dir geben)
Schreib meinen Nam' aufs
beste
Ins Buch des Lebens ein,
Und bind mein Seel fein
feste
Ins schöne Bündelein
Der'r, die im Himmel
grünen
Und vor dir leben frei,
So will ich ewig rühmen,
Dass dein Herz treue sei.
Montag nach dem 7. Trinitatissonntag
Siehe, ich lege euch vor den Weg zum
Leben und den Weg zum Tode.
Jeremia 21, 8
Dies Wort macht
Schluss mit vielen falschen Vorstellungen. Da kann man zum Beispiel so oft den
Satz hören: „Jeder kann nach seiner Fasson selig werden." Und dann macht
man sich eine recht bequeme „Fasson" zurecht, bei der das Fleisch und die
alte Natur recht auf ihre Kosten kommen. Und so will man dann selig werden!
Daraus wird
nichts. Es gibt nur einen einzigen Weg zum „Leben". Schneidend fährt das
Wort des Jeremia in alle falsche Gemütlichkeit: „Siehe, ich lege euch vor den
Weg zum Leben und den Weg zum Tode."
Das Wort macht
auch Schluss mit der falschen Vorstellung, als gäbe es dem Evangelium gegenüber
so etwas wie eine Neutralität.
Ich hing einmal
an einer Straßenecke ein Plakat auf, in dem ich zum Gottesdienst einlud. Da kam
ein Mann vorbei und sagte: „Das ist recht! Ohne Religion verwildert das
Volk." Ich sagte: „Na, dann kommen Sie
mal gleich am nächsten Sonntag!" Da wurde er verlegen und meinte:
Prinzipiell sei er fair die Religion. Aber es gebe da so viel Streit und
Unterschiede. Da wallte er sich raushalten.
Das geht nicht.
Wenn Jesus Gottes Sohn ist – und Er ist es! – dann muss ich Ihn ehren. Und wenn
Jesus mich am Kreuz erkaufte – und Er tat es! – dann muss ich Ihm gehören. Und
wenn Jesus sagt: „Ich bin der Weg" – und Er lügt nicht! – dann muss ich
diesen Weg gehen.
Ja, dies
scharfe Wort macht Schluss mit falschen Vorstellungen, auch mit der Vorstellung
von dem harmlosen „lieben Gott". Jesus sagt: „Fürchtet euch vor dem, der,
nachdem er getötet hat, auch Macht hat, zu werfen in die Hölle" (Lukas 12,
5). Lasst uns den Weg zum Leben gehen! Amen.
(Melodie: Wie nach einer
Wasserquelle)
Schaffet, schaffet,
Menschenkinder,
Schaffet eure Seligkeit;
Bauet nicht wie freche
Sünder
Nur auf gegenwärt'ge Zeit,
Sondern schauet über euch,
Ringet nach dem
Himmelreich
Und bemühet euch auf
Erden,
Wie ihr möget selig
werden.
Dienstag nach dem 7. Trinitatissonntag
Der Herr sprach zu Abram: „Gehe aus
deinem Vaterland."
1. Mose 12, 1
Der Weltmensch
sagt: „Das mag ja für den Abram eine recht einschneidende Sache gewesen sein.
Aber was geht uns Menschen im zwanzigsten Jahrhundert diese doch sehr alte
Geschichte noch an?"
Oh, die geht
uns sehr viel an:
Da ist eine
Stadt durch ein Erdbeben zerstört. Klagend und planlos irren die Bewohner über
die Trümmer. Eines Tages kommt ein Baumeister der Regierung. Er besichtigt den
Schaden. Und dann lässt er an einer Stelle beginnen mit dem Neuaufbau.
Da sind Leute,
deren zerstörte Wohnung liegt weit ab von der Stelle des Neuaufbaues. Aber nun
wissen sie doch: „Dieser Anfang geht uns an." Es ist für sie eine
Verheißung: Man lässt uns nicht verkommen; man baut auf.
Diese zerstörte
Stadt ist ein Bild der Welt. Über die Welt ging Schlimmeres als ein Erdbeben.
In dieser Welt geschah der Sündenfall. Und die Sünde hat schauerlich und
furchtbar das Angesicht der Welt entstellt.
Aber Gott gibt
Seine entstellte und gefallene Schöpfung nicht auf. Er fängt neu an. Als Er
Abram berief, da machte Er an einer Stelle den Neuanfang. Und darum ist diese
Berufung Abrams eine Verheißung für die ganze Welt.
Wie hat doch Gott
diesen Neuanfang herrlich weitergeführt in Jesus Christus! Und Er wird ihn
vollenden: „Siehe, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde."
Amen.
(eigene Melodie)
Nun freut euch, lieben
Christen gmein,
Und lasst uns fröhlich
springen,
Dass wir getrost und all
in ein
Mit Lust und Liebe singen,
Was Gott an uns gewendet
hat
Und seine süße Wundertat;
Gar teer hat ers erworben.
Mittwoch nach dem 7. Trinitatissonntag
Die Menge aber der Stadt spaltete sich;
etliche hielten's mit den Juden und etliche mit den Aposteln.
Apostelgeschichte 14, 4
Mitten im
Rheinfall von Schaffhausen steht ein Fels. Tag und Nacht donnern die wilden
Wasser des jungen Rheins gegen den Felsen. Und wer ihn ansieht, der meint, er
müsse bald stürzen und fallen.
Aber der Fels steht.
Und 'er teilt die Wasser. Er zwingt sie, rechts oder links an ihm
vorbeizuziehen.
So steht das
Kreuz Jesu im Strom der Menschen. Oft sieht es aus, als werde das Brausen der
Völker das Kreuz verschlingen und umstürzen, dass bald kein Mensch mehr von ihm
weiß.
Aber – das Kreuz steht unter den Menschen. Und es treibt die
Menschen und zwingt sie, rechts oder links vorbeizuziehen. Es zwingt sie,
Stellung zu nehmen: es mit denen zu halten, die lobpreisen: „Ich habe nun den
Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält; / wo anders als in Jesu Wunden, da
lag er vor der Zeit der Welt', oder mit denen zu gehen, denen das Kreuz eine
Torheit und ein Ärgernis ist.
So haben es die Apostel erlebt. Kaum ist Paulus in Ikonen,
da „spaltete sich die Menge. Die einen wollten selig werden und ergriffen das
Heil Gottes in Jesus Christus. Die anderen wollten auf ihrem bisherigen Wege
bleiben und lehnten eine Bekehrung entrüstet ab.
So erlebten es
die Apostel. Und so erleben wir es.
Auch uns führt
der Weg vor das Kreuz Jesu. Möchten wir zu denen gehören, die bekennen: „Uns
aber, die wir selig werden, ist das Kreuz eine Gotteskraft." Amen.
(eigene Melodie)
Ringe recht, wenn Gottes
Gnade
Dich nun ziehet und
bekehrt,
Dass dein Geist sich recht
entlade
Von der Last, die ihn
beschwert.
Ringe, denn die Pf ort'
ist enge,
Und der Lebensweg ist
schmal;
Hier bleibt alles im
Gedränge,
Was nicht zielt zum
Himmelssaal.
Donnerstag nach dem 7. Trinitatissonntag
Siehe, da hast du das ganze Land vor
dir; wo dich's gut dünkt und dir gefällt, da zieh hin! Denn weiter hinaus wird
kein Wiederkehren sein!
Jeremia 40, 4-5
Jeremia steht
vor dem. babylonischen Feldherrn Nebusaradan. Der Feldherr meint es gut mit
Jeremia. Aber, ohne es zu wollen, bringt er Jeremia in eine unheimliche
Entscheidung: „Wo dich's gut dünkt und dir gefällt, da zieh hin!"
Auf der einen
Seite ist das Land der Väter, das Land Gottes. Es ist verwüstet und verheert.
Armut und Elend erwarten hier den Jeremia.
Und dort ist
das reiche Babel. Dort ist Reichtum. Dort ist die Fülle, dort die Bequemlichkeit.
Dort erfreut sich Jeremia des Wohlwollens höchster Kreise.
Der natürliche
Mensch wählt „Babylon". Der Gehorsam des Glaubens wählt die Schmach
Christi und bleibt im Lande Gottes.
Die
Entscheidung ist ernst. Und es gibt keinen Jünger des Herrn, der nicht je und
dann in diese Entscheidung gestellt würde.
Lot kam in
diese Entscheidung. Er verließ das Land der Verheißung und wählte das reiche
Land der Gottlosigkeit.
Ruth kam in
diese Entscheidung. Sie sprach aber zu Naemi: „Dein Gott sei mein Gott!"
Für Jeremia war
die Entscheidung so schwer, weil sie unwiderruflich war: „Weiter hinaus wird
kein Wiederkehren sein." – So ist es: Es geht um ewige Entscheidungen. Der
Herr helfe uns, dass wir gut wählen, wie Jeremia tat, der sich an den Herrn
hielt. Amen.
(Melodie: Von Gott will
ich nicht lassen)
Es soll uns nicht gereuen
Der schmale Pilgerpfad;
Wir kennen ja den Treuen,
Der uns gerufen hat.
Kommt, folgt und trauet
dem;
Ein jeder sein Gesichte
Mit ganzer Wendung richte
Fest nach Jerusalem.
Freitag nach dem 7. Trinitatissonntag
Darnach sonderte der Herr andere,
siebzig aus und sandte sie je zwei und zwei.
Lukas 10, 1
Was waren diese
siebzig Leute für Menschen? Wir kennen sie nicht.
Im Kapitel
vorher wird erzählt, wie der Herr die zwölf Apostel aussendet. Deren Namen
kennen wir. Es sind große und leuchtende Namen. Sie haben Namen, die durch
Jahrhunderte klingen: ein Petrus, ein Johannes, ein Matthäus…
Aber die
siebzig? Die Weltgeschichte kennt sie nicht. Und die Kirchengeschichte nennt
ihre Namen nicht. Es waren unbekannte Leute. Kleine Leute! Leute, die weder
durch ihre Stellung noch durch ihre Bildung über dem Durchschnitt standen. Und
doch – Jesus hat sie in Seinen Dienst genommen. Und sie haben sich von Ihm als
Seine Zeugen gebrauchen lassen.
Da wird ganz
deutlich: Es kommt im Reiche unseres Gottes gar nicht darauf an, was wir sind,
welche Stellung wir in der Welt bekleiden, welchen Rang wir haben, wie viel
Ehre uns die Menschen geben.
Das alles ist
vor Gott sehr gleichgültig. Unserem Heiland ist der Hauptmann unter dem Kreuz
so lieb wie der gehenkte Raubmörder. Ihm ist der arme Sklave Onesimus so lieb
wie sein vornehmer Herr Philemon.
Im Reiche
Gottes kommt es nur darauf an, ob wir Jesus lieb haben und Ihm gehorsam sein
wallen.
Das ist doch
eine feine Sache! Jesus kann bei Seinem Eroberungsfeldzug jeden brauchen, der
sich Ihm zur Verfügung stellt. Kommet her zu mir alle", so ruft Er nicht nur als Helfer und Heiland. So ruft Er
auch als König, der Seine Boten senden will. Amen.
(Melodie: Nun sich der Tag
geendet hat)
O Heiland, dir nur dien'
ich gern,
Denn du hast mich erkauft.
Ich weiß und will sonst
keinen Herrn;
Auf dich bin ich getauft.
Sonnabend nach dem 7. Trinitatissonntag
Zu der Stunde freute sich Jesus im Geist
und sprach: „Ich preise dich, Vater, dass du solches verborgen hast den Weisen
und Klugen und hast es offenbart den Unmündigen.“
Lukas 10, 21
Was heißt denn
das: „Unmündige"?
Ein unmündiges
Kind ist ein Kind, das noch nicht den Anspruch macht, mit dem Leben allein fertig
zu werden. Es ist ganz und gar angewiesen auf seine Mutter. Es kann eben nicht allein fertig werden. –
Ein zweijähriges Kind nimmt der Mutter den Löffel aus der Hand und sagt: „Alleine
essen!" Es fängt an, mündig zu werden.
Nun verstehen wir, was Jesus meint mit den Unmündigen, denen
der Vater Jesu Herrlichkeit offenbart hat. Es sind die Leute, die es aufgegeben
haben, mit sich selbst und mit der Welt allein fertig zu werden. Es sind die „zerbrochenen
Herzen", die den Glauben an sich selbst verloren haben und beide Hände
ausstrecken nach Gott.
Im natürlichen
Leben fängt der Mensch mit der Unmündigkeit an, und dann wird er mündig. Im
geistlichen Leben ist's umgekehrt. Da werden aus den vermeintlich Mündigen die
Unmündigen. Wir bilden uns ein, wir könnten das Leben meistern, wir könnten
unsere Ideale erfüllen, wir könnten allein fertig werden.
Es ist ein
großer Fortschritt, wenn uns klar wird, dass das eine Täuschung ist. Es ist ein
Werk des Heiligen Geistes, wenn wir an uns zu Schanden werden und damit zu Unmündigen
vor Gott.
Als Petrus siegesgewiss
zum Garten Gethsemane ging, war er ein „Kluger und Weiser". Als er weinend
aus des Hohenpriesters Haus ging, war er ein Unmündiger geworden. Nur solchen
aber kann Gott Jesum und Sein Heil offenbaren. Amen.
(Melodie: Nun sich der Tag
geendet hat)
Komm, führe unsre stolze
Art
In deine Demut ein!
Nur wo sich Demut
offenbart,
Kann Gottes Gnade sein.
8. Sonntag nach Trinitatis
Freuet euch nicht, dass euch die Geister
untertan sind. Freuet euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.
Lukas 10, 20
Große Erfolge –
wie erheben sie die Seele!
Das erlebten
die Jünger, die Jesus als Seine Boten ausgesandt hatte. Sie erfuhren es erst
auf diesem Wege recht, welch mächtigem Herrn sie dienten. Ganz aufgeregt kamen
sie zurück: „Herr, es sind uns auch die Dämonen untertan in deinem Namen."
Unser Heiland kennt das Menschenleben. Er weiß, wie schnell
nach dem Erfolg der Misserfolg kommt. Und Er -kennt das Menschenherz, das bald
„himmelhochjaudezend" und bald „zu Tode betrübt" ist. Und Er will uns
unvergängliche Freude schenken.
Darum sagt Er ein wundervolles Wort. Dies Wort bricht nichts
ab von der Freude der jünger an ihren Siegen. Aber es stellt alles in ein neues
Licht: „Freuet euch nicht darüber, dass euch die Geister untertan sind:"
Es zittert in Seinen Worten etwas von der Sorge um Seine Jünger. Er weiß ja,
wie oft noch die Macht der Finsternis siegen wird über die Schwachheit Seiner
Leute. Und dann wird nur ein anderes ihnen Trost und unvergängliche Freude
sein: „Freuet euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“
Es gibt nichts,
was uns in Lebenskampf und Todesnot mehr trösten könnte, als dass durch Jesu
Gnade der Name armer Sünder im Lebensbuch stehen darf. Amen.
(Melodie: Valet will ich
dir geben)
Schreib meinen Nam' aufs
beste
Ins Buch des Lebens ein,
Und bind mein Seel fein
feste
Ins schöne Bündelein
Der'r, die im Himmel
grünen
Und vor dir leben frei,
So will ich ewig rühmen,
Dass dein Herz treue sei.
Montag nach dem 8. Trinitatissonntag
Und der Jüngste sprach zu dem Vater: „Gib
mir, Vater, das Teil der Güter, das mir gehört!"
Lukas 15, 12
„Freiheit!"
Das ist ein berauschendes Wort.
Wohl dem, der
die rechte Freiheit kennt! Die rechte Freiheit ist die, die ein Kind Gottes
hat.
Aber so kann
der Teufel alles durcheinander bringen, dass man das gerade für Knechtschaft
hält. Im Vaterhaus ist es dem jüngsten Sohn zu eng geworden. Mit der Parole: „Freiheit!"
schlägt er einen Weg ein, der ihn in die schmählichste Abhängigkeit führt. Als
elender Schweinehirt beschließt er seine so genannte „Freiheit".
Immer wieder
versuchen Menschen diesen Weg. Es ist ihnen zu eng bei Gott. Und sie toben mit
den Leuten, die der zweite Psalm nennt: „Lasst uns zerreißen Gottes Bande und
von uns werfen seine Seile!"
Und so laufen
sie einen Weg, der elendeste Knechtschaft ist: Sklaverei unter Menschen und die
so genannte „öffentliche Meinung"; Sklaverei unter Triebe und
Leidenschaften; Sklaverei unter Welt und Satan; Sklaverei unter tägliche
Sorgen. Und sie laufen diesen traurigen Weg mit der herrlichen Parole: „Freiheit!"
Ja, die gebundensten Sünder rühmen am lautesten ihre „Freiheit" und
spotten damit sich selbst, ohne es zu wissen.
Jesus sagt: „Wen
der Sohn frei macht, der ist recht frei!" So ist es in der Tat. Wen Jesus
zum Kinde Gottes gemacht hat, der ist in die Freiheit gekommen.
Der jüngste
Sohn hat das nach traurigen Erfahrungen auch eingesehen; wie froh war er
später, als er wieder im Vaterhaus war. Gott schenke uns allen die rechte
Freiheit der Kinder Gottes! Amen.
(Melodie: O Durchbrecher
aller Bande)
Herrscher, herrsche,
Sieger, siege,
König, brauch dein
Regiment;
Führe deines Reiches
Kriege,
Mach der Sklaverei ein
End.
Aus dem Kerker führ die
Seelen
Durch des neuen Bundes
Blut,
Lass uns länger nicht so
quälen,
Denn du meinst's mit uns
ja gut.
Dienstag nach dem 8. Trinitatissonntag
Und der jüngste unter ihnen sprach zu
dem Vater: „Gib mir, Vater, das Teil der Güter, das mir gehört!" Und er
teilte ihnen das Gut.
Lukas 15, 12
„Ohne den
Vater!" – So will's der jüngste Sohn einmal versuchen. Ohne den Vater!
Ohne sein Gebot! Ohne seine Hilfe! Aber, sieh da, er kann den. Start zu diesem
neuen Leben „ohne den Vater" gar nicht beginnen – ohne den Vater.
Er empfand es selbst als seltsamen Widerspruch, dass er zum
Leben „ohne den Vater“ den Vater nötig hatte. Darum gibt er seiner Forderung
die freche Wendung: „Gib mir das Teil der Güter, das mir gehört." Als wenn
man einen Mann vor seinem Tode beerben könnte! Die Peinlichkeit und der
Widerspruch bleiben.
In dieser Lage ist der natürliche Mensch, der sein Leben dem
Gehorsam Gottes entzogen hat, der sein Leben ohne den himmlischen Vater führen.
will. Er will aus eigener Kraft leben und aus eigener Verantwortung. Er will
nur sich selbst Rechenschaft ablegen.
„Ohne den Vater!" Ach, wir können das ja gar nicht ohne
den Vater. Er selbst muss uns dazu alles geben aus Seiner Fülle: Leben und
Gesundheit, Verstand und Geist, Kraft und tägliches Brot. Es ist eine seltsame
Sache, dass der Vater dem Sehne schweigend sein Teil der Güter" gab. Ja,
so ist Gott. Gott hindert keinen, in sein Elend und Gericht zu laufen. Es ist
die unheimliche Ironie Gottes, dass Er den Menschen erlaubt, ohne Ihn zu leben;
dass Er sie dazu sogar mit allem beschenkt.
Aber wenn wir
nun schon so ganz und gar von Ihm abhängig sind, dann lasst uns doch nicht
Toren sein! Dann lasst uns doch gern und fröhlich Kinder Gottes sein! Es gibt
ja keinen schöneren und größeren Stand. Amen.
(Melodie: Die güldne
Sonne)
Willst du mir geben, womit
mein Leben
Ich kann ernähren, so lass
mich hören
Allzeit im Herzen dies
heilige Wort:
Gott ist das Größte, das
Schönste und Beste,
Gott ist das Süßte und Allergewisste,
Aus allen Schätzen der
edelste. Hort.
Mittwoch nach dem 8. Trinitatissonntag
Und er ging hin und hängte sich an einen
Bürger des Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er
begehrte seinen Bauch zu füllen mit Trebern, die die Säue aßen; und niemand gab
sie ihm.
Lukas 15, 15-16
Ein Gleichnis
erzählt der Herr Jesus in der Geschichte „vom verlorenen Sohn". Ein
Gleichnis, das uns die Wirklichkeit des Menschen ohne Gott zeigt.
Dazu schreibt
ein Ausleger aus dem vorigen Jahrhundert, Theremin, die erschütternden Worte: „Wer
ist er, dieser Bürger, an den sich der verlorene Sohn hängt: Wer ist diese
Gestalt, die der Herr Jesus im absichtlichen Dunkel schweben lässt? Dieser, der
da wohnt im Lande des verzehrenden, ewigen Hungers? Dieser Herr, dem sich
diejenigen um Lohn verdingen, welche den Dienst Gottes verlassen haben?
Wir wollen ihn
nicht nennen. Nur den Entschluss wollen wir fassen, die Sünde, wodurch er uns
beherrscht, zu fliehen!"
So ist es in
der Tat. Wer nicht ein seliges, freies Kind Gottes sein will, der muss ein
armer, elender Sklave Satans sein.
Wer nicht ein
Kind Gottes sein will, der verzichtet freiwillig auf den höchsten Adel, den ein
Mensch haben kann, und geht den Weg der Erniedrigung.
Wer nicht als
Kind Gottes „Leben und volles Genüge" haben will, der muss sich an den
Trebern dieser Welt genügen lassen. Und seine Seele wird verschmachten.
Wer ohne die
Hilfe des himmlischen Vaters fertig werden will, der wird niemand haben, wenn
Hilfe Not tut. „Niemand gab ihm …"
Es ist ein
ernstes „Entweder – Oder", in das uns Gottes Wort stellt. Amen.
(Melodie: Nun sich der Tag
geendet hat)
Wie gut ist's, von der
Sünde frei,
Wie selig, Christi Knecht.
Im Sündendienst ist
Sklaverei,
Bei Christo Kindesrecht.
Donnerstag nach dem 8. Trinitatissonntag
Da schlug er in sich und sprach: „… und
ich verderbe im Hunger."
Lukas 15, 17
Er war
berauscht, der junge Mensch, den wir unter der Bezeichnung „verlorener
Sohn" kennen: berauscht von der Welt und ihren Möglichkeiten; berauscht
von dem köstlichen, hinreißenden Tempo des Lebens; berauscht von den bunten
Farben der Welt, von ihrem vielfältigen Betrieb. Ja, berauscht von sich selber
war er auch.
In solchem
Rauschzustand haben wir kein Ohr mehr für Gottes Rat. Solcher Rauschzustand
macht. uns einfach unfähig, Seine Stimme zu hören. Solcher Rausch verbirgt uns
auch die sehr gefährliche Lage, in der wir sind.
Wenn wir in.
solchem Zustand sind, gibt es nur eine Rettung: Gott kann etwas tun. Er kann
uns alles zerschlagen. Dazu hat der lebendige Gott viele Möglichkeiten.
Auch dem „verlorenen
Sohn" tat Er so. So heißt es wörtlich: „Da kam er zu sich." Wie ein.
Schlafwandler plötzlich aufschrickt! Die Nebelwolken weichen. Die Blendung
erlischt. Man sieht die Wirklichkeit.
Das ist eine
Ent-Täuschung! Und doch ist es eine große Gnade, wenn Gott uns die Wirklichkeit
zeigt. Da sehen wir das entstellte Gesicht einer gefallenen Welt. Ihr Tempo ist
nichts als sinnlose Flucht vor dem Tode. Ihr Betrieb ist Kinderspiel. Unser
eigenes Werk erscheint im Tageslicht der Ewigkeit so armselig, so vielfach
beschmutzt.
Und wir selbst?
Wir können nur noch stammeln: „Vater, ich habe gesündigt in dem Himmel und vor
Dir."
„Da kam er zu
sich …" Eine bitterschwere Stunde. Und doch wohl uns, wenn das ein Stück
unserer eigenen Lebensgeschichte wird! Amen.
(Melodie: Ich will dich
lieben, meine Starke)
Ich lief verirrt und war
verblendet,
Ich suchte dich und fand
dich nicht,
Ich hatte. mich von dir
gewendet
Und liebte das geschaffne
Licht.
Nun aber ist's durch dich
geschehn,
Dass ich dich hab' ersehn.
Freitag nach dem 8. Trinitatissonntag
Da schlug er in sich und sprach: „Wie
viel Tagelöhner hat mein Vater, die Brot die Fülle haben, und ich verderbe im
Hunger! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen."
Lukas 15, 17
„Da kam er zu
sich." Da, wachte er auf. Da kam die „Umwertung aller Werte".
Was dem „verlorenen
Sohn" bei seinem Auszug aus dem Vaterhaus am erstrebenswertesten
erschienen war – das hatte er nun als große Täuschung erkannt.
Und was er
verachtet hatte – die Liebe des Vaters und den Frieden des Vaterhauses –, das
erkannte er nun als das Allerherrlichste.
„Wie blind war
ich!" hat er wohl immer wieder gesagt.
„Wie blind war
ich!" So sagt auch der Mensch, den Gottes Geist aus seinem natürlichen
Zustand erweckt. „Wie blind war ich! Kann es denn irgendwo besser sein als beim
Vater?! Gibt es denn etwas Größeres als Seine Liebe?! Bei Ihm hat der Ärmste
die Fülle. Und ich verderbe im Hunger."
Ja, wenn der
Mensch aus dem Rauschzustand des natürlichen, unerweckten Lebens zu sich kommt,
dann kennt er nur noch eine
Sehnsucht: „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine
Seele, Gott, zu dir." Dann möchte er alles drangeben, um ein Wörtlein der Vergebung, um einen
freundlichen Blick des Vaters zu gewinnen. Aber man hat doch nichts, um das zu
erkaufen.
Und doch –-
selig ist der, in dem Gottes Geist solches Verlangen nach Vergebung und Frieden
mit Gott wirkt: Denn „selig sind, die da hungert und dürstet nach
Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden", verspricht Jesus. Amen.
(Melodie: Nun sich der Tag
geendet hat)
Die Sünde gibt den Tod zum
Lohn;
Das heißt gar schlimm
gedient.
Das Leben aber ist im
Sohn,
Der uns mit Gott versöhnt.
Sonnabend nach dem 8. Trinitatissonntag
„Ich will mich aufmachen und zu meinem
Vater gehen." Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater.
Lukas 15, 18+20
„Viel Wege bin ich
gegangen,
Die Kreuz und in die Quer …"
So heißt es in
einem Volkslied.
So war's auch
beim „verlorenen Sohn". „Viel Wege." Ach, die Welt hat ja so
unendlich „viel Wege, die Kreuz und in die Quer."
Aber nun – nun
endlich ist er auf dem einen,
richtigen Weg. Auf dem Wege des Heils.
Der „verlorene
Sohn" hat ihn gefunden, diesen rechten Weg. Und im Geiste sehen wir hinter
ihm her eine große Schar Menschen ziehen: die große Sünderin, den Schächer von
Golgatha, Petrus und Paulus und den Kerkermeister von Philippi, Große und
Kleine, Alte und Junge, Reiche und Arme, Pharisäer und Zöllner, Nikodemus und
Zachäus.
Solange wir von
der Welt berauscht sind, sehen wir tausend Wege. Aber nicht den Weg des Heils.
Wenn wir jedoch erwacht und „zu uns gekommen sind", dann erkennen wir den,
der „der Weg" ist: unseren Herrn Jesus.
Ist es ein
schwerer oder ein leichter Weg? Beides: schwer und leicht! Schwer ist der Weg;
denn auf diesem Wege lernt das stolze Herz immer wieder aussprechen, was so
unendlich schwer zu sagen ist: „Vater, ich habe gesündigt in dem Himmel und vor
dir."
Und doch: Der
Weg ist leicht, und das Herz wird fröhlich darin; denn dieser Weg führt ja nach
Hause. Dieser Weg löst alle Lasten. Dieser Weg ist ja der Weg ans der
Finsternis ins Licht, aus der Nacht in den Tag, aus dem Tode in das Leben.
Amen.
(Melodie: Aus tiefer Not
schrei ich zu dir)
Ob bei uns ist der Sünden
viel;
Bei Gott ist viel mehr
Gnade;
Sein Hand zu helfen hat
kein Ziel,
Wie groß auch sei der
Schade.
Er ist allein der gute
Hirt,
Der Israel erlösen wird
Aus seinen Sünden allen.
9. Sonntag nach Trinitatis
Da er aber noch ferne war, sah ihn sein
Vater.
Lukas 15, 20
„Ich bin mit
Gott fertig!" Wie stolz hat mancher schon so in seinem Herzen gesprochen.
So hat auch der „verlorene Sohn" gesagt, als er aus dem Vaterhaus ging: „Damit
bin ich nun fertig!"
Aber der Vater
war mit ihm nicht fertig. Der Vater wartete, und dies geheime Warten des Vaters
war wie ein Seil, das den Sohn nicht losließ, war wie eine Verheißung über all
seinen Nöten, war wie ein dunkles Gericht über all seinen falschen Wegen.
Der Herr wartet
auf Seine Menschenkinder. Dies Warten Gottes ist eine unsagbar starke Macht.
Wie manch einer läuft durch die Welt und flieht vor Gott und spürt doch dies
starke Band, das ihn hält: „Der Herr wartet auf mich."
Da berauscht
sich manch einer an der Welt, an ihren Zerstreuungen, an Sünden und an herrlich
großen Aufgaben. Und doch – es liegt wie ein geheimer Schatten über allem: „Gott
wartet auf mich."
Da ist einer
völlig versunken in der Welt und ihrem Wesen. Es ist, als sei jedes Erinnern an
Gott völlig ausgelöscht aus seinen Gedanken. Und doch – wie ein funkelnder
Stern über der nächtlichen Erde, so steht auch über solch armem Leben die
Verheißung: „Gott wartet auf dich."
Gott wartet!
Das ist eine stete Beunruhigung der Welt. – Gott wartet! Das ist ein
wunderbarer Trost für Glaubende, die ihre Lieben auf falschen Wegen sehen. – Gott
wartet! Das ist ein starker Ruf zum Heimkommen an alle, die es hören. Amen.
(eigene Melodie)
Ringe recht, wenn Gottes
Gnade
Dich nun ziehet und
bekehrt,
Dass dein Geist sich recht
entlade
Von der Last, die ihn
beschwert.
Ringe, denn die Pfort' ist
enge,
Und der Lebensweg ist
schmal;
Hier bleibt alles im
Gedränge,
Was nicht zielt zum
Himmelssaal.
Kämpfe bis aufs Blut und
Leben,
Dring hinein in Gottes
Reich;
Will der Satan
widerstreben,
Werde weder matt noch
weich.
Montag nach dem 9. Trinitatissonntag
Da er aber noch ferne von dannen war,
sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn.
Lukas 15, 20
Der „verlorene
Sohn" kam sich sehr stark vor, als er aus dem Vaterhause auszog. Und doch
– wie schwach war er in Wirklichkeit! Das Leben zerbrach ihn Stück für Stück.
Und er kam sich
sehr schwach vor, als er zum Vaterhaus zurückkehrte. Und doch – wie stark war
er in Wirklichkeit: denn sein zerbrochenes Herz stieß die Tore des Vaterhauses,
die ihm verschlossen waren, auf; ja, es rührte das Herz des Vaters, dass der
allen Zorn fahren ließ und vor Erbarmen brannte.
Ja, so stark
ist ein gebeugtes Herz! So unheimlich stark ist „ein zerbrochenes Herz und ein
geschlagenes Gemüt", dass es, ohne es zu wissen, Gewalt hat über Gottes
Herz.
Tore Gottes, die unsere Sünde und unser Trotz siebenfach
verriegelt hatten, springen auf vor einem gedemütigten Geist. Berge von Schuld
müssen verschwinden wie ein Nebel. Und der verzehrende Eifer und Zorn des
heiligen Gottes muss schweigen, dass nur noch der helle Sonnenschein göttlichen
Erbarmens hervorbricht – da, wo ein Sünderherz in aufrichtiger Buße bekennt: „Vater,
ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, ich bin hinfort nicht mehr
wert, dass ich dein Sohn heiße."
Wo das Herz so
spricht, da wallt Gottes Herz voll rettender Liebe. Und Gottes Erbarmen in
Jesus empfängt den Heimgekehrten. Amen.
(Melodie: Aus tiefer Not
schrei ich zu dir)
Allein dein heilsam Wort,
das macht
Mit seinem süßen Klingen,
Dass mir das Herze wieder
lacht
Und neu beginnt zu singen,
Dieweil es alle Gnäd'
verheißt
Denen, die mit
zerknirschtem Geist
Zu dir, o Jesu, kommen.
Dienstag nach dem 9. Trinitatissonntag
Da er aber noch ferne von dannen war,
sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn, lief und fiel ihm um seinen Hals und küsste
ihn.
Lukas 15, 20
Hier wird
deutlich, dass die Geschichte vom „verlorenen Sohn" ein Gleichnis ist,
eine Geschichte von Gott. Denn in einer menschlichen Geschichte wäre es
bestimmt anders zugegangen.
Da hätte der
Vater bitter gesagt: „Siehe da, jetzt kommt er wieder an, jetzt, wo er mit
allem zu Ende ist." Oder er hätte gar gedacht: „Wir haben einmal
miteinander Schluss gemacht. Du hast es so gewollt! Nun bleibt's dabei!"
Zum mindesten
hätte der Vater mal abgewartet, was der Sohn nun wohl sagen würde, und davon
seine weiteren Entschlüsse abhängig gemacht.
Nun, wenn Gott
so handelte, dann würde kein Mensch selig. Gott sei Dank, dass Sein Erbarmen
millionenfach größer ist als das aller irdischen Väter. Er ist – wie die Bibel
sagt – der „rechte Vater über alles, was da Kinder heißt".
Der Vater in
der Gottesgeschichte vom „verlorenen Sohn" geht dem Sohn entgegen. Nein!
Er „läuft" ihm entgegen. Seine Arme sind dem Sohn geöffnet, ehe der ein
Wort der Buße sagen kann. Die Liebe des Vaters umfängt ihn, ehe er sich gebeugt
und um Vergebung gebeten hat.
So hat es Gott
mit uns gemacht. In Jesus Christus ist Er uns, Seinen verlorenen Kindern,
entgegengeeilt. Jesu Arme am Kreuz sind den Sündern ausgebreitet, ehe sie Ihn
kennen. Jesu rettende Liebe ist da, ehe wir uns in Buße gedemütigt haben.
„Er ist für uns
gestorben, als wir noch Sünder waren." Ja, „Gott ist die Liebe!"
Amen.
(eigene Melodie)
Ich bete an die Macht der
Liebe,
Die sich in Jesu
offenbart;
Ich geb' mich hin dem
freien Triebe,
Wodurch ich Wurm geliebet
ward;
Ich will, anstatt an mich
zu denken,
Ins Meer der Liebe mich
versenken.
Mittwoch nach dem 9. Trinitatissonntag
Jesus sagte: Dies ist eine arge Art; sie
begehrt ein Zeichen, und es wird ihr kein Zeichen gegeben denn nur das Zeichen
des Propheten Jona."
Lukas 11, 29
Wo ist denn
diese „arge Art", von der Jesus hier redet? Bei den Zeitgenossen Jesu? Bei
den Ungläubigen und Feinden Jesu?
Oh, diese „arge Art" ist überall; sie ist die
natürliche Art jedes Herzens. Sie ist in uns.
Wir wollen gern mit unseren Augen sehen, was Gott tut. Wir
wollen mit Augen sehen, wie Gott die Bösen straft und die Guten belohnt. Wir
wollen gern mit Augen sehen, wie Er Seine Wunder tut. Wir wollen so gern
Hilfen, sichtbare Hilfen und und Stützen für unseren Glauben.
Und der Herr
geht seltsame Wege. Er ist so recht ein verborgener Gott. Seine Gedanken sind
nicht unsere Gedanken. Und Seine Wege sind nicht unsere Wege.
Das ist uns
nicht recht. Wir wollen Zeichen und Wunder sehen. Und dann rebelliert die „arge
Art". Und unser ganzer Christenglaube kommt ins Wanken und fragt
ängstlich: „Wo ist nun dein Gott?"
„Ein Zeichen wird
euch gegeben", sagt Jesus. Ein
Zeichen, das ausreicht, auch wenn ihr gar nichts anderes seht und erfahrt. Das
ist „das Zeichen des Propheten Jona".
Was meint Jesus
damit? – Er erklärt es selbst: „Wie Jona war drei Tage und drei Nächte in des
Fisches Bauch, also wird des Menschen Sohn drei Tage und drei Nächte mitten in
der Erde sein."
Die
Auferstehung Jesu ist das große Gotteszeichen. Daran wollen wir uns halten.
Amen.
(Melodie: Jesus, meine
Zuversicht)
Jesus lebt! Wer nun
verzagt,
Lästert ihn und Gottes
Ehre.
Gnade hat er zugesagt,
Dass der Sünder sich
bekehre.
Gott verstößt in Christo
nicht:
Dies ist meine Zuversicht.
Donnerstag nach dem 9. Trinitatissonntag
Wer überwindet, den will ich bekennen
vor meinem Vater.
Offenbarung 3, 5
Mit Freuden
hatte die Gemeinde in Sardes das Evangelium aufgenommen. Wie schön sind solche Frühlingstage
des Geistes!
Aber nach
solchen Frühlingstagen kommt die lange Reihe der Alltage. Da versagte die
Gemeinde in Sardes. Es ging mit ihr zurück. Sie schlief ein.
Es ist schon
so: Was der Satan uns nicht mit Gewalt und auf einmal nehmen kann, das listet
er uns Stück um Stück ab. Aber der Herr ist auf dem Plan. Er wacht über Seiner
Gemeinde. Er gibt nicht auf, was Er mit Seinem Blut erworben hat.
Er greift in Sardes ein durch ein Sendschreiben. Hier deckt
Er all den heimlichen und verborgenen Schaden auf. Und dann schließt Er mit den
ernsten Worten: „Wer überwindet …"
Da sagt uns der
Herr; Auf das Ende kommt es an im Christenstand. Es ist wie bei einem Wettlauf.
Da ist es gewiss außerordentlich wichtig, dass der Wettkämpfer richtig startet.
Aber was hilft es, dass der Start noch so gut ist, wenn der Läufer am Ziel
nicht mehr dabei ist, wenn er kurz vor dem Ziel versagt; wenn er fehlt, wenn
die Siegeskränze verteilt werden.
Auf das Ende
kommt es an!
Wie ein Sieger jubelnd das Zielband zerreißt, so ruft Paulus
am Ende seines Lebens: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf
vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort ist mir beigelegt die Krone der
Gerechtigkeit."
überall in der Bibel klingt dieser erweckende Ruf hinein in
unsere Müdigkeit: „Lasset uns laufen mit Geduld
in dem Kampf, der uns verordnet ist!" Amen.
(Melodie: Fahre fort,
fahre fort)
Halte aus, halte aus,
Zion, halte deine Treu,
Lass doch ja nicht lau
dich finden.
Auf, das Kleinod rückt
herbei!
Auf, verlasse, was
dahinten;
Zion, in dem letzten Kampf
und Strauß
Halte aus, halte aus!
Freitag nach dem 9. Trinitatissonntag
Und Jesus stand auf aus der Schule und
kam in Simons Haus. Und Simons Schwiegermutter war mit einem harten Fieber
behaftet.
Lukas 4, 38
Der
Gottesdienst war zu Ende.
Die Menschen in
Kapernaum hatten das Herrlichste erlebt, was man in einem Gottesdienst erleben
kann: Jesus hatte Seine Macht über die Mächte der Finsternis offenbart. (Lukas
4, 31-35.)
Nun ist der
Gottesdienst aus. Und zu Hause wartet der graue Alltag: die Sorge um Geld, die
kranke Mutter.
