Wie Menschen Jesus erkennen

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 03.01.1993 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Johannes 1, 43-51

 

Unser Predigttext steht im ersten Kapitel des Johannes-Evangeliums. Da geht es ja ganz dicht gleich am Anfang, das Wort, mit dem ich Sie heute begrüßt habe „Wir sahen seine Herrlichkeit“ und dann gleich noch im selben Kapitel, wie die ersten Jünger Jesus nachfolgen. Jetzt von Vers 43-51 der Schluss dieses ersten Kapitels des Johannes-Evangeliums. Am nächsten Tag wollte Jesus nach Galiläa gehen, und findet Philippus und sprich zu ihm: Folge mir nach! Philippus aber war aus Bethsaida, der Stadt des Andreas und Petrus. Philippus findet Nathanael und sprich zu ihm: wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, Josef Sohn aus Nazareth. Und Nathanael sprach zu ihm: Was kann aus Nazareth Gutes kommen? Philippus spricht zu ihm: komm und sieh es. Jesus sah Nathanael kommen, und sagt von ihm: siehe, ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist. Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich. Nathanael antwortete ihm: Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel. Jesus antwortete und sprach zu ihm: Du glaubst, weil ich dir gesagt habe, dass ich dich gesehen habe unter den Feigenbaum, du wirst noch größeres als das sehen, und er spricht zu ihm: wahrlich, wahrlich, ich sage euch, (Das ist ja immer das alte griechische Amen, Armen, wenn Jesus ganz besonders wichtige Worte gesagt hat, kommt das) ihr werdet den Himmel offen sehen, und die Engel Gottes herauf und herab fahren über dem Menschensohn.

Liebe Schwestern und Brüder,

es sind jetzt nur noch wenige Wochen, dann wird jene Groß-Evangelisation sein, ProChrist, an vielen Orten Europas wird man dann mit Handzetteln oder auch persönlich einladen. Ach wir hier in unserer Kirche werden eine Versammlung haben. Und da fragen schon manche: Was ist denn das, ist das eigentlich nur ein Rummel, oder was macht ihr denn da. Nein, da geht es uns darum, dass Menschen Jesus entdecken. Zum Glauben an Jesus kommen. Und begreifen, wer Jesus ist. Ja, aber, das wollen wir doch eigentlich in jeder die Bibelstunde und in jedem Gottesdienst, in jeder Stunde der Jugendarbeit, ja sicher. Aber die Not ist ja, dass man, und wir wissen das alle aus unserer Erfahrung, man kann ja jahrelang im kirchlichen Betrieb mitschwimmen, man kann sogar ein Amt bekleiden, und Verantwortung tragen als Mitarbeiter. Und doch merkwürdig unsicher, im Zweifel sein. Und sagt, ich möchte zwar Christ sein, aber Jesus bin ich mir nicht so richtig im Klaren, wer Jesus ist. Und was Jesus für mich bedeutet. Und darum finde ich die Erzählung von dem Nathanael so wichtig. Das ist ein altertümlicher Name, hebräischer Name, der Nathanael. Aber ein Mann, der ganz ähnlich wie wir zuerst den Schritt tun muss, und die Erkenntnis erst noch braucht, wer Jesus ist. Und da wird erzählt, wie es bei dem ging. Und das ist modellhaft für viele, viele, viele andere Christen so gewesen. Ganz ähnlich geht das, dass Sie plötzlich ein Licht bekommen und sagen: Jetzt verstehe ich erst, wer Jesus ist, jetzt kann ich glauben, du bist wirklich Christus, der Sohn Gottes. Damals war es gar nicht leichter, als für uns heute. Jesus war äußerlich nicht anders als die anderen Menschen, und wir meinen immer, die hätten vielleicht irgend einen besonderen Glanz im Gesicht Jesu beobachtet, oder irgend einen besonderen Blick, nein das war gar nichts Materielles, nichts Fassbares, nichts äußerlich Erkennbares. Und darum geht es jetzt heute in unserem Gottesdienst, wie entdecken Menschen Jesus? Wie machen die das, wie ging das damals, wie geht es heute?

Mein erster Punkt: Mit einem kleinen Freundesdienst fing es an.

