Neu geschenktes Leben

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 01.01.1987 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Römer 6, 23

 

Es ist bei uns so Brauch, dass wir am Neujahrstag als Predigttext die Jahreslosung nehmen.

Und wie es eben in diesem Lied geheißen hat, so stimmt‘s auch: Jesus soll die Losung sein. So hat dieses Lied begonnen, die Jahreslosung steht im Römerbrief Kapitel 6 im letzten Vers, Vers 23.

Römer 6 Vers 23: Die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn.

Es ist immer so, wenn ein solches Wort herausgegriffen wird, dann muss man meist verkürzen, man sieht dies schon daran, dass das „Aber“ meist wegfällt, denn dieses Wort der Losung ist ja ganz eng mit dem vorangehenden Satzteil verknüpft, der aber meist in der Jahreslosung nicht zitiert wird und der doch so wichtig ist zum Verständnis. „Der Sünde Sold ist der Tod, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn.“

Liebe Schwestern und Brüder, wenn man jetzt sich so anhört, was an Prognosen gegeben wird für das neue Jahr, man kann schon sagen, es ist kennzeichnend, dass viel Pessimismus verbreitet ist, obwohl es uns doch sehr gut geht. Ich kenne kaum einen Landstrich auf der Welt, wo man sagen kann, es geht den Menschen so gut und sie haben so viel Frieden, aber überall hört man besorgte Stimmen, und alle blicken ängstlich in die Zukunft. Das ist interessant, ich hab zufällig bei der Vorbereitung zur Predigt in einem Büchlein geblättert, und dann dachte ich, Mensch, das ist aktuell! Da stand drin: Wie heute allgemein die Zukunftserwartungen sehr schlecht sind und die meisten sogar von der Dämonie der Weltgeschichte sprechen, und dann stand da eine Menge drin, wie die Atomforscher selbst pessimistisch die Zukunft beurteilen. Und mit schlechtem Gewissen an ihre Erfindung denken. Ich hab gedacht, wann war denn das, stand drin: 1962 gedruckt. Man merkt, das geht schon weit zurück. Wahrscheinlich war der große Fortschrittsoptimismus schon vor dem ersten Weltkrieg in sich zusammengebrochen. Vielleicht war das um die Jahrhundertwende noch da, dass die Menschen meinten, jetzt beginnt ein neues Jahrhundert. Es sind lauter ängstliche Stimmen um uns her, und besorgte Stimmen. Und wenn man dann unter vier Augen miteinander redet, da bin ich immer wieder betroffen, wie viel Leid und Schweres Sie alle zu tragen haben. Dass die Krankheit doch so schwer ist, oder Sie so viel Ärger haben mit Ihren Kindern. Oder berufliche Sorgen, dass die Überforderung im Beruf so groß ist, dass man gar nicht mehr fertig werden kann, dass seelische Leiden immer mehr um sich greifen, ich könnte die Kette beliebig fortsetzen, was an Schwerem auf Menschen liegt, so dass ich sage: Ich blicke mit großen Sorgen in dieses Neue Jahr 1987. Ich weiß nicht, wie es werden wird. Und jetzt will ich einen anderen Ton anstimmen, weil also die Menschen so sorgend in die Zukunft blicken, muss ich Ihnen sagen, dass glaubende Leute fröhlich in die Zukunft blicken. Und der ganze Ton dieser Predigt soll nur Freude sein. Wir sollten als Christen nicht noch heute Negatives hineintragen. Die Leute haben viel zu viel schon selber vor Augen und sie wissen um all die Bedrohungen. Wir sollten etwas mitteilen von der Kraft und Freude, die uns Zuversicht gibt für das Neue Jahr. Und ich muss sagen, wir können uns als Christen freuen auf dieses Jahr. Es wird ein reiches, ein gesegnetes, ein schönes Jahr werden, was auch kommen mag.

Ein Jahr unseres Herrn Jesus Christus. Wo er uns vielfach begegnen will, Jesus soll die Losung sein. Ich habe drei Gedanken, die ich Ihnen ein wenig näher ausführen will.

Der erste: Wir erwarten viel. Wir erwarten viel.