Und da erlebt
der Simon etwas wunderbar Schönes: Jesus kommt in sein Haus. Jesus ist nicht
nur in der Kirche. Der Herr Jesus geht von da aus mit in den Alltag, in die
Sorgen, in die Nöte des Simon.
Es gibt so viele
Christenleute, die sich von Herzen nach Jesus sehnen und sich freuen, wenn sie
in der Gemeinde, im Gottesdienst Sein Wort hören und Ihm begegnen dürfen. Aber
ihren Alltag, ihre Nöte, ihre Sorgen, ihre Lasten bringen sie nicht mit Jesus
zusammen. Der Alltag ist da gleichsam eine jesuslose Welt für sich.
Wer es so hält,
kennt den Herrn Jesus noch nicht richtig. Er lässt den Simon im Gottesdienst
Seine Herrlichkeit erleben. Aber Er geht auch mit Simon in das arme
Fischerhaus. Ja, das arme Fischerhaus ist Ihm nicht zu gering.
Und Er bleibt
nicht an der Tür stehen. Er setzt sich nicht in die „gute Stube". Jesus
geht in das Zimmer, wo die Not liegt: die kranke Mutter!
Wir haben einen
Heiland nicht nur für Sonntage, sondern auch für den Alltag; nicht nur für die
Höhepunkte des Lebens, sondern gerade für die Tiefen. „Mein Jesus ist der beste
Freund!" Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Jesu, mein Herr und Gott
allein,
Wie süß ist mir der Name
dein!
Es kann kein Trauern sein
so schwer,
Dein süßer Nam' erfreut
viel mehr;
Kein Elend mag so bitter
sein,
Dein süßer Trost, der
lindert's fein.
Sonnabend nach dem 9. Trinitatissonntag
Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn
danken, und lobsingen deinem Namen, du Höchster, des Morgens deine Gnade
verkündigen…
Psalm 92, 2-3
Ein alter,
erfahrener Christ wurde einst gefragt: „Wie machen Sie es nur, dass Sie so
fröhlich und sicher durch den Alltag gehen?"
Da antwortete
der: „Dies Geheimnis will ich Ihnen gerne verraten. Jeden Morgen, wenn ich
erwache, falte ich meine Hände und spreche: Ich danke Dir, Herr Jesus, dass Du
mich mit Deinem Blute erkauft hast. Ich danke Dir, dass ich Dein Eigentum sein
darf. Amen." – Und dann fuhr er lächelnd fort: „Sehen Sie, so stelle ich
mich zu Beginn des Tages auf den Boden der Gnade. Und ich beginne den Tag mit
der tiefsten Freude, die es gibt: mit der Freude über das Heil Gottes in
Jesus."
Ja, „es ist ein
köstlich Ding, dem Herrn danken … des Morgens seine Gnade verkündigen."
Unsere Tage
sind oft sehr arm, kümmerlich und gedrückt. So ein „köstlich Ding", so ein
Höhepunkt, ein heller Glanz fehlt ihnen. Unsere Tage sind so oft „grau in
grau".
Hier wird uns
ein „köstlich Ding" gezeigt, das unser Leben froh macht und unsere Alltage
heiligt – ein „köstlich Ding", das unser Alltagsleben mit Ewigkeitslicht
überstrahlt und jeden Tag zum „Gottestag" macht. „Dem Herrn danken! … des
Morgens seine Gnade verkündigen!"
Und das werden
wir erfahren: Bei dem Herrn Jesus ist jedes Danken ein neues Nehmen. Und jedes
Nehmen führt in neues Danken für erfahrene Gnade. Amen.
(eigene Melodie)
Du meine Seele, singe,
Wohlauf und singe schön
Dem, welchem alle Dinge
Zu Dienst und Willen
stehn.
Ich will den Herren droben
Hier preisen auf der Erd';
Ich will ihn herzlich
loben,
Solang ich leben werd'.
10. Sonntag nach Trinitatis
Aber am letzten Tage des Festes, der am
herrlichsten war, trat Jesus auf, rief und sprach: „Wen da dürstet, der komme
zu mir und trinke!"
Johannes 7, 37
Jesus ist
eigentlich gar nicht ein Mann der Feste. Er hat es vielmehr immer mit den
Elenden zu. tun: mit den Tauben, Lahmen, Aussätzigen, Blinden, mit den
Sterbenden und Traurigen. Wir finden Ihn bei den verlorenen Söhnen. Im Hause
des schuldbeladenen Zachäus kehrt Er ein. Dem suchenden Nikodemus widmet Er
eine Nacht. Nein, ein solcher Mann passt nicht auf Feste. Er ist ein Heiland
für den Alltag, für den grauen Alltag. Er ist nicht der Mann für die
hochgemuten Herzen, sondern für die zerbrochenen Herzen.
Aber nun finden wir Ihn hier doch auf einem Fest. Hoch ging
es her in Jerusalem. Und einige Tage lang beobachtet Jesus still die lärmenden
Festgäste. Aber am siebenten Tag, als das Fest seinen Höhepunkt erreicht, tritt
Er vor die Öffentlichkeit.
Aber auch hier,
mitten im Festlärm, bleibt Er derselbe, der Er immer ist, der Heiland der Armen.
Der Herzenskündiger hat gesehen, dass keine Festfreude imstande ist, den
Beladenen ihre Lasten abzunehmen. Er sieht hinter den Festkleidern die
beladenen und friedelosen Herzen, die schuldigen Gewissen. „Sie trinken und
sind doch nicht satt." Da hält es Ihn nicht mehr. „Wen da dürstet, der
komme zu mir und trinke!"
Es heißt ein paar Verse weiter: „Viele vom Volk hörten ihn.“
Das ist eine wunderbare Sache, dass die Leute mitten im Festjubel Jesu Stimme
hörten. Es zeigt, wie recht Jesus hatte: Nicht Feste machen unser Leben
fröhlich. Das kann nur Er: Jesus. Amen.
(Melodie: Nun sich der Tag
geendet hat)
Ich bete an, Herr Jesu
Christ,
Und sage: Ich bin dein!
Nimm mich. zu dir; denn wo
du bist,
Soll auch dein Diener
sein.
Montag nach dem 10. Trinitatissonntag
In derselben Nacht sprach der Herr zu
Gideon: „Zerbrich den Altar Baals, der deines Vaters ist.“
Richter 6, 25
Traurig sah es
im Volke Gottes aus. Der Geist der Welt hatte sich breit gemacht. Und nun waren
die Feinde ihrer mächtig geworden.
Wie sollte
Gottes Volk auch bestehen können, wenn es nicht ungeteilten Herzens beim Herrn
ist!
Aber leuchtend
erhebt sich über menschliche Untreue Gottes Treue. Er greift ein. Er beruft
einen Mann, den Gideon.
Das ist die Art – unseres Herrn, dass Er Seine Aufträge
durch Menschen tun lässt. „Wir sind Gottes Mitarbeiter“, sagt Paulus. Welch
hoher Stand! Aber auch – welch heilige Verantwortung gibt uns unsere Berufung!
Das wird dem
Gideon deutlich gemacht. Ehe er zum Streite rüsten darf, muss eine Sache
geregelt werden. Im eigenen Hause des Gideon stand ein Götze. Gideon kann nicht
Streiter des Herrn sein, ehe nicht der Götze gestürzt ist.
Es gibt so
viele Streiter Gottes, die im Innersten gelähmt sind, weil irgendwo ein „Baal"
noch nicht gestürzt ist.
„In derselben
Nacht sprach der Herr: …" O diese stillen Stunden, wo der Herr zu dem
stille gewordenen Herzen reden kann in Gericht und Gnade!
In derselben
Nacht noch stürzt Gideon den Götzen. Ein fröhliches Geschäft: Schluss machen
mit dem, was „aufhält und beschwert"! Amen.
(Melodie: Von Gott will
ich nicht lassen)
Drauf wollen wir's denn
wagen,
Es ist wohl wagenwert,
Und gründlich dem absagen,
Was aufhält und beschwert.
Welt, du bist uns zu
klein,
Wir gehn durch Jesu Leiten
Hin in die Ewigkeiten:
Es soll nur Jesus sein.
Dienstag nach dem 10. Trinitatissonntag
Gideon ließ die Posaune blasen und
sandte Botschaft… und sie kamen herauf, ihm entgegen. Und Gideon sprach zu Gott…
Richter 6, 34-36
Ein Heerlager!
32000 Krieger
haben sich um Gideon gesammelt zum Streit. Was bringt das für eine Unruhe für
den Feldherrn! Lärm und Getümmel im Lager! Beratungen im Zelt! Da kommen und
gehen die Hauptleute, Meldegänger und Kundschafter. Da drängen sich die
Anfragen. Da muss disponiert und organisiert werden, zumal das Heer ja neu
zusammengestellt wurde. Und dazu war Gideon ein Bauernsohn und kein erfahrener
Feldherr.
Wenn wir das alles bedenken, ist es wunderbar zu lesen: „Und
Gideon sprach zu Gott …"
Dieser Mann
hatte heilige Ruhe mitten in der Unruhe. Er hatte Stille im Sturm. Er hatte
Lust und Zeit, sein Zelt zu verschließen und im Gebet allein zu sein mit dem
Herrn.
Wie eine
Grundmelodie zieht sich das durch die ganze laute, kriegerische und gewaltige
Gideongeschichte hindurch: Immer wieder lesen wir es: „Gideon sprach zu dem Herrn
…" Oder: „Der Herr sprach zu Gideon."
Ist das auch
die Grundmelodie unseres Lebens? Ist all die Unruhe und Fülle unseres Lebens
hineingestellt in solche Stille vor dem Herrn?
In einem
Gesangbuchvers drückt es ein Dichter so aus: „… dass die Seele nicht zerrinne /
in den Bildern dieser Welt." Es ist ein so großes Vorrecht, dass wir beten
dürfen, dass wir mit dem Herrn reden dürfen, dass Er mit uns reden will. Lasst
uns doch davon Gebrauch machen! Amen.
(Melodie: Befiehl du deine
Wege)
Befiehl du deine Wege
Und was dein Herze kränkt
Der allertreusten Pflege
Des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und
Winden
Gibt Wege, Lauf und Bahn,
Der wird auch Wege finden,
Da dein Fuß gehen kann.
Mittwoch nach dem 10. Trinitatissonntag
Der Herr aber sprach zu Gideon: „Des
Volks ist zu viel, das mit dir ist. Israel möchte sich rühmen wider mich und
sagen: Meine Hand hat mich erlöst."
Richter 7, 2
Ein seltsamerer
Befehl ist nie gegeben worden in einem Krieg! „Des Volkes ist zu viel!"
Das können wir
uns wohl denken, dass ein Feldherr sorgenvoll seine Scharen zählt und mit den
Zahlen des Gegners vergleicht. Das leuchtet uns wohl ein, dass die letzten
Reserven aufgeboten werden, um die Lücken zu füllen.
Aber: „Des
Volkes ist zu viel!" Und Gideon muss auf des Herrn Befehl ausrufen lassen:
„Wer verzagt ist, der kehre um!" Und er muss es erleben, dass 22000 Mann
abziehen.
Hier wird ganz
deutlich, dass es bei den Kämpfen des Reiches Gottes gar nicht ankommt auf
Zahlen, auf Macht. Es kommt ganz allein nur an auf den Herrn selbst. „Es soll
nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist",
spricht der Herr Zebaoth (Sacharja 4, 6).
Es ist ganz
belanglos, ob Gideon 30000 oder 3000 oder nur 3 Mann hat. Darauf allein kommt
es an, ob bei den Dreien der lebendige Herr ist. Ein Mann Gottes hat einmal das
feine, stolze Wort gesagt: „Ein
Mensch mit dem Herrn ist immer in der Majorität."
Diese Tatsache
gibt, den Streitern des Herrn eine große Sicherheit, Ruhe und Gewissheit in
allem Kampf.
Die Streiter
des Herrn zählen darum nie. Sie haben nur eine
Sorge, dass der Herr mit ihnen ist und sie mit dem Herrn sind. Amen.
(Melodie: Nun danket all
und bringet Ehr)
Nun aufwärts froh den
Blick gewandt
Und vorwärts fest den
Schritt.
Wir gehn an unsers
Meisters Hand,
Und unser Herr geht mit.
Vergesset, was dahinten
liegt
Und euren Weg beschwert;
Was ewig euer Herz
vergnügt,
Ist wohl des Opfers wert.
So steigt ihr frei mit ihm
hinan
Zu lichten Himmelshöhn.
Er uns vorauf, er bricht
uns Bahn;
Wer will ihm widerstehn?
Donnerstag nach dem 10. Trinitatissonntag
So lass nun ausrufen vor den Ohren des
Volks und sagen: „Wer blöde und verzagt ist, der kehre um und hebe sich alsbald
vom Gebirge Gilead!"
Richter 7, 3
Verzagte Leute
können in der Gemeinde Gottes nicht gebraucht werden! „Wer verzagt ist, der
kehre um!"
Ist das nicht
zu viel verlangt?
Im Blick auf die feindlichen Heervölker „der Amalekiter und
Midianiter und derer aus dem Morgenland" war Gideons Heer ja schon
unsagbar klein und schlecht bewaffnet und ausgebildet. Wer kann es denn da den
Kriegern übel nehmen, dass sie die Chancen abwägen und schwarzsehen!
Wer kann es den
Christen übel nehmen, wenn sie verzagt sind? Wie mächtig ist der Geist der
Welt! Wie schwach das eigene Herz! Der Teufel geht umher wie ein brüllender
Löwe: Wer sollte nicht zittern!?
Und doch: Verzagte Leute können nicht gebraucht werden in der Gemeinde des Herrn.
Achtet darauf:
Es heißt nicht: „Schwache Leute können nicht gebraucht werden!" Es heißt
auch nicht: „Zerbrochene Herzen können nicht gebraucht werden!" Es heißt:
„Verzagte können nicht gebraucht werden!" Verzagtheit nämlich ist
Unglauben. Verzagte Leute sind Menschen, die nicht mehr mit dem Herrn rechnen;
die nicht mehr Ihm alles Gute und jede Hilfe zutrauen. Verzagtheit sieht auf
die eigene Schwachheit und nicht auf den starken Herrn. Verzagtheit zählt die
Feinde und wägt nicht des Herrn unendliche Macht und Barmherzigkeit. Der Herr
mache uns zu frohen,
(Melodie: Warum sollt' ich
mich denn grämen?)
Unverzagt und ohne Grauen
Soll ein Christ, wo er
ist,
Stets sich lassen schauen.
Wollt ihn auch der Tod
aufreiben,
Soll der Mut dennoch gut
Und fein stille bleiben.
Freitag nach dem 10. Trinitatissonntag
Fürchtest du dich aber hinabzugehen, so lass
deinen Diener Pura mit dir hinabgehen zum Lager!
Richter 7, 10
Gideon war
wirklich kein ängstlicher Mann. Aber der Auftrag, den der Herr ihm hier gegeben
hatte, konnte auch einen ganz Mutigen erschrecken: Er soll zum Lager der Feinde
gehen.
Und was war das
für ein Lager! „Die Midianiter und Amalekiter und alle aus dem Morgenland
hatten sich niedergelegt im Grunde wie eine Menge Heuschrecken."
Ist der Weg der
Kinder Gottes nicht eigentlich immer solch ein Weg? Mitten hinein in eine Welt,
die unter dem „Fürsten dieser Welt" steht; in eine Welt, die einen anderen
Geist hat; in eine Welt, die so gewaltig und mächtig ist, dass der Streiter
Gottes sich schon verloren geben muss, ehe er sich aufmacht.
Nun, kein
Mensch, hätte dem wackeren Gideon angesehen, dass er sich fürchtete. Aber der
Herzenskündiger sah die geheime Angst. Und Er gibt ihm eine köstliche Hilfe: „Nimm
deinen Diener Pura mit!"
Wohl dem, der
so einen Pura hat, einen Streitgenossen im Herrn Jesu, der ihn begleitet!
Es ist etwas
ganz Großes um die Gemeinschaft der
Streiter Jesu. Das ist mehr als Kameradschaft! Das ist mehr als
Freundschaft! Da weiß man sich als Glied am selben Leibe. Da ist man verbunden
durch denselben Heiligen Geist.
Gideon nimmt
den Pura mit, Paulus den Silas. Jesus sandte Seine Jünger je zwei und zwei. Und
wir? Zinzendorf hat doch recht: „Ich statuiere kein Christentum ohne
Gemeinschaft." Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gottes Segen)
O wie lieb ich, Herr, die
Deinen,
Die dich suchen, die dich
meinen;
O wie köstlich sind sie
mir!
Du weißt, wie mich's oft erquicket,
Wenn ich Seelen hab' erblicket,
Die sich ganz ergeben dir.
Sonnabend nach dem 10. Trinitatissonntag
Wenn ich die Posaune blase, so sollt ihr
sprechen: „Hier Herr und Gideon!"
Richter 7, 18
Das war eine
seltsame Schlacht?
Hier ein
kleines, schwaches Heer Gottes – dort die unübersehbare Macht der Feinde des
Volkes Gottes.
Und doch:
Gottes Heer behält den Sieg!
Wie sie den
Sieg erfochten? Ja, das ist auch seltsam: Sie riefen den Namen ihres Gottes und
ihres Feldherrn aus. Sie bekannten sich laut vor aller Weit zu dem lebendigen
Gott und dem von Ihm Erwählten.
Es gibt auch
heute keinen anderen Weg, auf dem die Gemeinde des Herrn ihre Siege erficht,
als dass wir den Namen unseres Gottes und den Namen unseres Feldherrn Jesus
laut vor aller Welt bekennen.
Nicht Klugheit
und menschliche Weisheit, nicht Waffen und Gewalt sind die Mittel, durch die
der Herr Seine Siege erkämpft, sondern eine Schar, die Seinen Namen und den
Namen Jesu vor der Welt bekennt und in die Welt hineinruft.
Denn der Name
des Herrn ist eine Macht, eine gewaltige Macht, vor der die Feinde zittern.
Gideons kleine
Schar erlebte es: „Das ganze Heer der Feinde ward laufend und floh." Nicht
vor Gideons Schwert, sondern vor der Gewalt des Namens Gottes.
Dass der Herr
doch aus uns auch so eine sieghafte Schar machen wollte, die im Namen ihres
Gottes und Heilandes fortschreitet von Sieg zu Sieg. Amen.
(Melodie: O Durchbrecher
aller Bande)
Gib uns der Apostel hohen,
Ungebeugten Zeugenmut,
Aller Welt trotz Spott und
Drohen
Zu verkünden Christi Blut.
Lass die Wahrheit uns
bekennen,
Die uns froh und frei
gemacht;
Gib, dass wir's nicht
lassen können,
Habe du die Obermacht.
11. Sonntag nach Trinitatis
Die aber fleischlich sind, können Gott
nicht gefallen.
Römer 8, 8
Einem jungen
Mann bezeugte einst ein Christ das Evangelium. Der junge Mann aber winkte ab: „Ich
bin so, wie ich bin, mit mir zufrieden."
Da sagte der
Christ sehr ernst: „Lieber Freund, es ist sehr belanglos, ob Sie mit sich
zufrieden sind. Die Frage, um die es einmal gehen wird, ist, ob der lebendige
Gott mit Ihnen zufrieden sein kann."
Es ist doch
wirklich seltsam und kein sehr günstiges Zeichen für die meisten Menschen, dass
sie sich diese Frage fast gar nie stellen: „Was sagt denn der heilige,
lebendige Gott von meinem Leben?"
Und wenn man
sich schon einmal diese Frage vorlegt, dann wird sie meist sehr schnell und
oberflächlich beantwortet: Man weist auf seinen ehrbaren bürgerlichen Wandel;
man holt sich ein paar wirkliche oder auch nur eingebildete Verdienste hervor
und beruhigt sich selbst: „Nun wird – nein, nun muss ja Gott mit mir zufrieden
sein."
Wie ein Hammer
haut Gottes Wort all diese falsche Sicherheit zusammen: „Die aber fleischlich
sind, können Gott nicht gefallen!"
Strenge dich
nur an, du natürlicher Mensch! Häufe Verdienst auf Verdienst, wie der Pharisäer,
der im Tempel betete! Brüste dich nur vor dir und vor anderen mit deiner
Tüchtigkeit! Es hilft dir nichts. Du bleibst unter Gottes Zorn – ein verlorener
Mensch! „… können Gott nicht gefallen."
Ja, erschrick
und verzweifle an deinem Tun! Dann kann dir geholfen werden. Dann fängt der
Heilige Geist Sein Werk in dir an und treibt dich in die rettenden Arme deines
Heilandes. Da – nur da ist unser Heil! Die in Christus Jesus sind – die
gefallen Gott, die sind „angenehm gemacht in dem Geliebten". Amen.
(Melodie: Ich dank dir
schon durch deinen Sohn)
Mein Leben schenkst du mir
aufs neu,
Es sei auch dir
verschrieben,
Mit neuem Ernst, mit neuer
Treu Dich jeden Tag zu
lieben.
Montag nach dem 11. Trinitatissonntag
Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke
halten.
Psalm 84, 6
Woran liegt es
nur, dass es in unserem Leben gar nicht so recht stimmt? Dass über unserem
Leben ganz und gar nicht das Wort steht: „Wohl den Menschen …!"
Es liegt an
uns. Es liegt daran, dass wir in völliger Verkennung unseres armen und
verlorenen Zustandes uns selbst für unsere Stärke halten.
„Wohl den
Menschen, die den Herrn für ihre Stärke halten!" Was heißt denn das? Eine
kleine alltägliche Geschichte soll es uns deutlich machen:
Jungen balgen
sich auf der Straße. Ein großer, starker Junge hat einem kleinen Kerl den Ball
weggenommen. Und als der ihn wieder an sich reißen will, bekommt er noch
Prügel. Weinend zieht er ab. Aber auf einmal versiegen die Tränen.
Triumphierend dreht er sich um: „Wart, ich habe einen großen Bruder; der hilft
mir!"
Der Kleine
hielt nach seiner schmerzlichen Erfahrung nicht mehr sich selbst für seine
Stärke. Aber er war doch siegesgewiss. Er hielt seinen Bruder für seine Stärke.
„Ich habe einen
großen Bruder, der führt meine Sache!" So triumphieren die Jünger Jesu
gegen Satan und Welt, gegen Fleisch und Blut, ja gegen ihr eigenes, anklagendes
Herz. „Ich habe einen großen Bruder!" Das ist der Herr Jesus, der sich
nicht schämt, uns Schwache, Arme, Schuldbeladene Seine Brüder zu heißen.
Wir sind
schwach. Wie sollten wir allein fertig werden! Aber wohl uns, die wir den Herrn
für unsere Stärke halten dürfen! Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Wenn ich mein' Hoffnung
stell zu dir,
So fühl ich Fried und
Trost in mir;
Wenn ich in Nöten bet und
sing,
So wird mein Herz recht
guter Ding.
Dein Geist bezeugt, dass
solches frei
Des ew'gen Lebens
Vorschmach sei.
Dienstag nach dem 11. Trinitatissonntag
Wohl den Menschen, die von Herzen dir
nachwandeln.
Psalm 84, 6
Dass wir uns
nur keine falschen Vorstellungen vom Christenstand machen!
Wir denken uns
die Sache meist so: Wir wollen unseren
Weg, der uns wohlgefällt und den wir uns ausgedacht haben, gehen. Und dann
wollen wir den Herrn bitten, dass Er mit uns gehe und uns in unseren Wegen segne und behüte.
Solange wir
noch so stehen, werden wir schwere Enttäuschungen erleben. Der Herr wird nicht
mit uns gehen. Er wird uns nicht segnen, sondern uns die bitteren Früchte
unserer Torheit essen lassen. Er wird uns nicht behüten, sondern uns fallen
lassen.
Denn Er denkt
gar nicht daran, uns auf unseren
Wegen nachzuwandeln. Solange wir damit rechnen, haben wir keine Verheißung;
solange steht das „Wohl den Menschen …" nicht über unserem Leben.
Nicht Er will
mit uns ziehen, sondern wir sollen mit Ihm ziehen. Nicht darum geht es, ob
Jesus unsere Wege mitgehen will,
sondern darum, ob wir Jesu Wege
mitgehen wollen.
„Jesus von
Herzen nachwandeln", – das heißt: seine eigenen Wege drangeben und fragen:
„Herr, was willst du, dass ich tun soll?"
„Jesus von
Herzen nachwandeln", – das heißt: sich nicht fürchten vor dem schmalen
Weg, der zum ewigen Leben führt. Das heißt: sich nicht scheuen vor dem Kreuz,
ohne das man auf Seinem Weg nicht gehen kann.
„Jesus von
Herzen nachwandeln", – dass heißt: alles können außer dem einen: einen
Schritt tun ohne Ihn. Lasst es uns lernen! Dann gilt uns das „Wohl den Menschen
…" Amen.
(Melodie: Seelenbräutigam)
Jesu, geh voran
Auf der Lebensbahn,
Und wir wollen nicht
verweilen,
Dir getreulich
nachzueilen;
Führ uns an der Hand
Bis ins Vaterland.
Mittwoch nach dem 11. Trinitatissonntag
Wohl den Menschen, die von Herzen dir
nachwandeln.
Psalm 84, 6
„Von
Herzen!" Das ist es.
Es gibt unter
uns viel freundliches Interesse für Jesu. Aber – „von Herzen ihm
nachwandeln", das ist etwas anderes.
Wenn wir uns so
ein selbstsüchtiges, kaltes, totes Menschenherz vorstellen, wie es der natürliche
Mensch von Natur hat – ja, dann können wir es uns überhaupt nicht denken, wie
das zugehen soll, dass jemand „dem Herrn von ganzem Herzen nachwandelt".
Und doch wird
es möglich! Ein Knecht Gottes hat einmal das feine Wort gesagt: „Christen sind
Menschen, denen Gott durch Jesus das Herz abgewonnen hat."
So geht es zu:
Der Herr selber muss und will uns das Herz abgewinnen, damit wir „von ganzem
Herzen" Ihm nachwandeln können.
Jesus ist der
Mann, der uns immer wieder auf unseren falschen Wegen nachgeht, wie der Hirte
das verlorene Schäflein sucht. Jesus ist der Mann, der immer wieder bei uns
anklopft. Jesus ist der Mann, dessen Liebe und Gnade das große Feuer ist, vor
dem der Eispanzer unseres Herzens zerschmelzen muss. Jesus ist der Mann, der
uns selbst das Herz abgewinnen will.
Hier kann man
jetzt nur stille stehen und sich fragen: „Wie steht es denn um mich? Hat Er mir
das Herz abgewonnen?" Und wenn wir dann mit „Nein" antworten müssen,
dann ahnen wir, wie tot, wie verloren, wie elend wir sind, dass selbst das Feuer der Liebe Jesu, der doch
für uns starb, uns so kalt lässt. Dies Erschrecken aber kann der Anfang der
Buße werden. Amen.
(Melodie: Ich will dich lieben,
meine Stärke)
Ach, dass ich dich so spät
erkennet,
Du Hochgelobte Schönheit
du,
Und dich nicht eher mein
genennet,
Du höchstes Gut und wahre
Ruh;
Es ist mir leid, ich bin
betrübt,
Dass ich so spät geliebt.
Donnerstag nach dem 11. Trinitatissonntag
Wer den Sohn Gottes hat, hat das Leben.
1. Johannes 5, 12
Es gibt ein
Sprichwort, das heißt: „Wer hat, der hat."
Aber dies
Sprichwort – es geht ihm, wie so vielen anderen – sagt nicht die Wahrheit. Wer
hat, der hat noch lange nicht!
Da lebte in
einer Stadt ein sehr reicher Mann. Er hatte alles, was man sich nur wünschen
kann: ein blühendes Geschäft, eine feine Villa, prächtige Kleider, strahlende
Gesundheit …
Aber eines
Tages zog der Mann mit einem kleinen Köfferchen, das all sein Hab und Gut
enthielt, zum Bahnhof, um bei Verwandten eine Zuflucht zu suchen. Der Sohn war
gefallen, die Frau gestorben, das Geschäft untergegangen, das Vermögen
verloren. Oh, wer hat, der hat noch lange nicht!
Unsere Zeit hat
auch Mächtige gesehen, deren Herrschaft so fest und sicher schien. Die Massen
jubelten ihnen zu. Aber wir haben es erlebt: Die Volksgunst schlug um in Hass.
Und aus den Gefeierten wurden Verachtete. Wer hat, der hat noch lange nicht.
„Es kann vor
Nacht leicht anders werden, als es am frühen Morgen war …“
Nur einen
einzigen Fall gibt es, in dem man sagen kann, mit Recht sagen kann: „Wer hat,
der hat!" Diesen Fall nennt uns Johannes: „Wer den Sohn Gottes hat, der
hat das Leben." Menschen, die Jesus und Sein Heil gefunden haben,
haben einen unverlierbaren Reichtum, einen unzerstörbaren Besitz. Jesus mahnt:
„Schaffet euch Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen und da
die Diebe nicht Nachgraben und stehlen." Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Die Welt vergeht mit ihren
Lüsten,
Des Fleisches Schönheit
dauert nicht,
Die Zeit kann alles das
verwüsten,
Was Menschenhände
zugericht't.
Ein jeder liebe, was er
will:
Ich liebe Jesum, der mein
Ziel.
Freitag nach dem 11. Trinitatissonntag
Des anderen Tages sieht Johannes Jesum
kommen und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde
trägt!"
Johannes 1, 29
Zwei Männer
stritten sich darüber, ob das Christentum eine optimistische oder eine
pessimistische Weltanschauung sei.
Optimisten sind
Leute, die alles von der guten Seite ansehen. Ihr Wahlspruch lautet: „Ja,
wundervoll ist Gottes Erde und wert, darin vergnügt zu sein."
Und die
Pessimisten? Die finden alles schrecklich. Sie sehen überall die
Schattenseiten. Ihr Leitspruch ist: „Alles, alles, was besteht, ist wert, dass
es zugrunde geht."
Da diskutierten
nun die zwei darüber, ob die Christen Optimisten oder Pessimisten sind.
„Christen",
sagt der eine, „sind Optimisten. Überall in der Bibel heißt es doch: Freuet
euch!"
„O nein",
meinte der andere, „das Christentum ist eine ganz und gar pessimistische Sache.
Da ist dauernd von Buße und Sünde die Rede. Und die Erde nennt die Bibel sogar
ein Jammertal." –
Wer hat nun recht von den zweien? – Keiner! Seht – um
bildlich zu reden – Optimisten sind Leute, die eine rosarote Brille aufhaben.
Und Pessimisten tragen eine schwarze Brille. Christen aber sind Leute, denen
Gott die Brille zerschlagen hat und die darum die Wirklichkeit sehen.
Die große und schreckliche Wirklichkeit ist, dass die Welt
eine gefallene Welt ist. „Der Welt Sünde", sagt unser Textwort, „ist eine
schauerliche Wirklichkeit." Auch in unserem Leben! Aber darum werden wir
nicht Pessimisten. Denn Gottes Geist zeigt uns die andere, große, herrliche
Wirklichkeit: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde
wegträgt!" Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Jesum lass ich nimmer
nicht,
Weil ich soll auf Erden
leben;
Ihm hab' ich voll
Zuversicht,
Was ich bin und hab',
ergeben.
Altes ist auf ihn gericht’t;
Meinen Jesum lass ich
nicht.
Sonnabend nach dem 11. Trinitatissonntag
Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn
dienen.
Josua 24, 15
Zu einem großen
Landtag hat der alte Feldherr Josua noch einmal sein Volk versammelt. Da gibt
er einen Überblick über Gottes Tun an Seinem Volk.
Dabei bekräftigt er seine Worte, indem er das Volk vor die
gewaltigste Entscheidung stellt: „Dienet dem Herrn! Gefällt es euch aber nicht,
dass ihr dem Herrn dienet, so erwählet euch heute, wem ihr dienen wollt! Ich
aber –"
Und nun
schließt er mit einem Bekenntnis: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen."
Es ist ein
heimlicher Jubel in diesem Satz. Der
klingt aus dein Wort: „… und mein Haus." Das ist eine herrliche Sache,
wenn Mann und Weib, wenn Eltern und Kinder in solchem Weg einig sind. Das ist
ein gesegneter Hausstand! Und der Dichter hat schon recht: „O selig Haus, wo man dich aufgenommen /
du wahrer Seelenfreund, Herr Jesu Christ!"
Es spricht auch eine eiserne Entschlossenheit aus dem Wort des Josua. Es ist mir, als sehe ich
den alten Kriegsmann vor mir. Seine Hand umklammert den Schwertgriff, als er es
entschlossen bekennt: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen." So
etwas kann man nicht mit halbem Herzen sagen. Hier gibt ein starker Mann seinem
Herrn seinen ganzen Willen.
Und es spricht ein starker Trotz aus dem Wort des Josua: „Wählt, wem ihr dienen wollt! Und
wenn ihr alle vom Herrn abfallt – ich aber will dem Herrn dienen?" Mit
diesem „aber" stellt er sich allein gegen eine ganze Welt. Und es wird
auch bei uns nicht anders gehen, als dass wir uns mit diesem trotzigen „Ich
aber -" lösen von aller Menschenfurcht und alles auf den starken Herrn
stellen. Amen.
(Melodie: Mein
Herzensjesu, meine Lust)
Such, wer da will, ein
ander Ziel,
Die Seligkeit zu finden;
Mein Herz allein bedacht
soll sein,
Auf Christum sich zu
gründen;
Sein Wort ist wahr, sein
Werk' sind klar,
Sein heil'ger Mund hat
Kraft und Grund,
All' Feind zu überwinden
12. Sonntag nach Trinitatis
Durch den Glauben gingen sie durchs Rote
Meer wie durch trockenes Land; was die Ägypter auch versuchten und ersoffen.
Hebräer 11, 29
Es gibt eine
Karikatur, ein Zerrbild des wirklichen, lebendigen Glaubens. Bei Moses sehen
wir den wirklichen Glauben, bei den Ägyptern die Karikatur.
Wie unheimlich
ähnlich sind sich der wirkliche Glaube und sein Zerrbild. „Nur frisch
hinein!" mag Moses gesagt haben, als der Herr im Meere den Weg bereitete.
„Nur frisch hinein!" ruft Pharao und folgt nach.
Und doch! Welch
tiefer Unterschied!
Der wirkliche
Glaube setzt alle Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott. Die Karikatur des
Glaubens traut sich selbst alles zu. Seht die Ägypter! Als sie Gottes Volk
durchs Meer ziehen sahen, sagten sie wohl: „Das können wir auch! Der Wille
bahnt sich überall den Weg! Wir müssen nur Vertrauen zu uns selbst haben!"
Und nun dies Wort: „… welches die Ägypter auch versuchten und ersoffen."
Kann es uns
nicht angst werden, wenn wir bedenken, wie tief dieser verwegene Glaube an uns
selbst in uns sitzt und wie diese Karikatur des Glaubens heute unzählige
Prediger und Bekenner hat?
Will man mit
solchem Glauben seiner Leidenschaft Herr werden? Will man mit solchem Glauben
seinem Volke dienen? Will man mit solchem Glauben an sich selbst sterben? Und
vor Gottes Gericht bestehen?
Nein! Wir
wollen lieber mit Jesaja bekennen: „Du, Herr, bist unser Vater und unser
Erlöser."
Und auf Seine
Verheißung wollen wir bauen: „Ich habe dich erlöst; du bist mein! Denn so du
durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht sollen
ersäufen … denn ich bin der Herr, dein Heiland" (Jesaja 43). Amen.
(Melodie: Befiehl du deine
Wege)
Dem Herren musst du
trauen,
Wenn dir's soll
wohlergehn;
Auf sein Werk musst du
schauen,
Wenn dein Werk soll
bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen
Und mit selbsteigner Pein
Lässt Gott sich gar nichts
nehmen;
Es muss erbeten sein.
Montag nach dem 12. Trinitatissonntag
Durch den Glauben gingen sie durchs Rote
Meer wie durch trockenes Land.
Hebräer 11, 29
Dieses
armselige Volk Gottes!
Da stehen die
Leute am Ufer des Roten Meeres und jammern: „Mose, warum hast du uns aus
Ägypten geführt?"
Gewiss, die
Tage war sehr ernst. Hier waren die Fluten des Meeres, dort brauste die
schimmernde Wehr Ägyptens heran.
Und doch! Ist
dies dasselbe Volk, das eben noch Loblieder sang?
Wir kennen sie nur zu gut, diese elende Haltung. Da ist man
ein rechter Christ, wenn alles glatt geht. Aber wenn die Schwierigkeiten
kommen, – wenn Fleisch und Blut rebellieren, – wenn von außen ein scharfer Wind
weht, – wenn Satan ernst macht –: dann werfen wir schnell allen Glauben über
Bord.
Der Herr Jesus spricht sehr ernst von denen, „die das Wort Gottes
aufnehmen mit Freuden. Aber sie haben nicht tiefe Wurzeln und richten sich nach
dem Wetter. Wenn sich Verfolgung und Trübsal erhebt um des Wortes willen,
ärgern sie sich alsbald."
Und doch: „Durch den Glauben gingen sie durch das Rote Meer.“
Durch wessen Glauben? Durch ihren? Wir hörten ja eben: Der war geschwunden.
Durch wessen Glauben? Durch Moses Glauben. Einer
war da, der dem Herrn alles zutraute: der Mann Moses. Er glaubte und traute dem
Herrn für sie alle.
Da seht ihr,
wie der wagende Glaube sich frei machen muss von Menschen, auch von „christlichen"
Leuten. Der wagende Glaube sieht allein und ausschließlich auf den Herrn. Nur
Sein Wort ist maßgebend. Mit Ihm wagt er alles. Mit Ihm allein. Er erlebt: „Weg
hat er allerwegen." Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gattes Segen)
Gottes Weg ist in den
Flüssen
Und in großen
Wassergüssen,
Und du spürst nicht seinen
Fuß.
So auch in dem Meer der
Sorgen
Hält Gott seinen Pfad
verborgen,
Dass man nach ihm suchen muss.
Dienstag nach dem 12. Trinitatissonntag
Von der Zeit an fing Jesus an, zu
predigen und zu sagen: „Tut Buße!"
Matthäus 4, 17
Es gibt – Gott
sei's geklagt – viel Geschwätz über Christus.
Und doch – vieles,
was da laut tönt, klingt im Grunde so hohl, so blechern, so kraftlos.
Wie kommt das?
Nun, es ist ein
Irrtum, wenn wir uns einbilden, wir. könnten einfach zu all dem andern, was
unser Leben ausmacht, den Herrn Jesus hereinnehmen, gleichsam als letzte
Erfüllung unseres natürlichen Lebens, als christliche Dekoration unseres
ungebrochenen Wesens.
Es gibt aber keinen
Christus-Glauben ohne Buße. „Tut Buße!" ruft Jesus. Mit diesem Wort
verurteilt Er unser natürliches Wesen ganz und gar. Mit diesem Wort sagt Er, dass
wir vor Gott nicht bestehen können.
Dagegen wehren wir uns. Natürlich! Wir sind von Natur. sehr
stolz und urbußfertig. Aber machen wir uns doch klar, dass wir dann eben auch
nichts mit Jesus zu tun haben! Und Er nichts mit uns!
Er ist allein
und ausschließlich der Heiland der Sünder. „Ich sehe an den Elenden und der
zerbrochenen Geistes ist", sagt Er in Jesaja 66, 2.
Das ist eine
selige Sache, wenn ein stolzes Menschenherz endlich der Wahrheit Gottes und dem
Urteil Gottes über sich selbst Recht gibt und Buße tut. Solch ein Herz allein
lernt Jesus recht kennen. Es lernt „rühmen die Gnade, die mir Heil
gebracht". Da bekennt man voll tiefer Dankbarkeit: „Du, du bist meine
Zuversicht alleine, sonst weiß ich keine." Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Heut lebst du, heut
bekehre dich,
Eh' morgen kommt, kann's
ändern sich;
Wer heut ist frisch,
gesund und rot,
Ist morgen krank, ja wohl
gar tot.