Mit einem kleinen Freundesdienst. Ganz alltäglich, so wie es bei uns auch ablaufen könnte. Philippus war mit Jesus gegangen. Es steht gar nicht mehr da als: er folgte Jesus nach. Sie erinnern sich noch an unserer Neujahrspredigt. Zuerst der Gehorsam, und dann der Glaube. Zuerst der Gehorsam, und dann der Glaube: Sie wollen es immer umgedreht. Sie sagen: Ich möchte zuerst glauben, dann will ich auch gehorchen. Er folgte Jesus nach, und dann erkannte er. Er ging mit Jesus, und er sagte einfach Ja. Das ist ja oft auch immer wieder merkwürdig vergessen bei Christen, dass es ein persönliches, bewusstes Ja braucht, eine Entscheidung: möchte ich Christ sein. Man wird ja nicht automatisch, dadurch, dass man in einer christlichen Familie aufwächst, oder dass man gewisse kirchliche Amtshandlungen an sich vollziehen lässt, möglich noch im Säuglingsalter, automatisch Christ. Man muss ja mit seinen Sinnen, mit seinem ganzen Willen sagen, ja, das möchte ich! Und das macht Philippus. Philippus stammt aus einem Hause, das sonst von der jüdischen Tradition wenig berührt war. An was merkt man das? An seinem Namen. Nathanael ist ein hebräischer Name, Philippus trägt einen griechischen Namen. Es war ein Hellenist, ein aufgeklärter Geist. Das war nicht ein Haus, wo die Synagogenspringer waren, nicht, da war kein bigottes frommes Haus zuhause. Der Philippus wuchs in einer bestimmten geistreichen Atmosphäre auf, der kannte die Philosophie, und der kannte das Leben des griechischen Geistes. Das war ein Mensch der Kunst. Es ist ja gut, dass man gar keine Vorbedingungen braucht, um zu Jesus zu kommen. Das ist ja auch nicht gesagt, die einen tun leichter, und die anderen tun schwerer. Ich glaub, alle haben es gleich schwer. Der Philippus folgt Jesus nach, und dann kann er auf einmal glauben, jetzt verstehe ich es erst, das wirklich ist der Sohn Gottes. Und kaum hat er selbst Jesus entdeckt, da passiert jenes, das er anderen davon weiter sagen muss. Er ist so getrieben, er findet seinen Freund Nathanael, und schon machte er den Mund auf und sagt: Nathanael, ich hab was gefunden, das brauchst du auch, du musst Jesus finden, du musst Jesus sehen. Jetzt weiß ich ja, dass das vielen auch in unseren kirchlichen Gemeinden auf den Keks geht, wie man sagt, wenn die evangelikalen Spinner, die Evangelisten, oder wie man sie nun nennt, die fangen immer an ihre missionarische Eifrigkeit an den Tag zu legen. Warum müssen die denn das immer? Das ist so. Das ist so. Die müssen einfach. Weil man so voll davon ist, von der Entdeckung, die man gemacht hat. Der Philippus muss einfach das weiter sagen. Nun raten uns ja manche und sagen, man soll das ein bisschen geschickter machen. Ja gut, ich hab nichts dagegen, wenn man es geschickter macht. Und ich freue mich über jeden, der es geschickter kann. Wir sind sich alle unbeholfen, wir machen sicher alle Fehler, und vielleicht haben Sie sich auch an mir manchmal gestoßen, dass Sie sagen, das war aber ungeschickt, wie der es ausgedrückt hat. Machen Sie es doch geschickter, das ist doch wunderbar, aber machen Sie es! Wir müssen reden, denn das müssen doch die Menschen wissen, wir können doch nicht das Beste für uns behalten. Aber eines darf