In den USA soll ein Schafzüchter, wie man erzählt, namens Yates gelebt haben. Ein armer Mann, er hat nicht viel verdient, und das ist schon lange her. Der Ertrag von seiner Schafzucht warf nicht genug ab, um seine große Familie zu ernähren und so bekam er auch aus der Armenpflege noch etwas, damit er überhaupt über die Runden kam. Und eines Tages rückten Bohrleute und Geologen an und die sagten, sie wollten auf seinen Grundstücken einmal Versuchsbohrungen unternehmen. Er hat eingewilligt, was soll ihm das auch viel schaden, sie wollten ja auch alles erstatten, was an Zerstörung angerichtet wurde. Und dann wurde man fündig. Öl. Und wie! Dieser Yates soll einer der reichsten Männer der Vereinigten Staaten geworden sein. Noch dreißig Jahre nach der Entdeckung der Ölquellen hat man die Erträge, dieser Ölquellen weiter steigern können. Immer mehr Öl floss aus diesen Grundstücken, die vorher nicht genug abwarfen, um eine Familie zu ernähren. Da wollte ich dies zum Bild nehmen für das, was wir für das Neue Jahr erwarten. Wir wollen gar nicht von dem reden, was Sie jetzt alles erzählen könnten. Vom kümmerlichen Ertrag, von der schweren Arbeit, von den Sorgen, die Sie haben, von den Belastungen, die Sie an Ihrem Körper spüren, unter Krankheit leiden, ja wie, was heißt das, dass man da bohren kann, und dass man da Schätze heben kann, und dass man da plötzlich fündig wird. Wir reden so oft davon, dass es uns fast schon geläufig ist, und man gleich abschaltet, ja, jetzt spricht der wieder davon, dass man eben bei Jesus -ja, was denn? - dass man das Leben gewinnt! Das völlig neue Leben! Das das alte ganz in den Schatten stellt. Ja, was ist denn der Unterschied jetzt? Die meisten Christen machen einen großen Fehler. Sie nehmen ein Stück vom Evangelium in ihr Leben hinein und behandeln es so, wie man ein Stück Religion behandelt. Das heißt, sie leben so weiter wie vorher, sie sagen nur: Ich bete halt noch, lese in der Bibel, ich bemühe mich, und das ist die Garnierung, die fromme Garnierung ihres Lebens. Aber was hier der Paulus im Evangelium beschreibt, und was in dieser Jahreslosung anklingt, ist ja etwas völlig anderes. Da wird erzählt, dass Menschen an einem großen und tiefen Graben stehen. Haben Sie einen solchen Graben überhaupt in Ihrem Leben, keinen Sie den? Einen Graben, wo Sie sich sagen: Der hat mein Leben getrennt und geteilt, an diesem Graben hat sich mein Lebensschicksal verändert. Und das steht ja in diesem sechsten Kapitel drin. Mein altes Leben ist an ein Ende gekommen. Was meint er denn da? Wir verstehen, wenn einer heute vielleicht in schlimme Abhängigkeit von Süchten geriet, oder schwer kriminell war, dass wir sagen, das Leben, das braucht'n Bruch. Aber dass das Leben von uns Bürgern genau so'n Bruch braucht vor Gott, dass das alte Leben, wie sagt Paulus dort im sechsten Kapitel, begraben sein muss unterm Kreuz Jesu. Ja, was meint er denn damit? Und ich muss Sie kurz in diese Gedanken des Paulus einführen, weil die so wichtig sind für uns. Er sagt ja, dass das normale, alltägliche Leben, also unsere Berufsaufgaben und unser Familienleben, all das, was wir produzieren im Eifer, im aufrichtigen Bemühen, dass das nur den Tod am Ende mit sich bringt. Das ist ja schwer, auch all das Liebe und das Schöne, das wir einander schenken, am Ende bringt's nur den Tod. Es passiert ja auch