So du nun stirbest ohne
Buß,
Dein' Seel' und Leib dort
brennen muss.
Mittwoch nach dem 12. Trinitatissonntag
Gott hat uns errettet von der Obrigkeit
der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes.
Kolosser 1, 13
Es ist einmal
eine Lebensbeschreibung veröffentlicht worden mit dem feinen Titel „Wandlungen".
„Wandlungen",
das könnten wir alle über unser Leben schreiben. Wir machen alle eine Menge
Wandlungen mit. Wir wandeln uns aus Kindern in Männer und Frauen. Reiche werden
arm und Arme werden reich. Eingefleischte Junggesellen werden überzeugte
Familienväter. Es ist nicht möglich, all die vielen Wandlungen aufzuzählen.
Aber auch die tief
greifenden Wandlungen unseres Lebens sind noch keine entscheidenden. Denn sie
verändern in keiner Weise unsere Stellung vor Gott.
Ein Beispiel
kann uns das deutlich machen: Da ist ein Seemann im Sturm vom Schiff ins Meer
gespült worden. Nun treibt er in den schäumenden Wellen. Da kann er verschiedene
Wandlungen durchmachen: Er kann Brustschwimmen und auf dem Rücken schwimmen. Er
kann sieh treiben lassen oder an ein Holzstück klammern. Er kann von einem
Haifisch gefressen werden oder ertrinken. Wandlungen!
Aber immer
bleibt der Seemann, was er ist: ein verlorener Mann.
Es gibt für ihn
nur eine entscheidende Wandlung: dass
er gerettet wird.
So ist es mit
unserem Leben! Ob wir arm oder reich, angesehen oder verachtet, alt oder jung,
töricht oder klug sind, – wir sind vor Gott verlorene Leute.
Und es gibt in
unserem Leben nur eine entscheidende Wandlung: dass Jesus uns rettet! Gott
schenke uns diese Wandlung! Arnen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Wir sollen nicht verloren
werden,
Gott will, uns soll
geholfen sein;
Deswegen kam der Sohn auf Erden
Und nahm hernach den
Himmel ein,
Deswegen klopft er für und
für
So stark an unsres Herzens
Tür.
Donnerstag nach dem 12. Trinitatissonntag
Saul, Saul, was verfolgst du mich?
Apostelgeschichte 9, 4
Tod und
Verderben über der Gemeinde Jesu! „Saulus schnaubte mit Drohen und Morden wider
die Jünger des Herrn", erzählt die Bibel.
Es ist, als
höre man es aus diesen Worten: das Stöhnen Gefesselter, das Schluchzen der
Frauen, das Jammern der Kinder, Todesschreie – und Hohnlachen der Schergen.
„Tod und Verderben!" denkt Saulus. „Es ist mir
Gottesdienst, sie zu vernichten! Ein Gottesdienst!!"
Welch ein düsteres Bild! Da rast ein blinder Tor, ein wilder
Fanatiker gegen den Herrn und Seine Gemeinde. Muss da nun nicht Feuer vom
Himmel fallen und den Lästerer vernichten?! Muss nun Gott nicht auch antworten
mit Tod und Verderben?!
Ja, der Herr
antwortet. Aber nicht mit Feuer vom Himmel! Er antwortet ganz anders, als die
Vernunft sich das hätte ausdenken können. Er antwortet dem Saulus mit – Barmherzigkeit.
Er fällt Seinen Feind mit – Gnade.
„Saul! Saul!" So ruft der Herr den Saulus an, dass der
erschrocken zu Boden stürzt.
Gewiss, in diesem Ruf Jesu war das Gericht über Saulus. Und
doch – in diesem Ruf klingt die Stimme des guten Hirten: „Saul! Sau! …" Er
kennt auch ihn mit Namen. Auch dieser Name eines verlorenen Sohnes leuchtet vor
Ihm. Zweimal ruft Er ihn bei seinem Namen mit einer Liebe, vor der der starke
Trotz des Saulus zerbricht.
Und während Saulus blind wird, geht ihm im Herzen das Licht
auf: „O Abgrund der Barmherzigkeit!" So liebt der Herr Seine Feinde. Amen.
(Melodie: Alle Menschen
müssen sterben)
Denk ich, wie ich dich
verlassen,
Wie ich häufte Schuld auf
Schuld,
So möcht iah vor Scham
erblassen
Ob der Langmut und Geduld,
Womit du, o Gott, mich
Armen
Hast getragen mit
Erbarmen.
Tausend-, tausendmal sei
dir,
Großer König, Dank dafür!
Freitag nach dem 12. Trinitatissonntag
Saul, Saul, was verfolgst du mich?
Apostelgeschichte 9, 4
Es war einmal
ein stürmischer Tag. Düstere Wolken jagten am Himmel
Da – auf einmal – zerriss die Wolkendecke. Die Sonne brach
durch. So leuchtend, dass auf einmal alle Vögel anfingen zu singen und alle
Menschen fröhlich wurden.
So geschah es
hier in der Geschichte, aus der unser heutiges Wort stammt. Düstere Wolken von
Not lagerten über der Gemeinde Jesu. Der Sturm umbrauste sie: „Saulus schnaubte
mit Drohen und Morden wider die Jünger des Herrn."
Aber in die Dunkelheit hinein bricht die „wahre Sonne",
die Liebe und Barmherzigkeit des Herrn Jesus, unseres Heilandes. In der einen
Frage an Saulus zeigt Er, wie Er Seine Gemeinde liebt.
„Diese
Gotteslästerei! Diese widerspenstigen Geister!" tobt Saulus und droht und
mordet. Da tritt ihm bei Damaskus der
Herr entgegen:
„Saulus, was verfolgst du…“ Wir denken, nun müsste es weitergehen: „… was
verfolgst du meine Gemeinde?" Aber der Herr fragt: „… was verfolgst du mich?“
Der Herr erklärt sich also ganz und gar solidarisch mit
Seiner Gemeinde. Hier erfährt Paulus zum ersten Mal, was er später selbst im
Epheser-Brief lehrt: dass die Gemeinde „Christi Leib" ist_ Wer die
Gemeinde antastet, tastet Ihn an. Wer die Gemeinde verlässt, verlässt Ihn. So
nimmt sich der Herr selbst Seiner Herde an. Er schämt sich nicht, sie Brüder zu
heißen. Er bekennt sich zu den Seinen, die Er mit Blut erkauft hat. Er lässt
sie wohl in Todesnot kommen. Aber niemand darf sie aus Seiner Hand reißen.
Amen.
(Melodie: Da Christus
geboren war)
Andre traun auf ihre
Kraft,
Auf ihr Glück und
Ritterschaft;
Deine Christen traun auf
dich,
Auf dich traun sie
festiglich.
Lass sie werden nicht
zuschand,
Bleib ihr Helfer und
Beistand,
Sind sie dir doch all
bekannt.
Sonnabend nach dem 12. Trinitatissonntag
Herr, was willst du, dass ich tun soll?
Apostelgeschichte 9, 6
Es kommt nicht
darauf an, ob wir religiös" sind, sondern darauf, dass Jesus unser Herr
wird.
„Religiös" war der Saulus auch, ehe er vor den Toren
von Damaskus obige Frage stellte. Und doch! Damit erlebte er einen großen
Zusammenbruch. Nach all seinem Eifern und Tun empfängt ihn bei Damaskus die
tiefe, heilige Stille vor dem Angesicht des Barmherzigen.
Und in dieser Stille reift die Erkenntnis: „Meine
Frömmigkeit war eigenes Produkt, war eine –- nicht einmal schöne –-Blüte meines
eigenen Herzens, – kurz, sie war fleischlich!" Aber: „Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes
Kinder."
Die
fleischliche Frömmigkeit betet: „Herr,
ich will, dass du dies und jenes tun
sollst!"
Der Heilige
Geist lehrt uns beten wie Paulus: „Herr,
was willst du, dass ich tun soll?"
Die fleischliche Frömmigkeit rühmt sich ihrer Taten und
Werke. Der geistliche Mensch. aber rühmt sich des Herrn, der ihn erlöst hat.
Die
fleischliche Frömmigkeit tröstet sich an sich selbst und ist sich selbst genug.
Der geistliche Mensch tröstet sich der Gnade Gottes in Jesus Christus.
Der fleischliche Mensch will „mit Gottes Hilfe" Gottes
Reich bauen. Der geistliche Mensch wird zum „auserwählten Rüstzeug" in das
Herrn Hand.
In der
fleischlichen Frömmigkeit bleibt der alte, natürliche Mensch ungebrochen. Der
geistliche Mensch gibt täglich sein altes Wesen in den Tod.
Der Herr mache uns, zu Geistesmenschen! Amen.
(Melodie: Ich dank dir
schon durch deinen Sohn)
Gib, dass ich meinen
Wandel' führ'
Im Geist, in deinem
Lichte,
Und als ein Fremdling lebe
hier
Vor deinem Angesichte.
13. Sonntag nach Trinitatis
… an welchem wir haben die Vergebung der
Sünden.
Kolosser 1, 14
Ein Mann Gottes
lag im Sterben. Seine Frau reichte ihm einen Schluck Wein: „Hier, mein lieber
Mann, hast Du eine Erquickung!"
Da richtete sich der Schwerkranke auf und sagte mit großem
Ernst und Nachdruck: „Die größte Erquickung im Sterben ist die Vergebung der
Sünden!"
Das ist ein
wahres Wort! Es muss schrecklich sein, mit seinen unvergebenen Sünden vor den
heiligen Gott treten zu müssen.
Wie köstlich
aber ist es, im Sterben zu wissen: „Meine Sünden sind getilgt im Blute Jesu.
Ich hin mit Gott versöhnt. Ich darf heimgehen!"
Ja, der Mann
hatte recht: „Die größte Erquickung im Sterben ist die Vergebung der
Sünden."
Aber nicht nur
im Sterben – o nein! im Leben, im vollen, blühenden Leben schon ist die
Vergebung der Sünden die größte Erquickung. Wie eine düstere Wetterwolke lagert
über dem Leben des unversöhnten Menschen die anklagende Schuld. Wie ein
unheimlicher heimlicher Unruheherd ist das böse Gewissen. „Der Übel größtes
aber ist die Schuld", sagt der Dichter. „Der übel größtes", schlimmer
als Sorgen, Krankheit, äußere Not!
Selig, wer
durch Jesus bekennen kann: „An ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut – die
Vergebung der Sünden!" Amen.
(Melodie: Ist Gott für
mich)
Der, der hat ausgelöschet,
Was mit sich führt den
Tod;
Der ist's, der rein mich wäschet,
Macht schneeweiß, was ist
rot.
In ihm kann ich mich
freuen,
Hab' einen Heldenmut,
Darf kein Gerichte
scheuen,
Wie sänst ein Sünder tut.
Montag nach dem 13. Trinitatissonntag
Er ist das Ebenbild des unsichtbaren
Gottes.
Kolosser 1, 15
Wo ist Gott?
Millionen Augen
weinen in Kummer und Leid! Wo ist denn Gott? – Tausende von Menschen zerbrechen
am Leben! Wo ist denn Gott? – Auf den Schlachtfeldern sinken Tausende dahin! In
Elendsquartieren der Großstädte hungern blasse Kinder nach Sonne! Wo ist denn
nur Gott? – Unzählige werfen verzweifelt ihr Leben fort! Blühende Jugend
verkommt in Sünde! – Gott, wo bist du?? „O dass du den Himmel zerrissest und
führest herab!"
Wo ist Gott?
Suchende
wandern in die Natur hinaus, ob da Gott vielleicht zu finden sei. Aber die
Natur bleibt stumm. Andere horchen in ihr rauschendes Blut und in ihr pochendes
Herz, ob da Gott vielleicht sich offenbare. Aber sie bleiben schauerlich allein
mit ihren Gedanken und ihrer Sehnsucht.
Wo ist Gott? Wo
ist denn nur Gott?? Ist denn diese Welt ganz gottverlassen?
Millionen haben ihre Sehnsucht erstickt. „Gott?!"
Lachen! „Gott? Es gibt keinen Gott. Lasst uns essen und trinken, denn morgen
sind wir alle tot!"
Wo ist denn
Gott??
Ein Ruf dringt
auf, aus der Bibel, ein Jubelruf: „Kommt und seht! Hier ist Gott, der lebendige
Gott! Das Leben ist erschienen! Und wir bezeugen und verkündigen euch das
Leben, das ewig ist! Gott ist gekommen!!"
„Wo?" „In Jesus!" lautet die Antwort. „Er ist das
Ebenbild des unsichtbaren Gottes!" – Der Jubelruf pflanzt sich fort.
Errettete preisen Jesus. Und wir? – Amen.
(Melodie: Einer ist König,
Immanuel sieget)
Jesus ist kommen, sagt's
aller Welt Enden,
Eilet, ach eilet zum
Gnadenpanier.
Schwäret die Treue mit
Herzen und Händen,
Sprechet: Wir leben und
sterben bei dir.
Herzensfreund, gürte mit
Wahrheit die Lenden.
Jesus ist kommen, sagt's aller
Welt Enden!
Dienstag nach dem 13. Trinitatissonntag
Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der
Gemeinde.
Kolosser 1, 18
Der Herr Jesus
und Seine Leute, die „er sich mit Blut erkauft", die gehören zusammen.
Nicht nur so,
wie der Freund zum Freunde gehört. Auch nicht nur so, wie Mann und Weib
zusammengehören in einer rechten Ehe. Sondern so, wie unser Kopf und unser Körper
zusammengehören.
Das sieht jeder
ein: Kopf und Körper gehören zusammen.
Der Mensch kann
weiterleben, wenn man ihm Arme und Beine abnimmt. Aber wenn man ihm den Kopf
abschneidet, dann ist es aus. Die Glieder sind tot ohne das Haupt.
So steht es
zwischen Jesus und Seiner Gemeinde.
Die Gemeinde
kann nicht ohne ihren Herrn sein. Zu Seinen Jüngern sagt der Herr Jesus: „Ohne
mich könnt ihr nichts tun." So ist es! Und der Apostel Paulus nennt den
Herrn Jesus Christus unser „Leben". „Euer Leben ist verborgen mit Christo
in Gott“ (Kolosser 3, 3).
Es ist klar:
Die Glieder können nicht ohne das Haupt sein, die Gemeinde Jesu nicht ohne
ihren Herrn.
Aber wunderbar
ist, dass Jesus sich so an Seine Gemeinde gebunden hat, dass das Haupt nicht
mehr ohne Seine Glieder sein kann und sein will. Er bindet sich geradezu an die
Seinen. Und darum hat Er ihnen versprochen und sich dafür verbürgt: „ich bin
bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." Amen.
(Melodie: O du Liebe
meiner Liebe)
Herz und Herz vereint
zusammen
Sucht in Gottes Herzen
Ruh.
Lasset eure Liebesflammen
Lodern auf den Heiland zu.
Er das Haupt, wir seine
Glieder,
Er das Licht und wir der
Schein,
Er der Meister, wir die
Brüder,
Er ist unser, wir sind
sein.
Mittwoch nach dem 13. Trinitatissonntag
Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der
Gemeinde.
Kolosser 1, 18
Was bedeutet
das?
Das Haupt denkt für
die Glieder. Nicht unsere Hand oder unsere Füße denken, was wir tun sollen.
Das Haupt ist der Sitz des Gehirns. Das Haupt denkt. So ist es auch in der
Gemeinde Jesu. Das Haupt denkt; sorgt und plant, was die Glieder tun sollen und
was mit ihnen geschehen soll.
Es war wohl je und dann so, dass die Glieder der Kirche Jesu
in Unglauben fielen und meinten: „Nun müssen wir planen und führen und sorgen."
So war es, als
Petrus meinte, er müsse den Herrn Jesus warnen vor dem Kreuzesweg: „Herr, das
widerfahre dir ja nicht!"
So war es, als
Petrus im Garten Gethsemane sein Schwert zog. Da meinte er, jetzt müsse er
einmal „Haupt" spielen und die Sache in die Hand nehmen.
So war es, als
die Gemeinde in Jerusalem mit Petrus zankte", weil er den heidnischen
Hauptmann Cornelius im Auftrag des Hauptes Jesus besucht und getauft hatte.
Auch da wollten die Glieder klüger sein als das Haupt.
So war es noch
oft in der Christenheit. Und so war es auch oft in unserem Leben.
Warum sind wir so töricht? Wir wollen doch ganz kindlich
abhängig werden von dem Haupte Jesu. „Er wird's wohlwachen!“ Amen.
(Melodie: Ermuntre dich,
mein schwacher Geist)
Tu als ein Kind und lege
dich
In deines Vaters Arme;
Bitt ihn und flehe, bis er
sich Dein,
wie er pflegt, erbarme;
So wird er dich durch
seinen Geist
Auf Wegen, die du jetzt
nicht weißt,
Nach Wohlgehaltnem Ringen
Aus allen Sorgen. bringen.
Donnerstag nach dem 13. Trinitatissonntag
Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der
Gemeinde.
Kolosser 1, 18
Stellen wir uns
einmal vor, unsere Glieder fingen eines Tages an zu streiken. Sie beschlössen,
sie wollten sich der Befehlsgewalt und Herrschaft des Gehirns entziehen und
selbständig werden.
Du liebe Zeit!
Das gäbe ein Gehampel und Gestrampel; das gäbe ein Durcheinander und Elend.
Ganz gewiss würden wir ein Gelächter und Gespött für die ganze Welt!
Nun, so
lächerlich diese Vorstellung ist – sie hat eine ernste Seite. „Jesus ist das
Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde!" Das bedeutet: Wenn die Gemeinde
Jesu nicht vor Menschen und Engeln mit Recht zum Gespött werden soll, dann muss
das Haupt die ganze und volle Befehlsgewalt haben. Dann muss auch das kleinste
Glied der Gemeinde Jesu ganz gehorsam
sein.
Sind wir Glieder
am Leibe Jesu? Das ist die erste und entscheidende Frage!
Sind wir
Glieder am Leibe Jesu? Dann geht es nicht an, dass wir irgendein Gebiet unseres
Lebens dem Gehorsam unter Jesus entziehen – etwa unsere Ehe, oder unser
Berufsleben, oder unsere Geldverhältnisse, oder unsere freie Zeit. Sonst werden
wir kranke, ja sterbende Glieder am Leibe Christi.
Dieser Gehorsam
in großen und alltäglichen Dingen ist schwer. Unser natürliches Wesen will sich
immer regen und selbständig sein. Es will Rebellionen machen gegen das Haupt.
Wie gut, dass der Herr uns Seinen guten Heiligen Geist gegeben hat. Möchte Er
durch den Heiligen Geist Recht Sieg haben in unserem Leben, dass wir willig
Ihm, dem Haupt, dienen! Amen.
(Melodie: Zeuch ein zu
deinen Toren)
Gib Freudigkeit und
Stärke,
Zu stehen in dem Streit,
Den Satans Reich und Werke
Uns täglich anerbeut;
Hilf kämpfen ritterlich,
Damit wir überwinden
Und ja zum Dienst der
Sünden
Kein Christ ergebe sich.
Freitag nach dem 13. Trinitatissonntag
Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der
Gemeinde.
Kolosser 1, 18
Wundersam ist
die Verbindung in unserem Leib zwischen Gliedern und Haupt!
Wenn dem
kleinen Finger nur der kleinste Schmerz zugefügt wird, dann wird das sofort
durch die Nerven dem Gehirn mitgeteilt. Es gibt keinen Schmerz, keine Wunde, an
der das Haupt nicht teilhätte.
Das gilt auch
für die Gemeinde Jesu, die des Herrn Leib ist.
Er, Jesus, ist
das Haupt. Er thront nicht in den Wolken, unberührt und unbekümmert um die Nöte
und Kämpfe der Seinigen, „in olympischer Ruhe".
O nein! Er ist
in engster und nahester Verbindung mit einem jeden Glied Seiner Gemeinde.
Trifft irgendein Glied eine Not, ein Leid, ein Schmerz: Jesus nimmt daran teil.
Unser Leid ist Sein Leid, unser Schmerz
ist Sein Schmerz, unsere Not ist Seine Not.
„Fürwahr, er
trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen." Dies Wort vom
Leiden Jesu dürfen wir auch in diesem Sinne verstehen.
Das ganze Neue
Testament zeugt davon. Jesus hörte das Rufen der bedrängten Gemeinde. Und als
sie betete, bewegte sich die Stätte. Jesus tröstete den sterbenden Stephanus überschwänglich
und ließ den Petrus aus des Todes Rachen befreien.
Jedes Glied des
Leibes Christi ist dem Haupt gleich nahe. Und sei es das Kleinste und Geringste
– es ist nie allein mit irgendeinem Schmerz. Jesus, das Haupt, weiß darum.
Welch reicher Trost! Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, dich zu uns wend')
Er ist voll Gift und
Freundlichkeit,
Voll Lieb und Treu zu
jeder Zeit.
Sein' Gnade währet dort
und hier
Und seine Wahrheit für und
für.
Sonnabend nach dem 13. Trinitatissonntag
… auf dass, der die Erstgeburten würgte,
sie nicht träfe.
Hebräer 11, 28
Gottes Volk in Ägypten!
Entsetzlich bedrückt vom Pharao.
Schon mehrmals
hat Gott dem Pharao sagen lassen: „Lass mein Volk ziehen!" Aber Pharao und
sein Volk verstocken ihr Herz.
Da lässt Gott
den Moses wissen: Heute Nacht wird der Würgengel durch Ägypten gehen und alle
Erstgeburt erschlagen.“ Tötend und schrecklich geht Gottes heiliges Gericht
über das Land.
Den meisten
Menschen ist diese Geschichte unfassbar. Sie können sich gar nicht mehr denken,
dass es so etwas gibt wie den Zorn und das Gericht Gottes. Man glaubt eher
alles mögliche, als dass man mit einem Gericht Gottes rechnet. Und man fürchtet
alles mögliche, nur nicht den heiligen Gott und Sein Gericht.
„Wer glaubt's
aber, dass du so sehr zürnest! Und wer fürchtet sich vor solchem deinem
Grimm?"
Wir haben einen
heiligen Gott, der keinen Kompromiss macht. Gottes Zorn entbrennt über alle
Ungerechtigkeit der Menschen." „Unser Gott kommt und schweiget
nicht."
Von Moses, dem
Manne Gottes, wissen wir, dass er ein furchtloser Mann war. Er verachtete das
Wüten Pharaos. Aber das Gericht Gottes fürchtete er. Und in heiliger Furcht
opferte er das Lamm, „auf dass der, der die Erstgeburten würgte, sie nicht
träfe."
So stehen die
Glaubenden: Das, was die Welt fürchtet, achten sie gering. Aber das, was die
Welt nicht achtet, den Zorn und das Gericht Gottes, – das fürchten sie und
suchen Rettung bei dem „Lamm, das der Welt Sünde trägt". Amen.
(Melodie: O Lamm Gottes
unschuldig)
O Lamm Gottes, unschuldig
Am Stamm des Kreuzes
geschlachtet,
Allzeit funden geduldig,
Wiewohl du warest
verachtet;
All Sünd' hast du
getragen,
Sonst müssten wir
verzagen.
Erbarm dich unser, o Jesu,
o Jesu!
14. Sonntag nach Trinitatis
Bekehret euch zu dem Herrn, eurem Gott.
Joel 2, 13
Es ist
wunderbar, wenn zwischen drohenden Gewitterwolken auf einmal ein Sonnenstrahl
durchbricht.
So ist dies
Wort Gottes. In Worten, die durch Mark und Bein gehen, spricht Joel von den
Gerichten Göttes. Und dann, fast unvermittelt, kommt diese zarte Bitte: „Bekehret
euch zu dem Herrn, eurem Gott!"
„Eurem Gott!" Das ist das Wunderbare: Dieser heilige
Gott, dessen Gerichte zermalmen, ist ja unser
Gott. Hier öffnet uns Gott Sein ganzes Herz. Es gehört zum Ergreifendsten, was
man sich denken kann, dass Gott einer abtrünnigen Welt so Sein Herz öffnet: „Ich
bin ja doch euer Gott. Ich will ja nichts lieber, als dass ihr das fassen und
glauben möchtet. So sehr bin ich, ihr Verirrten, ihr Verlorenen, euer Gott, dass
ich sogar mein Liebstes, meinen Sohn, dahingab für euch. Nun bekehret euch zu
mir!" Himmel und Erde halten den Atem an, ob wir diesen Worten Gottes
nicht folgen wollen.
Offene Arme breiten sich nach uns aus. Sollten wir nicht hineinlaufen?
Türen des ewigen Lebens stehen uns offen. Sollten wir nicht hindurchgehen?
Tun wir es nicht, dann haben wir nicht nur Gott, sondern
unsern Gott verschmäht. Das wird die Qual der Hölle sein, dass wir einen
Reichtum verwarfen, der uns schon zugeschrieben war.
O lasst uns
diesem Mutmachenden Wort fröhlich folgen! Amen.
(Melodie: Liebe, die du
mich zum Bilde)
Liebe, die mich hat
gebunden
An ihr Joch mit Leib und
Sinn,
Liebe, die mich überwunden
Und mein Herz hat ganz
dahin:
Liebe, dir ergeb ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.
Montag nach dem 14. Trinitatissonntag
Nun wir denn sind gerecht geworden durch
den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.
Römer 5, 1
Ein Prediger
des Evangeliums fragte einst einen Mann: „Haben Sie schon Frieden mit
Gott?" Erstaunt antwortete der: „Ich denke doch. Ich habe jedenfalls
nichts gegen ihn."
So denken
viele: „Wenn ich nichts gegen Gott habe, dann wird ja wohl alles in Ordnung
sein."
Man sollte sich
einmal fragen: „Hat Gott nicht vielleicht etwas gegen mich?" Und es ist in
der Tat so, dass Gott sehr viel gegen uns hat.
Der Gleichgültige, der sich einbildet, nun sei wohl zwischen
ihm und seinem „Herrgott" alles in Ordnung, gleicht einem törichten
Angeklagten, der im Gerichtssaal auf den Richter zugeht und sagt: „Herr
Richter! Hier meine Hand! Ich habe nichts gegen Sie. Also ist doch wohl alles
in Ordnung, und ich kann meiner Wege gehen."
Was würde wohl
ein Richter zu einem solchen törichten Mann sagen? Nun, und was sagt der
Richter der Toten und Lebendigen, der heilige Gott, zu uns?
Wir sind vor
Ihm Angeklagte. Es ist wichtig, dass wir uns diese unsere Stellung klarmachen.
Der natürliche Mensch hat keinen Frieden mit Gott. Alle seine Sünden stehen
gegen ihn auf und zeugen gegen ihn. Nein, der Friede mit Gott ist ganz und gar
keine selbstverständliche Sache.
Gerade darum ist das Wunder so groß, dass Menschen hier in
der Welt es bezeugen dürfen: „Wir haben Frieden mit Gott, – nicht einen
eingebildeten, sondern wirklichen Frieden durch Vergebung der Sünden."
Gott lasse uns
alle in solchem Frieden stehen! Amen.
(Melodie: Ach Gott und
Herr)
Ach Gott, zürn nicht, geh
nicht ins G'richt,
Dein Sohn hat mich
versühnet.
Zu dir flieh ich, verstoß
mich nicht,
Wie ich's wohl hab'
verdienet.
Dienstag nach dem 14. Trinitatissonntag
Josef antwortete: „Ich suche meine
Brüder."
1. Mose 37, 16
Da geht ein
junger Mann durchs Land. Sein ganzes Wesen zeigt eine innere Spannung.
Ein Mann hält
ihn an: „Wen suchest du?" Und der junge Josef antwortet: „Ich suche meine
Brüder."
Hätte der Mann
die Lage gekannt, er hätte sich sehr gewundert. „Meine Brüder!" Das waren
ja Männer, die dem Josef und dem Vater lauter Herzeleid bereitet hatten. Das
waren ja Männer, die einen anderen Geist und Sinn hatten, als er in den Hütten
der Erzväter, als er in Jakob und dem jungen Josef war.
Und trotzdem! –
nein, gerade darum sagt Josef: „Ich
suche meine Brüder."
Mit diesem Wort
beginnt eine Melodie zu erklingen; die durch die ganze Bibel geht. „Ich suche
meine Brüder", sagte Jesus, als Er vom Vater ausging zu denen, die Ihn hassten.
„Ich suche meine Brüder", sagte Er und ging zu – Seinen Mördern.
„Ich suche
meine Brüder“, sagte der Auferstandene und suchte am Galiläischen Meer Seine
Jünger, die Ihn verleugnet und verlassen hatten.
„Ich suche meine
Brüder“, sagten die ersten Christen und vergaben denen, die sie beleidigten und
verfolgten. „Ich suche meine Brüder!" Mit solchem Geist und Sinn ging
Ananias, der schlichte Mann aus Damaskus, zu dem Verfolger Saulus und begrüßte
ihn mit den Worten: „Lieber Bruder Saul!"
Je mehr
Barmherzigkeit wir empfangen, desto mehr dürfen wir weitergeben. „Nachdem uns
Barmherzigkeit widerfahren ist, werden wir nicht müde." Amen.
(Melodie: Von Gott will
ich nicht lassen)
Sollt wo ein Schwacher
fallen,
So greif der Stärkre zu;
Man trag', mein helfe
allen,
Man pflanze Lieb und Ruh.
Kommt, bindet fester an;
Ein jeder sei der
Kleinste,
Doch auch wohl gern der
Reinste
Auf unsrer Liebesbahn.
Mittwoch nach dem 14. Trinitatissonntag
Da das Ruben hörte, wollte er ihn aus ihren
Händen erretten, und sprach: „Vergießet nicht Blut, sondern werft ihn in die
Grube, die in der Wüste ist."
1. Mose 37, 21-22
Eine wilde,
furchtbare Szene!
Die Brüder
Josefs sind entschlossen, ihren Bruder umzubringen. Ihr Hass bricht wie eine
wilde Flut hervor.
Nur einer kann
nicht recht mit: Ruben. Ihm schlägt das Gewissen. Er fürchtet Gottes Gericht.
Was soll Ruben tun?
Ruben, nun
tritt hervor! Ruben, nun bekenne dich zum lebendigen Gott und zu Seinem
heiligen Willen! Ruben, nun stelle dich auf die Seite des einsamen Knechtes
Gottes, des Josef!
Nein – dazu
reicht es bei Ruben nicht. Er möchte doch bei der Welt in Ansehen bleiben.
Seine Brüder sollen ihn doch nicht für einen „frommen Mucker" halten.
„Wozu auch so
schroff Farbe bekennen?" denkt Ruben. „Ich werde schon einen Mittelweg
finden."
Und er fand
ihn. Nun hielten ihn seine Brüder für einen „forschen Kerl, der auch was
mitmacht". Und man konnte wohl doch noch heimlich den Willen Gottes tun. –
Wir hören bis
zu diesem Tag nicht auf, es immer wieder mit diesem elenden Mittelweg Rubens zu
versuchen, obgleich der schon
erfahren musste, dass Gott uns diese Halbheit nicht erlaubt.
Wie lange
hinket ihr auf beide Seiten?" fragte Elia das Volk auf dem Karmel – Und
der Herr Jesus sagt so ernst: „Ach, dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber
lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem
Munde."
Der Herr helfe
uns zu tapferer Klarheit! Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, dich zu uns wend')
Lass deines guten Geistes
Licht
Und dein hellglänzend
Angesicht
Erleuchten mein Herz und
Gemüt,
O Brunnen unerschöpfter
Gür'.
Donnerstag nach dem 14. Trinitatissonntag
Und Jakob zerriss seine Kleider und trug
Leid um seinen Sohn lange Zeit…
1. Mose 37, 34
Tiefer Jammer
ist in Jakobs Zelten. Ein Bote hat Josefs zerrissenen, blutigen Rock gebracht.
Da muss es ja klar sein: „Ein wildes Tier hat Josef zerrissen."
Auch das Herz
des großen Gottesknechtes Jakob ist zerrissen. „Er wollte sich nicht trösten
lassen", erzählt die Bibel.
Und doch – Josef
lebt. Und wenn er auch – von seinen rohen Brüdern als Sklave verkauft – einen
dunklen Weg geht, so geht er doch einen wundersamen und herrlichen Gottesweg.
Aber das sieht sein Vater nicht. Seine Augen sind gehalten.
Ist es bei uns
nicht auch oft so? Da führt der Herr uns in eine dunkle, schwere Not. Die
Kümmernis umgibt uns von allen Seiten. „Und wir wollen uns nicht trösten
lassen."
Können wir denn nicht glauben, dass jede Dunkelheit eine
heimliche Lichtseite hat? – nämlich von Gott her! Oh, es gibt so viel unnötiges
Klagen und Traurigsein auch bei Kindern Gottes. Wir sollten uns doch klarmachen
im Glauben, dass wir ja nie das Ganze übersehen. Und wo wir nur Schrecken,
Angst und Not sehen, da hat der Herr schon begonnen zu segnen.
Am deutlichsten
wird das am Kreuze Jesu Christi. Da sahen die Augen der Jünger nur Nacht und
Sterben und Bankrott. Da „zerrissen auch sie ihre Kleider und trugen Leid lange
Zeit". Währenddem hatte der Heiland schon triumphierend gerufen: „Es ist
vollbracht!" Und von jener Dunkelheit ist das größte Licht und Heil der
Welt ausgegangen. Gott, dein Weg ist heilig! Amen.
(Melodie: Alles ist an
Gottes Segen)
Gott muss man in allen
Sachen,
Weil er alles wohl kann
machen,
End' und Anfang geben
frei.
Er wird, was er
angefangen,
Lassen so ein End'
erlangen,
Dass es wunderherrlich
sei.
Freitag nach dem 14. Trinitatissonntag
Und der Herr war mit Josef, dass er ein
glückseliger Mann ward.
1. Mose 39, 2
Die Geschichte
eines rasenden Sturzes ist die Geschichte Josefs bis dahin. Ein junger Mensch,
der verwöhnte Liebling seines Vaters, wird von seinen harten Brüdern mit dem
Tode bedroht, dann als Sklave verkauft.
Entsetzliche
Etappen dieses Sturzes: der Marsch mit den Sklavenhändlern, die entwürdigende
Pein des Sklavenmarktes. Dann erwirbt ihn Potiphar, des Königs Kämmerer.
Und da, mitten
in der Geschichte dieses Sturzes dies Wort: „Und der Herr war mit Josef …"
Dies Wort zeigt auf einmal die erstaunliche Lage: Nein, es war kein Sturz. Es
sah wohl so aus. Aber in Wirklichkeit war Josef gehalten, getragen, immer schon
errettet von der Hand des Herrn.
Nicht anders
war die Lage der Apostel Jesu. Man entzog ihnen die Existenzgrundlage. Man
kündigte ihnen die Volksgemeinschaft. Ihre Kirche stieß sie aus. „Seht, jetzt
stürzen sie! Erledigt!" riefen die Welt und die Hölle.
Aber sie hatten
die Verheißung des Herrn Jesus: „Ich bin bei euch alle Tage …" Und nun war
der Sturz gar kein Sturz. Nun waren sie gehalten, getragen, schon errettet,
sogar mitten im Tode.
Das ist das
wundersame Geheimnis eines Christenlebens. Ober Abgründen schwebend – gehalten
von der Hand des Herrn. Wie sagt Paulus: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch
Leben, weder Engel noch Fürstentümer noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch
Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch keine andere Kreatur mag uns scheiden
von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserm Herrn." Amen.
(Melodie: So führst du
doch recht selig)
Du kennst, o Vater, wohl
das schwache Wesen,
Die Ohnmacht und der
Sinnen Unverstand;
Man kann uns fast an
unsrer Stirn ablesen,
Wie es um schwache Kinder
sei bewandt.
Drum greifst du zu und
hältst und tragest sie,
Brauchst Vaterrecht und
zeigest Muttertreu:
Wo niemand meint, dass
etwas deine sei,
Da hegst du selbst dein
Schäflein je und je.
Sonnabend nach dem 14. Trinitatissonntag
Und der Herr war mit Josef, dass er ein
glückseliger Mann ward.
1. Mose 39, 2
Es geht doch
wahrhaftig seltsam zu im Reiche Gottes!
„Der Herr war
mit Josef." Ja, wer war denn dieser Josef? – Ein armer, unbekannter,
kleiner Sklave; ein namenloser Fremdling in dem reichen, prächtigen Kulturland
'Ägypten.
Mit diesem jungen,
armseligen, unbekannten, elenden Sklaven war der Herr? – Ja, „der Herr war mit
Josef".
Er war nicht
mit dem einflussreichen Herrn Potiphar, sondern mit dem geringen Josef. Er war
nicht mit dem großmächtigen Pharao, sondern mit dem kleinen Josef. Er war nicht
mit den gelehrten ägyptischen Priestern, sondern mit dem schlichten Josef.
Und nun können
wir neutestamentlich fortfahren: Nicht mit den Pharisäern war der Herr, sondern
mit der bußfertigen Sünderin und dem heilsbegierigen Schächer.
Nicht mit dem stolzen Saulus war der Herr, sondern mit dem
zerbrochenen Paulus, der die Gerechtigkeit aus Gnaden suchte. Nicht mit dem
machtvollen Antichristen wird der. Herr sein, sondern mit Seiner armen,
verfolgten Gemeinde.
„Wo bleibt nun
der Ruhm?" sagt die Bibel. „Er ist ausgeschlossen." – „Was schwach
ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, dass er zu Schanden mache, was stark
ist; und das Verachtete und das da nichts ist, hat Gott erwählt, dass er
zunichte mache, was etwas ist, auf dass sich vor ihm kein Fleisch rühme"
(1. Korinther 1, 27 folgende).
Das ist nun
eine Tatsache, die der stolzen Welt sehr ärgerlich ist. Aber was hilft's? Er
sucht, wo ein gebeugtes und zerbrochenes Herz sich nach Ihm sehnt. Und dort
hält Er Einzug. Amen.
(eigene Melodie)
Hier legt mein Sinn sich
vor dir nieder,
Mein Geist sucht seinen Ursprung
wieder;
Lass dein erfreuend
Angesicht
Zu meiner Armut sein
gericht't.
15. Sonntag nach Trinitatis
Wie sollte ich denn nun ein solch groß
Übel tun und wider Gott sündigen?
1. Mose 39, 9
„Warum sollte
sie nicht?" Unter dieser Überschrift brachte einmal eine große Zeitung
einen Artikel. Darin waren allerlei prickelnde und leichtfertige Situationen
beschrieben, in die eine junge Frau kommen kann. Und dann hieß es: „Warum
sollte sie nicht ihrem heißen Blut folgen? Warum sollte sie nicht sich
ausleben? – sich amüsieren? – einmal ganz toll sein?"
So dachte auch das Weib des vornehmen Ägypters Potiphar. Und
so machte sie sich an den jungen Sklaven Josef heran. Sie war ihres Sieges gewiss.
„Warum sollte er nicht?" Er war ja so jung. Er stand ganz allein. Ja, war
es nicht eine Ehre für den Sklaven, wenn seine Herrin ihre Augen auf ihn warf?
So fordert sie ihn offen zur Sünde auf. „Warum sollte er nicht?"
Josef schlägt
alle ihre Gründe nieder mit einem einzigen Wort: „Gott!" „Wie sollte ich
denn ein solch groß Übel tun und wider Gott sündigen?"
Wie groß war
diesem Josef die Nähe, Wirklichkeit und Allgegenwart des lebendigen Gottes! Wie
stand dieser junge Mensch immer und überall vor Gott! Sein himmlischer Herr war
ihm wichtiger als die Ansicht und Meinung der Menschen, von denen er – wohl als
einziger Mann in ganz Ägypten – innerlich ganz frei war.