nicht sein, was auch oft geschieht, dass man ewig nur darüber diskutiert, wie man es macht. Das ist oft ein Theologengezänk: Wie sagt man heute das Evangelium für den modernen Menschen. Und da kann man jahrelang diskutieren, man kommt nie dazu, dass man hinausgeht auf die Straßen, und auf die Plätze. Da lobe ich mir Philippus, dass er einfach, so wie der Schnabel ihm gewachsen ist, los redet. Und ich glaube immer noch, dass es das Beste ist, wenn Sie ganz natürlich, unbefangen, mit ihren Worten, erzählen, was Sie erlebt haben. Und was Philippus erzählt, ist ja theologisch ziemlich dürftig. Gucken Sie mal, er sagt kein Wort, dass Jesus der Gottessohn ist. Er erzählt kein Wort über die wunderbare Geburt Jesu in Bethlehem. Er hätte doch ein bisschen was erzählen können, aber er wusste es einfach nicht. Er hat nur ein paar erste Entdeckungen über Jesus gemacht, und die haben ihn schon so getrieben, dass er das weitererzählen muss, einfach das, was er entdeckt hat, und dann sagt er auch noch Dinge, die wirklich missverständlich sind. Er sagt ja, Jesus von Nazareth. Und genau an der Stelle stößt sich der Nathanael. Das ist für mich ein Bibelkenner. Der kennt sein Altes Testament, und dann sagt er: Nazareth, da kann nichts Gutes herkommen. Nazareth hat keine biblische Heilsbedeutung. Dann ist es für mich als Juden sowieso nichts. Wenn Sie so wollen, hat Philippus alles falsch gemacht. Es mag oft so sein, ich hab es oft beobachtet, dass junge Christen in ihrem Eifer für Jesus so fast alles falsch gemacht haben, was man falsch machen kann. Sie sind mit der Tür ins Haus gefallen, sie haben vielleicht noch ein paar Dinge durcheinandergebracht, und sie waren so vorwärtsstürmend, dass sie manche abgestoßen haben. Aber Gott ist treu. Aber Gott ist treu. Und der wirkt dennoch durch dieses Zeugnis des Philippus, und das macht mir Mut. Das macht mir Mut. Dann darf ich es auch machen, mit allen Fehlern, wenn ich es nur aufrichtig meine, dann benützt der Heilige Geist mein Zeugnis, und steckt dem anderen ein Licht auf. Auch wenn es noch so falsch ist. Vor Jahren war mal Peter Schneider hier bei uns, der frühere Generalsekretär der deutschen evangelischen Allianz, und hat erzählt, wie er als junger Mann in Amerika war, und dort in einer Versammlung war, und da hat irgendjemand neben ihm, stellen Sie sich das so vor, wie es jetzt bei ihnen in der Kirchenbank wäre, nach Schluss der Ansprache gesagt, wie stehst du eigentlich zu Jesus? Und er hat den bloß angegeifert, und gesagt: was fällt Ihnen ein, kümmern Sie sich doch um andere Dinge, das geht Sie doch einen Dreck an! Meine Sache! Und der ist mit hochrotem Kopf davongestoben. Peter Schneider sagte, und dennoch war der Augenblick, wo der mich gefragt hat, der Anfang meines Lebens mit Jesus. Das hat so in mir gebohrt. Manches macht man sicher falsch, aber dennoch wirkt Gott dadurch. Das soll uns nicht dazu führen, dass wir gerne Fehler machen, sondern was interessant ist, was echt und ehrlich kommt, das benützt Gott. Jetzt hat der Nathanael ja natürlich seine Zweifel, und sagt: Ja, wie, Nazareth, aus Nazareth? Hätte er doch gesagt „Bethlehem“, aber wahrscheinlich wusste der Philippus gar nicht, dass Jesus