bei Ihnen, dass Sie plötzlich an einem Sterbebett sitzen. Da hat erst in diesen Tagen wieder eine Krankenschwester erzählt, wie es ihr erst wieder beim Sterben eines lieben Menschen aufgegangen sei, dass eigentlich alles, ein schönes Eheleben, und die Familie abbricht, in den Tod hinein. An diesem Erleben, und darüber müssen wir kurz uns besinnen, an diesem Erleben wird es deutlich, dass das doch eben alles doch ein Ende hat, obwohl manchmal, bei dem Begräbnis, bei den Nachrufen so Worte gemacht werden: „Wir werden ihn nie vergessen!“ Doch! Da bricht alles ab. Mein Leben hört auf, und ich muss einmal über diese Todesschwelle hinweg und merken, das ist ein Abgrund, in den ich stürze. Paulus sagt nur: Das Christenleute zu Lebzeiten an diesen Punkt, an diesen Graben kommen. Ihr altes Leben begraben, und nichts mehr davon erwarten, weil sie wissen, dass was aus allem heraus kommt, ist der Tod, ist der Sold, der da ausbezahlt wird. Das, was die Quittung ist, das Ergebnis von allem. Und Paulus spricht immer wieder, dass, immer wieder davon, dass der Hintergrund dieses Geschehens, die Sünde sei. Und da denkt er nicht an irgendwelche Einzelverfehlungen, sondern er meint mit Sünde unsere ganze Gottferne, in der wir leben. Wir sind doch in diese Welt hineingestellt so fern von Gott, und aus all dem, was wir mit bester Absicht planen und schaffen, das bringt doch nur den Tod mit sich, das macht ja dieses Neue Jahr für viele Menschen so enttäuschend. Und es wundert uns gar nicht, dass auch die Verantwortlichen in Wirtschaft und in der Politik und in der Kunst das alles so pessimistisch sehen. Wir Christen wissen nur die Ursache. Weil Gott so fern gerückt ist in unserem Alltag, versinken wir in der Traurigkeit. Darum ist das alles auch so schwer, darum werden wir mit den Berufslasten nicht mehr fertig, darum wachsen uns die Probleme über den Kopf. Darum sind die Eheschwierigkeiten kaum mehr zu lösen. Und wir wollen alle nur das Beste. Es ist niemand da, der nicht das Beste will, und wir bringen es einfach nicht fertig, wir mühen uns, und schaffen‘s nicht. Und am Ende kommt nur der Tod. Es ist doch hoffnungslos traurig. Das ist der Graben, von dem Paulus spricht. An diesem Graben stehen Christen und legen ihr altes Leben hinein, und sie empfangen das neue Leben von Jesus Christus. Die Gabe aber, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus. Neues Leben. Jetzt möchte ich so sagen: Ein ganz verändertes Tun, diese 365 Tage dieses Jahres 1987 sollen wirklich Ihnen neu geschenkt sein als Gabe Gottes in Christus Jesus. Wo Sie sagen: Ich möchte all die Schwierigkeiten, die mich dort erwarten, in Jesus Christus neu entdecken. Mir hat in diesen Tagen gefallen, wie eine Auslegung zur Jahreslosung ein Bild gebraucht. Ich suche immer verzweifelt Bilder, weil ich meine, in so einer Predigt vergisst man so viel wieder, und vielleicht kann man ein paar Bilder gebrauchen. Da stand drin, dass man aus dem Teufelskreis ausbrechen kann. Genau das meint Paulus. Aus dem Teufelskreis ausbrechen, der Schwermut und der Traurigkeit, indem ich sage: Ich schaff das nicht selber! Ich empfange das Leben neu von dir, Jesus Christus, ich will all die Schwierigkeiten neu lösen, in deiner Kraft, und ich erwarte, dass du, Jesus, mein Herr bist, auch dort im Neuen Jahr, wo ich mutlos bin und nicht mehr weiter weiß.