Wir sehen hier, wie der stete Wandel vor den Augen Gottes
ein starker Schutz ist. Wir müssen ja auch, wie Josef, alle durch mancherlei
und viele Anfechtungen und Versuchungen hindurch. Da helfen uns nicht gute
Vorsätze, sondern nur das Leben und Stehen vor den Augen des Herrn. Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
Führ uns, Herr, in
Versuchung nicht,
Wenn uns der böse Geist
anficht;
Zur linken und zur rechten
Hand
Hilf uns tun starken
Widerstand.
Im Glauben fest und
wohlgerüst't
Und durch des Heil'gen
Geistes Trost.
Montag nach dem 15. Trinitatissonntag
Wie sollte ich denn nun ein solch groß
übel tun und wider Gott sündigen?
1. Mose 39, 9
In eine
furchtbar schwere Entscheidung ist Josef gestellt. Das leichtsinnige Weib
seines Herrn hat ihre Augen auf ihn geworfen und fordert ihn offen auf zur
Sünde.
Josef kennt den
Willen Gottes wohl: „… dass wir keusch und züchtig leben in Worten und
Werken." Und er will mit Gottes Hilfe Gottes Weg gehen. – „Aber",
sagt die Vernunft, „bedenkst du auch, was daraus wird? Bedenkst du auch, dass
dies gefährliche Weib ihren ganzen Hass auf dich werfen wird?"
„Ich weiß
es", denkt Josef. Und er sieht wohl im Geist den schweren, schweren Weg
vor sich, in den ihn sein Gehorsam gegen Gottes Gebot bringt. Und doch: „Wie
sollte ich ein solch großes übel tun und wider Gott sündigen?"
Es gibt ein
deutsches Verslein. Das heißt:
Der eine fragt: „Was kommt
danach?"
Der andre: „Ist es
recht?"
Und also unterscheidet
sich
Der Freie von dem Knecht.
Nach diesem
Vers war Josef ein freier Herr, obwohl er ein Sklave war. Denn er fragte nicht:
„Was kommt danach? Verderbe ich mir nicht meine Stellung?" Sondern er
fragte: „Was ist recht vor Gott?"
Unsere Väter
sagten: „Es ist nicht gut noch geraten, etwas wider das Gewissen zu tun."
Und der Herr
Jesus sagt: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber
nicht mögen töten. Fürchtet euch aber vor dem, der Leib und. Seele verderben
kann in die Hölle."
Gott mache uns
frei von falscher Furcht und schenke uns die rechte Furcht vor dem heiligen
Gott! Amen.
(Melodie: Einer ist König,
Immanuel sieget)
Jesu, hilf siegen und lass
mir's gelingen,
Dass ich das Zeichen des
Sieges erlang,
So will ich ewig dir Lob
und Dank singen,
Jesu, mein Heiland, mit
frohem Gesang.
Wie wird dein Name da
werden gepriesen,
Wo du, o Held, dich so
mächtig erwiesen!
Dienstag nach dem 15. Trinitatissonntag
Aber der oberste Schenke gedachte nicht
an Josef, sondern vergaß ihn.
1. Mose 40, 23
In welche
Geduldsproben kann Gott doch Seine liebsten Kinder stellen!
Josef sitzt im
Gefängnis. Unschuldig! Jahr uni Jahr vergeht. „Wo ist nun dein Gott?"
Können wir es
nicht gut verstehen, dass Josef neue Hoffnung bekommt, als er einem hohen
Hofbeamten einen Gefallen tun kann? So bittet er ihn: „Gedenke meiner, wenn
dir's wohl geht, und tue Barmherzigkeit an mir!" Nun ist der oberste
Schenk eine kurze Zeit Josefs ganze Hoffnung.
„Aber der
vergaß Josef." Es ist so bitter, wenn Hoffnungen untergehen, die man auf
Menschen gesetzt hat. Da blutet das Herz.
Und doch können
uns diese schmerzlichen Erfahrungen nicht erspart bleiben. Solche Erlebnisse
gehören zur Erziehungsschule des treuen Gottes. Er zerschlägt uns alle falsche
Zuversicht, alles Trauen und Hoffen auf Menschen, damit wir alle unsere
Hoffnung auf Ihn stellen lernen. „Du, du bist meine Zuversicht alleine, / sonst
weiß ich keine."
„Der oberste
Schenke gedachte nicht an Josef, sondern vergaß ihn." Nun, mochte er es
immerhin tun. Was verschlug's? Es gab einen anderen, „der gedachte an Josef und
vergaß ihn nicht". Und das war der treue Gott.
Wir klagen wohl
mit der alttestamentlichen Gemeinde oft: „Der Herr hat mein vergessen."
Aber Er antwortet (Jesaja 49, 15): „Kann auch ein Weib ihres Kindleins
vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie
desselben vergäße, so will ich doch dein nicht vergessen." Amen.
(Melodie: Hier liegt mein
Sinn)
Drum will die Sorge meiner
Seelen
Ich dir, mein Vater, ganz
befehlen;
Ach drücke tief in meinen
Sinn,
Dass ich in dir schon
selig bin.
Mittwoch nach dem 15. Trinitatissonntag
Aber da war keiner, der dem Pharao seine
Träume deuten konnte.
1. Mose 41, 8
Das war eine
schreckliche Verlegenheit! Es gab heiße Beratungen, Kopfschütteln, Nachdenken,
Not und Furcht im Palast des Ägypter-Königs. Der hatte zwei Träume gehabt und
bestand darauf: „Diese Träume sind von Gott. Er will mir etwas sagen!"
Ja, was denn
nur? Alle Wahrsager, Weisen, Priester und Gelehrten waren in großer Not.
In der Tat
waren diese Träume von Gott. Sie waren Gottes Wort an Pharao.
Aber er
verstand es nicht. Was lag näher, als die Weisen seines Reiches zu rufen! Aber
die verstanden es auch nicht, dies Wort Gottes an Pharao. Und das waren doch
sehr kluge, verständige und weise Leute. Wir bewundern ja noch heute die hohe
Kultur der Ägypter jener Tage.
Da wird nun
ganz deutlich, dass aller Menschengeist nicht ausreicht, das Wort Gottes zu
verstehen, zu begreifen und zu fassen. Hier versagt auch der höchste Geist.
Ach, wie ratlos haben die hohen Geister aller Zeiten vor dem Worte Gottes
gestanden!
Um Gottes Wort
zu fassen, bedarf es eines erleuchteten Verstandes, eines Sinnes, den der Geist
Gottes selbst erleuchtet hat. Was die ägyptischen Weisen nicht begriffen, das
verstand der arme, einfältige Josef, – weil Gottes Geist in ihm war.
Wie wichtig ist
es doch, dass wir recht um den Geist der inneren Erleuchtung bitten! Dann wird
uns Gottes Wort hell und klar. Amen.
(Melodie: Wie schön
leuchtet der Morgenstern.)
Du Quell, draus alle
Weisheit fließt,
Die sich in fromme Seelen
gießt,
Lass deinen Trost uns
hören,
Dass wir in Glaubenseinigkeit
Auch können alle
Christenheit
Dein wahres Zeugnis
lehren.
Höre, lehre, dass wir
können
Herz und Sinnen dir
ergeben,
Dir zum Lob und uns zum
Leben.
Donnerstag nach dem 15. Trinitatissonntag
Da aber Jakob sah, dass Getreide in Ägypten
feil war, sprach er zu seinen Söhnen: „Was sehet ihr euch lange um? Ziehet
hinab und kauft uns Getreide, dass wir leben und nicht sterben."
1. Mose 42, 1-2
Hungersnot! Ein
furchtbares Wort!
Von allen
Seiten stürmt das hungrige Volk zusammen zu dem einen Mann, der der Retter
geworden ist, zu Josef. „Hier gibt's Brot!" erzählt man sich.
Das Gerücht ist
auch in die Zelte Jakobs gekommen: „In Ägypten ist ein Mann, der hat Brot die
Fülle."
Da fährt der
alte Jakob auf: „Was sehet ihr euch lange uni? Ziehet hinab!"
Ein gutes Wort!
Und man möchte es heute den vielen Millionen Menschen zurufen, die auch Hunger
leiden. Es gibt einen Hunger, der nicht aus dem Magen kommt. Das ist der Hunger
des Herzens nach Leben, nach Frieden, nach Freude.
„Was sehet ihr
euch um?" O ja, die Menschen schauen sich um, wie sie diesen Hunger
stillen könnten. Und sie versuchen's auf mancherlei Weise: in Arbeit und
Zerstreuung, in Vergnügen und Sünde, in lärmenden Festen und an heimlichen
Quellen.
Aber es gilt:
„Sie essen und sind doch
nicht satt,
Sie trinken, und das Herz
bleibt matt;
Denn es ist lauter
Trügen."
„Was seht ihr
euch lange um?" Es ist so unfassbar; denn der Eine ist ja da, der „Leben
und volles Genüge" gibt, der „die hungrige Seele sättigt", der Leben,
Friede und Freude gibt. Es ist Jesus Christus. Lasst uns zu Ihm gehen, „dass
wir leben und nicht sterben"! Amen.
(Melodie: Mein
Herzensjesu, meine Lust)
Ach, sucht doch den, lasst
alles stehn,
Die ihr das Heil begehret;
Er ist der Herr, und
keiner mehr,
Der euch das Heil
gewähret.
Sucht ihn all Stund von
Herzensgrund,
Sucht ihn allein; denn
wohl wird sein
Dem, der ihn herzlich
ehret
Freitag nach dem 15. Trinitatissonntag
Wir sind redliche Leute!
1. Mose 42, 11
Einen
unbändigen Drang hat der Mensch, das Unbekannte zu entdecken. Wir haben die
fernsten Erdteile, die Einsamkeit der heißen Wüste und die leblosen Eisfelder
der Pole entdeckt. Wir haben die Luft erobert, und unsere Fernrohre bringen die
Entferntesten Welten an unser Auge. Wir entreißen der Natur ihre Geheimnisse,
und nichts soll und darf unentdeckt bleiben.
Nur ein Land kennen wir nicht. Und das wäre
doch das erste, was wir entdecken sollten: unser eigenes Herz.
Da stehen die
Brüder Josefs vor ihrem Bruder. Er ist ein Fürst in Ägypten geworden. Darum
erkennen sie ihn nicht. Aber er erkennt sie. Vor seiner Seele steht all das
Furchtbare auf, das sie dem Vater und ihm antaten. Ermorden wollten sie ihn.
Schließlich haben sie ihn um schnödes Geld als Sklave verkauft.
Sie erkennen
ihn nicht. Darum merken sie nicht, dass er sich verstellt, als er sie anfährt:
„Ihr seid Kundschafter!"
Da werfen sie
sich in die Brust: „Wir sind redliche Leute.“ „Redliche Leute!" Menschen,
deren Sünden zum Himmel schreien! Menschen, die alle Gebote Gottes übertreten
haben! „Redliche Leute!"
Sie wollen gar
nicht lügen, als sie das sagen. Sie meinen wirklich, es sei so. So wenig wir
lügen wollen, wenn wir uns vor Gott als redlich behaupten. Und sie beweisen
damit, wie wenig sie sich selbst kennen.
Vieles hat sich
seit der Zeit Josefs geändert, aber nicht die Harmlosigkeit des Menschen in der
Beurteilung seines Selbst. Wie wichtig ist es, zu bitten und zu rufen: „Herr,
zeige mir mein Herz!" Amen.
(Melodie: Nun sich der Tag
geendet hat)
Komm, führe unsre stolze
Art
In deine Demut ein!
Nur wo sich Demut offenbart,
Kann Gottes Gnade sein.
Sonnabend nach dem 15. Trinitatissonntag
Sie sprachen untereinander: „Das haben
wir an unserm Bruder verschuldet."
1. Mose 42, 21
Es gibt eine
alte Sage: Ein Ritter hat seinen Bruder erschlagen. Er befiehlt seinem Knecht, die
Blutlache in der Schlosshalle wegzuwischen. Aber als er am nächsten Morgen in
die Halle kommt, ist die Blutlache wieder da.
Der Ritter
tobt. Der Knecht eilt herbei und wischt das Blut von neuem auf.
Am nächsten Tag
ist die Blutlache wieder da. Der Ritter lässt die Bretter des Bodens ausbrechen
und neue einbauen. Aber mit dem neuen Tag ist die Blutlache wieder da.
So erzählt die
Sage. Sie will eine tiefe Wahrheit bezeugen, die ein alter Gottesmann so
ausdrückte: „Ich glaube an die Auferstehung der Sünden."
Das erfuhren
Josefs Brüder. Sie haben ihren Bruder als Sklaven verkauft. Jahre sind darüber
ins Land gegangen. Es scheint Gras über die alte Geschichte gewachsen zu sein.
Da fängt Gott
an. Und alte Sünden werden lebendig. „Das haben wir an unserem Bruder
verschuldet…"
Es kann lange
dauern, bis unsere Sünden auferstehen. Es kann bis zum Jüngsten Gericht dauern.
Doch es muss nicht so lange dauern. Eins aber ist gewiss: „Es gibt eine
Auferstehung der Sünden." Das ist eine furchtbare Wahrheit!
Aber – Gott sei
gelobt – es gibt auch eine „Vergebung der Sünden" durch Jesu Blut.
Lasst uns
Vergebung suchen, solange es Zeit ist. Amen.
(Melodie: Wunderbarer
König)
Herr, es hat noch keiner,
Der zu dir gegangen,
Statt der Gnade Recht
empfangen.
Wer zu deinen Füßen
Sich mit Tränen senket,
Dem wird Straf' und Schuld
geschenket.
Unser Schmerz
Rührt dein Herz,
Und du willst der Armen
Gnädig dich erbarmen.
16. Sonntag nach Trinitatis
Ruhen sprach: „Sagte ich's euch nicht,
da ich sprach: Versündigt euch nicht an dem Knaben! und ihr wolltet nicht
hören?"
1. Mose 42, 22
Es ist eine
ernste Sache, wenn Gott unsere Sünde heimsucht. Das erlebten die Söhne Jakobs,
die ihren Bruder Josef in die Sklaverei verkauft hatten. Nun kommen sie in
Ägypten in große Not und merken: Jetzt sucht Gott unsere Sünden heim.
Nur einer versteht nichts davon: Ruben. Recht zur Unzeit
platzt er mit seiner törichten Weisheit hinein in ein bußfertiges Gespräch. „Sagte
ich's euch nicht? Ich hab's ja vorher gewusst!"
Ja, allerdings! Der Ruben hat damals gewusst, dass das Tun
Sünde war. Aber gesagt hat er es nicht. Zum Schein hat er damals mitgemacht. Gewiss,
er wollte den Josef heimlich retten. Aber er hat nicht erklärt: „Es ist Sünde,
was ihr tut! Fürchtet Gott!" – Und wenn er nun meint, seine Schuld sei
geringer, so irrt er. Seine Schuld ist größer als die der anderen.
Denn das ist
die größte Schuld: wenn man die Erkenntnis hat und doch zur Sünde schweigt. Der
Herr sagt sehr ernst: „Wenn ich zum Gottlosen sage: Du Gottloser musst sterben!
und du sagst ihm solches nicht, dass sich der Gottlose warnen lasse, so wird
wohl der Gottlose um seines gottlosen Wesens willen sterben; aber sein Blut
will ich von deiner Hand fordern" (Hesekiel 33, 8).
Der Ruhen ist
eine ernste Warnung für uns alle, die wir die Gebote Gottes kennen. Wie oft
handeln wir wie Ruhen: Wir machen bei den Dingen der Welt zum Scheine mit; wir
schweigen zu offenbaren Sünden, weil wir nicht den Mut haben, gegen den Strom
zu schwimmen.
Der Herr Jesus aber will, dass Seine Leute ein „Salz und ein
Licht" der Welt seien. Dazu will Er uns durch Seinen Geist ein
unerschrockenes Herz schenken, das sich selbst der Sünde weigert und andere zur
Buße rufen kann. Amen.
(Melodie: O Durchbrechet
aller Bande)
Gib Elias heil'ge Strenge,
wenn den Götzen dieser Zeit
Die verführte, blinde
Menge Tempel und Altäre weiht,
Dass wir nie vor ihnen
beugen
Haupt und Knie, auch nicht
zum Schein,
Sondern fest als deine
Zeugen
Dastehn, wenn auch ganz
allein.
Montag nach dem 16. Trinitatissonntag
Juda sprach: „Was sollen wir sagen, oder
womit können wir uns rechtfertigen? Gott hat die Missetat deiner Knechte
gefunden."
1. Mose 44, 16
Parforce-Jagd!
In wilder
Flucht sucht das Wild zu entrinnen. – Vergeblich!
Von allen
Seiten brechen die Jäger hervor. – Das Wild ist umstellt. –- Kein Ausweg mehr!
– Die Jagd ist aus! Die Flucht zu Ende.
Das ist die
Geschichte des Juda. Sein Leben war eine Flucht, eine atemlose Flucht. Und der
Jäger, der ihn verfolgte, war – Gott!
Durch Jahre
ging die Flucht. Viel Sünde und Schuld hat das Gewissen unruhig gemacht. Nun
ist die Flucht zu Ende. Gott hat den Juda eingeholt. „Was sollen wir sagen, und
womit sollen wir uns rechtfertigen? Gott hat unsere Missetat gefunden."
So sprach Juda.
Das Seltsame ist: In diesem Augenblick war Juda wirklich unschuldig.
Und doch – kein
Wort der Verteidigung oder Entschuldigung. Hier ist nur noch Zittern und
Furcht: „Gottes Hand hat mich gepackt. Gott hat meine Missetat gefunden."
Die Flucht ist
zu Ende! Die Jagd ist aus! Für Juda! – Aber nicht für Tausende in unseren
Tagen, die auch auf der Flucht vor Gott sind und noch meinen, man könne Ihm
entrinnen. Ja, warum flüchten wir denn? Warum verfolgt uns denn Gott? Darum – Juda
erfuhr es, und wir dürfen es auch erfahren – um uns Seine Gnade zu schenken.
Wie töricht sind wir Menschen! Wie gnädig ist Gott! Amen.
(Melodie: Auf meinen
lieben Gott)
Wo soll ich fliehen hin,
Weil ich beschweret bin
Mit viel und großen
Sünden?
Wo soll ich Rettung
finden?
Wenn alle Welt herkäme,
Mein Angst sie nicht
wegnähme.
O Jesu voller Gnad,
Auf dein Gebot und Rat
Kommt mein betrübt Gemüte
Zu deiner großen Güte:
Lass du auf mein Gewissen
Ein Gnadentröpflein
fließen.
Dienstag nach dem 16. Trinitatissonntag
Da kam Josef und sagte es Pharao an: „Mein
Vater und meine Brüder, ihr Vieh und alles, was sie haben, sind gekommen."
1. Mose 47, 1
Josef, der
Fürst in Ägypten, tritt vor seinen König: „Meine Brüder sind gekommen." „Meine
Brüder!" – Das sind doch die Männer, die ihm unendliches Leid bereitet
haben. Will er denn das alles gar nicht mehr ansehen? Will er sie denn noch
Brüder heißen?
„… und ihr
Vieh!" Weiß Josef denn auf einmal nicht mehr, dass Viehhirten den Ägyptern
ein Gräuel sind?
Oh, Josef weiß
das alles. Und doch – er scheut sich nicht, sie Brüder zu heißen.
„Er schämt sich
nicht, sie Brüder zu heißen", das sagt die Bibel von dem Sohne Gottes, von
Jesus. Und nun verstehen wir auf einmal, warum die ersten Christen auf jeder
Seite des Alten Testamentes „Jesus" lasen.
Dieser Josef
ist ja auch eine Verheißung auf Ihn, der sich „nicht schämt, uns Brüder zu
heißen".
Er hätte wohl
Grund genug, sich unser zu schämen! Haben wir Ihn nicht ärger betrübt als die
Brüder den Josef? Haben wir alle nicht Ihn ans Kreuz gebracht?
Ich, ich und meine Sünden,
Die sich wie Körnlein
finden
Des Sandes an dem Meer,
Die haben dir erreget
Das Elend, das dich
schlüget,
Und das betrübte
Marterheer.
Ja, sind wir
nicht, so wie wir sind, dem heiligen Gott „ein Gräuel"? Ist nicht unsere
verkehrte und widerstrebende Art Gottes Art ganz entgegengesetzt?
Ach, wir könnten
es gut verstehen, wenn der Sohn Gottes sich unser schämte. Und es ist „frohe
Botschaft", die das Herz fröhlich macht, zu erfahren: „Er schämt sich
nicht, uns Brüder zu heißen." Amen.
Mittwoch nach dem 16. Trinitatissonntag
So wollest du deinem Knecht geben ein
gehorsames Herz.
1. Könige 3, 9
Fast wie im
Märchen erging es dem jungen König Salomo!
Er hat einen
Wunsch frei! „Der Herr erschien Salomo im Traum und sprach: Bitte, was ich dir
geben soll!"
Es gibt wohl kaum einen Menschen, der sich nicht einmal im
Spiel der Phantasie solch eine Lage ausgedacht hätte, wo er frei wünschen kann,
was er will.
Ja, was würden
wir uns denn in solch einer Lage wünschen?
Eins ist wohl
ziemlich sicher: Es wäre kaum einer auf den Wunsch des jungen Salomo gekommen:
„So wollest du deinem Knecht geben ein gehorsames Herz."
Das ist ganz
groß! Aus diesem Wort spricht wirklich die tiefe Erkenntnis, wo die Quelle
aller unserer Nöte ist: im Ungehorsam gegen den lebendigen Gott.
Es ist nicht von ungefähr, dass Salomo um ein gehorsames
Herz bat. Man muss einmal die vorhergehenden Kapitel lesen, wo Salomo schwere
Entscheidungen trifft. Und es ist nicht immer klar, ob sie nicht aus Zorn und
Temperament getroffen wurden. Diese Dinge haben Salomo in Not gebracht.
Und da entsteht
in ihm das Verlangen: „Ich will tun, was Gott will; Er soll meine
Entscheidungen regieren."
Wir möchten das
ja wohl auch. Aber – wir können
nicht gehorsam sein, wenn Gott selbst uns nicht ein gehorsames Herz schenkt.
Darum ist Salomos Gebet nun ein Gebet aller Knechte Gottes. „Herr, gib mir ein
gehorsames Herz!" Amen.
(Melodie: Herr Christ, der
einig Gotts Sohn)
Vertreib aus meiner Seelen
Den alten Adamssinn,
Und lass mich dich
erwählen,
Auf dass ich mich forthin
Zu deinem Dienst ergebe
Und dir zu Ehren lebe,
Weil ich erlöset bin.
Donnerstag nach dem 16. Trinitatissonntag
Gott sprach: „Weil du solches bittest,
und bittest nicht um Reichtum, noch um deiner Feinde Leben, so habe ich getan
nach deinen Worten. Dazu habe ich dir auch gegeben Reichtum und Ehre."
1. Könige 3, 11-13
„Du tust doch
über Bitten und Verstehen."
Das hat der
junge König Salomo erfahren. Der Herr hat zu ihm gesagt: „Bitte, was ich dir
geben soll!" In, diesem Augenblick zog sicher eine Menge irdischer Wünsche
durch sein Herz. Aber er bedachte: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes
und nach seiner Gerechtigkeit." So bat er um ein gehorsames Herz.
„Das gefiel dem
Herrn wohl." Und der Herr erfüllt ihm nun nicht nur seine Bitte, sondern
gibt ihm darüber hinaus überschwänglich mehr, als er versteht, bittet und
begehrt.
So ist unser
Gott, der in Jesus Christus unser Vater ist. Wo Er nur sieht, dass ein Herz
fest auf Ihn gerichtet ist, da ist es Ihm eine Lust, Gutes zu tun.
Wie zu Salomos
Zeiten, so ist Sein treues Vaterherz auch heute noch gegen Seine Kinder
gesinnt. Und weil Er so ein reicher Vater ist, der über alle Güter verfügt,
haben es Seine Kinder so gut bei Ihm. Ihr Herz ist allzeit fröhlich über Seine
Gaben.
Es wird wohl
kein Kind Gottes geben, das nicht bekennen müsste: „Der Herr hat mir immer
mehr, viel mehr Gutes getan, als ich zu bitten wagte und erhoffte."
Wir sind wohl
arme Bettler. Aber lasst uns doch im Glauben offene Hände haben für Gottes
Gaben. Amen.
(Melodie: Dir, dir,
Jehova, will ich singen)
Wohl mir, dass ich dies
Zeugnis habe;
Drum bin ich voller Trost
und Freudigkeit
Und weiß, dass alle gute
Gabe,
Die ich von dir verlanget
jederzeit,
Die gibst du und tust überschwänglich
mehr,
Als ich verstehe, bitte
und begehr.
Freitag nach dem 16. Trinitatissonntag
Jesus aber sprach: „Vater, vergib ihnen;
denn sie wissen nicht, was sie tun!"
Lukas 23, 34
Da sind die
Henkersknechte!
Oh, sie haben
schon manchen Verbrecher hingerichtet. Ihr Herz bleibt kalt dabei. Kalt bleibt
es, als sie Jesus aufs Kreuz legen, unberührt, als sie Ihn festnageln. Diese
Hammerschläge lassen das Volk erschrecken, sie machen die Jünger verzagt. Diese
Hammerschläge lassen die Hölle erzittern und den Himmel erstaunen.
Aber die
Knechte bleiben kalt. „Sie wissen nicht, was sie tun." Sie wissen nicht, dass
ihre befleckten Hände den größten Priesterdienst tun, der je geschah.
Alljährlich
brachte im Tempel zu Jerusalem der Hohepriester das Opfer dar zur Versöhnung
des sündigen Volkes mit Gott. O seltsam! Diesmal opfern die Henkersknechte. Das
Kreuz ist der Altar, das Opferlamm zur Versöhnung der Welt mit Gott ist Jesus,
der Sohn Gottes.
„O Lamm Gottes,
unschuldig / am Stamm des Kreuzes geschlachtet, / allzeit erfunden geduldig, /
wiewohl du warest verachtet: / All Sünd hast du getragen, / sonst müssten wir
verzagen."
Aber die
Knechte sind blind. Sie hämmern und hämmern und wissen nicht, was sie tun.
Jesus stellt
diese Blindheit der Herzen fest. Aber nicht mit der sachlichen Kühle eines
Arztes. Nein, diese Blindheit erbarmt Ihn. Darum bittet Er für sie: „Vater,
vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun!"
Sind wir auch
blind vor dem Kreuz? Die größte Tat der Weltgeschichte ist der Kreuzestod des
Sohnes Gottes. Unzählige Scharen Erlöster werden in der Ewigkeit einmal anbeten
vor dem „Lamm, das erwürgt ist".
Mögen Tausende
blind sein vor dem Kreuz Jesu Christi – das größte und seligste Heil, Frieden
mit Gott und ewiges Leben, haben verlorene Sünder hier gefunden. Amen.
(Melodie: Herzliebster Jesu,
was hast du verbrochen)
Herr, stärke mich, dein
Leiden zu bedenken,
Mich in das Meer der Liebe
zu versenken,
Die dich bewog, von aller
Schuld des Bösen
Uns zu erlösen.
Sonnabend nach dem 16. Trinitatissonntag
Auf dass erfüllt würde die Schrift, die
da sagt: „Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und über meinen Rock das
Los geworfen." Solches taten die Kriegsknechte.
Johannes 19, 24
Da sind die
römischen Soldaten!
Lachend teilen
sie die geringe Beute. Es war Sitte, dass sie die Kleider der Gerichteten
bekamen. Nun sitzen sie und würfeln um den Rock Jesu.
über ihren Häuptern
kämpfte und starb der Sohn Gottes. Kämpfend und sterbend riss Er die Tür zum
Paradiese auf, die seit dem Sündenfall verschlossen war. Ja, über ihnen
öffneten sich die Gnadenpforten. Gott breitete in Jesus Seine Arme aus nach
Sündern.
Aber die Kriegsknechte
sahen von all dem nichts. Ein wenig irdischer Tand war ihnen wichtiger.
Wie viele gibt
es, die um der irdischen Dinge willen ihre Seligkeit verspielen und verwürfeln.
Gewiss sind die irdischen Sorgen nicht unwichtig. Aber wehe uns, wenn wir um des
„Kinderspiels am Wege" willen die Errettung versäumen! Lasst uns nicht so
stumpf sein wie die Kriegsknechte!
Um Jesu Kleid
war ihnen zu tun. Wenn wir einmal sterben, legen wir alle Kleider ab. Und am
Jüngsten Tage stehen wir arm, nackt und bloß vor Gott. Wie furchtbar, so bloß
vor Gott zu stehen!
Nicht alle
stehen bloß vor Gott. Die Offenbarung sagt von den Jüngern Jesu: „Ihnen ward
ein weißes Kleid gegeben. Das ist die Gerechtigkeit der Heiligen." Selig,
wer im Gericht sich kleiden kann in Jesu Gerechtigkeit.
Die
Kriegsknechte zankten um den armen Rock. Und das Kleid der Gerechtigkeit, das
Jesus ihnen geben wollte, verachteten sie. – Und wir? „Trachtet am ersten nach
dein Reiche Gottes und nach seiner
Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen." Amen.
(Melodie: Nun lasset uns
den Leib begrab'n)
Christi Blut und
Gerechtigkeit,
Das ist mein Schmuck und
Ehrenkleid,
Damit will ich vor Gott
bestehn,
Wenn ich zum Himmel werd'
eingehn.
17. Sonntag nach Trinitatis
Und das Volk stand und sah zu.
Lukas 23, 35
Da ist das
Volk!
Wie blind ist
doch der natürliche Mensch vor den göttlichen Dingen! „Und das Volk stand und
sah zu."
Dumpf klingen
die Hammerschläge, die Jesus ans Kreuz nageln. Und das Volk sieht zu.
Hoch ragt das
Kreuz auf Golgatha, an dein das Lamm Gottes stirbt. Und das Volk sieht zu.
Sonst nichts!
Sie nehmen es zur Kenntnis. Sonst nichts! Sie sind alle der Meinung: Das geht
uns im Grunde nichts an.
So stehen auch
die meisten Menschen unserer Tage. Sie nehmen Jesu Tod zur Kenntnis. Aber sie
meinen: „Ernstlich geht es mich nichts an. Die Gegenwartsdinge sind
wichtiger."
Das ist der
innere Tod!
Da zuckt der
Wetterstrahl des Zornes vom heiligen Gott – ja, gnädigerweise nicht über die
Sünder, sondern stellvertretend über Jesus. Hier an Jesus, der unsere Sünde
trägt, zeigt Gott, wie ernst Er die Sünde nimmt. Und das Volk meint: Das geht
mich nichts an!
Das ist der
innere Tod.
Da reißt Gott
den Himmel entzwei und opfert Seinen Sohn und schafft eine ewige Errettung.
Und das Volk
steht und meint: Das geht mich nichts an.
Dass uns Gott
doch alle von solcher Blindheit befreien wollte! Dass Sein Geist uns zum Leben
erwecken möchte! Dass wir merkten: „Das geht ja mich an! Um mich und meine
Sache geht es am Kreuz Jesu!" Amen.
(Melodie: O Welt, sieh
hier dein Leben)
Ich, ich und meine Sünden,
Die sich wie Körnlein
finden
Des Sandes an dem Meer,
Die haben dir erreget
Das Elend, das dich
schläget,
Und das betrübte
Marterheer.
Montag nach dem 17. Trinitatissonntag
Die Hohenpriester samt den
Schriftgelehrten und Ältesten spotteten sein und sprachen: „Andern hat er
geholfen und kann sich selber nicht helfen.“
Matthäus 27, 41-42
Da sind die
Schriftgelehrten und Ältesten.
Sie spotten
über Jesus. Es tritt uns hier etwas entgegen von der abgrundtiefen Verlorenheit
des Menschenherzens, dass Menschen es fertig bekommen, einen Sterbenden zu
verspotten. Auch wenn wir es nur menschlich ansehen, dann ist Jesu Leiden und
Sterben etwas so Großes und überwältigendes, dass vor dem Kreuze Jesu zu allen
Zeiten aller Spott verstummen müsste.
Aber Jesu
Sterben ist nicht eine Menschen-Tragödie, sondern eine Gottes-Tat. Und darum
wird das Spotten der Ältesten zum unheimlichen Ausdruck ihrer Blindheit.
„Er kann sich selber nicht helfen.“ Sie spotten über Jesu
Hilflosigkeit. Als wenn der hilflos wäre, dem alle Macht gegeben ist im Himmel
und auf Erden! Als wenn der hilflos wäre, der in dieser Stunde am Kreuz im
heiligen Kampf sich Seine Gemeinde erkauft!
Nein, Jesus ist nicht hilflos. Es darf nicht heißen: „Anderen
hat er geholfen und kann sich selber
nicht helfen.“ In Wahrheit muss es heißen: „Er will sich selber nicht helfen." Sich selber will Er nicht
helfen, weil Er uns helfen will.
Nein, nicht
Jesus ist hilflos. Aber die da über Ihn spotten, sind in Wahrheit solche, die
sich selber nicht helfen können. Und wir ebenso!
Oder können wir uns helfen, wenn die Leidenschaften über uns
kommen? Können wir uns helfen, wenn unser Gewissen uns verklagt? Können wir uns
selber helfen, wenn die Not des Lebens an die Seele geht? Können wir uns selber
helfen im Sterben? Nein. Wir sind in Wahrheit hilflos.
Gott schenke uns diese klare Erkenntnis – und dass wir Den
erkennen, der sich selber nicht helfen wollte, weil Er uns helfen will. Amen.
(Melodie: Jesu, meines
Lebens Leben)
Du hast wollen sein geschlagen,
zu befreien mich von Pein,
Fälschlich lassen dich
anklagen, dass ich möchte sicher sein;
Dass ich möchte trostreich
prangen, hast du sonder Trost gehangen.
Tausend-, tausendmal sei
dir, liebster Jesu, Dank dafür.
Dienstag nach dem 17. Trinitatissonntag
Samuel aber war gestorben und ganz
Israel hatte Leid um ihn getragen.
1. Samuel 28, 3
Das war bitter!
Da rüsten die
Philister ihr Heer gegen Gottes Volk. Und gerade in dieser Notzeit, wo man ihn
am nötigsten brauchte, wird der Samuel vom Herrn weggenommen.
Nun hängt ja
die Sache Gottes nicht an Menschen. Und wenn der Herr mit Seinem Volke ist,
dann ist das mehr, als wenn tausend Samuels da wären.
Und doch – Samuel
fehlte. Es gibt ja ein Wort Jesu in der Offenbarung, das heißt: „Wer
überwindet, den will ich machen zum Pfeiler im Hause meines Gottes."
Das Haus Gottes
ist Seine Gemeinde. „Wer überwindet…" – wer Fleisch und Blut und Welt
verleugnet, wer bedingungslos dem Herrn sich anvertraut, – „den will ich machen
zum Pfeiler im Hause meines Gottes."
Geh einmal in
den Kölner Dom und sieh dir einen der großen Pfeiler an! Der trägt eine Menge
kleinerer Steine. Wenn der Pfeiler weggenommen wird, dann stürzt wohl nicht der
Bau ein. Aber eine Menge kleinerer Steine stürzt nach.
So ein Pfeiler
war Samuel zu seiner Zeit. Dass er weggenommen wurde in der Notzeit, war der
Anfang von Gattes Gericht. Wir wollen Gott bitten, dass Er unserer Kirche
solche „Pfeiler" schenke und erhalte.
Ja mehr! Wir
wollen uns dem. Herrn heiligen, dass wir selbst solche Pfeiler werden. Wir
wollen nicht länger zu jenen Christen gehören, die man beständig aufwecken,
ermahnen und tragen muss. Und wenn wir nicht zu großen Dingen berufen sind wie
Samuel, – nun, ein Dom hat auch kleine Fensterpfeiler.
Aber wie
gesagt: „Wer überwindet …" Und weiter sagt Jesus: „Den will ich machen zum Pfeiler." Nur Er kann uns dazu machen.
Und Er will es tun. Amen.
(Melodie: Wachet auf, ruft
uns die Stimme)
Jesu, stärke deine Kinder
und mach aus denen Überwinder,
Die du erkauft mit deinem
Blut. Schaffe in uns neues Leben,
Dass wir uns stets zu dir
erheben, wenn uns entfallen will der Mut.
Gieß aus auf uns den
Geist, dadurch die Liebe fleußt in die Herzen,
So halten wir getreu an
dir im Tod und Leben für und für.
Mittwoch nach dem 17. Trinitatissonntag
Die Zunge ist ein kleines Glied und
richtet große Dinge an.
Jakobus 3, 5
Welche Macht
liegt in der menschlichen Rede!
Wir haben es ja
erlebt, wie ganze Völker durch die Gewalt der Rede in die furchtbarsten
Abenteuer gestürzt wurden; wie durch die Macht der Sprache fromme Länder in
gottlose verwandelt wurden. Wahrlich, „die Zunge richtet große Dinge an".
Im Bösen: Wie
einhellig hatte Jerusalem den Herrn Jesus abgelehnt: „Kreuzige ihn!"
Und im Guten:
Sieben Wochen später ist in derselben Stadt eine blühende Christengemeinde.
Dreitausend Menschen kommen an einem
Tag aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht. Wodurch? Durch die
Pfingstpredigt des Petrus.
Es ist so: „Die
Zunge ist ein kleines Glied und richtet große Dinge an."
Durch sie baut
der Herr Seine Kirche auf Erden. Durch das Zeugnis und durch die Predigt des
Wortes sammelt der Herr Seine Gemeinde.
Wenn wir uns
das vergegenwärtigen, dann wird es uns verwehrt, mit unseren Worten zuchtlos zu
sein. Dann wird es uns zur ernsten Gewissensfrage, in wessen Dienst unsere
Zunge steht. „Von der Hölle entzündet", können wir mit unseren Worten der
Macht der Finsternis den Weg bereiten. Vom Geiste Gottes aber regiert, dürfen
wir durch unsere Worte „Mitarbeiter Gottes" werden. Amen.
(Melodie: O Gott“ du
frommer Gott)
Hilf, dass ich rede stets,
Womit ich kann bestehen;
Lass kein unnützlich Wort
Aus meinem Munde gehen,
Und wenn in meinem Amt
Ich reden soll und muss,
So gib den Worten Kraft
Und Nachdruck ohn' Verdruss.
Donnerstag nach dem 17. Trinitatissonntag
Die Zunge ist ein kleines Glied und
richtet große Dinge an.
Jakobus 3, 5
Gottes Volk war
durch das Rote Meer gezogen. In tiefer Erschütterung erkannten sie ihre
Errettung.
Da tritt Mirjam
hervor: „Lasst uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan!“ Und
– so erzählt die Schrift – „sie sang ihnen vor".
Da reißt die
Zunge eines schwachen Mädchens ein ganzes Volk mit zum Lobe des lebendigen
Gottes.
Wie anders war
es bei den Kundschaftern, von denen 4. Mose 13 erzählt wird. Sie sollten das
Land erkunden, das Gott Seinem Volke bestimmt hatte. Als sie zurückkehrten,
machten sie dem Lande „ein böses Geschrei. Da rissen sie die ganze Gemeinde mit
zum Murren und Verzagen.
Ja, unsere
Zunge ist ein kleines Glied und richtet große Dinge an – im Guten und im Bösen.
Da steht Absalom
im Tor und beredet die Männer, von David abzufallen. Seine Zunge schafft Abfall
– nicht von irgendeinem, sondern von David, dem Vorbild und Stammvater Jesu;
das bedeutete – neutestamentlich gesehen – Abfall vom König Christus.
So ist es:
Unsere Zunge kann Menschen wegführen von dem himmlischen König.