ja aus Bethlehem stammt. Er hält ihm, dieser Nathanael, der hält dem Philippus seine Zweifel vor, und sagt: bitte schön, was sagst du denn da, und auf einmal merken Sie: der Philippus kann auf die ganzen Zweifel seines Gesprächspartners nichts sagen. Ist es Ihnen auch schon so gegangen? Von dem Philippus kann man nur lernen. Er hat nicht nächtelang im Wortgezänk sich verloren. Das ist ja manchmal unser Fehler, dass wir meinen, jetzt müssen wir beweisen. Wie oft höre ich das von jungen Christen: Ich bräuchte einen Beweis. Gibt es ja eben nicht. Weil Gott sich nicht fassen lässt mit den Fingern, nur mit dem Glauben. Und dann wollen wir diskutieren, oder einem anderen demonstrieren, und werden gar noch eifernde Fanatiker. Philippus war ganz anders. Was hat er gesagt auf die Zweifel? Er sagt bloß: Komm und sieh! Du musst dich einfach einmal selber überzeugen: Komm doch zu Jesus. Und das ist das Große, was wir lernen können bei Philippus: Komm und sieh! Dass wir Menschen nur einladen, und sagen, du müsstest Jesus nur kennenlernen. Und den Wunsch habe ich bei Ihnen, das sie alle nur Jesus finden. Meine Worte dürfen Sie vergessen. Ich möchte nur dort hinweisen und sagen, Sie müssen ihn entdecken. Hinter unseren Worten mag viel Armseliges, Falsches sogar sich verbergen, viel Ungeschicktes. Aber es soll nur hinweisen zu Jesus. Ich möchte Sie noch warnen vor einer Gefahr, die auch häufig auftritt. Gerade wenn wir mit Ungläubigen zusammen sind, und wollen ihnen gerne etwas von Jesus sagen, da verfallen manche auf den Fehler, dass sie sagen: ich möchte das den Leuten vorleben. Und dann sagen Sie: Guck mal, mein Leben hat sich verändert, und das ist das Törichteste, was wir nur machen können. Denn wie wollen Sie denn das vorleben – die Herrlichkeit Jesu voller Gnade und Wahrheit, und wir sind so kleinbürgerliche Geizhälse. Wir sind doch gar nicht wahre Menschen! Bei uns ist doch noch so viel von der Sünde untergemengt. Ich halte es auch immer wieder für vermessen. Und in unseren Tagen, wo man so viele Christen hört, die immer wieder diesen Spruch riskieren, da wundere ich mich immer wieder über diese Kühnheit. Ich würde den Menschen am liebsten sagen, stoßt euch bitte nicht an mir. In meinem Leben könnt ihr bis zu meiner Todesstunde viel, viel Fehler sehen. Und ich brauch täglich, stündlich, minütlich die Vergebung Jesu. Aber guckt Jesus an. Zu dem müsst ihr hingehen. Ich will euch bloß darauf hinweisen, weil ich ihn brauche. Und da ist es sehr gut, dass der Philippus sicher noch weit überlegen war mit seinen Lebenswandel, weil er ja immerhin ein Jude war, die ja noch im Gesetz lebten. Dass dieser Philippus nicht sagt, komm, guck mich mal an, und guck mein Leben an, sondern weist einfach zu Jesus hin: Geh zu Jesus. Das wär ein falsches Zeugnis, wenn man den Leuten irgendeine Moral vorleben wollten. Sicher haben wir unseren Lebensstil auch als Christen, aber Jesus ist noch viel größer, und er allein kann die Zweifel beseitigen, die Menschen haben. Deshalb wollen wir nicht von unseren guten Taten reden, sondern wir wollen von Jesus reden. Das ist die Mitte unserer Verkündigung. Also das war der erste Punkt. Mit einem kleinen Freundesdienst fing es an.