Das war der erste Gedanke: Wir erwarten viel. Wir erwarten viel. Die Gabe aber, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn.

Den zweiten Gedanken, den ich Ihnen weitersagen will zur Jahreslosung, der heißt: Es handelt sich um eine sprudelnde Quelle. Was ist eigentlich Leben? Wir tun ja etwas schwer bei solchen Worten, die sind so, wie sagen wir, abstrakt, so kühle Begriffe, Denkbegriffe. Man kann ja das Leben nicht im Reagenzglas erschütteln. Was ist Leben? Und doch ist das Leben etwas ungemein Anschauliches. Beobachten Sie einmal all das, was wir von der Entstehung der Welt wissen. Und da wird erzählt, dass irgendwann, wie sagen da die Naturforscher, aus der Ursuppe, oder aus dem Urknall heraus, Leben entsteht. Immer wieder faszinierend, genau weiß man's ja immer nicht, was war denn das Geheimnis, dass plötzlich Leben entsteht? Dass dann wieder eine Zellteilung kommt, das kann man ja schon verstehen, aber wo kommt eigentlich das Leben her? Und da gehen ja manche heute so weit, dass sie sagen, das sind solche Kräfte der Evolution, die haben in sich eine solche Kraft, dass sie sich gegen alle Widerstände durchsetzen. Und sie produzieren immer neue Formen der Schönheit in der Natur. Es ist fast unerschöpflich, was diese Anhänger der Evolution, dieser Schöpfungskraft zutrauen. Eine unermessliche Kraft. Nur glaubende Menschen sagen, dass das aus Zufall kommt, das kann nicht, das kann ich nicht fassen. Sondern, ich kann das nur verstehen, dass das die Gabe Gottes ist, das Leben. Ungeheuer, die Vielfalt der Tierwelt, die Unendlichkeit des Weltalls, dessen Ende man nie erkennen kann, Leben, das Gott schafft. Aber selbst dieses herrliche Leben in der Natur ist totes Leben. Es ist eine vergehende Welt. Und die Römer, an die Paulus damals diesen Brief geschrieben hat, die waren so gefangen von dieser welt, die lebten ja die Lust bis zum Exzess, sie wollten Leben haben und sie tranken, was diese Welt ihnen bot. Und Paulus sagt: Das mein ich nicht. Ich meine das neue Leben aus Gott. Und das ist noch mehr die Fülle. Wir denken immer wieder, wenn wir von Jesus reden, da reden wir immer von so einem religiösen Chiffre-Begriff. Und wir... Eine Chiffre, ein Geheimzeichen, so ein Symbol, und wir denken gar nicht daran, dass in Jesus die neue Kraft in unser Leben kommt. Natürlich, da lösen sich die Probleme – selbst einer leidvollen Ehe. Und das, was wir immer wieder erleben, wenn junge Menschen mit ihren Eltern und mit ihrem eigenen Leben im Streit liegen, und plötzlich das neue Leben von Jesus als Gabe annehmen, dass ihr Leben total umgewandelt wird, das kann man nicht mehr beschreiben, das ist wie ein umgedrehter Handschuh, total verändert, Leben, kennen Sie dieses Leben? Ich habe ja das Vorrecht, immer wieder Menschen bis hinein in die letzten Stunden ihres Lebens zu begleiten, und wo man dann das erlebt, da geht man selbst hin und sagt, ich hab so Angst, ich kann doch gar nichts geben, und dann merkt man, wie Jesus Leben gibt, ewiges Leben, das auch im Tod nicht zerbricht, dass einer fröhlich und zuversichtlich einschläft. Leben ist ja viel mehr, das richtet plötzlich Gebeugte und Mutlose auf, das ist eine sprudelnde Quelle, die man anbohren muss, wie auf jenem kargen Farmgrundstück, von dem diesen Mister Yezin in den USA, wo man bohren kann, mitten im Alltag. Bohren Sie so im Neuen Jahr. Gerade dann, wenn Sie mutlos sind, wenn Sie nachts nicht schlafen können, wenn die Sorgenberge Sie niederdrücken, wenn Sie enttäuscht sind, weil Sie selbst das nicht mehr schaffen, was vor Ihnen steht. Das Leben, das ewige Leben, die Fülle, die ist Gabe Gottes. Die können Sie nicht erzwingen. Die können sie nur erbeten. Die können Sie sich nur schenken lassen. All das, was sie mit Ihren Muskeln erarbeiten, ist der Tod. Aber die Gabe Jesu, das ist Leben. Leben ohne Ende. Leben aus Gott in der ganzen Fülle. Und ich hätte jetzt Ihnen am liebsten um der Anschaulichkeit willen das wieder erzählt, wie es uns in den Geschichten des Neuen Testaments erzählt wird. Wo Menschen kommen, deren Leben völlig zerstört war. Die Empfindungen verloren hatten für Leben, die nicht mehr lachen konnten, und denen Jesus das Leben gibt. Christen sind lebensbejahende Leute. Und sie gehen fröhlich in das Neue Jahr. Sie reden nicht von dem, was an Schwerem vor ihnen liegt, sie freuen sich, dass sie einen Herrn haben, der über allen Nöten dieser Welt steht, der heute und in alle Ewigkeit regiert.