Möchte unsere
Zunge doch lieber sein wie die Josuas, der als Feldherr seines Volkes offen
bekannte: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“
Was wir mit
Worten säen, werden wir einst ernten in der Ewigkeit. Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
O dass ich tausend Zungen
hätte
Und einen tausendfachen
Mund,
So stimmt' ich damit um
die Wette
Vom allertiefsten
Herzensgrund
Ein Loblied nach dem
andern an
Von dem, was Gott an mir
getan.
Freitag nach dem 17. Trinitatissonntag
Es ist das Herz ein trotzig, und verzagt
Ding: wer kann es ergründen?
Jeremia 17, 9
Da wird ein
Chef um eine Auskunft über einen jungen Menschen gebeten. Die Antwort lautet
interessant: „Der junge Mann schwankt dauernd zwischen großem Hochmut und
innerer Verzagtheit."
Der Chef hatte
wohl gemeint, er habe damit etwas Besonderes gesagt. Aber auf wen trifft dieses
Urteil nicht zu? Sind wir nicht alle mehr oder weniger solche Leute, die
zwischen Hochmut und Verzagtheit, zwischen Übermut und Niedergeschlagenheit,
zwischen Trotz und Furcht schwanken? Es gibt nur ganz wenige so genannte „ausgeglichene
Persönlichkeiten". Und wenn man sie bei Licht betrachtet, ist bei ihnen
nur der Hochmut übrig geblieben.
Beides,
trotziger Hochmut und armselige Verzagtheit, kann Gott nicht gefallen. Wenn wir
trotzig und hochmütig sind, dann haben wir den Herrn beiseite geschoben und
haben das Steuer unseres Lebens selbst ergriffen. Dann wollen wir „sein wie
Gott". Und dann gilt uns das Wort: „Gott widersteht den Hoffärtigen."
Aber auch
unsere Verzagtheit gefällt Gott nicht. Offenbarung 21, 8 steht: „Der Verzagten
Teil wird sein im Pfuhl, der mit Schwefel brennt."
Kurz, es ist
wohl das Herz ein trotzig und verzagt Ding. Aber es soll nicht so bleiben.
Unser Herr und Heiland will auch hier alles neu machen. Unseren Stolz bricht
Er, und macht uns zu demütigen Leuten. „Ich danke dir", sagt ein Mann aus
dem Alten Bund, „dass du mich treulich gedemütigt hast." –- Und unsere
Verzagtheit nimmt Er von uns, dass wir herzlich vertrauen auf Seine Kraft, Güte
und Barmherzigkeit.
Solange wir in
uns selbst gefangen sind, ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding. Hat uns
aber Jesus von uns selbst frei gemacht, dann ist das- Herz ein demütig und gläubig
Ding, ein gestilltes und hoffendes Ding. Und das ist ein seliger Stand. Amen.
(Melodie: Ich bete an die
Macht der Liebe)
O Jesu, dass dein Name
bliebe
Im Grunde tief gedrücket
ein;
Möcht deine süße
Jesusliebe
In Herz und Sinn gepräget
sein.
Im Wort, im Werk und allem
Wesen
Sei Jesus und sonst nichts
zu lesen.
Sonnabend nach dem 17. Trinitatissonntag
Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit
denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist's eine Gotteskraft.
1. Korinther 1, 18
Es ist etwas
Merkwürdiges mit dem Kreuz Jesu!
Es gab doch so
viele Kreuzigungen bei den Römern. Ein Menschenleben galt eben nicht viel. Und
es hat in der Weltgeschichte so viele Hinrichtungen gegeben. Aber dies Kreuz
von Golgatha – das ist etwas Besonderes.
Es gibt
Hinrichtungen, bei denen wir nur eine Befriedigung empfinden, weil hier dem
Recht wirklich Genüge geschehen ist. Es hat andere Hinrichtungen gegeben, bei
denen das Unrecht triumphierte. In Gedanken an solche Szenen packt uns der
Zorn. Es hat manches unschuldige Leiden gegeben, das unsere Teilnahme erweckt.
Aber all das trifft nicht zu beim Kreuz Jesu. Vor dem Kreuze von Golgatha
erleben wir etwas ganz anderes: Von diesem Kreuze geht Kraft aus, Kraft zur
Seligkeit.
Es kann sein, dass
wir sehr wenig vom Kreuze Jesu verstehen. Es kann sein, dass es uns gedanklich
gar nicht klar ist, warum Gott Seinen Sohn dahingab. Es kann sein, dass wir
noch wenig davon begriffen haben, was „Versöhnung" und „Rechtfertigung"
ist.
Aber das ist gewiss:
Wenn ein erschrockenes Gewissen, ein bußfertiges Herz, ein zerbrochener Geist
auf das Kreuz schauen, dann finden sie hier das Leben. Dann predigt ihnen dies
Kreuz: „Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem
Namen gerufen, du bist mein."
„Uns aber, die
wir selig werden, ist das Wort vorn Kreuz eine Gottes-Kraft", sagt der Apostel Paulus. Und allen denen, die
sich an dem Ärgernis und dem Geheimnis des Kreuzes stoßen, sagt er mit großer Gewissheit:
„Ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist eine Kraft
Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben." Ja, im Kreuz ist
Kraft! Amen.
(Melodie: Der am Kreuz ist
meine Liebe)
Auf dich setz ich mein
Vertrauen, du bist meine Zuversicht;
Dein Tod hat den Tod
zerhauen, dass er mich kann töten nicht.
Dass an dir ich habe teil,
bringet mir Trost, Schutz und Heil;
Deine Gnade wird mir geben
Auferstehung, Licht und Leben.
18. Sonntag nach Trinitatis
Und Gott sprach: „Es werde Licht!"
Und es ward Licht.
1. Mose 1, 3
Dies war ein
gewaltiger Augenblick, als Gottes mächtige Stimme in das finstere, chaotische
All rief: „Es werde Licht!"
Und dann brach sie brausend hervor, die Lichtflut. In den
szenischen Anmerkungen im 2. Teil des „Faust" schreibt Goethe einmal: „Ungeheures
Getöse verkündet das Herannahen der Sonne." Es ist schon so: Jeder
machtvolle Sonnenaufgang ist ein schwaches Abbild jener ersten Lichtgeburt.
Aber wir haben nicht nur eine Erinnerung an jenes
Schöpfungswunder in jedem Sonnenaufgang. Nein, dies Schöpfungswunder selbst
wiederholt sich unter uns immer wieder. Immer wieder geschieht es, dass Gottes
Stimme in Finsternis hineinruft: „Es werde Licht!" Und dann bricht heller
Schein hervor dort, wo vorher Finsternis und Nacht waren.
Wo geschieht
denn das?
Wo könnte es
wohl finsterer sein als in Menschenherzen, die fern von Gott und Seinem Heil
sind! Solche Dunkelheit ist nicht nur da oder dort. Sie ist überall in der
Welt. Hinter all ihrem Prunk, ihrer Pracht, ihrem Rühmen und ihrer Herrlichkeit
ist diese abgrundtiefe Dunkelheit in den Herzen.
Aber in solcher
Herzensfinsternis geschieht da und dort das Schöpfungswunder. Paulus erzählt
davon: „Gott, der da hieß das Licht aus der Finsternis hervorleuchten, der hat
einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben."
Der helle
Schein ist Jesus. Der sagt von sich: „Ich bin das Licht der Welt." Selig
ist, wen Er erleuchtet. Amen.
(Melodie: Ich will dich
lieben, meine Stärke)
Ich danke dir, du wahre
Sonne,
Dass mir dein Glanz hat
Licht gebracht;
Ich danke dir, du
Himmelswonne,
Dass du mich froh und frei
gemacht;
Ich danke dir, du güldner
Mund,
Dass du mich machst
gesund.
Montag nach dem 18. Trinitatissonntag
… ein jegliches nach seiner Art.
1. Mose 1, 24
Es ist die Art
des von Gott gelösten Menschen, dass er alles anders haben will, als Gott es
bestimmt und geordnet hat. So meint der Mensch, es sei ein großer Vorteil, wenn
alles recht einheitlich zugehe. Ja, man spricht schon von einem „Menschentyp".
Am liebsten hätte man den Massenmenschen als Serienware.
In Gottes
Schöpfung geht es anders zu. Da ist nicht ödes Einerlei. Im Schöpfungsbericht
der Bibel steht mehrmals: „Gott schuf ein jegliches nach seiner Art." Er
schuf nicht Vögel schlechthin, sondern Lerchen, Schwalben, Nachtigallen – ja,
auch kleine freche Spatzen. Es hat Ihm sogar gefallen, die Eulen, diese
Einsiedler, zu schaffen.
Gott hat es so
geordnet, dass auf einer Sommerwiese manches Blümlein blühen darf: „… ein
jegliches nach seiner Art."
Das sollten wir
uns merken. Wir meinen immer, der andere müsse sein wie wir. Wenn einer ein
wenig anders ist als wir, dann gibt's bei uns meistens großes Klatschen und
Reden.
Und wenn ein
anderer eine größere Rolle spielen darf, werden wir schnell neidisch und
meinen, so müssten wir es auch haben. „Ein jegliches nach seiner Art."
Bedenke, es gibt nicht nur Lerchen. Gott hat auch Freude an den Nachteulen. Es
gibt nicht nur prächtige Sonnenblumen. Auch das bescheidene Veilchen lobt
seinen Schöpfer.
Rechte Kinder
Gottes freuen sich an dem vielfachen Reichtum Gottes, auch in den mancherlei
Führungen und Wegen in der Menschenwelt. Unsere einzige Sorge laßt sein: dass
ich an meinem Platz und in „meiner Art" etwas sei zu Lobe Seiner
Herrlichkeit. Amen.
(Melodie: Gott ist mein
Lied)
Wer kann die Pracht von
deinen Wundern fassen?
Ein jeder Strauch, den du
hast werden lassen,
Verkündet seines Schöpfers
Macht.
Der kleinste Halm ist
deiner Weisheit Spiegel.
Du Luft und Meer, ihr
Auen, Tal und Hügel,
Ihr seid sein Loblied und
sein Psalm.
Unendlich reich, ein Meer
von Seligkeiten,
Ohn' Anfang Gott und Gott
in ew'gen Zeiten!
Herr aller Welt, wer ist
dir gleich?
Dienstag nach dem 18. Trinitatissonntag
Und Gott sah an alles, was er gemacht
hatte; und, siehe da, es war sehr gut.
1. Mose 1, 31
Im Morgenglanze
der ersten Schöpfungstage lag die neue Welt lichtgebadet vor dem Auge Gottes. „Und Gott sah an alles, was er gemacht
hatte. Und es war sehr gut."
Und wieder sah Gott. Der 14. Psalm erzählt davon: „Der Herr schaut vom Himmel auf die
Menschenkinder."
Was sieht Gottes Auge diesmal? Ein furchtbares Bild: „Sie
sind alle abgewichen und allesamt untüchtig; da ist keiner, der Gutes tue, auch
nicht einer!"
Wie war solche Veränderung möglich? Wie oft ist wohl diese
Frage gestellt worden aus seufzenden oder zweifelnden Herzen: „Wie kam die
Sünde in die Welt?"
Wir lesen in der Schrift: „Gott schuf den Menschen ihm zum
Bilde." Die Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott bestand darin, dass der
Mensch sich frei entscheiden konnte zwischen „gut" und „böse".
Und der Mensch
wählte – das Böse. Und Gott sah: … da
ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer."
Und wieder sah Gott. Diesmal nicht, wie es im 14. Psalm
heißt, „vom Himmel". Diesmal war er mitten unter Seinen verlorenen
Geschöpfen in Jesus. „… und da er das Volk
sah, jammerte ihn desselben; denn sie waren verschmachtet wie die Schafe,
die keinen Hirten haben" (Matthäus 9, 36).
Und mit diesem Blick voll Erbarmen und rettender Liebe sieht
der Herr auch heute noch auf diese Welt – auch auf uns. Können wir unter diesem
Blick bleiben, wie wir sind? In einem finnischen Lied heißt es: „Jesu milde
Augen sehen dich an." Ja, so ist es. Amen.
(Melodie: Ach mein Herr
Jesu, dein Nahesein)
Wir sehn dein freundliches
Angesicht
Voll Huld und Gnade wohl
leiblich nicht,
Aber unsre Seele kann's
schon gewahren;
Du kannst dich fühlbar
gnug offenbaren,
Auch ungesehn.
Mittwoch nach dem 18. Trinitatissonntag
Ich bin gelehrter denn alle meine
Lehrer; denn deine Zeugnisse sind meine Rede. Ich bin klüger denn die Alten.
Psalm 119, 99-100
Ist das nicht
ein unglaublich hochmütiges Wort?
Nein! Nicht ein
hochmütiges, sondern ein hochgemutes Wort.
So hochgemut
ist der, den der Heilige Geist im Wort der Bibel unterweist.
Es ist ja nichts gegen die „Lehrer" und gegen die „Alten“
gesagt. Gottes Wort selbst befiehlt uns, die Lehrer und Älteren zu ehren.
Was können uns
denn die Lehrer und die Alten, von denen der Psalmist hier redet, geben?
Nun, sehr viel!
Die Lehrer geben uns Weisheit. Das ist sehr nützlich. Ein dummer und träger
Mensch kann dem göttlichen Befehl nicht nachkommen: „Machet euch die Erde
untertan!"
Und die Alten
geben uns Erfahrung. Wir stehen alle auf den Schultern derer, die vor uns
waren. Es ist Torheit, ihre Erfahrung zu verachten.
Der Psalmist
will nichts sagen gegen Weisheit und Erfahrung. Aber das sagt er: Ich kann eine
Menge Erkenntnis haben – ich kann eine reiche Erfahrung mein eigen nennen; – doch
bin ich immer noch ein Tor in göttlichen Dingen.
Die wahre
Weisheit und die tiefste Erfahrung, die zur Seligkeit dienen, finden wir erst
in den göttlichen Zeugnissen der Heiligen Schrift.
Wer sie hat,
ist gelehrter als alle Lehrer und klüger als die erfahrensten Alten. Amen.
(Melodie: Liebster Jesu,
wir sind hier)
Unser Wissen und Verstand
Ist mit Finsternis
umhüllet,
Wo nicht deines Geistes
Hand
Uns mit hellem Licht
erfüllet;
Gutes denken, tun und
dichten
Musst du selbst in uns
verrichten.
Donnerstag nach dem 18. Trinitatissonntag
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen?
Matthäus 27, 46
Ist es uns
schon aufgefallen, wie seltsam dies Wort ist? Wenn wir in Anfechtung kommen,
dann lassen wir Gott los. Aber Gott hält uns fest. Da muss Gott zu uns sagen: „Mein
Kind, mein Kind, warum hast du mich verlassen?"
Bei Jesus ist
es gerade umgekehrt. Er ist in der größten und furchtbarsten Anfechtung. Aber
Er hält Gott fest: „Mein Gott, mein Gott", sagt Er. Er hält an Gott fest.
Aber Gott hat Ihn losgelassen.
Ja, so ist es:
Gott hat Ihn losgelassen, weggestoßen, verworfen, ausgetan, in die Hölle
geworfen.
Warum denn?
Um der Gerechtigkeit willen! Hier richtet der ewige Richter die
Sünde. Alle Sünde der Welt lag in dieser Stunde auf Jesus. Er war das Lamm, das
der Welt Sünde trug. Und nun richtet Gott die Sünde an Ihm.
Es gibt so
viele, die meinen: „Ach, wenn Gott den Menschen die Sünde vergeben will, dann
könnte Er doch einfach einen Engel vom Himmel oder einen erleuchteten Propheten
senden, der uns mitteilt: Alles ist vergeben! Es ist alles gut!" Wer hat
nicht so töricht auch einmal gedacht?
Aber bedenkt:
So kann es nicht gehen. Denn dann wäre Gottes Gerechtigkeit verletzt. Oder wäre
das ein gerechter Richter, der einen Hochverräter aburteilen soll und nun zu
ihm sagte: „Ach lauf nur, es ist schon gut!" O nein! Sünde erfordert
Gericht. Als Jesus rief: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen", da
hielt Gott Gericht über unsere Sünde. Schon im Alten Testament steht: „Zinn muss
durch Recht erlöst werden." Das ist die Antwort auf Jesu „Warum?": „Um
der Gerechtigkeit willen." Nun sieh, wie ernst Gott die Sünde nimmt! Amen.
(Melodie: O Welt, sieh
hier dein Leben)
Wie heftig unsre Sünden
Den frommen Gott
entzünden,
Wie Rad! und Eifer gehn,
Wie grausam seine Ruten,
Wie zornig seine Fluten,
Will ich aus diesem Leiden
sehn.
Freitag nach dem 18. Trinitatissonntag
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen?
Matthäus 27, 46
Warum ist der
Sohn Gottes verlassen? Das ist eine gewaltige Frage, auf die wir die letzte
Antwort selbst geben müssen. Können wir sie geben?
Wir stellen uns
im Geist unter das Kreuz Jesu. Sieh! Da leidet und stirbt ein Gewaltiger: Er,
dem die Stürme gehorchten, der Mächtige aus dem Tempel trieb und Tote aus den
Gräbern rief – Er hängt da, elend und hilflos: „Warum, mein Gott, hast du mich
verlassen?"
Warum? Nun sollen wir die Antwort geben. Wissen wir unsere Antwort, die wir
zu geben haben? – Unter dem Kreuz standen Menschen, die wussten ihre Antwort
nicht. Und darum machten sie dumme Witze über den Gekreuzigten. Dass wir doch
nicht zu denen gehören möchten, die ihre Antwort nicht geben können oder nicht
geben wollen!
Wissen wir
unsere Antwort auf die Frage: Warum ist Jesus von Gott verlassen? Wissen wir
unsere Antwort auf die Frage: „Wer hat dich so geschlagen?"
Die Antwort
heißt: „Ich, ich und meine Sünden / die sich wie Körnlein finden / des Sandes
an dem Meer / die haben dir erreget / das Elend, das dich schläget."
Wenn es so ist
– und es ist so -, dann ist ja Sünde etwas Furchtbares!
Aber wir sehen
noch mehr: Um meiner Sünde willen
ist Jesus von Gott verlassen. Dann heißt das ja: Meine Schuld ist durch Ihn
abgetan. Durch Ihn bin ich rein und unschuldig und mit Gott versöhnt. – Nun
verstehen wir, dass derselbe Jesus, der rief: „Mein Gott, warum hast du mich
verlassen?" zugleich auch ruft: „Sehet auf mich, aller Welt Enden, so
werdet ihr errettet!" Amen.
(Melodie: Herzliebster
Jesu, was hast du verbrochen)
Was ist doch wohl die Ursach
solcher Plagen?
Ach, meine Sünden haben
dich geschlagen!
Ich, mein Herr Jesu, habe
dies verschuldet,
Was du erduldet.
Wie wunderbarlich ist doch
diese Strafe!
Der gute Hirte leidet für
die Schafe,
Die Schuld bezahlt der
Herre, der Gerechte,
Für seine Knechte.
Sonnabend nach dem 18. Trinitatissonntag
Von der Welt hat kein Auge gesehen einen
Gott außer dir, der so wohltut denen, die auf ihn harren.
Jesaja 64, 3
Eine unerhörte
Herausforderung an alle Religionen und Weltanschauungen der Welt ist dieser
Satz.
Ja, so
frohgemut können Christen rühmen.
Da steht auf
dem Berg Karmel das abgöttische Volk mit seinen Baalspriestern. Ihnen gegenüber
steht einsam. der Prophet Gottes, Elia. In kühnem Glaubensmut schlägt er den
Baalspriestern einen Wettbewerb vor: Sie sollen einen Altar bauen, Holz und
Opfer darauf legen, aber kein Feuer daran tun. Er will dann dasselbe tun. Und
dann soll jeder seinen Gott anrufen. Und welcher Gott mit Feuer antworten wird,
der soll als Gott geehrt werden.
Es wird nun in
1. Könige 18 erzählt, wie die Baalspriester um ihren Altar springen und rufen:
„Baal, erhöre uns, Baal, erhöre uns!" Aber da ist keine Rede noch Antwort.
Elia verspottet
sie: Euer Gott dichtet, oder er hat zu schaffen, oder er ist über Feld, oder er
schläft vielleicht:" Das treibt sie zu wilderem Schreien, Rufen und Tanzen
– bis sie gegen Abend ermattet innehalten.
Diesem Bild
stellen wir gegenüber ein Zeugnis des 34. Psalmes, der die Erfahrung aller
wahren Christen mit ihrem Herrn und Heiland ausspricht: „Da ich den Herrn
suchte, antwortete er mir und
errettete mich aus aller meiner Furcht."
Was helfen uns.
die schönsten und kühnsten Gedankengebilde über Gott, wenn er nicht antwortet
dann, wenn's gilt?! Von unserem Heiland aber heißt es in demselben Psalm: „Da
dieser Elende rief, hörte der Herr und half ihm aus allen seinen Nöten."
In der Tat: „Von der Welt her hat kein Auge gesehen einen Gott außer dir, der
so wohltut denen, die auf ihn harren." Amen.
(Melodie: Mein
Herzensjesu, meine Lust)
Ich rief zum Herrn in meiner
Not:
Ach Gott, vernimm mein
Schreien!
Da half mein Helfer mir
vom Tod
Und ließ mir Trost
gedeihen.
Drum dank, ach Gott, drum
dank ich dir,
Ach danket, danket Gott
mit mir.
Gebt unserm Gott die Ehre!
19. Sonntag nach Trinitatis
Und Gott ruhte.
1. Mose 2, 2
Gewiss! Gott
ist ein tätiger, wirkender, lebendiger Gott. Aber es ist in Ihm keine unheilige
Betriebsamkeit. Um Ihn ist heilige Ruhe. Darum kann nur der Seine Stimme
vernehmen, der in diese heilige Ruhe kommt und stille wird.
Der Teufel
hingegen ruht nicht. Er ist ruhelos und geschäftig. Er ist ein rechter
Umtreiber und Ruhestörer. Und es macht ihm eine teuflische Freude, wenn er
Unruhe und Ruhelosigkeit verbreiten kann. Ihn freuen die gestörten Sonntage
voll Lärm und Reisefieber und Musik und Trubel.
Jesus sagt
Seinen Jüngern: „Ruhet ein wenig!" Können wir noch stille werden? Haben.
wir stille Sonntage? Haben wir am Morgen eine gesammelte Viertelstunde unter
Gottes Wort? Kennen wir die innere Stille im Sturm des Alltags?
Professor
Tholuck sagte einmal seinen jungen Studenten: „Sie wandern jetzt nach Hause.
Manche haben einen weiten Weg. Nun denken Sie, der ganze Weg wäre eine lange,
staubige Landstraße, ohne irgendeinen Ruheort oder eine Gelegenheit zum
Einkehren. Wie langweilig und ermüdend wäre das! So ist das Menschenleben ohne
Sonntag. Die Sonntage sind Gottes Herbergen an den Landstraßen des Lebens. Ohne
sie müssten wir verschmachten."
„Gott
ruhte." Und Er hat eine große, köstliche Ruhe, einen ewigen Sonntag bereit
für die, die Er in Jesus erlöst hat. „Es ist noch eine Ruhe vorhanden dem Volke
Gottes." Amen.
(Melodie: Ringe recht,
wenn Gottes Gnade)
Zions Stille soll sich
breiten
Um mein Sorgen, meine
Pein;
Denn die Stimmen Gottes
läuten
Frieden, ew'gen Frieden
ein.
Ebnen soll sich jede Welle,
Denn mein König will sich
mahn;
Nur an einer stillen
Stelle
Legt Gott seinen Anker an.
Montag nach dem 19. Trinitatissonntag
Er hat uns geliebt und gewaschen von den
Sünden mit seinem Blut.
Offenbarung 1, 5
Das Kreuz auf
Golgatha verkündigt einem jeden, der es hören will: „Jesus hat dich lieb!"
Diese Liebe ist
ein Wunder, ein unerklärbares Wunder!
Jede
menschliche Liebe hat irgendeinen zureichenden Grund. Eine Mutter liebt ihr
Kind, – nun, es ist ihr Fleisch und Blut. Ein Kind liebt seinen Vater, – nun,
es hat von ihm viel Gutes empfangen. Ein junger Mann liebt seine Braut, – er
liebt sie um ihrer zahlreichen Vorzüge willen.
Aber dass Jesus
uns liebt, – das ist ohne Grund. Er hätte wohl viel Veranlassung, uns nicht zu lieben. „Er kam in sein
Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht auf." Wie haben wir die Ehre
Seines Vaters tausendfach verachtet! Wie haben wir Ihn unendlich oft tief
betrübt! Wie haben wir Sein Wort gering geachtet! Wie sind wir Seinem Geiste
ungehorsam gewesen!
Es ist schon
so: Dass Jesus uns lieb hat, das ist ein Wunder. Dafür gibt es gar keinen
Grund. Und darum macht diese Liebe Jesu so froh. Sie ist wie ein
Frühlingssonnenschein nach Winterkälte. Sie ist wie ein Sonnenaufgang nach
dunkler Nacht. Sie ist wie Leben nach dem Tod. Sie ist wie Brot nach großem
Hunger. Sie ist die Freude nach aller Traurigkeit.
Der bekannte
Liederdichter Albert Knapp hat einmal das wunderschöne Wort gesagt: „Ich
wünsche mir von Gott zwei Ewigkeiten: eine, um Jesu unergründliche Liebe zu
ergründen, die andere, um Ihm für Seine grundlose Liebe zu danken." Amen.
(Melodie: O du Liebe
meiner Liebe)
Liebe, die sich tot
gekränket
Und für mein erkaltet Herz
In ein kaltes Grab
gesenket,
Ach, wie dank' ich deinem
Schmerz!
Habe Dank, dass du
gestorben,
Dass ich ewig leben kann
Und der Seele Heil
erworben:
Nimm mich ewig liebend an!
Dienstag nach dem 19. Trinitatissonntag
Und es begab sich, dass die Philister
ihr Heer versammelten, in den Streit zu ziehen wider Israel.
1. Samuel 28, 1
Wie oft steht
doch dieser oder ein ähnlicher Satz im Alten Testament: Das Israel des Alten
Bundes, das ein Vorbild der Kirche Christi im Neuen Bund ist, hatte nie Ruhe.
Immer wieder heißt es: „Und es begab sich, dass die Feinde ihr Heer
versammelten, in den Streit zu ziehen."
Und nicht nur
im Alten Testament steht das. Auch im Neuen Testament lesen wir es. „Wir
haben", sagt Paulus, „nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit
Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis
dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel"
Welt und Hölle
lassen dem Volke Gottes keine Ruhe. „Wir sind im Kampfe Tag und Nacht."
Christen sind angefochtene Leute.
Langer,
immerwährender Kampf macht müde. Sogar von dem großen Gottesmann Elisa lesen
wir, dass er müde wurde im Streit. Sollten nicht auch wir müde werden?
Satan wird
nicht müde. Immer wieder heißt es nur: „Die Philister sammelten ihr Heer, in
den Streit zu ziehen gegen Gottes Volk.“ Das ist das Furchtbare: Satan wird
nicht müde. Und wir wären ja doch verlorene Leute, wenn nicht über unserer
Müdigkeit und über Satans Unermüdlichkeit noch ein Drittes stünde: „Der Hüter
Israels schläft noch schlummert nicht" (Psalm 121, 4).
Der Hüter
Israels, der Hüter des Volkes Gottes im Neuen Bunde, ist sein Erlöser und
Seligmacher – ist Jesus Christus. Er wird nicht müde noch matt. Er ist auf dem
Plane, auch wenn Seine Gemeinde mutlos und verzagt geworden ist.
Und da steht
nun in der Bibel ein feines Rezept für müde gewordene Streiter. Es heißt: „Die
auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie
Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde
werden." Amen.
(Melodie: Verzage nicht,
du Häuflein klein)
So wahr Gott Gott ist und
sein Wort,
Muss Welt, Teufel und
Höllenpfort'
Und was dem tut anhangen,
Endlich werden zu Schand
und Spott;
Gott ist mit uns und wir
mit Gott,
Den Sieg woll'n wir
erlangen.
Mittwoch nach dem 19. Trinitatissonntag
Ich weiß deine Werke und deine Mühe.
Offenbarung 2, 2
Es gibt zu allen
Zeiten solche Leute, die meinen: Wenn ich mich dem Herrn ergebe, dann muss der
Herr auch dafür sorgen, dass es mir nun immer gut geht.
Die Bibel redet
anders. Sie sagt: „Wir müssen durch viel Trübsal ins Reich Gottes gehen."
Sie spricht von finsteren Tälern, durch die unser Weg führt. Sie erzählt von
Stürmen, in die Jünger des Herrn kommen.
Nein,
Christenstand ist keine Regenversicherung auf gute Tage hin, sondern
Christenstand ist ein Stehen in einem streitenden, kämpfenden und angefochtenen
Heer.
Die Bibel sagt
uns also nicht, dass wir von Stürmen verschont bleiben sollen. Aber das sagt
sie uns, dass der Herr die Seinen kennt, dass Er mitten in den Stürmen bei
ihnen ist, dass Er in den dunklen Tälern sie führt.
Unser Textwort
ist ein Wort Jesu an die Gemeinde in Ephesus. In der Tat, diese Gemeinde Jesu
in dieser Weltstadt und einem Hauptort des Heldentums musste durch viel
Anfechtung.
Aber wie
Himmelsmusik mag es diesen Jüngern geklungen haben, als Jesus ihnen sagte: „Ich
weiß deine Werke und deine Mühe."
ja, Er weiß
alles, was uns quält. Er lässt auch nicht das schwächste Seiner Kinder aus dem
Auge. Ich habe wohl von schrecklichen Dingen in der Welt gehört. Aber das habe
ich noch nie gehört, dass ein Kind Gottes von Jesus vergessen worden wäre. „…
hat er dich doch gegraben / gezeichnet in sein' Händ'. / Dein Nam' stets vor
ihm leuchtet / dass er dir seine Hilfe send'." Amen.
(Melodie: Es ist gewisslich
an der Zeit)
Ich steh' in meines Herren
Hand
Und will drin stehen
bleiben;
Nicht Erdennot, nicht Erdentand
Soll mich daraus
vertreiben.
Und wenn zerfällt die
ganze Welt,
Wer sich 'an ihn und wen
er hält,
Wird wohlbehalten bleiben.
Donnerstag nach dem 19. Trinitatissonntag
Wer will verdammen? Christus ist hier.
Römer 8, 34
O die mutlosen
Stunden, wo alle Gutgespielte Sicherheit von uns abfällt, wo es uns nicht mehr
gleichgültig ist, was die Leute über uns reden, wo uns ihre Kritik fast
erdrückt. So viele verdammen uns.
Aber: Wenn's
nur die Menschen wären! Schrecklicher ist, dass da im Herzen eine Stimme
aufwacht und uns verdammt. Wir sollten unser Gewissen nicht schweigen heißen.
Es verdammt uns und hat ja so Recht.
Und „der Fürst dieser Welt" macht seine Ansprüche
geltend und verdammt uns. Und unser Gewissen muss ihm Recht geben. „Du nahmst
ja das Handgeld der Sünde", sagt es.
Ja, wenn wir
zum Herzen Gottes fliehen könnten! Aber der Weg ist versperrt. Da steht Gottes
heiliges Gesetz gegen uns und verdammt uns.
Wer will
verdammen? Alles und alle wollen uns verdammen: Himmel und Hölle, die Welt um
uns und das Gewissen in uns!
Wir gleichen
dem Elisa in Dothan. Der König in Syrien hatte „eine große Macht" g en ihn
herangeführt. O weh, was sollen wir tun?" fragt der verzweifelte Diener
Elisas.
Aber Elisa
betet nur: „Herr, öffne ihm die Augen, dass er sehe!" Und nun sieht der
Diener: „Da war der Berg voll feuriger Wagen und Rosse um Elisa her" (2.
Könige 6, 17).
Wir gleichen
dem belagerten Elisa. Ringsum Verdammung. Ja, so ist es. Aber: „Herr, tue uns
die Augen auf, dass wir sehen!" Hier ist mehr als feurige Wagen. „Christus
ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, welcher ist
zur Rechten Gottes und vertritt uns." „Christus ist hier, der mich
verlorenen und verdammten Menschen erlöset hat." Amen.
(Melodie: Heil'ger Geist,
du Tröster mein)
O du sel'ge Gnadensonn,
Füll das Herz mit Freud'
und Wonn'
Allen, die dich rufen an.
Freitag nach dem 19. Trinitatissonntag
Aber ich habe wider dich, dass du die
erste Liebe verlässest.
Offenbarung 2, 4
Da war eine
Gemeinde, die hatte ungeheure Kämpfe zu bestehen. Sie wurde verfolgt und gehasst.
Und von innen her waren Feinde und Irrlehrer aufgestanden, die die Gemeinde
verwirrten. Unter heißen Kämpfen hatte man diese Irrlehrer ausgeschieden.
Kurz, es war
schon eine recht feine und tapfere Christus-Gemeinde.
Und doch, – der
Herr muss ihr ein ernstes Wort sagen: „Ich habe wider dich, dass du die erste
Liebe verlässest. Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße!"
Aus alter Zeit
wird uns von einem Feldherrn erzählt, der in einer heißen Schlacht Sieger
blieb. Aber die blutige Schlacht kostete ihn fast sein ganzes Heer. Da rief er
aus: „Noch ein solcher Sieg, und ich bin verloren!"
So war es bei
dieser Gemeinde. Und so ist es vielleicht auch bei uns.
Die Jünger Jesu
müssen sich in unseren Tagen schwer behaupten. Unser Christenstand wird
angegriffen. Dazu kommen allerlei verwirrende Lehren. Und aus dem eigenen
Herzen steigen Versuchungen und Anfechtungen auf. Es gibt keinen Christen, der
nicht durch heißen Streit müsste.
Es kann sein, dass
wir uns tapfer behaupten nach außen hin. Und doch hat – von keinem gesehen – unsere
Stellung zum lebendigen Heiland Schaden gelitten. Wir stehen nicht mehr in der
ersten Liebe. Unser Gebetsleben und unser Umgang mit dem Herrn sind gestört.
Wir sind dann wohl noch „Streiter des Herrn", aber nicht mehr „Kinder
Gottes".
Da tut uns
immer wieder Einkehr Not: „Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße!"
Amen.
(Melodie: Heil'ger Geist,
du Tröster mein)
Lenk uns nach dem Willen
dein,
Wärm die kalten Herzen
fein,
Bring zurecht, die irrig
sein.
Sonnabend nach dem 19. Trinitatissonntag
Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig
und beladen seid.
Matthäus 11, 28
Eine Einladung
ergeht an uns!
Von wem? – Von
dem König aller Könige, von dem Richter der Welt.
Wie? Eine Einladung von dem Richter der Welt? Ist
das nicht ein Irrtum? Wenn der Richter der Welt uns vor Sein Angesicht ruft,
dann kann es sich doch nur um eine Vorladung
handeln.
Eine Vorladung
vor den, dem Gott alles Gericht gegeben hat! Eine Vorladung vor den „Herzenskündiger"!
– Wer wird nicht unruhig beim Gedanken hieran! Wer sollte sich nicht fürchten!
Aber – fürchtet
euch nicht! Wohl ruft uns der Richter der Welt. Aber – es handelt sich
tatsächlich nicht um eine Vorladung,
sondern um eine Einladung: „Kommet
her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken."
Denkt nicht, dass
der Richter blind geworden sei für unsere Schuld. Er sieht sie wohl. „Mühsal
und Last" nennt Er sie. O hört, wie freundlich Er von unserer Sünde und
Schuld redet: „Mühsal und Last."
Der Richter der
Welt hat Sein Richtschwert weggelegt. Stattdessen streckt Er Seine
durchgrabenen Hände nach uns aus. Wie freundlich ist dieser Ruf! Und doch – wie
tödlich ernst. Wer sollte uns noch retten können, wenn wir ihn verachten! Amen.
(Melodie: Wunderbarer
König)
König, sei gepriesen,
Dass du so verschonest
Und uns nicht nach Werken
lohnest.
Deiner Hand sei Ehre,
Die so wohl regieret
Und mit Ruhm das Zepter
führet.
Fahre fort, Zions Hort,
Langmut auszuüben
Und die Welt zu lieben.
20. Sonntag nach Trinitatis
Er tut alles fein zu seiner Zeit.
Prediger 3, 11
Wettläufer'
sind angetreten zum Wettlauf.
Da steht
seitwärts der Mann mit der Stoppuhr. Alle sehen auf ihn. Da – der Startschuss
knallt. Er drückt auf die Uhr – die Läufer rennen los.
Wie dieser Mann
es mit den Läufern macht, so möchten wir es gern mit „Gott machen. Wir sehen
auf unsere Uhr und –: „Jetzt, lieber Gott! Jetzt ist es Zeit! Jetzt ist es Zeit
zum Eingreifen! Jetzt ist es Zeit zu helfen! Jetzt ist es Zeit, die Bösen zu
strafen!"
Gott denkt aber
gar nicht daran, sich von uns vorschreiben zu lassen, wann Er handeln soll: „Er
tut alles fein zu seiner Zeit."
Und wer Gottes Macht erfahren will, der muss es lernen, seine Uhr wegzulegen
und sich nach Gottes Uhr zu richten.
Gottes Uhr geht
meist langsamer als unsere Uhr. Manchmal auch schneller. Aber jedenfalls meist
anders als unsere Uhr. Er hat Seine
Zeit. Und Er tut alles nach Seiner Zeit.
Und zwar tut Er
alles „fein" zu Seiner Zeit. Ach, was gäbe das für Unheil, wenn Gott sich
nach unserer Ungeduld richten wollte! Weil Er das nicht tut, darum geschieht
alles „fein", was durch Ihn geschieht.
Ein Beispiel:
Wenn es nach den Jüngern Jesu gegangen wäre, hätte Gott schon im Garten
Gethsemane eingreifen müssen. Aber das war nicht Seine Stunde. „Das ist eure
Stunde", sagt Jesus zu Seinen Häschern.
Seine Stunde kam erst am Ostermorgen. Und dadurch wurden wir erlöst und
erkauft, „von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels". Ja,
wahrlich, Er hat es „fein" gemacht zu Seiner Zeit.
Das darf uns
trösten und gewiss machen in dunklen Nächten, wo wir nichts fühlen. von Seiner
Macht: „Er tut alles fein zu seiner Zeit." Amen.
(Melodie: Gib dich
zufrieden und sei stille)
Bleibt gleich die Hilf' in
etwas lange,
Wird sie dennoch endlich
kommen;
Macht dir das Harren angst
und bange,
Glaube mir, es ist dein
Frommen.
Was langsam schleicht, fasst
man gewisser,
Und was verzeucht, ist
desto süßer.
Gib dich zufrieden.
Montag nach dem 20. Trinitatissonntag
Fällt ihrer einer, so hilft ihm sein
Gesell auf. Weh' dem, der allein ist!
Prediger 4, 10
„Weh' dem, der
allein ist!"
Da wird sogar
ein Elia müde. Da irrt sogar ein Abraham.
Nur einer blieb
ganz allein und fiel doch nicht. Das ist Jesus. Aber Er, der die schwerste
Einsamkeit erlebt, Er weiß, wie nötig wir Menschen die Gemeinschaft haben. Und
darum hat Er Seine „Gemeinde" gegründet.
Es ist etwas
Köstliches um die Gemeinschaft. „O wie lieb ich, Herr, die Deinen / die dich
suchen, die dich meinen. / O wie köstlich sind sie mir …" sagt Tersteegen.
Und damit spricht er die Erfahrung aller Christen aus.
Die
Gemeinschaft ist notwendig; denn die Jünger Jesu sind auf einen rauen Weg
gestellt. „Fällt ihrer einer …" Ach, das ist ja gar nicht ein so
unmöglicher Fall. Fiel doch sogar ein Petrus. Und „wer steht, mag zusehen, dass
er nicht falle!"