Für uns modellhaft und jetzt der nächste Schritt: in der Betreuung des besten Seelsorgers.

Der Nathanael geht ganz skeptisch auf Jesus zu. Man muss seinen Verstand nicht abschalten. Jesus geht auf kritische Menschen zu. Und schon das erste Wort, das er zu dem Nathanael sagt, ist so voller Liebe. Siehe, ein Israelit, an dem kein Falsch ist. Der ist nicht doppelbödig, nicht doppelzüngig, der ist nicht schlangenartig, der ist auch nicht, was bei uns sich so gern dazwischen schleicht, heuchlerisch. Das wird man ja einfach, wenn man in den Traditionen lebt, heuchlerisch. Dass man schöne Lieder singt, und nachher draußen lebt man's wieder ganz anders. So, Jesus hat das gewürdigt, und sagt, sieh da ist einer, der ehrlich und aufrichtig sucht. Und das ist auch immer wieder der Grund, warum es Menschen, die nicht aus einer frommen Tradition kommen, oft leichter haben, zu Jesus zu kommen, weil sie aufrichtig und ehrlich sind. Wir können ja pausbäckig singen, O komm du Geist der Wahrheit, und wenn Jesus mal seine Wahrheit so richtig uns ins Gewissen treibt, dann wollen wir es gar nicht hören. Deshalb war der Nathanael bestens vorbereitet, ein ehrlich aufrichtig suchender Mensch, und mehr braucht's gar nicht an Vorbedingungen, als dass einer sich wirklich der Wahrheit auch zu stellen bereit ist. Und was gibt Ihnen Jesus? Kein Zeichen! Auch das ist immer wieder heute so ein Irrweg, wenn immer wieder Christen meinen, sie müssten irgendwo von Jesus was Materielles kriegen. Nein, auch nicht mal ein Wunder, auch nicht irgendeine Erscheinung, nicht irgendein besonderes Gefühl. Sondern Jesus spricht ihn auf etwas an: ich sah dich unter dem Feigenbaum. Was war denn dort los? Und das wissen wir nicht, und das ist gut so. Seelsorgerliche Dinge gehören in die absolute Diskretion. Die gehen nur Gott und den Seelsorge etwas an, darüber darf nie gesprochen werden. Unter dem Feigenbaum, da haben früher die Juden oft ihre Andacht verrichtet, gebetet, das Wort Gottes gelesen. Es wäre auch denkbar, dass dieser Nathanael unter dem Feigenbaum irgendeine große Not mit Gott beredet hat, dass er verzweifelt war. Man darf auch weinen. Wir wissen nicht, was los war. Vielleicht hat er ein Gelübde Gott dargebracht. Da war irgendetwas, das ein Mensch mit Gott seine heimliche Geschichte hatte. Sie wissen ja, dass ich behaupte, dass wahrscheinlich kaum ein Mensch in unserem Land lebt, der nicht irgendwann mit Gott schon eine geheime Geschichte hatte. Und wenn das in Kindertagen war, und längst verschüttet ist, oder in schweren Krankheitsnöten, wo einer im Krankenhaus oder im Gefangenenlager, im Krieg, oder im Bombenangriff plötzlich zu beten begann... Es gibt Augenblicke, wo man für Gott ganz offen ist, und an der Stelle greift Jesus ihn an, und sagt: Nathanael, ich sah dich unter dem Feigenbaum. Jesus kann fernsehen, aber anders als wir gucken im Kasten, nicht, Jesus kann fernsehen. Der sieht uns, wenn wir mit ihm reden in der Nacht. Und das ist so aufregend, wenn Sie mit Jesus weitermachen, dass Sie auf einmal merken, genau der spricht mich dort an, wo ich schon bisher war, der versteht mich. Und das können Sie prüfen bei all den Worten, die er Ihnen hier auch in der Bibel in der Stille, wo Sie über seinem Wort sitzen, zuruft. Er spricht Sie auf ihre geheimsten Dinge an, mit denen Sie, da können Sie mit niemandem darüber reden. Da sind oft Dinge, die Sie vor anderen verschweigen, und Jesus packt Sie genau dort, und er hat die Antwort. Und das war der Grund. Voller Gnade und Wahrheit. Voller Gnade und Wahrheit. Da hat Nathanael erkannt, dass Jesus der Gottessohn ist: Du bist der Messias, du bist der Heiland, mein Erlöser, mein Erretter! Und plötzlich war alles klar für ihn, jetzt sieht er. Ach, nichts anders ist passiert! Er hat ja das ganze Leben den Eindruck gehabt: Gott ist mir auf den Fersen, und jetzt hat er verstanden. Da in Jesus schenkt mir Gott alle seine Liebe. Da ist er wirklich zu fassen. Wie Menschen zum Glauben kommen, wie Menschen Jesus entdecken, indem sie begreifen, da redet Jesus mit mir. Und da wird es plötzlich persönlich. Und so geht das heute noch.