N' Dritten Gedanken möchte ich Ihnen zu dieser Jahreslosung noch mitgeben. Nicht etwas vom Leben haben, alles vom Leben haben. Nicht etwas vom Leben haben, alles vom Leben wollen wir, das Ganze. Jetzt muss ich doch noch ein wenig Sie bitten, diese biblischen Gedanken auch zu verstehen, denn da liegt wirklich das gefangen drin. Sie können diesen Gottesdienst hören, Sie können sagen, das war wirklich schön, was er positiv geredet hat. Und Sie gehen doch leer hinaus. Es war nur ein Stück Religion. Die Frage ist, ob sie das Leben empfangen. Und hier muss ich sie noch einmal an diesen Graben führen, von dem Paulus in Römer sechs redet. Da spricht er, wir sind mit Christus begraben, unser Leben ist gestorben mit Christus, er erinnert an das Taufgeschehen, ich meine, unsre Kindertaufe gibt das sowieso nicht wieder. Aber ich denke auch nicht, dass das des Rätsels Lösung ist, dass wir uns nochmals taufen lassen. Sondern das Entscheidende wird sein, dass wir mit Christus das alte Leben zu Ende führen, und sagen: Herr Jesus, ich bin viele Jahre gewandert, bis ich wirklich begriffen habe, ich kann dieses Leben auch nicht mit meinem frommen Bemühen und mit meiner Anstrengung gewinnen. Ich muss einfach an diesem Anfang des Jahres vor dir kapitulieren. Manchmal lernen wir ja diesen Schritt über den Graben erst durch ganz schwere leidvolle Erlebnisse. Wo wir ganz am Ende sind, wo wir verzweifelt fragen, warum lässt Gott mich so auflaufen an der Wand? Oder wir lernen es manchmal erst in schwerer Krankheitsnot. Wir sagen: Ich kann‘s nimmer, die Ärzte wissen es nimmer. Ich bin gestorben, sagt Paulus. Mit meinem alten Ich traue ich mir gar nichts mehr zu. Der Paulus war ja so ein cleverer Intelligenzmann, der auf der Universität in Jerusalem studiert hat, der gebildet war, und der sagte: Ich komm nicht mehr von meiner alten Intelligenz her, sondern ich rechne entscheidend mit dieser Gabe Jesu. Das will ich nach Rom bringen, dass ich die Kraft des Evangeliums, die Kraft Gottes, die selig macht. Die Menschen neu schafft. Und jetzt wird er ganz praktisch: Wie wird das dann bei uns, dass wir dies neue Leben auch ganz ergreifen. Da spricht ja Paulus noch einmal von der Sünde. Wir hatten es doch vorhin gesagt, dass Sünde meint, diese Trennung von Gott, dieses Leben ohne Gott, dieses irdische Leben fernab von Gott, und doch klingt damit an, dass damit in dem Augenblick, wo ich mit Sünde breche, und das neue Leben beginne, dass ich teilhabe an der herrlichen Gabe Jesu. Und wir kennen das ja aus dem Gespräch mit jungen Menschen, und mit anderen, dass wir sagen: Fang doch einmal an, geh mit Jesus, und jetzt brich durch – durch die Macht der Finsternis, die dein Leben bindet. Das ist ja so schwer. Dass dieser Raum fern von Gott nicht einfach ein luftleerer Raum ist. Wenn wir von Gott davonlaufen, dann sind da ja wirklich, so wie die Menschen heute entdecken, dämonische Mächte, die uns binden. Und wenn man einmal anfängt, das wissen Sie aus Ihrem Leben, ohne Gott zu leben, dann wird das im Nu die Gewohnheit. Man kann sich so leicht von Gott abwenden, man kann sein Gebot brechen, man kann über sein Gewissen sich hinwegsetzen, und dann spürt man auch gar nichts mehr, und dann ist man gefangen in dieser Todeswelt, und genau so sagt Paulus: Wenn du jetzt heraustreten willst, dann brich doch einfach einmal. Und das wunderbare geschieht da, wo ich breche mit der Sünde. Da, wo einer anfängt, ob er nun in der Sucht, in der Bosheit, in der Unehrlichkeit, oder in der Unwahrhaftigkeit gebunden ist, und Jesus die Befreiung schenken lässt. In dem Augenblick erlebt er doch wirklich: Ich komm zur Lebensfülle. Da bricht doch die Freude an. Die Sünde hat noch nie einen glücklich gemacht, weil sie immer nur den Tod als Sold ausbezahlt. Leben, Freude, gibt es wirklich nur, wo man Jesu Befreiung an sich geschehen lässt. Wo man Sünde bekennt und ans Licht bringt, das ist der Weg fürs Neue Jahr. Da empfangen wir die Fülle des Lebens. Und das gilt auch für die Alten unter uns, dass sie teilhaben an dieser Vitalität. Vorhin hat jemand beim 'reingehen in den Gottesdienst gesagt: Ich bin 87. Das ist doch schön, wenn die Vitalität uns bis ins Äußere erfüllt. Aber, Herr, ich will noch viel mehr haben von dir. Paulus spricht in diesen umliegenden Versen davon, dass wir unsre Glieder zum Dienst für den Herrn Jesus hergeben sollten. Da geschieht die Befreiung. Wenn dann unser Leben Gott verherrlichen darf, und wenn wir mit all den irdischen Verrichtungen, in denen wir tätig sind, in all den Aufgaben, in denen wir arbeiten, Gott zur Ehre leben, alles, was wir tun, tun wir im Namen Jesu und danken Gott, dem Vater durch ihn. Ich wünsche Ihnen dieses reiche Leben, dass Sie es in diesem Neuen Jahr vom ersten bis zum letzten Tag, von der ersten bis zur letzten Stunde auskosten als Gabe Gottes in unserm Herrn Jesus Christus. Amen.