„Fällt ihrer
einer, so hilft ihm sein Gesell auf." Es darf keiner zurückbleiben auf dem
Weg zum Leben. Da muss einer den anderen mitbringen.
Wir müssen als
Christen zweierlei lernen:
Wir müssen lernen,
uns aufhelfen zu lassen von unserem Gesellen. Wir sind oft ärgerlich, wenn ein
anderer sich um uns kümmern will. Es gehört Demut dazu, sich aufhelfen zu
lassen.
Und wir müssen
lernen, offene Augen zu bekommen für die anderen, die fallen wollen. Amen.
(Melodie: Von Gott will
ich nicht lassen)
Sollt' wo ein Schwacher
fallen,
So greif der Stärkre zu;
Man trag, man helfe allen,
Man pflanze Lieb und Ruh.
Kommt, bindet fester an;
Ein jeder sei der
Kleinste,
Doch auch wohl gern der
Reinste
Auf unsrer Liebesbahn.
Dienstag nach dem 20. Trinitatissonntag
Abraham dachte: Gott kann auch wohl von
den Toten erwecken.
Hebräer 11, 19
Ich saß einmal
zusammen mit einem frommen Landwirt, und wir tauschten unsere Sorgen aus um
unsere Kirche. Mir war das Herz schwer über allerlei traurigen Dingen, die
geschehen waren. Und es standen noch finstere Wolken am Himmel Da zog der
Landwirt seine Bibel aus der Tasche, schlug das Glaubenskapitel im
Hebräer-Brief auf und las Vers 19a: „Abraham dachte: Gott kann auch wohl von
den Toten erwecken."
Und dann sagte
er: „Sehen Sie, hier habe ich mir zwei Wörtlein unterstrichen. Und diese zwei
Wörtlein sind mir schon oft ein großer Trost geworden. Die beiden Worte: ,Gott
kann'." ,;Gott kann." Diese beiden Worte sollten wir nicht nur in
unseren Bibeln, sondern auch in unseren Herzen unterstreichen. Wir sollten sie
hervorholen in Tagen des Kampfes und der Not, diese beiden Worte: „Gott kann.“
Luther
übersetzt hier: „Abraham dachte". Wörtlich übersetzt heißt es: „Abraham
rechnete: Gott kann."
Die Welt rechnet
und kalkuliert anders. Der Glaube aber jubiliert: „Gott kann." Ja, Gott
kann Tote auferwecken. Unser Gott kann Seinem Volk Wege in den Meeresfluten
geben. Unser Gott kann Sein Volk speisen in der Wüste. Unser Gott kann das
stolzeste Herz demütigen. Unser Gott kann den hoffnungslosesten Zweifler
erleuchten. Unser Gott kann den gebundenen Sünder befreien.
„O dass du
könntest glauben / du würdest Wunder sehn …" Darum kommt alles darauf an, dass
wir diesen Gott, der so Herrliches kann, zum Freunde haben. Denn es ist
hoffnungslos und schrecklich, den zum Feind zu haben, dem niemand widerstehen
kann. Sind wir aber durch Jesus mit Ihm versöhnt, dann sind wir gut daran, auch
auf schweren Wegen, wie sie Abraham gehen musste, als er seinen Sohn zum
Opferaltar führte. Amen.
(Melodie: Befiehl du deine
Wege)
Dein ewge Treu und Gnade,
O Vater, weiß und sieht,
Was gut sei oder schade
Dem sterblichen Geblüt;
Und was du dann erlesen,
Das treibst du, starker
Held,
Und bringst zu Stand und
Wesen,
Was deinem Rat gefällt.
Mittwoch nach dem 20. Trinitatissonntag
Petrus, ein Apostel Jesu Christi, den
erwählten Fremdlingen hin und her…
1. Petrus 1, 1
Das ist ein
ganz großes Wort, das der Apostel Petrus an den Anfang seines Briefes gesetzt
hat. Er redet da seine Brüder an: „Erwählte!"
„Erwählt!"
Das ist ein Wort, das ein Mensch von sich aus hätte gar nicht ausdenken können:
„Von Gott erwählt!" Wer dies Wort ausspricht, der kommt ans Verwundern und
Staunen.
Ein Mann Gottes
lag im Sterben. Um ihn her standen seine Frau und seine Kinder. Und unsichtbar
stand da auch der Herr Jesus. Sein herrlicher Friede lag über diesem Sterben.
Auf einmal sagte der Schwerkranke – und es war, als bete er an –: „Was hat wohl
Gott bewogen, dass er mich, gerade mich, vor allen meinen Schulkameraden,
Freunden und Studiengenossen auserwählt und mich aus der verlorenen Welt
herausgerettet hat!"
Es ist etwas
Wunderbares um das Wort „auserwählt"! Es ist so wunderbar, dass sich die
Welt daran ärgert. Wie sollte auch die armselige Vernunft die Tiefen der
göttlichen Barmherzigkeit ergründen können? Selbst die Kinder Gottes bekennen
im Blick auf dieses Wort „auserwählt": …wie will wohl mein schwacher Geist
/ ob er sich gleich hoch befleißt / seine Tief' ergründen können!"
Aber sie
wissen: Gott hat eines Tages in den Strom der Menschen hineingegriffen und mich
herausgerissen, dass ich Sein Eigentum sei. Und zwar hat Er diesen Plan gehabt
vor Grundlegung der Welt. Und Er hat es sich viel kosten lassen, dass ich Ihm
angehöre. Seinen eigenen Sohn Jesus Christus hat Er hingegeben zu meiner
Erlösung. Warum Er gerade mich erwählt hat, der ich böser bin als tausend
andere, dass weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Er mich erwählt hat. Nun steht
mein Name im Buch des Lebens geschrieben. Nun habe ich Bürgerrecht in der
zukünftigen Welt Gottes. Gelobt sei Er! Amen.
(Melodie: Wer nur den lieben
Gott lässt walten)
O Wunderliebe, die mich
wählte
Vor allem Anbeginn der
Welt
Und mich zu ihren Kindern
zählte,
Für welche sie das Reich
bestellt!
O Vaterhand, o
Gnadentrieb,
Der mich ins Buch des
Lebens schrieb!
Donnerstag nach dem 20. Trinitatissonntag
Petrus, ein Apostel Jesu Christi, den
erwählten Fremdlingen hin und her …
1. Petrus 1, 1
„Fremdlinge"
nennt Petrus seine Brüder im Glauben.
Wer es ernstlich mit Jesus hält, der muss es früher oder
später erfahren: Diese Welt ist „fremdes" Land.
Wohl zeigt diese Welt noch die Spuren der alten
Schöpfungsherrlichkeit, dass unser Herz an manchem schönen Sommertag darüber
jauchzen kann. Wohl ist da unser liebes Heimatland, unser Vaterland, dem unsere
Liebe und unsere Kraft gehören.
Und doch! Jünger Jesu dürfen keinen Augenblick vergessen, dass
diese Welt nicht unsere Heimat ist, sie ist eine gefallene Welt. Unsere Heimat
ist bei der Quelle des Lebens, bei Gott. Darum sind die Jünger Jesu auf „großer
Fahrt" zur ewigen Heimat.
Die Welt lacht
darüber, nennt uns weltfremd und Träumer. Lasst sie lachen! Wer ein großes Ziel
vor Augen hat, kann sich durch das Lachen der Unverständigen nicht aufhalten
lassen. Dies Lachen beweist uns ja nur, dass Jünger Jesu wirklich „Fremdlinge"
sind.
Wehe uns, wenn wir das vergessen! Manch einer ist schon nach
Amerika ausgewandert. Dann gefiel es ihm dort so gut, dass er sich
naturalisieren ließ und in der Fremde heimisch wurde. Aber damit verlor er sein
deutsches Bürgerrecht.
Es gibt so viele, die waren zum ewigen Leben berufen. Aber
dann gefiel ihnen die Welt mit ihren Zerstreuungen, mit ihrer Lust, mit ihren
Ehren und Aufgaben so gut, dass sie ihr Herz an die Welt und ihr Wesen
verloren.
Paulus sagt: „Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke
mich zu dem, das da vorne ist, und jage nach dem vorgestreckten Ziel."
Amen.
(Melodie: Heil'ger Geist,
du Tröster mein)
Gib ein heil'ges Leben
hier,
Gib, dass selig sterben
wir,
Gib uns ew'ge Freud bei
dir.
Freitag nach dem 20. Trinitatissonntag
Da ließ das Weib ihren Krug stehen und
ging hin in die Stadt.
Johannes 4, 28
Vor den Toren
einer kleinen Stadt war ein Brunnen. Dort stand eines Tages ein vergessener
Krug.
Die Besitzerin
aber lief in großer Verwirrung in die Stadt zurück.
Was war
geschehen?
Als die Frau
mit ihrem Krug zum Brunnen gekommen war, hatte dort ein Mann gesessen: Jesus.
Der hatte mit ihr gesprochen. Was denn?
Atemlos erzählt
sie es ihren Bekannten: „Kommet, sehet einen Menschen, der mir alles gesagt
hat, was ich getan habe." Alles, was ich getan habe! Alles Heimliche,
Dunkle, Unheilige ihres Lebens lag da auf einmal im hellen Licht.
Die Frau hatte
bisher auch Religion, so wie die meisten Leute. Diese Religion war wie ein
Windhauch, der die Oberfläche eines Sees kräuselt.
Aber nun kam
Jesus. Mit Vollmacht riss Er alle Schleusen auf. Da wurde offenbar: Auf dem
Grunde des Sees ist hässlicher Schlamm. Der König der Wahrheit macht es auch
heute nicht anders. Im Licht vor Seinem Angesicht wird unsere Sünde aufgedeckt.
Darum fürchtet und hasst Ihn die Welt.
Wo aber solches geschieht, da mag man wohl seinen Krug und
manches andere vergessen vor der Frage: „Wie finde ich Vergebung?"
Aber der vergessene Krug erzählt noch mehr. Bisher wusste
das Weib nur vom Wasser und den Dingen dieser Welt. Doch nun hatte sie
verstanden: Unser armes Leben soll selbst zum Krug werden, der sich füllen lässt
mit dem „Wasser des Lebens", das der Sohn Gottes gibt. Amen.
(Melodie: Heil'ger Geist,
du Tröster mein)
O du sel'ge Gnadensonn,
Füll das Herz mit Freud
und Worin
Allen, die dich rufen an.
Sonnabend nach dem 20. Trinitatissonntag
Jesus rief und sprach: „Wer an mich
glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme des lebendigen
Wassers fließen."
Johannes 7, 38
Wir haben nur
ein einziges Leben. Und wenn wir das vertan haben, können wir es nicht zum
zweiten Mal leben.
Dass wir doch
Furcht bekämen davor, unser Leben unnütz zu vertun!
Es gibt in
Wüstengebieten Flüsse, die eine Zeitlang stolz und herrlich daherrauschen. Doch
schließlich versiegen sie jämmerlich im Sande. So kann unser Leben sein.
Es gibt aber
andere Flüsse, die versiegen nicht. Ihre Wasser bringen Leben und
Fruchtbarkeit. Und sie tragen ihre Wellen rauschend dem Meere entgegen. Wenn
Jesus in unser Leben kommt, dann wird unser Leben so ein fruchtbringender Fluss,
der Erquickung schenkt, wohin er kommt. Und schließlich mündet er ein ins Meer
der Liebe Gottes, in die neue Welt, wo Er sein wird alles in allem.
So fruchtbar
wird unser Leben aber nur, wenn wir „an ihn glauben, wie die Schrift
sagt". Die Erfüllung unseres Lebens hängt also ganz allein davon ab, ob
wir uns so zu Jesus stellen wollen, „wie die Schrift sagt".
Es genügt
demnach nicht, dass wir uns ein Christentum nach unserem eigenen Kopf zurechtmachen.
Jesus muss Raum bekommen, unser Leben zu. erlösen und zu beherrschen. Dann
erhält unser Leben den Sinn, den es nach Gottes Willen haben soll. Amen.
(Melodie: O du Liebe
meiner Liebe)
Bei dir, Jesu, will ich
bleiben,
Stets in deinem Dienste
stehn;
Nichts soll mich von dir
vertreiben,
Will auf deinen Wegen
gehe.
Du bist meines Lebens
Leben,
Meiner Seele Trieb und
Kraft,
Wie der Weinstock seinen
Reben
Zuströmt Kraft und
Lebenssaft.
21. Sonntag nach Trinitatis
Lüget nicht untereinander!
Kolosser 3, 9
Es ist
merkwürdig, dass Paulus diese Mahnung einer Gemeinde schreibt, der er im selben
Brief sagt: „Gott hat uns errettet von der Obrigkeit der Finsternis und
versetzt in das Reich seines lieben Sohnes." Da wird deutlich, wie zäh die
Lüge in unserem Wesen verwurzelt ist.
Überall wird
gelogen: Der Schüler mogelt, um eine gute Note zu erhaschen. Das
gesellschaftliche Leben ist von Höflichkeitslügen umsponnen. Und im
Geschäftsleben! Ja, bis ins Familienleben hinein drängt sich die Lüge. Kinder
belügen ihre Eltern, um der Strafe zu entgehen. Eheleute belügen einander, um
Schwierigkeiten zu umgehen.
Und am
allermeisten belügen wir uns selbst – und Gott. Wie schwer hat es der Heilige
Geist, einem Menschen seinen verlorenen Zustand aufzudecken! Und wie schwer ist
es, dass ein wiedergeborener Christ seine Fehler wirklich erkennt!
Die Lüge aber ist das eigentliche Werkzeug Satans. Jesus
nennt ihn einen „Lügner von Anfang". Und wo bei uns Lüge und
Unwahrhaftigkeit ist, da ist Herrschaft der Finsternis. Das ist so, auch wenn
wir unsere Lüge bemänteln und sie „Schlauheit" oder „Notlüge" nennen.
Wir wollen uns
entschlossen von aller Lüge lossagen und dem Heiligen Geiste, der ein Geist der
Wahrheit ist, allein gehorchen! Amen.
(Melodie: Lob Gott getrost
mit Singen)
O komm, du Geist der
Wahrheit,
Und kehre bei uns ein,
Verbreite Licht und
Klarheit,
Verbanne Trug und Schein.
Gieß aus dein heilig
Feuer,
Rühr Herz und Lippen an,
Dass jeglicher getreuer
Den Herrn bekennen kann.
Montag nach dem 21. Trinitatissonntag
Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst
keine anderen Götter neben mir haben!
2. Mose 20, 2-3
Wir Menschen
leben in einer schwankenden und tumultuarischen Welt. Und unwillkürlich
strecken wir die Hände aus nach einem Halt.
Es gib nur
einen Halt für uns, auf den wir uns verlassen können und dürfen: das ist der
lebendige Gott, der sich in Jesus Christus offenbart hat. Wohl dem Menschen,
der nicht ruht, bis er durch Jesus mit Gott Frieden und in Ihm einen ewigen
Halt gefunden hat!
Aber es fällt
uns Menschen so schwer, uns auf den zu verlassen, den wir nicht sehen. Und da
schieben sich sichtbare Dinge und Mächte zwischen Gott und uns und bieten sich
uns als Halt an. Und wie leicht lassen wir uns betrügen und verlassen uns nun
auf solche sichtbaren Dinge und Mächte. Worauf ein Mensch sich verlässt, das
ist sein Gott!"
Da hat einer in
sich selbst starke Mächte und Kräfte entdeckt. Und er merkt, dass man stark
sein kann, wenn man im blinden Selbstvertrauen diese Kräfte mächtig sein lässt.
So macht er sich selbst zu seinem Gott.
Da ist ein
anderer, der einen starken Menschen gefunden hat, der ihm Halt, Vorbild und
Stütze wird. So hängt er sich immer stärker an diesen Menschen, verlässt sich
auf ihn und macht so einen anderen zu seinem Gott.
Wieder ein
anderer entdeckt die starke Macht des Geldes. Wer Geld hat, ist mächtig,
angesehen und stark. So macht er das Geld zu seiner Zuflucht und zu seinem
Gott.
Und wieder ein
anderer flüchtet sich aus allem Kampf und aller Unruhe des Lebens in die Lust
der Sinne. Und er entdeckt, dass der Rausch des Vergnügens eine starke Zuflucht
ist. So macht er dies zu seinem Gott.
All diese
falschen Götter brechen zusammen. Und in ewiges Verderben stürzt mit ihnen der,
der ihnen vertraut.
O dass wir den
Ruf des guten Hirten hörten: „Ich bin der Herr, dein Gott." Amen.
(Melodie: Mein Schöpfer,
steh mir bei)
Mein Schöpfer, steh mir
bei, sei meines Lebens Licht;
Dein Auge leite mich, bis
mir mein Auge bricht,
Hier leg ich Herz und
Glieder vor dir zum Opfer nieder
Und widme meine Kräfte für
dich und dein Geschäfte.
Du willst, dass ich der
deine sei: Mein Schöpfer, steh mir bei!
Dienstag nach dem 21. Trinitatissonntag
Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst
keine anderen Götter neben mir haben!
2. Mose 20, 2-3
Wir mussten
lachen, als ein Missionar aus Kamerun uns erzählte: Da war in einem Landstrich
große Dürre. Die Eingeborenen brachten ihrem Götzen Opfer. Als das nichts half,
trugen sie ihren Götzen auf einer Tragbahre um die verbrannten Felder. Aber der
Götze half immer noch nicht. Da nahm der Medizinmann zornig seinen Götzen und
prügelte ihn durch.
Wir fühlten uns
damals sehr erhaben über solche Torheit.
Die Erhabenheit
ist dahingegangen, denn wir stehen täglich in derselben Versuchung wie diese
Eingeborenen. Wohl machen wir uns keine Götzen von Stein und Holz. Aber Götzen
machen wir uns auch. Wir nehmen edleres Material, um uns einen Gott zu formen:
Wir nehmen unsere Gedanken.
Eine gewaltige
Götzenmacherei ist unter uns im Gange. Jeder denkt sich seinen eigenen Gott
aus. „Ich denke so und so über Gott." Überall kann man das hören.
Weil aber solch
ein Gedankengötze ein luftiges Gebilde ist, das uns keine Kraft gibt im Kampf
gegen das Böse und keinen Trost im Leid, werfen wir diesen Götzen weg, wenn wir
seiner überdrüssig geworden sind, und formen uns einen neuen Gedanken-Gott.
Da tönt es
gewaltig hinein in all diese Götzenmacherei: „Ich bin der Herr, dein Gott, du
sollst keine anderen Götter haben neben mir." Wie ein Hammer zerschlägt
dieses Wort unsere Gedanken über Gott. Und es zwingt uns, aufzuhorchen auf den,
der die Wahrheit in Wirklichkeit ist; auf den, der in Jesus unser Vater sein
will. Amen.
(Melodie; Herr Gott, dich
loben alle wir)
Brunn' alles Heils, dich
ehren wir
Und öffnen unsern Mund vor
dir;
Aus deiner Gottheit
Heiligtum
Dein hoher Segen auf uns
komm.
Mittwoch nach dem 21. Trinitatissonntag
Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein
Gleichnis machen. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Denn ich, der Herr,
bin dein Gott.
2. Mose 20, 4-5
Sehen wollen
wir, sehen!
Und es ist eine
ungeheuere Anfechtung für uns, dass der Glaube auf das Unsichtbare gehen soll.
Das Neue Testament lehrt uns: „Trachtet nach dem, das droben ist, nicht nach
dem, das auf Erden ist." Und: „Wir sehen nicht auf das Sichtbare, sondern
auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber
unsichtbar ist, das ist ewig."
Der Heilige
Geist will uns durch das Wort Gottes die Augen öffnen für das Unsichtbare und
Ewige. Und selig ist der, der sich die Augen des inwendigen Menschen öffnen lässt,
dass er den „lieben lernt, den wir nicht sehen" (1. Petrus 1, 8). Und dass
er sich wie Moses „an den hält, den er nicht sieht, als sähe er ihn".
Aber da beginnt
nun die Anfechtung. Ist es nicht viel einfacher, seinen Glauben auf sichtbare
Dinge zu stellen? Ist es nicht viel nahe liegender, sichtbare Dinge und
Ereignisse zu seinem Gott zu machen und sich ihnen von ganzem Herzen
anzuvertrauen? Ja, ist es nicht viel klüger, weiser und verständiger, mit den
sichtbaren Dingen allein zu rechnen?
Es gibt eine
Stunde, wo es uns aufgeht, dass solch ein Denken töricht ist Das ist die Stunde
unseres Todes. Da schließen sich die Pforten der sichtbaren Welt. Da tun sich
die Tore der Ewigkeit auf. Wohl dem, der dann seinen Gott und Heiland kennt und
sterbend sprechen kann: „Ich aber will schauen dein Antlitz in Gerechtigkeit;
ich will satt werden, wenn ich erwache, an deinem Bilde" (Psalm 17, 15).
Amen.
(Melodie: Herr Gott, dich
loben alle wir)
Der Herr, der Tröster, ob
uns schweb,
Sein Antlitz über uns
erheb,
Dass uns sein Bild werd'
eingedrückt
Und geb uns Frieden unverrückt.
Donnerstag nach dem 21. Trinitatissonntag
Der Name des Herrn ist ein festes Schloss;
der Gerechte läuft dahin und wird beschirmt.
Sprüche 18, 10
Als der Riese
Goliath den kleinen David sah, hat er eine gewaltige Lästerrede getan. David
hat ihn gelassen angehört und ihm dann eine feine Antwort gegeben: „Du kommst
zu mir mit Schwert, Spieß und Schild; ich aber komme zu dir im Namen des Herrn
Zebaoth." – Ob der Goliath wohl merkte, dass David sprach wie einer, der
aus einem uneinnehmbaren Schloss herausruft?
Ich denke wohl!
Denn die Welt und die Hölle fürchten den Namen unseres Herrn und Gottes Jesus
Christus. Dieser Name ist eine gewaltige Macht und ein großer Trost für alle
Kinder Gottes.
Vor Jahren.
erschien ein Buch: „Briefe aus der Hölle". Darin war eine erschütternde
Szene geschildert: Die Verdammten sitzen im Reich der Finsternis und denken
verzweifelt nach. Worüber? „Es gibt", sagen sie, „einen mächtigen Namen.
Wenn wir diesen Namen anrufen könnten, dann könnten wir selbst aus der Hölle
noch errettet werden. Aber – wir können uns auf diesen Namen nicht mehr
besinnen."
Das wird das Gericht über die Verächter des Namens „Jesus"
sein, dass das „feste Schloss" seine Tore verriegelt hat für die, die
nicht hinein wollten, als die Tore offen standen.
Uns aber stehen
die Tore offen. So wird dieser Name hier schon von vielen gepriesen. Wie wird
dieser Name erst gelobt werden in der Ewigkeit von der vollendeten Gemeinde!
Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Jesus ist der schönste
Nam'
Aller, die auf Erden
kamen,
Huldreich, prächtig,
tugendsam,
über alle andre Namen.
Seiner großen Herrlichkeit
Gleicht kein Name weit und
breit.
Freitag nach dem 21. Trinitatissonntag
Du sollst den Namen des Herrn, deines
Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der
seinen Namen missbraucht.
2. Mose 20, 7
Es ist ja eine
ungeheuer große und unaussprechliche Wohltat, dass wir Gott beim Namen nennen
dürfen, dass wir Ihn kennen dürfen, dass Er sich in Jesus Christus uns
geoffenbart hat!
Wem das
aufgeht, der versteht dieses Gebot Gottes. Wehe dem, der diese Wohltat mit
Füßen tritt und den Namen Gottes verachtet!
Was ist denn Missbrauch des Namens Gottes? Wir missbrauchen
den Namen Gottes immer da, wo wir tun, als rechneten wir mit Gott und lassen
Ihn doch nicht Herr sein. Wenn ich beim Namen Gottes schwöre und stehe doch
nicht in der Wahrheit vor Seinem Angesicht, dann habe ich den Namen Gottes missbraucht.
Wenn ich irgendein Unternehmen religiös bemäntele und lasse Gott nicht Herr
sein, dann habe ich den Namen Gottes missbraucht.
Da wird ja
deutlich, dass wir Christen am allermeisten in der Gefahr stehen, den Namen
Gottes zu missbrauchen; denn wir kennen den Namen Gottes am besten in Jesus.
Wir fangen den Tag mit einer Andacht an. Aber wir lassen nicht Gott den Herrn
in unserem Tagewerk sein. Da haben wir den Namen Gottes missbraucht.
Wir beginnen
eine Ehe im Namen Gottes. Aber wir lassen Gott nicht Herr sein in unserer Ehe.
Da haben wir den Namen Gottes missbraucht.
Wir laden den
Herrn in einem Tischgebet ein, unser Gast zu sein. Und dann führen wir
Tischgespräche, die Ihm nicht gefallen können. Da haben wir den Namen Gottes missbraucht.
Wir singen in
der Gemeinde ein Loblied zu Ehren Gottes und falten mit der Gemeinde die Hände
zur Anbetung. Aber unser Herz ist ferne von Ihm. Da haben wir den Namen Gottes missbraucht.
Wie gern hört
es aber unser Gott, wenn ein gedemütigtes und aufrichtiges Herz Seinen Namen
anruft in Beten, Loben und Preisen. Amen.
Sonnabend nach dem 21. Trinitatissonntag
Selig seid ihr, wenn ihr geschmäht
werdet über dem Namen Christi.
1. Petrus 4, 14
Eine große
Gesellschaft war versammelt. Das Gespräch kam auf religiöse Fragen. Alles
beteiligte sich.
Auf einmal nannte
jemand den Namen „Jesus". In demselben Augenblick war es, als tue sich ein
Riss in der Gesellschaft auf. Einige machten spöttische Gesichter. Ein Herr
lachte laut auf. Flüsternd sagte jemand zu seinem Nachbarn: „Kommen Sie, wir
gehen!" Kurz, viele zeigten deutlich ihre Abneigung, ja ihre Feindschaft
gegen diesen Namen Jesus.
Auf der anderen
Seite aber waren ein paar Leute, über deren Gesichter ging eine helle Freude,
als sie diesen Namen hörten. Sie empfanden es als ein großes Glück, dass der
Name „Jesus" hier genannt wurde. Und ohne dass etwas weiteres geschah, war
ein unsichtbares Band geschlagen um die“ die an diesem Namen sich freuten.
An diesem Namen
„Jesus" scheiden sich die Geister.
Wo stehen wir?
Es steht gut um uns, wenn uns dieser Name über alle anderen Namen geht. Wir
wollen ihn bekennen vor der Welt. Wir wollen ihn wie einen Schild gebrauchen in
Versuchungsstunden! Wir wollen den Namen „Jesus" unseren Trost sein lassen
in dunklen Stunden des Leides. Er soll unsere Hoffnung sein, wenn wir keine
andere Hoffnung mehr haben. Der Name „Jesus" soll der feste Halt sein in
jedem Sturm. Er soll unsere Freude sein im Sterben und unser ewiger Lobpreis in
der zukünftigen Welt. Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Jesus ist das höchste Gut
In dem Himmel und auf
Erden.
Jesu Name macht mir Mut,
Dass ich nicht kann
traurig werden.
Jesu Name soll allein
Mir der höchste Name sein.
22. Sonntag nach Trinitatis
Gedenke des Sabbattages, dass du ihn
heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge beschicken; aber
am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes.
2. Mose 20, 8-10
Ein großer
Gottesmann hat einmal das feine Wort gesagt: „Als Gott die Menschen aus dem
Paradies trieb, da ließ Er ihnen zwei Erinnerungen an diese schöne Zeit: die
Familie und den Sonntag."
Der Sonntag ist
ein Stück Ewigkeit in der Zeit, ist eine Erinnerung an das Ruhen Gottes und
eine Verheißung auf die vollendete Ruhe der Kinder Gottes in der zukünftigen
Welt.
Aber da wird
nun deutlich, wie verkehrt wir Menschen sind. Die Leute zurzeit Jesu haben aus
diesem köstlichen Geschenk Gottes eine furchtbare und unerträgliche Last
gemacht. Und wir können darum gut verstehen, dass die ersten Christen, die aus
der Heidenwelt gewonnen wurden, sich ganz von der jüdischen Last des Sabbats
trennten und den ersten Tag der Woche, den Auferstehungstag unseres Heilandes,
zum Ruhetag und Sabbat machten.
Auch unsere
Zeit versteht mit dem Geschenk Gottes nichts Rechtes anzufangen. Man achtet's
nicht als ein Gottesgeschenk aus dem Paradies. Man meint, man könne ohne dieses
Geschenk auskommen. Man braucht das Geschenk nach eigenem Gutdünken und
verdirbt es so.
Aber wie arm
werden wir ohne einen rechten Feiertag! Wie wird unser Leben unruhig und
gehetzt. Unser Familien- und Volksleben wird durch die Zerstörung der
Sonntagsheiligung an einer empfindlichen Stelle getroffen.
Wo man aber
Gottes Geschenk verachtet und mit Füßen tritt, da versündigt man sich. Da ist
der Zorn und das Gericht Gottes nicht weit.
Wo man aber den
Herrn Jesus aufnimmt, da bekommt man einen neuen Blick für alle guten Gaben
Gottes. Auch für den Feiertag. Lasst uns recht Sabbat feiern im Geist und in
der Wahrheit. Unsere Sonntage sollen Feiertage sein, wo es heißt: „Ruht nur,
meine Weltgeschäfte, / heute hab' ich sonst zu tun; / denn ich brauche alle
Kräfte, / in dem höchsten Gott zu ruhn." Amen.
Montag nach dem 22. Trinitatissonntag
Du sollst deinen Vater und deine Mutter
ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott,
gibt!
2. Mose 20, 12
Wir hörten
gestern den Satz: „Als Gott die Menschen aus dem Paradies trieb, ließ Er ihnen
zwei Erinnerungen an diese schöne Zeit: die Familie und den Sonntag."
So ist also ein
rechtes Familienleben ein göttliches Geschenk. Und Gott will darüber wachen.
Man hat sich je und dann darüber aufgeregt, dass diesem Gebot so eine
Verheißung angehängt sei. Man hat gemeint, es sei ein wenig unwürdig, wenn man
mit solch einer Verheißung gelockt werden müsse zur Erfüllung des Gebotes.
Aber da hat man
nicht recht verstanden, um was es geht. Diese Verheißung sagt uns
nachdrücklich, dass Gott über diesem Gebot ganz besonders wachen will. Wo man
Sein Geschenk, die Familie, achtet und heilig hält, da will Er reichlich
segnen. Und ein Volk, in dem das geschieht, hat Bestand. Wo aber die Familie
zerstört wird, da ist der Untergang nahe.
Die Familie – ein
Geschenk Gottes! Kein Wunder, dass der Teufel es auf die Zerstörung der Familie
abgesehen hat. Und eins seiner kräftigsten Mittel dazu ist die so genannte „Generationenfrage".
In unendlich vielen Büchern ist der Zwiespalt zwischen „Vätern und Söhnen"
behandelt worden.
Dies Gebot
heißt Eltern und Kinder Buße tun.
„Du sollst
Vater und Mutter ehren!" Ich werde es nie vergessen, wie ein Junge mir
unter Tränen erklärte: „Ich kann das nicht. Mein Vater ist ein Trinker …"
Mit großem Ernst. habe ich ihn darauf hinweisen müssen, dass das Gebot auch in
diesem Falle keine Ausnahme kennt. Mit scharfem Auge sehen die Kinder die
Schwächen ihrer Eltern. Gerade darum gebietet Gott: „Du sollst deine Eltern
ehren!"
Aber darum wird
dies Gebot auch eine ernste Mahnung für die Eltern: ihren Wandel vor den Augen
ihrer Kinder so zu führen, dass es den Kindern leicht wird, ihre Eltern zu
ehren. Wo die Eltern in allen Geboten Gottes wandeln, da werden Kinder gern das
vierte Gebot erfüllen. Amen.
Dienstag nach dem 22. Trinitatissonntag
Du sollst nicht
töten!
2. Mose 20, 13
Das ist ein ganz einfaches, klares Gebot. Und wir verstehen
gut, was Gott uns mit diesem Gebot sagen will.
Darum ist es so verwunderlich und für den natürlichen Menschen
so bezeichnend, dass er immer, wenn dies Gebot auf ihn zufährt, gleichsam einen
Blitzableiter zur Stelle hat, um die Wucht dieses Gebotes abzulenken.
Da fängt er an, davon zu reden, wie es denn dann mit der
Todesstrafe stehe. Als wenn nicht Gottes Wort klar sagte: „Die Obrigkeit trägt
das Schwert nicht umsonst." Oder: wie man sich denn dann im Kriege
verhalten müsse. Als wenn nicht Gottes Wort auch darüber klar spräche. Aber so
ist aus dem Gebot Gottes ein „Problem" geworden, das uns selbst nicht mehr
trifft.
„Du sollst nicht töten!" In diesem Gebot nimmt Gott die
Krone Seiner Schöpfung, den Menschen, in Seinen Schutz. Wie muss Gott auch den
gefallenen, rebellischen Menschen lieb haben, dass Er ihn nicht dahingibt und
sich uninteressiert erklärt an seinem Ergehen. Er nimmt auch das zerstörte
Ebenbild, den gefallenen Menschen, in Seinen Schutz.
Dürfen wir hassen, was Gott lieb hat? O nein! Wenn Gott auch
den elendesten, unangenehmsten und schuldigsten Menschenbruder lieb hat, dann
ist mein Hass, ja schon meine Lieblosigkeit „Sünde". Und wir verstehen auf
einmal das Wort der Schrift: "Wer seinen Bruder hasset, der ist ein
Totschläger."
Unser Herr Jesus lehrt Seine Jünger: „Liebet eure
Feinde!" Ja, nun müssen wir das lernen, denn Gott hat ja auch sie geliebt,
und Jesus starb auch für sie. Und wenn wir hassen, was Gott liebt, dann – trennen wir uns von Gott. Und
weil wir das nicht wollen, bitten wir: „Herr, schenke uns Liebe!" Amen.
(Melodie: Ach, was bin ich, mein Erretter)
Möcht ich wie das Rund der Erden lichte werden;
Seelensonne, gehe auf!
Ich bin finster, kalt und trübe;
Komm, o Liebe, komm, beschleunige den Lauf.
Wir sind ja der Nacht entnommen, da du kommen;
Aber ich bin lauter Nacht.
Darum wollst du mir, dem Deinen,
Auch erscheinen, der nach Licht und Rechte tracht't.
Mittwoch nach dem 22. Trinitatissonntag
Du sollst nicht
ehebrechen!
2. Mose 20, 14
Mit diesem Wort Gottes treten wir auf ein gewaltiges
Schlachtfeld. Hier werden die heißesten Kämpfe ausgefochten. Hier werden die
betrübendsten Niederlagen erlebt. Das sehen wir an König David. Dieser
unbesiegte Held und Krieger erfuhr hier eine entsetzliche Niederlage. – Auf diesem Schlachtfeld werden
aber auch die schönsten Siege errungen. Wir denken an den tapferen Josef. Der
ertrug lieber die größte Not, ehe er seinen Sinnen erlaubte, über sein Leben zu
herrschen.
Ein gewaltiges Schlachtfeld, auf dem eine „Umwertung aller
Werte" erfolgt. Hier werden Helden zum elenden Spielball dunkler Kräfte.
Und hier werden Jünglinge zu Helden, Kämpfern und Siegern.
Weil dies Gebiet des geschlechtlichen Lebens so ein Schlachtfeld
ist, ist es erfüllt vom Getöse menschlicher Stimmen. Die reden und rufen
gegeneinander. Und hinter all dem Lärm und den Meinungen stehen stumm und verschwiegen
die Not und die Scham und das geschlagene Gewissen.
Nun kommt der lebendige Gott selber auf dies Schlachtfeld.
Und Seine Stimme tönt klar, hell und deutlich hinein in all das Getümmel: „Du
sollst nicht ehebrechen!"
Wir kennen alle das feine Echo, das Martin Luther im
Katechismus diesem Anruf Gottes gegeben hat: „Wir sollen Gott fürchten und
lieben, dass wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken …"
Das Wort und Gebot Gottes ist Hilfe in der Not. Nun wissen wir den Weg. Gott will auch Heiland und Herr über unser geschlechtliches Leben sein. Es soll uns nicht regieren. Wir sollen es auch nicht verleugnen. Wir dürfen es unter Gottes Herrschaft und Hilfe stellen. Amen.
(Melodie: Hier legt mein Sinn sich vor dir nieder)
ich weiß mir zwar nicht selbst zu raten,
Hier gelten nichts der Menschen Taten;
Wer macht sein Herz wohl selber rein?
Es muss durch dich gewirket sein.
Doch kenn' ich wohl ein treues Lieben,
Du bist noch immer treu geblieben;
Ich weiß gewiss, du stehst mir bei
Und machst mich von mir selber frei.
Donnerstag nach dem 22. Trinitatissonntag
Du sollst nicht stehlen!
2. Mose 20, 15
Von einem
schwäbischen Dorfschullehrer aus dem vorigen Jahrhundert erzählt man eine
hübsche kleine Geschichte:
Der wenig
begüterte Lehrer pflügte eines Tages mit seinem Sohn ein Äckerlein. Da macht
der Sohn den Vater darauf aufmerksam, dass eine Furchenbreite auf dem
Nachbaracker noch ungepflügt sei. Der Nachbar hatte sie offenbar absichtlich
liegen lassen, damit der Lehrer sie zu seinem Acker schlage. Und der Sohn ist
auch wohl der Ansicht, man solle sich stillschweigend dieser Furche
bemächtigen. Aber der Vater sagt nur ernst: „… dass von unrechtem Gut nichts
untermenget sei!"
Von solchem unrechten, nicht ganz redlichen Gut redet Gottes
Gebot. Es meint große Diebstähle ebenso wie alle die Dinge, die nie zur Sprache
kommen. Dies Gebot ist wie ein greller Scheinwerfer, der auf einmal auf alles
verschwiegene, unlautere Gut fällt.
Wer nicht
ehrlich ist, kennt Gott nicht. Denn er traut Gott nicht zu, dass Er, der die
Vögel nährt und die Lilien kleidet, auch uns durchbringen könne. Statt sich dem
Herrn anzuvertrauen, sucht man unlautere Wege, auf denen man ganz und gar
Gottes Feind wird.
„Du sollst
nicht stehlen!" Das falsche Nehmen sollen wir aus Furcht vor Gott und aus
Liebe zu Gott lassen und dafür das rechte Geben lernen: „Wer gestohlen hat, der
stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit den Händen etwas Gutes, auf dass
er habe, zu geben dem Dürftigen" (Epheser 4, 28).
(Melodie: Warum sollt' ich
mich denn grämen)
Gott hat dir geschenkt das
Leben,
Seel' und Leib,
Darum bleib
Ihm allein ergeben.
Er wird ferner alles
schenken;
Traue fest:
Er verlässt
Nicht, die an ihn denken.
Freitag nach denn 22. Trinitatissonntag
Du sollst kein falsch Zeugnis reden
wider deinen Nächsten!
2. Mose 20, 16
Wem wird das
Herz nicht schwer, wenn sein Gewissen dies Wort Jesu hört: „Ich sage euch, dass
die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeglichen
unnützen Wort, das sie geredet haben" (Matthäus 12, 36).
Vor wie vielen
unserer „Nächsten" werden wir beschämt dastehen, wenn alle unsere Worte
ins Licht gezogen werden! Der Erweckungsprediger Engels in Nümbrecht hat einmal
in sein Tagebuch geschrieben: „Ich will mich zu jedem meiner Mitmenschen so
verhalten, dass ich mich vor ihm nicht schämen muss, wenn ich ihm in der
Ewigkeit begegne." Ein guter Vorsatz! Wenn er doch über unserem Leben
gestanden hätte!