Noch das letzte: Auf dem Weg mit Jesus wächst das Erkennen.

Also, im Lauf der Zeit versteht auch ein Nathanael mehr. Er hat sicher auch das später begriffen, wie das mit Nazareth ist. Und mit Bethlehem. Aber als er gläubig wurde, war das gar nicht nötig, dass alle seine Zweifel geklärt wurden, das ist auch für Sie wichtig. Viele, die meinen, zuerst müssen alle Ihre Zweifel geklärt sein. Ach, wir werden vielleicht auch noch ein paar Fragen auch noch mit in die Ewigkeit hinüber nehmen, das macht gar nichts. Wir Menschen haben immer nur ein begrenztes Erkenntnisvermögen. Aber je mehr wir mit Jesus leben, umso mehr wächst das Erkennen. Und Jesus sagt es ihm auch zu, du wirst noch Größeres sehen. Je länger wir leben, umso mehr Einblick gibt uns Jesus in seine Macht. Der Glaube darf wachsen, immer fester werden, immer mehr auch Erfahrungen haben, nachdem er den Schritt zum ersten Vertrauen und zum Gehorchen einmal ging, immer mehr Erfahrungen. Ganz ähnlich hat es Jesus dann auch zu Johannes gesagt: Was ich jetzt tue, das weißt du nicht, du wirst es aber hernach erfahren. Das sage ich jetzt zu all denen, die über die großen dunklen Rätsel ihres Lebens nicht hinweg kommen. Das ist nie versprochen, dass die sich auflösen. Vielleicht werden wir es Jahre später einmal verstehen. Aber es ist doch genug, dass ich Jesus kenne. Ihn verstehe, sein Wort mich trifft, und er mich anreden kann. Und hier sagt Jesus zum Nathanael: Du wirst noch größeres als das erfahren. Was ist denn das größere? Sind das wieder vielleicht gewaltige Erlebnisse? Es ist ja schon toll, wenn ein Lahmer sich aufrichtet, und mit einem gesunden Leib plötzlich gehen kann, wenn Tote auferweckt werden. Gibt es denn so was? Ist das das Größte? Es gibt noch Größeres. Dass ein Philippus unter dem Kreuz steht, und den sterbenden, zerschlagenen Leib Jesus sieht, und sagt, das ist der Höhepunkt der Liebe Gottes. Dass Gott uns annimmt und alle meine Schuld ausstreicht. Darum war es ihm auch so wichtig, zum Superminister von Äthiopien, dann dort in der Wüste bei Gaza ihm zu sagen, das ist das Lamm. Das ist das Größte, was er sagen kann. Übrigens, in dem Kapitel eins spielt das ja eine große Rolle. Schon Johannes hat es ja im Vers 29 gesagt: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde wegträgt, eine aktuelle Botschaft. Wir würden heute sagen, aktuelle Botschaft, wer hört denn da schon hin? Siehe, das ist  Gottes Lamm. Das interessiert vielleicht Schafzüchter. Aber: Siehe das ist Gottes Lamm, wer versteht das noch? Aber aktuelle Botschaft wäre heute, wenn ich sagen würde, im neuen Jahr 1993 werden keine Steuern erhoben. Aha, verstehe ich. Oder, im Jahr 1993 sinken alle Preise um 30 %. Ah, das ist... Alle würden aufhorchen. Das Größte, was ein Mensch entdecken kann: Siehe, das ist Gottes Lamm. Dort ist Jesus am schönsten, am größten, am mächtigsten. Als er sein Leben für die Welt opfert, als er sich dahin gibt, und da kann man die Vatergüte Gottes sehen. Wir glauben doch nicht an einen Herr Gott, wie die Leute so daher reden, sondern Jesus hat sich uns offenbart, indem er in dieses Gericht Gottes hineingeht, und die Last trägt, die große, schreckliche Last der Schuld der Welt. Ich hab's ihnen oft erzählt, wie in meinem Leben das immer ein ganz großes Zeugnis war, wie ich als junger Mensch die Briefe gefallener Soldaten las. Wie da Leute durch diesen furchtbaren russischen Winter zogen, und dann irgendwo dort in Stalingrad erfroren sind. Und wie der eine dort von Korntal dort in seinem letzten Abschiedsbrief schreibt, ich bin meine Straße fröhlich gegangen mitten durch alle Schrecknisse des Krieges hindurch, und bin reich geworden in aller Armut des stillen Heimwehs. Mein letztes an euch kann nichts anderes sein als ein fröhliches Lobsingen, wie ein helles jubilierendes Osterlied. Ich habe seine Herrlichkeit gesehen! Dass Menschen plötzlich Größeres erleben, die bleiben gar nicht mehr hängen an den Erfahrungen ihres Lebens, auch wenn sie selber Sterbende sind. Ich hab doch das Größte gesehen. Ich hänge schon so fest an Jesus, und bei ihm bin ich ganz wunderbar geborgen. Sein Blut floss für mich. Und mich hatt er angenommen, und nichts kann mich von Jesus scheiden, und ich weiß, dass das auch für meine Todesstunde felsenfest: Nichts kann mich aus der Hand Jesu reißen. Es geht nicht bloß um Großevangelisationen. In jedem Hauskreis, in jedem Seelsorgerlichen Gespräch geht es darum, aber auch heute in diese Predigt, dass Sie Jesus entdecken, und dass Sie so fröhlich werden wie Philippus und Nathanael, und sagen, ich hab es gefunden, ich hab's gefunden. Amen.