Wenn wir uns
schon vor Menschen schämen müssen, – wie müssen wir erst verstummen vor dem heiligen
Gott, der alle unsere Worte hört!
Sein Gebot
greift tief in unser Privatleben hinein. „Du sollst kein falsches Zeugnis reden
wider deinen Nächsten!" Das Reden über den Nächsten ist ja doch in der Tat
ein Stück unseres Lebens. Ist es oft nicht so, dass wir unsere gesunkene
Selbstachtung nur dadurch retten, dass wir dem andern „einen bösen Leumund
machen"?
„Du sollst
nicht!" sagt Gott.
Was soll ich
denn nicht? Wir sollen nicht aus unserem boshaften Herzen heraus den anderen
sehen, beurteilen und über ihn reden. Wir sollen wissen, dass Gott über der
Ehre des anderen wacht. – Nicht aus der Bosheit, sondern aus der Liebe sollen
wir den anderen sehen, „Alles zum Besten kehren", das ist doch eine schöne
Aufgabe für Jünger Jesu! Amen.
(Melodie: Nun danket all
und bringet Ehr)
Und was euch noch gefangen
hält,
O werft es von euch ab!
Begraben sei die ganze
Welt
Für euch in Christi Grab.
Sonnabend nach dem 22. Trinitatissonntag
Ich gedenke euer in meinem Gebet.
Epheser 1, 16
Wir
beschäftigen uns oft mit anderen Menschen. Wir können ja gar nicht anders. Das
Zusammenleben bringt uns in tausendfache Berührung mit anderen in
Freundschaften und auch in Reibungen.
Wie ist es nun da? Wir reden übereinander. Wir seufzen gegeneinander.
Wir entdecken Fehler aneinander. Es ist ja so interessant für den alten
Menschen, wenn er am lieben Nächsten etwas Böses entdeckt.
Es ist aber für jeden Bibelleser wohl klar und deutlich, dass
das nicht die rechte Stellung zu unseren Mitmenschen ist. So hält es die
menschliche Natur. Wir aber sollten uns nicht von unserer natürlichen Art
bestimmen lassen. Für die starb der Herr Jesus. Und wir dürfen – Gott sei Dank
– diese natürliche Art mit dem Herrn Jesus in den Tod geben.
Nun verfallen
wir leicht in den anderen Fehler, dass wir uns um unsere Nächsten, um unsere
Nachbarn und Kameraden, gar nicht mehr kümmern. Dann ersparen wir uns manche
Not.
Doch auch das
ist verkehrt. Der Geist Gottes lehrt es uns anders. Und Er zeigt uns im
Epheserbrief den Paulus recht als Vorbild. Der hat für die anderen gebetet. Das
ist die Art, wie wir uns mit unseren Mitmenschen beschäftigen sollten, dass wir
sie in unsere Fürbitte einschließen.
Wir wollen also nicht mit Menschen über andere 'reden. Aber
mit Gott wollen wir darüber reden.
Wenn uns
Unrecht getan wird, wollen wir es nicht der Welt sagen, sondern es unserem
treuen Herrn und Heiland anbefehlen.
Wir wollen
übereinander nicht seufzen. Stattdessen wollen wir füreinander beten. Wenn wir
es so halten, dann wächst die Liebe zu den anderen. Und das ist der Weg Jesu.
Amen.
(Melodie: Errett' mich, o
mein lieber Herre)
Verzehre Stolz und
Eigenliebe
Und sondre ab, was unrein
ist,
Und mehre jener Flamme
Triebe,
Die nur an dir entzündet
ist.
23. Sonntag nach Trinitatis
Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten
Hauses, deines Nächsten Weibes, noch seines Knechtes, noch seiner Magd, noch
alles, was dein Nächster hat!
2. Mose 20, 17
Gott will der
Herr unseres ganzen Lebens sein.
„Lass dich
nicht gelüsten!" Mit diesem Wort regiert Er hinein in das Geheimste unseres.
Herzens. Er spricht von den Gedanken und Begierden, die wir ganz allein für uns
haben, die wir keinen Menschen sehen lassen.
„Die Gedanken
sind frei …", heißt es in einem Volkslied. So denken wir. Und lassen den
Gedanken freien Raum.
Da steigen aus
den Tiefen des Herzens die dunklen Begierden auf: Neid, Habsucht, Ehebruch,
Selbstsucht. Unsere Gedanken spielen damit. Es scheint ja so ungefährlich.
Keiner kann's sehen. „Die Gedanken sind frei.“
„Halt!"
ruft Gott. „Lass dich nicht gelüsten!"
Da hat uns Gott
mit Seinem Wort ertappt in unseren geheimen Gedanken.
„Lass dich
nicht gelüsten!" Wissen wir nicht, wie gefährlich die Begierde werden
kann? Aus Begierde, der wir Freiheit lassen, wird die Tat geboren – manche Tat,
über die wir uns nachher selbst entsetzen.
„Wir können
nicht hindern, dass die Vögel über unser Haupt fliegen. Aber wir können
verhindern, dass sie Nester darauf bauen", hat ein erfahrener Christ
gesagt. Der Herr wolle auch unser Innerstes heiligen. Amen.
(Melodie: Die güldne
Sonne)
Lass mich mit Freuden
Ohn' alles Neiden
Sehen den Segen,
Den du wirst legen
In meines Bruders und
Nächsten Haus.
Geiziges Brennen,
Unchristliches Rennen
Nach Gut mit Sünde,
Das tilge geschwinde
Von meinem Herzen und wirf
es hinaus.
Montag nach dem 23. Trinitatissonntag
Vergiss nicht, was er dir Gutes getan
hat!
Psalm 103, 2
In einer
westdeutschen Großstadt steht an einer der Hauptgeschäftsstraßen eine alte
Kreuzigungsgruppe. Ein frommer Meister hat vor Jahrhunderten dies Bild in Stein
gehauen und aufgestellt.
Jetzt ist es
schon recht verwittert und geschwärzt. Große Bauten sind ringsherum entstanden.
Aber das Kreuz steht noch da.
Tausende laufen
täglich daran vorbei. Fröhliche und beschwerte Herzen gehen daran vorüber, Gute
und Böse. Hohe Leute in Autos fahren vorbei, und müde Bettler mit zerrissenen
Schuhen lehnen sich einen Augenblick daran.
Aber wer von
all diesen sieht das Kreuz?!
Ist es mit dem
wirklichen Kreuz Jesu nicht ebenso? Das hat Gott mitten in. der Menschenwelt
aufgerichtet. Es ist der Ort, wo wir alle unsere Lasten ablegen dürfen, wo das
beladene Gewissen Vergebung findet und das unruhige Herz den Frieden.
Aber die Menschen sind so erfüllt mit ihren Dingen, dass sie
an dem großen Heil Gottes in Jesus vorüberhasten. Ja, viele denken – wie bei
jenem Kreuz in der Großstadt –: „Das Wort vom Kreuz passt nicht mehr in unsere
Zeit hinein. Es ist nur noch eine Erinnerung an alte Zeiten."
„Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!" Ja, vergiss
es nicht! Im Kreuz ist Heil, Frieden, Gnade Gottes, Leben, ewiges Leben. Halte
ein in deinem Rennen, bleibe stehen vor dem Kreuze Jesu, und sieh, was Er dir
Gutes getan hat! Amen.
(Melodie: An Wasserflüssen
Babylons)
Mein Lebetage will ich
dich
Aus meinem Sinn nicht
lassen,
Dich will ich stets,
gleich wie du mich,
Mit Liebesarmen fassen;
Du sollst sein meines
Herzens Licht,
Und wenn mein Herz in Stücke
bricht,
Sollst du mein Herze
bleiben.
Ich will mich dir, mein
höchster Ruhm,
Hiermit zu deinem Eigentum
Beständiglich
verschreiben.
Dienstag nach dem 23. Trinitatissonntag
… der dir alle deine Sünden vergibt.
Psalm 103, 3
Es gibt keine
Bewegung in der Welt, die so viel geschmäht, verfolgt, verspottet und – von
ihren eigenen Anhängern geschändet wurde, wie das Christentum.
Aber immer
gerade dann, wenn man meint, es sei mit der Sache Jesu ganz zu Ende, – gerade
dann finden sich wieder Herzen, die in wunderbarer Weise von Jesus gepackt und
überwältigt werden. Und wer einmal von Jesus ergriffen wurde, der kann seinen
Mund nicht mehr halten. Er muss von Ihm zeugen und reden.
Worin liegt
denn Jesu wunderbare Macht über die Menschen?
Das ist es:
Jesus hat als einziger die Macht, Sünden zu vergeben. Und darum fühlen sich die
unruhigen Herzen und beladenen Gewissen immer wieder von Jesus angezogen.
Denn das ist
der tiefste Grund aller Herzensunruhe: die Sündenschuld. Die allermeisten
Menschen kommen gar nicht dazu, sich darüber klar zu werden. Man fühlt wohl, dass
Herz und Gewissen unruhig sind, aber man geht den Ursachen nicht nach.
Die Ursache
aller Herzensunruhe ist unvergebene Sündenschuld. Darum kommen wir zum Frieden
nicht dadurch, dass wir weiter Sünde auf Sünde häufen. Wir müssen Vergebung der
Sünden bekommen.
Und das ist nun
das köstliche Geschenk, das Jesus gibt: die Vergebung der Sünden. „Das Blut
Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.“
Da liegt das
Geheimnis Seiner wunderbaren. Macht: Zu Ihm kommen all die Herzen, die erkannt
haben, dass sie Vergebung brauchen und bei Jesus, dem Sohne Gottes, finden.
Amen.
(Melodie: Meinen Jesum lass
ich nicht)
Mein Gewissen quält mich
nicht,
Wer will mich bei Gott
verklagen?
Der mich frei und ledig
spricht,
Hat die Schulden
abgetragen,
Dass mich nichts verdammen
kann:
Jesus nimmt die Sünder an.
Mittwoch nach dem 23. Trinitatissonntag
Alles, was ihr tut, das tut von Herzen
als dem Herrn und nicht den Menschen!
Kolosser 3, 23
In einem großen
Betrieb war eine Visitation angesagt. Fieberhaft wurde da gearbeitet.
Am Tage nach der
Besichtigung saßen zwei Männer in ihrem Büro. Der eine reckte sich gähnend und
sagte: „Jetzt kann man sich's wieder ein wenig gemütlich machen." „Ich
nicht", erwiderte der andere und arbeitete weiter. Erstaunt sah ihn sein
Kollege an. „Warum nicht?" Da antwortete der mit großem Ernst: „Ich werde
täglich visitiert von meinem Gott!" Nun schrak der andere auf und sagte: „Ich
ja auch!"
Wir leben
beständig vor Gottes Augen. Und es ist schlimm, dass wir uns das nicht immer
klarmachen. Dadurch werden wir in unserem Beruf schuldig.
Wir sollten uns
nicht damit zufrieden geben, wenn Menschen mit uns und unserer Arbeit zufrieden
sind. Die Frage ist immer: „Ist Gott mit meiner Arbeit zufrieden?" „Alles,
was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen!"
Gott will treue Leute. Und die Erlösung, die Gott in Jesus gegeben hat, muss
sich auch hier auswirken.
Aber das muss
auch gesagt werden: Wir dürfen unsere tägliche Arbeit nicht nur vor den Augen
Gottes tun, sondern wir dürfen Ihn auch um Seinen Segen dazu bitten. Wir dürfen
nicht nur treue, sondern auch gesegnete Leute werden.
Es ist schön,
wenn wir nach einem gelungenen Werk singen: „Nun danket alle Gott!" Aber
es ist auch gut, wenn wir vorher beten: „Gib, dass ich tu mit Fleiß, was mir zu
tun gebühret." Da heißt es am Schluss: „Und wenn ich's tu, so gib, dass es
gerate wohl!" So dürfen wir an jedes Werk herangehen. Amen.
(Melodie: In Gottes Namen
fahren wir)
All mein Beginnen, Tun und
Werk
Erfordert von Gott Kraft
und Stärk';
Mein Herz sucht Gottes
Angesicht,
Drum auch mein Mund mit
Freuden spricht:
Das walte Gott!
Donnerstag, nach dem 23. Trinitatissonntag
Und sie gingen durch das Gebirge Ephraim
und durch das Land Salisa, und fanden die Eselinnen nicht; sie gingen durch das
Land Saalim, und sie waren nicht da; sie gingen durchs Land Benjamin…
1. Samuel 9, 4
In dem großen Gutshof
des Kis gab es eine kleine Aufregung. Zwei Eselinnen hatten sich verlaufen. Der
Gutsherr entschließt sich, zwei Leute auszusenden, die Eselinnen zu suchen. Am
zuverlässigsten erscheint ihm sein Sohn, der nun mit einem Knecht loszieht.
Mit viel Fragen
verfolgen die beiden die Spur der beiden Eselinnen und kommen so durch das
ganze Gebirge Ephraim.
Ich könnte mir
wohl vorstellen, dass der junge, hochgemute Saul zu seinem Knecht sagt: „Komm,
wir kehren um. Mein Vater ist reich. Was liegt schon an ein paar kümmerlichen
Eseln! Dafür ist meine Zeit zu schade!"
Aber das sagt
er nicht. Er zieht von Provinz zu Provinz. Er sucht und sucht in Treue. Und
damit beweist er sich recht als ein Mensch Gottes. Denn ob wir Gott ernst
nehmen, ob wir vor Seinen Augen wandeln, das beweist sich ja im Alltag.
Es kommt nicht
darauf an, dass wir große Dinge tun. Aber es kommt darauf an, dass wir in den
täglichen Aufgaben, die Gott uns zuteilt, treu sind. Weil Saul treu war, konnte
Gott ihn zu einer Königskrone berufen.
Da gehen unsere
Blicke hinüber zu einem Größeren als Saul, zu unserem Herrn Jesus Christus. Wie
treu hat Er den Auftrag des Vaters erfüllt! „Darum hat ihm Gott einen Namen
gegeben, der über alle Namen ist."
Er schenke auch
uns Treue im Großen und im Kleinen. Amen.
(Melodie: Mein
Herzensjesu, meine Lust)
Regiere mich durch deinen
Geist,
Den Müßiggang zu meiden,
Auf dass, was du mich
schaffen heißt,
Gescheh' mit lauter
Freuden,
Auch dass ich dir mit
aller Treu
Auf dein Gebot gehorsam
sei
Und meinen Nächsten liebe.
Freitag nach dem 23. Trinitatissonntag
Der Knecht sprach: „Es ist ein berühmter
Mann Gottes in dieser Stadt. Nun lass uns dahin gehen; vielleicht sagt er uns
unseren Weg, den wir gehen.“
1. Samuel 9, 6
In großer
Verlegenheit war der junge Gutsbesitzerssohn Saul. Von seinem Vater hatte er
den Auftrag bekommen, zwei verlaufene Eselinnen zu suchen. Nun ist er mit
seinem Knecht schon lange unterwegs – ohne Erfolg.
Was soll er jetzt tun? Die Treue sagt: „Suche, bis dein Auftrag
erfüllt ist und du die Eselinnen gefunden hast!" Die Liebe sagt: „Gehe
heim! Dein Vater könnte sich um dich sorgen!"
Was soll er tun? – Da gibt ihm sein frommer Knecht einen
guten Rat: „Es ist ein berühmter Mann Gottes in dieser Stadt. Nun lass uns
dahin gehen; vielleicht sagt er uns unseren Weg, den wir gehen." Wenn Saul
diesem Rat folgt, dann bedeutet das nicht, dass er einer Entscheidung aus dem
Wege gehen will. Der Knecht verweist ihn vielmehr an den Rat eines erfahrenen,
älteren „Bruders in Christo".
Auch uns führt
unser Lebensweg immer wieder in große und kleine wichtige und bedrängende
Entscheidungen. Da ist es ein wundervolles Geschenk Gottes, dass wir als
Christen nicht allein stehen. Da ist ja die Gemeinde. Da sind ja Brüder und
Schwestern! Die können uns raten.
Wir können und sollen gar nicht allein fertig werden. Es ist
eine schlichte Lebensweisheit der Christen: „Lass uns zu den Brüdern gehen;
vielleicht sagen sie uns unseren Weg, den wir gehen sollen."
Das Textwort ist aber ein heimlicher, verborgener Hinweis
auf unseren Herrn Jesus. Wo wir auch immer wohnen, immer dürfen wir sagen: „Es
ist der berühmte Sohn Gottes in. dieser Stadt oder in diesem Dorfe. Nun lass
uns dahin gehen. Gewiss sagt Er uns unseren Weg, den wir gehen." Der Herr
hat versprochen: „Ich will dich mit meinen Augen leiten!" Wir dürfen Ihn
auch in den alltäglichen Entscheidungen um Seinen Rat und Seine Führung im
Gebet bitten. Amen.
(Melodie: Ach Gott und
Herr)
Zeuch uns nach dir, Herr
Christ, ach führ
Uns deine Himmelsstege;
Wir irrn sonst leicht und
sind verscheucht
Vom rechten Lebenswege.
Sonnabend nach dem 23. Trinitatissonntag
Saul sprach zu seinem Knecht: „Du hast
wohl geredet; komm, lass uns gehen!"
1. Samuel 9, 10
Im Neuen
Testament lesen wir, dass das Alte Testament „uns zum Vorbild" geschrieben
sei. Und ein erfahrener Christ hat einmal das gute Wort gesagt: „Das Alte
Testament mit seinem reichen Anschauungsunterricht ist recht ein Bilderbuch
Gottes." So dürfen wir Christen uns für große und kleine Dinge Wegleitung
und Weisung im Alten Testament holen.
Unser Textwort
gibt uns einen Rat für den Alltag.
Der vornehme,
reiche Gutsbesitzerssohn Saul hat von seinem frommen Knecht einen Rat bekommen.
Wir können uns gut vorstellen, dass der junge Saul ihm über den Mund fährt: „Ich
weiß schon allein, was ich zu tun und zu lassen habe." Ich bin nicht
sicher, ob wir es an seiner Stelle nicht so gemacht hätten.
Der junge Saul aber weiß etwas Besseres. Er antwortet: „Du
hast wohl geredet.“ Und dann folgt er diesem Rat.
„Die Weisheit lässt sich sagen." Es mag vielleicht
sein, dass ein Weltmensch seinen Weg allein gehen kann. Es ist ja auch
schließlich sein Weg und nicht Gottes Weg. Die Jünger des Herrn Jesus aber sind
aufeinander angewiesen. Und darum müssen sie auch aufeinander hören. Ja, sie
werden sogar, wenn sie rechte, göttliche Weisheit haben, auf das hören, was
verständige Weltleute ihnen vorzuwerfen oder zu raten haben, um es vor dem
Angesicht Gottes zu prüfen, ob das Wort gut sei. Sie stehen unter dieser Regel:
„Die Weisheit lässt sich sagen."
Das ist uns nicht immer angenehm. Unser hochmütiges Herz
bildet sich immer wieder ein, es sei unfehlbar. Und wenn der Rat – wie bei Saul
– aus dem Munde eines schlichten, einfachen Bruders kommt, dann fühlt man sich
hoch erhaben darüber.
Saul hat auf
seinen Knecht gehört. Er war demütig genug, sich einen Rat geben zu lassen. „Den
Demütigen aber gibt Gott Gnade." Das durfte auch Saul erfahren. Auf diesem
Wege fand er nicht nur die verlorenen Eselinnen, sondern sogar eine
Königskrone. Der Herr gebe auch uns solch demütige Weisheit! Amen.
24. Sonntag nach Trinitatis
Gott, der Herr, ist Sonne und Schild.
Psalm 84, 12
Als die
Jugendbewegung viele junge Menschen uh Deutschland ergriff, hörte man oft ein
Lied, in dem immer wieder vorkam: „… uns geht die Sonne nicht unter!"
Es mag Menschen geben, die dies Lied nicht kennen. Aber das
junge Herz singt es doch allezeit fröhlich: „… uns geht die Sonne nicht unter!“
Und nun möchte ich einmal die fragen, die dies Lied einst
gesungen haben: „Sagt, ist euer Leben auf dieser Höhe geblieben? Ist euch die
Sonne nicht untergegangen?"
Und ich weiß,
viele werden stille werden. Und die meisten werden anfangen zu klagen und zu
erzählen, wie das Leben ihnen Enttäuschungen gebracht hat, wie die Ideale der
Jugend zerbrochen sind, wie die Sonne in ihrem Leben untergegangen ist. Und
viele werden verbittert schweigen.
Ich stand
einmal an einem Krankenbett. Eine bedeutende Frau, die in ihrem Leben viele
heiße Kämpfe durchgefochten hatte, lag im Sterben. Da bat sie die Umstehenden,
man möchte ihr ihren Lieblingsvers singen. Es ist mir unvergesslich, wie dann
an diesem Sterbebett es jubelnd erklang: „… die Sonne, die mir lachet 1 ist
mein Herr Jesus Christ. / Das, was mich singen machet / ist, was im Himmel
ist."
Ja, es gibt
eine Schar von Menschen, denen in Wahrheit die Sonne nicht untergeht. Das sind
die, die erfahren haben: „Gott, der Herr, ist Sonne!" -, die das lebenschaffende
Licht dieser Sonne in Jesus Christus, ihrem Herrn und Heiland, gefunden haben.
Wir Christen rühmen: „Uns geht die Sonne nicht unter."
Amen.
(Melodie: O dass ich
tausend Zungen hätte)
Ich will von deiner Güte
singen,
Solange sich die Zunge
regt;
Ich will dir Freudenopfer
bringen,
Solange sich mein Herz
bewegt;
Ja, wenn der Mund wird
kraftlos sein,
So stimm ich noch mit Seufzen
ein.
Montag nach dem 24. Trinitatissonntag
Aber du, Gottesmensch, fliehe solches!
Jage aber nach der Gerechtigkeit, der Gottseligkeit, dem Glauben, der Liebe,
der Geduld, der Sanftmut.
1. Timotheus 6, 11
„Nur nicht aus
der Ruhe bringen lassen!"
Es gibt sehr
viele Leute, die diesen ach! so weisen Satz zu ihrer Parole gemacht haben, – alte
und junge!
Es muss offen gesagt werden: Für diese Leute ist das
Evangelium nichts. Nein, das Evangelium ist nichts für bequeme Leute. Die
werden es auf sich beruhen lassen. Allerdings werden sie an jenem Tage mit
Schrecken erfahren müssen, dass Gott wohl imstande ist, sie aus ihrer satten
Ruhe aufzuscheuchen. Und sie werden es sehen müssen, wie sie um ihrer
fleischlichen Ruhe willen die ewige Ruhe bei Gott verspielt haben.
Wohl dem, der sich hier schon von Gott aus der Ruhe bringen lässt!
Nein,
Christenstand ist nichts für bequeme Leute. Das sagt uns unser Textwort. Es
nennt zwei Tätigkeitswörter, welche allerhöchste Kraftanspannung bezeichnen: „Fliehen"
und „Nachjagen".
„Fliehen"
kann eine sehr schimpfliche Sache sein. Aber es gibt auch andere Fälle. Ein
Teilnehmer des Weltkrieges erzählte: „Als im Weltkrieg der Gaskrieg begann, bin
ich einmal vor einer Gaswolke geflohen. Ich hatte keine Gasmaske. Und gerade
die Mulde, in der ich lag, wurde mit Gas beschossen. Da bin ich vor dem weißen
Tod geflohen. Eine Höhe hinauf. Die tödlichen Schwaden zogen hinter mir her.
Oh, wie habe ich die letzte Kraft eingesetzt!"
So – sagt die
Schrift – flieht ein Gottesmensch. Wovor? Die Verse vorher nennen die tödlichen
Gaswolken: Sorgengeist – Reich-werden-Wollen – schädliche Lüste – Geiz. Kurz:
das Verlorensein mit der Welt und ihrem Wesen. Davor lasst uns fliehen!
Und auch das
andere Wort bezeichnet Kraftanspannung: „Nachjagen". Wie ein Jäger die
Ruhe drangibt, um ein edles Wild zu jagen, so jagt der Gottesmensch dem nach,
was allein wertvoll ist: der Gerechtigkeit vor Gott, dem Leben aus Gott, dem
Gegründetsein in Christus, der Heiligung. Amen.
Dienstag nach dem 24. Trinitatissonntag
Suchet den Herrn, solange er zu finden
ist.
Jesaja 55, 6
Vor einigen
Jahren lief einmal ein U-Boot-Film, in dem ein sehr interessantes Gespräch
vorkommt.
Ein U-Boot ist
von einem Kreuzer gerammt worden und gesunken. Die meisten Leute der Besatzung
sind tot. Nur ein paar leben noch und warten in der immer knapper werdenden
Luft auf ihr Ende. In einer Ecke sitzen zwei beieinander. Sie reden
gleichgültige Dinge. Auf einmal fragt der eine ganz unvermittelt: „Sag mal,
glaubst Du an Gott?" Da lächelt der andere verlegen und sagt: „Ja, wenn's
mulmig wird."
Ist dies
seltsame Bekenntnis nicht die Religion der meisten Leute?
Da lebt man dahin, völlig versunken in das Irdische. Man hat
keine Zeit und Lust, Gott zu suchen. Ja, man schlägt es sogar in den Wind, dass
Gott in Jesus uns sucht. Man hat – wie man törichterweise sagt – „Wichtigeres
zu tun". Als wenn es etwas Wichtigeres gäbe als den lebendigen Gott und
unserer Seele Seligkeit! Aber man nimmt eine „willkürliche Umwertung aller
Werte" vor. Man erklärt das Fragen nach dem lebendigen Gott für
nebensächlich und hält die irdischen Sorgen für das Wichtigste.
So lebt man
ohne Gott in der Welt. Man fürchtet weder Gott noch Sein Gericht. Man denkt
nicht an die Ewigkeit und an das Sterben. Und man findet das alles ganz in
Ordnung, bis – ja, bis „es mulmig wird". Da fängt man auf einmal an zu
beten. Da soll der „liebe Gott" auf einmal zur Stelle sein.
„Irret euch
nicht, Gott lässt sich nicht spotten!" Kann es denn für einen Weltmenschen
hoch „mulmiger" werden, als es schon jederzeit ist? Wo er sich doch sagen muss,
dass seine Sünde ihn vor Gott verklagt, dass Gottes Zorn über ihm ist und er in
Zeit und Ewigkeit ein verlorener Mensch ist.
„Suchet den
Herrn, solange er zu finden ist!" Wie lieblich ist dieses Wort! Es weist
und ruft zu den offenen Gnadentüren, die Jesus durch Sein Sterben und
Auferstehen aufgetan hat. Lasst uns hindurchgehen! Amen.
Mittwoch nach dem 24. Trinitatissonntag
Wie viel mehr wird das Blut Christi
unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott!
Hebräer 9, 14
Es gibt
gefesselte Gewissen!
Da haben sich
irgendwelche Mächte unseres Gewissens bemächtigt und regieren es und diktieren
ihm, was gut und böse sei. Bei den meisten Menschen ist das Gewissen unter die
Herrschaft „des Fleisches und der Vernunft“ gekommen. Die fleischlichen,
natürlichen Triebe regieren, die Vernunft erklärt, es sei gut und recht so und
– das Gewissen gehorcht. Gefesseltes Gewissen!
Das Gewissen
kann auch durch andere Menschen geknechtet werden. Da maßen sich Menschen an,
uns zu erklären, was gut und was böse sei, was wir getrost tun dürfen und was
wir unbedingt lassen müssen. Und wir finden es bequem oder nützlich, dem zu
folgen. Gefesseltes Gewissen!
Ja, sind es
nicht im Grunde dämonische Mächte, welche die Gewissen fesseln?
Was kann von
einem gefesselten Gewissen Gutes kommen? „Tote Werke", sagt Gottes Wort
klar und unerbittlich. Jesus, der Heiland und Retter, ist gekommen, unser
Gewissen frei zu machen. Wo sich ein Mensch Ihm hingibt, da löst Er die schmachvollen
Fesseln des Gewissens. Da wird das Gewissen durch Vergebung der Sünden
gereinigt und frei gemacht von Menschenknechtschaft und Fleischesknechtschaft
und Vernunftknechtschaft und Teufelsknechtschaft.
„… zu dienen
dem lebendigen Gott.“ Ja, der lebendige Gott ist in Wahrheit der Einzige, der
unser Gewissen regieren darf. Unter Seinem Regiment ist das Gewissen frei.
Amen.
(Melodie: O Durchbrecher
aller Bande)
Ach, wie teu'r sind wir
erworben,
Nicht der Menschen Knecht
zu sein;
Drum so wahr du bist
gestorben,
Musst du uns auch machen
rein,
Rein und frei und ganz
vollkommen,
Nach dem besten Bild
gebild't.
Der hat Gnad' um Gnad'
genommen,
Wer aus deiner Füll' sich
füllt.
Donnerstag nach dem 24. Trinitatissonntag
Denn ein Narr redet von Narrheit, damit
er die hungrigen Seelen aushungere und den Durstigen das Trinken wehre.
Jesaja 32, 6
Wenn unser Gott
in Seinem Wort von „Narrheit" redet, dann meint Er offenbar etwas anderes
als wir.
Vieles, was
Gottes Wort „Narrheit" nennt, gilt in der Welt als hohe Weisheit. Wie
viele Reden werden gehalten, – wie viele kluge Bücher werden geschrieben, – wie
viele scheinbar weise Worte flattern täglich in die Welt hinaus, in denen die
schlichte Froh-Botschaft von Jesus, dem Heiland der Sünder, verächtlich gemacht
oder großartig widerlegt wird.
Gottes Urteil
über dieses reichliche Bemühen ist vernichtend. „Es ist Narrheit", sagt
der Herr.
Damit wäre ja
die Sache eigentlich erledigt, wenn es nicht so eine gefährliche Narrheit wäre:
Sie hungert die hungrigen Seelen aus und wehrt den Durstigen das Trinken.
Jesus ist das
wahre Brot des Lebens. Kein anderer kann unsere Seele ewig sättigen als Ex. Und
Jesus ist die Quelle des Lebens. Nur bei Ihm wird unsere durstige Seele
gesättigt.
Und das ist nun
die furchtbare Gefahr, dass durch all das, was Menschen gegen Jesus reden und
schreiben, die hungrigen und durstigen Seelen verführt werden, das wahre Brot
des Lebens zu verachten und an der Quelle des ewigen Lebens vorüberzugehen.
Dass wir uns
doch nicht von Menschen bereden lassen! Dass wir doch ihre Narrheit nicht für
Weisheit halten! Dass wir doch durch alles närrische Geschwätz der Menschen
durchbrechen möchten zu Jesus, der die hungrige Seele sättigt und den Durst
unseres Herzens auf ewig stillt! Amen.
(Melodie: Herr Jesu Christ,
meins Lebens Licht)
Erleuchte, die da sind
verblendt,
Bring her, die sich von
uns getrennt,
Versammle, die zerstreuet
gehn,
Mach feste, die im Zweifel
stehn.
Freitag nach dem 24. Trinitatissonntag
Durch den Glauben hat Noah die Arche
zubereitet zum Heil seines Hauses, da er ein göttliches Wort empfing über das,
was man noch nicht sah.
Hebräer 11, 7
Der Herr Jesus
hat einmal ein Bild der damaligen Zeit gezeichnet: „Sie aßen, sie tranken, sie
freiten und ließen sich freien bis an den Tag, da Noah zur Arche einging; und
sie achteten's nicht, bis die Sintflut kam und nahm sie alle dahin. – Also wird
auch sein die Zukunft des Menschensohnes" (Matthäus 24).
Sie waren
völlig gefangen im Diesseitigen. Sie waren besessen von der Welt. Sie achteten
es nicht, dass ein heiliger Gott sei, vor dessen Richterstuhl wir treten
müssen. Sie verachteten Seinen heiligen Willen, sie achteten auch nicht auf die
Gewitterwolken des Gerichtes Gottes.
So ist der natürliche Mensch zu allen Zeiten: „Wer glaubt's
aber, dass du so sehr zürnst? Und wer fürchtet sich vor solchem deinem
Grimm!"
Sie achteten es
nicht. Im Gegenteil, sie spotteten darüber. War die Erde nicht fest und sicher?
Waren sie nicht gut und recht in ihren eigenen Augen? „Hinweg mit Noah, der von
Gottes Gericht und Sintflut spricht. Dieser Dunkelmann soll uns nicht den Spaß
verderben!"
Aber Noah! „Durch
den Glauben hat Noah Gott geehrt, da er Befehl empfing über das, was man noch
nicht sah."
Noah nahm Gottes Wort vom Gericht ernst. Er lebte in
heiliger Furcht vor Gott. Und darin werden sich zu allen Zeiten die
Gottesfürchtigen unterscheiden von den Oberflächlichen dieser Welt: Sie werden
Fleiß tun, dem Gericht Gottes zu entrinnen! Amen.
(Melodie: Vater unser im
Himmelreich)
So wahr ich lebe, spricht
dein Gott,
Mir ist nicht lieb des
Sünders Tod;
Vielmehr ist dies mein
Wunsch und Will',
Dass er von Sünden halte
still,
Von seiner Bosheit kehre
sich
Und lebe mit mir ewiglich.
Sonnabend nach dem 24. Trinitatissonntag
Durch den Glauben hat Noah Gott geehrt
und die Arche zubereitet zum Heil seines Hauses und ererbt die Gerechtigkeit,
die durch den Glauben kommt.
Hebräer 11, 7
O die falsche
Sicherheit!
Ich habe im
Feld von einem Soldaten gehört, dessen Gasmaske nicht in Ordnung war. Statt
sich nach einer neuen umzusehen, sagte er leichtsinnig: „Ach, es wird schon gut
gehen. Vielleicht kommt kein Gasangriff." So ging er mit der beschädigten
Gasmaske in Stellung und – kam um.
Ganz furchtbar
ist diese Sicherheit in geistlichen Dingen. Die meisten wissen: Es gibt ein Gericht
Gottes. Sie wissen auch: Wenn man sich nicht aus der Welt herausbekehrt, geht
man in der Welt verloren. – Aber man hat keine Lust, den lebendigen Gott ernst
zu nehmen. Man schiebt es auf. Oder man tröstet sich: „Gott ist ja
barmherzig." Oder man redet sich selber ein: „Andere sind schlechter als
ich. Es müssten viele verloren gehen, wenn ich verloren gehe."
Sieh, von Noah
können wir lernen, ernst zu machen. „Durch den Glauben hat Noah Gott geehrt und
die Arche zubereitet zum Heil seines Hauses."
Ich habe im
Geist den Noah gesehen, wie er anfing, mitten auf dem trockenen Lande die Arche
zu bauen. Wie lachten ihn die Menschen aus! Das waren schwere Tage für Noah.
Und manches Mal wird seine eigene Vernunft ihm eingeredet haben: „Du kannst
doch nicht auf ein bloßes Wort Gottes hin dich so von der Welt
emanzipieren." Aber Noah hielt sich an des Herrn Wort.
Wir wissen von
einer anderen Arche, in der man errettet ist: Das ist der Sohn Gottes, der uns
mit Seinem Blut erkauft hat. Möchten wir doch auch bei Jesus unser Heil suchen!
Amen.
(Melodie: Herr Jesu
Christ, meins Lebens Licht)
Gib, das wir leb'n in
deinem Wort
Und darauf ferner fahren
fort
Von hinnen aus dem
Jammertal
Zu dir in deinen
Himmelssaal.
25. Sonntag nach Trinitatis
Durch den Glauben hat Noah die Arche
zubereitet … und verdammte durch denselben die Welt und hat ererbt die
Gerechtigkeit, die durch den Glauben kommt.
Hebräer 11, 7
Was heißt denn
das: „Er verdammte die Welt"?
Meint ihr, Noah
habe sich hingestellt und Donnerreden gehalten, so eine Art Kapuzinerpredigt?
O nein! Sein
stilles Bauen an der Arche war ein Ruf an die Welt: Kehrt um! Sucht Rettung in
Gottes Gnade vor Gottes Gericht! Und als sie nicht darauf hörten, sprachen sie
sich selbst das Urteil. Noah hatte ihnen den Weg zur Rettung gezeigt.
So ist jeder
gläubige Christ ein Ruf und – wenn der Ruf nicht gehört wird – ein Urteil für
die verlorene Welt.
Noahs Ruf wurde
nicht gehört. Er war für seine Umgebung ein erledigter Mann. Aber nicht für
Gott. Der nahm ihn ernst, als Er sah, wie Noah sich fürchtete vor Seinem Wort
und Ihn ehrte und den Weg zur Rettung im Glaubensgehorsam ging. „Er hat ererbt
die Gerechtigkeit, die durch den Glauben kommt.“
Aber der Welt,
die sich selbst so ernst nahm und über den Noah lachte, wäre das Lachen wohl vergangen,
wenn sie hätte sehen und hören können, was die Bibel über Gottes Haltung dieser
spottenden, selbstsicheren Welt gegenüber sagt: „Der im Himmel sitzt, lacht
ihrer." Nein, Gott nahm diese Welt nicht mehr ernst.
Gott liebt und
achtet Seinen Sohn Jesus, der gehorsam war bis zum Tode am Kreuz. Und wer im
Glauben ein Glied am Leibe Jesu geworden ist, der ererbt auch die
Gerechtigkeit, die durch den Glauben kommt, wie Noah. Mit dem macht Gott ernst.
Den nimmt Er an Sein Herz. Den lässt Er Sein Kind und Erbe sein. So sagen wir:
Lieber von der Welt verspottet und von Gott ernst genommen werden, als von Gott
verworfen und vor der Welt in Ansehen stehen! Amen.
(Melodie: Da Christus
geboren war)
Kläglich schreien wir zu
dir,
Klopfen an die Gnadentür,
Wir, die du mit höchstem
Ruhm
Dir erkauft zum Eigentum;
Deines Vaters Zorn
abwend',
Der jetzt wie ein Feuer
brennt,
Als ging's mit der Welt zu
End'.
Montag nach dem 25. Trinitatissonntag
Denn so man von Herzen glaubt, so wird
man gerecht.
Römer 10, 10
In einer
württembergischen Gemeinschaftsstunde legte einmal ein origineller alter Bruder
dar, was der rechte Glaube sei. Unsere Zeit mit ihrer religiösen Verwirrung
kann dies Wort wohl recht brauchen.
Da ist zunächst
der Aberglaube. Man fürchtet
allerlei dunkle und verborgene Mächte. Man glaubt an Sterne und an Talismane
und Amulette. Man fürchtet alles Mögliche, nur nicht den lebendigen Gott. Man
glaubt an alles Mögliche, nur nicht an den lebendigen Herrn. Der Glaube ist nicht der rechte.
Dann ist da der
Menschenglaube. Da glaubt man an
andre Menschen oder gar an sich selbst. Aber damit fällt man unter Gottes Wort
(Jeremia 17, 5): Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt!" Der Glaube ist auch nicht der rechte.
Und dann gibt
es den Kopfglauben. Da weiß man
alles. Man hat die rechte Lehre und kennt seinen Katechismus. Aber das Herz ist
völlig unbekehrt und tot. Der Glaube
ist auch nicht der rechte.
Und dann der Mundglaube. Da kann man schön und fromm
reden. Aber es sind leere Worte. Und weil das Reich Gottes nicht in Worten,
sondern in Kraft besteht, ist dieser Glaube auch nicht der rechte.
Dann gibt es
einen Ohrenglauben. Da gibt es
Leute, die hören und hören! Keine Predigt und keine Evangelisation lassen sie
sich entgehen. Nun ist das Hören eine gute Sache. Und ohne Hören des Wortes
Gottes entsteht kein rechter Glaube. Aber wo. es eben nur beim Hören bleibt,
ohne dass das Wort Frucht bringt, da ist es auch nichts.
Ja, was ist
denn der rechte Glaube? Der rechte
Glaube ist eine Herzens- und Gewissenssache. Wo ein Herz in das Licht der
Wahrheit Gottes gekommen ist und so recht seinen verlorenen Zustand erkennt – da
ist der Boden bereitet für den Herzensglauben. Da lernt man aufschauen auf den
Heiland, der unsere Schuld am Kreuz getragen hat, glaubt an Ihn und ergibt sich
Ihm von ganzem Herzen. Amen.
Dienstag nach dem 25. Trinitatissonntag
Sie bekehren sich, aber nicht recht,
sondern sind wie ein falscher Bogen.
Hosea 7, 16
Ein
Pfeilschütze prüft seinen neuen Bogen. Wie muss der Pfeil von diesem Bogen abfliegen?
Er spannt ihn
zur ersten Belastungsprobe. Knack!" der Bogen bricht. Ein schlechter
Bogen! Ein falscher Bogen! Ein kleiner, unsichtbarer Konstruktionsfehler macht
ihn unbrauchbar.
„Sie bekehren
sich, aber nicht recht, sondern sind wie ein falscher Bogen." Leute, bei
denen die Bekehrung von der Finsternis zum Licht nicht ganz und völlig und
ernst ist, zerbrechen in den Proben Gottes, sie versagen, wenn es darauf
ankommt.
Wie viele gibt es, die in der Gemeinde der Christen
mitliefen! Als aber eine große Trübsal sich erhob, da fielen sie ab. Ihr Wille
war nicht völlig dem Herrn ausgeliefert. Da sind andere, bei denen scheint
alles in Ordnung zu sein. Doch dann kommt eine schwere Versuchungsstunde. Und
auf einmal sind sie haltlos und hilflos. Ihr Wille war nicht völlig
ausgeliefert.
Solche internen
„Konstruktionsfehler" des Glaubenslebens liegen meist sehr tief und
verborgen. Und darum ist es sehr wichtig, dass wir den Geist Gottes in alle
Winkel unseres Lebens hineinleuchten und hineinregieren lassen.
Es ist ein so großes und köstliches Ding, wenn ein Mensch
wirklich von sich selber frei wird und gibt sich mit allem, was ihn fesselte
und band, in die Gewalt dessen, der uns mit Seinem teuren Blut erlöset hat „von
allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels“. „Wer sich nicht will
dem Herrn ergeben / der führt ein wahres Jammerleben. / Brich durch, es koste,
was es will / sonst wird dein armes Herz nicht still." Amen.
(Melodie: Straf mich nicht
in deinem Zorn)
Aber wache erst recht auf
von dem Sündenschlafe;
Denn es folget sonst
darauf eine lange Strafe,
Und die Not samt dem Tod
Möchte dich in Sünden
unvermutet finden.
Bete aber auch dabei
mitten in dem Wachen;
Denn der Herre muss dich
frei von dem allen machen,
Was dich drückt und.
bestrickt,
Dass du schläfrig bleibest
und sein Werk nicht treibest.
Mittwoch nach dem 25. Trinitatissonntag
Und du hast dein Herz nicht gedemütigt,
ob du wohl solches alles weißt.
Daniel 5, 22
Der Prunksaal
im babylonischen Königsschloss. Überall die Spuren eines wilden Gelages, das
jäh unterbrochen wurde. In ein zügelloses Fest war Gottes Hand Hineingefahren.
Und nun steht im verwüsteten, verlassenen Saal vor dem zitternden König – wie
frech hat er eben noch sich gebrüstet! – der Mann Gottes Daniel.
Eine kühne
Sprache spricht er, dieser Bevollmächtigte Gottes: „König, dein Sündigen ist
anders als das deiner Gewaltigen. Sie sündigten in Unwissenheit. Du aber,
König, kennst Gott. Du weißt, wie er Seine Macht bezeugte im Gericht über
deinen Vater. Und ebenso wusstest du – an deinem Vater hast du auch dies erlebt
–- wie Gott gnädig ist den zerbrochenen Herzen. König, du kanntest Gottes Ernst
und Gnade – und hast doch dein Herz nicht gedemütigt."
Der König wurde
in derselben Nacht ermordet, sein Reich zerstört.
Aber durch Jahrtausende
dringt Gottes Wort aus Prophetenmund in die Gegenwart. Daniel steht auf gegen
uns: „Und du hast dein Herz nicht gedemütigt, ob du wohl solches alles
weißt."
Ja, wir wissen
alles. Wir haben die Bibel. Wir wissen von Jesus. Natürlich – wir wissen vom
Kreuz Christi. Wir wissen um Gottes heiligen Ernst gegen die Sünde. Wir haben
gehört von Seiner Gnade und von Seinem Heil.
Aber hat das
unser Herz zerbrochen? Ist es nicht oft nur ein totes, leeres Wissen? Es ist
doch trotz alles Wissens das Wichtigste so selten geworden wie Wasser in der
Wüste: Buße, wirklich aufrichtige Buße, wie sie Gottes Geist angesichts des
Kreuzes Christi wirkt.
Daniel zeugt
gegen uns. Sein Wort greift an unser Gewissen: „Und du hast dein Herz nicht
gedemütigt, ab du wohl alles wusstest." Wir sollten in die Stille gehen
mit diesem Wort! Amen.
(Melodie: Ach Gott und
Herr)
Zu dir flieh ich; verstoß
mich nicht,
Wie ichs wohl hab
verdienet.
Ach Gott, zürn nicht, geh
nicht ins G'richt,
Dein Sohn hat mich
versühnet.
Donnerstag nach dem 25. Trinitatissonntag
Aber Asa ward zornig über den Seher
Hanani und legte ihn ins Gefängnis.
2. Chronik 16, 10
Da ist der
König Asa.
Als junger
Mensch war er ein Mann nach dem Herzen Gottes. Aber – und das ist in der Bibel
erschütternd geschildert – als er älter wird, da gibt er die Glaubensstellung
seiner Jugend auf und richtet sich sein Leben nach der Art der Welt ein.
Wie viele
gleichen diesem Asa! Sie sind in ihrer Jugend einmal ein Stück mit Jesus
gegangen, sie haben Gottes Wort geliebt. Später aber wurden sie nach der Weise
der Welt kluge Leute und gaben ihr ewiges Erbe preis.
Doch der Herr lässt
so einen Asa nicht ohne weiteres laufen. In Seiner großen Barmherzigkeit
schickt Er ihm einen Propheten, Hanani. Dieser Hanani redet nicht zärtlich mit
Asa. Wenn ein Arzt operieren will, darf er nicht ängstlich sein beim Schnitt.
Das gilt erst recht, wenn man eine kranke Seele heilen will. So redet Hanani
harte Worte mit Asa. Selig, wer solch einen Hanani hat, der ihm zurechthilft,
wenn man vom schmalen Wege zur Seligkeit abgekommen ist!
Aber hier kann
man so recht den Unterschied zwischen „Vernunft" und „geistlichem
Sinn" erkennen.
Die natürliche
Vernunft bringt uns dazu, große Stücke von uns zu halten. Und wenn dann so ein
treuer Hanani kommt und will uns Zurechthelfen, so sind wir beleidigt wie Asa.
Weil die
natürliche Vernunft sich nichts sagen lassen kann, ist sie die größte Feindin
des Heiligen Geistes, denn Er deckt uns ja beständig unsere Sünde auf.
Wie anders ist
der geistliche Sinn gerichtet! Ein Mensch mit einem geistlichen Sinn hat nur
ein Verlangen: dem Herrn wohlzugefallen. Darum ist er jedem dankbar, der ihn in
die Wahrheit führt. Ein geistlich gerichteter Mensch lässt sich sagen und
weisen von Menschen – und erst recht vom Heiligen Geist und vom Worte Gottes.
Arnen.
(Melodie: Erquicke mich,
du Heil der Sünder)
Entdecke alles und
verzehre,
Was nicht in deinem Lichte
rein,
Wenn mir's gleich noch so
schmerzlich wäre;
Die Wonne folget nach der
Pein:
Du wirst mich aus dem
finstern Alten
In Jesu Klarheit
umgestalten.
Freitag nach dem 25. Trinitatissonntag
Freuet euch in dem Herrn allewege!
Philipper 4, 4
Ist denn das
nun nicht zuviel verlangt?
Es gibt doch
graue Alltage, wo man nur Arger und Verdrießlichkeiten hat. Es gibt doch
schwere Notzeiten und Tage düsterer Sorgen! Es gibt doch Zeiten schwerer
Anfechtungen und innerer Armut. Kann man sich da freuen?
Als Paulus dies
Wörtlein „allewege" schrieb, hat er denn da auch bedacht, was er schrieb?
Ist das nicht zuviel verlangt?
Aber es steht
nun einmal in der Bibel. Und es steht da – nicht als Druckfehler, sondern weil
es dahin gehört. Als Paulus es schrieb, schrieb er es nicht in
Leichtfertigkeit. O nein! Um ihn her war es ja unheimlich dunkel. Er war
Gefangener in Rom. Und es war noch nicht mal klar, ob bei dem Prozess nicht ein
Todesurteil herauskäme. In solcher Lage schreibt man nicht oberflächlich vom „Freuen
allewege"!
Nein: Das Wort
gilt. Und es sagt uns: Es ist keine Macht so dunkel, dass uns nicht der Stern
der Gnade Gottes in Jesus strahlte. Es ist kein Tal so tief, dass wir nicht das
Kreuz sehen könnten und daran den, der uns zuruft: „Fürchte dich nicht; ich
habe dich erlöst!" Es ist keine Alltag so arm, dass nicht der selbst da
wäre, der die Welt überwunden, hat. Es ist keine Lage so verloren, dass Jesus
sie nicht retten könnte. Darum: „Freuet euch in dem Herrn allewege!" Amen.
(Melodie: Jesu, meine
Freude)
Weicht, ihr Trauergeister,
Denn mein Freudenmeister
Jesus tritt herein.
Denen, die Gott lieben,
Muss auch ihr Betrüben
Lauter Freude sein.
Duld' ich schon hier Spott
und Hohn,
Dennoch bleibst du auch im
Leide,
Jesu, meine Freude.
Sonnabend nach dem 25. Trinitatissonntag
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich
kenne sie, und sie folgen mir.
Johannes 10, 27
Das ist ein
liebliches Wort, das so recht die enge Verbundenheit der Gemeinde Jesu mit
ihrem erhöhten Herrn zeigt. Aber wir dürfen über der Lieblichkeit dieses Wortes
nicht seinen tiefen Ernst überhören.
Es wäre uns gewiss
viel lieber, wenn der Herr Jesus es umgekehrt gesagt hätte: „Sie kennen mich
und ich folge ihnen." Es ist ja so schön, den Herrn Jesus als seinen Herrn
und Heiland zu kennen. Und es ist so tröstlich, Ihn zu bitten: „Herr, gehe du
mit mir auf allen meinen Wegen!
Aber so steht
es nun einmal nicht da. Jesus sagt: „Ich kenne sie und sie folgen mir."
Verstehen wir, was das heißt? – Er, der Herr Jesus, will den Weg angeben. Und
wir müssen schon mit Ihm gehen, wenn Er uns nicht ganz und gar entgehen soll.
Sein Weg aber geht über das Kreuz. Und wer Ihm folgt, der nimmt sein Kreuz auf
sich und folgt Ihm nach. Der württembergische Erweckungsprediger Fricker hat
einmal den sehr feinen und wichtigen Satz gesagt: „Ein Christ muss die
beschwerlichen Dinge lieben." Er muss sie lieben darum, weil sie auf dem
Wege liegen, den Jesus Seine Leute führt.
„Sie folgen
mir." Wenn der Weg rau wird, dann wird es offenbar, wer wirklich zur Herde
Jesu Christi gehört und wem es ernst war mit der Nachfolge. Da kehren die
Mitläufer um. Seine Schafe aber schauen auf Ihn und folgen Ihm.
Sie folgen Ihm
sehr getrost, denn sie hören Sein Wort: „Ich kenne sie!" Er kennt all
unsere Verzagtheit, Leidensscheu und Mutlosigkeit. Er kennt all unsere Furcht
und unseren stolzen Eigenwillen. Und weil Er all das kennt, geht Er nicht
gleichgültig vor Seiner Herde her. Er nimmt sich all unserer Schwachheit,
Furcht und Mutlosigkeit an. Eben darum können Seine Schafe Ihm folgen, weil Er
sie kennt und sich ihrer annimmt. Amen.
(Melodie: Mach's mit mir,
Gott, nach deiner Güt)
Fällt's euch zu schwer,
ich geh voran,
ich geh euch an der Seite,
Ich kämpfe selbst, ich
brech' die Bahn,
Bin alles in dem Streite.
Ein böser Knecht, der
still mag stehn,
Sieht er voran den
Feldherrn gehn,
Totensonntag
Du lässest sie dahinfahren wie einen
Strom; sie sind wie ein Schlaf, gleichwie ein Gras, das doch bald welk wird,
das da frühe blühet und bald welk wird und des Abends abgehauen wird und
verdorrt… Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug
werden.
Psalm 90, 5-6+12
Totensonntag!
Da wacht schmerzhaft die Erinnerung auf an die Lieben, die der Tod uns genommen
hat. Unsere Gedanken suchen manches liebe Grab.
Totensonntag!
Da sollten wir denken an unser eigenes Sterben, an die Ewigkeit, an das Gericht
Gottes, an Verdammnis und Seligkeit. Aber wer von uns denkt schon daran?!
Moses, der große Mann Gottes, ist über diese
Gedankenlosigkeit, deren wir uns alle mehr oder weniger schuldig machen, tief
erschrocken. Und darum betet er: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen,
auf dass wir klug werden!“
Ist der Gedanke
an den Tod denn so schrecklich, dass wir ihm so krampfhaft ausweichen? O ja,
für ein unbekehrtes Menschenherz, das in seinen Sünden dahinfährt, ist
allerdings der Gedanke an Tod, Gericht, Ewigkeit und Gott furchtbar. Mit Recht!
Denn was ist aller Jammer dieser Welt gegen die ewige Gottesfeme!
Aber so muss es
ja nicht sein. „… auf dass wir klug werden." Das ist die rechte, göttliche
Klugheit, die das Heil Gottes sucht, das uns in Jesus geschenkt ist. Ja, in
Jesus ist Errettung. Auch aus dem Tode. Wer Jesus angehört, jubelt sterbend: „Der
Tod ist verschlungen in den Sieg! Tod, wo ist dein Stachel! Hölle, wo ist dein
Sieg?" Amen.
(Melodie: Herzlich tut
mich verlangen)
Du hast mich ja erlöset
von Sünd', Tod, Teufel, Höll;
Es hat dein Blut gekostet,
drauf ich mein Hoffnung stell'.
Warum sollt mir denn
grauen vor Hölle, Tod und Sünd'?
Weil ich auf dich tu
bauen, bin ich ein selig Kind.
Montag nach Totensonntag
Herr, ich warte auf dein Heil.
1. Mose 49, 18
Man kann hier
und da die Meinung hören: „Das ist wichtig, dass wir irgendeinen Glauben haben.
Aber was für einen – das ist gleichgültig. Darüber brauchen wir uns nicht zu
streiten. Das sind dogmatische Spitzfindigkeiten."
Ob wir wohl im Sterben auch noch so sprechen? Sterben ist
doch eine ernste und schwere Sache.
Es war auf dem Berliner Flugplatz „Tempelhofer Feld".
Ein Herr wollte das Flugzeug nach Holland besteigen. An der Sperre heißt es: „Pass
vorzeigen!" Eilig zieht der Herr einen Pass heraus. Der Beamte schaut
hinein, schaut den Herrn an und sagt: „Hiermit kommen Sie nicht durch. Der Pass
ist ungültig. Er ist abgelaufen."
„Ach", sagt der Herr, „machen Sie doch keine
Geschichten. Hauptsache ist doch, dass ich einen Pass habe." „Nein", erwidert
der Beamte, „Hauptsache ist, dass Sie einen richtigen Pass haben."
So ist es mit
dem Glauben. Es kommt nicht darauf an, dass ich einen Glauben habe, sondern
dass ich den rechten, Seligmachenden Glauben habe.
„Herr, ich
warte auf dein Heil!" Dies Wort hat der sterbende Erzvater Jakob gesagt.
Da sah er im Geiste das Heil Gottes, das Jesus gebracht hat, als Er zur
Versöhnung für die Sünde der Welt starb auf Golgatha. Da hat Jakob all sein
Vertrauen auf den Herrn Jesus gesetzt, der Sünder selig macht.
Das ist der
rechte Heilsglaube. Der gibt Freude und Kraft im Leben. Und er macht getrost im
Sterben. Das Heil Gottes in Jesus ist der feste, unzerstörbare Ankergrund
unseres Glaubens. Amen.
(Melodie: Herzlich tut
mich verlangen)
Erscheine mir zum Schilde,
Zum Trost in meinem Tod,
Und lass mich sehn dein
Bilde
In deiner Kreuzesnot.
Da will ich nach dir
blicken,
Da will ich glaubensvoll
Fest an mein Herz dich
drücken.
Wer so stirbt, der stirbt
wohl.
Dienstag nach Totensonntag
Wir glauben, durch die Gnade des Herrn,
Jesu Christi selig zu werden.
Apostelgeschichte 15, 11
Das ist eine
wichtige Frage: Worauf will ich einmal sterben?"
Die eigenen
religiösen Gedanken können uns in Todesnot nicht trösten. All unsere
Tüchtigkeit im Leben kann uns nicht selig machen. Worauf wollen wir sterben?
Martin Luther
hat auf diese Frage klare Antwort gewusst. Als er im Sterben lag, betete er
immer wieder: „Du hast mich erlöset, du Gott der Wahrheit!"
Und als Jonas
ihn fragte: „Wollt Ihr auf Christum und die Lehre, die Ihr gepredigt,
sterben?" antwortete er klar: „Ja!" Es gibt auch heute noch keinen
anderen Trost in Todesnot.
Ein Mann, der
in seinem Leben Großes. geleistet hatte, schickte sich zum Sterben. Sein Sohn
wollte ihm etwas Gutes sagen: „Vater, du hast doch wenigstens den Trost, dass
du im Leben etwas Tüchtiges geleistet hast."
Da richtete
sich der Schwerkranke auf: „Ach, mein Junge, wenn man sein Leben vom Rande der
Ewigkeit aus ansieht, dann sieht man nur Versäumnisse, Fehler, Angefangenes,
das unvollendet blieb … Aber ich habe einen Heiland, der mich selig gemacht
hat."
„Wer so stirbt, der stirbt wohl."
Da war ein
anderer, der hatte sein Leben verzehrt im Dienst für sein Volk und vor allem
für die Jugend seines Volkes. Nun war die Kraft verbraucht. Der Tod kam. Was
sagte er da? Schaute er auf seine Werke und Verdienste? O nein! Eins seiner
letzten Worte war: „Hier kommt ein armer Sünder her, / der gern um's Lösgeld
selig wär."
Der Herr
schenke uns ein solch seliges Heimgehen, wenn unser Stündlein kommt! Amen.
(Melodie: Ist Gott für
mich)
Der, der hat ausgelöschet,
Was mit sich führt den
Tod.
Der ist's, der rein mich
wäschet,
Macht schneeweiß, was
blutrot.
In ihm darf ich mich
freuen,
Hab' einen Heldenmut,
Darf kein Gerichte
scheuen,
Wie sonst ein Sünder tut.
Mittwoch nach Totensonntag
Selig sind die Toten, die in dem Herrn
sterben von nun an! Ja, der Geist spricht, dass sie ruhen von ihrer Arbeit;
denn ihre Werke folgen ihnen nach.
Offenbarung 14, 13
Das ist ein
wunderbar starkes Wort, das uns Mut machen will, den Willen Gottes zu tun.
Zwei Tatsachen
nennt uns in denk Wort der Geist Gottes, durch die Er uns ermuntern will, unser
Leben in den Dienst des Herrn zu stellen.
Die erste ist
dies: Es folgt ja die große, herrliche Ruhe. Wir haben es sicher alle schon
erlebt, wie der Gedanke an Feiertage den Tagen vorher neue Kraft gab. „Ach,
bald sind ja die Feiertage; dann kann man ausruhen!" sagt manche müde
Hausfrau oder Verkäuferin vor Weihnachten. Und dann strömt Ihr aus dieser
Hoffnung neue Kraft zu.
So geht es den Jüngern Jesu. „Wir werden ruhen von unserer
Arbeit", sagen sie, „darum lasst uns jetzt unser Leben nicht lieb haben,
sondern es einsetzen im Dienst am Reiche Gottes und am Nächsten."
Und eine zweite Tatsache soll uns Mut machen, unser Leben
für den Herrn einzusetzen: Es geht nichts verloren! Mag ein Werk noch so im
Verborgenen geschehen, – Gottes Augen haben es erschaut. „Ihre Werke folgen
ihnen nach."
Sie folgen nach! Ein alter Christ hat gesagt: „Die Werke
gehen einmal nicht vor uns her als Herolde, um uns das Tor des Himmels zu
öffnen. Das kann nur das teure Blut Jesu. Aber sie folgen nach, sie sind nicht
verloren."
So lasst uns
eifrig sein, dass unser Leben ein Dienst werde! Amen.
(Melodie: O Welt, ich muss
dich lassen)
Ein Tag der sagt's dem
andern,
Mein Leben sei ein Wandern
Zur großen Ewigkeit.
O Ewigkeit, du schöne,
Mein Herz an dich gewöhne.
Mein Heim ist nicht in
dieser Zeit.
Donnerstag nach Totensonntag
Durch den Glauben redete Josef vom
Auszug der Kinder Israels, da er starb.
Hebräer 11, 22
Alle die
Glaubensmänner im Alten Bund: Abraham, Isaak, Jakob, Josef, waren Leute, denen
Gott etwas versprochen hatte. Gott hatte ihnen das Land Kanaan versprochen.
Aber dann starb
einer nach dem andern, Josef sogar im fremden Land.
Als es nun mit ihnen zum Sterben ging, da haben sie nicht
gesagt: „Wir sehen nichts von einer Erfüllung. Vielleicht hat Gott doch gelogen
oder die Sache nicht so wörtlich gemeint.“
Nein, so haben
sie nicht gesagt. Sie haben gewusst: „Gott kann nicht lügen. Sein Wort ist
wahr." Und in diesem Glauben haben sie von den zukünftigen Dingen. Besitz
ergriffen.
Auch uns hat Gott ein zukünftiges Land versprochen: „Siehe,
ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde, in welchen Gerechtigkeit
wohnt. `
„Davon sieht man ja nichts", spottet der Unglaube. „Ich
sehe nur diese Welt mit ihrer Lust und ihrem Leid. Wir sterben und werden ins
Grab gelegt. Und alles bleibt, wie es ist."
Der Glaube aber
weiß: Gott lügt nicht. „Und ob es währt bis in die Nacht / und wieder an den
Morgen / so soll mein Herz an Gottes Macht / verzweifeln nicht noch
sorgen."
Ja, der Glaube
ist seiner Sache so gewiss, dass ihm alles andere gering scheint vor dieser
zukünftigen Herrlichkeit. Im Sterben sieht der Glaubende die Zinnen der
zukünftigen Stadt und freut sich dankbar in Todesnot. Amen.
(Melodie: Alle Menschen
müssen sterben)
O Jerusalem, du schöne,
ach, wie helle glänzest du!
Ach, wie lieblich
Lobgetöne hört man da in sanfter Ruh!
O der großen Freud' und
Wonne!
Jetzo gehet auf die Sonne.
Jetzo gehet an der Tag,
Der kein Ende nehmen mag.
Freitag nach Totensonntag
Durch den Glauben redete Josef vom
Auszug der Kinder Israels, da er starb, und tat Befehl von seinen Gebeinen.
Hebräer 11, 22
Es ist doch
eine närrische Welt, in der wir leben! Obgleich die Menschen genau wissen, dass
sie sterben müssen, tun sie, als sei diese Welt ihre Heimat.
Ja, nicht genug damit: Wenn einer verständig wird und sein
Herz auf die ewigen und zukünftigen Dinge richtet, nennen sie ihn einen
Schwärmer und Narren.
Nun, die
Ewigkeit wird einmal ausweisen, wer in Wahrheit klug war.
Da ist der
Josef. Er hat seine beste Kraft dem Lande Ägypten geschenkt. Ja, er hat es vor
dem Verhungern gerettet.
Aber als es nun
ans Sterben geht, da wird offenbar, wie sein Herz an dem verheißenen Lande
Gottes hängt. Da befiehlt er sterbend: „Wenn einst der große Auszug kommt, dann
sollt ihr auch meine Gebeine nicht zurücklassen."
So stehen
Gottes Kinder in der Welt: Sie dienen von Herzen dem Volk, in das Gott sie
gestellt hat. Aber sie wissen auch: „Meine Heimat ist dort oben, / da aller
Engel Schar / den großen Herrscher loben …"
Und sie wissen:
Auch unsere Gebeine werden nicht in der Fremde bleiben. Unser Leib wird
auferstehen. Nichts soll zurückbleiben in dieser Fremdlingschaft, nichts als
die Leiden, Tränen, Schmerz und Sünde.
So ist nun für
einen Weltmenschen der Tod das Abschiednehmen von einer Heimat, die
unwiederbringlich für ihn dahin ist. Für den aber, der im Glauben an Jesus
stirbt, ist der Tod ein Heimkommen aus der Fremde. Amen.
(eigene Melodie)
Auf erstehn, ja auf
erstehn wirst du,
Mein Staub, nach kurzer
Ruh;
Unsterblich Leben
Wird, der dich schuf, dir
geben,
Halleluja.
Sonnabend nach Totensonntag
Wartet und eilet zu der Zukunft des
Tages des
2. Petrus 3, 12
Was ist die
Bibel ein paradoxes Buch!
Man kann sich
doch schwerlich zwei Haltungen vorstellen, die einander mehr entgegengesetzt
sind als „warten" und „eilen". „Warten!" Wir haben alle schon
gewartet. Etwa im Vorzimmer eines Arztes. Da sitzt man still. Da tut man
nichts. Warten – das ist völliges Ruhen und Stillesein.
„Eilen!"
Wir sind alle schon geeilt. Etwa zu einem Eisenbahnzug, wenn's spät war. Da
spannt man alle Kräfte an, da gibt man aller Ruhe den Abschied. Da stürmt man
an allem vorüber; was einen aufhalten will.
Warten. und
Eilen sind also zwei völlig gegensätzliche Verhaltungsweisen. Und doch: So:.
gegensätzlich die Worte „warten" und „eilen" sind – so gehören sie
doch beide zum Christenstand. Der ist tatsächlich so paradox.
Ein rechter
Christ „wartet" auf die Zukunft des Tages des Herrn. Er wartet darauf in
großer Stille und Gelassenheit und Sammlung. Oberfallen ihn Leiden und Nöte,
trifft ihn Ungerechtigkeit, begegnen ihm Hass und Feindschaft: Er hebt den
Blick darüber hinaus und freut sich der zukünftigen Herrlichkeit des Reiches
Gottes und seiner Kinder. Das Licht dieser großen Erwartung macht ihm die
schweren Nöte leicht und gering. Er wartet der Zukunft. „Wir freuen uns in
Gelassenheit der großen Offenbarung …", singt Zinzendorf.
Und doch – zugleich
„eilt" ein rechter Jünger Jesu dieser Zukunft entgegen. Er weiß, dass man
die Gnade versäumen kann. Darum spannt er alle, seine Kräfte an. „Er umgürtet
seine Lenden", wie die Bibel sagt. Und wenn ihn etwas in seinem
Glaubenslauf aufhalten will, dann überhört er es und übersieht es. Er hat ein
Ziel. Und das Ziel ruft. So eilt er auf die Zukunft des Tages des Herrn. Amen.
(Melodie: Herzlich tut
mich verlangen)
So will iah zwar nun
treiben.
Mein Leben, durch die
Welt,
Doch denk ich nicht zu
bleiben
In diesem fremden Zelt.
In wandre meine Straßen,
Die zu der Heimat führt,
Da mich ohn alle Maßen
Mein Vater trösten wird.
ALTES TESTAMENT
1. Mose
1, 3.................................................... 329
1, 24.................................................. 330
1, 31.................................................. 331
2, 2...................................................... 69
2, 2.................................................... 336
3, 9.................................................... 205
12, 1.................................................. 254
37, 16................................................ 303
37, 21-22.......................................... 304
37, 34................................................ 305
39, 2.................................................. 306
39, 2.................................................. 307
39, 9.................................................. 308
39, 9.................................................. 309
40, 23................................................ 310
41, 8.................................................. 311
42, 1-2.............................................. 312
42, 11................................................ 313
42, 21................................................ 314
42, 22................................................ 315
44, 16................................................ 316
47, 1.................................................. 317
49, 18................................................ 386
2. Mose
20, 2-3.............................................. 351
20, 2-3.............................................. 352
20, 4-5.............................................. 353
20, 7.................................................. 355
20, 8-10............................................ 357
20, 12................................................ 358
20, 13................................................ 359
20, 14................................................ 360
20, 15................................................ 361
20, 16................................................ 362
20, 17................................................ 364
25, 22................................................ 140
5. Mose
7, 21.................................................... 72
Josua
24, 15................................................ 286
Richter
6, 25.................................................. 274
6, 34-36............................................ 275
7, 2.................................................... 276
7, 3.................................................... 277
7, 10.................................................. 278
7, 18.................................................. 279
8, 34.................................................. 114
1. Samuel
9, 4.................................................... 368
9, 6.................................................... 369
9, 10.................................................. 370
11, 5.................................................... 63
28, 1.................................................. 338
28, 3.................................................. 324
1. Könige
3, 9.................................................... 318
3, 11-13............................................ 319
8, 11.................................................. 197
8, 23.................................................. 206
8, 27.................................................. 100
2. Könige
18, 6.................................................... 64
18, 17.................................................. 65
19, 14.................................................. 66
19, 19.................................................. 67
2. Chronik
16, 9.................................................. 118
16, 10................................................ 382
Nehemia
1, 2.................................................... 210
1, 3.................................................... 211
1, 4.................................................... 212
1, 4.................................................... 213
1, 5.................................................... 214
2, 2-3................................................. 215
2, 8.................................................... 216
4, 8.................................................... 115
Hiob
10, 4.................................................. 120
Psalm
23, 5.................................................... 97
25, 14.................................................. 68
32, 8.................................................. 121
32, 9.................................................. 181
33, 4.................................................. 219
34, 2.................................................... 38
34, 2.................................................. 176
34, 3.................................................. 177
34, 3-4.............................................. 178
34, 7.................................................. 183
34, 7.................................................. 184
34, 7.................................................. 185
34, 7.................................................. 188
34, 9.................................................. 223
34, 19.................................................. 40
34, 19.................................................. 41
50, 16-17.......................................... 243
63, 6.................................................. 175
73, 23................................................ 208
77, 12................................................ 111
84, 6.................................................. 281
84, 6.................................................. 282
84, 6.................................................. 283
84, 12................................................ 371
90, 5-6+12........................................ 385
91, 14.................................................. 85
92, 2-3.............................................. 272
92, 14................................................ 251
93, 1.................................................... 44
103, 2................................................ 365
103, 3................................................ 366
106, 13................................................ 36
107, 10 ff.......................................... 229
110, 1.................................................. 13
111, 3.................................................. 15
113, 5-7............................................ 190
115, 1................................................ 217
119, 24................................................ 73
119, 45............................................. 179
119, 99-100..................................... 332
121, 1.................................................. 37
Sprüche
18, 10................................................ 354
Prediger
3, 11.................................................. 343
4, 10.................................................. 344
Jesaja
9, 2.................................................... 125
9, 5...................................................... 30
31, 4.................................................... 83
32, 3.................................................... 74
32, 6.................................................. 375
40, 15................................................ 204
40, 31................................................ 240
42, 16.................................................. 61
49, 6.................................................... 42
53, 3.................................................... 84
53, 6.................................................. 145
53, 11................................................ 142
55, 6.................................................. 373
64, 1.................................................. 207
64, 3.................................................. 335
Jeremia
1, 6...................................................... 78
1, 18.................................................. 201
5, 3...................................................... 58
5, 3.................................................... 122
11, 19.................................................. 79
11, 20.................................................. 80
17, 9.................................................. 327
21, 8.................................................. 253
38, 5-6.............................................. 248
40, 4-5.............................................. 256
Hesekiel
16, 61................................................ 116
36, 26................................................ 192
Daniel
3, 25.................................................. 228
5, 22.................................................. 381
Hosea
7, 16.................................................. 180
7, 16.................................................. 380
Joel
2, 13.................................................. 301
Micha
7, 8...................................................... 59
Maleachi
1, 13.................................................... 89
1, 13.................................................... 90
2, 16.................................................... 60
NEUES TESTAMENT
Matthäus
2, 10.................................................... 43
2, 13.................................................... 46
2, 20.................................................... 47
3, 1+3.................................................. 93
3, 3...................................................... 94
4, 17.................................................. 289
6, 10.................................................. 182
10, 16................................................ 202
11, 28................................................ 342
14, 6.................................................... 99
16, 24................................................ 104
21, 5...................................................... 2
21, 5...................................................... 3
21, 5...................................................... 4
21, 5...................................................... 5
21, 5...................................................... 6
21, 8-9.............................................. 139
26, 64.................................................. 14
27, 41-42.......................................... 323
27, 46................................................ 333
27, 46................................................ 334
27, 60................................................ 146
28, 4-5.............................................. 159
28, 18.................................................. 49
28, 19.................................................. 48
28, 20................................................ 149
28, 20................................................ 189
Lukas
1, 21.................................................... 19
1, 34.................................................... 22
1, 46-47.............................................. 23
1, 46+48............................................. 16
1, 64.................................................... 20
1, 66.................................................... 21
1, 78...................................................... 7
2, 1+4-5.............................................. 24
2, 1+10-11.......................................... 27
2, 2...................................................... 28
2, 2...................................................... 29
2, 4-5................................................... 25
2, 4-5................................................... 26
2, 7...................................................... 31
2, 11.................................................... 32
2, 13-14.............................................. 33
2, 17.................................................... 34
2, 25+27............................................. 50
2, 25-26.............................................. 52
2, 25 ff................................................. 51
2, 36 ff................................................. 53
2, 36 ff................................................. 54
2, 38.................................................... 55
2, 38.................................................... 56
2, 38.................................................... 57
3, 3...................................................... 92
3, 5...................................................... 95
3, 5...................................................... 96
4, 38.................................................. 271
5, 3.................................................... 232
5, 3.................................................... 233
5, 3.................................................... 234
5, 4.................................................... 235
5, 5.................................................... 236
5, 5.................................................... 237
5, 6-7................................................. 238
5, 8.................................................... 239
5, 12.................................................... 76
5, 12-13.............................................. 77
5, 18.................................................... 81
5, 20.................................................. 225
7, 12-13............................................ 161
7, 13.................................................. 162
7, 13-14............................................ 163
7, 14-15+17..................................... 164
7, 27-28.............................................. 17
7, 28.................................................... 18
7, 29.................................................. 227
10, 1.................................................. 257
10, 20................................................ 259
10, 21................................................ 258
11, 29................................................ 269
15, 2.................................................... 91
15, 12................................................ 260
15, 12................................................ 261
15, 15-16.......................................... 262
15, 17................................................ 263
15, 17................................................ 264
15, 18+20......................................... 265
15, 20................................................ 266
15, 20................................................ 267
15, 20................................................ 268
19, 41................................................ 106
19, 42................................................ 107
19, 45................................................ 108
20, 17................................................ 101
21, 2.................................................. 109
21, 25-27............................................ 11
21, 27.................................................... 9
21, 28.................................................. 12
22, 3.................................................. 127
22, 20................................................ 143
22, 48................................................ 123
22, 48................................................ 128
22, 49-50.......................................... 141
22, 61................................................ 119
23, 34................................................ 131
23, 34................................................ 132
23, 34................................................ 320
23, 35................................................ 322
23, 40................................................ 133
23, 41................................................ 134
23, 41................................................ 136
23, 42................................................ 112
23, 42................................................ 135
23, 43................................................ 137
23, 47................................................ 144
24, 9+11........................................... 148
24, 34................................................ 147
24, 36................................................ 209
24, 36-37.......................................... 150
24, 36-37.......................................... 152
24, 37-38.......................................... 151
24, 41................................................ 153
24, 51................................................ 187
Johannes
1, 9...................................................... 62
1, 16.................................................. 165
1, 16.................................................. 166
1, 16.................................................. 167
1, 16.................................................. 242
1, 29.................................................. 285
3, 3.................................................... 200
4, 28.................................................. 348
6, 67.................................................. 230
6, 67-68............................................ 231
7, 3-4................................................. 226
7, 37.................................................. 273
7, 38.................................................. 349
8, 12.................................................... 70
10, 27................................................ 384
13, 5.................................................. 117
14, 23.................................................... 8
19, 24................................................ 321
19, 26................................................ 129
19, 26................................................ 130
19, 26-27.......................................... 138
20, 15................................................ 171
20, 17................................................ 168
20, 17................................................ 169
20, 17................................................ 170
20, 19................................................ 158
20, 19................................................ 172
20, 19................................................ 173
20, 19-21.......................................... 174
Apostelgeschichte
1, 8.................................................... 191
1, 9.................................................... 186
1, 11.................................................... 10
1, 12.................................................. 193
1, 13-14............................................ 194
1, 13-14............................................ 195
2, 37.................................................. 196
4, 20.................................................. 220
4, 24.................................................. 221
4, 29.................................................. 222
9, 4.................................................... 291
9, 4.................................................... 292
9, 6.................................................... 293
9, 18.................................................. 124
12, 5.................................................. 246
12, 5.................................................. 247
14, 4.................................................. 255
15, 11................................................ 387
Römer
1, 1.................................................... 241
4, 25.................................................... 45
5, 1.................................................... 218
5, 1.................................................... 302
5, 3-5................................................... 35
8, 1.................................................... 198
8, 8.................................................... 280
8, 14.................................................. 199
8, 28.................................................... 88
8, 34.................................................. 340
8, 36-37.............................................. 86
8, 36-37.............................................. 87
10, 10................................................ 379
13, 11.................................................. 75
1. Korinther
1, 18.................................................. 328
2. Korinther
13, 13................................................ 203
Galater
3, 10.................................................. 105
Epheser
1, 16.................................................. 363
2, 19.................................................. 252
2, 20.................................................. 102
6, 20.................................................... 71
Philipper
1, 20.................................................. 249
1, 23-24............................................ 160
4, 4.................................................... 383
4, 7...................................................... 39
Kolosser
1, 13.................................................... 82
1, 13.................................................. 244
1, 13.................................................. 290
1, 14.................................................. 294
1, 15.................................................. 295
1, 18.................................................. 296
1, 18.................................................. 297
1, 18.................................................. 298
1, 18.................................................. 299
3, 9.................................................... 350
3, 23.................................................. 367
1. Timotheus
6, 11.................................................. 372
1. Petrus
1, 1.................................................... 346
1, 1.................................................... 347
2, 2.................................................... 154
2, 5.................................................... 103
4, 14.................................................. 356
2. Petrus
3, 12.................................................. 391
3, 18.................................................. 250
1. Johannes
5, 12.................................................. 284
Hebräer
2, 11.................................................... 98
9, 14.................................................. 126
9, 14.................................................. 374
10, 35................................................ 110
10, 36................................................ 245
11, 7.................................................. 376
11, 7.................................................. 377
11, 7.................................................. 378
11, 19................................................ 345
11, 22................................................ 389
11, 22................................................ 390
11, 28................................................ 300
11, 29................................................ 287
11, 29................................................ 288
12, 2.................................................. 244
Jakobus
3, 5.................................................... 325
3, 5.................................................... 326
Offenbarung
1, 5.................................................... 337
2, 2.................................................... 339
2, 4.................................................... 341
2, 5.................................................... 113
2, 8.................................................... 155
2, 8.................................................... 156
2, 8.................................................... 157
3, 5.................................................... 270
14, 13................................................ 388